Wo bleibt unser Optimismus? - Patricia Vandenberg - E-Book

Wo bleibt unser Optimismus? E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Sein Vater hat eine große Aufgabe übernommen: Dr. Daniel Norden leitet ab sofort die Behnisch-Klinik. Das führt natürlich zu entscheidenden Veränderungen in seiner Praxis. Jetzt wird es ernst für Danny, den Mädchenschwarm und allseits bewunderten jungen Mediziner. Er ist nun für die Praxis allein verantwortlich. Privat ist Dr. Danny Norden dabei, sein großes Glück zu finden. Seine Freundin, die sehbehinderte, zauberhafte Tatjana, ist mehr und mehr zu seiner großen Liebe geworden. Die neue Serie Praxis Dr. Norden ist prädestiniert, neben den Stammlesern der Erfolgsserie Dr. Norden auch viele jüngere Leserinnen und Leser hinzuzugewinnen. »Ihr habt es also wirklich getan?« Wendy saß an ihrem Schreibtisch in der Praxis Dr. Norden und betrachtete die Fotos in ihrer Hand. Ihre Kollegin Janine beugte sich über ihre Schulter. Wie fast jeden Morgen hatte ihr Chef Dr. Danny Norden aus der Bäckerei seiner Frau ein Kuchenpaket mitgebracht. Statt wie sonst Plundergebäck und Croissants gab es zur Feier des Tages Torte. »Ist das nicht der Wahnsinn? Ich kann es selbst kaum glauben.« Dr. Danny Nordens Augen strahlten. »Jetzt sind wir stolze Besitzer einer alten Villa mit großem Garten.« »Ich mag dieses Dach. So etwas sieht man heutzutage kaum mehr.« »Außerdem sorgt das Mansardendach dafür, dass im ersten Stock mehr Platz ist.« »Also, mir gefällt ja der Turm am allerbesten«, erklärte Janine. Danny lachte. »Dann können Sie Tatjana die Hand reichen. Ich glaube, sie wollte das Haus nur wegen des runden Zimmers.«

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Praxis Dr. Norden – 15 –

Wo bleibt unser Optimismus?

Manchmal ist das Leben eine Einbahnstraße

Patricia Vandenberg

»Ihr habt es also wirklich getan?« Wendy saß an ihrem Schreibtisch in der Praxis Dr. Norden und betrachtete die Fotos in ihrer Hand. Ihre Kollegin Janine beugte sich über ihre Schulter.

Wie fast jeden Morgen hatte ihr Chef Dr. Danny Norden aus der Bäckerei seiner Frau ein Kuchenpaket mitgebracht. Statt wie sonst Plundergebäck und Croissants gab es zur Feier des Tages Torte.

»Ist das nicht der Wahnsinn? Ich kann es selbst kaum glauben.« Dr. Danny Nordens Augen strahlten. »Jetzt sind wir stolze Besitzer einer alten Villa mit großem Garten.«

»Ich mag dieses Dach. So etwas sieht man heutzutage kaum mehr.«

»Außerdem sorgt das Mansardendach dafür, dass im ersten Stock mehr Platz ist.«

»Also, mir gefällt ja der Turm am allerbesten«, erklärte Janine.

Danny lachte.

»Dann können Sie Tatjana die Hand reichen. Ich glaube, sie wollte das Haus nur wegen des runden Zimmers.«

»Und wann könnt ihr einziehen?« Während Janine verliebt Erker, Gauben und Winkel betrachtete, konzentrierte sich Wendy auf die praktischen Details.

»Wann immer wir wollen. Der Kaufvertrag ist unter Dach und Fach. Die Schlüssel haben wir auch schon vom Makler bekommen.«

Janine zog eine Augenbraue hoch.

»Wieso Makler? Ich dachte, Sie hätten das Haus von unserer Patientin Helga Plank gekauft.«

»Die leider vergessen hatte, dass sie bereits einen Makler mit dem Verkauf beauftragt hatte«, erwiderte Danny und schob eine Gabel mit fluffiger Sahnecreme in den Mund. »Aber selbst das war kein Problem. Kulanterweise hat Herr Eckert auf einen Teil der Provision verzichtet.«

»Es scheint auch noch nette Menschen zu geben.«

»Das gleiche dachte ich mir auch.« Danny leerte seine Tasse Kaffee und kratzte das letzte Stück Torte vom Teller. Genug geplaudert. Es wurde Zeit, sich ins Sprechzimmer zurückzuziehen und sich auf die Vormittagssprechstunde vorzubereiten.

Wendy ging in die Küche, um ein Tablett zu holen.

»Wie schön, dass der kleine Fynn so ein tolles Zuhause bekommt. Ein Kind mitten in der Stadt großzuziehen, hatte ich für keine gute Idee gehalten.« Tassen und Teller klapperten, als sie sie auf dem Tablett zusammenstellte.

Janine hatte Wendys Platz eingenommen. Sie saß am Tisch und betrachtete die Fotos. Unschwer zu erraten, woran ihre Freundin und Kollegin dachte.

»Ich brauche weder Kind noch Haus. Ein Mann, mit dem ich ein schönes Leben führen kann, würde mir vollauf genügen«, sagte Janine denn auch laut.

Eine bessere Vorlage für das, was sie vorhatte, hätte sich Wendy nicht wünschen können. Mit dem Tablett in der Hand blieb sie in der Küchentür stehen.

»Apropos Mann. Ich wollte dir ja noch etwas erzählen«, verriet sie.

»Und was?« Janine schob die Fotos zusammen und steckte sie zurück in den Umschlag. »Sag bloß, du hattest wieder einmal eine unheimliche Begegnung der dritten Art?«

»Eigentlich war Arndt Stein ganz nett.«

»Soso, Arndt Stein also«, erwiderte Janine gedehnt. Mit schmalen Augen musterte sie ihre Freundin. Eingefleischter Single, der sie war, hatte es schon lange keinen Mann mehr in Wendys Leben gegeben. »Und das erzählst du mir so beiläufig? Ich will alles wissen. Wo hast du ihn kennengelernt? Wie alt ist er? Was macht er beruflich? Welchen Haken gibt es?«

»Ehrlich gesagt habe ich ihm keinen Personalbogen zum Ausfüllen vorgelegt.« Wendy schmunzelte und machte, dass sie in die Küche kam. Lügen war noch nie ihre Stärke gewesen, und sie wollte tunlichst nicht gleich durchschaut werden. »Hast du nicht zufällig Lust, mal einen Blick auf ihn zu werfen? Du weißt doch, wie schlecht meine Menschenkenntnis in Sachen Männer ist.«

»Allerdings.« Wendys Liebesleben war ein einziges Trauerspiel. Zumindest in Janines Augen. Wenn sie selbst schon kein Glück hatte, wollte sie wenigstens ihrer Freundin unter die Arme greifen. »Und natürlich sehe ich ihn mir gern einmal an. Sag mir, wann und wo, und ich stehe zur Verfügung.«

*

Danny Norden saß am Schreibtisch und pfiff ein Liedchen, während er den Computer einschaltete und die Unterlagen ordnete. War das Leben je schöner gewesen? Sein Blick fiel hinaus in den herbstlichen Garten der Praxis. Er war wesentlich kleiner als das Grundstück, das das Wolkenkuckucksheim beherbergte. Gleich im nächsten Frühjahr musste ein Sandkasten her. Und eine von diesen tollen, großen Netzschaukeln, die er in dem Prospekt eines Baumarktes gesehen hatte. Wo lag er doch gleich? Papiere raschelten zwischen seinen Fingern.

»Ah, hier steckt er ja. Dann wollen wir mal sehen …«

Das schrille Klingeln des Telefons störte seine Pläne.

»Norden!«, meldete er sich, ohne von den Schaukelgestellen, Sandkästen und Spielhäusern aufzusehen.

»Wagner hier.«

Danny klappte den Prospekt zu und lehnte sich zurück.

»Frau Wagner, gut, dass Sie anrufen! Was macht unser Geschäft?«

»Leider habe ich keine guten Nachrichten.« Die Anlageberaterin räusperte sich. »Die Container-Transport GmbH hat … Nun ja … Wie soll ich sagen … Insolvenz angemeldet.«

Von einer Sekunde auf die andere stand die Welt Kopf. Danny fühlte sich, als hätte ihm Beatrice Wagner eine Spritze pures Adrenalin mitten ins Herz gejagt.

»Wie bitte?«, keuchte er.

»Tun Sie doch nicht so entsetzt.« Frau Wagner schnalzte mit der Zunge. »Ich habe Ihnen von Anfang an gesagt, dass Container-Investments eine riskante Anlageform sind.«

»Sie haben mir erzählt, dass die Verbraucher mit einer Rendite von drei bis fünf Prozent pro Jahr rechnen können. Dass in den vergangenen Jahren Milliarden Euro in diesen Markt geflossen sind. Sie haben stets betont, dass dieses Geschäft todsicher ist.«

»Wollen Sie etwa mir alle Schuld in die Schuhe schieben? Das ist nicht fair. Ich habe niemals einen Hehl daraus gemacht …«

Langsam ließ Danny Norden den Hörer sinken. Er legte auf. Erst jetzt bemerkte er, dass Wendy mit einem Umschlag in der Tür stand. Die Wendy, ohne die er sich die Praxis Dr. Norden nicht vorstellen konnte. Sie war schon hier gewesen, als er noch mit den Legosteinen im Wartezimmer Garagen für die Matchbox-Autos gebaut hatte. Sie hatte nach seinen Fahrradunfällen Pflaster auf seine Knie geklebt und ihm Schutzimpfungen verabreicht. Eigentlich fühlte er sich nicht wie ihr Chef, sondern wie der Sohn, den sie nicht hatte. Deshalb durfte sie auch die Frage stellen, die ihr ins Gesicht geschrieben stand.

»Was ist passiert?«

Das fragte sich Danny auch.

»Mein ganzes Geld ist weg.«

Lächelnd trat sie an den Schreibtisch.

»Natürlich. Du hast ja auch gerade ein Haus gekauft.«

»Tatjana und ich haben ein Haus gekauft. Den Rest habe ich für alle Fälle zurückgelegt. Man kann ja nie wissen. So ein altes Haus ist immer für eine Überraschung gut.« Er schüttelte den Kopf. »Wenn das gut gegangen wäre, hätten wir in jedem Zimmer Marmorböden verlegen können.«

»So gut kenne selbst ich Tatjana, um zu wissen, dass sie Marmor scheußlich findet.« Es sollte ein Witz sein.

Doch Danny war nicht zum Lachen zumute.

»Wenn das wirklich wahr ist, werden wir das Haus nicht behalten können.«

»Au weia!« Wendy schüttelte die rechte Hand, als hätte sie sich verbrannt. »Das wird deiner Liebsten nicht gefallen.«

»Das ist die Untertreibung des Jahrhunderts.« Dannys Seufzen kam aus den tiefsten Tiefen seiner Seele. Doch es nützte nichts. Das Leben ging weiter. »Schicken Sie mir bitte den ersten Patienten.«

»Natürlich.« Wendy blickte hinab auf den Umschlag in ihrer Hand. Plötzlich erinnerte sie sich. »Das hier sind die Röntgenbilder eines gewissen Herrn Gold. Er ist neu in der Praxis und bittet um deine Meinung.«

*

Froh, die Sorgen fürs Erste beiseite schieben zu können, begrüßte Dr. Norden junior ein paar Minuten später den Patienten in mittleren Jahren.

»Guten Tag, Herr Gold.«

Bernd Gold setzte sich, und Danny nutzte die Gelegenheit, ihn ausgiebig zu mustern. Nicht das kleinste Detail entging ihm. Nicht das Polohemd mit den goldfarbenen Knöpfen. Nicht die weißen Sportschuhe. Nicht die Canvas-Hose, die wie das gesamte Erscheinungsbild sportliche Eleganz ausstrahlte. Das gebräunte Gesicht ließ nur einen Schluss zu.

»Sie spielen Golf?«

Die feine Haut um Bernds Augen kräuselte sich.

»Woher wissen Sie das?«

»Sie strahlen dieses gewisse Etwas aus.« Danny erwiderte das Lächeln. »Was führt Sie in meine Praxis, Herr Gold?«

»Schmerzen im rechten Ellbogen.«

»Wahrscheinlich haben wir es mit einer Epicondylitis humeri ulnaris zu tun, zu deutsch Golferarm. Diese Erkrankung kennzeichnet die schmerzhafte Reizung und Entzündung von Muskelansätzen am Oberarmknochen. Verantwortlich dafür ist eine häufig wiederkehrende Belastung bei der Arbeit und im Alltag.«

»Und leider beim Golfspielen«, ergänzte Bernd Gold. »Bei mir ist die Entzündung allerdings Folge eines Unfalls vor einem Jahr. Ich wurde bereits drei Mal operiert. Das erste Mal ohne Erfolg. Beim zweiten Mal gab es Komplikationen. Der Eingriff musste wiederholt werden. Leider brachte auch die dritte OP nicht den gewünschten Erfolg.«

»Wie sind Sie auf meine Praxis gekommen?«

»Ein Kollege von mir ist schon seit Jahren Patient bei Ihnen. Er hat mir ans Herz gelegt, mein Glück bei Ihnen zu versuchen.« Gold nannte einen Namen, und Danny nickte. Natürlich kannte er Konrad Liebetrau. Nachdem er die Praxis von seinem Vater Daniel Norden übernommen hatte, war Liebetrau einer seiner schärfsten Kritiker gewesen. Dannys Kompetenz und eloquenter Art war es zu verdanken, dass er den Skeptiker schließlich doch noch von seinen Qualitäten überzeugt hatte. Die Weiterempfehlung war ein großartiges Lob, das Danny nicht hoch genug schätzen konnte.

»Dann wollen wir uns die Sache einmal ansehen.« Er erhob sich vom Schreibtisch und winkte seinen Patienten mit sich ins Behandlungszimmer. Dort nahm er den Ellbogen gründlich unter die Lupe. »Auf den Bildern, die Sie mitgebracht haben, ist die Entzündung deutlich zu erkennen. Rein äußerlich kann ich allerdings nichts feststellen. Der Bereich ist weder geschwollen noch gerötet oder warm.« Er saß auf dem Hocker vor der Behandlungsliege und dachte nach. »Was haben die Kollegen denn schon alles versucht, um Ihnen die Schmerzen zu nehmen?«

»Elektrotherapie, Kältetherapie, Ultraschallbehandlung, Bandagen«, zählte Bernd Gold auf. »Als das alles nichts nützte, wurden schwerere Geschütze aufgefahren. Ich bekam Kortison und eine Schmerzmitteltherapie. Danach wussten sich die Herrschaften keinen Rat mehr und wollten mir ein künstliches Gelenk einbauen.«

Dr. Norden zog eine Augenbraue hoch.

»Eine Ellenbogenprothese ist in meinen Augen der allerletzte Ausweg. Vorher würde ich abklären, was für andere Ursachen es für Ihre Beschwerden geben könnte. Ein Blutbild kann darüber Aufschluss geben.«

»Tun Sie, was Sie für nötig halten. Sie sind meine letzte Hoffnung.«

»Gut.« Danny versenkte die Nadel unter der Haut. »Ich schicke die Probe gleich im Anschluss ins Labor. Wenn alles gut geht, liegen heute Nachmittag die Ergebnisse vor.« Er legte die Röhrchen in die Nierenschale und klebte ein Pflaster auf die Einstichstelle.

»Haben Sie später noch einen Termin für mich frei?«

»Wenn nicht, bleibe ich länger«, bot Danny an.

Bernd Gold lächelte und nickte mehrmals hintereinander. Dabei ruhte sein wohlwollender Blick auf Dr. Norden.

»Jetzt verstehe ich, was Konrad meinte.«

*

»Diese Mittagspause haben wir uns redlich verdient.« Wendy musste die Stimme heben, um das Summen im Café ›Schöne Aussichten‹ zu übertönen. Wie immer um diese Uhrzeit war jeder Platz besetzt. Dabei war es den Gästen egal, ob sie auf Stühlen mit hohen oder niedrigen Lehnen saßen. Ob die Beine mit Schnitzereien verziert und die Polster mit Tigermuster oder Streifen bezogen waren. Hauptsache ein Platz im beliebtesten Café der ganzen Stadt.

Janine sah sich um. Musterte den Herrn mit Brille und Halbglatze, der sich hinter einer Zeitung versteckte. Nein, bitte nicht der. Dann schon lieber den Herrn mit Zopf, der aufreizend zu ihnen hinüber lächelte. Schnell senkte sie den Kopf.

»Zum Glück habe ich reserviert«, bemerkte Wendy und steuerte zielstrebig auf ihren Lieblingstisch unter der altertümlich anmutenden Stehlampe zu. Auf dem Weg dorthin versuchte Janine, einen Blick über ihre Schulter zu erhaschen.

»Er ist ja noch gar nicht da«, stellte sie enttäuscht fest.

»Arndt kommt ganz bestimmt gleich.« Wendy machte es sich im Ohrenbackensessel mit Blümchenmuster bequem. Den Blick auf die Tür gerichtet, bestellte sie Schorle und Flammkuchen. Tatjanas Angestellte Florentina machte sich gerade auf den Rückweg zum Tresen, als das Glöckchen über der Tür so aufgeregt bimmelte, dass es das Stimmengewirr im Café übertönte. »Habe ich es nicht gesagt!« Wendy hob die Hand und winkte dem Mann mit der eckigen Brille und den silberfarbenen Koteletten zu. Zur Jeans trug er ein Sakko. Der obere Knopf des Hemdes stand offen. Ein Büschel Haare spitzte hervor. »Darf ich vorstellen: Meine Freundin Janine. Arndt Stein.«

»Ich freue mich, Sie kennenzulernen.« Sein Händedruck war warm und fest, wie Janine erfreut feststellte.

»Ganz meinerseits.«

Arndt deutete eine Verbeugung an.