ZUR LEBENSBEWÄLTIGUNG TRAUMATISIERTER  FLÜCHTLINGE IN DEUTSCHLAND  UNTER  BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG DER  MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN SOZIALER ARBEIT - Katrin Hoffmann - E-Book

ZUR LEBENSBEWÄLTIGUNG TRAUMATISIERTER FLÜCHTLINGE IN DEUTSCHLAND UNTER BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG DER MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN SOZIALER ARBEIT E-Book

Katrin Hoffmann

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Beschreibung

Den Flüchtling kennzeichnet die gezwungene Migration aus seiner Heimat in ein meistens fremdes Land. Die Flucht ist die Ausführung einer räumlichen Bewegung, die einen vorübergehenden oder permanenten Wechsel des Wohnsitzes bedingt, also eine Veränderung der Position eines Menschen im physischen und sozialen Raum. Es werden Flüchtlinge durch Kriege; Folter; ethnische, politische und rassische Verfolgung; Armut; Katastrophen; sowie politische und gesellschaftliche Umwälzungen gezwungen ihr Heimatland zu verlassen. Flüchtlinge sind Opfer dieser Tatsachen, die es jedoch geschafft haben, sich der Gewalt zu entziehen. Die Flucht ist für den Menschen ein schmerzlicher Prozess und bringt viele Entbehrungen mit sich. Die organisierte staatliche Gewalt gegen Menschen gibt es auch heute noch in vielen Teilen der Welt. Da die Flüchtlinge ihr Land verlassen haben, sind diese konfrontiert mit existenzieller Bedrohung und ihren traumatischen Erlebnissen. Die erlebte Gewalt ist ein Trauma für den Überlebenden und hinterlässt psychische Narben. Flüchtlinge haben zumindest einen vorübergehenden Schutz in Deutschland gefunden. Ein Ende von Flüchtlingsströmen ist in Europa nicht zu erwarten, wenn man sich die Entwicklungen in aller Welt ansieht. Es sind weltweit noch ca. 40 Millionen Menschen auf der Flucht, wegen Menschenrechtsverletzungen, Gewalt und Krieg, berichtet der UNHCR. Die Soziale Arbeit muss sich in den kommenden Jahren auf weitere Flüchtlinge einstellen, daher ist es wichtig sich mit der Traumatisierung diese leidenden Menschen auseinanderzusetzen. Dieses Buch soll ein Beitrag dazu leisten.

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Veröffentlichungsjahr: 2019

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Krankheitsbild Trauma

2.1 Reaktion des menschlichen Körpers auf traumatische Erlebnisse

2.2 Krankheitsbilder der akuten und komplexen posttraumatischen Belastungsstörung

Aufenthaltsrechtliche Rahmenbedingungen der Flüchtlinge in Deutschland

3.1 Psychosoziale Faktoren und Lebensbedingungen traumatisierter Flüchtlinge in Deutschland

Flüchtlingssozialarbeit als Hilfe zur Lebensbewältigung

4.1 Möglichkeiten der Sozialarbeit mit traumatisierten Flüchtlingen auf der Grundlage der Sozialtherapie

4.2 Grenzen der Flüchtlingssozialarbeit

4.2.1 Strukturelement Öffentlichkeit

4.2.2 Strukturelement Politik

4.2.3 Strukturelement Institution

4.2.4 Strukturelement Adressat

Schlussbetrachtung

Quellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

Den Flüchtling kennzeichnet die gezwungene Migration aus seiner Heimat in ein meistens fremdes Land. Die Flucht ist die Ausführung einer räumlichen Bewegung, die einen vorübergehenden oder permanenten Wechsel des Wohnsitzes bedingt, also eine Veränderung der Position eines Menschen im physischen und sozialen Raum. Es werden Flüchtlinge durch Kriege; Folter; ethnische, politische und rassische Verfolgung; Armut; Katastrophen; sowie politische und gesellschaftliche Umwälzungen gezwungen ihr Heimatland zu verlassen. Flüchtlinge sind Opfer dieser Tatsachen, die es jedoch geschafft haben, sich der Gewalt zu entziehen. Die Flucht ist für den Menschen ein schmerzlicher Prozess und bringt viele Entbehrungen mit sich. Die organisierte staatliche Gewalt gegen Menschen gibt es auch heute noch in vielen Teilen der Welt. Da die Flüchtlinge ihr Land verlassen haben, sind diese konfrontiert mit existenzieller Bedrohung und ihren traumatischen Erlebnissen. Die erlebte Gewalt ist ein Trauma für den Überlebenden und hinterlässt psychische Narben. Flüchtlinge haben zumindest einen vorübergehenden Schutz in Deutschland gefunden. Ein Ende von Flüchtlingsströmen ist in Europa nicht zu erwarten, wenn man sich die Entwicklungen in aller Welt ansieht.

Es sind weltweit noch ca. 40 Millionen Menschen auf der Flucht, wegen Menschenrechtsverletzungen, Gewalt und Krieg, berichtet der UNHCR.1 Die UN2 rechnet mit weiter steigenden Flüchtlingszahlen. Die Zahl der Flüchtlinge hat einen Höchststand erreicht, berichtet dass UN-Flüchtlingshilfewerk UNHCR.3 In den Statistiken tauchen aber noch keine Armuts- und Hungerflüchtlinge auf. Nach Einschätzungen könnten einschließlich der inoffiziellen Flüchtlinge weltweit mehr als 67 Millionen auf der Flucht sein.

Diese Flüchtlinge brauchen Schutz. Die wenigen Flüchtlinge, die heute noch die Möglichkeit haben in Deutschland Schutz zu bekommen, haben es schwer, da die Aufnahmekriterien in Deutschland immer schärfer und komplizierter werden, begründet durch die restriktive Asylpolitik in Deutschland. Die Staaten der Europäischen Union,4 wozu auch Deutschland gehört, verfolgen die Verbesserung der staatlichen Kontrolle über Einwanderung, eine grenzpolizeiliche Zusammenarbeit und den Kampf gegen die irreguläre Migration und den Asylmissbrauch. Bereits seit den 1980er Jahren gibt es in Deutschland und Westeuropa die Tendenz, sich gegen Flüchtlinge abzuschotten.5 Bis zur Anerkennung und einem dauerhaftem Bleiberecht in Deutschland ist es ein langer und mühsamer Weg für den Flüchtling. Die Anerkennung auf politisches Asyl erhalten jährlich weniger als 10 % der Asylbewerber.6 Das Jahr 2006 war bisher das Rekordjahr mit den niedrigsten Asylbewerberzugangszahlen.

21.029 Menschen haben 2006 Asyl in Deutschland beantragt. 28.914 Asylanträge waren es noch 2005. Ganze 127.210 Asylanträge waren es im Jahr 1994.7 Im aktuellen Bericht 2009 (Zeitraum Januar bis März) wurden 6.478 Erstanträge vom Bundesamt für Migration und Flucht entgegengenommen. Im Vergleichsraum waren es im Jahr 2008 nur 5.866 Erstanträge. Dies bedeutet einen Anstieg um 10,4 %.8 Die Asylbewerberzahl enthält aber noch nicht die Zahl der Flüchtlinge, die illegal in Deutschland leben. Laut dem Migrationsbericht 2005 vom Bundesamt für Migration und Flucht gehen Schätzungen von bis zu einer Million illegalen Menschen in Deutschland aus. Illegale Einwanderer oder irreguläre Migration bezeichnet Staatsgrenzen überschreitende Wanderungsbewegungen, die außerhalb staatlicher Regelungen stattfinden, somit halten sich diese Flüchtlinge unerlaubt in Deutschland auf. Die Menge an Flüchtlingen auf der Welt hat in den letzten Jahren jedoch nicht abgenommen. In Deutschland leben geschätzte 1-2 Millionen Flüchtlinge, wobei die Traumatisierungsrate dieser bei geschätzten 200-400.000 liegt. Bei Asylbewerbern beträgt die posttraumatische Belastungsstörung-Prävalenz etwa 40 %.9 Die posttraumatische Belastungsstörung tritt bei Asylbewerbern in Deutschland häufiger auf als bisher angenommen wurde.

Besonderst bei der Arbeit mit Flüchtlingen spielt die posttraumatische Belastungsstörung eine zunehmende Rolle, da sie wegen ihrer Lebensumstände eine Risikogruppe für die Herausbildung der posttraumatischen Belastungsstörung darstellen.10 Heute geht man davon aus, dass die Prävalenzrate für posttraumatische Belastungsstörungen bei Folteropfern bei ca. 50-70 % liegt. Bei Kriegsopfer, die oft auch sexualisierte Gewalterfahrungen erlebt haben, liegt die Wahrscheinlichkeit für die Erkrankung noch höher.11 Daraus kann geschlossen werden, dass Menschen, die organisierte Gewalt in Form von wiederholter Folter oder kriegerischen Einwirkungen erlebt haben, mit einem erheblichen Prozentsatz von Traumata betroffen sein können. Das Leid der traumatisierten Flüchtlinge ist durch die Ankunft in Deutschland jedoch noch nicht beendet, da die psychischen Auswirkungen des Traumas den Flüchtling häufig noch jahrelang begleiten. Dem Flüchtling muss, nach dem erlittenen oder noch nicht überwundenen Trauma, in Deutschland die Möglichkeit einer neuen Autonomie verheißenden Existenz gegeben werden, ohne die Angst vor der Abschiebung oder einem erneuten Leiden.

Die Voraussetzung dafür ist ein sicherer Zufluchtsort für den Traumatisierten. Der Betroffene hat erst eine Zukunftsperspektive, wenn er ein Gefühl von Sicherheit in Deutschland hat, da die Traumaverarbeitung vorher nicht möglich ist. Die gegenwärtige Praxis der Asylpolitik ist restriktiv.

Deutschland betreibt eine Abschreckungs- und Marginalisierungspolitik. In der deutschen Asylpolitik ist der Gedanke der Abschreckung das handlungsleitende Prinzip, daher steht nicht die Orientierung der konkreten Gefährdungssituation des jeweiligen Flüchtlings im Mittelpunkt. Der Flüchtlingssozialarbeiter muss in dem ihm zur Verfügung stehenden übrigen Handlungsspielraum, den traumatisierten Flüchtling bei seiner Lebensbewältigung helfen und unterstützen.

Die Flüchtlingssozialarbeit mit traumatisierten Flüchtlingen ist in dem Kontext der Asylpolitik in Deutschland sehr problematisch, da der Handlungsspielraum, um traumatisierten Flüchtlingen bei der Lebensbewältigung zu helfen, immer mehr gesetzlichen Einschränkungen unterliegt und somit dem Sozialarbeiter die Hände gebunden sind, um im Sinne des Flüchtlings angemessen handeln zu können. Die Sozialarbeit kann einen kleinen Beitrag leisten zur Linderung der unmenschlichen Folgen einer Traumatisierung. Es besteht die Notwendigkeit, dass der Sozialarbeiter entscheidend eintreten muss für die Belange der Flüchtlinge, um deren Rechte durchzusetzen. Sozialarbeiter können menschenrechtsverachtende Gewalt aufdecken. Das Ziel ist die weltweite Ächtung der Menschenrechtsverletzungen. Die Bedeutung des Engagements gegen das menschliche Leid der Flüchtlinge in Deutschland steht an erster Stelle. Dieses Engagement fängt nicht nur an bei den völkerrechtlichen Verpflichtungen, die auch Deutschland ratifiziert hat, es fängt an bei den Mitarbeitern in der alltäglichen Sozialarbeit. Diese benötigen eine breite Unterstützung und Förderung durch gesellschaftliche Kräfte in Deutschland. Jedoch ist das Asylrecht in Deutschland so restriktiv, dass der Sozialarbeiter nur noch wenig Handlungsspielraum hat, um den Flüchtling angemessen nach seinen Bedürfnissen betreuen zu können. Die Einrichtungen der Flüchtlingssozialarbeit befinden sich ebenfalls in einer schlechten Verfassung, sie sind bedroht von Kürzungen bzw.

Streichungen staatlicher Zuschüsse, ebenso sind die Sozialarbeiter von chronischer Überbelastung betroffen.12 Als angehende Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin beunruhigt mich diese Situation, da durch die restriktive Asylpolitik der Sozialarbeiter mehr damit beschäftigt ist, dem traumatisierten Flüchtling einen legalen Aufenthalt zu verschaffen, obwohl es nicht sein primäres Aufgabengebiet ist, wodurch die Bearbeitung der psychischen Leiden in den Hintergrund rückt. Außerdem werden die Möglichkeiten den Flüchtling zu unterstützen, wieder ein normales Leben führen zu können, immer weniger. Ich bin auf das Thema gekommen, da ich mein Schwerpunktpraktikum in einer Beratungsstelle für Flüchtlinge absolviert habe. Daher ist mir die Perspektivlosigkeit der in diesem Bereich Tätigen bekannt. Ich habe während meines Praktikums aus erster Hand mitbekommen, welche schlimmen Erlebnisse Flüchtlinge und oft ganze Flüchtlingsfamilien erfahren haben, als erstes die Flucht an sich und danach der Kampf mit den Behörden in Deutschland.

Mich mit dem Thema zu beschäftigen, begründet sich durch mein Praktikum. Im Verlauf des Praktikums ist mein Interesse gewachsen, mich mit der Flüchtlingssozialarbeit intensiver zu beschäftigen. Ich wurde konfrontiert mit den Asyl- und Zuwanderungsgesetzten und lernte dabei besonders deren Engmaschigkeit kennen, wodurch die Lebenssituation von Flüchtlingen mit Einschränkungen und Auflagen versehen ist. Die Flüchtlinge sind beschäftigt mit dem eigenen Überleben. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Flüchtlinge oft von Zukunftslosigkeit betroffen sind und man als Sozialarbeiter nur einen eingeschränkten rechtlichen Handlungsrahmen hat, um diese zu beheben. Flüchtlinge haben ein Recht darauf Hilfe zu erhalten, jedoch scheitert dies oft schon an der Einreise, wegen den komplizierten Rechtswegen, sowie an den Voraussetzungen für eine Asylanerkennung. Die rechtlichen Regelungen sind kaum noch überschaubar und es gibt zahlreiche Verästelungen im Asylrecht. Es soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit die Sozialarbeit mit traumatisierten Flüchtlingen eine Hilfe und Unterstützung für deren Lebensbewältigung leisten kann, unter dem rechtlich eingeschränkten Handlungsspielraum. So die Fragestellung der vorliegenden Arbeit. Es soll ein Versuch sein die Möglichkeiten und Grenzen der Flüchtlingssozialarbeit im asylrechtlichen Kontext aufzuzeigen, um den traumatisierten Flüchtlingen bei ihrer Lebensbewältigung helfen zu können. Es werden die Handlungsmöglichkeiten unter den rechtlich gegebenen Umständen eingeschätzt. Die zentralen Widersprüche in der Flüchtlingssozialarbeit werden thematisiert, womit die Grenzen der Flüchtlingssozialarbeit aufgezeigt werden können.

Die Arbeit soll einen Überblick über die psychische Traumatisierung von Flüchtlingen, die daran anknüpfenden Lebendbedingungen dieser in Deutschland, sowie deren Lebensbewältigung mit Hilfe der Flüchtlingssozialarbeit darstellen, unter der Berücksichtigung der Möglichkeiten und Grenzen der Sozialarbeit. Dabei kann die Arbeit als eine Standortbestimmung der Flüchtlingssozialarbeit gesehen werden.

Im Anschluss werde ich nun den Aufbau der Abhandlung anhand eines kurzen Überblicks darstellen. Als Einführung in die Arbeit gehe ich in Kapitel 2. auf die psychische Traumatisierung ein. Ich stelle die Krankheitsbilder der einfachen und komplexen posttraumatischen Belastungsstörung ausführlich dar. Dies ist wichtig, da der Sozialarbeiter die Symptome einer Traumatisierung lesen können muss. Dadurch kann er die Gefühlswelt und das Verhalten der traumatisierten Flüchtlinge besser verstehen und angemessen handeln. Das 3. Kapitel gibt einen Einblick über die aufenthaltsrechtlichen Rahmenbedingungen von Flüchtlingen auf der Grundlage der deutschen Asylgesetzgebung, da die asylrechtlichen Grundlagen für die Flüchtlingssozialarbeit unerlässlich sind, weil Sozialarbeiter in der Flüchtlingssozialarbeit sich oft vorrangig um eine Aufenthaltserlaubnis kümmern müssen, bevor sie sich den sozialen und psychischen Problemen des Klienten zuwenden können. Daran knüpfe ich in Kapitel 3.1 die Auseinandersetzung mit der konkreten Lebenssituation der traumatisierten Flüchtlinge in Deutschland an. Es wird aufgezeigt, dass die sozialrechtlichen Gesetze die Lebensbedingungen der Flüchtlinge negativ bestimmen. Es werden dabei bestimmte Aspekte der psycho-sozialen Problemlagen von Flüchtlingen in Deutschland aufgezeigt und die krankheitsverursachende Wirkung in Verbindung mit den belastenden Lebensbedingungen in Deutschland dargestellt. In Kapitel 4. gehe ich auf die Sozialarbeit mit traumatisierten Flüchtlingen ein, die eine Unterstützung zur Lebensbewältigung benötigen, um sich in einem fremden Land zurechtzufinden und sie lernen mit ihrem Trauma zu leben. Das Kapitel 4.1 veranschaulicht die Möglichkeiten des Sozialarbeiters, um traumatisierte Flüchtlinge bei der Lebensbewältigung, im Rahmen seiner Möglichkeiten, sinnvoll zu unterstützen. Da eine reine rechtliche Beratung bei einem traumatisierten Flüchtling, um sein Trauma zu verarbeiten und wieder alleine sein Leben bewältigen zu können, nicht ausreicht, nimmt der Flüchtlingssozialarbeiter auch eine therapeutische Funktion ein.

Daher gehe ich auf die ,,Sozialtherapie“, als Grundlage für die Sozialarbeit mit traumatisierten Flüchtlingen, ein. Diese setzt sich immer mehr in der Praxis der Sozialarbeit mit traumatisierten Flüchtlingen durch. Der Sozialarbeiter hilft nicht nur bei der Bewältigung des Alltags des Flüchtlings, sondern er strebt auch das Ziel an, die Symptome der Traumatisierung zu reduzieren und erarbeitet mit dem Flüchtling Coping-Strategien,13 damit dieser mit seiner Traumatisierung im Alltag umgehen kann. Jedoch sind dem Flüchtlingssozialarbeiter in seiner Hilfestellung Grenzen gesetzt. In Kapitel 4.2 stelle ich die Grenzen der Flüchtlingssozialarbeit dar. Ich veranschauliche die zentralen Spannungsfelder und die daraus folgenden Handlungsmöglichkeiten unter den Rahmenbedingungen. Der Blick auf die Spannungsfelder der Flüchtlingssozialarbeit ermöglicht die Einschätzung der Grenzen der Sozialarbeit mit traumatisierten Flüchtlingen. Die Berufswirklichkeit wird an Hand der wesentlichen Strukturelemente, in denen die Flüchtlingssozialarbeit eingebettet ist, analysiert. Bezogen auf die Praxis der Flüchtlingssozialarbeit werden die Strukturelemente: Öffentlichkeit, Politik, Institution und Adressat näher betrachtet. Das Modell der Strukturzusammenhänge der Sozialarbeit stammt von der Soziologin Gabi Flösser, woran ich mich orientiert habe.14

Die Grenzen der Flüchtlingssozialarbeit können dadurch umfassend dargestellt werden und somit eine nachvollziehbare Einschätzung vorgenommen werden, inwieweit die Sozialarbeit inmitten der widersprüchlichen Handlungsziele, zwischen Sozialarbeiter und Staat, bestehen kann. In Kapitel 5. erfolgt die Schlussbetrachtung der Arbeit. Das 6. Kapitel beinhaltet die Quellenangaben und es erfolgt das Abkürzungsverzeichnis in Kapitel 7. Das Thema der Flüchtlingssozialarbeit gewinnt immer mehr an Aktualität. Es werden Flüchtlinge in den zukünftigen Jahren legal und illegal in Deutschland einreisen. Daher wird die Flüchtlingssozialarbeit fortbestehen in Deutschland. Die Sozialarbeiter müssen Partei ergreifen für Flüchtlinge, da sie sonst keine weitere gesellschaftliche Unterstützung bekommen, weil sich keiner richtig zuständig fühlt für die Betreuung von Flüchtlingen. Die Flüchtlingshilfe in Deutschland ist nicht ausreichend. Das größte Problem ist die Finanzierung der Hilfsangebote für Flüchtlinge. Die freien Träger der Flüchtlingshilfe und Flüchtlingsinitiativen vernetzen sich untereinander, um sich gegenseitig zu unterstützen und eine einigermaßen umfassende Betreuung für Flüchtlinge zu gewähren. Für schwer traumatisierte Flüchtlinge gibt es spezielle Behandlungszentren in Deutschland, die deren Rehabilitation gewährleisten sollen. Jedoch sind die Aufnahmekapazitäten solcher Einrichtungen nur begrenzt.15 In Zukunft muss das Netz der Flüchtlingshilfe noch weiter ausgebaut werden, um eine ausreichendes Versorgungsangebot der Flüchtlinge in Deutschland gewähren zu können. Zum Schluss möchte ich noch darauf hinweisen, dass ich in der Arbeit auf die geschlechtsspezifische Darstellung einzelner Begriffe verzichte, somit sind Männer und Frauen gleichermaßen angesprochen.

1 Heinold 2007, 14

2 ,,Unites Nations“ ist die englische Bezeichnung der ,,Vereinten Nationen.“ Die UN ist die Organisation der Vereinten Nationen, sie ist ein Zusammenschluss von 192 Staaten. Die Organisation ist zuständig für die Einhaltung des Völkerrechts, den Schutz der Menschenrechte und die Sicherung des Weltfriedens.

3 ,,Unites Nations High Commissioner for Refugees“ ist der ,,Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen“ , sie ist eine Behörde der Vereinten Nationen. Das Hochkommissariat ist beauftragt mit dem Schutz von Flüchtlingen und Vertriebenen und leistet humanitäre Hilfe weltweit.

4 Die Europäische Union besteht derzeit aus dem Zusammenschluss von 27 Mitgliedsstaaten. Es gehört die Zusammenarbeit in der Sicherheits- und Außenpolitik mit zu ihren Aufgaben. Weitere Aufgaben sind die Zusammenarbeit in der Bildungs-, Kultur- und Umweltpolitik, sowie eine gemeinsame Währungspolitik.

5 Lavenex vom 28.04.2009 zit. nach www.bpb.de

6 Schilling vom 12.05.2009 zit. nach www.politische-bildung-brandenburg.de

7 Heinold 2007, 14

8 Bundesamt für Migration und Flucht vom 13.05.2009 zit. nach www.bamf.de

9 Neuner 2005, 3

10 Silove 1997, 1998; Burnett & Peel 2001; Keller, 2003; zitiert in Neuner 2005, 3 ff.

11 Hessischer Wohlfahrtsverband und Initiativen vom 01.07.2004 zit. nach www.abschiebehaft.de

12 Vgl. Forster , Bieringer und Lamott 2006, 9 ff.

13 Coping kommt von ,,to cope“, was übersetzt heißt ,,mit etwas fertig werden.“ Coping meint das Bewältigen von Konflikten. Es dient hauptsächlich zwei Zielen. Die Person- Umwelt-Bezüge, die den Stress erzeugen, sollen beherrscht oder geändert werden. Das zweite Ziel ist die stressgeladenen Emotionen unter Kontrolle zu bekommen. Als das Bewältigungsverhalten können alle Versuche verstanden werden, die der Mensch bei belastenden Lebensereignissen anwendet, um mit internen und externen Anforderungen umgehen zu können.

14 Vgl. Flösser 1994, 5 ff.

2. Krankheitsbild Trauma

Als psychisches, mentales Trauma oder Psychotrauma wird die Erinnerung einer Person an die Situation eines für sie seelisch einschneidenden Erlebnisses bezeichnet. Das Trauma ist eine Verletzung der Psyche. Maßgebend für die Folgewirkung eines Traumas ist nicht die äußere objektive Intensität des erlebten Ereignisses, sondern die innere subjektive Wahrnehmung der eigenen ,zwangsläufig verdrängten, schweren Kränkung bzw. Verletzung. Die Verletzungsintensität ist abhängig von dem subjektiven Erleben des traumatischen Ereignisses des Menschen. Die Verletzung entsteht durch das subjektive Erleben unerträglicher Gefühle. Diese Gefühle überfluten das Gehirn und führen zu einer Blockade und psychisch zu einer tiefen Erschütterung. Das Trauma verläuft in einem Prozess. Die seelische Verletzung löst diesen Krankheitsprozess aus. Fischer beschrieb es als ein: ,,Vitales Diskrepanzerleben zwischen einer bedrohlichen Situation und den individuellen Bewältigungsmöglichkeiten, das ein Gefühl der Hilflosigkeit und schutzloser Preisgabe auslöst und zu einer dauerhaften Erschütterung des Selbst- und Weltverständnisses führt.“16 Die Sinneseindrücke und Gefühle werden nicht normal abgespeichert, sondern bleiben als Bruchstücke in einer Art Zwischenlager im Gehirn liegen. Ein spezieller Reiz, der eine Ähnlichkeit mit dem ursprünglichen Trauma hat, kann eine Reaktivierung des Traumas auslösen. Durch sogenannte ,,Trigger“ ausgelöste Reaktionen können sich bis ins hohe Alter zeigen. Ein ,,Trigger“ ist ein Ereignis, dass den Traumatisierten hauptsächlich emotional an sein Trauma erinnert, meist in Form von Angst. Die traumatischen Erlebnisse sind nicht außergewöhnlich, weil sie selten vorkommen, sondern weil sie die normalen Anpassungsstrategien des Menschen einfach überfordern. Die traumatische Reaktion tritt ein, wenn das Handeln keinen Sinn mehr hat. Das Trauma bewirkt sehr tief greifende und langfristige Veränderungen in der physiologischen Erregung, dem Gedächtnis, der Wahrnehmung und bei den Gefühlen. Die normalerweise aufeinander abgestimmten Funktionen werden voneinander getrennt. Das komplexe Selbstschutzsystem des Traumatisierten ist zerstört. Durch Dissoziation wird das traumatische Erlebnis getrennt vom übrigen Bewusstsein gespeichert. Die normalen Verbindungen zwischen dem Gedächtnis, Gefühl und Wissen werden aufgelöst, als Folge der intensiven traumatischen Reaktion auf das Geschehene.17 Die traumatischen Erfahrungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Verarbeitungsfähigkeit des menschlichen Gehirns übersteigen. Daher zweifelt der Traumatisierte an seiner Wahrnehmung und an sich selbst.18 Diese Verletzung kann zu vielen weiteren Störungen führen. Der Betroffene fühlt sich ohnmächtig und hilflos. Das traumatische Erlebnis wird als einschneidendes Erlebnis wahrgenommen und kann dadurch nicht so einfach verarbeitet werden vom Menschen. Die Verarbeitung des Erlebten braucht Zeit. Reddemann und Dehner-Rau beschreiben das Trauma wie folgt: ,,Trauma heißt Verletzung. Diese kann sowohl körperlich als auch seelisch sein. Definitionsgemäß erfüllt ein traumatisches Ereignis folgende Kriterien: Die Person war selbst Opfer oder Zeuge eines Ereignisses, bei dem das eigene Leben oder das Leben anderer Personen bedroht war oder eine ernste Verletzung zur Folge hatte. Die Reaktion des Betroffenen beinhaltet Gefühle von intensiver Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen.“19