Wissenschaftliches Arbeiten in der Linguistik - Björn Rothstein - E-Book

Wissenschaftliches Arbeiten in der Linguistik E-Book

Björn Rothstein

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Beschreibung

Wenn es um linguistisches Arbeiten geht, bestehen bei den Studierenden oftmals große Unsicherheiten bezüglich Inhalt, Form und Methode. Dieses Studienbuch vermittelt Schritt für Schritt die notwendigen Arbeitstechniken, um erfolgreich sprachwissenschaftliche Studien durchführen, präsentieren und verschriftlichen zu können. Klassische Bereiche wie Themenfindung, Informationsbeschaffung, Besonderheiten wissenschaftlicher Textsorten und bibliographische Konventionen werden genauso thematisiert wie die Probleme, vor denen Studierende üblicherweise im Bereich der Linguistik stehen: Lektüre und Überprüfung von linguistischen Texten, Argumentationstechniken, Beweisführungen und die Datenerhebung, -aufbereitung, -notation und -auswertung. Zahlreiche Schaubilder und Beispiele veranschaulichen den Text. Für die praktische Anwendbarkeit sorgen die am Ende jedes Kapitels angefügten Aufgaben mit Lösungen.

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Björn Rothstein / Linda Stark / Anica Betz / Caroline Schuttkowski

Wissenschaftliches Arbeiten in der Linguistik

2., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage

2., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage 2022

1. Auflage 2011

 

DOI: https://doi.org/10.24053/9783823394839

 

© 2022 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KGDischingerweg 5 • D-72070 Tübingen

 

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetztes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 

Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich.

 

Internet: www.narr.deeMail: [email protected]

 

ISSN 0941-8105

ISBN 978-3-8233-8483-0 (Print)

ISBN 978-3-8233-0361-9 (ePub)

Inhalt

1 Linguistisch arbeiten?2 Linguistisch lesenAufgaben3 Linguistisch referieren und zitieren3.1 Plagiate3.2 Referate und Zitate3.3 Kurzangaben3.4 LiteraturangabenAufgaben4 Linguistisch suchenAufgaben5 Linguistisch thematisierenAufgaben6 Linguistisch zielenAufgaben7 Linguistisch argumentieren7.1 Linguistische Argumentation7.2 Aufbau linguistischer ArbeitenAufgaben8 Linguistisch erheben und auswerten8.1 Beispiele8.2 GlossierungDie zehn Regeln der Leipzig Glossing Rules8.3 Empirie in der Linguistik8.4 Empirisch vorgehen8.5 Methoden der Datenerhebung8.5.1 Introspektion und Retrospektion8.5.2 Lautes Denken8.5.3 Interview8.5.4 Fragebögen8.5.5 Videographie8.6 Datenaufbereitung8.6.1 Aufbereitung qualitativer Daten8.6.2 Aufbereitung quantitativer Daten8.6.3 Interraterreliabilität8.7 Datenauswertung8.7.1 Inhaltsanalyse8.7.2 Gesprächsanalyse8.7.3 Korpusanalyse8.7.4 Grundlagen der statistischen AuswertungAufgaben9 Linguistisch schreiben9.1 Sich linguistisch ausdrücken9.2 Die linguistische Leserschaft im Blick behalten9.3 Den linguistischen Schreibprozess angehen und erleichternAufgaben10 Literaturverzeichnis11 LösungshinweiseKap. 2:Kap. 3:Kap. 4:Kap. 5Kap. 6Kap. 7:Kap. 8:Kap. 9Register

1Linguistisch arbeiten?

Wie schreibt man eigentlich eine linguistische Hausarbeit? Diese Frage begegnet uns in unseren Sprechstunden häufig. Sie ist jedoch zu komplex, um sie in Kürze zufriedenstellend zu beantworten. Wissenschaftliches Arbeiten ist eine herausfordernde, aber auch erfüllende Angelegenheit, wie folgende einleitende Dankesworte aus zwei Habilitationsschriften andeuten:

Beispiel:

Habilitieren ist zwar, wie ich finde, ein mitunter aufreibendes, aber nach wie vor und trotz aller Wirren ein sehr einträgliches Unterfangen. Nicht unerwähnt bleiben soll jedoch auch, dass der schier endlose Sommer im Berlin des kritischen Jahres mir so manche der finalen Strecken nicht unwesentlich erleichtert hat. (Härtl 2008: 10)

 

Bei aller Einbindung in den wissenschaftlichen Diskurs bleibt die Abfassung einer MonographieMonographie ein zuweilen zähes Geschäft. Ganz wesentlichen Anteil an der in der Rückschau so reibungslosen Bewältigung hatten zum einen Sabine Krämer, die findig und schnell alle Literaturbesorgungen für mich erledigt hat, und zum anderen meine Eltern, die mir zum richtigen Zeitpunkt eine Rückzugsmöglichkeit zum ungestörten Arbeiten in nordhessischer Abgeschiedenheit boten, in der sich Unterbrechungen allenfalls durch den regelmäßigen nächtlichen Besuch einer Waschbärenfamilie ergaben. Habilitieren kann idyllisch sein – immer noch. (Maienborn 2003: 9)

Das vorliegende Buch möchte für das Verfassen linguistischer Hausarbeiten Orientierung bieten. Es folgt dabei einem kasuistischen Ansatz, denn wir glauben, dass man von Originaltexten am besten lernt. Mit Steiner (2014: 8) verstehen wir Kasuistik als

eine an Fällen orientierte Vorgehensweise des Lernens, Lehrens, Untersuchens und Forschens, die auf Erziehungs- und Bildungsprozesse im Kontext von Schule und Unterricht fokussiert ist und zum Zwecke der Veranschaulichung, Analyse, Rekonstruktion, Entscheidungsfindung, Planung, Entwicklung, Reflexion oder ästhetischen Rezeption eingesetzt wird.

Die Betrachtung von Einzelfällen soll linguistisches Arbeiten durch Best-Practice-Beispiele illustrieren und uns somit eine Annäherung an das Allgemeine ermöglichen (Forrester 2014).

Der Aufbau des Buchs orientiert sich am Prozess der „linguistischen Sozialisation“, den Sie am Beginn eines philologischen bzw. sprachwissenschaftlichen Studiums vermutlich durchlaufen werden. Zunächst zeigen wir, wie man linguistische Texte liest (Kap. 2) und wie man über sie spricht (Kap. 3). Die ersten sprachwissenschaftlichen Texte, die Sie im Studium lesen, werden Ihnen vermutlich vorgegeben. Später müssen Sie weiterführende Literatur wie auch Thema und Zielsetzung Ihrer Arbeit selbst finden (Kap. 4 bis 6). Natürlich müssen Sie die Ausführungen zu Ihrem Thema gut begründen und mit Beispielen belegen können (Kap. 7). Kapitel 8 behandelt empirische Arbeiten, in denen Sie selbst Daten erheben bzw. die Daten anderer auswerten. Kapitel 9 zeigt Möglichkeiten auf, wie Sie sich wissenschaftlich ausdrücken können. Jedes Kapitel befasst sich also mit einem (zentralen) Schritt im Prozess der „linguistischen Sozialisation“. Dazu bietet es Aufgaben zur selbstständigen Bearbeitung und verweist auf weiterführende Literatur und Links.

Dies ist sicherlich kein Buch, das Sie an einem Stück von vorn bis hinten lesen werden. Es ist eher ein Wegbegleiter, den Sie auf Ihrem sprachwissenschaftlichen Weg immer wieder befragen können.

Eine Einführung – unabhängig davon, wie ausführlich sie ist – kann aber niemals den Austausch mit anderen Studierenden und die individuelle Beratung durch eine Lehrperson ersetzen. Beides möchten wir Ihnen nahelegen. Wie wichtig und fruchtbar fachlicher Rat und auch soziale Unterstützung sind, belegt die folgende Danksagung aus einer Dissertation:

Beispiel:

Die Erleichterung darüber, dass diese Arbeit schließlich zu einem Ende gekommen ist, verbindet sich mit einer großen Dankbarkeit für die Unterstützung, die ich in all den Jahren erfahren habe. Neben meiner Familie denke ich dabei vor allem an viele Freunde und Kollegen aus meiner Tübinger Zeit, aus München und aus Ljubljana. Diese Arbeit […] gäbe es nicht ohne manche Kollegen, die mich mit ihrem fachlichen Rat zum weiteren Nachdenken ermuntert, aber auch gelegentlich auf Irrtümer hingewiesen haben – ich hoffe, dass die verbleibenden Irrtümer in der Arbeit nicht zu schwerwiegend sind.

(Holl 2010: 8)

Am Ende dieser EinleitungEinleitung bedanken wir uns herzlich bei Ingrid Furchner für ihr stets erfreuliches Lektorat, bei Alexandra Warda für ihre Korrekturen und bei Tillmann Bub und Mareike Wagner für die verlagsseitige Betreuung.

2Linguistisch lesen

Wer Linguistik studiert, muss bereit sein, regelmäßig „unendlich viele“ wissenschaftliche Schriften intensiv zu lesen und zu reflektieren.

Beispiel:

Selbst bei einer Eingrenzung der methodischen Herangehensweise auf einen Blickwinkel der Untersuchung – wie es bei einem ausschließlich linguistischen (systemlinguistischen) Zugang der Fall wäre – ist mit unendlich viel Literatur zu kämpfen.

(Wingender 1994: 2)

Und wer sprachwissenschaftliche Texte liest, muss sie sorgfältig durchgehen und dafür entsprechend viel Zeit einplanen. Wie Sie linguistische Texte lesen können, zeigen wir Ihnen im Weiteren, indem wir den folgenden Aufsatz durchgehen: „Reis, M. (1986): Subjekt-Fragen in der Schulgrammatik? Deutschunterricht 38, 64–84.“ Dieser Aufsatz ist am Anfang des Studiums schwer zu lesen. Gerade deshalb lässt sich daran jedoch gut zeigen, wie man linguistisch liest, argumentiert und arbeitet. Sie sollten ihn nach Möglichkeit parallel zu diesem Kapitel lesen. Dazu suchen Sie bitte im Katalog Ihrer Hochschulbibliothek nach der Zeitschrift Deutschunterricht. Wenn Sie diese Zeitschrift gefunden haben, suchen Sie den Band 38, der im Jahr 1986 erschienen ist. Den Aufsatz von Marga Reis finden Sie auf den Seiten 64 bis 84.

Eine der bekanntesten LesestrategienLesestrategie ist die SQ3R-MethodeSQ3R-Methode nach Robinson (1966). Benannt ist sie nach den Anfangsbuchstaben ihrer einzelnen Arbeitsstufen Survey, Question, Read, Recite und Review. Lesen wird hier als ein mehrstufiger Vorgang aufgefasst: Es besteht aus den drei Phasen Vorbereitung, eigentliches Lesen und Nachbereitung:

Phase

Stufe

Funktion

Aufgaben

Vorberei­tung

Survey

Überblick gewinnen

Durchsehen von Titel und Bibliographie sowie, falls vorhanden, Inhaltsverzeichnis und Zusammenfassung der Arbeit

Question

Erarbeitung eines Ziels oder einer Struktur für die Textlektüre

Formulierung von Fragen an den Text anhand der klassischen W-Fragen (wer, was, wann, wo, wie, warum …)

Lesen

Read

Informationsentnahme aus dem Text

Mit Unterstreichungen und Randbemerkungen lesen

Nachberei­tung

Recite

Sich das Gelesene in Erinnerung rufen

Zusammenfassen des Gelesenen

Review

Erneutes Durchsehen, Repetieren

Überprüfen, ob der Text verstanden wurde und die Fragen beantwortet wurden

Tab. 1-1: Die SQ3R-MethodeSQ3R-Methode nach Robinson (1966)

Wenden wir die SQ3R-MethodeSQ3R-Methode nun auf den oben genannten Aufsatz an: In der Stufe Survey entnehmen Sie dem Titel, dass sich die Studie von Marga Reis mit dem Subjekt in der Schulgrammatik befasst. Der Aufsatz enthält keine Zusammenfassung, und es gibt auch kein Inhaltsverzeichnis. Deshalb sehen Sie sich nun die Bibliographie an, die wir hier auszugsweise aufführen. Was fällt Ihnen daran auf? Wie ist die Bibliographie aufgebaut? Welche Adressatengruppen werden angesprochen? (Bitte beachten Sie, dass wir aus Platzgründen die in den Beispielen referierten Literaturverweise nicht in unserem eigenen LiteraturverzeichnisLiteraturverzeichnis angeben.)

Beispiel:

Aßheuer, Johannes/Hartig, Matthias (1976): Aufbau einer Schulgrammatik auf der Primar- und Sekundarstufe. Düsseldorf.

Boettcher, Wolfgang/Sitta,Horst (1981): Der andere Grammatikunterricht. München/Wien/Baltimore.

Brünner, Gisela (1982): Wer oder was kennst du? Probleme des Grammatikunterrichts. In: Karl Detering/Jürgen Schmidt-Radefeldt/Wolfgang Sucharowski (Hrsg.) (1982): Akten des 16. linguistischen Kolloquiums Kiel 1981. Bd. 1 (= LA 119). Tübingen, 136-146.

Duden (1984): Grammatik der deutschen Gegenwartssprache. 4., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage (= Duden. Band 4). Herausgegeben und bearbeitet vom Wissenschaftlichen Rat und den Mitarbeitern der Dudenredaktion unter Leitung von Günther Drosdowski. Mannheim/Wien/Zürich.

[…]

Lehrwerke

bsv Deutsch 5. Lese- undSprachbuch (1980). Robert Kainz/Hans-Uwe Rump/Manfred Volk (Hrsg.). München: Bayerischer Schulbuchverlag.

[…]

(Reis 1986: 83)

Die Bibliographie informiert Sie darüber, dass Reis fachwissenschaftliche, fachdidaktische und unterrichtspraktische Literatur berücksichtigt. Damit wissen Sie, an welche LeserschaftLeserschaft sich der Artikel richtet.

In der Stufe Question formulieren Sie nun für sich Fragen, auf die Sie sich von der Lektüre des Aufsatzes Antworten erhoffen. Welche Art von Fragen könnte das sein? Überlegen Sie sich zunächst, was Sie bereits über das Subjekt wissen. Was würde Sie darüber hinaus interessieren? Vermutlich kommen Sie zu Fragen wie: Was ist ein Subjekt? Wer verwendet diesen Ausdruck? Warum benötigt man ein Subjekt? Wie verhält sich das Subjekt zu den anderen Satzgliedern? Wovon spricht und wofür argumentiert Reis? Welches Problem sieht sie? Sie können sich diese Leitfragen auf einem gesonderten Blatt notieren, bei der Stufe Review wieder darauf zurückkommen und schauen, ob der Aufsatz darauf sinnvolle Antworten gegeben hat.

Tatsächlich formuliert Reis in ihrem Aufsatz selbst Fragen, die Sie in der Stufe Read am Anfang des Textes lesen:

Beispiel:

Eines der offenbar unverzichtbaren Lernziele auch des elementaren Grammatikunterrichts ist die Beherrschung des Subjektbegriffs. […] Wenn das so ist, dann stellen sich dem Lehrer mindestens vier unterrichtsrelevante Fragen, auf die er eine Antwort haben sollte:

(I)

Wie ist „Subjekt“ zu definieren, bzw. wie sind Subjekte zu identifizieren?

(II)

Wie verhält sich das Subjekt zu anderen Satzgliedern?

(III)

Welche Reichweite, bezogen auf die Gesamtheit deutscher Sätze, hat der Subjektbegriff?

(IV)

Wozu, bezogen auf sprachbezogene Erkenntnisziele, ist die Kenntnis des Subjektbegriffs gut?

(Reis 1986: 64)

In der EinleitungEinleitung formuliert Reis deutlich, worum es ihr im Folgenden geht:

Beispiel:

Soweit ich sehe – und das mag natürlich nicht weit genug sein – gibt es zwar Traditionen mit (I)–(IV) fertigzuwerden; sprachwissenschaftlich befriedigend sind sie jedoch nicht. Die Verantwortung dafür dürfte letztlich alle Beteiligten betreffen. Ich will in diesem Beitrag jedoch vor der eigenen – sprachwissenschaftlichen – Tür kehren, und das mit gutem Grund: Was die Sprachwissenschaft bisher der Schulgrammatik an spezifischen Vorgaben zum Subjektbegriff geboten hat, ist – entgegen dem äußeren Anschein […] – nahezu wertlos. […] Meine Diagnose für diesen Mißstand ist in dessen Beschreibung schon angedeutet: Sprachwissenschaftliche Begriffe lassen sich außerhalb des Gesamtzusammenhangs der Sprachbeschreibung nicht sinnvoll diskutieren.

(Reis 1986: 64–65)

Nach der EinleitungEinleitung lesen Sie zunächst einmal den Schlussteil des Aufsatzes:

Beispiel:

Wenden wir uns abschließend nochmals den Ausgangsfragen zu:

(I) Wie ist „Subjekt“ zu definieren?

Nach den vorhergehenden Überlegungen scheint es zumindest fraglich, ob man diesen Begriff für die Beschreibung des Deutschen zusätzlich braucht. Will man ihn trotzdem weiterverwenden – was in sprachvergleichender Hinsicht gerechtfertigt wäre –, ist er am besten mit „Nominativ-NP“ gleichzusetzen.

(Reis 1986: 80)

Reis (1986) hinterfragt demnach die schulgrammatische Verwendung des Subjektbegriffs. Sie möchte ihn durch den Begriff „Nominativ-NP“ ersetzen. Zur Erinnerung können verkürzte Definitionen von Nominativ und Nominalphrase hier nachgelesen werden:

Nominativ [lat. nōmināre ›nennen‹ […]. Morphologischer Kasus in -> Nominativsprachen wie dem Dt., der […] das Subjekt eines Satzes kennzeichnet. Der N. kann jedoch auch beim -> Prädikativ vorkommen (Er ist Lehrer) oder außerhalb des Satzverbandes (Philip, sei jetzt still).

(Bußmann 2008: 480)

Nominalphrase […] Abk.: NP […]. Syntaktische Kategorie (bzw. -> Phrase), die normalerweise ein Nomen (Obst, Glück, Pauline) oder Pronomen (ich, jemand, man) als Kern enthält, der in verschiedener Weise erweitert sein kann. Als Erweiterung dienen (a) dem Nomen vorangestellte Attribute in Form von Adjektivphrasen (sehr gute Weine), (b) nachgestellte (lose) -> Appositionen (Paul, mein bester Freund), (c) enge (vorangestellte) Appositionen (die Stadt Frankfurt) und (d) -> Attribute in Form eines (voran- oder nachgestellten) Genitivattributs (Pauls Haus, das Haus meines Freundes), einer -> Präpositionalphrase (das Haus auf dem Berg) oder eines Relativsatzes (das Mädchen, das nebenan wohnt).

(Bußmann 2008: 479)

Im nächsten Schritt lesen Sie den Hauptteil, um herauszufinden, wie Reis von ihren Fragen zu ihren Schlussfolgerungen kommt. Beim wissenschaftlichen Lesen empfiehlt es sich, die relevanten und besonders wichtigen Textpassagen zu unterstreichen, damit man sie später leichter wiederfindet. Um mit Unterstreichungen effektiv arbeiten zu können, muss man sie jedoch sparsam einsetzen. Ergänzende Markierungen am Rand erleichtern die Zuordnung, etwa ein Ausrufezeichen für inhaltliche Hervorhebungen, das Summenzeichen „Σ“ für Zusammenfassungen oder ein „L“ für wichtige LiteraturangabenLiteraturangabed. Eine sinnvolle erste Bearbeitung des letzten Textabschnitts der einführenden Bemerkungen von Reis könnte damit ungefähr so aussehen:

Beispiel:

Meine Diagnose für diesen Mißstand ist in dessen Beschreibung schon angedeutet: Sprachwissenschaftliche Begriffe !lassen sich außerhalb des Gesamtzusammenhangs der Sprachbeschreibung nicht sinnvoll diskutieren. Entsprechend will ich bei der folgenden DiskussionDiskussion des Subjektbegriffs anders, das heißt „gesamtgrammatisch“ (s. u.) verfahren; ich lehne mich dabei an eine bereits erschienene Untersuchung (Reis 1982)L an. Dabei ergeben sich auch Antworten auf (I)-(IV), doch kommt es mir darauf weniger an als auf die Überzeugungskraft des eingeschlagenen Verfahrens: Es soll deutlich werden, daß Fragen !wie (I)-(IV) auf anderem Weg gar nicht sinnvoll verfolgbar sind. Daß diese Einsicht unserem Fünftklassenlehrer unmittelbar nützt, unterstelle ich dabei nicht; falls er von der Sprachwissenschaft vor allem operationale Hilfe – „die“ Subjekt-Probe – und kommunikative Sinngebung für sein diesbezügliches Tun erwartet hat, wird sie ihn – zunächst – sogar eher entmutigen.

(Reis 1986: 65)

Wie Sie sehen, wurde nicht wirklich viel unterstrichen. Im Prinzip ist nur die Arbeitsthese von Marga Reis hervorgehoben, gesamtgrammatisch zu analysieren.

Die Lektüre des Hauptteils ist nicht einfach, da jeder einzelne Textabschnitt das Verständnis des vorhergehenden erfordert. Sie sollten daher den gesamten Text lesen; notieren Sie sich dabei für jeden einzelnen Abschnitt das zentrale Argument. Der Hauptteil beginnt mit dem folgenden Textabschnitt, den wir anschließend exemplarisch besprechen.

Beispiel:

1. Zur Einstimmung rekapituliere ich kritisch die Antwortpraxis zu (I)-(IV), wie sie sich in den derzeit gängigen Lehrwerken spiegelt:

1.1. Zu Frage (I), an der kein Lehrwerk vorbeikommt, gibt es einen Kanon üblicher Bestimmungsstücke, vgl. (2a-e).[…] Dabei bilden heute die morphosyntaktischen bzw. operationalen Kriterien (2a-c) in der Regel die Leitmerkmale, mit denen die semantische Bestimmung (2d) oder die pragmatische Bestimmung (2e) (fakultativ) korreliert sind. Hinzu kommt gelegentlich die „Infinitivprobe“ (2f).

(2)

Das SubjektΣ

 

a.

steht im Nominativ;

 

b.

bestimmt die Form des finiten Verbs (Kongruenz);

 

c.

ist mit „wer oder was?“ erfragbar;

 

d.

ist Ansatzstelle des verbalen Geschehens;

 

e.

ist das, worüber man spricht („Satzgegenstand“);

 

f.

fällt weg im Infinitiv.

Daß (2) sehr unterschiedliche Kriterien umfaßt, wäre weder an sich noch definitorisch ein Problem, wenn diese korrelierten. Das tun sie aber nicht (s. dazu ausführlich Abschnitt 2). Auch wenn es Implikationsbeziehungen [Wenn-dann-Beziehungen, B.R., L.S., A.B. & C.S.] gibt (so etwa [2f->a], [2b->a], gibt es keinen einzigen Fall von Äquivalenz, nicht einmal zwischen (2a) und (2f), vgl. die infiniten Sätze in (3), die (neben dem Vokativ) auch eine Nominativgröße enthalten. – Hinzu kommen die bekannten Probleme mit dem sog. Gleichsetzungsnominativ in Kopulasätzen [Er ist Lehrer, B.R., L.S., A.B. & C.S.].

(3)

He, ihr da drüben: Keiner aufstehen, alle sitzenbleiben!

Damit liefert (2a-f) aber genau die Definitionssicherheit nicht, die es über simple Fälle wie (1) hinaus gewährleisten sollte: KanonWas als Subjekt    ! zu gelten hat, hängt davon ab, welche Kriterien man auswählt, in welcher Bündelung und Hierarchisierung man sie benutzt, und darüber hinaus, wie man Diskrepanzfälle wie (3) oder Kopulasätze – wichtige oder vernachlässigbare (Rand-)Erscheinungen? – einschätzt.

(Reis 1986: 65–66)

Für diesen Abschnitt lassen sich folgende Argumente notieren:

Beispiel:

Abschnitt 1.1

Das Subjekt wird in Lehrwerken üblicherweise nach folgenden Kriterien definiert:

 

Das Subjekt

steht im Nominativ;

bestimmt die Form des finiten Verbs (Kongruenz);

ist mit „wer oder was?“ erfragbar;

ist Ansatzstelle des verbalen Geschehens;

ist das, worüber man spricht („Satzgegenstand“);

fällt im Infinitiv weg.

Diese Kriterien führen zu Problemen, auf die Reis in Abschnitt 2 eingeht.

Was man als Subjekt analysiert, ist ihr zufolge abhängig von

der Wahl der zugrunde gelegten Kriterien,

ihrer Hierarchisierung,

ihrer Bündelung und

der Behandlung von Randerscheinungen.

In der Stufe Recite aus der Phase Nachbereitung vergegenwärtigen Sie sich den Text, indem Sie seinen Argumentationsverlauf zusammenfassen. Sie sollten dabei vier Prinzipien berücksichtigen:

Ihre Wiedergabe muss exakt sein.

Sie müssen die Argumentation vollständig erfassen.

Ihre Darstellung muss übersichtlich sein.

Ihre Darstellung muss prägnantPrägnanz sein.

Die Zusammenfassungen können stichwortartig verfasst oder ausformuliert sein und sollten auch Titel, Verfasser bzw. Verfasserin, Publikationsort etc. des betreffenden Textes enthalten. Ein solches Vorgehen macht sich insbesondere dann bezahlt, wenn Sie große Textmengen bearbeiten müssen. Das einführende Lehrwerk Syntax. Grundlagen und Theorien von Dürscheid (2000) enthält eine mögliche Zusammenfassung der Reisʼschen Argumentation, auch wenn diese aufgrund der einführenden Natur des Buches natürlich nicht allzu sehr in die Tiefe geht. Sie zeigt darüber hinaus exemplarisch, wie wissenschaftliche Literatur in eigene Untersuchungen eingearbeitet werden kann.

Beispiel:

Der interessierte Leser sei [für die Analyse des Subjekts, B.R., L.S., A.B. & C.S.] […] auf die Ausführungen von Marga Reis verwiesen, die in ihrem viel beachteten Aufsatz Zum Subjektbegriff im Deutschen aus dem Jahr 1982 an einer Vielzahl von einschlägigen Daten die Subjektkriterien auf ihre Plausibilität hin überprüft und das Verhältnis von Subjekt und Nominativ thematisiert. In einem weiteren Aufsatz zum Subjekt mit dem Titel Subjekt-Fragen in der Schulgrammatik? bezieht sie zudem didaktische Aspekte ein und diskutiert die in Lehrbüchern immer wieder genannten Subjekteigenschaften (vgl. M. Reis 1986). Eine Auflistung solcher Subjekteigenschaften folgt in (3):

(3)

Prototypische Merkmale des Subjekts

 

Das Subjekt ist mit „wer oder was“ erfragbar (semantisches Kriterium).

 

Das Subjekt ist das, worüber man spricht (pragmatisches Kriterium).

 

Das Subjekt ist kongruenzauslösend (formales Kriterium).

 

Das Subjekt wird in der Regel durch eine NP im Nominativ realisiert (formales Kriterium).

 

Das Subjekt fällt weg im Infinitiv (syntaktisches Kriterium).

Was das letztgenannte Kriterium betrifft, weist Reis (1986: 66) zu Recht darauf hin, dass das Subjekt im Infinitiv nicht immer wegfällt, obwohl Konstruktionen vom Typ Er verspricht Paula ___ zu kommen vs. Er verspricht Paula, dass er kommt dies nahelegen. Sie nennt als Beispiele Sätze wie Keiner aufstehen! Alle sitzenbleiben!, in denen das Subjekt realisiert ist, obwohl das Verb im Infinitiv steht. Ein anderes Problem stellt die gerade im Schulunterricht beliebte Frageprobe mit wer oder was dar. In Sätzen wie Es regnet oder Es friert, in denen das Pronomen es referenzsemantisch leer ist, kann auf diese Weise nicht nach dem Subjekt gefragt werden. Die Frage wer oder was setzt voraus, dass die erfragte Konstituente referentiell ist, d. h. sich auf ein Objekt in der außersprachlichen Welt bezieht. […] Auch nicht-nominale Elemente können als Subjekt fungieren (vgl. Subjektsätze vom Typ Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein). Umgekehrt muss nicht jede Nominativ-NP das Subjekt des Satzes sein. In dem Satz Er ist Lehrer treten beispielsweise zwei nominativisch markierte Glieder auf; doch nur das erste steht im Subjekt, das zweite ist ein Prädikatsnomen bzw. ein Prädikativum.

Aus diesen kritischen Einwänden lassen sich nun verschiedene Schlüsse ziehen. Die einen plädieren wie Reis (1982) dafür, den Subjektbegriff als Beschreibungs­kategorie im Deutschen ganz aufzugeben, die anderen verweisen darauf, dass solche Satzgliedbegriffe trotz der anerkannten Probleme verwendet werden sollen, „weil es praktisch ist und wir gewisse Dinge mit ihrer Hilfe leichter sagen können als ohne sie“ (P. Eisenberg 1994: 63).

(Dürscheid 2000: 36)

Zu einer solchen Zusammenfassung kommen Sie mit den folgenden Schritten:

Überfliegen Sie den Hauptteil und markieren Sie die Textstellen, die Sie nicht unmittelbar verstehen. Sie können dabei nach jedem Einzelkapitel zunächst mit Punkt 2 bis 4 fortfahren und erst dann den nächsten Textabschnitt in Angriff nehmen.

Erschließen Sie sich nun sprachlich wie inhaltlich die als schwierig markierten Textpassagen.

Lesen Sie den Text erneut. Unterteilen Sie ihn in inhaltliche Abschnitte.

Versuchen Sie, die einzelnen Sinnabschnitte knapp zusammenzufassen.

Erstellen Sie aus Ihren vorläufigen Zusammenfassungen nun eine präzise Zusammenfassung des Gesamttextes.

Überprüfen Sie Ihre eigene Zusammenfassung durch eine erneute Lektüre des Textes.

In die Phase der Nachbearbeitung fällt auch die Stufe Review. Hier sollten Sie den Text erneut durchsehen und überprüfen, ob Ihre eingangs formulierten Fragen beantwortet wurden. Auf die Frage Was ist ein Subjekt? lässt sich nach Lektüre von Reis etwa wie folgt antworten: Reis argumentiert dafür, den Begriff Subjekt zu ersetzen durch Nominativ-NP, da dieser den Gegenstand adäquater beschreibt. Der Begriff Subjekt vereinigt ihr zufolge die zwei sehr unterschiedlichen Kategorien Subjektsätze und Nominativ-NP.

Damit hat der Aufsatz eine Reihe unserer Fragen beantwortet. Im nächsten Schritt sollten Sie sich Gedanken darüber machen, ob die Argumentation wissenschaftlich richtig ist. Dazu gibt es prinzipiell folgende Ansatzpunkte (vgl. auch Kap. 6):

Sie können die im Aufsatz genannten Thesen empirisch überprüfen und feststellen, ob die TheseThese von Reis (1986) empirisch korrekt und vollständig ist.

Häufig lassen sich in Aufsätzen auch innere Widersprüche ausmachen, die der Überzeugungskraft der Argumentation schaden.

Die wissenschaftliche Aussagekraft einer Studie wird geschmälert, wenn nicht die relevante Literatur verarbeitet wurde.

Eine linguistische Analyse versucht nicht nur, ein oder mehrere Phänomene korrekt zu erfassen. Sie muss auch falsche Vorhersagen ausschließen. Es geht demnach nicht darum, zu sagen, was alles innerhalb einer Grammatik richtig ist, sondern vor allem auch darum, zu zeigen, was falsch ist: Gibt es Beispiele, die fälschlicherweise als korrekt vorhergesagt werden?

Ferner ist auf Stipulation zu achten, d. h. auf Behauptungen ohne empirische oder theoretische Begründung. Die Begründungen linguistischer Analysen sollten stets vorliegen und nachvollziehbar sein.

Eine einfache Analyse ist einer komplizierten vorzuziehen, sofern sie beide beschreibungsadäquat, d. h. sachlich richtig sind. Man bezeichnet dieses „Sparsamkeitsprinzip“, das auf Wilhelm von Ockham (1288–1347) zurückgeht, auch als Ockhams Rasiermesser oder Skalpell.

Schauen wir uns dazu noch einmal den Aufsatz von Marga Reis an, die gegen einen weit gefassten Subjektbegriff argumentiert. Die Definition des Subjekts solle sich auf Nominalphrasen im Nominativ beschränken, d. h. im Wesentlichen auf Konstituenten, deren Kern ein Nomen im Nominativ ist.

Die Nominalphrasen im Nominativ (= Nominativ-NPs) stimmen in Person und Numerus mit der Verbflexion überein. Was bedeutet das genau? Verben werden im Deutschen unter anderem nach Person (ich/wir, du/ihr, er/sie/es/sie) und nach Numerus (ich vs. wir, du vs. ihr, er/sie/es vs. sie) konjugiert. Die Nominativ-NP und das Verb müssen in diesen Merkmalen übereinstimmen. Man bezeichnet dies als Kongruenz. Daher müssen in einem Satz beispielsweise sowohl das Verb als auch die Nominativ-NP im Plural stehen oder aber beide im Singular, andernfalls ist der Satz ungrammatisch:

Beispiel:

(4)

Peter und Mark gehen nach Hause.

(5)

*Peter und Mark geht nach Hause.

Zu dass-Sätzen in der Funktion eines Subjekts führt Reis (1986) nun aus:

Beispiel:

Bei Verbalkongruenz hingegen gibt es klare Anzeichen dafür, daß „Subjekt“-Sätze nicht wie die Nominativ-NPs als Bezugsgröße [für die Verbalflexion] fungieren. In allen Sätzen mit „Subjekt“-Satz steht das Verb in der 3. Sg., auch bei und-koordinierenden Fällen wie bei (36), denen in Parallele zu (36‘) pluralische Referenz zugesprochen werden kann.

(36)

Daß Hans nicht kommt und daß Fritz sich nicht dafür entschuldigt, ärgert/*ärgern mich sehr.

(36‘)

Hansens Absage und Fritzens fehlende Entschuldigung (*)ärgert/ärgern mich sehr.

Das heißt, es kann nur die Nebenregel – 3. Ps., falls die regelgerechte Bezugsgröße fehlt – angewandt worden sein, und das heißt: Für den Sprecher enthalten die betreffenden Satztypen keine Bezugs-NP für Kongruenz. Dies zeigt, daß die Kongruenzregel tatsächlich und nur nominativbezüglich ist.

(Reis 1986: 77–78)

Dieser Abschnitt ist relativ schwer zu verstehen, denn er enthält eine Reihe von linguistischen Fachbegriffen, die Sie etwa in Hadumod Bußmanns Lexikon der Sprachwissenschaft nachschlagen müssten. Dort erfahren Sie Folgendes:

Koordination [mlat. coordinare ›aufeinander abstimmen‹, zu lat. ōrdo ›Reihe‹]. […]

(1) Syntaktische Struktur, die aus zwei oder mehr -> Konjunkten (Wörter, Satzglieder oder Sätze) besteht. K. kann vorkommen als asyndetische Konstruktion, d. h. die einzelnen Elemente der K. sind nicht durch Konjunktionen verknüpft (bergauf, bergab laufen), oder als syndetische Konstruktion, wobei die Elemente durch koordinierende -> Konjunktionen (und, aber, denn) verknüpft sind. […]

(Bußmann 2008: 375–376)

 

Flexion [lat. flexio ›Biegung‹, ›Beugung‹; engl. accidence/inflection. – Auch: Beugung, Biegung, Formenlehre, Wortformbildung]. Wortstämme (-> Lexeme) bestimmter -> Wortarten werden in morphologisch verschiedenen -> Wortformen realisiert, die regelhaft wortartspezifisch verschiedene syntaktisch-semantische Funktionen mitausdrücken, vgl. im Dt. -> Deklination (Nomen), -> Konjugation (Verb), -> Komparation (Adjektiv). Die Gesamtheit der Flexionsformen eines Wortes bilden (Flexions-) -> Paradigmata. […]

(Bußmann 2008: 193)

 

Referenz. In der traditionellen Semantik Bezeichnung für die Beziehung zwischen dem sprachlichen Ausdruck (Name, Wort) und dem Gegenstand der außersprachlichen Realität, auf den sich der Ausdruck bezieht […].

(Bußmann 2008: 574)

 

Kongruenz [lat. congruentia ›Übereinstimmung‹; engl. agreement, concord].

(1) Übereinstimmung zwischen zwei oder mehreren Satzelementen hinsichtlich ihrer morpho-syntaktischen Kategorien (Kasus, Person, Numerus, Genus). […]

(Bußmann 2008: 357)

Die Verbalkongruenz bezieht sich auf Verben und betrifft die Merkmale Person (ich/wir, du/ihr, er/sie/es) und Numerus (Anzahl). Fasst man die Subjekt­sätze und die Nominativ-NPs als Subjekte zusammen, so ist es nicht ohne Weiteres möglich, eine subjektbezogene Regel für Kongruenz zu formulieren. Subjektsätze kongruieren im Numerus nicht mit dem in der dritten Person Singular stehenden finiten Verb. Nicht-satzwertige Subjekte stimmen in Person und Numerus mit dem konjugierten Verb überein. Demnach gibt es Kongruenz nur bei nicht-satzwertigen Subjekten. Sie überprüfen nun also diese Schlussfolgerung von Reis und kommen zu folgenden Überlegungen:

Empirische ÜberprüfungÜberprüfung: Sie erkennen, dass die von Reis (1986) angeführten Daten empirisch richtig sind.

Innere Widersprüche: Sie suchen nach Widersprüchen innerhalb der Reisʼschen Argumentation und stellen fest, dass zumindest die hier zitierten Passagen in ihren Aussagen übereinstimmen.

Überprüfen der Literatur: Natürlich werden Sie bemerken, dass die Literaturliste nicht auf dem letzten Stand der Sprachwissenschaft ist (schließlich wurde sie bereits 1986 publiziert).

Was die linguistische Begründung anbelangt, können Sie Reis eine eingehende Auseinandersetzung mit der damals einschlägigen Literatur bescheinigen: Reis berücksichtigt zeitgemäße linguistische Beschreibungskategorien wie die der Nominalphrase.

Zwar ist die Sachlage schon lange bekannt, die von Reis vorgetragene Sichtweise hat jedoch einen großen Neuigkeitswert.

Soweit wir dies überblicken können, macht Reis in den hier zitierten Passagen keine falschen Vorhersagen. Ihre Erklärung führt damit weder zum Ausschluss eigentlich akzeptabler Sätze noch zur Möglichkeit falscher Sätze.

Wenn Sie nun den Text von Reis (1986) als relevant für Ihre Arbeit betrachten – und das ist er für jede Arbeit zum Subjekt –, so empfiehlt es sich, Ihre Zusammenfassung so zu gestalten, dass Sie sie zu einem späteren Zeitpunkt direkt in Ihre schriftliche Arbeit integrieren können. Seien Sie dabei ruhig großzügig mit dem Platz, den Sie ihr einräumen. Kürzen können Sie sie später immer noch. Wenn Sie hingegen im Nachhinein eine ausführlichere Darstellung anfertigen wollen, wird Sie das unnötig Zeit kosten, denn dann müssen Sie den gesamten Text noch einmal im Detail lesen.

Das folgende ZitatZitat zeigt unter Verweis auf eine frühere Aufsatzpublikation von Marga Reis eine Möglichkeit, den Punkt der Kongruenz zu formulieren:

Beispiel:

Für mit und koordinierte nominale Subjekte gilt nun im Allgemeinen, dass sie beim Verb den Plural fordern, auch wenn sie selbst im Singular stehen […]:

(8)

[…] Hansens Absage und Fritzens fehlende Entschuldigung *ärgert/ärgern mich sehr.

Formt man diese Subjekte in (Subjekt-)Sätze um, so ist aber für das Verb nicht mehr der Plural, sondern der Singular erforderlich.

(5)

[…] Dass Hans nicht kommt und Fritz sich nicht dafür entschuldigt, ärgert/*ärgern mich sehr.

Reis zieht aus diesem Unterschied den Schluss (1982: 195) „die betreffenden Satztypen enthalten für den Sprecher keine Bezugs-NP für Kongruenz. Dies zeigt, daß die Kongruenzregel tatsächlich Nominativ-bezüglich ist; eine ‚Subjekt‘-bezügliche Formulierung und die damit verbundene Gleichstellung von Nominativ-NPs und den betreffenden Gliedsätzen als ‚Subjekte‘ sind damit nicht gerechtfertigt.“

(Eisenberg 2020b: 313) [Eisenberg bezieht sich dabei auf Reis (1982).]

Mit einer Zusammenfassung à la Eisenberg können Sie zu einem späteren Zeitpunkt leicht weiterarbeiten. Natürlich stellt sich die Frage, ob ein zu ausgiebiges Zusammenfassen der Aufsätze letztlich nicht den Arbeitsprozess verlangsamt. Hier müssen Sie entscheiden, wie relevant die jeweilige Studie für Ihre Arbeit ist, und sich gegebenenfalls auf eine kursorische Zusammenfassung einzelner Argumente beschränken, die Ihnen wichtig erscheinen.

In diesem Zusammenhang wünschen sich viele, die wissenschaftliche Lektüre schneller zu bewältigen, also selektivselektives Lesen zu lesen. Geübte Leser und Leserinnen werden einen wissenschaftlichen Text auch nicht immer vollständig betrachten, sondern – sofern es möglich und sinnvoll ist – selektivselektives Lesen lesen und konzentriert nach bestimmten Informationen suchen.

Betrachten wir dazu das folgende Beispiel. Angenommen, Sie interessieren sich nach der Lektüre des Aufsatzes von Reis weiterhin für das Subjekt. Wenn Sie nun das kurze Einführungsbuch Satzgliedanalyse von Renate Musan in die Hand bekommen, werden Sie es wahrscheinlich nicht vollständig durchlesen, sondern sich auf das Subjekt konzentrieren. Hier bieten sich zwei Möglichkeiten, einschlägige Stellen im Text zu suchen: über das Inhaltsverzeichnis und mit Hilfe des Sachregisters. Das Inhaltsverzeichnis wird Sie auf den Abschnitt 1.1 verweisen, das Sachregister auf die Seiten 1, 45 und 91 sowie – unter dem Begriff formales Subjekt – auf die Seite 46. Das Glossar bietet Ihnen zusätzlich eine kurze Definition. Interessanterweise werden Sie dabei auf einen Widerspruch aufmerksam, für den Sie durch die Lektüre von Reis (1986) bereits sensibilisiert sind. Im Glossar steht:

Beispiel:

Subjekt: Die Ergänzung zu einem Verb, die im Nominativ steht, sofern sie als Nominalphrase oder Pronomen realisiert ist, und die mit dem finiten Verb in Person und Numerus kongruiert.

(Musan 2008: 95)

Auf Seite 1 heißt es jedoch:

Beispiel:

Das Subjekt ist generell der Ausdruck im Satz, der mit einer Wer-oder-was-Frage erfragbar ist und der mit dem Prädikat des Satzes bzw. einem Teil davon kongruiert, d. h. in bestimmten grammatischen Merkmalen übereinstimmt.

(Musan 2008: 1)

Demnach vertritt das Glossar ein Verständnis des Subjekts als Nominativ-NP, der Haupttext auf Seite 1 jedoch die schulgrammatisch weitverbreitete Analyse als Konstituente, die die Antwort auf Wer-oder-was-Fragen ist. Je nachdem, wie Sie die Kongruenz auslegen, sind damit auch Subjektsätze Subjekte, da man sagen kann, dass sie durch Pronomina im Singular ersetzbar sind. Wenn Sie es nun bei dieser punktuellen Lektüre belassen, so werden Sie Renate Musan Unrecht tun, denn sie diskutiert durchaus auch die kritischen Fälle (S. 45–48) und die Subjektsätze (S. 77). Damit belegt dieses Beispiel recht gut die Gefahren des selektivenselektives Lesen Lesens.

Aufgaben:

Zum Üben empfehlen wir Ihnen den Reader grundlegender linguistischer Texte, den Ludger Hoffmann herausgegeben hat. Er enthält zahlreiche sprachwissenschaftliche Texte, die Sie ohnehin im Verlauf Ihres Studiums lesen sollten. Hoffmann, L. (2019): Sprachwissenschaft. Ein Reader. Berlin: de Gruyter.

Weiterführende Literatur:

Weiterführende Literatur, die sich speziell auf das Lesen sprachwissenschaftlicher Texte bezieht, ist uns nicht bekannt. Allgemeine Hinweise liefert folgendes Buch:

 

Lange, U. (2018): Fachtexte lesen – verstehen – wiedergeben. Paderborn: Schöningh.

3Linguistisch referieren und zitieren

Wer wissenschaftlich arbeitet, muss sich mit den mündlichen oder schriftlichen Äußerungen anderer auseinandersetzen, sie korrekt wiedergeben und sich von ihnen abgrenzen, sie aber zugleich fair behandeln und darf sie nicht als eigene Ideen ausgeben. Daran scheinen sich nicht alle stets zu halten, wie beispielsweise die folgende Fußnote von Tilman Höhle andeutet:

Beispiel:

Diese Analyse des Passivs ist inhaltlich eng verwandt mit der von Shopen (1972). Es ist eindrucksvoll, daß Shopen bis in Einzelheiten der Formulierungen und zugrundeliegenden Motivation hinein das in Bresnan (1976, 1977) dargelegte Programm enthält.

(Höhle 1978: 29)

Wie Sie in Ihrer Hausarbeit eigene und fremde Gedanken als solche markieren, zeigen wir Ihnen im vorliegenden Kapitel. Wir behandeln zunächst die Begriffe PlagiatPlagiat, ZitatZitat und ReferatReferat. Anschließend erläutern wir, wie Sie die Quellen Ihrer Referate und Zitate angeben.

3.1Plagiate

Ein PlagiatPlagiat ist eine illegitime Übernahme fremden Gedankenguts in den eigenen Text. Nach Weber-Wulff & Dehrmann (2015: 173 f.) gibt es folgende Arten von Plagiat:

Copy and Paste: Längere Textpassagen werden wörtlich in den eigenen Text übernommen, ohne dass sie als Zitate kenntlich gemacht werden.

Patchwriting (vgl. Moore Howard 1999): Die Schreibenden bedienen sich verschiedener Quellen, die sie in kleinere Abschnitte zerlegen – z. B. Teil­sätze oder Phrasen –, bearbeiten und zu einem neuen Text zusammenfügen. Um die Rekonstruktion der nicht genannten Quellen zu erschweren, werden dabei die Originaltexte verändert, etwa einzelne Wörter durch Synonyme ersetzt oder Satzkonstruktionen umgestellt.

Shake and Paste: Aus verschiedenen Quellen werden ganze Absätze übernommen und aneinandergereiht, sodass ein neuer Text entsteht.

Bauernopfer: Ganze Textpassagen werden aus fremden Texten übernommen, dabei wird jedoch nur vage auf die Quellen verwiesen. So wird den Lesenden nicht deutlich, welche Teile von der schreibenden Person stammen und welche aus der angeführten Quelle.

Übersetzungsplagiat: Die Schreibenden übersetzenÜbersetzen wörtlich aus einer fremdsprachigen Quelle, ohne dies kenntlich zu machen.

Strukturplagiat: Die Schreibenden folgen einer Quelle zwar nicht wörtlich, übernehmen daraus aber die Argumentationskette, ohne dies kenntlich zu machen.

In all diesen Fällen wird eine fremde Leistung als die eigene ausgegeben. Dabei ist es unerheblich, ob das fremde Gedankengut einer Internetquelle, einem Buch, einer Zeitschrift oder der Prüfungsleistung eines bzw. einer Mitstudierenden entstammt.

Eine weitere, für die Linguistik spezifische Art des Plagiats liegt vor, wenn Daten, also sprachliche Beispiele aus fremden Quellen angeführt, aber nicht entsprechend ausgewiesen werden.

Wenn Ihnen ein PlagiatPlagiat nachgewiesen wird, kann dies rechtliche Folgen haben; diese reichen von einer schlechteren Note bis zum Ausschluss von der Universität. Plagiate können Sie vermeiden, indem Sie korrekt referieren und zitieren.

3.2Referate und Zitate

Zitate sind wörtlich übernommene Passagen aus anderen Texten.

Beispiel:

Die Historische Soziolinguistik ist vor etwa dreißig Jahren mit dem Anliegen angetreten, Fragen der historischen Linguistik in stärkerer Weise, als dies bis dahin getan wurde, mit Fragen der „Wechselbeziehung zwischen Sprachwandel und Gesellschaftswandel“ zu verknüpfen (Mattheier 1988: 1430).

(Elspaß 2015: 388)

Ein ReferatReferat ist eine sinngemäße Wiedergabe anderer Texte ohne wörtliche Übernahmen.

Beispiel:

In Anlehnung u. a. an Andersson (1989) meint nun Thieroff (1992), daß es sich bei der morphologischen Opposition zwischen präsentischem und präteritalem Finitum inhaltlich an sich nicht um einen temporalen Gegensatz, sondern um einen abstrakteren Unterschied der „Distanz“ handelt […].

(Fabricius-Hansen 1999: 120)

Wie Sie an diesen Beispielen sehen können, werden bei Referaten keine Anführungszeichen verwendet. Zitate, die weniger als drei Zeilen umfassen, werden stets in doppelte Anführungszeichen gesetzt und unter Beibehaltung der damals geltenden Orthographie und Interpunktion im Fließtext wiedergegeben. Sprachliche und orthographische Fehler werden übernommen und durch ein in eckigen Klammern stehendes „[sic!]“ markiert.

Wenn Zitate mehr als drei Zeilen im Text einnehmen, werden sie eingerückt und in einem kleineren Schriftgrad ohne Anführungszeichen aufgeführt. Für ein solches ZitatZitat sollte man sich nur dann entscheiden, wenn die betreffende Textstelle besonders wichtig erscheint und nicht in eigenen Worten wiedergegeben werden kann. Einen solchen Fall illustriert das folgende Beispiel:

Beispiel:

Die Geschichte der grammatischen Terminologien ist zugleich eine Geschichte analytischer Konventionen. In die grammatische Rekonstruktion des Deutschen gehen von Beginn an aus dem Lateinischen gewonnene Kategorisierungen ein.[…] Nachträglich werden Wortformen und Syntagmen für eine an der lateinischen Grammatik orientierte Beschreibung präpariert und anschließend als Paradigmen des Deutschen kanonisiert.

 

Allein, da die Deutsche Conjugation in Vergleichung mit ausgebildeten Sprachen sehr arm ist, und nur wenig aus sich selbst machen kann, und man in den Deutschen Sprachlehren einmahl gewohnt war, überall die Lateinische zum Grunde zu legen, so glaubte man die Deutsche Conjugation müsste nothwendig so viele Zeiten und Formen haben als die Lateinische […]. Adelung (1782: 771)

 

Als paradigmatisch für die große Anziehungskraft, die die Tradition auszuüben scheint, nennt Adelung die traditionellen Bestimmungen des deutschen Verbparadigmas […].

(Bredel & Lohnstein 2001: 219)

Jede Veränderung eines Zitats muss angezeigt werden. Dazu zählen Hervorhebungen, grammatische Veränderungen, Auslassungen und Ergänzungen. Bei allen Veränderungen muss die entsprechende Textpassage jedoch sinngemäß weiterhin dem Original entsprechen. Wir gehen nun in der genannten Reihenfolge etwas näher auf die unterschiedlichen Zitatveränderungen ein.

Zitate können grammatikalisch verändert werden, um Verstöße gegen die deutsche Grammatik zu vermeiden. Im folgenden Beispiel wird bei „adverbialer“ ein „r“ entfernt, um den zitierten Teil grammatisch dem Satz anzupassen, in den er eingebaut wird:

Beispiel:

Ähnlich verfahren Helbig / Buscha (2005: 108) mit ihrer Beschreibung als „adverbiale[r] Verbindungen mit finitem kommen“ entsprechend Er kommt, indem er rennt. Sie präzisieren allerdings noch dahingehend, dass das Adverbiale hier notwendig ist.

(Vogel 2005: 59)

Hervorhebungen in zitierten Textstellen, die Sie selbst hinzugefügt haben, kennzeichnen Sie am Ende des Zitats durch Angaben wie „(meine Hervorhebung)“, „(unsere Hervorhebung)“ oder „(Hervorhebung von uns)“.

Beispiel:

Levelt (1989: 168) geht davon aus, dass im Sprachproduktionsprozess morphologische Eigenschaften wie das Genus vom lexikalischen Kopf der Phrase abgeleitet werden:

First, the surface structure indicates the head-of-phrase function for each phrase. For instance, if the head noun of a noun phrase is plural, then the whole noun phrase is plural. This does not hold for the non-head elements. Similar relations between head and phrase exist for such features as gender, person, definiteness, and case. (Hervorhebungen von uns)

(Köpcke & Zubin 2005: 98)

Hervorhebungen, die bereits im Originaltext vorgenommen wurden, markieren Sie durch die Angabe „Hervorhebungen im Original“, die am Ende des Zitats steht.

Manchmal ist es aus inhaltlichen Gründen auch notwendig, innerhalb von Zitaten Ergänzungen einzufügen, etwa um einen Begriff oder einen Zusammenhang zu erklären. Diese setzen Sie in eckige Klammern. Am Ende der Erklärung stehen nach einem Komma Ihre Initialen, wie im folgenden Beispiel von Ursula Bredel:

Beispiel:

Diese Hierarchie wird bereits im 19. Jahrhundert erkannt, wenn auch in anderer Weise expliziert:

Das Verhältnis der Satz-zeichen [sic!] zu den beim Sprechen beobachtbaren Pausen läßt sich im Allgemeinen so bestimmen, daß, die Pause des Punktes als Norm angenommen, auf das Komma eine Viertel=, auf das Semikolon eine halbe= [sic!], auf den Doppelpunkt Dreiviertel=, und auf den Trenn= oder Pausenstrich [gemeint ist der Gedankenstrich, U. B.] zwei Pausen kommen. (Schmitthenner 1828: 299)

(Bredel 2006: 189–190)

Sie sollten Texte, die Sie zitieren oder referieren, unbedingt selbst gelesen haben; übernehmen Sie nicht einfach einschlägige Zitate aus anderen Texten. Das wird leider viel zu häufig getan, und dabei entstehen Fehler, die dann von Text zu Text tradiert werden. Trotzdem kann es vorkommen, dass Sie einen Text zitieren müssen, der Ihnen selbst nicht vorliegt. Dieser Fall tritt häufig bei älteren Texten ein, die schwer zugänglich sind. In dem Fall zitieren Sie nach einer Quelle: Am Ende des Zitats benennen Sie die Zwischenquelle, aus der Sie das ZitatZitat haben. Das folgende Beispiel zeigt einen solchen Fall:

Beispiel:

In diesem Sinn schreibt Frisch 1735:

Der End=Punct ist das leichteste Zeichen (.) Man macht ihn, wo der Verstand eines Stücks der Rede, oder der ganzen Rede aus ist. Da hält man am längsten in, und gibt auch den letzten Worten einen fallenden Tohn.

(Zit. Nach Höchli 1981: 172)

(Bredel 2006: 189)

Fremdsprachliche Ausdrücke sollten nicht in deutsche Sätze integriert werden, da dies das Verständnis erschweren kann. Weichen Sie hier besser auf entsprechende deutsche Begriffe aus. Zitieren Sie aus Texten in einer Sprache, die nicht in der Schule vermittelt wird, sollten Sie das ZitatZitatübersetzenÜbersetzen. Beispielsweise können Sie nicht davon ausgehen, dass alle Ihre Leser und Leserinnen Schwedisch beherrschen; ein entsprechendes Zitat würden Sie also übersetzen. Sollten Sie den Originaltext für sehr wichtig erachten, können Sie ihn fakultativ zusätzlich anführen:

Beispiel:

Pipping (1936: 149) states that the present perfect and the past tense never compete for the same domains, but Thulstrup (1948: 101) argues for an imperfective use of the Swedish present perfect:

Det finns alltså även i nusvenskan en tendens att låta perfekt breda ut sig på imperfekts domäner. Denna tendens är i vårt språk inte på långt när så stark som i franskan, tyskan och danskan.

‘There is therefore even in modern day Swedish a tendency to allow the perfect to fall into the domains of the imperfect. In our language, this tendency is by no means as strong as in the French, German and Danish languages.’

(Rothstein 2008: 81)

Eine linguistische Besonderheit ist, dass häufig einschlägige Beispiele anderer Autoren und Autorinnen zitiert werden, die es in sprachwissenschaftlichen Kreisen zu einer gewissen Berühmtheit gebracht haben. Auch solche Zitate müssen entsprechend bibliographisch markiert werden. Beispielsweise hat Chomsky (1970) den englischen Satz Einstein has visited Princeton geprägt. Dieser Satz suggeriert, dass Einstein lebt. Darum ist er – wenn er heutzutage geäußert wird – schwer zu akzeptieren. Im Rahmen der vielen Studien zum englischen Perfekt ist dieser Satz immer wieder zitiert worden:

Beispiel:

Chomsky (1970) has pointed out the following contrast:

(11)

a.

?Einstein has visited Princeton.

 

b.

Princeton has been visited by Einstein.

Example (11a) is odd because it suggests that Einstein is still alive.

(Portner 2003: 464)

Beispiel:

One of the most famous lifetime-effect contrasts – that in (23) noted by Chomsky (1970) – was analysed by McCawley (1971) as being a violation of the future possibility condition on perfects:

(23)

a.

?Einstein has visited Princeton.

 

b.

Princeton has been visited by Einstein.

(Katz 2003: 150)