Workbook Achtsamkeit - Tanja Honka - E-Book

Workbook Achtsamkeit E-Book

Tanja Honka

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Beschreibung

Viele Unternehmen haben Achtsamkeit bereits erkannt als Tool für mehr Zufriedenheit ihrer Mitarbeitenden, als Weg zu besserer Kommunikation und als mächtiges Instrument des betrieblichen Gesundheitsmanagement. Hier erhalten Sie fundiertes Wissen zu den Wirkungen von Achtsamkeit und eine für Führungstrainings geeignete Aufbereitung. Sie werden befähigt, zeitökonomisch ein eigenes Konzept zum Thema zu erstellen. Gleichzeitig erhalten Sie Elemente zur eigenen Reflexion der achtsamen Gestaltung der Selbstständigkeit und der eigenen Rolle als Seminarleitung. Die modulartige Beschreibung typischer Elemente eines Achtsamkeitsseminars gestatten Ihnen, eigene Achtsamkeitsseminare rasch zu gestalten. Nach dem Baukastenprinzip erhalten Sie Elemente mit konkreten Vorlagen und Angaben des ungefähren Zeitbedarfs: Reflexionsanleitungen, Achtsamkeitsübungen, Ideen für vertiefende Aufgaben bei mehrmoduligen Seminaren, eine Sammlung von ausgewählten Materialien zum Thema, zwei beispielhafte Abläufe. Es erwarten Sie außerdem leitende Fragen zur Selbstreflexion ("Wie achtsam ticke ich selber?"), Tipps zur achtsamen Auftragsklärung, der achtsamen Vorbereitung von Veranstaltungen bis hin zur achtsamen Jahresplanung.

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Seitenzahl: 322

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Tanja Honka

Workbook Achtsamkeit

Praktischer und fundierter Leitfaden zur Gestaltung von Achtsamkeitstrainings

© 2024 managerSeminare Verlags GmbH

Endenicher Str. 41, D-53115 Bonn

Tel.: 0228-977910

[email protected]

www.managerseminare.de/shop

Der Verlag hat sich bemüht, die Copyright-Inhaber aller verwendeten Zitate, Texte, Abbildungen und Illustrationen zu ermitteln. Sollten wir jemanden übersehen haben, so bitten wir den Copyright-Inhaber, sich mit uns in Verbindung zu setzen.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und der Verbreitung sowie der Übersetzung vorbehalten.

ISBN 978-3-98856-376-7

Herausgeber der Edition Training aktuell:

Ralf Muskatewitz, Jürgen Graf, Nicole Bußmann

Lektorat: Ralf Muskatewitz, Sadia Oumohand

Cover: © istockphoto/skynesher

Download-Ressourcen

Begleitend zum Buch stehen Ihnen Arbeitshilfen für die persönliche Verwendung zum Download im Internet zur Verfügung. Sie können die Vorlagen jederzeit in hoher Qualität abrufen und einsetzen.www.managerseminare.de/tmdl/k,124116

Inhalt

Liebe Leserin, lieber Leser

Kapitel 1: Achtsamkeit als Thema der Zukunft

1.1Achtsamkeit in der Wirtschaftswelt

1.2Achtsamkeit als Reaktion auf eine komplexer werdende Welt

1.3Kompetenzen der Zukunft

Kompetenzfeld I: Individuell-entwicklungsbezogene Future Skills

Kompetenzfeld II: Individuell-objektbezogene Future Skills

Kompetenzfeld III: Organisationsbezogene Future Skills

1.4Achtsamkeit in einer digitalen Welt

Kapitel 2: Grundzüge des Konzepts Achtsamkeit

2.1Achtsamkeit und das Flow-Erleben

2.2Achtsamkeit und unsere Gedankenwelt

2.3Achtsamkeit und Multitasking

2.4Achtsamkeit als Gegenentwurf zum Autopiloten

2.5Bauch oder Kopf – Achtsamkeit und die Entscheidungsfindung

Kapitel 3: Auswirkungen und Wirkmechanismen von Achtsamkeitspraxis

3.1Neurowissenschaftliche Erkenntnisse zur Wirkung von Achtsamkeitspraxis

Aufmerksamkeitsregulation

Emotionsregulation

Selbstwahrnehmung

3.2Der Biophilia-Effekt und Stressabbau für das Reptiliengehirn

Kapitel 4: Formen der Achtsamkeit – formelle Übungen und achtsame Alltagsgestaltung

4.1Formelle Übungspraxis

Meditation

Body Scan

Atembeobachtung

Gehmeditation

4.2Achtsame Gestaltung von Alltagshandlungen

Achtsam essen und konsumieren

Achtsam kommunizieren im Arbeitskontext

Gewaltfreie Kommunikation und Theorie U

Die Dinge des Alltags in wacher Präsenz ausführen

4.3Risiken und Nebenwirkungen von Achtsamkeitspraxis

Kapitel 5: Übungen und Geschichten

5.1Übungen zu Beginn und im Rahmen der Einführung in das Thema

Erfahrungen und Erwartungen im Gruppenspiegel

Für den Fall, dass Sie das hier überzeugt

Achtsamkeits-Parcours

Zitronenübung

Monkey Mind – Variante 1

Monkey Mind – Variante 2

5.2Übungen und Impulse zur Erarbeitung der Grundprinzipien von Achtsamkeit

Achtsam kommunizieren

Gemeinsames Zählen

Praxistransfer achtsame Kommunikation im Arbeitsalltag

Der magische Zauberstab

Die achtsame Teamsitzung

Reflexion zum Thema Autopilot

Den Blick offenhalten

Multitasking ist spitze!

Mit den Händen sehen

Immer der Nase nach

Check-in

Kleine blinde Flecken

Große blinde Flecken

Die Honigtopf-Technik

AHA-Übung

Wahrnehmungsuhr

Der Lupenblick

Die ABC-Übung

„Genau wie ich“-Meditation

Wohlwollende Haltung

Die Zeitlupe.

Erbsen zählen

5.3Formelle Übungen der Achtsamkeitspraxis – die Klassiker

Achtsames Essen

Achtsames Gehen

Body Scan

Körperwahrnehmung

Einfache Achtsamkeitsmeditation

Atembeobachtung

5.4Meditationen mit thematischer Anbindung

Meditation zum Thema Ablenkung

Meditation zum Thema Büroapnoe

Meditation zum Thema Gedankenwandern

5.5Übungen und Impulse für den Praxistransfer in den Berufsalltag

Fallbeispiele für den Praxistransfer

Nützliche Gewohnheiten für mehr Achtsamkeit im Leben

30 kleine Übungen für den achtsamen Alltag zu Hause

30 kleine Übungen für den achtsamen Arbeitsalltag

Habit Tracker

Emotionen beobachten

Tagebuch schreiben

5.6Sammlung von Geschichten zur Erarbeitung typischer Achtsamkeits-Elemente

Der beharrliche Holzfäller

Der Funkspruch

Die drei Siebe

Ist es gut, ist es schlecht, wer weiß das schon?

Das Geheimnis der Zufriedenheit

Kapitel 6: Gestaltung von Achtsamkeitsseminaren

6.1Nutzen von Achtsamkeit in verschiedenen Auftragsszenarien

Auftragslage: Gesundheitsförderung

Auftragslage: Unternehmens- und Teamkultur

Auftragslage: Führungskräftetraining

Auftragslage: Zeitmanagement und Selbstorganisation

6.2Planung unterschiedlicher Seminarkonzepte

Konzeption einer zweitägigen Veranstaltung

Gestaltung einer Reihe von Kurzsequenzen

Konzeption eines Blended-Learning-Angebots

6.3Achtsame Gestaltung von Seminaren

Ich als achtsame Seminarleitung

20 Achtsamkeitsimpulse für den Trainingsalltag

Zum guten Schluss

Literatur und Weblinks

Stichwortverzeichnis

Download-Ressourcen

Kompetenzen der Zukunft I: Individuell-entwicklungsbezogene Future Skills

Kompetenzen der Zukunft II: Individuell-objektbezogene Future Skills

Kompetenzen der Zukunft III: Organisationsbezogene Future Skills

Moderation zur Zitronenübung

Moderation zur AHA-Übung

Moderation zu Übung „Achtsames Essen“

Moderation zum Body Scan

Moderation zur Meditation zum Thema Ablenkung

30 kleine Achtsamkeitsübungen für den Alltag

30 kleine Achtsamkeitsübungen für den Arbeitsalltag

Zwei Vorlagen für Habit Tracker

Zwei Vorlagen für Stimmungs-Tracker

Achtsamkeits-Fragebogen

Reflexionsfragen zum Thema „Achtsamkeit: Meine Erfahrungen und Ziele“

Achtsamkeitsimpulse für den Trainingsalltag

Liebe Leserin, lieber Leser

Als eines Tages eine Klientin in meinem Büro saß und mir von ihren wertvollen Erfahrungen mit dem Konzept der Achtsamkeit berichtete, ahnte ich nicht im Traum, was diese Begegnung mit mir selbst und meinem beruflichen Handeln anstellen würde. Dass das Ganze zu diesem Buch führen sollte, das Sie gerade in den Händen halten, hätte ich damals niemals so erwartet.

Die Behauptung, dass der achtwöchige Achtsamkeitskurs sie weitergebracht hätte als die vorhergehende langjährige Psychotherapie, weckte meine Neugierde – und ja – auch meinen beruflichen Ehrgeiz. Dieser Antrieb schickte mich auf eine nun schon viele Jahre andauernde und vermutlich nie mehr endende Forschungsreise. Und je mehr ich entdeckte, umso mehr wuchs meine Begeisterung für dieses Thema. So konnte ich bekannte und bestehende psychologische Konzepte tiefer begreifen, selbst und stellvertretend erleben, wie Achtsamkeit wirkt, und allmählich auch mein berufliches Handeln, meine Seminarkonzepte mit diesen Prinzipien bereichern.

Während des Schreibens an diesem Buch habe ich mich an viele vergangene Seminar- und Coaching-Situationen erinnert. Diese Erlebnisse und Erfahrungen teile ich sehr gerne hier in diesem Buch. Ich habe aber auch selbst weiterlernen dürfen, da das Buch für mich ein guter Anlass war, mich erneut neugierig mit neuesten Forschungen und spannenden, eng am Thema Achtsamkeit liegenden Zukunftsfragen zu beschäftigen.

Und nicht zuletzt ist ein Buch zu schreiben an sich ein Quell zahlreicher Übungsgelegenheiten. Da sind die Momente, in denen man das eigene Geschriebene wertet, in denen der innere Kritiker sich meldet. Und da sind die euphorischen Momente, in denen man so im Flow ist, dass man andere Grundbedürfnisse nicht mehr wahrnimmt. Und Sie glauben gar nicht, zu welch unmöglichen Zeiten und Momenten sich der rege Geist mit neuen Ideen für die Inhalte dieses Buches melden kann. Und auch wenn dieser Geist sicherlich weiter und weiter produziert hätte, kommt dank einer Abgabefrist der Moment, in dem es loszulassen gilt.

Dieses Buch möchte Anregungen anbieten, wie Achtsamkeit am Arbeitsplatz und in den Arbeitsalltag integriert werden kann. Es gibt praxisnahe Tipps und Übungen an die Hand, um Stress, Hektik und Oberflächlichkeit zu reduzieren. Und schlussendlich möchte es aufzeigen, wie all das am Ende Arbeitsleistung und Wohlbefinden zu steigern vermag.

Als Autorin habe ich mich bemüht, die neuesten Erkenntnisse aus der Arbeitspsychologie und Neurowissenschaft verständlich und anschaulich darzustellen. Dabei habe ich auch die zunehmend digitalisierte Arbeitswelt berücksichtigt und darauf geachtet, dass die Übungen und Tipps auch in einem modernen Arbeitsumfeld umsetzbar sind. Gefühlt ist ein Buch zu einem so umfassenden und weitreichenden Thema nie fertig. Fühlen Sie sich daher herzlich eingeladen, Ihre Neugierde an verschiedenen Themen wahrzunehmen und diese Inhalte anschließend selbst zu vertiefen.

Ich möchte Ihnen an dieser Stelle schon einmal Julia und Karsten vorstellen. Sie gibt es nicht wirklich. Und dennoch vereinen sie die vielen Seminar- und Coaching-Teilnehmenden, die ich bereits auf ihrem Weg zu einem achtsameren und gesünderen Arbeitsleben begleiten durfte. In den Geschichten um ihre praktischen Erlebnisse, Erkenntnisse und Umsetzungsbemühungen sollen die ganz handfesten Konsequenzen der theoretischen Konzepte anschaulich werden. Es sind ihre Geschichten, die auch mir immer wieder aufs Neue bewusst gemacht haben, dass es sich lohnt, dieses Thema lebendig zu halten. Und auch in Zeiten, in denen Achtsamkeit vermeintlich, aus welchen Gründen auch immer, so gar nicht zu passen scheint, sie erst recht einzubauen. Und nun sitze ich hier zufrieden, lächelnd und mit noch ganz vielen anderen Gefühlen vor diesem Buch und lasse es los in die Welt da draußen. Und wie immer bemühe ich mich dabei um eine neugierige und offene Haltung. Wo dieses Buch Sie und mich hinführt? Wer weiß das schon.

Und doch ist da dieser Wunsch, dass es etwas verändert, dass es zu einem hilfreichen Rüstzeug für Ihren Trainingsalltag wird, dass es durch Ihre Anwendung vielen weiteren Teilnehmenden hilft, sich für die Zukunft gewappnet zu fühlen und so stetig durch Ihre Arbeit auch ganze Unternehmen Resilienzen für die Zukunft entwickeln.

Download-Ressourcen

Einige ergänzende PDF-Vorlagen und -Arbeitshilfen zum Buch finden Sie in den Download-Ressourcen. Über den Link in der hinteren Umschlagklappe (Print-Ausgabe) bzw. unter den bibliografischen Angaben auf Seite 2 (E-Book) haben Sie darauf Zugriff. Das Download-Symbol weist Sie auf eine solche Ressource hin.

Auch um ein Buch zu schreiben, braucht es ein ganzes Dorf. Ich möchte mich daher an dieser Stelle bei den vielen Personen bedanken, die mich bei der Erstellung dieses Werkes unterstützt haben. Da sind die vielen Mitdenkerinnen, beruflichen und privaten Wegbegleiterinnen, die mir in herausfordernden Zeiten Inspiration und Motivation waren. Und da sind die viele Autorinnen, Autoren und Forschenden, die Großartiges geleistet haben für dieses Thema und die mich in den vergangenen Monaten mit ihren Werken begleitet haben. Danke euch allen!

Und Ihnen wünsche ich nun viel Freude beim Lesen, Ausprobieren und Erleben.

Ihre Tanja Honka

Kapitel 1

Achtsamkeit als Thema der Zukunft

Gibt man heute den Begriff „Achtsamkeit“ in die übliche Suchmaschine ein, dann ergeben sich über 23 Millionen Einträge, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Unter dem internationalen Begriff „Mindfulness“ ergeben sich gar 275 Millionen Einträge. Dabei wird der Begriff nicht selten auch überstrapaziert und manchmal inflationär verwendet – dazu dann später mehr. Was man auf jeden Fall festhalten kann, ist, dass es sich um ein absolutes Trendthema handelt.

So ist es nicht verwunderlich, dass das Thema Achtsamkeit oder achtsame Elemente zunehmend auch Einzug in das Coaching und in diverse Seminarkontexte halten. Und das Thema findet seinen Weg in das Portfolio an Selbstfürsorgestrategien von Trainerinnen, Trainern und Coachs. Auch die Forschung zum Thema hat in den vergangenen Jahren rasant an Fahrt aufgenommen. Solche Trends entstehen nicht einfach aus dem Nichts. Es ist davon auszugehen, dass das Thema einen Zeitgeist und die damit zusammenhängenden Bedürfnisse trifft. Widmen wir uns also zunächst einmal der Frage, wie das Thema in die aktuelle Zeit passt und ob es sich gar um ein entscheidendes Thema der Zukunft handelt.

Bevor Sie weiterlesen, mögen Sie sich vielleicht einmal selbst fragen: „Was ist mein Warum?“ Warum halten Sie dieses Buch in den Händen? Warum beschäftigen Sie sich überhaupt mit dem Thema? Was reizt Sie an diesem Thema? Welche Hoffnungen sind damit verbunden?

Nein, lesen Sie nicht einfach über diese Fragen hinweg. Legen Sie das Buch ruhig kurz zur Seite und nehmen Sie sich ein bisschen Zeit für diese Fragen. Okay? Dann starten wir gleich einmal mit einer besonders spannenden Frage: Achtsamkeit und Wirtschaftswelt – passt das eigentlich zusammen?

1.1Achtsamkeit in der Wirtschaftswelt

Wirklich nur Meditationskissen, Räucherstäbchen und spirituelles Singen?

Fällt der Begriff Achtsamkeit in einem unternehmerischen, wirtschaftlichen Kontext, so erntet man zunächst erst einmal eines: fragende und höchst skeptische Blicke. Denn auch wenn der Begriff inzwischen öfter fällt und gelegentlich durch die Abteilungen hipper Unternehmen geistert, so können doch nur wenige Menschen mit diesem Schlagwort etwas Konkretes anfangen. Im besten Fall entstehen Assoziationen wie: „Ach ja, da geht es um einen netteren Umgang miteinander oder eine Art von Konzentrationstraining.“ Im schlechtesten Fall entstehen Bilder von Meditationskissen, Räucherstäbchen und spirituellem Singen. Spätestens an diesem Punkt werden Kundinnen oder Kunden zunächst skeptisch, denn diese können sich kaum vorstellen, wie diese Bilder in das Konzept seriöser Personalentwicklung passen sollen. Daher ist es zunächst fast immer notwendig, ein gutes, klares Verständnis davon zu entwickeln, was Achtsamkeit ist – und was eben nicht. Nur so kann in einem Kundengespräch gleich mit den gängigen Mythen rund um dieses Thema aufgeräumt und konkrete Ideen zur Umsetzung des Konzeptes in beruflichen Settings unterbreitet werden.

Eine der möglichen Antworten auf den Wandel in der Wirtschaftswelt

Unsere aktuelle Wirtschaftswelt steht vor einem Wandel. Viele sind enttäuscht von der Zuspitzung der letzten Prozesse. Wirtschafts- und Finanzkrisen haben eine Atmosphäre der Angst und Unsicherheit hinterlassen. Es wächst ein Bewusstsein, dass materielle und personelle Ressourcen endlich sind und dass eine Missachtung dieser Tatsache im Rahmen wirtschaftlicher Entscheidungen nur kurzfristig Erfolg versprechend scheint, langfristig aber schwerwiegende wirtschaftliche Folgen haben wird. Das Dogma des stetigen Wachstums und die Lobpreisung des Wettbewerbes um jeden Preis haben zu einer Zunahme von Stress, Druck und Konkurrenzdenken in den Abteilungen der Unternehmen geführt. Nicht wenige Unternehmen leiden gar darunter, dass Abteilungen ein und desselben Unternehmens miteinander in Konkurrenz treten, statt zum Wohle der Gesamtorganisation miteinander zu kooperieren. Sinn und Freude an der Arbeit gleiten dabei immer mehr in den Hintergrund. Und nicht zuletzt haben der ständige Fokus auf Effizienz, Logik und Analysefähigkeit die Kreativität, Flexibilität und Intuition in Unternehmen zunehmend zurückgedrängt. Wir glauben bei mehr Arbeit mehr arbeiten zu müssen und haben nicht selten vergessen, die Wege des Erfolges zu hinterfragen.

Die Postwachstumsökonomie

Erfreulicherweise findet ein starkes Umdenken vieler Unternehmen statt. Unter dem Begriff „Postwachstumsökonomie“ entsteht eine Bewegung, die auf Stabilität und Nachhaltigkeit setzt und inzwischen auf einen rasant wachsenden Kundenstamm schauen kann. Solche Unternehmen verstehen, dass die Fluktuation von Mitarbeitenden enorme Kosten verursacht, dass innere Kündigungen und in verbitterte Konflikte verstrickte Teams und Abteilungen enormen Schaden verursachen. Und sie verstehen auch, dass Sinn erleben und gelebte Werte für viele potenziell neue Mitarbeitende die entscheidenden Variablen sind, sich für ein Unternehmen zu interessieren und möglicherweise sich langfristig an dieses zu binden.

„Es gibt Wichtigeres im Leben, als beständig dessen Geschwindigkeit zu erhöhen.“

(Mahatma Gandhi, politischer Anführer der indischen Unabhängigkeitsbewegung)

Berufseinsteiger, die sich heute an den Start ihrer Karriereleiter begeben, wissen das und legen viel Wert auf Sinn erleben am Arbeitsplatz. Ein „Schneller-Höher-Weiter“ ist schon lange kein attraktives Ziel mehr für die Generation von morgen.

Achtsamkeit, ein Kompass für einen sinnstiftenden Führungsstil

Also ja, Achtsamkeit passt wunderbar in die heutige Wirtschaftswelt. Das Konzept kann Unternehmen im Wandel begleiten, die ersten Schritte zu einem sinnhaften Wirtschaften zu gehen. Es kann helfen, die Eigenverantwortung Mitarbeitender im Hinblick auf Arbeitsplatzgestaltung und Gesundheitsprävention zu stärken. Es unterstützt Teams und Abteilungen, sich wieder als Teil des Ganzen zu fühlen und an einem gemeinsamen Strang zu ziehen. Und es bietet Führungskräften einen Kompass für die Entwicklung eines werteorientierten und sinnstiftenden Führungsstils.

Eine Kompetenz, die Arbeitswelt nachhaltig zu gestalten

Und so kommt es doch schon gelegentlich vor, dass man in den bereits erwähnten Personalabteilungen zunehmend auch auf Menschen trifft, die genau diese Zeichen der Zeit erkannt haben. Die Konzepte anfragen, die ihre Mitarbeitenden befähigen, die aktuelle Lage zu gestalten. Das muss nicht immer ein Intensivkurs in Achtsamkeit sein. Doch ich wage an dieser Stelle die steile These, dass diese neue Arbeitswelt ohne Achtsamkeit nicht mehr nachhaltig gestaltet werden kann. Weder für das eigene Wohlbefinden, die eigene Gesundheit und Leistungsfähigkeit noch für das nachhaltige Gelingen von Unternehmenserfolg. Und so möchte ich einladen, dass die im Folgenden beschriebenen Konzepte auch gedacht werden: als sinnvolle Würze bestehender Klassiker. So kann Achtsamkeit Zeitmanagement, Kommunikation, Konfliktmoderation und Teamentwicklung auf ein neues Level heben. Immer da, wo es um Zwischenmenschliches, Emotionen, Selbst- und Fremdwahrnehmung geht, beschreibt das Konzept der Achtsamkeit eine entscheidende Kompetenz, die zunehmend wichtiger wird und die wir in der Regel nur wieder erlernen müssen.

1.2Achtsamkeit als Reaktion auf eine komplexer werdende Welt

Unser Alltag steckt voller Reaktionen auf bestimmte Reize. Wir nehmen wahr, bewerten und handeln den ganzen Tag. Die allermeisten dieser Prozesse laufen völlig automatisiert und unbewusst ab. Und selten sind wir mit den Gedanken da, wo wir uns gerade physisch befinden.

Reizüberflutung

Sobald der Wecker klingelt, gehen wir in Gedanken schon den Tagesablauf durch. Unter der Dusche argumentieren wir gedanklich mit einer Kollegin die Ausrichtung des kommenden Projektes. Auf der Fahrt ins Büro versinken wir in den Radiobeitrag, sodass wir uns an große Teile der Wegstrecke nicht mehr erinnern können. Noch bevor die erste Konferenz des Tages endet, bereiten wir gedanklich schon die nächste vor. Die Zwischenmahlzeit am Mittag nehmen wir kaum wahr, da wir intensiv mit einem Kollegen über die kürzlich veröffentlichte Unternehmensbilanz diskutieren. Wenn wir ans Telefon gehen, schwingen noch die unguten Emotionen aus dem vorausgegangenen Kundengespräch mit. Die Verabschiedung von den Kolleginnen und Kollegen erfolgt knapp und hektisch, denn in Gedanken ist man schon in der Schule beim anstehenden Elternabend. Während diesem plant man die Einkaufsliste – und den Abend auf dem Sofa lässt man mit zu viel Wein ausklingen, während man darüber sinniert, wer die Verantwortung für die jetzt erst bemerkten Nackenschmerzen trägt. Und am nächsten Tag startet das Ganze von vorn …

Den ganzen Tagen lang lösen beliebige Reize automatisierte Reaktionen bei uns aus. Diese Reaktionen können Gedanken, Wertungen, Emotionen oder Verhaltensweisen sein. Nicht wenige dieser Automatismen sind auch überlebensnotwendig und leisten einen wichtigen Beitrag für das „Funktionieren“ im Alltag. Niemand wäre in der Lage, ein Leben zu leben, in dem man jede Kleinigkeit ganz bewusst entscheidet. Es ist gut, dass das Lösen eines Bahntickets oder das Starten eines Motors und Anfahren mit dem Auto in der Regel vollkommen automatisiert und nahezu unbewusst erfolgt. Das spart Ressourcen.

In dem Raum zwischen Reiz und Reaktion jedoch erfolgen auch zahlreiche unbewusste Reaktionen, die nicht förderlich für die eigene Gesundheit oder die Zusammenarbeit im Arbeitsalltag sind; die keine bewussten Entscheidungen waren oder die einen unkonzentriert und fahrig wirken lassen. Vor allem bleibt das diffuse und höchst unbefriedigende Gefühl, dass das Leben mit einem passiert und viel zu schnell und ohne Tiefgang an sich vorbeizieht.

„Zwischen Reiz und Reaktion gibt es einen Raum. In diesem Raum haben wir die Freiheit und die Macht, unsere Reaktion zu wählen. In unserer Reaktion liegen unser Wachstum und unsere Freiheit.“

(Viktor Frankl, österreichischer Logotherapeut)

„Decision Fatigue“

Dabei sind wir oft aufgrund der zahlreichen Entscheidungen, die täglich im Großen wie im Kleinen getroffen werden müssen, schlicht einfach überfordert. Unter dem Begriff „Decision Fatigue“ wird längst eine Entscheidungsmüdigkeit diskutiert, die vorwiegend dadurch entsteht, dass die Welt komplexer geworden ist. Diese neue, komplexe Welt wird inzwischen immer häufiger mit dem Begriff VUKA-Welt (siehe Kasten auf der Folgeseite) beschrieben.

In der sogenannten VUKA-Welt stehen uns für die meisten unserer Entscheidungen deutlich mehr Optionen zur Verfügung. Die berühmte „Qual der Wahl“. Längst besteht das einzig mögliche Urlaubsabenteuer nicht mehr darin, mit dem Auto heil über den Brenner nach Italien zu kommen. Stattdessen können wir im Urlaub die ganze Welt bereisen. Die neusten Neuigkeiten erreichen uns nicht mehr über Gespräche mit den Nachbarn und die einmal am Tag ausgestrahlte Tagesschau, sondern rund um die Uhr über soziale Medien, Newsticker und Push-Nachrichten. All das versorgt uns überproportional mit besorgniserregenden Informationen. Mit diesen Informationen geht auch die Verantwortung dafür einher, diese bei den eigenen Entscheidungen zu berücksichtigen. Und zu allem Überfluss sind all die Informationen in sich nicht eindeutig, widersprechen sich zum Teil oder sind wenige Tage später schon nicht mehr aktuell. Und so wird der Kauf eines einfachen Wasserkochers nicht selten zu einem Akt diverser Abwägungsprozesse, in denen Rezensionen gewälzt werden, man aus zahlreichen Materialien auswählen kann und nicht nur den Preis, sondern auch die Produktionsbedingungen berücksichtigt werden können.

VUKA-Welt

Der Ausdruck „VUKA“ aus dem Begriff VUKA-Welt ist ein Akronym, das für eine sich schnell verändernde und unsichere Welt steht, in der sich Unternehmen und Einzelpersonen zurechtfinden müssen. VUKA steht für Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität.

Volatilität bezieht sich auf die Instabilität und Flüchtigkeit der Märkte, die durch rasche Veränderungen und plötzliche Ereignisse wie wirtschaftliche Krisen, politische Instabilität oder Naturkatastrophen verursacht werden können.

Unsicherheit bezieht sich auf die Schwierigkeit, Vorhersagen zu machen und Entscheidungen aufgrund der unklaren oder fehlenden Informationen zu treffen. Unsicherheit kann durch politische Instabilität, unvorhergesehene technologische Entwicklungen oder veränderte Markttrends verursacht werden.

Komplexität bezieht sich auf die Vielzahl und Vernetzung der Faktoren, die die Geschäftswelt beeinflussen. Unternehmen müssen sich mit einem breiten Spektrum an Stakeholdern, Vertragspartnern, Regulierungsbehörden und Technologien auseinandersetzen, um ihre Ziele zu erreichen.

Ambiguität bezieht sich auf die Uneindeutigkeit oder Mehrdeutigkeit von Informationen. In einer VUKA-Welt kann es schwierig sein, die Bedeutung von Daten und Ereignissen zu verstehen, was zu Konfusion und Fehlinterpretationen führen kann.

Insgesamt stellt die VUKA-Welt eine Herausforderung dar, eröffnet aber auch Chancen für Innovation und Wachstum. Unternehmen und Einzelpersonen, die sich auf die Veränderungen einstellen und flexibel anpassen können, werden langfristig erfolgreich sein.

„Alles muss“

Und auch wenn all diese Errungenschaften, der Zugang zu uneingeschränkten Informationen und all diese Wahlmöglichkeiten ihr Gutes haben, so hat ein tief in uns liegendes Bedürfnis aus dem „Alles kann“ ein „Alles muss“ gemacht. So ist etwa aus dem „Ich kann die Welt bereisen“, ein „Ich muss die Welt bereisen“ geworden, aus dem „Ich habe die Option, Erfahrungsberichte zu lesen“, ein „Ich muss diese gründlich studieren, bevor ich eine Entscheidung treffe“. Und so muss alles, was da ist, auch erfahren werden und es entsteht beinahe eine Angst, etwas zu verpassen, wenn wir es nicht nutzen. Und wenn es inzwischen schon komplex geworden ist, einen Wasserkocher zu kaufen, wie komplex sind in diesem Zusammenhang erst wirklich ernst zu nehmende Unternehmensentscheidungen?

FOMO – Fear of missing out

Der englischsprachige Raum beschreibt dieses Phänomen mit dem Kürzel FOMO, was für „Fear of missing out“ (Die Angst, etwas zu verpassen) steht. Doch es regt sich ernst zu nehmender Widerstand gegen dieses Phänomen: von Betroffenen selbst, aber auch von Wissenschaftlern, welche die zunehmende, daraus resultierende Daueranspannung und die Unruhezustände Betroffener mit Besorgnis wahrnehmen.

Decision Fatigue – Entscheidungsermüdung

Entscheidungsfindung ist ein komplexer, kognitiver Prozess. Psychologische Studien gehen davon aus, dass wir täglich etwa 20.000 Entscheidungen treffen. Zieht man vom Tag acht Stunden Schlaf ab, bedeutet das: alle drei Sekunden eine Entscheidung. Eine stolze Anzahl kognitiver Funktionen, die unser Gehirn, genauer gesagt, der Frontallappen unter enormem Energieaufwand meistert. Und damit sind nicht nur die großen, schwerwiegenden Entscheidungen gemeint. Auch die Summe all der vermeintlich kleinen Dinge laugt aus.

Das Ergebnis: Die Willenskraft wird immer schwächer und unsere Entscheidungen zunehmend weniger durchdacht und impulsiver. Im Laufe des Arbeitstages werden wir unkonzentrierter und unüberlegte Entscheidungen häufen sich. Im beruflichen Umfeld kann das dazu führen, dass Entscheidungsprozesse nach einem langen Meeting-Marathon nicht mehr die Qualität haben, wie zu Beginn des Tages. Dabei sind emotional gefärbte Bauchentscheidungen alles andere als automatisch minderwertig. Doch auch diese Entscheidungen werden besser, wenn Emotion und Kognition in einem guten Austausch miteinander stehen.

Achtsamkeit kann in diesem Kontext auf mindestens zwei Weisen unterstützen. Zum einen befähigt sie mit zunehmender Übungspraxis, diese Ermüdung frühzeitiger wahrzunehmen und entsprechende erholungsfördernde Maßnahmen einzuleiten oder andere kluge und bewusste Handlungen zu vollziehen – wie wichtige Entscheidungen zu vertagen. Zum anderen stärkt Achtsamkeit die Gehirnregionen, die für Entscheidungsprozesse relevant sind. Sie ist damit ein perfektes Training für die zunehmend kognitiv ausgerichtete Arbeitswelt, in der täglich so viele Entscheidungen gefällt werden müssen.

Achtsamkeit kann im Weiteren dazu führen, bestimmte Entscheidungswege zu vereinfachen, auf eine gute Weise neu zu automatisieren und sich so aktiv darum zu bemühen, die Flut der notwendigen Entscheidungen einzudämmen. Beispielsweise sind große Politiker und Geschäftsleute wie der ehemalige US-Präsident Barack Obama, Steve Jobs und Mark Zuckerberg dafür bekannt, ihre Alltagskleidung auf ein oder zwei Outfits zu reduzieren, um die Anzahl der Entscheidungen zu vermindern, die sie an einem Tag treffen müssen.

Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Zahlen zu psychischen Erkrankungen am Arbeitsplatz seit Jahrzehnten ansteigen.

Ein bewusster Umgang mit den zahllosen Reizen ist entscheidend

Damit die Fülle an Möglichkeiten, die vielen täglichen Entscheidungen und Eindrücke nicht zu Erschöpfung oder fehlerhaften Entscheidungen führen, ist es in der heutigen Arbeitswelt mehr denn je notwendig, Kompetenzen zu erlernen, die einem einen bewussten Umgang mit dieser Fülle ermöglichen. Eine entscheidende Kompetenz der heutigen Zeit ist es, einen bewussten Umgang mit dem eigenen Geist zu erlernen; zu erlernen, unter welchen Umständen bestimmte Handlungsweisen hilfreich und relevant sind, und wie der Geist, der entwicklungsgeschichtlich gesehen erst sehr kurze Zeit mit dieser Flut an Optionen konfrontiert ist, klar bleiben, sich immer wieder regenerieren und langfristig gesund bleiben kann.

JOMO – Joy of missing out

So ist es nicht verwunderlich, dass sich ein neuer Trend in dieser Entwicklung abzeichnet. Ein Trend, der die tiefgehende Erkenntnis widerspiegelt, dass mit der Fülle an Optionen nicht mehr zufriedenstellend umgegangen werden kann. Darf ich vorstellen? „JOMO!“ Der Begriff „Joy of missing out“ (JOMO) steht für das positive Gefühl oder die Freude, die man empfindet, wenn man bewusst bestimmte Aktivitäten oder Ereignisse verpasst oder vermeidet. Im Gegensatz zur FOMO (Fear of missing out), bei der man die Angst hat, etwas zu verpassen, genießt man bei JOMO die Ruhe, die mit dem Verzicht einhergeht.

Der Begriff JOMO wurde als Reaktion auf den zunehmenden Einfluss von sozialen Medien und dem ständigen Drang, immer überall dabei sein zu müssen, geprägt. JOMO steht für die Idee, dass es in Ordnung ist, sich bewusst zurückzuziehen, sich auf sich selbst zu konzentrieren und Momente der Ruhe und des Alleinseins zu genießen, ohne das Gefühl zu haben, etwas Wichtiges zu verpassen. Es geht darum, Prioritäten zu setzen, Selbstfürsorge zu praktizieren und sich von dem Druck zu befreien, immer auf dem Laufenden sein zu müssen.

JOMO kann verschiedene Formen annehmen, wie das Ablehnen von Einladungen zu sozialen Veranstaltungen, das bewusste Aussteigen aus Online-Plattformen oder das Einschalten des Flugmodus auf dem Smartphone, um ungestörte Zeit zu haben. Es geht darum, das eigene Wohlbefinden und die eigene Lebensqualität zu steigern, indem man sich auf das konzentriert, was wirklich wichtig und bedeutsam ist. Im Arbeitsleben führt dies zu bewussten Entscheidungen, nicht mehr alle Veranstaltungen in der Woche unterbringen zu wollen, nicht mehr während einer Tagung die E-Mails zu bearbeiten oder nur noch bestimmte E-Mails bewusst wahrzunehmen und wieder andere zu beantworten. Eine Sehnsucht nach Tiefgang und echten Verbindungen am Arbeitsplatz geht um. Und in diesem Kontext bietet die Etablierung einer Kultur der Achtsamkeit zahlreiche Möglichkeiten.

1.3Kompetenzen der Zukunft

Im Zuge der New-Work- und VUKA-Welt-Diskussionen werden immer häufiger auch die sogenannten „Future Skills“ zum Thema gemacht, die uns befähigen sollen, in dieser Welt gut zurechtzukommen und, was noch viel wichtiger ist, sie aktiv und nachhaltig mitgestalten zu können.

Dabei ist die Forschung dazu noch in den Kinderschuhen und empirisch bisher nicht gut abgesichert. Dennoch sollen hier ausgehend von der „NextSkills Studie“ von Ehlers (2020) ein paar wesentliche Kompetenzen in diesem Zusammenhang genannt werden. Bei der Sichtung dieser Kompetenzen wird schnell deutlich, welch weitreichende Auswirkungen Achtsamkeit bei der Entwicklung dieser Kompetenzen einnimmt.

Kompetenzfelder

Die NextSkills Studie kommt zu drei übergreifenden Dimensionen, anhand derer sich die Future Skills strukturieren lassen:

Kompetenzfeld I: Individuell-entwicklungsbezogene Future Skills – Diese beschreiben die Entwicklungsfähigkeit der eigenen Person.

Kompetenzfeld II: Individuell-objektbezogene Kompetenzen – Diese beziehen sich auf den Umgang mit bestimmten Gegenständen, Arbeitsaufgaben und Problemstellungen.

Kompetenzfeld III: Organisationsbezogene Kompetenzen – Diese beziehen sich auf den Umgang mit der sozialen, organisationalen und institutionellen Umwelt.

Jedes Kompetenzfeld enthält spezifische Zukunftskompetenzen, welche hier kurz skizziert werden. Auch wenn sie im Einzelnen nicht absolut trennscharf nebeneinanderstehen, so eignen sie sich doch, um sich einen umfassenden Überblick zu den personellen Kompetenzen der Zukunft zu verschaffen.

Kompetenzfeld I: Individuell-entwicklungsbezogene Future Skills

Download-Ressource

In diesem Feld geht es darum, im eigenen Arbeits- und Lebensumfeld kompetent und handlungsfähig zu bleiben. Dazu gehören das selbstständige Lernen und die ständige Weiterentwicklung. Dabei spielen Autonomie, Selbstkompetenz, Selbstwirksamkeit und Leistungsmotivation eine wichtige Rolle.

Autonomie, Selbstkompetenz, Selbstwirksamkeit, Leistungsmotivation

Zukunftskompetenz 1: Lernkompetenz

Lernkompetenz ist die Fähigkeit und Bereitschaft zum Lernen, insbesondere zum selbst gesteuerten Lernen.

Zukunftskompetenz 2: Selbstwirksamkeit

Selbstwirksamkeit ist die Überzeugung, die bevorstehenden Aufgaben mit den eigenen Fähigkeiten bewältigen zu können, für das Gelingen Verantwortung zu übernehmen und entsprechende Entscheidungen zu treffen.

Zukunftskompetenz 3: Selbstbestimmtheit

Selbstbestimmungskompetenz bezeichnet die Fähigkeit, sich im Spannungsverhältnis von Fremd- und Selbstbestimmung produktiv bewegen zu können. Dazu gehört auch, sich Räume der Autonomie zu bewahren, sodass die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse selbstbestimmt erfolgen kann.

Zukunftskompetenz 4: Selbstkompetenz

Selbstkompetenz ist die Fähigkeit, die eigene persönliche und berufliche Entwicklung weitgehend unabhängig von äußeren Einflüssen zu gestalten. Dazu gehören Teilkompetenzen wie Eigenmotivation, Zielsetzung, Planung, Zeitmanagement, Organisation, Lernfähigkeit und Erfolgskontrolle durch Feedback, aber auch „Cognitive Load Management“ und eine hohe Eigenverantwortlichkeit.

Zukunftskompetenz 5: Reflexionskompetenz

Reflexionskompetenz umfasst die Fähigkeit, sich selbst und andere zum Zweck der konstruktiven Weiterentwicklung zu hinterfragen sowie zugrunde liegende Verhaltens-, Denk- und Wertesysteme zu erkennen und Konsequenzen für Handlungen und Entscheidungen ganzheitlich einschätzen zu können.

Zukunftskompetenz 6: Entscheidungskompetenz

Diese Fähigkeit beinhaltet, Entscheidungsnotwendigkeiten wahrzunehmen, mögliche Alternativen gegeneinander abzuwägen, eine Entscheidung zu treffen und diese auch zu verantworten.

Zukunftskompetenz 7: Initiativ- und Leistungskompetenz

Hier geht es um die Fähigkeit zur Selbstmotivation und den Wunsch, etwas beizutragen. Beharrlichkeit und Zielorientierung gestalten die Leistungsmotivation. Zusätzlich spielt ein positives Selbstkonzept eine Rolle, welches Erfolge und Misserfolge in einer Weise attribuiert, die zur Steigerung der Leistungsmotivation führt.

Zukunftskompetenz 8: Ambiguitätskompetenz

Diese Fähigkeit ermöglicht es, Vieldeutigkeit, Heterogenität und Unsicherheit zu erkennen, diese zu verstehen und produktiv gestaltend damit umgehen sowie in unterschiedlichen Rollen agieren zu können.

Zukunftskompetenz 9: Ethische Kompetenz

Ethische Kompetenz umfasst die Fähigkeit zur Wahrnehmung eines Sachverhalts beziehungsweise einer Situation als ethisch relevant (wahrnehmen), die Fähigkeit zur Prüfung ihres Gewichts, ihrer Begründung, und ihrer Anwendungsbedingungen (bewerten) sowie die Fähigkeit zur Urteilsbildung und der Prüfung ihrer logischen Konsistenz (urteilen).

Kompetenzfeld II: Individuell-objektbezogene Future Skills

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In diesem Feld von Kompetenzen befinden sich Fähigkeiten, die sich darin äußern, in Bezug auf bestimmte Gegenstände, Themen und Vorhaben kreativ, agil, analytisch und mit hohem Systemverständnis zu agieren, auch unter hochgradig unsicheren und unbekannten Bedingungen.

Analytisches Denken, kreatives Denken, Systemverständnis, Agilitätskompetenz

Zukunftskompetenz 10: Design-Thinking-Kompetenz

Design-Thinking-Kompetenz ist die Fähigkeit, in einem gegebenen Kontext und in Bezug auf eine bestimmte Herausforderung kreativ Problemlösungen und Innovationen zu entwickeln, Rahmenbedingungen und Bedürfnisse des jeweiligen Kontextes wahrzunehmen, zu analysieren, daraus Ideen zu generieren und Handlungen abzuleiten.

Dabei spielen die Fähigkeiten zum Perspektivwechsel, Flexibilität sowie Offenheit verschiedenen Optionen gegenüber eine wichtige Rolle.

Zukunftskompetenz 11: Innovationskompetenz

Innovationskompetenz ist das Können und die Bereitschaft zu experimentieren und dabei kreativ Neues und vorher Unbekanntes zu schaffen. Das geschieht durch Assoziation, Dekonstruktion und Konstruktion.

Zukunftskompetenz 12: Systemkompetenz

Systemkompetenz ist die Fähigkeit, einzelne Phänomene als einem größeren System zugehörig zu erkennen, Systemgrenzen und Teilsysteme sowohl zu identifizieren, die Funktionsweise von Systemen zu verstehen und aufgrund dieser Kenntnis der Veränderungen einzelner Systemkomponenten Vorhersagen über die weitere Entwicklung des Systems zu machen.

Zukunftskompetenz 13: Digitalkompetenz

Digitalkompetenz ist die Fähigkeit, digitale Medien produktiv gestaltend zu nutzen, für das eigene (Arbeits-)Leben einzusetzen und reflektierend-analytisch ihre Wirkungsweise zu verstehen und die Potenziale und Grenzen digitaler Medien bewusst wahrzunehmen und zu berücksichtigen.

Kompetenzfeld III: Organisationsbezogene Future Skills

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Sinnstiftungsfähigkeit, Wertebezogenheit, Zukunftsgestaltung, Teamorientierung

In dieser Gruppe befinden sich Kompetenzen, die sich auf den Umgang mit der sozialen, organisationalen und institutionellen Umwelt beziehen. Hierzu gehören Fähigkeiten wie Sinnstiftung und Wertebezogenheit, die Fähigkeit, die Zukunft gestaltend mitzubestimmen, mit anderen zusammenzuarbeiten und zu kooperieren und in besonderer Weise kommunikationsfähig, kritik- und konsensfähig zu sein.

Zukunftskompetenz 14: Sinnstiftung

Sinnstiftung beschreibt den Prozess, mit dem Menschen den über die Sinne ungegliedert aufgenommenen Erlebnisstrom in sinnvolle Einheiten einordnen. Je nach Einordnung der Erfahrung kann sich ein unterschiedlicher Sinn und damit eine andere Erklärung für die aufgenommenen Erlebnisse ergeben. Es ist insbesondere die Fähigkeit, in unterschiedlichen organisationalen Kontexten einerseits Strukturen und Werte zu erkennen und andererseits Wahrnehmungen produktiv und positiv in für sich sinnvolle Bedeutungen zu sortieren.

Zukunftskompetenz 15: Zukunfts- und Gestaltungskompetenz

Hier handelt es sich um die Fähigkeit, mit Mut zum Neuen und mit Veränderungsbereitschaft die derzeit gegebenen Situationen in andere, neue und bisher nicht bekannte Zukunftsvorstellungen weiterzuentwickeln und diese aktiv anzugehen.

Zukunftskompetenz 16: Kooperationskompetenz

Kooperationskompetenz ist die Fähigkeit zur Zusammenarbeit in Teams, innerhalb oder zwischen Organisationen und Zusammenarbeit so zu gestalten, dass bestehende Differenzen in Gemeinsamkeiten überführt und Vielfalt als Potenzial genutzt werden können. Dabei spielen soziale Intelligenz und Offenheit eine wichtige Rolle.

Zukunftskompetenz 17: Kommunikationskompetenz

Kommunikationskompetenz umfasst neben sprachlichen Fähigkeiten auch Diskurs-, Dialog- und strategische Kommunikationsfähigkeit, um in unterschiedlichen Kontexten und Situationen situativ angemessen erfolgreich handeln zu können.

1.4Achtsamkeit in einer digitalen Welt

Schon lange vor der Pandemie hat die digitale Welt weite Teile des privaten und beruflichen Lebens erobert. Mittels verschiedenster mobiler Endgeräte begleiten seitdem viele nützliche und weniger nützliche Apps, Programme und Tools unser Leben. Durch die in der Pandemie gebotene Reduzierung persönlicher Begegnungen hat dieser Trend noch einmal ordentlich Rückenwind bekommen.

Doch wie reiht sich dieser Trend in die Achtsamkeitsdebatte ein? Ist es Fluch oder Segen? Nicht ein Seminarkontext, in dem es nicht um das Thema Achtsamkeit geht, in dem sich nicht früher oder später eine rege Diskussion über die Auswirkungen der digitalen Welt auf die eigene Achtsamkeitspraxis oder das fokussierte Arbeiten entspinnt. Daher sollen hier an dieser Stelle einige Gedanken zum Thema bewegt werden. Diese können als Impulse die Diskussion in einem Gruppengespräch anregen und jeder Teilnehmerin, jedem Teilnehmer, und nicht zuletzt der Seminarleitung selbst, eine Reflexion und Verortung in diesem komplexen Thema ermöglichen.

Und so viel sei vorweggenommen: Das Thema ist weder schwarz noch weiß. Und vielleicht ist auch das Teil der Achtsamkeitspraxis, die Komplexität des Themas zu akzeptieren und von Situation zu Situation neu zu entscheiden, wie viel Technik und Digitales gerade in diesem Moment stimmig scheint.

Technische Eigendynamik

Taucht man ein in das Thema, so fällt relativ schnell auf, dass wir viele digitale Technologien nicht mehr im Sinne ihrer Erfinder verwenden. Steve Jobs stellte das erste iPhone als praktische Mischung zwischen mp3-Player und Telefon dar und wollte anfangs sogar die Verwendung von Apps von Drittanbietern untersagen. Facebook galt bei seiner Einführung im Jahr 2004 als clevere Erfindung und wurde gefeiert als praktische Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen und zu pflegen. So war Facebook ursprünglich nicht gedacht als einflussreiche Nachrichtenquelle oder als Raum der ziellosen Zerstreuung. Und auch das Smartphone an sich war nicht erfunden worden, um es in Erwartung neuer Nachrichten nahezu zwanghaft und beinahe ständig in die Hand zu nehmen.

Nutzungsautomatismen

An dieser Stelle haben menschliche Automatismen und Motive wie Neugierde, etwas Neues zu erleben oder zu erfahren oder die Angst, etwas zu verpassen in Kombination mit wirtschaftlichen Interessen eine Art Eigendynamik entwickelt. Über die Jahre hat dies zu Nutzungsautomatismen geführt, die nicht wenigen Menschen eine Informationsflut beschert, in der sie permanent konsumieren und eigene Inhalte produzieren. Eine Flut, für die der menschliche Geist besonders in der Dauerhaftigkeit nur bedingt gemacht ist, die zunehmend ermüdend wirkt, aber vor allem eine Herausforderung für die eigene Fokussierung ist.

Daran sind wir nur bedingt Schuld, denn es gibt eine suchterzeugende Seite der digitalen Welt. Technologiefirmen arbeiten daran, ihre Produkte so attraktiv wie möglich zu gestalten und zunehmend auch das soziale Kontakt- und Bestätigungsbedürfnis zu befriedigen. Als Facebook 2009 den „Gefällt mir“-Button einführte, machte dies das Teilen von persönlichen Inhalten deutlich attraktiver und zu einer interaktiven Erfahrung.

Aufmerksamkeit ist zu einem hart umkämpften Gut und durch Schaltung von Werbung zu einem Milliardengeschäft geworden. Heute braucht es daher mehr denn je neue Kompetenzen zum bewussteren Umgang mit dieser digitalen Welt und den neuen Technologien.

Digitaler Minimalismus

In dem Zusammenhang setzt sich zunehmend der Begriff „Digitaler Minimalismus“ durch, welcher zu einem bewussten und achtsamen Umgang mit den Medien aufruft. Hinter diesem Konzept steckt die Erkenntnis, dass weniger oft mehr ist.

Digitaler Minimalismus stellt sich daher konsequent die Frage: „Macht diese Website, Anwendung, Dienstleistung, mein Leben wirklich besser? Welchen Nutzen hat diese Technologie für mich, welche Kosten verursacht sie? Wie viel Zeit und Energie investiere ich? Was bekomme ich dafür zurück?“

Nutze ich Facebook etwa beruflich und erfolgreich auch als Werbeplattform, so ist es gleichzeitig auch eine große Verführung zur Zeitverschwendung. Habe ich mir erst einmal bewusst gemacht, welche Medien ich zu welchem Zweck nutze, kann ich klar festlegen, wann und zu welchen Zeiten ich was nutze. Gleichzeitig kann ich mich zum Beispiel beschränken, indem ich mich für einen Social Media Account entscheide.

Dabei ist auch hier die Absichtlichkeit und der bewusste Umgang mit der Digitalität befriedigend. Dazu gehört auch die Frage: „Entspricht die Anwendung den Werten und Zielen, die mir wichtig sind?“ Wenn ich zum Beispiel in einem Reflexionsprozess die Werte „Aufmerksame, erfüllende Beziehungen zu Familie und Freunden, Zeit für Bewegung, draußen in der Natur sein, fokussiertes Arbeiten“ benannt habe, dann kann das eine Blaupause darstellen, mein Nutzungsverhalten zu reflektieren. Der Besuch entsprechender Internetseiten oder das Empfangen von thematisch relevanten Push-Nachrichten kann dann sinnvoll sein.

„Gerümpel ist teuer!“

Das Prinzip des digitalen Minimalismus verfolgt auch Gedanken wie „Gerümpel ist teuer!“. Dies geht auf Prinzipien der neuen Ökonomie, z.B. den Gedanken des US-Philosophen Henry David Thoreau zurück. Dieser prägte in seinem 1854 erschienenen Buch Walden den Begriff der Neuen Ökonomie, welche im Gegensatz zur klassischen Ökonomie den Wert einer Sache nicht am wirtschaftlichen Ertrag, sondern an den erforderlichen Lebenskosten bemisst. Nach diesem Prinzip bemisst sich der Aufwand für etwa ein angeschafftes Auto nicht allein durch den Kaufpreis, sondern auch durch die Zeit, die man braucht, das Geld zu verdienen und das Auto instand zu halten.

Ein Beispiel: Wenn man sich entscheidet, ein Auto zu kaufen, um sich den Fußweg zum Einkaufen zu sparen, dann würde Thoreau daran erinnern, dass die Kosten für die Anschaffung und Pflege des Autos zeitlich und finanziell erarbeitet werden müssen. So gesehen, ist die „Ersparnis“ zu dem gesunden Fußweg möglicherweise gering. Mit derselben Sorgfalt sollte man auch den Nutzen und Kosten der eigenen digitalen Mediennutzung hinterfragen.

In die gleiche Richtung argumentiert das Prinzip des Gesetzes des abnehmenden Ertrags. Neue Anschaffungen führen demnach nicht mehr zu besseren Ergebnissen. Für den Bereich des digitalen Minimalismus heißt es zum Beispiel, dass der Schritt von null auf zwei (neue) Nachrichtenquellen noch eine Verbesserung darstellt. Wenn man aber täglich diverse Newsletter, digitale Zeitungen und Social-Media-Kanäle sichtet, reduziert sich der Zugewinn bei gleichzeitiger Steigerung der zeitlichen und zum Teil auch finanziellen Investition.

„Digital Detox“

Teilnehmende, die Interesse an dem Thema „Digital Detox“ haben, empfehle ich gerne, eine 30-Tage-Challenge auszuprobieren. Dazu werden in einem ersten Schritt alle nicht essenziellen Medien verbannt, gelöscht oder in einen Ordner geschoben, wo sie nicht mehr so präsent sind. In einem zweiten Schritt erfolgt die Introspektion. In dieser fragen sie sich: „Welche Werte und Interessen sind mir wichtig, was liegt mir wirklich am Herzen?“ Anhand dieser Blaupause erfolgt dann Schritt für Schritt eine sorgsam durchdachte „Remedialisierung“. Dabei sollten sich die Teilnehmenden fragen: „Hilft mir die Technologie bei dem, was mir wirklich am Herzen liegt? Ist diese Technologie der beste Weg, diese Werte oder Ziele zu verfolgen? Wie kann ich den Nutzen dieses Tools maximieren und gleichzeitig die Kosten minimieren?“

Achtsamen Mediennutzern geht es selten um die Frage nach „Ganz oder gar nicht“, sondern vielmehr um eine bewusste Entscheidung des „Wie“. Dieses Prinzip ist auch im beruflichen Kontext wichtig und kann nicht nur für die Nutzung des Smartphones, sondern auch des PCs/Notebooks reflektiert werden.

Zum Vergleich: die Wirkung analoger Tätigkeiten

Analoge Tätigkeiten bringen demgegenüber zudem und vermutlich evolutionär bedingt ein Gefühl von Erfüllung und Sinnhaftigkeit. Wer vor 1995 geboren wurde, hat noch eine klare Erinnerung an ein Leben ohne Smartphone. Ohne Smartphone aus dem Haus zu gehen, war absolut sicher, wenn eine Verabredung sich verspätete, wusste man sich zu beschäftigen, vertraute darauf, dass die Person kam. Im Wartezimmer blätterte man in Zeitschriften und auf langen Zugfahrten kam man mit Mitreisenden ins Gespräch. Und manchmal fuhr oder ging man spontan bei Freunden vorbei auf einen Plausch und einen Kaffee. Ganz ohne Verabredung – und wenn niemand da war, ging man wieder nach Hause. Die Zeiten haben sich geändert. Die Generationen nach 1995 sind gewissermaßen mit dem Smartphone aufgewachsen und verbringen täglich bis zu 9 Stunden vor dem Bildschirm.

Folgen der ungefilterten Mediennutzung

Die US-Generationenforscherin Jean Twenge bescheinigt der Generation „iGen“ eine alarmierende Zahl an psychologischen Auswirkungen: hierzu gehören Depressionen, Suizidtendenz, Heimweh, Angststörungen. Wenn Achtsamkeit, wie im neurophysiologischen Teil ab Seite 62 beschrieben wird, hilft, genau diesen Phänomenen entgegenzuwirken, muss man an dieser Stelle wohl annehmen, dass die ungefilterte Mediennutzung möglicherweise genau das Gegenteil einer achtsamen Lebensführung ist und daher zum gegenteiligen Effekt führt.