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«Tommy – du?» Der Mann mit der Strumpfmaske erstarrt. Die Tasche mit dem Geld hat er in der einen, die Pistole in der anderen Hand; der Kassierer liegt am Boden und rührt sich nicht mehr. Alles hat geklappt; der Maskierte brauchte nur noch die Bankfiliale zu verlassen, in den Wagen zu springen und davonzufahren – da muß Feuerhahn in die Schalterhalle kommen. Feuerhahn, mit dem er früher einmal in eine Klasse gegangen ist und der ihn nun trotz des Nylonstrumpfs erkannt hat ... Der Mann heißt Tomaschewski und ist kein professioneller Bankräuber. Er ist Möbelhändler. Aber er steht vor dem Bankrott und hat nun zu diesem verzweifelten Mittel gegriffen. Er hat alles bis ins kleinste geplant: er weiß sogar, wie er dem alten Buchhalter Pannicke erklären will, wieso auf einmal Geld da ist ... Und jetzt muß ihm dieser dämliche Feuerhahn in die Quere kommen. Er wird den anderen im alten Luftschutzbunker seiner Villa einsperren; dann wird man weitersehen ... Feuerhahn ist nicht der Typ, der zum Helden wird, wenn er am falschen Ende einer Pistole steht. Feuerhahn geht mit. Tomaschewskis Problem ist gelöst – vorläufig wenigstens. Aber da ist noch Oberkommissar Mannhardt. Und da ist vor allem auch noch Susanne Tomaschewski, die Frau des Amateur-Bankräubers. Nein, Tomaschewskis Problem ist noch nicht gelöst. Die Sache fängt erst an, wirklich problematisch zu werden.
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Seitenzahl: 251
Veröffentlichungsjahr: 2017
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«Tommy – du?»
Der Mann mit der Strumpfmaske erstarrt. Die Tasche mit dem Geld hat er in der einen, die Pistole in der anderen Hand; der Kassierer liegt am Boden und rührt sich nicht mehr. Alles hat geklappt; der Maskierte brauchte nur noch die Bankfiliale zu verlassen, in den Wagen zu springen und davonzufahren – da muß Feuerhahn in die Schalterhalle kommen. Feuerhahn, mit dem er früher einmal in eine Klasse gegangen ist und der ihn nun trotz des Nylonstrumpfs erkannt hat ...
Der Mann heißt Tomaschewski und ist kein professioneller Bankräuber. Er ist Möbelhändler. Aber er steht vor dem Bankrott und hat nun zu diesem verzweifelten Mittel gegriffen. Er hat alles bis ins kleinste geplant: er weiß sogar, wie er dem alten Buchhalter Pannicke erklären will, wieso auf einmal Geld da ist ... Und jetzt muß ihm dieser dämliche Feuerhahn in die Quere kommen.
Er wird den anderen im alten Luftschutzbunker seiner Villa einsperren; dann wird man weitersehen ... Feuerhahn ist nicht der Typ, der zum Helden wird, wenn er am falschen Ende einer Pistole steht. Feuerhahn geht mit. Tomaschewskis Problem ist gelöst – vorläufig wenigstens.
Hans-Joachim Tomaschewski
steht vor dem Bankrott und versucht, ihn mit unorthodoxen Mitteln abzuwenden.
Wachholz
stirbt an den unorthodoxen Mitteln.
Günther Feuerhahn
gerät in Lebensgefahr, weil er einen Bankräuber identifizieren könnte.
John Shaeffy
heißt eigentlich Johannes Tomaschewski und zahlt in gutem Glauben.
Prokurist Pannicke
Frau Poschmann
haben nur eines gemeinsam: sie tauchen gern im falschen Moment auf.
Susanne Tomaschewski
hat Probleme, einen schwierigen Charakter sowie ein geniale Idee.
Oberkommissar Mannhardt
hat Probleme, einen schwierigen Charakter sowie eine kühne Theorie.
Für M.P.H.H.
Tomaschewski war müde, unendlich müde und niedergeschlagen. Obwohl er den gestohlenen VW mit ziemlicher Geschwindigkeit den breiten Kurt-Schumacher-Damm hinunterjagte, schloß er immer wieder die Augen, mußte sie einfach schließen, um die schmerzende Müdigkeit weitere Augenblicke lang ertragen zu können. Tränen, gegen die er vergebens ankämpfte, rannen ihm bis auf die Oberlippe hinunter. Der Gin, den er noch getrunken hatte, ließ sein Selbstmitleid übermächtig werden. Noch immer spürte er den kalten Lauf der Beretta an der rechten Schläfe. Warum nur hatte er keine Kraft gehabt abzudrücken, sich die Ruhe zu verschaffen, die er so ersehnte? Warum hatte er nicht schon als Junge sterben können, als Zwölfjähriger vielleicht, bevor ihn das Leben mit all seinen Forderungen packen konnte? Kampf und immer nur Kampf – um die besten Zensuren, um die besten Mädchen, um die gewinnträchtigsten Aufträge … Kampf und kein Frieden.
Und nun diese Tat, die er so sehr verabscheute und die er nicht mehr aufhalten konnte.
Oben an der Müllerstraße mußte er bremsen, die Ampeln zeigten Rot. Du Waschlappen, murmelte er vor sich hin, du Schlappschwanz, du Arschloch! Er haßte sich wegen seiner Schwäche. Um das, was er vorhatte, zum guten Ende zu bringen, mußte man ein eiskalter Kerl sein und kein hilfloses Kind. Es war Wahnsinn, diesen Überfall auf die Brandenburgische Vereinsbank zu starten. Glatter Wahnsinn.
Er bog nach links ab, um über Tegel nach Hermsdorf zu fahren. Wenn er diesen Weg wählte, brauchte er wohl fünf Minuten länger bis zum Ziel. Eine Galgenfrist … Warum durfte er nicht anhalten und aussteigen, in die nächste Kneipe gehen und alles vergessen? Was trieb ihn voran? Er wußte es nicht.
Wenn man es oberflächlich besah, gab es schon Gründe, sicher. Heute war Dienstag, und wenn er im Laufe dieser Woche nicht an die hunderttausend Mark an seine Gläubiger zurückzahlte, dann konnte er Konkurs anmelden. Dann war er pleite.
Trotzdem …
Das Ungewöhnliche, das Aberwitzige seines Vorhabens gab ihm einen Teil seiner Kraft zurück. Plötzlich bewunderte er sich. Mein Gott, er war doch ein Mann, der alles auf eine Karte setzte, der Kopf und Kragen riskierte, ein Glücksritter! Er überholte gerade einen Doppeldeckerbus der BVG. Mit jähem Stolz bemerkte er, daß die Reklameflächen für seine Firma warben: MÖBEL VON GT – EINE PFUNDSIDEE!
Ein gutes Omen.
Seine Stimmung schlug um. Ein Lustgefühl erfaßte ihn, eine wilde Lust, die Welt wie eine willige Frau zu packen und zu nehmen. Fast hätte er angehalten und ein Mädchen angesprochen, das an einer der vielen Haltestellen wartete. Darf ich Sie vielleicht ein Stückchen mitnehmen? Er zweifelte nicht daran, daß sie eingestiegen wäre. Diese bronzefarbenen Schenkel! Wenn ihm der große Coup gelang, konnte er wieder Dutzende von diesen Mädchen haben. Manager wie er, elegant, verschwenderisch und frei, waren jederzeit gefragt. Die Erektion, die sich prompt bei ihm einstellte, vertrieb seine Mutlosigkeit.
Vielleicht hätte er sich doch einen schnelleren Wagen beschaffen sollen. Aber ein VW, noch dazu ein grauer, war nun mal am unauffälligsten. Ja, die Beretta steckte in der linken Brusttasche seines grauen Flanellanzuges. Er spürte, wie ihr Griff gegen seine Rippen stieß. Er nahm die rechte Hand vom schweißglänzenden Lenkrad und fuhr mit ihr in die Seitentasche. Seine Fingerkuppen strichen über die feinen Maschen eines Nylonstrumpfes. Einer von Susannes Strümpfen. Er hatte ihn nach einigem Suchen in einer vergessenen Truhe gefunden. Wie lange mochte es her sein, daß sie ihn getragen hatte? Wie oft mochte er seinen Rand gesucht und geküßt haben? Vorbei. Ein für allemal vorbei. Jetzt sollte er ihm als Maske dienen.
Es war wie vor einer Operation. Er wollte die Zeit anhalten, wollte nicht wahrhaben, daß es bald soweit sein würde, aber er wußte doch, daß alles so kommen mußte, wie es vorher geplant war. Er war nur noch Sklave seines selbständig gewordenen Willens, war nur noch Marionette.
Ob er mal anhalten sollte, um sich noch ein paar Zigaretten zu holen? Ja, aber du steigst gleich wieder ein! Er entdeckte eine Parklücke und quetschte sich aus dem engen Wagen. Nicht weit vom U-Bahnhof Tegel entfernt fand er einen Automaten. Die Markstücke fielen klickend hinunter, er zog den Griff heraus und steckte die bunte Packung ein. Rauchen wollte er gar nicht.
Er ging langsam zur Ecke und sah in eine der schmalen Seitenstraßen hinein. Hier hatte er vorhin seinen eigenen Opel abgestellt. Wenn bei der Flucht etwas schiefgehen sollte, konnte er hier in aller Ruhe umsteigen.
Aber was sollte schon schiefgehen?
Warum passierte denn nichts? Warum konnte denn kein Lastwagen den gestohlenen VW zermalmen, warum konnte er denn nicht auf der Stelle ohnmächtig werden, warum schlossen denn nicht plötzlich alle Banken wegen irgendeiner Währungskrise? Tausende von Zufällen und Zwischenfällen waren denkbar … Aber der gestohlene Wagen wartete friedlich in der diesigen Vormittagssonne, und sein Kreislauf blieb intakt. Springen oder nicht springen – wenn ihm doch nur jemand die Entscheidung abnähme!
Aber was sollte er anderes tun? Es gab keine legale Möglichkeit mehr, die Firma zu retten. Sollte er vielleicht als kleiner Vertreter herumlaufen und Klinken putzen? Nein! Also – steig wieder ein!
Tomaschewski gehorchte. Es war ja doch alles sinnlos, so furchtbar sinnlos. Sollten sie ihn doch einfangen und zehn Jahre lang einsperren – dann war er wenigstens alle Sorgen und Probleme los. Die Welt kümmerte sich einen Dreck um Hans-Joachim Tomaschewski; was änderte sich schon, ob er nun die Filiale 8 der Brandenburgischen Vereinsbank in Berlin-Hermsdorf, postalisch 1 Berlin 28, ausraubte oder nicht? Er war ein Nichts, und seine Tat war ein Nichts. Na also!
In einer knappen Viertelstunde mußte es soweit sein. Er kannte die Filiale am S-Bahnhof Hermsdorf von zehn Besuchen. Groß war sie nicht. Zwei Beamte und eine ältere Dame, die aber gegen zwölf Uhr zum Essen ging. Von einer ehemaligen Freundin, die mal bei der Brandenburgischen Vereinsbank gearbeitet hatte, wußte er, daß sie am Dienstag immer mehr Geld da hatten, als er an sich benötigte. Und das schönste war, daß die Leutchen da von Panzerglas und sonstigen Sicherungsmaßnahmen noch nicht viel gehört hatten.
Tomaschewski pfiff vor sich hin, eine rauschhafte Fröhlichkeit hatte ihn plötzlich erfaßt. Als er durch den dichten Wald fuhr, der Hermsdorf von Tegel trennt, erinnerte er sich an die Sonntage, an denen er hier mit seinen Freunden gespielt hatte. Jeschke, Busch, Feuerhahn und Fiedler. Was mochte aus ihnen geworden sein? Sicherlich waren sie alle ehrbare Familienväter mit tüchtigen Kindern. Wenn man ihn fassen sollte und seine Story zusammen mit einem grob gerasterten Bild in den Zeitungen auftauchte, würden sie sich plötzlich wieder auf ihn besinnen und ihren Frauen und Kindern muntere Anekdoten erzählen. Dem Tommy, dem hätte ich das nicht zugetraut, dem nicht!
Er blickte kurz in den Rückspiegel, um zu prüfen, ob er wirklich wie ein Verbrecher aussah. Sein breites, slawisches, teigiges Gesicht ekelte ihn an. Es war ein Fluch, so auszusehen. Die wäßrigen Augen standen zu dicht beieinander, das Kinn war viel zu kurz und ging gleich in den dicken Hals über. Der sieht ja schon so aus, würden die Leute sagen, wenn sein Steckbrief in den Zeitungen erschien. Aber sie hatten ganz recht.
Die Aufzeichnungen! schoß es ihm plötzlich durch den Kopf, und er trat automatisch auf die Bremse, so daß der Wagen ein wenig ins Schleudern geriet. Zwei DIN-A4-Bogen waren es, auf denen er mit recht präzisen Skizzen das Innere der Bank und die Straße davor festgehalten hatte. Er hatte die Aufzeichnungen gestern verbrennen wollen, aber es war irgend etwas dazwischengekommen. Sollte er deswegen umkehren? Nein! Wenn alles schiefging, war es sowieso egal, und sonst kam ja keiner an die Kassette heran, in der sie lagen.
Er gab wieder Gas.
Wenn er doch bloß nicht solche Magenschmerzen gehabt hätte! Er nahm die rechte Hand vom Lenkrad und massierte seinen Magen. Es war erschreckend, wie sein Bauch über den Hosenrand hinabhing. Er wurde immer fetter, und die Mädchen, mit denen er sich ab und an über seine Einsamkeit hinwegtröstete, hatten schon Grund zum Grinsen.
«Tomaschewski sinkt immer tiefer», sagte er laut und mit einer gewissen Genugtuung. «Mit Tomaschewski geht es bergab!» Seine Stimme klang heiser. War das überhaupt seine Stimme? Es war alles so unwirklich.
Mein Gott, warum mach ich mich immer so mies? Der Plan war doch gut. Ausgezeichnet sogar. Endlich hatte er die Kraft zum Handeln gefunden. Er war ein Mann, ein ganzer Mann; er duckte sich nicht, er kapitulierte nicht – nein, er wagte den Kampf. Plötzlich fühlte er sich stark und groß und einer Welt von schlappen Kriechern maßlos überlegen.
Er sah die Backnanger Straße auftauchen, und ganz automatisch bremste er und bog nach rechts ab. Am Ende der Straße erkannte er den hoch aufgeschütteten Damm, auf dem die S-Bahn fuhr, und davor das flache Gebäude der Brandenburgischen Vereinsbank. Noch hundert Meter …
Noch konnte er umkehren. Er nahm den Fuß vom Gaspedal. Wenn sich doch nur ahnen ließe, wohin das alles führte. War es seine Rettung, war es sein Untergang? Eines war sicher: Wenn er am Freitag nicht hunderttausend Mark zusammen hatte, dann war er erledigt.
Konkurs, Offenbarungseid, aus!
Bis zu seinem Tode würde er damit zu tun haben, seine Schulden zurückzuzahlen. Hans-Joachim Tomaschewski, ein armer Schlucker, der sich nichts mehr leisten konnte. Keine Barbesuche mehr, keine Reisen nach Tanganjika oder Ceylon, keine Frauen, die erst ein Nerz umzustimmen vermochte, keine Parties, keine Sonntage auf dem Golfplatz, keine Villa, keine Anzüge aus London und kein Professor, wenn der Magen wieder mal Schwierigkeiten machte. Nur ein lumpiger Kassenarzt … Das war doch kein Leben!
Kinder spielten in den Gärten, Rasensprenger zauberten Regenbogen hervor, ein gutgelaunter Briefträger lieferte einer zarten alten Dame einen Einschreibebrief ab, zwei alte Männer standen dicht beisammen und erzählten von Königsberg – sein Vorhaben paßte nicht in diese heile Welt. Er hatte Angst davor, all diesen Menschen mit seiner Tat weh zu tun.
Aber er hatte schließlich alles darangesetzt, um auf ehrliche Art und Weise zu neuem Geld zu kommen. Bloß hatte ihm kein Schwein was borgen wollen. Tut uns leid, Herr Tomaschewski, aber wir können Ihnen leider nicht helfen. Ihr Absatz geht von Monat zu Monat zurück. Sie können keine ausreichenden Sicherheiten bieten. Und Ihre Kalkulation – Sie haben zu teuer eingekauft, Ihre Läger sind überhöht, und Ihre Privatentnahmen sind viel zu hoch gewesen … Vielleicht hätte er sich noch retten können, wenn nicht plötzlich einer seiner Hauptschuldner Pleite gemacht hätte. Es war also nicht seine Schuld, daß es so gekommen war.
Es war Wahnsinn, was er da vorhatte, heller Wahnsinn. Aber es war der einzige Ausweg. Und wem tat es schon weh, wenn er die Bank um hunderttausend Mark erleichterte? Diese verdammten Bankbeamten kamen mit drei Minuten Todesangst noch gut davon – zu oft hatten sie ihn abblitzen lassen. Er haßte sie, diese kühlen, arroganten Männer mit ihrer mechanischen Höflichkeit.
Er hatte Glück: Unmittelbar vor der Bank fand sich ein leerer Parkplatz. Er zögerte nicht lange; schon hielt er am Rinnstein. Sein Blick glitt die Heinsestraße hinauf und wieder hinunter. Oben hielt gerade ein S-Bahnzug, und eine Handvoll Frauen kam durch die Sperre. Sie verloren sich bald. Die Mittagshitze sorgte dafür, daß die Leute die Straße mieden. Drüben im Selbstbedienungsladen war noch ein wenig Betrieb, aber das störte ihn nicht. Der Mann vom Reisebüro ging gerade zum Essen. Drinnen in der Bank erkannte er zwei Männer. Der eine war ziemlich schmächtig und schien ein netter alter Herr zu sein, der andere dagegen war noch jung an Jahren und machte einen recht munteren Eindruck.
In diesem Augenblick spürte Tomaschewski, daß er sich endgültig entschieden hatte. Die Würfel waren gefallen. Er wollte es tun … Wozu sonst die ganzen Vorbereitungen, die Beretta, der gestohlene Wagen? Der dörfliche Frieden war ärgerlich; man mußte ihn zerstören.
Tomaschewski zog den Strumpf aus der Tasche und legte ihn zurecht. Er schwitzte am ganzen Körper und spürte deutlich, wie der Schweiß an seiner Wirbelsäule hinunterlief. Schon roch er säuerlich nach nassem, gärendem Heu. Er ekelte sich vor seinem eigenen Körpergeruch. Seine Finger zitterten, als er die schwarze Aktentasche zu sich heranzog. Ob sie groß genug war, alle Geldscheine aufzunehmen?
Schon wollte er sich den entscheidenden Ruck geben, da stieß ein Mann in einem weißen Kittel die Messingtür auf und verschwand im Innern der Bank. Es mochte der Besitzer des Radiogeschäftes am Ende der Straße sein … Eine kleine Frist für Tomaschewski. Aber obwohl seine Angst von Sekunde zu Sekunde zunahm, dachte er nicht mehr daran, jetzt noch aufzugeben.
Er erinnerte sich an seinen ersten Flug. Achtzehn war er damals gewesen, oder auch erst siebzehn. Er hätte schreien können vor Angst, als die Maschine dem Start zurollte. Aber es gab ja kein Entrinnen mehr; er war nun mal eingestiegen und hatte es zugelassen, daß sie die Tür hinter ihm geschlossen hatten. Er war dem Geschehen hilflos ausgeliefert gewesen.
Tomaschewski fühlte, wie sein Herz schneller und unregelmäßiger schlug und sein linker Arm von einem dumpfen Schmerz durchzogen wurde. Im rechten Ohr begann es zu rauschen. Der verdammte Blutdruck! Er hätte eine Beruhigungspille schlucken sollen, anstatt Gin zu trinken.
Der Mann mit dem weißen Kittel hielt sich schon seit drei Minuten in der Bank auf. Idiot, beeil dich doch! Wenn bloß schon alles vorüber wäre! Was würde in zehn Minuten sein? Ob sie ihn durch die Stadt jagten? Ob er gegen einen Baum knallte?
Wenn Susanne ihn hier sehen könnte … Ob sie ihn an seiner Tat hindern würde? Er glaubte es nicht. Susanne. Sue. Der Teufel soll sie holen, dieses Miststück! Hätte sie ihn nicht verlassen, dann säße er nicht hier; dann hätte er ein anderes Leben geführt und seine Firma nicht so tief in die roten Zahlen gebracht … Vielleicht tat er alles nur ihretwegen. Wenn er die Firma verlor, dann konnte sie triumphieren und ihn zu Recht als Versager beschimpfen. Und diesen Triumph gönnte er ihr nicht.
Jetzt verließ der letzte Kunde die Bank. Die Messingtür pendelte noch ein Weilchen hin und her. Der Mann ging ziemlich schnell die Straße hinunter. Kein Mensch weit und breit. Die Gelegenheit günstig wie nie. Der Countdown war zu Ende – los!
Tomaschewski zog sich den Strumpf über den Kopf, griff sich mit der linken Hand seine Aktentasche, stieß die Tür auf und sprang aus dem Wagen. Im Laufen zog er die Beretta aus der Tasche. Alle Bewegungen schienen ihm so vertraut, als hätte er sie schon hundertmal vorher ausgeführt. Wie ein gelernter Gangster, dachte er. Ein gewisser Stolz erfüllte ihn. Doch zugleich wurden seine Knie weich und sein ganzer Körper war erschreckend kraftlos. Die vier, fünf Meter Straße waren eine endlose Strecke. Wie viele Augen mußten ihn sehen, wie viele Menschen stürzten schon zum Telefon, um 110 zu wählen? Er kam sich vor wie ein Hase, der über eine Lichtung hetzt, an deren Rändern Dutzende von Jägern stehen. Er furzte kräftig und spürte sofort, wie seine Unterhose feucht wurde. Die Straße drehte sich vor seinen Augen; er hatte das Gefühl, ins Innere der Erde zu laufen …
Endlich hatte er die Tür erreicht. Er stieß sie mit dem rechten Fuß auf und rannte weiter … Der Kassenraum.
Es war kühl hier drinnen, still und vornehm, und er kam sich unendlich verloren und hilflos vor. Plötzlich wollte er es nicht wahrhaben. Mein Gott – das kann doch nicht sein … Das träume ich doch bloß. Bitte, laß es ein Traum sein! Was sollte das Ganze? Er verlor jedes Gefühl für Zeit und Raum. Er hoffte, seine Mutter würde neben ihm stehen und alles aufklären: Mein Sohn ist nervenkrank, das hier hat nichts zu bedeuten, ich werde Ihnen gleich ein Attest bringen! Es war alles ein Irrtum. Er wollte es ja gar nicht. Lieber in Konkurs gehen und die Firma verlieren als das hier …
In diesem Augenblick hatte ihn der Beamte an der Kasse entdeckt. Es war der nette alte Herr, ein schmächtiger Mann Mitte der Fünfzig mit einer Halbglatze und einem wächsernen Gesicht. Er sammelte Briefmarken mit Gemäldemotiven und hatte sich gerade ausgerechnet, wieviel Taschengeld er in diesem Monat noch für sein Hobby zur Verfügung hatte. Er schrie auf. Der Schrei war schwächlich und klagend; der Schrei einer Katze.
«Ruhe!» brüllte Tomaschewski und sprang zum Schalter. Er handelte, aber er handelte gegen den Strom seines Willens, gegen Erziehung und Herkunft. Die Tat war etwas Fremdes, Abnormes. «Halt den Mund und gib das Geld her!» Er sprach so, wie sie es als Kinder bei ihren Spielen getan hatten.
Ja, es war alles nur ein Spiel. Ein Spiel, an dem er im Grunde nicht beteiligt war. Er war nur noch ein Roboter, und alles, was er tat, wurde von einem eingebauten Computer gesteuert. Der wirkliche Tomaschewski saß draußen im Wagen und sah sich das alles mit an.
Der Bankbeamte gehorchte und ließ die Geldscheinbündel in die bereitgehaltene Tasche gleiten. Dabei vermied er es, Tomaschewski anzusehen. Seine Finger zitterten. Er hatte einen säuerlichen Mundgeruch, und Tomaschewski zuckte unwillkürlich zurück. Alles ging blitzschnell. Schon hatte sich die Aktentasche zur Hälfte gefüllt …
Da knarrte es hinter Tomaschewski. Die Tür, die zu den hinteren Räumen führte, öffnete sich. Ein jüngerer Mann mit einem kantigen Schädel tauchte auf. Er trug einen offensichtlich teuren Anzug von abscheulich ockerbrauner Farbe. Tomaschewski, der ja vorhin zwei Männer im Innern der Bank gezählt hatte, schaltete nur langsam. Der junge Bankbeamte zögerte keinen Augenblick. Oft genug hatte er einen solchen Augenblick herbeigewünscht, um sich zu bewähren. Ohne sich weiter zu besinnen, schnellte er nach vorn.
Tomaschewski sah ihn heranfliegen. Panik erfaßte ihn … Der Mann war wesentlich stärker und entschlossener als er selber, das spürte er instinktiv. Schon fühlte er die Schläge; die beiden kräftigen Fäuste des anderen würden ihn schrecklich zurichten. Die lynchen mich hier. Die machen mich fertig … Notwehr! Der Arm mit der Beretta fuhr herum.
«Nein! Nicht schießen!»
Doch schon hatte sich Tomaschewskis rechter Zeigefinger um die entscheidenden Millimeter gekrümmt. Der Bankbeamte schrie auf, preßte die Hände auf den Leib und brach zusammen.
Tomaschewski starrte völlig entgeistert auf ihn hinunter. Den Zusammenhang zwischen seinem Schuß und dem niedergestreckten Menschen konnte und wollte er nicht sehen. Das durfte nicht wahr sein! Es konnte ja gar nicht wahr sein, denn er saß doch noch immer draußen im Wagen. Er hatte gerade eben beschlossen, es nicht zu tun und unverrichteter Dinge nach Hause …
Der andere Bankbeamte warf noch immer Geldscheine in die Aktentasche. Er fürchtete, ebenfalls niedergeschossen zu werden, wenn er seine Tätigkeit einstellte.
«Das reicht!» schrie Tomaschewski. Ein Hustenanfall packte ihn. Nur weg von hier, nur weg! Ob der Mann am Boden tot war? Es sah so aus. Mörder! Mörder! Raus hier, raus! Er klappte die Tasche zu und wandte sich zur Tür.
In diesem Augenblick betrat ein hochgewachsener, elegant gekleideter Mann die Schalterhalle. Er erstarrte. Es dauerte Sekunden, bis er begriffen hatte, was vorgefallen war. Der Mann am Boden sprach eine deutliche Sprache. Um seinem Schicksal zu entgegen, sprang er zur Seite, um dem Bankräuber Platz zu machen. Lieber ein lebendiger Feigling als ein toter Held.
Doch Tomaschewski verhielt mitten in der Bewegung. Sekundenlang stand er starr wie eine Statue. Das war doch … Er glotzte den Mann an.
Günther Feuerhahn!
«Tommy, du …!?» rief Feuerhahn im gleichen Augenblick. Trotz der Strumpfmaske hatte er Tomaschewski erkannt.
Tomaschewski erwog sekundenlang, Waffe und Tasche wegzuwerfen und aufzugeben. Gib auf. Gib doch auf – es hat doch keinen Zweck mehr!
Feuerhahn war ebenso ratlos wie er selber. Er war bleich geworden und hatte die Arme leicht angehoben. Am Boden stöhnte und wimmerte der junge Beamte. Sein Kollege stand wie gelähmt hinter dem Schalter. Wie im Wachsfigurenkabinett, dachte Tomaschewski, wie im Wachsfigurenkabinett in London. Was nun? Irgendeiner muß doch jetzt was tun … Seine Augen brannten, Brechreiz quälte ihn. Lange konnte er das nicht mehr aushalten. Mein Gott, wo blieben denn die Polizisten nur?
Feuerhahn. Dieser verdammte Idiot! Was hatte er hier zu suchen? Dieses blöde Schwein vermasselte ihm die ganze Tour, dieser eingebildete Playboy, dieser Lackaffe … In schneller Folge jagten die Impulse durch sein blockiertes Gehirn. Schieß ihn doch über den Haufen. Ein Toter kann dich nicht mehr denunzieren! Nein, das ging nicht; immerhin hatte ihn Feuerhahn Mathe abschreiben lassen … Oder Latein? Es quälte Tomaschewski, daß er es nicht mehr wußte … Aber jedenfalls konnte er Feuerhahn nicht … Er konnte doch keinen Schulkameraden, keinen Freund … Dann jag dir selber eine Kugel durch den Kopf, und alle Probleme sind gelöst … Los, tu’s doch endlich!
Tomaschewski schwankte; er mußte einen Schritt zur Seite tun, um nicht zu stürzen. Der Mann am Boden robbte mit letzter Kraft zur Tür, aber er kam kaum voran. Er hielt eine Hand an den Bauch gepreßt; Blut sickerte ihm durch die Finger, und er wischte es über den Boden. Tomaschewski wandte sich ab. Blut … Ekel packte ihn.
Wie lange mochte er schon so stehen? Nahm ihm denn niemand die Entscheidung ab? Er konnte doch unmöglich davonfahren und Feuerhahn hier stehenlassen. Damit wäre doch alles verloren, und … Dann nimm ihn doch mit!
«Los, dreh dich um!» rief Tomaschewski mit dünner Stimme. «Geh raus und steig in den grauen Volkswagen da draußen. Wenn du zu fliehen versuchst, dann knallt’s!»
Feuerhahn gehorchte. Wie ein Schlafwandler trat er auf die sonnendurchglühte Straße hinaus. Sekunden später saßen sie beide im Wagen, und Tomaschewski gab Gas. Er fühlte sich ungeheuer erleichtert; eine nie gekannte Euphorie erfaßte ihn, er hätte singen und tanzen können. Geschafft. Er hatte es geschafft!
Der Überfall hatte keine vier Minuten gedauert.
Mannhardt starrte gedankenverloren auf sein hölzernes Schachbrett. Nachdem er eine Partie gegen sich selber gespielt hatte, wobei es ein nicht unerwartetes Remis gegeben hatte, war er nun in das Problem vertieft, wie man als Angreifer am besten den wunden Punkt jeder schwarzen Stellung ausnutzen konnte, das heißt, wie sich der Bauer f7 am effektvollsten angreifen ließ. Hm, f7 war der Bauer, der vor dem Königsläufer stand und nur vom König verteidigt wurde. Gewiß, Mannhardt liebte das Schachspiel nicht gerade, aber er war es seinem Image als kombinierender Kriminalkommissar schuldig, daß er es so einigermaßen beherrschte. Wieder störten ihn Schritte. Er begrüßte Lilo, die gerade vom Einkaufen zurückkam, mit einem vernichtenden Blick.
«So wie du gebaut bist, solltest du lieber Kugelstoßen trainieren und nicht Schach spielen!» Sie musterte ihn mit einem gewissen Stolz. «Fahren wir nachher zum Baden?»
«Hm …» Er nickte, obwohl er sich lieber in den Liegestuhl gelegt und Fontanes Irrungen Wirrungen zu Ende gelesen hätte. Jetzt waren sie bald fünfzehn Jahre verheiratet; er hatte gelernt, auf seine eigenen Wünsche zugunsten von Frieden und Harmonie zu verzichten. Er bedauerte nicht, Lilo damals geheiratet zu haben, aber in seinen Tagträumen sah er sich am liebsten als harten Einzelgänger durch die Wildnis des Amazonas streifen, als sonnenverbrannten Ingenieur in der libyschen Wüste nach Öl bohren oder als bewunderten Arzt in den peruanischen Anden arme Indianerkinder heilen.
«Ich mach heute Eierkuchen», sagte sie. «Kirschen habe ich schon geschmort.»
«Sehr schön …» brummte er. Nach dem zweiten Kind hatte sie die entscheidenden Pfunde zuviel zugenommen. Ihr geblümtes Sommerkleid, orange mit grünen Ornamenten, war viel zu eng. Sie verschwand brummend im Haus. Was blieb ihm weiter übrig, als sie für den Rest seiner Tage zu lieben? Als kleiner Beamter war er von Staats wegen gezwungen, das Leben schön und die Welt in Ordnung zu finden. In diesem Jahr würde es wohl mit dem Hauptkommissar nichts mehr werden. Es hatte also auch nichts genutzt, in die Partei einzutreten.
Er warf die einfach geschnitzten Schachfiguren in eine Zigarrenkiste, griff sich die Mittagszeitung, die Lilo auf den rotgestrichenen Tisch gelegt hatte, und überflog die Schlagzeilen. Es war doch so egal, ob man den Quatsch las oder nicht.
Er holte sich eine Bierflasche aus dem Kühlschrank, ein Pils, öffnete sie und ließ die goldgelbe Flüssigkeit in ein herumstehendes Tulpenglas schäumen. Was war bloß mit ihm los? Er hatte einen freien Tag, er war gesund, die Sonne schien auch – und trotzdem fand er die ganze Welt zum Kotzen. Er ließ sich auf einem knarrenden Holzstuhl nieder, beugte den Oberkörper nach vorn und kratzte sich die Schuppen aus dem noch recht dichten Haar. Sie rieselten herab wie Schneeflocken. Er hätte Lehrer werden sollen – Sport, Erdkunde und Geschichte. Sicherlich wäre er ein guter Lehrer geworden. Besonders in Erdkunde. Er konnte heute noch die Hauptstädte aller Länder hersagen oder die fünfzig Staaten der USA. Da hätte er Menschen formen und aufbauen können; jetzt war er dazu verurteilt, die Gescheiterten zur Strecke zu bringen. Wenn er doch bloß die Kraft gehabt hätte, gegen seinen Vater anzukommen. Studieren willst du? Das Abitur machen? Das ist doch alles Firlefanz! Mein Vater war schon bei der Polizei, ich bin bei der Polizei – und wir sind beide glücklich dabei geworden. Du sollst mal mehr werden als Hauptwachtmeister … Und er war mehr geworden. Seine Freunde beneideten ihn wegen seines aufregenden Berufs. Jeden Dienstag und jeden Freitag trugen die Fernsehanstalten mit ihren Krimis dazu bei, daß sein Prestige noch weiter stieg. Er war dußlig, daß er unter diesen Umständen nicht vor Glück zersprang. Na ja! Er trank sein Bier und wartete, bis eine tröstende Müdigkeit ihn einhüllte. Vielleicht schaffte sein Sohn den Sprung in ein anderes Leben.
«Hans!»
Die etwas schrille Stimme seiner Frau ließ ihn hochfahren. Schlimmer hätte kein Wespenstich wirken können.
«Was ist denn los?» knurrte er und blinzelte verärgert in die Sonne.
«Telefon!»
«Ich bin nicht da, weißt du doch!»
«Ein Kollege von dir …»
«Wer denn?»
«Der Koch.»
«Der kann mich mal …»
«Er sagt, es ist dringend.»
«Ach, der hat bloß wieder die Lottoscheine verlegt.»
«Nein, er sagt, er soll dir was vom Ober ausrichten.»
Der Ober, das war Kriminaloberrat Dr. Weber. Koch, Kriminalmeister Gerhard Koch, war bloß sein Untergebener, den konnte er notfalls ignorieren; wenn aber der Ober etwas von ihm wollte, dann war es durchaus ratsam zu spuren.
Mannhardt erhob sich müde und schwerfällig und trottete über den kurzgeschnittenen Rasen. Er war wieder einmal verbittert über diese verdammte Welt mit ihrer hierarchischen Gliederung. Da war er bald vierzig Jahre alt, ein ausgewachsener Mann mit zwei Kindern, und er mußte immer noch springen wie ein Schuljunge, wenn sein Vorgesetzter ihn rief. Diese Abhängigkeit von den Oberen war zum Kotzen. Und wenn man ihnen nicht in den Hintern kroch, dann kam man nicht voran. Freie Posten werden bei uns nur nach Qualifikation und Leistung besetzt. Ja, Scheiße!
Um einen betont lässigen Schritt bemüht, überquerte er die frisch gescheuerte Terrasse. Lilo hätte es sicherlich gern gesehen, wenn er zum Telefon gerannt wäre. Sie hatte eine furchtbare Angst davor, daß sie ihn eines Tages entlassen würden, weil er so oft widersprach und immer so deutlich zwischen Dienst und Freizeit unterschied. Wenn Dr. Weber den neuen Kollegen zurief: «Wir brauchen den ganzen Menschen!» – dann hätte er ihn am liebsten erwürgt. Statt dieses blödsinnigen Hauses hätte er sich damals lieber einen kleinen Laden kaufen sollen – Tabakwaren, Getränke, Zeitungen, Eis und Lotto … Da wäre er wenigstens sein eigener Herr gewesen.
Endlich hatte er das Telefon erreicht. Widerwillig nahm er den grauen Hörer hoch.
«Hallo, Mister Cook? Wieder mal was angebrannt?»
«Mensch, wo bleibst du denn so lange?»
«Kannst du vielleicht mittendrin aufhören?»
«Ach so …!» Koch, der sich an sexuellen Anspielungen und Witzen maßlos begeistern konnte, lachte genüßlich. «Hat’s denn wenigstens noch geklappt?»
«Und wie! Was gibt’s denn?»
«Bankraub. Gleich bei dir um die Ecke! … Hast du denn nichts gemerkt?»
«Nee. Am Bahnhof Hermsdorf?»
«Ja. Brandenburgische Vereinsbank. Ein einzelner Mann. Ist nicht viel gestohlen worden …»
«Na, dann könnt ihr doch mal allein fertig werden», brummte Mannhardt.
«Wart doch mal ab – der Knalleffekt kommt ja noch: Er hat einen Bankbeamten niedergeschossen und einen Passanten mitgenommen … entführt, verschleppt – wie du willst.»
«Nicht schlecht!»