WM 74 - Kay Schiller - E-Book

WM 74 E-Book

Kay Schiller

4,9

  • Herausgeber: BEBUG
  • Kategorie: Lebensstil
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2014
Beschreibung

»Fußball ist unser Leben«, sang die deutsche Nationalelf zur WM 1974, die ihr den Titelgewinn bescherte - zum zweiten Mal nach 1954 und erstmals im eigenen Land. Damals nahmen bis heute wichtige Entwicklungen im Fußball ihren Anfang: die tragende Rolle der Fernsehübertragung, der hohe Stellenwert von Werbung und Merchandising, die Verbreitung des Fußballsports als globales Groß-Event, seine Aufwertung durch die Politik, die Herausbildung von einzelnen Spielern zu internationalen Stars und Ikonen und noch etliches mehr. Kay Schiller beschreibt von Franz Beckenbauer über Uli Hoeneß bis Günter Netzer Spielerpersönlichkeiten und Fußballstile. Er analysiert die Arbeit von DFB, FIFA und der deutschen Behörden, die nach dem Terroranschlag während der Olympiade 1972 in München erstmals umfassende Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. Und er betrachtet die WM vor dem Hindergrund der siebziger Jahre, erläutert ihre Wirkung auf das deutsch-deutsche Verhältnis: die beiden Nationalmannschaften begegneten sich hier das erste und einzige Mal währende des Kalten Krieges - die DDR gewann 1:0. Ein hintergründiges und erhellendes Buch über ein überragendes Turnier, dessen Bedeutung über den Fußball hinausweist.

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Seitenzahl: 293

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Kay Schiller WM 74

Kay Schiller

WM 74

Als der Fußball

modern wurde

Für Fabian und die Spieler vom FC Bowerham Juniors

eISBN 978-3-86789-582-8

1. Auflage

© 2014 by BEBUG mbH / Rotbuch Verlag, Berlin

Umschlaggestaltung: fuxbux, Berlin

Umschlagabbildung: picture-alliance / Sven Simon

Ein Verlagsverzeichnis schicken wir Ihnen gern:

Rotbuch Verlag

Alexanderstraße 1

10178 Berlin

Tel. 01805/30 99 99

(0,14 Euro/Min., Mobil max. 0,42 Euro/Min.)

www.rotbuch.de

Inhalt

Kapitel 1 Einleitung

Kapitel 2WM und Politik

Hochrangige Gäste

Lateinamerika und Afrika

Kapitel 3 Vergabebedingungen und Kontexte

Vergabe an den DFB

Bundesligakrise und Bundesligaskandal

Konkurrenz mit München ’72

Hermann Neuberger

Kapitel 4 Organisation und FIFA-Politik

Die Organisation der WM

Sicherheitsvorkehrungen

Wahl João Havelanges zum FIFA-Präsidenten

Kapitel 5 Das deutsch-deutsche Duell

Der Stellenwert der DDR-Fußballnationalmannschaft

Der sportpolitische Kontext

Die DDR-Touristendelegation

Deutsch-deutsche Reaktionen

Aktion »Leder«

Kapitel 6 Akteure und nationale Identität

Mündige und reiche Profis, Stars und Prominente

Die Holländer

WM 1974 und deutsche nationale Identität

Kapitel 7 Fazit

AnhangAbkürzungen

Archive

Literatur und Filme

Whether the historians like it or not, footballcannot be taken out of the history of the modernworld and the history of the modern world isunevenly, erratically, but indisputably etchedinto the history of football.

David Goldblatt, The Ball is Round

Kapitel 1

Einleitung

Fußball ist unser Leben, / denn König Fußballregiert die Welt. / Wir kämpfen und geben alles, /bis dann ein Tor nach dem andern fällt.

Ja, einer für alle, alle für einen. / Wir haltenfest zusammen, / und ist der Sieg dann unser, /sind Freud’ und Ehr für uns alle bestellt.

Diese Zeilen sangen die Nationalspieler um Franz Beckenbauer aus Anlass der zehnten Fußballweltmeisterschaft, der ersten, die in Deutschland ausgetragen wurde. Der vom ehemaligen Fußballer Jack White im Polkarhythmus komponierte Schlager stürmte damals die deutsche Hitparade. Der Fußball regierte die Welt zwar noch nicht im gleichen Maße wie heute, der Verweis auf die Freude im Liedtext stimmte aber ganz sicher. Den Spielern ging es nämlich wie allen Athleten in erster Linie um den Spaß an ihrem Sport. Die Vorstellung, dass die Mannschaft fest zusammenhielte und für die nationale Ehre spielte, passte allerdings 1974 schon nicht mehr in die Zeit. Man kann zwar davon ausgehen, dass solche Worte den etwas altbackenen Funktionären des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) um Hermann Neuberger, den Cheforganisator der WM 1974, gefielen. Aber die Hauptaufgabe des munteren Songs war es – das war auch ihnen klar –, Geld für das WM-Organisationskomitee (WM-OK) zu verdienen (Körner 2006, S. 180). Mit Vicky Leandros’ Hit aus demselben Jahr, »Theo, wir fahr’n nach Lodz«, konnte man zwar nicht mithalten, aber mit fast einer halben Million verkauften Exemplaren hätte es beinahe zu einer Goldenen Schallplatte gereicht.

Der WM-Song von 1974 verweist auf eines der Hauptthemen dieses Buches, die zunehmende Kommerzialisierung des Fußballs in den 1960er und 70er Jahren und seinen Aufstieg zu einem wichtigen Teil der Unterhaltungsindustrie. Der Fußball wurde in der Tat modern. Nachdem Spieler wie Beckenbauer und Gerd Müller schon in den Sechzigern Schlager eingespielt hatten, war es 1974 bezeichnenderweise das erste Mal, dass die deutsche Fußballnationalmannschaft ein WM-Lied aufnahm. Aber auch andere damit zusammenhängende und mit Blick auf die Zukunft für den Fußball und sein wichtigstes Turnier bedeutende Aspekte lassen sich anhand der WM 1974 gut beobachten: etwa die zunehmende Rolle, die der Fußball für das Fernsehen spielte. Wer 1974 keine Lust auf den Besuch eines der Turnierstadien in Hamburg, Westberlin, Hannover, Gelsenkirchen, Dortmund, Düsseldorf, Frankfurt, Stuttgart und München hatte, konnte die WM ausführlich wechselweise in der ARD oder im ZDF sowie in den dritten Programmen verfolgen. Nie zuvor wurde so ausgiebig live und in Zusammenfassungen über ein Sportereignis berichtet, nicht einmal während der Olympischen Spiele 1972. Seit 1974 nahm dann die Sendezeit für den Fußball auch auf Kosten anderer Sportarten beständig zu, eine Entwicklung, die durch das Privatfernsehen seit den 1980er Jahren noch beschleunigt wurde.

Im Umkehrschluss steht die WM 1974 zudem für die steigende Bedeutung, die das Fernsehen für den Fußball spielte, sowie die immer größere Rolle, die Werbung, Sponsoring und Merchandising einnahmen. Dem Verkauf der Übertragungsrechte für Liga-, Pokal- und Länderspiele durch den DFB und bei der WM durch die FIFA kam seitdem eine enorme und stets wachsende wirtschaftliche Bedeutung zu. Das Gleiche gilt für Werbung und Sponsoring. Zwar verfügte der DFB 1974 noch nicht über einen Sponsorenpool wie heute, aber eine Firma wie Adidas war schon damals eng mit dem Verband verbunden. Und das Merchandising mittels einer von der Nationalmannschaft aufgenommenen Polydor-Schallplatte oder der WM-Maskottchen Tip und Tap spülte in der Tat bereits 1974 viel Geld in die Kassen des DFB.

Auch die Wahl eines smarten Geschäftsmanns zum Präsidenten des Fußballweltverbands FIFA am Vorabend der WM 1974 ist hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Kommerzialisierung des Fußballs kaum zu überschätzen. Während fast eines Vierteljahrhunderts an der Spitze der FIFA gelang es dem brasilianischen Anwalt und Transportunternehmer João Havelange, das Männer-WM-Turnier mittels Fernsehen und Sponsoren zum globalen »Mega-Event« (Roche 2000) und lukrativsten Sportereignis überhaupt zu machen (s. Kap. 4). Selbst die Olympischen Spiele müssen da inzwischen hintanstehen. Sein Nachfolger Sepp Blatter verfolgt bis heute die gleiche Strategie der Globalisierung und Kommerzialisierung. Die FIFA hat heute 209 Mitglieder, mehr als die Vereinten Nationen. Sie ist in den letzten 40 Jahren steinreich geworden und verfügte Anfang 2013 über Kapitalreserven von etwa 1,4 Milliarden US-Dollar (FIFA 2013). Und dies, obgleich sie einen Großteil ihres durch die WM erzielten Gewinnes an ihre Mitgliedsverbände ausschüttet sowie eine ganze Reihe von sport- und entwicklungspolitischen Initiativen und weiteren Wettbewerben finanziert – von der WM der Computerspieler über den FIFAInteractive World Cup bis zur immer populärer werdenden Frauen-WM. Allerdings ist der Weltverband in den letzten 40 Jahren auch immer unbeliebter und umstrittener geworden, nicht nur in England und Europa, von wo aus der Fußball seit dem 19. Jahrhundert seinen globalen Siegeszug antrat, sondern – das Beispiel der WM 2014 in Brasilien zeigt es – zunehmend auch in Schwellen- und Entwicklungsländern.

Das große Geld machte seit den Siebzigern auch nicht vor den Spielern in der Bundesliga halt, denn 1972 fielen dort die letzten Gehaltsschranken. Zwar war im deutschen Fußball, wie man von Nils Havemann (2013) und Ronald Reng (2013) weiß, schon seit den 1950er Jahren unter der Hand viel Bares geflossen, jedoch stieg in den Siebzigern im Zuge der WM eine ganze Generation von Spielern zu Großverdienern auf. Und der Fußball etablierte sich zudem als Berufsfeld, das auch nach dem Ende der aktiven Karriere gute Einkünfte und Beschäftigungsmöglichkeiten bot. Die meisten Weltmeister von 1974, Franz Beckenbauer, Uli Hoeneß, Paul Breitner, Sepp Maier, Jupp Heynckes, Berti Vogts, Günter Netzer, Rainer Bonhof, Bernd Hölzenbein und Wolfgang Overath, sind heute mindestens Millionäre und spielen auch 40 Jahre nach dem Turnier noch herausragende Rollen im deutschen und internationalen Fußball. Sie wirken (oder wirkten bis vor kurzem) als Manager, Trainer, Vereinspräsidenten, Verbandsfunktionäre, Rechtehändler und TV-Kommentatoren, wenn nicht als Multitalent und »Lichtgestalt« wie »Kaiser« Franz Beckenbauer, der Kapitän der siegreichen WM-Elf.

Zugleich erlebte in den 1970er Jahren der Typus des mündigen Fußballsportlers seinen Durchbruch. In »Rebellen« (Böttiger 1994) wie Netzer, Breitner und anderen bildeten sich die Liberalisierungs- und Demokratisierungstendenzen der Bundesrepublik der 1960er Jahre ab, die zugleich vorbildhaft auf die Gesellschaft zurückwirkten (s. Kap. 6). Ohne diese Spielerpersönlichkeiten wäre das selbstbewusste Auftreten der Generation der heutigen Profis und Nationalspieler in der Öffentlichkeit kaum denkbar.

Das WM-Turnier 1974 war auch in anderer Hinsicht stilbildend. Nach dem Schock des Terroranschlags auf die israelische Mannschaft während der Olympischen Spiele 1972 war es das erste überhaupt, das von umfassenden Sicherheitsmaßnahmen begleitet war. Zumindest bis zur WM 1998 in Frankreich orientierte man sich an 1974. Seit dem 11. September 2001 bewegt man sich wiederum in ganz neuen Dimensionen (s. Kap. 4). Überhaupt befand sich die WM in einem vielfältigen Abhängigkeits- und Spannungsverhältnis zu den Olympischen Spielen in München (s. Kap. 3). In der Erinnerung der meisten Zeitgenossen fließen die beiden Großereignisse nahezu nahtlos ineinander. Allerdings trügt die Erinnerung mitunter. Zwar schloss die WM 1974 an die Erfahrungen an, die man mit Olympia 1972 gemacht hatte, aber in vielem war sie das Gegenstück zu den Spielen in München. War Olympia von sehr viel Idealismus begleitet und diente unter anderem als symbolische Bestätigung der gleichberechtigten Rückkehr Deutschlands in die internationale Gemeinschaft, belud man die Fußball-WM in der Bundesrepublik, anders als in Lateinamerika, über den Sport hinaus mit wenig Bedeutung (s. Kap. 2).

Dem gewandelten Zeitgeist folgend, traten an die Stelle der optimistischen Münchner Visionen von Heiterkeit und Völkerfreundschaft nun Sachlichkeit und Nüchternheit. Der »kurze Sommer der konkreten Utopie« (Ruck 2000) der Sechziger mit seinem optimistischen Zukunftsglauben und seiner Planungs- und Modernisierungseuphorie war im Weltmeisterschaftsjahr definitiv zu Ende. Die Bundesrepublik war mit der Ölkrise von 1973 in eine neue historische Epoche »nach dem Boom« (Doering-Manteuffel und Raphael 2008) eingetreten. Ab jetzt hatte man es mit deutlich niedrigeren Wachstumsraten, starken Konjunkturschwankungen und struktureller Arbeitslosigkeit zu tun. 1974 verdoppelte sich die Arbeitslosigkeit gegenüber dem Vorjahr auf 582 000 Menschen ohne Job und wurde seit den 1930er Jahren erstmals wieder zu einem bedeutenden Problem für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in der Bundesrepublik. Die Zeit des stabilen Wachstums und der Vollbeschäftigung war vorbei. Zur Charakterisierung der jetzt beginnenden Post-Boom-Epoche sprechen Historiker von einer Zeit der »großen Ernüchterung« (Schanetzky 2007) und dem »Ende der Zuversicht« (Jarausch 2008). Die WM spiegelte diesen nüchternen, skeptischen Blick auf die Dinge wider.

Dementsprechend wurde der WM seitens der bundesdeutschen Politik auch kaum Relevanz für das Deutschlandbild im Ausland beigemessen – außer freilich, dass man ein Debakel wie die gescheiterte Geiselbefreiung unter allen Umständen verhindern wollte. Dies führte dazu, dass man mehr Mittel für Sicherheitsmaßnahmen aufwandte und sich auch nicht scheute, durch sichtbare Polizeipräsenz das 1972 intendierte Bild vom friedlichen und gewaltfreien Deutschland zu konterkarieren (Pfeil 2006, S. 420). Anders als die Olympischen Spiele stand die WM trotz der damit verbundenen Mehrausgaben aber unter dem Vorzeichen der Sparsamkeit. Die Baumaßnahmen an allen WM-Stadien zusammengenommen kosteten nur einen Bruchteil der Summe, die die Olympiabauten verschlungen hatten. Wo München, das selbst auch WM-Spielort war, durch die olympische Architektur beeindruckte, strahlten die übrigen Stadien vor allem Sachlichkeit und Funktionalität aus.

Andere Unterschiede stechen ebenfalls ins Auge. Dem erstmaligen Auftreten einer DDR-Mannschaft in München 1972 unter eigener Flagge und mit eigener Hymne hatte man nach langen Jahren der deutsch-deutschen Querelen mit Spannung entgegengesehen. Er wurde zum symbolischen Ausdruck des Durchbruchs der Entspannungspolitik der sozialliberalen Koalition unter Kanzler Willy Brandt. Im Vergleich dazu umgab das legendäre Spiel zwischen DDR und Bundesrepublik während der ersten Finalrunde der WM trotz seiner politischen Brisanz fast schon so etwas wie Normalität (s. Kap. 5). Die Spieler der DDR-Elf schienen sich von ihren Kollegen im Westen kaum zu unterscheiden und wurden in der Bundesrepublik mit großer Sympathie aufgenommen. Auch in anderer Hinsicht war die WM politisch kaum bedeutsam. An die internationale Ausrichtung der Münchner Spiele anknüpfend und diese fortsetzend, spielte das Turnier keine Rolle für die Stärkung des deutschen Nationalgefühls. Als man im Finale die Holländer schlug, gab es in der Bundesrepublik anders als in den Niederlanden keine großen nationalen Gefühlsausbrüche. An die Welle der nationalen Euphorie anlässlich des »Wunders von Bern« 1954 erinnerte nichts, und auch vom »Patriotismus light« des »Sommermärchens« von 2006 war man noch meilenweit entfernt (s. Kap. 6).

Wie die nachfolgenden Ausführungen zur WM 1974 verdeutlichen, sind die Verbindungen von Geschichte und Sportgeschichte vielfältig und aufschlussreich. Daran, dass die Sportgeschichte inzwischen ein »legitimes Kind der Geschichtswissenschaft« ist, hat der Fußball einen großen Anteil (Pyta 2010, S. 380). Dies gilt nicht nur, weil der Autor dieser Zeilen wie die anderen gegenwärtigen deutschen Sporthistoriker ein »Kind der Bundesliga« ist und in einer Epoche der stets expandierenden Sportberichterstattung aufgewachsen ist, sondern auch deshalb, weil sich anhand der Geschichte des Fußballs und seines wichtigsten Turniers auch andere Veränderungen in der modernen Welt gut darstellen lassen. So soll dieses Buch zeigen, dass David Goldblatt recht hat mit seiner Beobachtung, dass die Geschichte der modernen Welt sich in die Geschichte des Fußballs eingeschrieben hat, mitunter sprunghaft und ungleichmäßig, aber immer klar erkennbar. Ebenso stimmt umgekehrt, dass man den Fußball nicht aus der Geschichte der modernen Welt herauslösen kann.

Kapitel 2

WM und Politik

Hochrangige Gäste

Auf nationaler Ebene war die politische Situation in der Bundesrepublik im Frühjahr 1974 vor allem durch den Rücktritt von Bundeskanzler Willy Brandt geprägt. Seines Amtes schon seit geraumer Zeit müde, trat Brandt am 7. Mai zurück, weil er glaubte, infolge der Affäre um den vom DDR-Auslandsgeheimdienst im Bundeskanzleramt platzierten Spion Günter Guillaume aus persönlichen Gründen erpressbar geworden zu sein. Auch wenn er noch im März 1974 gemeinsam mit seinem damals zwölfjährigen Sohn, dem heutigen Schauspieler Matthias Brandt, ins »Aktuelle Sportstudio« kam, interessierte sich der Kanzler nicht sonderlich für Fußball und verstand auch nicht viel davon (11 FREUNDE, 5/2012). Sein Nachfolger Helmut Schmidt im Übrigen auch nicht.

Bedeutsam für die WM war der Kanzlerwechsel in zweifacher Hinsicht. Zum einen wurde die Begegnung zwischen den beiden deutschen Staaten in der Gruppenphase in der Wahrnehmung des Publikums nun nicht mehr von der Guillaume-Affäre überschattet, zum anderen passte der Wechsel vom politischen Visionär und Idealisten Brandt zum Pragmatiker und Krisenmanager Schmidt gut zum allgemeinen Stimmungswandel in der Bundesrepublik. Aber nicht nur der Kanzler wurde ausgetauscht, sondern turnusgemäß auch der Bundespräsident, immerhin Schirmherr des WM-Turniers. Auch dies verweist auf den bereits erwähnten vergleichsweise geringen politischen Stellenwert der in der Bundesrepublik. Es ergab sich die kuriose Situation, dass Bundespräsident Gustav Heinemann die als Staatsoberhaupt am 13. Juni eröffnete, der -Pokal an den Kapitän der bundesdeutschen Mannschaft Franz Beckenbauer drei Wochen später jedoch von Walter Scheel übergeben wurde.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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