Worte aus der Vergangenheit - V.H. Rose - E-Book

Worte aus der Vergangenheit E-Book

V.H. Rose

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Beschreibung

Teresa führt ein Leben, das viele als ideal bezeichnen würden: ein erfolgreicher Job, eine liebevolle Familie und ein Alltag, der gut organisiert ist. Nach außen wirkt alles perfekt – doch in ihrem Inneren macht sich ein stilles Unbehagen breit. Trotz aller Erfolge fühlt sie sich leer, getrieben von To-do-Listen, Erwartungen und dem ständigen Streben nach Kontrolle. Eine leise, aber eindringliche Frage begleitet sie immer häufiger: War das wirklich alles? Eines Tages stößt sie zufällig auf ein altes Tagebuch, tief in einer Schublade versteckt. Die Seiten sind vergilbt, die Schrift verblasst. Zuerst glaubt Teresa, es sei lediglich ein Erinnerungsstück aus längst vergangener Zeit – doch schon bald spürt sie, dass es mehr ist. Die Worte auf den Seiten stammen von einem Menschen, der vor langer Zeit lebte, und dennoch scheinen sie wie für sie geschrieben zu sein. Jede Zeile trifft einen Nerv, rührt an etwas in ihr, das sie selbst kaum greifen kann. Das Tagebuch wird zum Wendepunkt. Es zeigt ihr, dass das wahre Leben nicht in der Vergangenheit liegt, nicht im Planen der Zukunft, sondern im gegenwärtigen Moment – genau hier, genau jetzt. Teresa beginnt, ihr eigenes Leben mit anderen Augen zu sehen. Sie hinterfragt alte Muster, entdeckt vergessene Sehnsüchte und beginnt eine innere Reise zu mehr Bewusstsein, Klarheit und Frieden. Doch diese Reise ist nicht einfach. Sie erfordert Mut, Loslassen und die Bereitschaft, sich selbst zu begegnen – jenseits von Rollen, Erwartungen und äußeren Erfolgen. Teresa taucht ein in die Tiefe ihres Selbst und entdeckt dabei etwas, das sie nie erwartet hätte: echte Erfüllung. Sie beginnt, sich mit ihrer inneren Wahrheit zu verbinden – mit dem, was sie wirklich ausmacht. Schritt für Schritt erkennt sie, dass wahres Glück nicht im Außen liegt, sondern in der bewussten Verbindung zu sich selbst und zum Moment. „Worte aus der Vergangenheit“ ist mehr als ein Buch. Es ist eine Einladung, innezuhalten und das Wesentliche wiederzuentdecken. Eine Geschichte über Achtsamkeit, Selbstreflexion, Gelassenheit und die stille Kraft des Augenblicks. Für alle, die das Gefühl kennen, dass etwas fehlt – und den Mut haben, sich selbst wiederzufinden.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhaltsverzeichnis

Dankbarkeit

Ein Moment der Stille

Zwischen Rollen und Sehnsucht

Geschenke des Herzens

Die Wunden der Abwesenheit

Hinter dem Spiegelbild

Der Anfang von allem

Die Wurzeln des Erfolgs

Der erste Schritt im Traum

Stärker als der Zweifel

Ein überraschender Anfang

Der Augenblick für immer

Die Entscheidung im Herbstlicht

Der Klang der Distanz

Im Licht der Sonne

Ein Versprechen für die Ewigkeit

Die leise Unruhe

Flüstern im Regen

Durch die Schatten zum Licht

Rückkehr ins eigene Leben

Unter der Oberfläche

Willkommen im Zwischenraum

Das Rätsel des Hauses

Die Stimme aus der Vergangenheit

Im Atem der Zeit

Die Wahrheit im Jetzt

Die Einladung des Augenblicks

Die Sprache der Zeit

Der Spiegel der Seele

Ein neuer Morgen

Rätselhafte Wahrheiten

Zwischen den Welten

Im Einklang mit dem Augenblick

Im Herz der Worte

Die Seite des Möglichen

Ein leiser Triumph

Von Stille zu Worten

Das Geheimnis der Zeit

Der erste Schritt ins Jetzt

Der Fluss des Lebens

Im Tanz der Zeit

Meine Zeit

Die Schönheit des Einfachen

Der Anfang von allem

Der Moment, der alles veränderte

Nachwort

Impressum

Eine spannende Zeitreise-Erzählung

Worte aus der Vergangenheit

Das Tagebuch einer Reise,

die den Moment lebendig macht

V.H. Rose

Dankbarkeit

Zuerst möchte ich meiner Familie danken – meinem Mann, meiner Tochter und meinem Sohn.

Ihr seid mein Zuhause.

Danke für eure Liebe, euer Vertrauen und für die stillen Räume, die ihr mir gelassen habt, damit dieses Buch entstehen konnte.

Danke für eure Geduld in den Momenten, in denen ich mehr bei den Worten war als bei euch – und für euer unerschütterliches Dasein.

Dieses Buch trägt auch eure Handschrift.

Und dir, liebe Leserin, lieber Leser – danke, dass du Teresa begleitest. Danke für deine Offenheit, dein Innehalten, dein Lauschen zwischen den Zeilen.

Vielleicht ist nicht jede Seite leicht, aber vielleicht ist eine dabei, die dich erinnert: an dich selbst, an das Wesentliche, an das Jetzt.

Mit tiefer Dankbarkeit und leiser Freude, V.H. Rose

Ein Moment der Stille

Der Konferenzraum hatte sich völlig verändert. Von der hektischen Betriebsamkeit des Meetings war nichts mehr zu spüren. Nur das leise Summen des Beamers, der noch immer an der Decke hing, und das entfernte Murmeln der Kollegen auf dem Flur durchbrachen die Stille, die sich nun über den Raum gelegt hatte. Teresa saß allein am Ende des langen, glänzenden Tisches – die einzige Zeugin des zurückgebliebenen Chaos.

Vor ihr lagen die Überreste eines intensiven Treffens: halbleere Kaffeetassen, zerknüllte Notizen, ein geöffneter Laptop, dessen Bildschirmschoner in fast hypnotischen Bewegungen über das Display glitt – als würde er die erdrückende Stille des Raumes in einem tanzenden, gleichgültigen Rhythmus widerspiegeln.

Die Luft war erfüllt von einer stillen Melancholie, getragen von einer fast vergessenen Mischung aus Düften, die wie verblasste Erinnerungen durch den Raum schwebten. Der warme Geruch von frisch gebrühtem Kaffee hing noch immer in der Luft – nicht mehr belebend, sondern müde, wie der letzte Schluck aus einer längst kalten Tasse. Dazwischen schwebte der sanfte, vertraute Duft von Papier – staubig, vertraut, wie Seiten, die man zu oft aufgeschlagen hat. Und über all dem lag ein feiner Hauch Parfüm, kaum wahrnehmbar, aber spürbar. Ein letzter Rest von Nähe, der sich zwischen die leeren Stühle und halbleeren Tassen legte.

Diese Mischung aus Kaffee, Papier und Parfüm wirkte wie das leise Echo eines geschäftigen Vormittags – doch sie erzählte nicht vom Erfolg, nicht vom Lärm, sondern von dem, was danach kam: der Stille, dem Rückzug. Dem Moment, in dem nichts mehr gesagt wurde.

Teresa ließ ihren Blick langsam durch den leeren Raum gleiten. Ihre Augen blieben an den verstreuten Notizen hängen, die wie vergessene Gedanken auf dem Tisch lagen, doch etwas fühlte sich seltsam an. Plötzlich lastete eine unsichtbare Schwere auf ihren Schultern, als würde die Stille selbst ein Gewicht annehmen, das sie niederdrückte. Es war ein beunruhigendes Gefühl, als ob der Raum Geheimnisse barg, die schwerer wogen als die Luft selbst.

Von außen betrachtet, schien alles perfekt – ein weiterer Erfolg, der sich nahtlos in ihre berufliche Laufbahn einreihte. Gerade hatte sie mit ihrem Team einen wichtigen Meilenstein erreicht – das Projekt, an dem sie monatelang gearbeitet hatten, war genehmigt worden. Ihre Kollegen hatten ihr gratuliert, ihr die Hand gedrückt, ein Lächeln geschenkt. Sie nickte, sprach ein paar Worte des Dankes – doch ein Teil von ihr war in sich gekehrt, still und aufmerksam für das, was dieser Moment in ihr bewegte.

Der Erfolg war da, glänzend und zum Greifen nah – und doch hatte er in ihr nichts zum Klingen gebracht.

Ihr Kalender war übervoll, ihr Leben strukturiert bis ins Detail. Sie hatte eine Familie, ein schönes Zuhause und finanzielle Sicherheit. Eigentlich gab es keinen Grund zur Unzufriedenheit. Und doch war da – in der Stille des leeren Raums, als der Lärm des Alltags endlich verstummte – nur Leere. Eine unheimliche Stille, die sich wie ein Mantel um sie legte. Und die schmerzhafte Erkenntnis, dass all ihre Errungenschaften bloße Fassaden waren – beeindruckend vielleicht, aber innerlich leer.

Allein, regungslos, saß sie da – gefangen in der stummen Schwere des Augenblicks. Die vertrauten Geräusche des geschäftigen Treibens, die sie eben noch umgeben hatten, waren wie weggeblasen. Statt des erhofften Triumphs fühlte sie nur Entfremdung – von allem und jedem.

Einsam, obwohl sie nicht allein war. Verloren, obwohl sie längst angekommen schien. Getrennt von der Welt, die sie einst kannte.

Dieses Gefühl war nicht neu. In den letzten Monaten hatte es sich langsam in ihr Leben geschlichen – anfangs kaum spürbar, dann immer deutlicher. Was zuerst wie ein Schatten war, wurde zu einer erdrückenden Dunkelheit. Der Druck auf ihrer Brust wuchs. Das Atmen fiel schwerer. Die Welt verlor an Farbe. Je mehr sie sich dagegen wehrte, desto enger legte sich dieses Gefühl um sie – wie ein Netz aus Stille, das sie langsam umschloss.

Es begann oft in den frühen Morgenstunden, lange bevor der Wecker klingelte. Wenn die Welt noch still war, und die ersten Sonnenstrahlen zaghaft durch das Fenster drangen. Teresa lag dann wach, starrte an die Decke, unfähig, wieder einzuschlafen, während ihr Kopf von Gedanken überflutet wurde:

Was hatte sie vergessen?

War es eine E-Mail, die sie immer wieder ignoriert hatte, obwohl sie längst darauf hätte reagieren sollen? Ein Anruf, den sie nicht getätigt hatte, obwohl er dringend war? Ein Termin, der still vorübergegangen war, ohne dass sie es bemerkt hatte?

Oder war es etwas Tieferes, etwas, das sich nicht mit einem Häkchen auf der To-do-Liste abhaken ließ?

Sie ging gedanklich ihre Aufgaben durch, als versuche sie, die innere Unruhe zu beruhigen – eine Liste von Dingen, die sie abarbeiten konnte, um den Sturm in ihrem Kopf zu zähmen. Arbeit, Haushalt, Familie – alles schien erledigt, zumindest auf der Oberfläche. Doch das quälende Gefühl blieb, hartnäckig und unnachgiebig.

Worauf wartete sie eigentlich? Was fehlte – trotz der scheinbaren Ordnung? Und warum fühlte sich alles so unvollständig an?

Und dann kam sie – die eine Frage, die unausgesprochen zwischen allen stand: „Wann hast du das letzte Mal wirklich gelebt?“

Und kaum war sie ausgesprochen – wenn auch nur in Gedanken – folgten ihr andere. Leiser, tiefer. Wie Schatten, die sich an die Wände ihres Inneren legten:

„Wofür brennst du noch – und was tust du nur aus Gewohnheit?“ „Was würdest du tun, wenn niemand Erwartungen an dich hätte“ „Was hast du vergessen – nicht im Kopf, sondern im Herzen?“

Diese Fragen begleiteten sie bis in den Abend. Ein leises Flüstern im Hintergrund, das sich langsam seinen Weg ins Zentrum ihrer Gedanken bahnte. Wenn die Kinder im Bett lagen und ihr Mann sich im Wohnzimmer im Schein des Fernsehers verlor, zog sie sich in ihr Schlafzimmer zurück. Angeblich, um zu lesen oder einfach zu entspannen – eine kleine, wohlverdiente Auszeit nach einem langen, zermürbenden Tag.

Doch die Realität sah anders aus.

Das Buch, das sie so sorgfältig ausgewählt hatte, blieb oft unberührt auf dem Nachttisch liegen, unbeachtet und verstaubt – genauso wie die Momente, in denen sie sich eigentlich eine Auszeit gönnen wollte. Stattdessen griff sie automatisch zum Handy – nicht aus echter Neugier, sondern aus Gewohnheit. Ziellos ließ sie ihren Daumen über den Bildschirm gleiten, durch Nachrichten, Bilder und Posts, die ihr weder Freude noch Ablenkung brachten. Die strahlenden Gesichter und perfekten Momente der anderen fühlten sich plötzlich fremd an, wie flimmernde Spiegelbilder einer Welt, die sie nicht mehr kannte.

Manchmal legte sie das Handy beiseite und starrte aus dem Fenster, als hoffte sie, in der Dunkelheit der Nacht Antworten zu finden. Draußen lag die Nacht wie eine stille, undurchdringliche Decke über der Stadt, nur durchbrochen vom fahlen Licht der Laternen, das matt auf den Asphalt fiel. Das leise Ticken der Wanduhr und das gedämpfte Murmeln des Fernsehers erreichten ihr Ohr – vertraute Klänge, die einst Geborgenheit bedeuteten.

Jetzt aber klangen sie fern, wie das Rauschen eines Stroms, der ihre Unruhe nicht überdecken konnte. Sie verschwanden im Nebel ihrer Gedanken, hinterließen keinen Eindruck mehr. Und in diesem Nebel wuchs eine Leere – nicht laut, nicht schmerzhaft, sondern still und tief, wie ein Schatten, der ungerufen kam.

Etwas war verschwunden. Etwas Bedeutendes.

Etwas, das keine Wunde hinterließ – aber eine Leere zurückließ. Und gleichzeitig regte sich in ihr eine Unruhe, leise, aber anhaltend – wie das Echo eines Raumes, den sie nie betreten hatte. Ein Ruf aus der Tiefe, alt und fremd, als wollte etwas, das längst vergessen schien, durch sie hindurch ans Licht dringen.

Sie suchte nach Worten, wollte diesem inneren Beben ein Gesicht geben – doch jedes Bild zerrann, noch bevor es Form annahm. Wie Sand, der durch offene Hände rinnt. Wie ein Lied, das man nur im Schlaf hört und beim Erwachen verliert.

Und dann war da dieses Flüstern.

Es sagte ihr, dass sie nicht dort war, wo sie hingehörte. Dass der Ort, an dem sie stand, nicht der richtige war. Oder vielleicht – dass sie selbst nicht mehr die war, die sie glaubte zu sein.

Nicht die, die sie sein wollte. Nicht die, die tief in ihr verborgen lag.

Doch je tiefer sie in die Stille lauschte, desto eindringlicher klang das Echo einer alten, nie verstummten Frage in ihr auf:

Wohin sollte ihr Weg führen?

Welcher Pfad würde sie zu jenem verborgenen Ort bringen, den sie tief in ihrem Innersten suchte – einem Ort, an dem sie sich endlich ganz fühlen konnte: wahrhaftig, zu Hause.

Ein Ort, an dem sie nicht länger mit den Fragen kämpfen musste, wer sie war oder was sie wollte.

Ein Ort, wo sie einfach sein durfte – ruhig, im Einklang mit sich selbst, ganz ohne das drängende Warum, ganz ohne das schwebende Vielleicht.

Zwischen Rollen und Sehnsucht

Manchmal hatte Teresa das Gefühl, eine Schauspielerin in ihrem eigenen Leben zu sein, als ob sie ständig auf der Bühne stand und eine Rolle spielte, die sie bis zur Perfektion beherrschte. Sie trat auf als die erfolgreiche Managerin, die immer die Kontrolle hatte, ihre Aufgaben effizient und mit einem Lächeln erledigte. Als liebevolle Mutter kümmerte sie sich um ihre Kinder, sorgte dafür, dass sie sich geliebt und unterstützt fühlten, und gab ihnen die Sicherheit, die sie brauchten. In ihrer Rolle als verständnisvolle Ehefrau zeigte sie immer Empathie, hörte zu, gab Rat und teilte die Lasten des Alltags mit ihrem Mann. Und als fürsorgliche Tochter war sie stets da, wenn ihre Mutter sie brauchte, bereit, ihr zu helfen und ihr zu zeigen, dass sie für sie da war.

Doch je mehr sie diese Rollen übernahm, desto weiter entfernte sie sich von dem Gefühl, wirklich sie selbst zu sein. Als folgte sie einem Drehbuch – präzise inszeniert, sicher gespielt – und doch ohne jede Spur von Leben.

Teresa war die Art von Tochter, die instinktiv wusste, wann ihre Mutter Ruhe brauchte und wann sie Trost suchte, ohne dass Worte nötig waren. Sie konnte in ihren Augen, in der Art, wie sie den Raum betrat, lesen, wenn etwas nicht stimmte. Diese stille Verbindung zwischen ihnen war tief und unverändert, als ob Teresa die Emotionen ihrer Mutter wie eine vertraute Melodie hören konnte. Ihre Aufmerksamkeit war nie aufdringlich, sondern leise, wie eine unsichtbare Präsenz, die im Hintergrund schwebte und doch immer spürbar war. Sie war wie der sanfte Wind, der unbemerkt weht, aber dennoch die Luft verändert.

Teresa fand auf ihre eigene, zarte Weise Wege, Fürsorge in ihren Alltag zu integrieren: ein nachmittäglicher Spaziergang im Park, der wohltuende Tee, den sie in den kalten Monaten für ihre Mutter zubereitete, oder das stille Nebeneinandersitzen, wenn der Raum voller unausgesprochener Verständigung war. In all diesen Momenten spiegelte sich nicht nur ihre unermessliche, selbstlose Liebe wider, sondern auch das unerschütterliche Verantwortungsbewusstsein, das sie mit jeder Faser ihres Seins für ihre Mutter trug. Diese Momente, in denen nichts gesagt werden musste, trugen die Schwere ihrer Verbindung – tief, aber fast unsichtbar, wie ein leises Versprechen.

Doch tief in ihrem Inneren fragte sie sich:

War das alles?

Lebte sie ihr Leben? Oder spielte sie nur eine Rolle, die andere für sie geschrieben hatten?

Hatte sie je den Mut gehabt, ihre eigenen Wünsche zu leben? Oder nur erfüllt, was man von ihr erwartete?

In der Stille begann sie sich zu fragen, ob sie wirklich mehr war als die Summe ihrer Rollen – ob da nicht noch etwas anderes in ihr war, ein Teil, den sie längst vergessen oder nie wirklich gesucht hatte.

Körperlich machte sich das Fehlen auf andere Weise bemerkbar. Ihr Herz schlug manchmal schneller, ohne erkennbaren Grund – ein unruhiges Pochen, das sie ohne Vorwarnung überfiel, selbst in Momenten, die eigentlich ruhig und unspektakulär waren. Nachts wälzte sie sich hin und her, fand keine bequeme Position, während ihre Gedanken wie endlose Wellen gegen die Küste ihrer Erschöpfung schlugen. Und wenn sie morgens in den Spiegel sah, stach ihr sofort ins Auge, wie blass ihre Haut war, wie tief die dunklen Ränder unter ihren Augen saßen – als hätte der Schlaf sie längst verlassen, selbst wenn sie die Augen schloss.

Sie hatte das Gefühl, sich in einem Zustand zwischen Wachen und Schlafen zu befinden – das Bett diente zwar als Ruheort, doch wirklich zur Ruhe kam sie nie. Ihr Körper suchte Ruhe, ihr Geist tobte weiter. Jedes Geräusch, jede noch so kleine Bewegung, ließ sie aus ihren Gedanken reißen und sie begann wieder von vorne – die gleichen Fragen, die gleichen Ängste, die gleiche Leere.

Und immer wieder: Fragen, die keine Ruhe geben. Ängste wie Schatten, die bleiben. Leere, die sich ausbreitet wie Dunkelheit.

Selbst die einfachsten Dinge, die ihr früher Freude bereitet hatten, fühlten sich nun wie eine schwere Last an. Ein gemeinsames Abendessen mit der Familie, das einst die schönsten Momente des Tages gewesen war, hatte sich plötzlich in eine Pflicht verwandelt. Das Lachen der Kinder, das sie früher mit Wärme erfüllte, klang jetzt fern, wie ein Echo aus einem anderen Leben. Und das Gespräch mit ihrem Mann, das einst so vertraut und leicht gewesen war, schien nun von einer unsichtbaren Wand gedämpft – als hätten sich ihre Welten unmerklich voneinander entfernt.

Alles schien von einer unsichtbaren Schicht überzogen. Als würde sie die Welt nur noch durch mattes Glas betrachten. Die Geräusche waren gedämpft, die Farben schienen zu verblassen, und die Stimmen klangen, als kämen sie aus einer fernen, längst vergangenen Zeit. Ihr innerer Akku war schon seit Langem im roten Bereich – nicht nur erschöpft, sondern leer bis auf den letzten Tropfen.

Und sie wusste nicht, wie man sich selbst wieder auflädt, wenn nicht mal mehr die Hoffnung da ist, dass es irgendwann wieder leicht werden könnte. Es war, als hätte sie die Verbindung zu sich selbst verloren – und niemand hatte es bemerkt.

Ihr Lächeln war mittlerweile nur noch eine Gewohnheit, ein Reflex, der sie durch den Tag zog, auch wenn er ihr nichts mehr bedeutete. Sie wusste, dass sie es tun musste, dass es von ihr erwartet wurde, doch es fühlte sich wie eine leere Geste an, die nicht mehr die Wärme und Ehrlichkeit des früheren Lächelns in sich trug. Ihre Energie war erschöpft, und jedes Lächeln, das sie noch aufbrachte, war nur ein schwacher Versuch, die Welt in dem Glauben zu lassen, dass alles in Ordnung sei. Obwohl sie längst wusste, dass hinter dieser Fassade nur noch Müdigkeit lag – und das schwache Echo einer Stärke, die einmal selbstverständlich gewesen war.

Oft stellte sie sich die Frage, ob sie einfach nicht dankbar genug war, ob ihre ständigen Sorgen und Grübeleien sie daran hinderten, das Gute in ihrem Leben wirklich zu sehen.

War sie so sehr in ihren eigenen Gedanken und der ewigen Suche nach mehr gefangen, dass sie das, was sie bereits hatte, nicht mehr wahrnahm?

Sie fragte sich, ob sie blind geworden war für all das, was ihr eigentlich reichlich gegeben war – eine liebevolle Familie, die ihr immer den Rücken stärkte, ein Zuhause, das ihr nicht nur Schutz, sondern auch Wärme und Geborgenheit bot, und beruflichen Erfolg, der ihr nicht nur finanzielle Sicherheit verschaffte, sondern auch das Gefühl, gebraucht zu werden und einen Platz in der Welt zu haben.

Und dennoch, trotz all der Klarheit, die sie über sich selbst gewonnen hatte, blieb ein unaufhörlicher Hunger in ihr – ein sehnlicher Drang, nach etwas zu suchen, das sie nicht benennen konnte. Etwas, das in ihr ein tiefes, unerklärliches Bedürfnis weckte, ohne dass sie genau wusste, was es war.

Es war kein äußeres Ziel, keine materielle Errungenschaft, sondern vielmehr ein Gefühl, das sie tief in ihrem Inneren vermisste. Ein Gefühl von Vollständigkeit, von Erfüllung, das sie nie richtig fassen konnte, aber das sie unaufhörlich suchte – wie ein verlorenes Stück eines Puzzles, das sie nie gefunden hatte, obwohl sie sich so sicher war, dass es irgendwo da draußen war.

Vielleicht war das Problem gar nicht in der Welt um sie herum, sondern in ihr selbst. Vielleicht war es ihre eigene Art zu leben, die sie in diese leere, schwebende Unzufriedenheit trieb.

Hatte sie sich zu viel erhofft?

Erwartete sie zu viel – nur weil bisher alles scheinbar gut gelaufen war? Hatte sie zu lange geglaubt, das Richtige zu tun – und dabei das Falsche gelebt?

Hatte sie sich selbst irgendwo auf dem Weg verloren, ohne es zu bemerken? Zu tief verwurzelt in der gewohnten Routine, den äußeren Belohnungen, die sie wie ein unsichtbares Netz umhüllten, und doch fühlte sie sich immer weiter entfernt von dem, was sie eigentlich suchte.

War das alles, was das Leben zu bieten hatte? Hatte sie nicht mehr als nur diesen Schein von Erfüllung verdient?

Doch mitten im inneren Chaos, als ihre Gedanken wie unaufhörliche Wellen gegen sie schlugen, war da plötzlich eine leise Stimme:

„Es geht nicht darum, was du hast. Es geht darum, was dir fehlt.“

Diese Worte waren leise, fast verloren im Lärm ihrer Gedanken – und doch waren sie es, die etwas in ihr berührten, etwas, das lange stillgelegen hatte. Plötzlich regte sich in ihr ein Gefühl, das sie über Jahre hinweg sorgsam verdrängt hatte. Eine Wahrheit, die sie nie ganz auszusprechen wagte.

Vielleicht, weil sie zu groß war. Vielleicht, weil sie zu nah kam.

Es war nicht das, was sie besaß, nicht die scheinbare Vollkommenheit ihrer äußeren Welt, die sie ständig bemühte, zu perfektionieren. Es war das, was sie nicht hatte, was sie nie gefunden hatte – eine Leere, die keine äußeren Erfolge füllen konnten, kein noch so glänzender Titel, keine noch so perfekt inszenierte Szene.

Und genau das war es, was sie nicht benennen konnte – dieses unsichtbare, ungreifbare Etwas, das ihr Herz schneller schlagen ließ und ihre Nächte schlaflos machte.

Geschenke des Herzens

Die Stille zerbrach wie Glas, als ein scharfer, durchdringender Ton wie ein Messer durch die trügerische Ruhe schnitt – ein unheimliches Vibrieren, das sie wie ein Stromschlag traf. Das Summen ihres Handys hallte durch den Raum, viel zu laut, beinahe schmerzhaft, als wolle es die gesamte friedliche Atmosphäre in Stücke reißen. Als würde ein unsichtbarer Riss ihre Gedanken auseinanderreißen, als wäre etwas Wesentliches zerstört worden.

Einen Moment lang herrschte wieder Stille, dann ertönte das Geräusch erneut – wie ein böses Echo, das sie brutal in die Realität zurückwarf.

Die letzten Tage hatte Teresa wie im Nebel verbracht, erschöpft von den Aufgaben, die sie unaufhörlich erfüllen musste. Doch jetzt, während das Handy weiter vibrierte und der schrille Ton die Stille zerschnitt, flackerte für einen winzigen Augenblick ein Funke Hoffnung auf – ein leises, kaum spürbares Gefühl, dass dies der Anfang eines Auswegs sein könnte.

Vielleicht, nur vielleicht, war dies der erste Schritt in eine Welt jenseits des grauen Nebels und der stummen Leere, die sie so lange umfangen hielt – hinein in etwas, das endlich wieder lebte.

Langsam, quälend langsam, wandte Teresa den Kopf. In diesem Augenblick schien die Zeit stillzustehen, jede Sekunde dehnte sich auf unerträgliche Weise aus. Ihre Augen, noch immer benebelt vom plötzlichen Schreck, suchten das Display ihres Handys – und fanden es schließlich.

Und dann, wie von einer unsichtbaren Macht gelenkt, blieb ihr Blick an einem vertrauten Namen kleben: Veronika. Ein unheimliches Ziehen durchfuhr ihr Herz, und ein unbestimmbares Gefühl breitete sich in ihr aus. Nicht der Inhalt der Nachricht selbst, sondern die Welle von unerklärlichen Emotionen, die sie mit sich gebracht hatte, ließ ihr eine Gänsehaut über den Körper laufen.

„Mama, kannst du mich später von der Schule abholen? Papa hat einen Termin.“

So kurz, so beiläufig – ein harmloser Wunsch. Und doch fühlte sich diese Nachricht wie ein Dorn an, der sich tief in ihr Herz bohrte. Beim Lesen stieg ein vages, beengendes Gefühl in ihr auf. Ein flüchtiger Moment der Leere, der so schnell verschwand, wie er gekommen war – und doch einen Sturm unbeantworteter Fragen hinterließ:

Hatte sie die Kontrolle über ihr Leben aufgegeben?

War sie nur noch ein Schatten ihrer selbst, getrieben von der Geschwindigkeit der Welt? Blieb von ihr nur eine Hülle übrig, die ziellos vom Strom des Lebens mitgerissen wurde? War sie nur noch eine Figur in einem Spiel, das sie nicht mehr verstand?

Sie fühlte sich wie ein Blatt im Sturm, zerrissen von einer unsichtbaren Macht – kalt, unnachgiebig und mit erschreckender Präzision. Und die quälende Frage blieb in ihr zurück, ein stummer Schrei der Verzweiflung:

War dies die erschreckende Wahrheit ihres Lebens?

Blitzschnell griff sie nach dem Handy. Ohne zu zögern, ohne auch nur einen Gedanken an die Bedeutung ihrer Worte zu verschwenden, tippte sie:

„Natürlich, bis später.“

Die Buchstaben flogen über den Bildschirm – eine eingeübte, fast schon mechanische Reaktion. Doch genau in dem Moment, in dem ihr Daumen den Senden-Knopf berührte, hielt sie plötzlich inne.

Wollte sie wirklich nur diese drei Worte schicken? War das genug?

Ihre Finger verharrten über dem Glas, zögernd – als spürte sie, dass mehr gesagt werden musste. Etwas, das Veronika zeigen würde, dass ihre Mutter mehr war als jemand, der bloß Anfragen abarbeitete. Mehr als diese kurze, oberflächliche Antwort. Vielleicht ein nettes Wort, ein warmes „Ich freue mich auf dich“, oder ein beruhigendes „Alles ist gut“ – ein winziger Funken von dem, was sie wirklich empfand.

Doch ihre Hand blieb in der Luft. Die Worte, so kühl und distanziert sie auch klangen, hatten ihr Ziel bereits erreicht. Die Nachricht war abgeschickt, bevor sie sich anders entscheiden konnte.

Mechanisch. Wie so vieles in ihrem Leben.

Mit einer fast erschöpften Geste legte sie das Handy wieder auf den Tisch. Eine schwer fassbare Last breitete sich in ihrer Brust aus – ein dumpfes Gefühl, das tiefer ging als die augenblickliche Situation.

Es war nicht die konkrete Bitte ihrer Tochter, die diese beunruhigende Leere auslöste. Sie erkannte die Alltäglichkeit, ja, fast schon die banale Natur dieser Anfrage. Und doch spürte sie tief in ihrem Inneren, dass mehr dahinterlag – ein weiteres kleines Gewicht auf der Waage eines endlosen Kreislaufs aus Verpflichtungen. Ein weiterer stiller Beweis dafür, dass sie immer diejenige war, die die Fäden in der Hand hielt, die organisierte, die funktionierte.

Und sie fragte sich – ganz leise, ganz erschöpft – Wie lange noch?

Wie oft sie diesen Dienst noch würde leisten können, ohne wirklich innezuhalten, ohne zu spüren, dass auch sie selbst manchmal eine Pause brauchte?

Ihre Gedanken wanderten zu Veronika, ihrer unerschütterlichen Quelle des Lichts. Gerade einmal acht Jahre alt – und doch ein lebendiger Wirbelwind aus Energie, Neugier und einer Lebensfreude, die ansteckend war wie ein warmer Sommerwind. Veronika war ein kleines, wandelndes Wunder, das mit leuchtenden Augen neue Welten erkundete, immer neue Fragen in den Raum warf und das Leben mit einer beinahe staunenden Begeisterung betrachtete – eine Freude, die Teresa in der grauen Routine ihres Alltags längst verloren hatte.

Veronika besaß die Gabe, Schönheit in den unscheinbarsten Dingen zu finden. Der Gesang der Vögel am frühen Morgen war für sie ein kleines Konzert, das Glitzern eines Regenbogens ein magisches Versprechen. Sie blieb stehen, um das Muster eines Blattes zu bewundern, das Treiben einer Ameise zu beobachten – Dinge, die Erwachsene oft übersehen.

Für Veronika war jeder Moment eine Entdeckung, das Leben selbst ein atemberaubendes Abenteuer, das es mit allen Sinnen zu genießen galt. Als tanzte das Leben um sie herum einem immer neuen Morgen entgegen, während Teresa kaum noch wusste, wann sie das letzte Mal mit offenen Augen und freiem Atem in einen Tag gestartet war.

Veronikas reine Freude war wie ein unaufhaltsames Lächeln – eines, das selbst an den dunkelsten Tagen, wenn die Last der Sorgen wie ein unsichtbares Gewicht auf Teresas Schultern lag, einen zarten Funken Hoffnung entfachte. Und aus diesem Funken wurde schließlich ein echtes Lächeln, das tief aus ihrem Inneren kam. Doch dieses Lächeln war kein gewöhnliches. Es war ein Strahlen, das den Raum mit einem stillen, beinahe magischen Licht erfüllte – ein Lächeln, das mehr sagte als tausend Worte. Ein leises Versprechen von bedingungsloser Liebe, tiefer Wärme und stiller Verbundenheit. Ein Versprechen, das sich in Teresas müdes Herz legte wie das erste Licht nach einer langen Nacht.

In Veronika sah Teresa all das, was ihr selbst im Mahlwerk des Erwachsenenlebens längst verloren gegangen war:

Die Fähigkeit, im Moment zu leben. Mit offenen Augen, einem wachen Herzen – und dieser kindlichen Gewissheit, dass das Jetzt genug ist.

Veronika war einfach sie selbst – ein lebendiges, ungestümes Wesen, das selbst in der unscheinbarsten Ecke der Welt einen verborgenen Zauber entdeckte. Wo andere nur Schatten sahen, fand sie Licht. Ihre Augen trugen ein Wissen in sich, als wären sie mit Geschichten längst vergangener Zeiten gefüllt – Geheimnisse, die nur sie verstand.

Und manchmal, wenn Veronika sprach oder einfach nur anwesend war, veränderte sich etwas in Teresa. Die Welt wirkte weicher, heller, als wäre sie plötzlich eingehüllt in einen Schleier aus Goldstaub. In diesen Momenten vergaß Teresa alles, was sie glaubte zu wissen, und ließ sich von der Zartheit der Augenblicke treiben. Es war ein Gefühl, als ob die Zeit selbst innehalten würde, nur um ihr eine Welt zu zeigen, die sie längst aus den Augen verloren hatte – eine Welt, die nicht von Leistung oder Erwartungen bestimmt war, sondern von stillem Sein, von Nähe und von der ungesprochenen Wahrheit, dass alles gut war, so wie es war.

Und dann war da noch Daniel, ihr Sohn. Siebzehn Jahre alt – mit einem Fuß schon auf dem Sprung ins Leben, mit dem anderen noch zaghaft auf vertrautem Boden. In den letzten Jahren hatte er förmlich aufgeblüht, und Teresa betrachtete seine Entwicklung mit einer Mischung aus Staunen und tiefem, mütterlichem Stolz. Der Wandel war beeindruckend: Aus einem schüchternen, oft unsicheren Jungen war ein junger Mann geworden, der nun mit überraschender Reife und einem neu gewonnenen Selbstbewusstsein durchs Leben ging. Wo früher Zögern und Zweifel in seinem Blick lagen, war nun Entschlossenheit zu erkennen – eine Ruhe und Klarheit, die von innerer Stärke zeugten.

Für Teresa war die Dankbarkeit, die sie für ihren Sohn empfand, nahezu unbeschreiblich. Sie spürte sie tief in sich, lebendig und wach. Die Zeit, die er nun erlebte, war voller Umbrüche, voller Weggabelungen, an denen Entscheidungen das Leben für immer veränderten. Die Welt lag ihm offen – ein weites, unsicheres Terrain aus Chancen und Herausforderungen, die gleichermaßen lockten und verängstigten. Doch mitten in all dieser Veränderung verlor er nie die Verbindung zu seiner Familie. Wieder und wieder fand er den Weg zurück zu den Menschen, die ihn mit offenen Armen empfingen, die ihn kannten und liebten, die ihn unermüdlich stützten.

Es war, als trüge er einen unsichtbaren Anker in sich – einen inneren Kompass, der ihn immer wieder an den Ort zurückführte, wo Geborgenheit und Vertrauen wohnten.

Seine ruhige Stärke, gepaart mit einer tiefen, aufmerksamen Fürsorglichkeit, rührte Teresa immer wieder tief. Er nahm die Welt wahr mit einem scharfen Blick, spürte, was die Menschen um ihn herum brauchten, ohne dass Worte nötig waren. Und dann war er einfach da – mit einer ruhigen, selbstverständlichen Präsenz, die tiefer wirkte als jedes gesprochene Wort und stärker nachhallte als jede große Geste.

Und doch, trotz all der sichtbaren Veränderungen, trotz der neuen Selbstsicherheit, die ihn umgab, blieb er für Teresa immer auch das Kind, das sie einst in ihren Armen gehalten hatte. Der kleine Junge, der sich ängstlich an sie schmiegte, wenn die Welt zu laut und zu groß wurde, der ihre Nähe suchte, wenn seine Gefühle ihn überfluteten und er selbst nicht wusste, wohin mit all dem, was in ihm tobte.

Manchmal war es nur ein kurzer Blick, ein leiser Ton in seiner Stimme oder eine zaghafte Geste – und Teresa wusste mit einer tiefen, unausgesprochenen Gewissheit: Dieser Teil von ihm war noch da. Der verletzliche, weiche Kern, der sich trotz aller äußeren Reife nach Geborgenheit sehnte. Nach einem Ort, an dem er sich fallen lassen konnte, ohne Maske, ohne Ansprüche, einfach nur er selbst.

Diese seltenen, stillen Momente waren für Teresa die kostbarsten Erinnerungen daran, dass kein noch so erwachsenes Auftreten die tief verwurzelte Bindung zerstören konnte, die einst durch Nähe, Wärme und bedingungslose Liebe gewachsen war. Ein Teil ihres Sohnes, so weit er sich auch in die Welt hinausbewegte, würde immer wieder zu ihr zurückkehren, getragen vom Vertrauen, dass er in ihrer Nähe einen sicheren Hafen hatte.

Für Teresa war Daniel nicht nur der beinahe erwachsene junge Mann, der nun mit klarem Blick seinen Weg ging. Er war – und würde es immer sein – auch der sensible, mitfühlende Junge, der in den stillen Stunden des Lebens den Weg zurück zu ihr fand. Diese Rückkehr, so leise sie manchmal auch war, bedeutete für Teresa alles. Sie war wie ein unsichtbares Band – zart, aber unzerreißbar.

Eine stille Gewissheit, dass wahre Liebe nicht an Jahre gebunden ist, dass sie nicht an der Oberfläche verweilt, sondern in der Tiefe bleibt.

Unverändert im Kern. Unerschütterlich im Geist.

Mitten im Wandel der Zeit. Mitten im Pulsieren des Lebens.

Die Wunden der Abwesenheit

Beide Kinder waren für Teresa weit mehr als nur Tochter und Sohn – sie waren der Herzschlag und der Atemzug ihres Daseins. Eine stille Melodie, die sich durch ihre Tage zog, wie ein Lied, das nur sie hören konnte. Sie waren nicht bloß ein Teil ihres Lebens – sie waren ihr Leben. Ursprung und Ziel zugleich, der unsichtbare Mittelpunkt, um den sich all ihr Denken, Fühlen und Handeln drehte. Ihre bloße Anwesenheit füllte die Räume mit Wärme, wie Sonnenlicht, das durch die Vorhänge fällt – leise, zart, doch alles durchdringend.

Ein Strom aus Nähe, aus Vertrauen, aus bedingungsloser Verbundenheit, der den Alltag durchfloss, selbst in den unscheinbarsten Momenten. Und in diesem Strom lebte eine Liebe, tief verwurzelt in ihrem Herzen – eine Liebe, die nicht fragt, nicht fordert, nur gibt.

Es war die Liebe einer Mutter. Sanft wie der erste Atemzug ihres neugeborenen Kindes. Stark wie Wurzeln, die auch im härtesten Sturm dem Boden treu bleiben.

Veronika – wild und leuchtend wie ein Frühlingstag, voller Energie, voller Neugier auf das Leben – erinnerte Teresa daran, wie es war, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen. Daniel – still und wach, mit einer sanften Ernsthaftigkeit, die weit über sein Alter hinausging – schenkte ihr eine tiefe, stille Kraft. Sie gaben ihr weit mehr als das vertraute Gefühl von Familie. Sie gaben ihr das Gefühl, gebraucht zu werden, geliebt zu werden, Sinn zu sein.

Ein stilles, aber kraftvolles Band verband sie – ein Band, das durch keine Worte beschrieben, nur tief im Inneren gefühlt werden konnte. Ein Band, das sie an etwas unendlich Kostbares erinnerte: an das, was zählt, wenn alles andere schweigt. Kein Geschenk dieser Welt hätte kostbarer sein können als Veronika und Daniel. Sie waren ihr Herz, ihr Zuhause, ihr größter Schatz.

Und dennoch – trotz all dieser Fülle, trotz all der Liebe – war da etwas, das nicht weichen wollte. Ein leiser Schatten, der sich unmerklich auf ihr Herz legte, wie feiner Nebel – kühl, durchscheinend, und doch schwer. Eine nagende Unruhe, versteckt in den tiefen Winkeln ihrer Seele – namenlos, still, und doch immer da.

Es war ein Hauch von Leere, der sich zwischen die Tage schlich, wie ein unsichtbarer Gast, der nie wirklich ging. Nicht laut, nicht fordernd, aber unaufhörlich. Er kam in den Momenten, in denen die Welt innehielt – wenn alles ruhig war, wenn die Kinder schliefen, wenn die Aufgaben des Tages für einen kurzen Augenblick vergessen waren.

Dann kam er. Und stellte Fragen, die niemand laut aussprach:

Warum diese Sehnsucht, trotz allem Guten? Warum das Gefühl, sich selbst zu verlieren – langsam, aber stetig? Wo war die Teresa geblieben, die träumte, die lachte, die wagte – nicht nur funktionierte?

Ihre Gedanken kreisten müde, ziellos, wie erschöpfte Vögel, die längst vergessen hatten, wofür sie fliegen. Sie war getrieben von einer Sehnsucht, deren Namen sie längst vergessen hatte. Es war kein greifbares Verlangen, sondern ein leiser Hunger – still, aber unstillbar. Eine Leere, die nicht schrie, sondern flüsterte – sanft, aber unaufhörlich.

Und je mehr sie versuchte, sich von diesem Gefühl zu lösen, desto enger schloss es sich um sie. Nicht wie ein Käfig, sondern wie Nebel: formlos, still, allgegenwärtig.

Kein Ausweg, kein Zeichen. Keine Tür, hinter der die Hoffnung darauf wartete, sich endlich zu öffnen.

Jede Richtung schien blockiert, jede Bewegung führte ins Nichts. Alles, was noch blieb, war das Starren in die Leere, die sich wie ein endloser Raum vor ihr ausbreitete, schwer von Schweigen, und so dicht, dass selbst Gedanken darin zu verschwinden schienen.

Sie liebte ihre Kinder über alles – daran war nie ein Zweifel. Ihre Liebe war tief – fast schwer – wie ein Fluss, der unbeirrbar durch ihre Tage floss, sie trug durch Müdigkeit, durch Pflichten, durch innere Zweifel.

Und trotzdem…

Trotz all der Hingabe, trotz aller Mühe, war da das Gefühl, dass etwas entglitt. Nicht, weil sie versagte. Sondern weil die Zeit ein Dieb war – ein stiller, gnadenloser Dieb, der die kostbarsten Augenblicke stahl, während sie versuchte, allen gerecht zu werden.

Sie tat alles, um für sie da zu sein, strebte nach der besten Version ihrer selbst, einer Mutter, die nicht nur versorgte, sondern auch lehrte, die sich nicht nur um das Wohl ihrer Kinder kümmerte, sondern auch für sie ein leuchtendes Beispiel war. Sie war immer bemüht, präsent zu sein, ihre Kinder zu verstehen, ihre Freude mit ihnen zu teilen.

Und doch...

Trotz all ihrer Bemühungen, war da diese unerbittliche Last der Zeit, die gegen sie arbeitete. Der Job, die unaufhörlichen Aufgaben, das endlose Managen des Haushalts – all das raubte ihr jene kleinen, flüchtigen Momente, die das Leben ausmachten. Es war, als würde der Tag nie genug Stunden haben, um all das zu tun, was sie sich wünschte: für ihre Kinder da zu sein, für ihren Mann, für sich selbst.

Am Ende des Tages fühlte sich alles wie ein endloser Tanz an, ein Jonglieren zwischen Verpflichtungen, ein ständiges Bemühen, so viele Bälle wie möglich in der Luft zu halten, ohne dass einer zu Boden fiel.

Es gab Tage, an denen sie den ganzen Nachmittag im Büro saß, in Meetings, die sich endlos zogen, während der Sonnenuntergang unbemerkt hinter den Fenstern verblasste.

---ENDE DER LESEPROBE---