Wo die Geister tanzen - Joana Osman - E-Book

Wo die Geister tanzen E-Book

Joana Osman

0,0
18,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Drei Generationen, verbunden durch die tiefe Sehnsucht danach, Wurzeln zu schlagen – in ihrem großen Roman erschreibt sich Joana Osman ihre eigene Familiengeschichte

Sabiha und Ahmed sind fest verwurzelt in ihrer Heimatstadt Jaffa. Hier eröffnen sie ein eigenes Kino, um in der letzten Reihe bei Filmen mit Shirley Temple zu weinen, und ziehen ihre Söhne groß. Doch 1948, mit dem ersten arabisch-israelischen Krieg und schließlich der Gründung Israels, beginnt für die Familie eine Odyssee. Sie fliehen in den Libanon und weiter in die Türkei, stets auf der Suche nach einem neuen Zuhause. Sie leben in Abbruchhäusern und werden von keinem Staat anerkannt. Sie trauern um die Verstorbenen und verlieren doch nie die Lust am Leben und erst recht nicht ihren Humor.

Siebzig Jahre später begibt sich Joana Osman in Israel auf Spurensuche. Wer waren ihre Großeltern, die ihren Vater auf der Flucht großzogen? Was war das für eine Reise, die auch ihr eigenes Aufwachsen so stark und doch so unsichtbar geprägt hat.

Fiktion und Autofiktion verschwimmen in diesem Roman, in dem Joana Osman ihre eigene Familiengeschichte vor dem Vergessen rettet. Voller Fantasie und hinreißendem Witz lässt sie die Geister der Vergangenheit tanzen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 241

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Buch

Drei Generationen, verbunden durch die tiefe Sehnsucht danach, Wurzeln zu schlagen – in ihrem großen Roman erschreibt sich Joana Osman ihre eigene Familiengeschichte

Sabiha und Ahmed sind fest verwurzelt in ihrer Heimatstadt Jaffa. Hier eröffnen sie ein eigenes Kino, um in der letzten Reihe bei Filmen mit Shirley Temple zu weinen, und ziehen ihre Söhne groß. Doch 1948, mit dem ersten arabisch-israelischen Krieg und schließlich der Gründung Israels, beginnt für die Familie eine Odyssee. Sie fliehen in den Libanon und weiter in die Türkei, stets auf der Suche nach einem neuen Zuhause. Sie leben in Abbruchhäusern und werden von keinem Staat anerkannt. Sie trauern um die Verstorbenen und verlieren doch nie die Lust am Leben und erst recht nicht ihren Humor.

Siebzig Jahre später begibt sich Joana Osman in Israel auf Spurensuche. Wer waren ihre Großeltern, die ihren Vater auf der Flucht großzogen? Was war das für eine Reise, die auch ihr eigenes Aufwachsen so stark und doch so unsichtbar geprägt hat?

Fiktion und Autofiktion verschwimmen in diesem Roman, in dem Joana Osman ihre eigene Familiengeschichte vor dem Vergessen rettet. Voller Fantasie und hinreißendem Witz lässt sie die Geister der Vergangenheit tanzen.

Autorin

JOANAOSMAN, geboren 1982, ist die Tochter eines palästinensischen Vaters und einer deutschen Mutter. Sie studierte Amerikanistik, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte und war 2012 Mitbegründerin der Friedensbewegung »The Peace Factory«. Ihr Debütroman Am Boden des Himmels erschien 2019. Joana Osman arbeitet als Autorin, Dozentin und Storytelling-Coach und lebt mit ihrer Familie in der Nähe von München.

Die Presse über Am Boden des Himmels:

»Die Entdeckung einer herausragenden Erzählstimme« NZZ am Sonntag

»Joana Osman spielt in ihrem Buch mit Licht und Schatten und allen Schattierungen dazwischen und nimmt den Leser durch eindrückliche Beschreibungen der Schauplätze mit.« BR5 Interkulturelles Magazin

»Sanft und magisch erzählt Joana Osman in ihrem Debütroman (2019) davon, dass ein kleiner Augenblick der Furchtlosigkeit Welten überwinden kann.« Stadt Spiegel

Joana Osman

WO DIE GEISTER TANZEN

Roman

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Copyright © 2023 C. Bertelsmann

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Karte: Peter Palm

Covergestaltung: Sabine Kwauka

Coverabbildung: © Alicia Bock / Trevillion Images

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-29818-0V003

www.cbertelsmann.de

Für Michael Noah OsmanDamit er weiß, woher er kommt.

Rest in peace.In methe meaning of your livesis stillunfolding.

– ALICE WALKER –

Anmerkung

Ich kann nicht behaupten, dass ich mich beim Schreiben dieses Romans bemüht habe, historische Genauigkeit walten zu lassen und bei den Fakten zu bleiben – im Gegenteil.

Schon um die Persönlichkeitsrechte der hier auftretenden Personen zu schützen, ist diese Geschichte in weiten Teilen frei erfunden. Was die historischen Ereignisse angeht, so kann ich hier nur einen begrenzen Ausschnitt persönlichen Erlebens wiedergeben. Bei der Recherche zu diesem Buch habe ich mich auf historische Fachliteratur, Augenzeugenberichte und Erzählungen gestützt.

Inhalt

Prolog

Erster Teil: Jaffa

Zweiter Teil: Beirut

Dritter Teil: Mersin

Vierter Teil: Beirut

Epilog

Dank

Glossar

Soundtrack

Literaturverzeichnis

Zitatnachweise

Prolog

»Schreibe«, sprach jene Stimme, und der Prophet antwortete: »Für wen?«

Die Stimme sprach: »Für die Toten, für die, die du in der Vorwelt geliebt hast.«

Der Prophet fragte: »Werden sie mich lesen?«

Die Stimme antwortete: »Ja, denn sie kommen wieder zurück als Nachwelt.«

SØREN KIERKEGAARD

Eigentlich war es meine jüngere Cousine Zeynep, die mich auf die Idee für diesen Roman gebracht hat. Eines Nachts (es muss eine windige Märznacht gewesen sein, denn es sind ja immer solche windigen Märznächte, in denen irgendetwas Bedeutsames passiert, oder vielleicht war es auch im Sommer) klingelt mein Telefon und Zeynep ist dran. Was gibt’s?, frage ich, und sie sagt, Habibti, ich muss dir was erzählen.

Warum tust du’s nicht?, sage ich und bemühe mich, meiner Stimme einen lässigen und beiläufigen Klang zu geben, um zu verbergen, dass mir jedes Mal das Herz in die Hose rutscht, wenn jemand aus der Familie anruft. Oder eine Nummer mit einer Vorwahl aus dem Nahen Osten auf dem Display erscheint, was im Prinzip auf dasselbe hinausläuft.

Zey ruft aus Istanbul an. Ich kann den nächtlichen Verkehrslärm durchs Telefon hören. Vermutlich hat sie das Fenster offen stehen, oder sie sitzt auf dem Balkon und raucht.

Also, beginnt Zeynep und holt tief Luft. Ich hole auch tief Luft, denn die Ankündigung kann nur bedeuten, dass jemand heiratet (sehr wahrscheinlich) und ich hinfliegen soll, oder dass jemand zu Besuch kommen will, oder dass es richtig saftigen Klatsch und Tratsch gibt, den wir in den nächsten Stunden von A bis Z durchkauen werden. Wobei all das, wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, noch nie dazu geführt hat, dass Zeynep mich anruft. Noch dazu mitten in der Nacht.

O Gott.

Ich habe etwas gefunden, sagt sie.

Eine Bombe?, frage ich. Ich weiß nicht, warum ich das sage. In meiner Familie sind wir besessen vom Krieg, so viel steht fest.

So ungefähr, sagt Zeynep. Es hat dieselbe Sprengkraft, das ist schon mal sicher.

Ein halbes Jahr später treffen Zeynep und ich uns am Hauptbahnhof von Tel Aviv. Sie ist zum ersten Mal hier, ich zum vierten. Es ist Sommer, obwohl es schon Oktober ist, und ich habe eines dieser grünen Mietfahrräder bei mir, die überall herumstehen. Wir wuchten ihren Koffer darauf und schieben das Ganze in die nächste Bar.

Zey kommt direkt vom Flughafen und strahlt dieses Gefühl von Gerade-angekommen-Sein aus. Hat alles geklappt?, frage ich. Ich meine die Einreise. Immerhin ist Zeynep Exil-Palästinenserin. Von Geburt an. Eigentlich würde diese Tatsache sie zu einer Ausgestoßenen machen, zu einer staatenlosen Person, zu jemandem, die kein Land, keine Heimat, keinen Pass und erst recht keine Perspektive ihr Eigen nennen kann. Aber Zeynep ist die Tochter eines Mannes, der vor vielen Jahren alles darangesetzt hat, eine Staatsbürgerschaft zu erwerben, und er tat dies, indem er sich jahrelang als Soldat in der Armee eines Landes verdingte, das ihm nichts weiter bot als das uneingeschränkte Aufenthaltsrecht für sich und seine Familie. Zeynep grinst und knallt ihren türkischen Reisepass auf den Tisch. Das magische Dokument. Im arabischen Teil meiner Familie ist es noch immer ein Privileg, einen Pass zu besitzen.

Die haben nicht mal gezuckt, sagt sie. Ich bin einfach durchmarschiert.

Zeynep hat knallrot gefärbte Locken, die ihr bis zum Po reichen, und trägt ein grünes T-Shirt mit Peace-Zeichen, eine lilafarbene Stoffhose mit Fransen und Elefantenprint und dazu jede Menge Silberschmuck. Sie passt in diese Stadt wie ein Pfeil in die Mitte einer Dartscheibe. Die Jungs vom israelischen Inlandsgeheimdienst, die jeden Reisenden am Flughafen Ben Gurion kontrollieren, müssen sie für die harmlose Irre gehalten haben, die sie ist.

Ich bin ein wenig neidisch, denn jedes Mal, wenn ich nach Israel einreise, werde ich von einem Sicherheitsbeamten in einen fensterlosen Raum geführt und nach allen Regeln der Kunst verhört, weil sie hier noch immer nicht glauben können, dass eine Frau mit deutsch-palästinensischen Wurzeln nach Israel reist, um in Schulen und Universitäten über Frieden zu sprechen.

Aber heute sind wir aus einem anderen Grund hier.

Hast du sie dabei?, frage ich, und Zeynep schiebt mir einen dicken Umschlag über den Tisch. Ich öffne ihn und ziehe das heraus, was Zeynep vor sechs Monaten so dramatisch angekündigt hat. Notizbücher. Sechs Stück. Chronologisch sortiert. Jede Zeile darin ist fein säuberlich beschrieben von der Hand meines Onkels Mahmoud, Zeyneps Vater.

Er ist seit vier Jahren tot, aber bevor er das Zeitliche gesegnet hat, muss er noch im Schreibwarenladen gewesen sein und sich diese Hefte gekauft haben. Warum er die vollgeschriebenen Notizbücher dann in einer Keksdose ganz hinten im Schrank versteckt hat, bleibt sein Geheimnis. Es ist ein großer Zufall, dass meine Cousine diese Hefte schließlich beim Aufräumen gefunden hat, wo sie doch normalerweise nie aufräumt. Zusammen mit den Tagebüchern meines Vaters, der auch tot ist, aber schon viel länger als Mahmoud, macht das in der Summe vierzehn Notizbücher. Die Geschichte unserer Familie, versammelt auf einem Haufen Papier. Nur dass die Tinte langsam verblasst. Scheiße, sagt Zeynep, und ich weiß, was sie meint.

Sie schlägt eines der Hefte auf und deutet auf das erste Wort. Was steht da, fragt sie. Die Frage brennt ihr seit sechs Monaten unter den Nägeln und beschreibt haargenau alles, was in unserer Familie verzwickt ist. Zeynep spricht als Tochter eines palästinensischen Vaters und einer syrischen Mutter fließend Arabisch, nur kann sie kein Arabisch lesen, weil ihre Familie in die Türkei ausgewandert ist, bevor sie überhaupt auch nur die Chance hatte, ihr Alif Ba Ta zu lernen. Ich, Tochter eines viel zu früh verstorbenen palästinensischen Vaters und einer deutschen Mutter, hatte in meinen überambitionierten Jugendjahren den dringenden Wunsch, die Sprache meines Vaters zu lernen, bin aber über besagtes Alif Ba Ta nie so recht hinausgekommen, was dazu führte, dass ich Arabisch zwar lesen, aber nur wenig verstehen und noch weniger sprechen kann. Gemeinsam bilden Zeynep und ich also eine Art linguistisches Frankensteinmonster, sind aber trotzdem aus irgendeinem Grund weniger als die Summe unserer Teile.

Ich kneife die Augen zusammen und versuche herauszufinden, was da steht.

Amsi, entziffere ich. Was heißt das?

Gestern, sagt Zeynep. Das heißt gestern.

Ich sehe schon, das hier wird schwierig.

Welcher Teufel hat mich eigentlich geritten, als ich dachte, ich könnte der Geschichte ihre verborgenen Geheimnisse entreißen? Ich hätte all dieses Spurensuchen vielleicht nie begonnen, hätte Zeynep mich damals am Telefon nicht gefragt: Wer war unsere Familie? Wie lebten sie? Warum wissen wir so wenig von ihnen?

Ich hoffte, die Sache schnell erledigen zu können, indem ich ihr antwortete, soweit ich wisse, stammten wir von einer Linie magerer armer Leute ab, Kanaaniten allesamt (was immer das bedeuten mag) mit einigen Beduinen, ein paar Phöniziern, Arabern, Römern, Türken, und unter Garantie einer Handvoll Juden als Zugabe, und dass ich unter keinen Umständen in die Bibliothek gehen könne, um über die Landbevölkerung des frühen Palästinas zu recherchieren, schon gar nicht über unsere eigene Familie, weil die es gar nicht bis in die Geschichtsbücher geschafft hätten.

Aber das reichte ihr nicht. Zeynep wollte Einzelheiten. Namen und Geschichten. Und so steckte ich meine Nase in den alten Schuhkarton voller Artefakte, den ich in meiner Wohnung aufbewahre. Mir fiel eine Gebetskette aus polierten Holzperlen in die Hände, die mein Großvater geschnitzt hat. Auf einem der Fotos erkannte ich sie wieder, er ist darauf mit einem Fez und einem gewaltigen Schnurrbart zu sehen, über seinem runden Bauch spannt sich eine Schaffellweste, und zwischen seinen Fingern baumeln die Holzperlen aufgereiht an einer Schnur. Großvater steht auf diesem Foto inmitten einer Berglandschaft, im Hintergrund erheben sich Gipfel und Zedern – vielleicht war es das Antilibanongebirge, wo dieses Bild irgendwann in den späten 1960er-Jahren aufgenommen wurde.

Als mein Vater das Land verließ, in dem er geboren wurde, und das Flugzeug bestieg, das ihn schließlich nach Deutschland und in eine bessere Zukunft bringen sollte, schrieb er in sein erstes Tagebuch: Home. Love it, change it, or leave it. – Heimat – Liebe sie, verändere sie, oder verlasse sie.

Mein Ansatz ist ein anderer, fragen Sie mich nicht warum. Ich konnte meine Heimat, das bayerische Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, nie wirklich verlassen und muss immer wieder zurückkehren. Das ist unvermeidlich. Vielleicht, weil meine Vorfahren ihre Heimat so oft und so gewaltsam verlassen mussten, sehne ich mich umso stärker danach, meine Wurzeln tief in die Erde zu strecken und mich festzukrallen in der einzigen Heimat, die ich habe, ganz gleich wie unzulänglich sie einem auch erscheinen mag.

Doch wann immer ich mich in ein Flugzeug setze und fünf Stunden durch die Luft sause, um an irgendeinem Flughafen im Nahen Osten auszusteigen, und die schwüle, heiße Luft einatme, die nach Meer und Hitze riecht und noch nach etwas anderem, dann fühle ich mich wirklich zu Hause. Das Gefühl von Heimat überkommt mich wie ein Schock, wenn ich in Beirut aus dem Flugzeug steige und durch die klimatisierte Ankunftshalle gehe, aber es erwischt mich auch, wenn ich in Tel Aviv oder Jerusalem stehe und unter Zitronenbäumen auf den Bus warte. Ich werde dort nie leben können, aber Heimat ist es allemal.

Dabei ist es gar nicht meine Heimat, sondern die meiner Großeltern, was mich zu der Frage bringt, ob die Dinge, die die eigenen Ahnen erlebt und erlitten haben, sich auch in einem selbst eingeprägt haben, wie der Geruch nach Pfeifentabak in einem alten Ledersessel. Ein Geruch, den man noch riecht, obwohl man selbst nicht raucht.

Es ist ein wahrlich merkwürdiges Gefühl, Heimweh nach einem Land zu haben, in dem man nie zu Hause war, und noch merkwürdiger ist es, nach einem Zuhause zu suchen, das längst nicht mehr existiert.

Fast siebzig Jahre nachdem meine Großeltern ihre Heimat verlassen mussten, stehe ich also mit Zeynep im Hafen von Jaffa, und wir sehen hinaus aufs Meer, das in der Nachmittagssonne aussieht wie Orangeneis. Es ist heiß und ich habe Sand in meinen Turnschuhen, und weil Freitagnachmittag ist und bald der Sabbat beginnt, ist außer uns niemand hier. Über uns kreisen die Möwen, und ein paar alte Kähne schaukeln sanft in den Wellen und setzen Rost an.

Hier war es?, frage ich, und Zeynep sagt, hier war es.

Das ist der Hafen, von dem aus sie flohen. Dies ist der Ort, an den sie nie zurückkehrten, an den sie sich aber stets zurückwünschten, mit einer Sehnsucht, die einem das Herz sprengt.

Wie war das Leben unserer Großeltern, vor gut hundert Jahren? Wie lebten die Menschen damals? Es ist Oktober 2016, und Zeynep und ich stehen mitten in Jaffa und versuchen uns vorzustellen, wie es hier früher aussah.

Was wir brauchen, sage ich, ist ein Historiker. Was wir brauchen, gibt Zeynep zurück, ist ein Hundertjähriger!

Es ist heiß, und ich schwitze und habe Blasen an den Füßen und will eine Limonade, aber wir müssen einen Hundertjährigen suchen, und wenn es das Letzte ist, was wir im Leben tun. Am Ende finden wir unseren Greis in einem Hinterhof unter einem Tamariskenbaum. Das ist Abu Hamza, sagt Zeynep, die ihn schließlich mit der Hilfe einiger einheimischer Freunde von uns ausfindig gemacht hat. Er ist der Nachbar des Onkels eines Bekannten und zugleich der Urgroßvater einer anderen Bekannten, denn in dem Moment, in dem man in Jaffa laut sagt, dass die eigenen Großeltern achtundvierzig von hier geflohen sind, springen alle ansässigen Araber auf und setzen Himmel und Hölle in Bewegung, um einem zu helfen, das Haus seiner Großeltern zu finden. Oder das, was davon übrig ist.

Wir werden begrüßt wie zwei verlorene Kinder, und Abu Hamza erklärt sich bereit, uns alles zu erzählen, was er weiß, und das ist viel. Abu Hamza ist zweiundneunzig Jahre alt und so etwas wie das lebende Archiv der Stadt. Ich bin vielleicht taub, brüllt er uns auf Arabisch an, aber ich erinnere mich an alles, was ich je erlebt habe. Das ist gut, denn Zeynep und ich sind immer noch beschämend ahnungslos, was die Vergangenheit unserer Familie angeht, und auch mit der Geschichte kennen wir uns so gut wie gar nicht aus.

Wie zwei naive Touristinnen betrachten wir nickend Abu Hamzas Fotografien. Auf einem Bild ist der berüchtigte Großmufti von Jerusalem zu sehen, Al-Hosseini, der sich mal mit Hitler auf einen Kaffee getroffen hat, und Zeynep findet, er sieht aus wie Ryan Gosling. Wer ist Ryan Gosling, will Abu Hamza wissen, und wir sagen, ist nicht so wichtig.

Auch sonst wissen wir nicht viel, ein paar Namen, ein paar Daten, ein paar wenige Anekdoten, eben das, was die Mitglieder unserer Familie über sich und ihre Kindheit erzählt haben, und das ist nicht viel. Abu Hamza hilft uns auf die Sprünge. Er kramt in seiner Erinnerung und findet Bilder, Gesichter, Gerüche.

An diesem Nachmittag im Oktober lässt er für uns die Vergangenheit lebendig werden.

Erst spät am Abend machen Zeynep und ich uns zu Fuß auf den Weg von Jaffa zurück nach Tel Aviv. Wir sind voll mit den Geschichten von Abu Hamza und todmüde. Wir lassen die Altstadt hinter uns und gehen am Strand entlang in Richtung der Wolkenkratzer von Tel Aviv. Es ist ein merkwürdiges Gefühl, ein bisschen so, als ob man aus der Vergangenheit heraus- und in die Gegenwart eintritt.

Vor uns geht ein roter Vollmond auf, und hinter uns geht die Sonne unter. Sie stehen heute gleichzeitig am Himmel, einander exakt gegenüber. Überhaupt ist es eine merkwürdige Nacht: Zeynep ist hier und ich bin hier, und allein das ist eine bemerkenswerte Sache. Wir gehören nicht in diesen Staat, aber wir kommen aus diesem Land, und darüber nachzudenken, macht mich ganz wirr im Kopf.

Als wir mit wunden Füßen in Tel Aviv ankommen, bringe ich Zeynep zur Bushaltestelle, damit sie in ihr Hostel fahren kann. Die Luft ist mild, aber es riecht nach Gewitter, und in der nächsten Sekunde fällt uns der Himmel auf den Kopf. Wir rennen unter ein Vordach, um nicht bis auf die Knochen nass zu werden, und da kommt eine alte israelische Dame angetrabt, der wir höflich Platz machen. Sie breitet einen gewaltigen Regenschirm aus und lädt uns mit einer Geste darunter ein. Die Frau (sie muss mindestens neunzig sein) muss gespürt haben, dass wir nicht von hier sind, denn sie spricht uns höflich auf Englisch an: Where are you from?

Zeynep antwortet: Turkey. Ich sage: Germany. Wir schweigen. Dann platzt es aus Zeynep heraus: But in fact, we are Palestinians. Just to be honest.

Palestinians, wiederholt die Frau nachdenklich. Dann streicht sie Zeynep sanft über den Arm. Welcome home, darling, sagt sie. Welcome home.

Erster Teil Jaffa

Geschichten sind bedeutsam.

Sie halten uns am Leben, halten unsere Leben lebendig.

Wie es war, wie es sein wird.

Das ist die Arbeit, die ich tue:

Geschichten schaffen, die unsere Leben retten.

TONI CADE BAMBARA

Die Landschaft der Levante ist fast überall sanft. Ihre Maßstäbe sind klein, ihre Hügel weich, nicht bedrohlich. Sie kann sich nicht mit der Majestät anderer Landstriche des Nahen Ostens rühmen – den unendlichen Hochgebirgszügen des Irans oder der schrecklichen Schönheit der Rub al-Khali. Der wildeste Teil der Levante, und auch der schönste, ist das Libanongebirge, dessen südwestliche Ausläufer sich bis nach Galiläa hinunterziehen. Die Berge sind gedrungen und dicht bewaldet. Grüne Flüsse durchschneiden die Landschaft und rollen langsam und gemächlich die Abhänge hinunter, dem Mittelmeer entgegen, oder sie vereinigen sich zum Fluss Jordan, der in den See Genezareth fließt, nur um sich dann wieder zu verjüngen und im toten Meer zu versickern. Die Niederungen sind fruchtbar, und praktisch alles darin schlägt Wurzeln und sprießt. Wenn man durch diese Gegend reist, fallen einem als Erstes die gedeckten Farben auf – ocker, zinnoberrot und zimtfarben sind die Hänge, staubig grün die Olivenbäume und der Salbei, der überall wächst, zur Freude der wilden Kaninchen. Das warme Wetter hält von März bis weit in den November hinein, sodass nahezu alles, was im Frühling begeistert und üppig aus der Erde schießt, am Ende des Sommers braun und brüchig ist, und just in dem Moment beginnen die Regenfälle, und alles beginnt von Neuem. Es ist das Gelobte Land.

Den Menschen, die es in Besitz nahmen, muss es wie das Paradies erschienen sein. Das tut es noch immer, denn nirgendwo sonst auf der Erde werden Konflikte um ein paar Brocken Brachland so leidenschaftlich und erbittert geführt wie hier. Es ist die Ironie der Geschichte, dass ein so schönes, liebliches Land seit Jahrtausenden ein einziges Schlachtfeld ist. Seine Bewohnerinnen und Bewohner – egal welcher Ethnie sie angehören – sind eigensinnig und hitzköpfig. Sie streiten gerne und laut. Und doch haben sie die Fähigkeit, selbst in der trockensten Wüste Wasser zu finden. Dann graben sie einen Brunnen und pflanzen Obstbäume, denn alle sind sie süchtig nach dem Duft von Zitronen.

Die Landschaft rund um das östliche Mittelmeer hat unzählige Dichter, Philosophen, Mystiker und Heiler hervorgebracht, aber sie produziert auch Fanatiker am laufenden Band. Vor allem aber treibt man Handel, baut Ölbäume an und hütet Schafe, schon seit Anbeginn der Zeit. Doch wie alle primitiven Kulturen wurde auch das ländliche Palästina im zwanzigsten Jahrhundert fast gänzlich ausgelöscht. Ein Merkmal jeder primitiven Kultur ist es, dass sie ihre Lebensweise, wenn überhaupt, nur mündlich weitergibt. Wenn etwas vom alten Palästina geblieben ist, dann sind es Reliquien, die es fast nie in Museen schaffen. Es ist ein Erbe, das sich kaum fassen lässt und auf anderen Wegen weitergegeben wird: durch eine energische Handbewegung, durch eine Redewendung, einen aufsässigen Blick – oder durch das, was eine Familie über sich selbst erzählt, und das, was sie verschweigt.

Ich wurde in diese Kultur zu spät und eigentlich kaum zur Hälfte hineingeboren, und alles, was mich daran bindet, ist ein langsam schrumpfendes Häufchen aus ältlichen Onkeln und Tanten und ein exponentiell wachsender Haufen Cousinen und Cousins, die in alle vier Himmelsrichtungen verstreut sind. Damit bin ich Teil einer Familie, die ich nur selten zu Gesicht bekomme, und Teil einer Kultur, die mir so vertraut ist wie ein Paar Schuhe, das man nur zu bestimmten Gelegenheiten trägt.

Simone de Beauvoir hat festgestellt, dass man nicht als Frau geboren wird, sondern dazu gemacht wird. Genauso verhält es sich mit kultureller Identität im Allgemeinen. Niemand weiß das besser als die Frauen der arabischen Welt.

Der Westen hat seit jeher versucht, die arabischen Frauen in Schablonen zu pressen: Je nach Lesart und Zeitgeist gelten sie als exotische Femme fatales mit kajalumrandeten Augen, die lasziv auf brokatüberzogenen Diwanen liegen und sich Baklava in den Mund gleiten lassen, gewissermaßen die verkörperte Sinnlichkeit von Tausendundeinernacht. Oder sie gelten als unterdrückte Opfer, die unter ihrem Schleier an Vitamin-D-Mangel leiden und denen es nicht erlaubt ist, ihren kleinen Spatzenhirnen ein wenig Bildung einzuflößen. Neuerdings kann sie auch Rebellin sein, oder Terroristin – ganz nach Belieben.

Nach allem, was ich weiß, waren unsere Großmütter keine unterdrückten Opfer, die man retten oder befreien musste, aber sie waren auch weit davon entfernt, ihre eigenen oder fremde Männer durch laszive Blicke geil zu machen. Stattdessen setzten sie sich einfach hin, nahmen ein Huhn aus, fädelten Bohnen, brieten Okraschoten und befahlen ihren Kindern, den Mund zu halten, damit sie plaudern konnten. Und wie sie plauderten. Schaue ich mir die arabischen Frauen meiner Familie an, dann müssen sie sich meistens über die Unfähigkeit der Männer im Allgemeinen und ihrer eigenen im Besonderen unterhalten haben: Mahmoud, der alte Esel. Er redet und redet, aber es kommt nichts dabei heraus. Gestern hat er mir wortreich versichert, dass er angeln gehen würde, damit es frischen Fisch zum Abendessen gibt. Natürlich hat er nichts gefangen, keinen einzigen winzigen Fisch. Das konnte er nicht zugeben, also ging er auf den Markt und hat eine ganze Tüte Makrelen gekauft und so getan, als hätte er sie selbst geangelt. Dachte, ich würde es nicht merken, typisch.

Ha, und mein Mann musste ganz früh aufstehen, um zur Arbeit zu gehen, noch vor Sonnenaufgang. Dann konnte er sein gutes Hemd nicht finden und brüllte so laut, dass ich dachte, das Haus würde einstürzen. Ich musste schließlich aufstehen und ihm sein zweitbestes Hemd bügeln.

So oder so ähnlich müssen sie abgelaufen sein, die Gespräche der palästinensischen Frauen irgendwann zwischen der Blütezeit des Osmanischen Reiches und dessen unrühmlichem Ende. So laufen sie noch heute ab. Schon immer waren die vertrauten Gespräche zwischen Frauen auch ein Akt der Selbstvergewisserung, der Rebellion. Ich erinnere mich, als ich meine Tante Fatma zum ersten Mal traf – ich kann nicht älter als fünfzehn gewesen sein, noch keine Frau, aber an der Schwelle dorthin. Fatma ist Zeyneps Mutter, die Frau meines Onkels Mahmoud, des ältesten Bruders meines Vaters, der es sich damals zur Aufgabe gemacht hatte, mir die Geschichte unserer Familie zu erzählen. Im Grunde ist es nämlich Tante Fatmas Schuld, dass ich so wenig über unsere Geschichte weiß. Mahmoud wollte also gerade anheben zu einem Monolog, den er immer mit denselben Worten einleitete: Your family …, tastete er sich in holprigem Englisch vor, Your family, Palestine family. Palestine people, poor people. Your family, poor family. Wir sollten nie über diese dramatische Einleitung hinwegkommen, denn so zuverlässig, wie die Standuhr im Wohnzimmer zwölf schlug, marschierte Tante Fatma heran, in der Hand einen Katalog mit Damenunterwäsche. Halas – Schluss mit den alten traurigen Geschichten, befahl sie und scheuchte Onkel Mahmoud mit einer unwirschen Handbewegung beiseite. Dann präsentierte sie mir den Katalog, als wäre es die Heilige Schrift. Mit bedeutungsvoll hochgezogenen Augenbrauen wendete sie eine Seite nach der anderen um und nötigte mir bewundernde Kommentare über die filigrane Schönheit von Spitzenbustiers und die Nützlichkeit von Strumpfhaltern ab.

Diesen Kampf konnte Onkel Mahmoud nicht gewinnen. Nach einigen vergeblichen Protesten gab er sich geschlagen und zog sich zurück, um die Uhren im Haus aufzuziehen.

Erst viel später wurde mir klar, um was es sich bei dieser kleinen Scharade eigentlich gehandelt hat: Es war ein Kampf zwischen der zwingenden Notwendigkeit der Gegenwart und dem Trauma der Vergangenheit.

Tante Fatma, ihres Zeichens Team Gegenwart, ging die Sache pragmatisch an: Lass die Vergangenheit ruhen. Das Brot für heute muss gebacken werden. Konzentriere dich auf das Jetzt. Hier, sieh mal, ein Wonderbra!

Mein Onkel Mahmoud hingegen, der das Trauma von Krieg, Hunger und Flucht am eigenen Leibe erlebt hat, wollte mich nicht ziehen lassen, ohne mir seine Geschichte zu erzählen. Die Vergangenheit hing ihm um den Hals wie ein Mühlstein, sie begleitete ihn auf Schritt und Tritt, ließ ihn nachts hochschrecken und schlaflos durchs Haus wandern. Weit nach Mitternacht konnte man ihn in der Küche antreffen, wo er sich via Satellitenfernsehen die Nachrichten aus den entlegensten Erdteilen ansah. Wenn in Südwestaustralien ein Buschflugzeug abstürzte, verkündete er die Nachricht am nächsten Tag beim Frühstückstisch mit der ernsten Miene eines Kriegsberichterstatters.

Doch den Erinnerungen an seine Kindheit konnte er nicht entkommen. Sie verfolgten ihn in seinen Träumen, und weil niemand zuhörte, griff er schließlich zu Papier und Stift und schrieb sie auf.

Und nun tue ich dasselbe. Mit unseren Geschichten ist es ein wenig wie mit den russischen Matrjoschka-Puppen: Man öffnet eine und findet eine weitere und dann noch eine und noch eine.

Darüber zu schreiben bewirkt, dass ich Heimweh bekomme, aber mit Heimweh ist es so eine Sache: Für dieses Gefühl braucht man einen Ort, nach dem man Sehnsucht haben kann, und genau hier liegt das Problem.

Vielleicht ist mein Heimweh-Ort ein Hinterhof in Jaffa, am südlichen Ende des Ajami-Viertels, in dem ein Tamariskenbaum rosafarben blüht und ein paar alte Autowracks Rost ansetzen. Möglicherweise stand hier einst das Haus meiner Großeltern, in dem mein Onkel Mahmoud die ersten Jahre seines Lebens glücklich war. Vielleicht aber auch nicht. Wie so vieles, ist auch dieser Ort nur ein Gespinst meines suchenden Hirns.

Also schreibe ich darüber. Ich schreibe, weil ich nichts anderes kann. Geschichten erzählen hat mein Leben gerettet. Vielleicht liegt das Geschichtenerzählen mir im Blut, ich weiß es nicht. Jedenfalls ist es mein Beruf: Ich stehe vor einer Klasse voller Studierender und erzähle ihnen Geschichten darüber, wie man Geschichten erzählt. Ich schreibe Romane und lese sie dann schwitzend und nervös einem Publikum vor. Ich klopfe an die Tür von Schulen und Parlamenten und bitte darum, dass man mir erlaubt zu erzählen, wie Geschichten erzählen Frieden schaffen kann.

Also schreibe ich. Ich weiß nicht viel über die Vergangenheit meiner Familie, doch das wenige, was ich weiß, schreibe ich auf. Den Rest dichte ich dazu, denn das ist ein gottgegebenes Recht, das allen Schriftstellerinnen und Schriftstellern zusteht. Schließlich sind wir bekannt dafür, dass man uns nichts glauben darf. Das hier ist also nicht die wirkliche Geschichte meiner Familie, aber es könnte so gewesen sein. Oder auch nicht. Vielleicht aber ist es die Geschichte vieler Familien, denn alle Familien und alle Tragödien ähneln sich. Wie auch immer, es ist eine Geschichte.

***

Vielleicht hätten meine Großeltern in Jaffa bleiben sollen, dort, wo sie hingehörten. Dann hätten sie alle wenigstens die israelische Staatsbürgerschaft bekommen, was für Araber zwar schlimm ist, aber immer noch besser, als gar keine zu haben. Stattdessen bestieg meine Großmutter das Flüchtlingsboot, zusammen mit meinem Onkel Mahmoud, der damals gerade vier Jahre alt war, meinem Onkel Ibrahim, der zwei war, und meinem Onkel Ismael, der noch ein Baby war. Im Gedränge an Deck ließ sie das Baby fallen, und es stürzte über die Reling ins Wasser. Es wäre ertrunken und gestorben, hätte nicht ein britischer Soldat einen geistesgegenwärtigen Kopfsprung ins Hafenbecken gemacht, was ihm die lebenslange Dankbarkeit meiner Großmutter einbrachte. Mein Onkel Ismael ist einige Jahre später trotzdem im Meer ertrunken, als er bei Gewitter schwimmen ging. Merkwürdig, wie das manchmal so kommt.

Das alles wäre vielleicht nicht passiert, wenn meine Großeltern nicht aus Palästina geflohen, sondern geblieben wären. Dann hätten sie sich auch den Krieg im Libanon erspart, in dem mein Onkel Rashid erschossen wurde. Womöglich hätte dann auch das Baby Mohammad Nummer eins überlebt. Aber dann hätte mein Vater, Mohammad Nummer zwei, keine UNO