Wo ist Aschera? - Benno von Rechenberg - E-Book

Wo ist Aschera? E-Book

Benno von Rechenberg

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Beschreibung

Ein aufgegebener Jägerstand, durch wildes Wuchern einer Schlingpflanze unzugänglich geworden. Ein dort verborgenes Bündel, es sieht nach einer Mumie aus und hat mit Aschera zu tun, der verstoßenen weiblichen Gottheit der jüdischen Antike. Ein aufschreckender Besuch nach Sonnenuntergang und der Flügelschlag eines großen Wildvogels, der in die blaue Stunde entschwindet. Eine verlassene Einsiedelei im Wald birgt versteckt eine fremdsprachige Handschrift. Es ist das vor Generationen hinterlassene Vermächtnis des letzten Einsiedlers, der eine Frau war. Eine überaus spannende Kurzgeschichte. Dazu im Anhang der Abdruck des Vermächtnisses. Es finden sich darin Einsichten, die einer Teilchenphysik der Liebe gleichen, und der unbefangene Entwurf einer erneuerten, von Altertümlichkeiten befreiten Gottesvorstellung.

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EPUB

Seitenzahl: 30

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Meiner geliebten Inifrau

Ausgangs der Nacht brach er auf. Es war Vollmond Ende August, der Himmel ohne Wolken und mit Sternen besprenkelt. Die Mondleuchte auf ihrer Nachtwanderung ließ schon wissen, wohin es sie zog, hinab zum Horizont im Westen. Vor seine Haustür getreten, sog Moritz dankbar die Morgenluft ein, sie roch und schmeckte so kostbar anders als das, womit Menschen, ihn eingeschlossen, sich leichtfertig begnügen. Dann aber hielt er, ohne weiter zu verweilen, auf den Höhenzug zu, der sich im Osten vor ihm erhob, nur ein zwei Steinwürfe weit entfernt. Dieser Höhenzug hielt einst den Lauf zweier Urströme voneinander getrennt, die hier noch nicht, erst ein ganzes Stück weiter im Norden zusammenfließen sollten, verband sie heimlich unterdes bereits, indem er Ufer für beide war.

Moritz wählte den kurzen Weg, der führt über eine Wiese hangaufwärts. Das helle Mondlicht stand in seinem Rücken, so dass Moritz' Schatten ihm voran über die taubehangenen Gräser strich. An der Spitze des Schattens, seinen Kopf umrandend, glitzten die Perlen des Taus im Mondlicht hell auf, schnell bevor der Schatten sich über sie schob; ihm war, als geschehe es aus Freude über ihn, den frühen Wanderer. Oben angekommen, nahm er den befestigten Weg, der auf dem Kamm des Höhenzuges verläuft. Moritz' nach Osten fallender Schatten traf nun auf das Grünland jenseits des Wegs, wo es hangabwärts geht, wodurch sein stummer Begleiter augenblicks in gespenstische Länge gedehnt war. Moritz beunruhigte es, wie diese hagere Latte, die gar nicht er sein konnte, in unermesslicher Länge so neben ihm her glitt, als gehöre sie zu ihm; und in seinem Bauch rührte sich bisweilen etwas wie Bange, er war ja aus besonderem Anlass so früh auf den Beinen und wollte sein Vorhaben im Geheimen angehen. Doch als Moritz' Schatten bei Heraufdämmern des Morgens unversehens sich verflüchtigt hatte, war auch seine Bangheit verflogen. Noch bevor die aufgehende Sonne den langen Schatten wieder herbeizaubern und ihn auf die andere Seite, nach Westen hinunter abrollen konnte, war aller gute Mut wieder beisammen – und Moritz an seinem Ziel auch schon angekommen. Er machte halt vor dem mächtigen Dickicht aus Schlingknöterich, an dem er über die Jahre, die er hier lebte, schon oft gestanden war. Für heute aber hatte er sich hier etwas vorgenommen.

Eine prunkende Reihe alter Pappeln begleitet einen dort zur Anhöhe herauf führenden Feldweg, und an die zuoberst stehende schließt sich, den Rücken des Höhenzuges als Standort wählend, dieses Buschwerk an, als sei es der krönende Aufputz eines in Schlange stillgestandenen Aufmarschs. Das Gesträuch ist ein Solitär, weit und breit auf der offenen Flur gibt es nichts Verwandtes. Moritz fühlte sich von ihm angezogen jedesmal, wenn es ihm in Sicht kam. Ein Geheimnis geht von ihm aus. Eine dicht geschlossene Hülle – um von einer Schönheit Besitz zu ergreifen? einen Verfolgten zu schützen? einen Gefangenen zu ersticken? Ein Behang jedenfalls, an welchem, so wie er bewerkstelligt war, Schlinge um Schlinge, Blatt um Blatt, Blüte um Blütenstand sich obendrein hinzufügte, als bedürfe das Geschäft des Abschirmens selber der Verheimlichung und als benötige es dazu eine Umhüllung nach der anderen. Bei seinen Spaziergängen verweilte Moritz gerne ein bißchen vor dem Dickicht, und häufig hatte er es so eingerichtet, dass er ein zweites und nicht selten ein drittes Mal in seinen Bannkreis eintreten konnte, um darin erneut innezuhalten.