Yurashi-Therapie - Koji Matsunaga - E-Book

Yurashi-Therapie E-Book

Koji Matsunaga

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Beschreibung

Die Yurashi-Therapie der sanften Berührung ist eine Akuttherapie, die grundlegende Probleme für Ermüdungserscheinungen oder Erkrankungen auflöst. Ihr wichtigstes Anwendungsgebiet ist die Therapie akuter Schmerzzustände im Bewegungsapparat. Yurashi leitet sich her aus traditionellen japanischen manuellen Heilverfahren und Streichmassagen. Indem diese Therapie sehr sanft mit dem vegetativen Nervensystem arbeitet, sendet sie ganz gezielte Impulse an das Gehirn, die anormale Muskelanspannungen ausschalten, um den Allgemeinzustand von Körper und Geist zu verbessern. Indem Yurashi mit dem vegetativen (autonomen) Nervensystem arbeitet, besänftigt die Therapie ungewöhnliche Muskel-Kontraktionen und verbessert damit den Zustand des Körpers wie des Geistes. Um angemessen mit dem vegetativen Nervensystem arbeiten zu können, ist es wesentlich, Reflexe der natürlichen Verteidigungsinstinkte auszuschalten, - daher sind die Berührungen des Patientenkörpers sehr sanft. Die Therapie fokussiert darauf, externe Belastungen auf Körper und Geist zum Erliegen zu bringen: Homöostase tritt ein. Es hat in den letzten Jahren Entwicklungen in anderen manuellen Therapieformen gegeben, die ebenfalls auf das autonome Nervensystem fokussieren. Von ihnen unterscheidet sich die Yurashi-Therapie durch die Sanftheit der Berührungen, die die natürlichen Abwehrinstinkte ausschalten, und damit auch die Belastungen für Körper und Geist. Ohne Instrumente einzusetzen oder Medikamente begleitend zu verabreichen berührt und bewegt der Yurashi-Therapeut sanft einzelne Körperteile der Patienten. Diese genießen die Therapie, weil sie völlig schmerzfrei abläuft. Es ist nicht erforderlich, dass der Patient seine Bekleidung ablegt: Die Impulse, die der Therapeut gibt, sind vergleichbar dem liebevoll-zarten Umgang einer Mutter mit ihrem Säugling oder Kleinkind. Auch beansprucht die Yurashi-Therapie nicht den Körper des Therapeuten und erfordert von ihm keinerlei Kraftanstrengungen; somit können auch ältere Therapeuten sie praktizieren. Nachgewiesene und dokumentierte Therapieerfolge bei: Nackenstarre, Rückenschmerzen, Magenschmerzen, Lendenschmerzen, Sehnenentzündungen, Verstauchungen, Quetschungen, Prellungen, Schleudertrauma, Muskelzerrung, Meniskusabriss, Fibromyalgie, Hüftgelenksnekrose, Morbus Osgood-Schlatter.

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Seitenzahl: 114

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Übersetzt von

Kumi Dahlke-Oyamada

Herausgegeben mit einem Nachwort von

Reinhard F. Spieß

Schriftenreihe der

Heilpraktikerschule Düsseldorf

Band 6

Wichtige Hinweise:

Jede Verwendung des Textes oder von Teilen daraus in jedwedem Medium, analog oder digital, bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Inhaber des Copyrights.

„Yurashi“ ist eine vom Patentamt in München geschützte Wortmarke.

Inhaberin aller damit verbundenen Rechte ist die Heilpraktikerschule Düsseldorf GbR - Nicole te Baay & Reinhard F. Spieß.

Alle in diesem Buch dargestellten Inhalte basieren auf den persönlichen Erfahrungen des Autors in einem Zeitraum von mehr als zwanzig Jahren und auf sorgfältiger Recherche in der einschlägigen Fachliteratur. Doch beabsichtigt dieses Buch nicht, dem Leser medizinische Ratschläge zu geben oder Diagnosehilfen anzubieten. Keiner der dargestellten Inhalte kann als Heilversprechen gelten.

Dieses Buch missbraucht daher, wer daraus Rückschlüsse auf eigene körperliche oder psychische Beschwerden ableitet, ohne einen Arzt oder Heilpraktiker konsultiert zu haben. Für Konsequenzen, die sich aus Entscheidungen und Handlungen auf der Grundlage eines solchen Missbrauchs ergeben, haften in keinem Fall weder der Autor noch der Verlag.

Die Yurashi-Therapie darf in Deutschland nur anwenden, wer von ihrem Begründer, von Koji Matsunaga persönlich, oder von einer von ihm dafür autorisierten Lehrperson darin unterrichtet wurde, wer also eine Fachausbildung als Anwender und evtl. auch als Therapeut absolviert hat.

Grob fahrlässig handelt darüber hinaus, wer ohne eine solche fundierte Ausbildung die Yurashi-Therapie anzuwenden versucht. Darum behält die HPSD sich im Interesse des Patientenschutzes vor, solche Versuche strafrechtlich zu verfolgen.

Inhalt

Vorwort

Kapitel 1

Wie ist die Theorie der „Umstellung der Homöostase" entstanden?

Beweggründe für die Wahl des Therapeutenberufes

Alternative Heilmethoden gehören auch zur Medizin

Sanfte Berührungen lockern die Muskulatur und beseitigen Schmerzen

Kontraktionen des Muskelgewebes signalisieren dem Gehirn, dass etwas nicht stimmt

Wirkung bei Organleiden und schwer heilbaren Erkrankungen

Benennung als „Umstellung der Homöostase"

Kapitel 2

Gesellschaftliche Zwänge und Körperempfinden: Warum die Umstellung der Homöostase berechtigt ist

Aus den Regeln und der Moral des Zusammenlebens entstehen gesellschaftliche Zwänge

Die Konsequenzen aus dem Vernachlässigen des eigenen Körperempfindens

Zwei Arten der Homöostase: Die Umstellung der Homöostase

Erhöhte Anspannung in glattem Muskelgewebe als Folge

Die situativ berechtigte Umstellung der Homöostase

Eine umgestellte Homöostase kann alleine schwer rückgängig gemacht werden

Wie in Industrienationen mit festgefahrenen Bewegungsmustern umgegangen werden sollte

Alle Bewegungsmöglichkeiten ausschöpfen

Die Umstellung der Homöostase verstehen und Krankheiten lindern

Kapitel 3

Die Umstellung der Homöostase ist eine Umstellung des Spannungszustands des Muskelgewebes

Homöostase und Muskelgewebe

Muskeln erzeugen Kreisläufe im Körperinneren

Muskelverspannungen vermindern, die Selbstheilungskräfte aktivieren

Typische Belastung 1 : Nahrung und chemische Substanzen

Typische Belastung 2 : Die drei großen sozialen Belastungen

Schmerz und Muskelverspannung (Schmerzempfinden)

Kapitel 4

Muskelverspannung aufgrund seelischer Reize

Gleiche Körperreaktion bei physischen und psychischen Einflüssen

Gegenseitige Beeinflussung von Körper und Geist

Abwehrhaltung gegenüber Stress

Unterschiedliche Reaktionen auf körperliche und seelische Reize

Muskelverspannung mithilfe der fünf Sinne lösen

Zwischenfazit:

Wie es zu einer „Umstellung der Homöostase" kommen kann

Kapitel 5

Überlegungen zur Korrektur der homöostatischen Umstellung

Therapeutische Lösung der Muskelverspannungen

Korrektur der antrainierten Verhaltensmuster von Körper und Geist

Alternative Bewegungsmuster erlernen

Die Therapie (Methode) als Anstoß für den Patienten

Kapitel 6

Yurashi: eine Methode zur therapeutischen Beseitigung von Muskelverspannungen

Sanft berühren (Druck ausüben)

Sanfte Bewegung der Gelenke innerhalb ihres Bewegungsspielraums

Langsames Strecken der Skelettmuskulatur

Bewegen der Gelenke bei gleichzeitiger Korrektur der Knochenposition

Zug-NENTEN-Rotation des Rumpfes

Sanfte Druckeinwirkung über die Umgebung des Schmerzherdes

Widerstand gegen die Muskelkontraktion

Änderung der Bewegungsmuster des Skeletts

Rückführung der Homöostase

Kapitel 7

Sanfte Behandlung: Klinische Beispiele aus der Yurashi-Therapie

Durch Lebensgewohnheiten und die Lebensumgebung bedingte Symptome – Schulterverspannungen, Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Magenschmerzen

Durch Überbelastung bedingte Symptome – Entzündungen aller Art

Beschwerden aufgrund äußerer Verletzungen oder Unfälle – Verstauchung, Prellung, Schleudertrauma

Organische Verletzungen – Muskelzerrung, Bandscheibenvorfall (Diskushernie), Meniskusverletzung

Krankheiten, deren Einschätzung von der Schulmedizin abweicht – Gicht, Morbus Osgood Schlatter, Hüftkopfnekrose

Anomalien des Autoimmunsystems – schwer heilbare Krankheiten, Allergien

Kriterien zur Messung der Wirkung der Yurashi-Therapie

Ist die Ursache nicht gelöst, bleibt der Schmerz bestehen

Kapitel 8

Gedankenexperimente: aus der Perspektive der homöostatischen Umstellung

Yurashi unter unterschiedlichen Gesichtspunkten

Überlegungen zum Thema Entzündung

Betrachtungen zur Regeneration der Gelenksknorpel

Überlegungen zu Verdrehungen des Skeletts

Überlegungen zum Thema Unfruchtbarkeit

Schlussbetrachtung:

Plädoyer für eine nachweisbar wirksame manuelle Therapie, Hand in Hand mit der Physiologie

Über den Autor

Stationen

Kontakt

Bibliographie

Danksagungen

Nachwort des Herausgebers

Vorwort

Bei der Yurashi-Therapie (auch „Therapie der sanften Berührung" oder „Gentle Touch Therapy"), die ich praktiziere, handelt es sich um eine Therapieform, deren Hauptaugenmerk auf der „Homöostase des Muskelgewebes" liegt.

Die Homöostase ist ein Begriff aus der Physiologie, der 1932 vom US-amerikanischen Physiologen Walter Bradford Cannon geprägt wurde. Dieser zentrale Begriff bedarf wohl keiner ausführlichen Erklärung. Dennoch wollen wir ihn uns noch einmal vergegenwärtigen.

Homöostase ist der Gleichgewichtszustand, den die körperinnere Umwelt durch ständige Wechselwirkung der zahlreichen Regelungsprozesse des Körpers annimmt. Bei Veränderungen der Rahmenbedingungen kann sich dieses Gleichgewicht innerhalb einer eng begrenzten Spanne verlagern, die mit der Erhaltung des Lebens vereinbar ist.1

In der vorliegenden Abhandlung erläutere ich, wie eine ständige Muskelkontraktion im Muskelgewebe verursacht werden kann, wenn dieses regelmäßig wiederholten Stimulationen oder neuronalen Befehlen ausgesetzt wird und sich die Homöostase der Skelettmuskeln oder der glatten Muskulatur verändert. Falls die ständige Muskelkontraktion zu einem neuen körperlichen und geistigen Dauerzustand wird, handelt es sich um einen veränderten Normalzustand des Muskelgewebes, den ich als eine „Umstellung der Homöostase" oder als „homöostatische Umstellung" bezeichne.

Eine verstärkte Kontraktion, nicht nur der Skelettmuskulatur, sondern auch der glatten Muskulatur, führt zu einer schwächeren Aktivität jener inneren Organe, die überwiegend vom parasympathischen Nervensystem beeinflusst und reguliert werden. Davon sind die Verdauungsorgane besonders betroffen. Als Konsequenz werden körpereigene Heilkräfte geschwächt. Wenngleich die Umstellung der Homöostase auf den ersten Blick ein absurder Prozess zu sein scheint, ist sie unter bestimmten Bedingungen und Umständen durchaus folgerichtig.

Wenn wir von einer Umstellung der Homöostase der Skelettmuskeln oder der glatten Muskulatur ausgehen, lassen sich nicht nur Symptome wie Schulter- und Rückenverspannungen, sondern auch Organerkrankungen und Kreislaufstörungen neu verstehen. Tumore und Entzündungen könnten auf diese Weise ebenfalls neu interpretiert werden, und auch für Störungen des vegetativen Nervensystems, Wechseljahresbeschwerden, Wachstumsstörungen und Autoimmunerkrankungen ergeben sich neue Erklärungsansätze.

Die meisten chronischen Symptome lassen sich meines Erachtens mithilfe der Theorie der homöostatischen Umstellung erklären. Diese Ansicht möchte ich im Folgenden begründen, indem ich konkrete Methoden zur Rückführung der umgestellten Homöostase erläutere und die Wirkungen dieser Methoden belege.

Befassen wir uns also mit der Untersuchung der Umstellung der Homöostase als Hypothese und mit den konkreten Methoden, die Umstellung wieder zu beheben.

1 Tortora/Derrickson: Principles of Anatomy and Physiology (13th ed. 2011). Nach dem englischen Original ins Deutsche übersetzt. (K D.-O.)

Kapitel 1

Wie ist die Theorie der „Umstellung der Homöostase“ entstanden?

Bevor ich auf die „Umstellung der Homöostase" eingehe, ist eine Schilderung angebracht, wie diese außergewöhnliche und ausgefallene Idee entstanden ist, dass sich das Gleichgewicht des Muskelgewebes, selbst das der unwillkürlichen glatten Muskulatur, verändern kann. Die Theorie von der Umstellung der Homöostase wurde in der Praxis als anwendungs-orientierter, wissenschaftlicher Ansatz entwickelt. An dieser Stelle möchte ich, auf meine persönlichen Erfahrungen zurückblickend, die Vorgeschichte der Entstehung dieser Theorie schildern.

Beweggründe für die Wahl des Therapeutenberufes

Ich habe 1998 eine kleine Heilpraxis in Tokio eröffnet. Die Therapieform, durch sanfte Berührungen Muskelkontraktionen zu lösen, wurde damals in Japan skeptisch beäugt, da Therapiemethoden mit starker Stimulation in Mode waren. Die sanfte Herangehensweise lässt sich jedoch eindeutig begründen. Jede Muskulatur zieht sich zusammen, wenn ein Abwehrinstinkt ausgelöst wird, sodass eine kräftige Stimulation oftmals zu Verspannungen führt. Daher empfiehlt sich ein sanfter Ansatz.

Diese Idee und Therapieform fand vor allem bei älteren Menschen, Kindern und Schwangeren Anklang sowie auch bei Patienten, die sich eine schmerzlose Behandlung wünschen, keine kräftigen Berührungen mögen oder an starken Schmerzen leiden. So hatte ich das Glück, viele Klienten zu gewinnen, obwohl es in Japan mehr körpertherapeutische Praxen gibt als Friseursalons und es als schwierig gilt, eine Praxis länger als zwei Jahre zu halten.

Das Motiv, das mich zum Beruf des Körpertherapeuten bewegte, war meine eigene schlechte körperliche Verfassung. Zuvor war ich bei einem Pharmagroßhandel angestellt. Damals litt ich an einer schlimmen Migräne. Wenn ich morgens aufstand, hatte ich bereits Kopfschmerzen. Bis ich abends ins Bett ging, spürte ich andauernd Schmerzen. Die Schmerzen waren je nach Tagesform unterschiedlich. Bei starken Schmerzen musste ich den Kopf leicht gegen einen Metallpfeiler stoßen, um mich von den Schmerzen abzulenken.

Da ich beruflich ohnehin viel mit Krankenhäusern zu tun hatte, unterzog ich mich verschiedenen Untersuchungen wie Röntgen, MRT, EEG und Bluttest.

Darüber hinaus wandte ich mich an einen Spezialarzt für Kopfschmerzen. Keine der Untersuchungen gab Aufschluss über die Ursache der Beschwerden, und keiner der Ärzte – unter ihnen waren auch Fachärzte – konnte eine klare Diagnose stellen, sodass meine Beschwerden als einfache Kopfschmerzen abgehandelt wurden.

Auch wenn keine konkrete Diagnose gestellt wurde, änderte sich nichts an meinen Kopfschmerzen, die meine berufliche Tätigkeit beeinträchtigten. Täglich nahm ich Kopfschmerztabletten ein. Ich war stets leicht benommen, blass und gestresst.

Nach drei Jahren setzten Bewusstseinsstörungen ein. Die erste Bewusstlosigkeit erlebte ich zu Hause; ich fiel nach einem tiefen Atemzug plötzlich in Ohnmacht. Beim Autofahren klopfte mein Herz heftig, beim Essen wurde mir schwindlig. Wenn ich versuchte, solche Anfälle einfach nur auszuhalten, wurde ich von plötzlichen Schweißausbrüchen heimgesucht. Es ging so weit, dass ich auf einem Bahnsteig bewusstlos wurde und mit völlig blutverschmiertem Kopf wieder zu mir kam. Daraufhin musste ich zwei Wochen lang stationär behandelt werden.

Ich war sehr verunsichert, da ich nicht wusste, was mir noch passieren würde, wenn ich nichts unternähme. Ich war mutlos und stets nervös. Ich ging regelmäßig zum Arzt, aber keiner konnte die Ursache für meine Symptome finden. Als ich nicht aufhörte, über meine Beschwerden zu klagen, schlug mir ein Arzt vor, eine psychosomatische Ambulanz aufzusuchen. Ich war empört. Sollte das ein schlechter Scherz sein? Meine Schmerzen waren echt, ich litt darunter und brauchte Hilfe!

Es war, als stünde ich am Eingang eines ausweglosen Tunnels. Ich dachte die ganze Zeit darüber nach: So ging es nicht weiter. Was war die Alternative, wenn die Mediziner mir nicht weiterhelfen konnten? Der Schulmedizin und Medikamenten gegenüber war ich mittlerweile misstrauisch eingestellt und war auch fast schon entschlossen, die Stelle im Pharmagroßhandel zu kündigen. Mein Vater, der im Handel mit Fitnessgeräten tätig war, hatte von einem Therapeuten in Niigata gehört, der angeblich Beschwerden aller Art beheben könne. Er schlug mir vor, diesen aufzusuchen.

Aus der Sicht der modernen Medizin ist die Behauptung, alles heilen zu können, höchst fragwürdig, und auch ich war skeptisch, obwohl ich der Schulmedizin ja selbst nicht vertraute. Trotzdem wollte ich alles ausprobieren, was eine Möglichkeit zur Genesung versprach. Bald beantragte ich einen einwöchigen Urlaub und reiste nach Niigata. Ein Ertrinkender klammert sich an jeden Strohhalm.

Alternative Heilmethoden gehören auch zur Medizin

Der Therapeut in Niigata hieß Hiroshi Yamada und bediente sich einer bemerkenswerten Therapiemethode. Während einer Therapie wird der Patient mehrmals leicht berührt oder bewegt. Für einen Laien ist es kaum nachvollziehbar, was dabei passiert, auch wenn man sich selbst der Behandlung unterzieht.

Laut Meister Yamada waren meine Beschwerden durchaus schwerwiegend. Als Teenager hatte ich mir den Hals schwer verletzt, was mir allerdings nicht bewusst war, sodass meine Halsmuskulatur außergewöhnlich verspannt war. Unmittelbar nach der Behandlung bemerkte ich keine Verbesserung. Da ich mir von dieser Therapie einiges erwartet hatte, war meine Enttäuschung umso größer. Am darauffolgenden Morgen bemerkte ich jedoch eine deutliche Veränderung.

Die Schmerzen, die mich drei Jahre lang begleitet hatten, waren zwar nicht komplett verschwunden, hatten sich aber merklich gebessert. Im Vergleich mit den leichtesten Schmerzen, die ich damals kannte, waren die Schmerzen an jenem Morgen etwa nur noch halb so schlimm.

Obwohl Ärzte und Krankenhäuser ihr gesamtes Repertoire an mir ausprobiert hatten, musste ich die Schmerzen drei Jahre lang ertragen. Dass eine einzige Behandlung diese Schmerzen lindern konnte, war eine große Überraschung. Ich vertraute zwar damals der Schulmedizin und den Medikamenten nicht mehr, interessierte mich aber nach wie vor für die Gesundheit und das Wohlergehen des Menschen. Die Erfahrung mit Meister Yamada überzeugte mich und das bewog mich zu einem fachlichen Studium dieser Therapieform. Ich fasste den Entschluss, Neuland zu betreten. Ich reichte die Kündigung bei meinem Arbeitgeber ein und startete einen Monat später mein neues Leben in einer neu angemieteten Wohnung in Niigata.

Erst später erfuhr ich, dass sogenannte ergänzende alternative Therapieformen wohl eine eigene Kategorie von Behandlungsmethoden darstellen und bei von der Schulmedizin schwer behandelbaren Symptomen angewendet werden können. Die oben geschilderte Erfahrung war für mich die erste Begegnung mit diesen Heilmethoden, die auch als ‚Volksmedizin' oder ‚traditionelle Medizin' bezeichnet werden und die damals in Japan außerhalb der Schulmedizin angesiedelt wurden.

In Japan sind Therapieformen wie die traditionelle Medizin oder die Volksmedizin, mit Ausnahme der Judo-Therapie (traditionell „Knochenbrecher“, in Japan staatl. anerkannter Beruf, Anm. d. Hrsg.) sowie der Akupunktur und Massage gesetzlich nicht geregelt. Da diese Berufe nicht geschützt sind, ist die berufliche Grundlage der Therapeuten (nur unzureichend vergleichbar den Heilpraktikern in Deutschland) relativ instabil. Neue Patienten kommen meist durch Empfehlungen anderer, die mit den Ergebnissen der Behandlungen, die sie erlebt haben, unzufrieden sind.

Meister Yamada war auch ein solcher Therapeut. Er hatte nie an einem Fachinstitut oder an einer Universität Medizin studiert. Als Praktiker beruhte seine Heilkunst ausschließlich auf Erfahrungswerten. Trotzdem suchten jeden Tag ca. 30 bis 40 Patienten seine Praxis auf und er behandelte manchmal sogar bis zu 14 Stunden am Tag ohne Unterbrechung.