Wut! - Heidemarie Schwermer - E-Book

Wut! E-Book

Heidemarie Schwermer

4,4

Beschreibung

Nachdem Heidemarie Schwermer im März 2016 nach einer langen Krankheit im Alter von 74 Jahren von uns gegangen ist, haben wir das Buch "Wut! Abschied von der Demut" als Nachlass in einem Karton gefunden. Es wurde 1984 geschrieben. Als Heidemarie 42 Jahre alt wird, merkt sie, dass sie gründlich an sich selbst arbeiten muss, wenn sie ihre langjährigen, auferlegten Fesseln lösen will. Damals wusste sie noch nicht, wohin sie diese Entwicklung führen wird. Nämlich zu einem geldlosen glücklichen Leben ohne Besitz und Wohnung und sehr vielen Kontakten in aller Welt. Sie schreibt offen in diesem Buch über den harten Kampf mit sich selber und anderen, als sie plötzlich merkt, dass Gefühle wie Wut und Trauer auch ein Recht in ihrem Leben haben. Sie erzählt von ihrer Vergangenheit, ihren mühseligen, widersprüchlichen Beziehungen zu Männern und von ihren großen Verwandlungen, als sie sich endlich erlaubt sie selbst zu sein.

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Seitenzahl: 54

Veröffentlichungsjahr: 2017

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INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung

Vorwort

Gefühle der Wut

Gewalt in einer Beziehung

Meine Träume

Auseinandersetzung

Ich kann mich wehren!

Begegnung mit meiner Mutter

Tabu

Ralf

Sehnsucht

Kumpel

Mein Vater

Meine Kinder

Knoten im Bauch

Selbstverwirklichung

Ein Jahr später

EINLEITUNG

Nachdem Heidemarie Schwermer im März 2016 nach einer langen Krankheit im Alter von 74 Jahren von uns gegangen ist, haben wir dieses Buch als Nachlass in einem Karton gefunden.

Da Heidemarie seit 1996 mit viel Erfolg ohne Besitz, Wohnung und Geld gelebt hat, gab es vor dieser Zeit wichtige Entwicklungsphasen in ihrem Leben, die diesen Lebensstil mit gesundem Selbstbewusstsein ermöglicht haben.

Als sie 1984 42 Jahre alt wurde, merkte sie, dass sie gründlich an sich selbst arbeiten muss, wenn sie ihre langjährigen, auferlegten Fesseln lösen will. Damals wusste sie noch nicht, wohin sie diese Entwicklung führen wird. Sie schreibt in diesem Buch offen über den harten Kampf mit sich selber und anderen, als sie plötzlich merkt, dass Gefühle wie Wut und Trauer auch ein Recht in ihrem Leben haben. Sie erzählt von ihren mühseligen Beziehungen zu Männern (die Namen sind geändert worden), ihr widersprüchliches Verhalten und von ihren großen Verwandlungen, als sie sich endlich erlaubt sich selbst zu sein.

VORWORT

Seit Jahren türmen sich meine neuen Erkenntnisse, die ich zu Papier bringe, in meinen Schubladen. Seit Jahren überlege ich, ob ich mit meinen Erkenntnissen an die Öffentlichkeit gehen soll. Es gibt schon soviel neue Frauenliteratur!

Meine Gedanken stehen sicher schon irgendwo. Vielleicht sind sie auch gar nicht interessant genug! Was soll’s also?

Aber dann spreche ich mit einer Freundin, die mir ihre Probleme im Beruf oder zu Hause mitteilt. Ich kenne die Situation genau, merke, wie sich ähnliche Situationen ständig wiederholen, sehe, dass es frauenspezifische Verhaltensweisen gibt und möchte allen Frauen zurufen: „Legt eure Demut ab! Lasst euch nicht unterkriegen!“

Heute Morgen ging ich in die Stadt und traf eine Freundin, die ich schon lange nicht mehr gesehen hatte. Beinahe wäre sie an mir vorbeigelaufen, weil sie mich kaum wiedererkannt hat. Ich erlebe es oft, dass Bekannte eine Veränderung an mir feststellen, dass sie aber nicht wissen, was es ist.

Das Wort „Selbstverwirklichung“ ist schon sehr abgedroschen, aber mir fällt kein besseres ein. Ich bin auf dem Weg der Selbstverwirklichung! Ich werde Menschin, lerne, Verantwortung für mich zu übernehmen. Zu der Menschwerdung gehört die Freimachung der verschütteten Gefühle. „Negative“ Gefühle wie Wut, Trauer, Angst, habe ich meistens verdrängt oder verleugnet. Jetzt bin ich dabei, sie erstmal wahrzunehmen und dann auch noch zu akzeptieren. An manchen Tagen glaube ich, es geschafft zu haben. Dann fühle ich ich mich stark und in mir ruhend, aber es gibt auch Tage, an denen ich mir nicht traue, rückfällig werde in meiner Verhaltensweise und mit mir hadere.

Ich will mich also nicht als fertige Persönlichkeit hinstellen, sondern ich will versuchen, ein Stück meines neuen Weges zu beschreiben. Weil ich merke, wie farbig und lebendig und somit lebenswerter mein Leben geworden ist.

Das wichtigste Gefühl, das ich im Laufe eines Jahres entdeckt und aufgedeckt habe, ist die Wut. In diesem Buch habe ich in Tagebuchform festgehalten, wie ich zu meiner Wut gekommen bin und was mir zu ihr alles eingefallen ist.

GEFÜHLE DER WUT

24.1.84

In mir wühlt und rumort es! Ich bin noch nicht ganz sicher, was das für Gefühle sind. Mein Körper fühlt sich schwer an, mein Atem ist kurz und presst sich stoßweise aus mir heraus. Auf meinen Augen liegt ein Druck, und sie würden sich am liebsten schließen. Ich hasse es, wenn ich nicht topfit bin. Meistens achte ich darauf, dass ich ausgeglichen bin, aber heute will mir das nicht gelingen.

Ich spüre Unmut, Ärger, ich spüre Wut!

Es wäre besser, mir heute nicht zu begegnen, denn noch weiß ich nicht, gegen wen sich meine Wut richtet. Ich weiß nicht einmal, was das für eine Wut ist, und wo sie herkommt. Sie hat mich einfach überfallen, war plötzlich da, ohne bei mir anzufragen, ob sie gelegen kommt. Noch hasse ich sie und möchte, dass sie genauso lautlos wie sie gekommen ist wieder verschwindet. Schließlich habe ich 40 Jahre ohne Wut gelebt!! 40 Jahre oder genau 42 Jahre, denn vor einer Woche bin ich 42 Jahre alt geworden- also 42 Jahre ohne Wut!

Was bedeutet das? Wie kann eine Mensch solange ohne Wut leben? Das gibt es doch gar nicht! Jeder ist doch mal wütend! Sicher habe ich mich oft über dieses oder jenes geärgert, aber ich habe das nicht zeigen können. Vielmehr habe ich mich zurückgezogen und im stillen Kämmerlein geweint, aber auch in aller Öffentlichkeit, weil ich’s anders nicht aushielt. Meistens habe ich mir alles gefallen lassen. Pfui Deibel!

Ich war sehr handlich, war kein Hindernis, eine freundliche und hilfsbereite Person!

Ich merke, wie ich mich langsam anfreunde mit meiner Wut. Ich begrüße dich, du neues, lang verschüttetes Gefühl! Du bist zwar im Moment noch etwas ungeordnet, scheinst falsch platziert. Aber du bist da, und ich will dich annehmen. Ich weiß noch nicht, wie ich mit dir umgehen soll, ob ich dich nicht lieber verdrängen soll? Wenigstens zeitweise, um keine Unannehmlichkeiten zu bekommen. Nein, nein, hab keine Angst, ich verjage dich nicht wieder. Du bist da, und ich sage ja zu dir, egal, wie es mit uns beiden weitergeht.

Während ich mit dir spreche, Wut, merke ich, wie ich ruhiger werde, wie ich keine Angst mehr vor dir habe.

Ich kann dir offen ins Auge sehen. Ich kann dich fühlen. Du sollst meine Freundin sein. Mit dir möchte ich mich vertraut machen, dich will ich zulassen, wenn du mich besuchen möchtest. Es tut mir leid, dass ich dich solange übersehen habe. Weißt du, ich durfte dich nicht schön finden, weil du für alle Welt hässlich warst. Bis jetzt habe ich geglaubt, du seist ein hässliches, unansehnliches Ungeheuer. Du musstest einfach versteckt werden. Mit dir konnte ich mich nicht schmücken. Warum habe ich bis heute nicht gemerkt, dass ich ohne Wut schutzlos bin?

Um der Sache auf den Grund zu gehen, muss ich sehen, was in meiner Erziehung abgelaufen ist, dass mir eins der wichtigsten, der lebenswichtigsten Gefühle einfach abhanden gekommen ist.