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Zusammenarbeit mit Fokus auf das Wesentliche "Flow bedeutet: Dinge werden fertig, Vorhaben gehen voran und MitarbeiterInnen erleben in ihrer Arbeit und Zusammenarbeit Motivation, Sinn und Freude." Nadja Schnetzler & Laurent Burst "Teams, die mit Leichtigkeit effizient zusammenarbeiten, können die Welt verändern." So vielversprechend das klingt, so anspruchsvoll ist es auch, als Team Zusammenarbeit so zu gestalten, dass alle Erfolg und Freude haben und sich optimal einbringen können. Einzelkämpfertum, lähmender Perfektionismus, stockende Projekte und sich behindernde Hierarchien machen dem oft einen Strich durch die Rechnung. Was wäre aber, wenn eine einzige Frage das Thema Zusammenarbeit radikal vereinfachen könnte? Diese Frage gibt es, es ist die Frage: "Wie bringen wir da Flow rein?" Egal, ob PraktikantIn oder TeamleiterIn, die Flow-Frage lässt sich auf alle Bereiche der Zusammenarbeit anwenden, schafft sofort einen klaren Fokus und setzt Dinge in Bewegung – alle sind "im Flow", und alles bewegt sich vorwärts. Nadja Schnetzler und Laurent Burst stellen dir 10 sofort anwendbare Werkzeuge vor, um die Flow-Frage zu beantworten. Diese Werkzeuge inspirieren dich dazu, ins Tun zu kommen und den eigenen Arbeits-Flow, den Flow im Team und in der ganzen Organisation zu erhöhen. Die Werkzeuge wurden mit über 3.000 Personen in der Praxis getestet und sind bereits in Unternehmen jeder Größe im Einsatz. Praxisnäher geht es nicht. In einem spannenden Bonuskapitel erfährst du außerdem die Erfolgsgeschichte, wie ein staatliches Amt mit 500 MitarbeiterInnen in nur einem Jahr in den Flow kam.
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Seitenzahl: 289
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Für Inge, Eveline und Silvia
und alle Menschen in Büro-Organisationen, die an eine Transformation glauben, die furchtlos und entschieden vorangehen und mit Humor alle auf die Reise mitnehmen.
Nadja Schnetzler Laurent Burst
Wie du mit 10 praxiserprobten Werkzeugen erfolgreich Flow ins Team, in Projekte und ins Unternehmen bringst
Externe Links wurden bis zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buches geprüft. Auf etwaige Änderungen zu einem späteren Zeitpunkt hat der Verlag keinen Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN Buchausgabe: 978-3-96739-201-2
ISBN ePUB: 978-3-96740-410-4
Lektorat: Michael Madel, Ruppichteroth
Umschlaggestaltung: Laurent Burst, Zug, und Nadja Schnetzler, Biel
Autor*innenfoto: Ella Mettler, Zürich | www.ellamettler.com
Satz und Layout: Das Herstellungsbüro, Hamburg | www.buch-herstellungsbuero.de
© 2024 GABAL Verlag GmbH, Offenbach
Das E-Book basiert auf dem 2024 erschienenen Buchtitel "Zusammenarbeit im Flow - Wie du mit 10 praxiserprobten Werkzeugen erfolgreich Flow ins Team, in Projekte und ins Unternehmen bringst" von Nadja Schnetzler.
Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Der Verlag behält sich das Text- und Data-Mining nach § 44b UrhG vor, was hiermit Dritten ohne Zustimmung des Verlages untersagt ist.
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Einleitung: Zusammenarbeit im Flow
Wie wir auf den Flow kamen: von »Hervorragende Zusammenarbeit« zu »Zusammenarbeit im Flow«
Unterwegs zum Thema »Flow«
Flow als Schlüssel entdeckt
Fokus und Aufbau dieses Buchs
Teil 1: Das Wichtigste für Zusammenarbeit im Flow
Die schlimmsten Flow-Bremser im Büroalltag
Wie Konflikte den Flow stoppen
Die Flow-Bremser und ihre Auswirkungen
Ein ganz besonderer Flow-Bremser: »Firma spielen«
Die magische Lösung: Flow
Warum Flow verloren geht
Die Arbeitswelt als Maschine – und Vogelschwarm-Organismus
Voller Fokus auf Flow
Purpose und andere Flow-Bringer: Basis-Setup für mehr Flow
Der Flow-Bringer »Ruhe, Zeit und Fokus«
Übergeordnete Flow-Bringer: Purpose, Fokus, Klarheit, Team und Spaß
Flow-Bringer 1: Purpose – mehr Sinn
Flow-Bringer 2: Fokus – mehr als Ruhe im Büro
Flow-Bringer 3: Klarheit – temporäre Sicherheit in einer Welt, die sich ständig verändert
Flow-Bringer 4: Team – Dinge gemeinsam tun
Flow-Bringer 5: Spaß – der Indikator für guten Flow
Teil 2: Die Werkzeugkiste für Flow auf der Arbeit
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Das Universal-Werkzeug: Die Flow-Frage
Über Flow reden – statt über Nebenschauplätze
Die Flow-Brille aufsetzen
Die Flow-Bremser erkennen und selbst aktiv werden
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Werkzeug 2: Schreiben & Zuhören
Frustrierende Szenen
Zum Ablauf des Werkzeugs »Schreiben & Zuhören«
Wie »Schreiben & Zuhören« den Flow fördert
Wie Diskussionen den Flow bremsen – und wie sich dies verhindern lässt
Was sagen die Anwender:innen?
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Werkzeug 3: Flow-Entscheiden
Deprimierende Entscheidungsunfälle
Warum Entscheidungen oft einfach nicht zustande kommen
Flow-Entscheiden-Modul 1: Die Ja-Nein-Anders-Entscheidungsfindung
Flow-Entscheiden-Modul 2: Die Entscheidungsfindung mit Regler
Flow-Entscheiden-Modul 3: Schreiben-&-Zuhören-Umfrage
Die Kernaspekte beim Flow-Entscheiden
Und was sagen die Anwender:innen hierzu?
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Werkzeug 4: Flow-Steuerung (Kanban)
Szenen fehlender Steuerung
Mit sichtbaren Signalen in den Flow
Die Grundlagen der Flow-Steuerung
Das Werkzeug Flow-Steuerung (Kanban) in der Anwendung
Zusätzliche Flow-Beschleuniger in der Flow-Steuerung
Das Werkzeug für die Team-Flow-Steuerung nutzen
Und was sagen die Anwender:innen?
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Werkzeug 5: Get-it-done-Session
Hemmende Sitzungskultur und Projektleitung
Get-it-done-Sessions als Flow-Bringer Nr. 1
Die konkrete Umsetzung des Werkzeugs
Was sagen die Anwender:innen zu diesem Werkzeug?
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Werkzeug 6: Meine Betriebsanleitung
Blockierender Kultur-Rucksack
Mich selbst und die anderen noch besser kennenlernen: von den Vor- und Nachteilen der Diversität
Meine Betriebsanleitung: Mini-Investment mit nachhaltigem Effekt
Was meinen die Anwender:innen zu diesem Werkzeug?
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Werkzeug 7: Team-Agreement
Missverständnisse und Reibungen
Kultur schlägt alles
Team-Agreement: Die Team-Kultur explizit gestalten
Team-Agreement in einem Mini-Workshop erarbeiten
Und was sagen die Anwender:innen?
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Werkzeug 8: Spannungen ansprechen
Frustrierende Spannungen
Das Werkzeug »Spannungen ansprechen« bei der Arbeit einsetzen
Und was sagen die Anwender:innen zu diesem Werkzeug?
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Werkzeug 9: Flow-Feedback
Konstruktives Feedback geben – einfacher gesagt als getan!
Mit Flow-Feedback Verbindung schaffen und die Beziehung stabilisieren
Das Ziel: Förderliches Feedback
Und was sagen die Anwender:innen?
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Werkzeug 10: Flow-Teamsitzung
Gar nicht so leicht: gemeinsam für Flow sorgen
Purpose und Klarheit einer Teamsitzung sicherstellen
Die Formate der Flow-Teamsitzung
Ablauf einer Flow-Teamsitzung
Und was sagen die Anwender:innen zu dem Werkzeug?
Teil 3: Praxisbeispiel Flow-Transformation: Wie ein ganzes Amt mit 500 Personen in den Flow kam
»Let’s go – mit Flow!«
Gespräch mit Inge Hubacher, Amtsleiterin
Glossar: Wörter erklärt
Über die Autor:innen
Dank
»Wir entdecken das Wissen über hervorragende Zusammenarbeit und machen es für alle verfügbar. Wir sorgen dafür, dass Menschen und Organisationen ihren Purpose verfolgen können.«
Alles, was wir
– die Autor:innen dieses Buches – tun,
misst sich an diesen zwei Sätzen,
an unserem Purpose.
Die zwei Sätze in dem Zitat auf Seite 9 haben wir 2018 von Hand auf ein Post-it geschrieben und an eines der Fenster im Bauhaus-Gebäude in Dessau geklebt. Wir hatten gerade den Mitaufbau eines Start-ups abgeschlossen und zogen uns nach drei intensiven Jahren zum ersten Mal wieder zu zweit an unseren Inspirationsort zurück, um darüber nachzudenken, welches Vorhaben wir zusammen als Nächstes verfolgen möchten. Auf zwei von Marcel Breuer entworfenen Stühlen saßen wir vor den riesigen Fensterfronten und nutzten die inspirierende Atmosphäre, um unser nächstes Tätigkeitsfeld zu definieren.
Seit diesem Moment in 2018 haben wir gemeinsam mit verschiedensten Auftraggeber:innen vieles rund um diesen Purpose ausprobiert und mit verschiedensten Methoden und Prozessen experimentiert. Aufgrund der Coronapandemie haben wir 2020 fast unsere ganze Tätigkeit auf Online-Workshops umgestellt und dadurch die Möglichkeit bekommen, ganze Organisationen in interaktiven Online-Workshops mit Hunderten von Teilnehmenden zu transformieren. Dabei haben wir unser über 30-jähriges Wissen über Zusammenarbeit genutzt und die Werkzeuge, die Teams dabei helfen, zusammen Großes zu leisten, laufend verfeinert und in einem skalierten Rahmen getestet.
Die Frage, was »hervorragende Zusammenarbeit« genau bedeutet, treibt uns seit Langem um, motiviert uns jeden Tag, und nun haben wir endlich den Schlüssel gefunden, der das Thema für uns am besten auf den Punkt bringt: Flow.
Hervorragende Zusammenarbeit ist für uns Zusammenarbeit im Flow. Dieses Buch ist die Manifestation jenes Elements unseres Purpose, der uns sehr am Herzen liegt: mit möglichst vielen Menschen zu teilen, was wir über Flow-Zusammenarbeit lernen.
Damit möchten wir einen Beitrag dazu zu leisten, dass alle Menschen in allen Organisationen jeden Tag top zusammenarbeiten können.
Seit drei Jahrzehnten befassen wir uns mit dem Thema »Zusammenarbeit«. In jedem Kontext, in welchem wir bisher tätig waren, ging es darum, Menschen zusammenzubringen und sie dabei zu unterstützen, in kurzer Zeit zu Teams zu werden, die gemeinsam Großes schaffen.
Wir haben schon die unterschiedlichsten Arten von Teams erlebt, begleitet und unterstützt. Bei BrainStore, der Ideenfabrik, die für Firmen auf der ganzen Welt Innovationen entwickelte, waren es vorwiegend Ad-hoc-Teams, also Gruppen, die zusammenkamen, um in wenigen Tagen gemeinsam Ideen für ein neues Produkt, eine neue Dienstleistung oder einen neuen Prozess zu entwickeln. In diesen Teams kamen Menschen aus den unterschiedlichsten Kontexten zusammen: Mitarbeiter:innen aus dem Unternehmen selbst, Verbraucher:innen, Expert:innen zu bestimmten Themen, und immer auch Jugendliche, die mit ihren frischen Ideen die ganze Gruppe zu neuem Denken angeregt haben. Bei BrainStore war es unsere Aufgabe, solche Gruppen von Menschen von der ersten Minute an in kollaborative Teams zu verwandeln.
Auch die BrainStore-Crew selbst war ein höchst diverses Team und bestand aus fest angestellten Personen und mehreren hundert aktiven Freelancer:innen. Die meisten Menschen in diesem Team waren sehr jung und motiviert, verfügten jedoch oft über noch wenig Berufserfahrung. In diesem Kontext lernten wir, wie man die Fähigkeiten aller Personen sichtbar macht und optimal nutzt, so dass alle das tun können, was sie am liebsten machen und am besten können.
In vielen Innovationsprojekten von BrainStore-Kund:innen ging es nebst dem Entwickeln guter Ideen auch darum, die gefundenen Ideen Wirklichkeit werden zu lassen und sie umzusetzen. Die Aufgabe bestand darin, im Unternehmen des Auftraggebers die richtigen Leute zu finden, die gerne an einer Herausforderung mitwirken möchten. Das Wichtigste in diesen Teams war, einen Raum zu schaffen, in dem die Innovationen agil und in experimenteller Manier umgesetzt werden konnten. Dieser Raum musste anders funktionieren als die gesamte restliche Organisation und die Personen in diesen Umsetzungsteams bekamen von uns Werkzeuge an die Hand, um gemeinsam flexibel und rasch voranzukommen.
Später bekamen wir als Gründer:innen eines Start-ups im Medienbereich (republik.ch) die Chance, ein Team von Grund auf mit aufzubauen. Da war es unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass ganz unterschiedliche Berufsgruppen sich neu begegnen und gemeinsam das Journalismusprojekt schaffen, in dem sich Journalist:innen, Software-Entwickler:innen als auch Businessleute so begegnen können, dass die Fähigkeiten und das Wissen aller in die neue Organisation fließen. Die Verschiedenartigkeit der Personen wurde so verknüpft, dass der Purpose der Organisation im Zentrum stand, und nicht etwa eine bestimmte Lieblings-Vorgehensweise einer dieser unterschiedlichen Gruppen.
Als Begleiter:innen von Transformationsprozessen in Organisationen unterschiedlicher Größe haben wir unseren umfangreichen Werkzeugkasten aus diesen 30 Jahren immer weiter verfeinert, stetig dem aktuellen Kontext angepasst und dafür gesorgt, dass die Werkzeuge von weiteren Personen genutzt werden können.
Für unsere eigene Zusammenarbeit haben wir einen starken Kompass mit Haltungen entwickelt, die wir auch den Teams weitergeben, mit denen wir arbeiten:
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Wir machen immer genau das, was Flow bringt und einen Beitrag zum Purpose leistet.
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Wir wissen, dass Arbeit am besten von der Hand geht und fließt, wenn sie Spaß macht; und dass man es gemeinsam so einrichten kann, dass es allen Spaß macht, ganz egal, in welcher Organisation.
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Wir sind überzeugt, dass Teams, egal, wie sie zusammengesetzt sind, Lösungen zu allen Herausforderungen und Problemen finden können, die ihnen wieder Flow bringen.
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Wir wissen, dass die Zutaten für gute Zusammenarbeit universell sind und in jeder Art von Organisation funktionieren können, egal, ob im Start-up, im hierarchischen Konzern, im mittelständischen Unternehmen, im Projektteam oder im Verein.
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Wir experimentieren und probieren aus. Was funktioniert, bleibt im Werkzeugkasten, was nicht funktioniert, wird angepasst oder verworfen.
Das bedeutet: Unser Werkzeugkoffer ist in der Praxis entstanden und wird auch in der Praxis weiterentwickelt. Wenn wir etwas entdecken, das uns inspiriert, testen wir es und passen es so an, dass es im Arbeitskontext unserer Kund:innen Flow bringt. Und genau das empfehlen wir auch Teams: Probiert aus, passt an und entwickelt weiter!
Unser Antrieb ist nicht nur, herauszufinden, was gute Zusammenarbeit heißt. Wir möchten zudem alles, was wir herausgefunden haben, auch mit allen teilen. Darum sind wir immer auf der Suche nach Vereinfachungsmöglichkeiten für unsere Werkzeuge, die es jeder Person in jedem Team erlauben, von unserem Wissen sofort zu profitieren und das Gelernte praktisch anzuwenden.
Das Thema Flow begleitet uns schon viele Jahre an zwei konkreten Stellen: Zum einen befassen wir uns seit 2008 intensiv mit Kanban, einer Methodik aus dem Toyota-Produktionssystem (TPS). Es ist ein Set von Praktiken, die vom Toyota-Gründer Taichi Ohno entwickelt wurden, um mehr Flow in die Produktion zu bringen. Die kraftvolle Methodik wurde später von Software-Entwickler:innen übernommen, um den Fluss der Tätigkeiten zu visualisieren, die ein Team beim Programmieren im Blick behalten möchte (Was gibt es zu tun? Was machen wir gerade? Wo gibt es Stau? Was ist erledigt?).
Diese Visualisierungstechnik wird heute in unzähligen Kontexten angewendet und hilft Teams dabei, das Wesen ihrer Arbeit besser zu verstehen und jederzeit gemeinsam gute Entscheidungen über Prioritäten, Vorgehensweisen und Kriterien für die Qualität der Aufgaben zu treffen, die das Team gemeinsam verantwortet (siehe Werkzeug 4: Flow-Steuerung [Kanban]).
Zum anderen war uns der Begriff Flow aus der Forschung des ungarisch-amerikanischen Psychologen Mihály Csíkszentmihályi bekannt: Er benutzt den Begriff Flow für die Momente, wo wir uns als Menschen »im Flow« fühlen, nämlich dann, wenn wir positiv gefordert sind. Flow-Momente beschreibt Csíkszentmihályi so: Menschen im Flow gehen ganz in einer Tätigkeit auf, die sie motiviert; sie vergessen alles rundherum; sie haben messerscharfen Fokus, erleben das Ganze als beglückendes Spiel, in welchem sie die Kontrolle haben. Flow-Erlebnisse fand Csíkszentmihályi bei Menschen, die Neues lernen, im Sport oder in kreativen Aktivitäten; dort, wo wir uns auf etwas Neues einlassen, das unser ganzes Wesen fordert und uns aus unserer Komfortzone bringt, ohne uns übermäßig zu stressen. Im Flow-Zustand, so Csíkszentmihályi, navigieren wir Neues mit Leichtigkeit und Freude.
Damit sind zwei Grundvoraussetzungen für erfolgreiches Zusammenarbeiten bereits eingerichtet:
den
Flow der Arbeit
im Auge behalten; also darauf achten, dass Dinge in einem guten Tempo und in der gewünschten Qualität fertig werden.
darauf achten, dass die Menschen, die diese Arbeit machen,
sich selbst im Flow fühlen
.
Auf die Idee, dass hinter dem Begriff Flow noch mehr steckt, stießen wir zu Beginn eines großen Kundenprojekts.
Wir hatten in diesem Moment die spannende Aufgabe übernommen, für eine Organisation von 500 Personen ein Ausbildungs- und Transformations-Projekt zu gestalten, bei dem alle rund 90 Teams Werkzeuge für eine bessere Zusammenarbeit erhalten und im Alltag nutzen können sollten.
Uns war es wichtig, für dieses Projekt unsere Werkzeuge noch einmal zu überarbeiten und sie so einleuchtend und einfach zu erklären, dass wirklich jede Person in der Organisation sie selbst nutzen und damit die Zusammenarbeit im Team sofort verbessern kann.
Wir wählten die acht effektivsten Zusammenarbeits-Werkzeuge aus, die wir allen Personen in der Organisation an die Hand geben wollten. Als wir die Kursthemen genauer betrachteten, suchten wir nach einer Gemeinsamkeit oder nach einem Motto, das wir nutzen konnten, um die Kurse unter ein gemeinsames Dach zu stellen. Bei der Beschreibung dessen, was für uns »hervorragende Zusammenarbeit« ist, wurde uns klar, dass der gemeinsame Nenner von allem das Thema »Flow« war.
Das Thema »Flow« bringt alles Wichtige zur Zusammenarbeit unter ein Dach:
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Wie wird Arbeit in einem guten Tempo fertig?
■
Wie kommen Vorhaben voran, die für den Purpose und die gemeinsamen Ziele wichtig sind?
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Wie fühlen sich die Menschen mit der Tätigkeit und den anderen Personen verbunden?
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Wie macht uns die Arbeit Spaß und bringt uns Erfolgserlebnisse?
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Wie können sich Menschen auf den Kern ihrer Tätigkeit statt auf Nebenschauplätze konzentrieren?
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Wie können sich alle Mitarbeitenden überall in der Organisation einbringen und mitwirken, ohne von Hierarchien zermürbt zu werden?
Wir sagten uns: Lass uns testen, wie die 500 Leute in dieser Organisation es aufnehmen, wenn wir von Flow sprechen. Und siehe da: Die Chefin der Organisation sagte uns ein paar Tage nach unserer Info-Veranstaltung: »Wohin ich auch gehe, alle reden nur noch über Flow, – an der Kaffeemaschine, in den Fluren und in Sitzungen. Ich bin wirklich beeindruckt.«
Die detaillierte Geschichte dieser Transformation kannst du im Kapitel »Let’s go – mit Flow! Wie ein ganzes Amt mit 500 Personen in den Flow kam« lesen.
Dieses Buch zeigt, was Flow-Zusammenarbeit ist und wie du in deiner Zusammenarbeit mit anderen für mehr Flow sorgen kannst.
Wir vermitteln zehn Werkzeuge, die wir derart vereinfacht haben, dass jede Person damit arbeiten kann, und zwar ganz ohne Vorwissen.
Die Werkzeuge sind tausendfach in der Praxis getestet worden und werden in verschiedenen Organisationen täglich eingesetzt.
Wir zeigen in einem Praxisbeispiel im letzten Kapitel des Buches auch auf, wie man die Haltung rund um Flow und die Werkzeuge nutzen und miteinander kombinieren kann. Wenn alle in der Organisation das Wissen, das Bewusstsein und die Fähigkeiten haben, jeden Tag zum Flow der ganzen Organisation beitragen zu können, transformiert das die ganze Unternehmung!
Es gibt viele weitere Werkzeuge, die wir kennen und einsetzen, um als Team hervorragend zusammenzuarbeiten. So nutzen wir zum Beispiel in unserer Arbeit oft Werkzeuge wie agile Sprints, Design Thinking oder OKR (»Objectives and Key Results«), von denen du vielleicht schon gehört hast. Auch die Themen von Führung und Selbstführung in hierarchischen und nicht-hierarchischen Kontexten, die für eine gute Zusammenarbeit entscheidend sind, beschäftigen uns in unserer Arbeit laufend.
In diesem Buch konzentrieren wir uns nun auf jene Werkzeuge, die wir spezifisch für das Thema Flow entwickelt oder adaptiert haben.
Zu der Form der Werkzeuge, wie du sie in diesem Buch antriffst, sind wir über viele Entwicklungsrunden gelangt. Über 3000 Personen haben unsere Werkzeuge in unterschiedlichsten Evolutionsstufen genutzt, wir haben sie nach jedem Einsatz weiter vereinfacht. Zu den Menschen, die an dieser Feldforschung beteiligt waren, gehören zum Beispiel:
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rund 70 Schüler:innen, Lehrer:innen und eine Schulpsychologin an einer Montessorischule in Sarajevo,
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1700 Personen einer großen Schweizer Versicherungsgesellschaft,
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unzählige Teams zwischen drei und 20 Personen aus Start-ups, Nichtregierungsorganisationen, Familienbetrieben, Vereinen, Stiftungen, mittelständischen Unternehmen und Großkonzernen, und
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alle 500 Mitarbeiter:innen eines Arbeitsamtes in der Schweiz.
Die Werkzeuge in unserem Flow-Werkzeugkasten kannst du einzeln nutzen oder miteinander kombinieren. Sie sind geeignet für kleine Sequenzen in einer Sitzung, zur Gestaltung eines ganzen Meetings oder Workshops und auch für die nachhaltige Bildung einer Teamkultur, die dafür sorgt, dass alle und alles im Flow sind.
Das Universal-Werkzeug für mehr Flow – falls du gleich starten möchtest – ist die Frage nach dem Flow selbst. Wenn etwas stockt oder nicht richtig fließt, kannst du dir die Frage stellen: »Was kann ich oder können wir gemeinsam tun, um den Flow wieder herzustellen?«
Das Werkzeug Schreiben & Zuhören zieht sich als Basis-Element durch alles durch und kommt auch in den anderen Werkzeugen häufig vor. »Schreiben & Zuhören« sorgt dafür, dass sich das Team immer und jederzeit um den Flow kümmert: auf der individuellen Ebene und auf der Team-Ebene. Zudem wird das Werkzeug oft mit dem Werkzeug Flow-Entscheiden kombiniert.
Die Flow-Steuerung (Kanban) kommt ebenfalls in Kombination mit anderen Werkzeugen zum Einsatz, zum Beispiel in der Get-it-done-Session. Die Flow-Teamsitzung enthält fast alle Werkzeuge, die wir in diesem Buch vorstellen.
Natürlich lassen sich alle Werkzeuge auch mit Elementen kombinieren, die ihr in eurem Team schon im Einsatz habt. Denn der Werkzeugkasten lässt sich auf alle Bedürfnisse anpassen.
Wie eine ganze Organisation die Flow-Werkzeuge nutzt und eine komplette Transformation in der Zusammenarbeit erreicht hat, beschreiben wir im letzten Kapitel des Buches: »Let’s go – mit Flow! Wie ein ganzes Amt mit 500 Personen in den Flow kam«. In diesem Praxisbeispiel erfährst du, wie das Arbeitsamt des Kantons Bern in der Schweiz mit Flow-Werkzeugen dafür gesorgt hat, dass heute alle 500 Personen in der Organisation vollkommen anders zusammenarbeiten, und zwar im Team und teamübergreifend. Zudem berichten wir, welche Hebel und zusätzlichen Aktivitäten diese Transformation möglich machten und wie es gelang, das ganze Amt in den Flow zu bringen.
Wir halten fest: In diesem Buch stellen wir dir einfache, effiziente und robuste Werkzeuge vor, mit denen du im Team Flow erzeugen kannst. Dabei spielt es keine Rolle, ob du Teammitglied, Teamleiter:in, Praktikant:in oder Teil eines Ad-hoc-Teams bist. Wenn du die Werkzeuge benutzt, wird sich die Zusammenarbeit sofort verändern. Wir wissen das, weil wir diese Werkzeuge mit Tausenden von Menschen in vielen Organisationen im echten Arbeitsleben praktisch getestet haben.
Viel Spaß beim Entdecken!
Nadja und Laurent
PS: Falls du Fragen hast oder ein Erlebnis mit uns teilen möchtest:
Schreib uns eine E-Mail an [email protected] – wir freuen uns immer über Rückmeldungen.
Dieses Buch setzt dir die Flow-Brille auf. Mit der Flow-Brille siehst du nur, was für den Flow relevant ist. Dabei ist es egal, ob du angestellt bist, Mitglied eines Vereins, Start-up-Gründer:in, Projektleiter:in oder Chef:in eines Unternehmens. Die Flow-Brille kann sich jede:r aufsetzen!
Bevor wir starten, eine Vorbemerkung: Bist du jemand, der nicht ein ganzes Buch lesen möchte, sondern einfach das wichtigste Prinzip verstehen möchte? Nach dem Motto: TLDR: Too long, didn‘t read (zu Deutsch: »zu lang, habe es nicht gelesen«)? Dann lies dieses Kapitel und das Universal-Werkzeug »Die Flow-Frage«. Es wird deine Sicht auf Arbeit und Zusammenarbeit verändern und dir eine Flow-Brille auf die Nase setzen, mit der du ab morgen zur Arbeit gehen kannst. Mit der Flow-Brille kannst du deinen eigenen Flow, den Flow deines Teams und letztlich den Flow der ganzen Organisation verbessern.
Warum aber ist das Buch dann doch noch länger? Weil wir uns ganz genau überlegt haben, welche Werkzeuge im Arbeitsalltag am meisten dabei helfen, Flow herzustellen. Diese Werkzeuge sind einfach, effizient, robust und machen darüber hinaus auch noch Spaß. Und es ist zielführender, Flow-Bringer zu nutzen, als sich den Flow-Bremsern auszuliefern.
In den meisten Firmen und Organisationen wird der Flow ständig ausgebremst, und damit kommen die Arbeit und das Erreichen gemeinsamer Ziele oft fast zum Stillstand.
Menschen in Organisationen sind es leider gewohnt, dass die Dinge nicht fließen, dass Sachen nicht vorangehen und dass Menschen mit ihrer Arbeit ständig entweder überfordert oder komplett unterfordert sind.
Wenn neue Personen ins Unternehmen kommen, prallen unbewusst unterschiedliche Arbeitsarten aufeinander. Und das führt zu Konflikten. Konflikte wiederum stoppen den Flow komplett. Das zeigen einige Beispiele aus dem ganz normalen Firmenalltag:
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Beispiel 1:
Ninas Team steht vor einer wichtigen Weiche. Nächste Woche findet eine Präsentation statt, die darüber entscheidet, ob das Projekt, an dem alle schon zwei Jahre intensiv gearbeitet haben, in die nächste Runde geht. Es gibt noch viel zu tun, doch ein Konflikt über die Stoßrichtung der nächsten Etappe lähmt das Team. Der Konflikt bremst nicht nur das Projekt, sondern beeinflusst auch die Beziehungen im Team negativ. Die Teammitglieder reagieren unterschiedlich darauf: Die einen sind verunsichert und trauen sich nicht, frische Ideen einzubringen, andere sind frustriert und lassen das die anderen spüren. Wieder andere denken, dass sie im Team nicht akzeptiert sind. Der Konflikt bindet die Kräfte, die es bräuchte, um die nächste Projektetappe kristallklar zu definieren, was die Präsentation noch überzeugender machen könnte. Nina muss mit einer Präsentation ins Rennen gehen, die sie nicht wirklich überzeugt.
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Beispiel 2:
Rajen ist neu im Team und hat viel Enthusiasmus und Ideen mitgebracht. Er wurde eingestellt, weil er in seinem Themenfeld ein ausgewiesener Experte ist. Seine Chefin ist sich gar nicht bewusst, dass sie viele der Ideen, die er in der Teamsitzung einbringt, als Konkurrenz ansieht und meist abblockt, manchmal mit Kommentaren wie: »Da hast du noch zu wenig Erfahrung in der Organisation, um zu verstehen, warum wir so was unmöglich umsetzen können.« Nach einigen Monaten hat Rajen aufgegeben, neue Ideen vorzuschlagen, was ihm wiederum Tadel einbringt: »Wir haben dich eingestellt, damit wir in der Sache innovativer werden, und von dir hört man kaum einen Ton im Meeting.« Rajen ist nun unsicher, was er tun soll.
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Beispiel 3:
Ursula ist eine pragmatische und ideenreiche Texterin, die in kürzester Zeit, basierend auf den Inputs verschiedener Menschen, top formulierte Konzepte aus dem Boden stampfen kann. Ihre Stärke ist es aber nicht, die Texte sorgfältig zu überarbeiten. Ihr Chef ist ein Perfektionist und kommt nie über die ersten drei Abschnitte hinaus, wenn er einen Text von Ursula zu lesen bekommt. Seine Überzeugung, dass man einen perfekten Text erwarten kann, führt dazu, dass er Ursula zu Perfektion »erziehen« will, und auch nicht möchte, dass sie mit einer anderen Person zusammenarbeitet, um die Texte zu überarbeiten: »Das ist das Mindeste, was ich von dir erwarten darf.« Ursula braucht Wochen, um die Texte auf den Stand zu bringen, den ihr Chef von ihr erwartet. Die Zeit fehlt ihr dann, um das zu machen, was sie am besten kann. Für sie bedeutet die Textüberarbeitung verlorene und sinnlos vergeudete Zeit.
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Beispiel 4:
Piet ist seit wenigen Wochen Teamleiter. Zuvor durfte er nie etwas entscheiden und musste für jede Kleinigkeit andere Personen fragen. Jetzt ist er in einer Position, in der er plötzlich jeden Tag Entscheidungen fällen muss. Weil ihn das überfordert, bittet er für fast alle Entscheidungen seine Chefin um Rat. Dadurch verschiebt und vertagt er wichtige Entscheidungen, die das Team aber braucht. Zudem müssen seine Teammitglieder oft unnötig lang warten, bis sie ihre Aufgaben endlich in Angriff nehmen können.
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Beispiel 5:
Harryet ist frustriert. Um sich konzentrieren zu können, braucht sie Ruhe. Im Großraumbüro wird sie ständig von Kolleg:innen bei der Arbeit unterbrochen und abgelenkt. Zudem verbringt sie mehr als die Hälfte ihrer Zeit in Meetings. Sie hat das Gefühl, kaum je länger als zehn Minuten an einer Aufgabe arbeiten zu können.
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Beispiel 6:
Joachim öffnet im Homeoffice das E-Mail-Programm und würde am liebsten gleich den Laptop wieder zuklappen: Zehn neue Aufgaben wurden ihm von seinem Chef aufs Auge gedrückt. Alle sind dringend und Joachim hat noch vier Probleme zu lösen. Dafür wird er mehr Zeit brauchen, als er erwartet hat. Im Teammeeting spricht er seinen Chef und die Teammitglieder darauf an, dass er über seiner Kapazitätsgrenze ist: »Ach komm, wir haben alle viel zu tun, das kriegst du schon hin. Du musst einfach richtig priorisieren«, sagt sein Chef. Joachim wünscht sich Unterstützung, spürt aber nur Überforderung und Druck, all die Dinge irgendwie unter einen Hut zu bringen, die ihm zugespielt wurden.
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Beispiel 7:
Das Team hat gerade via Kundendienst einen neuen Auftrag erhalten. Diverse Aspekte davon sind dem Team unklar, und die Teammitglieder beschließen, bei der Kundenberaterin Barbara nachzufragen, ob sie diese Unklarheiten mit dem Kunden klären kann. Barbara ist im Stress und sagt: »Ich finde, der Auftrag ist eindeutig, macht bitte mal, ich kann den Kunden jetzt damit nicht noch einmal belästigen.« Das Team arbeitet trotz der Unklarheiten weiter und überreicht Barbara eine Woche später die entsprechenden Unterlagen für den Kunden. Dieser reklamiert bei Barbara, weil nun ihm einige Dinge unklar sind. Das Ende vom Lied: Das Team muss aufwendig nachbessern. Mehr als eine Woche ist unnötig verstrichen.
Wir haben Hunderte von Menschen in verschiedenen Organisationen gefragt, was ihnen bei der Arbeit Flow bringt und was sie aus dem Flow herausreißt. Die folgende Auflistung zeigt die wichtigsten Flow-Bremser:
Flow-Bremser
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Ständige Ablenkung und Unterbrechungen
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Vertagen und Aufschieben
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Perfektionismus
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Unklarheit und Missverständnisse
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Spannungen und Konflikte
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Angst und Unsicherheit
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Sinnlosigkeit
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Überforderung, zu viel auf einmal
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Dinge immer wieder aufs Neue anfassen müssen
■
Nicht oder schlecht funktionierende Werkzeuge
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»Firma spielen«
Alle diese Flow-Bremser führen dazu, dass Menschen, die wirklich gerne einen guten Job machen möchten, behindert werden und viel Frust erleben. Flow-Bremser haben also erhebliche Auswirkungen auf die Arbeit, die Menschen, die Zusammenarbeit und die ganze Organisation.
Ständige Ablenkung und Unterbrechungen: Das ist der am häufigsten genannte Flow-Killer! Wer ständig von Anrufen, E-Mails oder spontanen Besucher:innen am Arbeitsplatz oder von zu vielen Sitzungen unterbrochen wird, kann sich nicht auf die Arbeiten konzentrieren, die Aufmerksamkeit brauchen. Lärm, ständige Nachrichten auf dem Mobiltelefon und Nachrichten auf verschiedenen Chatkanälen unterbrechen und lenken ebenfalls ab. Dabei wächst auch die Gefahr, komplett von der aktuellen Aufgabe abzuschweifen.
Vertagen und Aufschieben: Dieser Flow-Bremser basiert meist auf Unsicherheit, Unklarheit oder Angst. Das führt dazu, dass wir nicht entscheiden möchten, dass wir Dinge verschieben, immer noch weitere Personen einbinden möchten oder weitere Abklärungen einleiten, was zu Wartezeiten oder auch zum Stillstand führen kann.
Perfektionismus: Viele Menschen sind gewohnt, ihre Arbeiten so oft zu überdenken und zu überarbeiten, dass sie absolut fehlerfrei sind oder garantiert bei niemandem anecken. Dies führt zu Verzögerungen und Frust bei anderen beteiligten Personen. Perfektion zu erreichen ist extrem zeitaufwendig. Um schnell auf eine Qualität von 80 Prozent zu kommen, braucht es nicht allzu viel; aber um die letzten 20 Prozent zu erreichen, braucht es meistens viermal so viel Zeit als wir für jene 80 Prozent aufgewendet haben. So wird der Flow unnötig verlangsamt.
Unklarheit und Missverständnisse: Bei der Arbeit gibt es jeden Tag Unklarheiten und Missverständnisse, weil sich alles die ganze Zeit verändert. Zu einem Flow-Bremser wird das dann, wenn Unklarheiten und Missverständnisse nicht angesprochen werden, Nachfragen mit Aussagen wie »Das haben wir schon besprochen« unterbunden oder Informationen zurückgehalten werden. Unklarheit und Missverständnisse führen zu gigantischen Kosten, weil viele Arbeitsergebnisse im Mülleimer landen. So sinkt die Motivation, wodurch ebenfalls Kosten verursacht werden.
Spannungen und Konflikte: Spannungen in uns und mit anderen sind alltäglich. Wenn wir Spannungen nicht ansprechen, können sie zu Irritationen führen und zu Konflikten werden. Wir fühlen dann im Alltag ein Unbehagen, das die Kommunikation und das Zusammenarbeiten lähmt oder unmöglich macht. Spannungen und Konflikte gehören zu den wirkmächtigsten Flow-Killern.
Angst und Unsicherheit: Im Alltag erleben wir oft Situationen, die uns überfordern, in denen wir Unsicherheit ausgesetzt sind oder in denen wir Angst vor etwas oder jemandem empfinden. Wenn wir in diesen Situationen nicht auf den Support anderer zählen können, kann uns diese Angst lähmen und es uns unmöglich machen, unsere Potenziale zu entfalten. Wir fühlen uns dann oft unwohl, greifen zu Vorgehensweisen, die nicht nützlich sind (»Firma spielen«, Selbstzensur) oder ziehen uns so weit wie möglich zurück. Wenn wir aus Angst und Unsicherheit handeln, tun wir in der Regel genau das nicht, was wir für richtig halten.
Sinnlosigkeit: Es gibt zu viele Aufgaben oder Jobs, die wenig oder keinen Sinn haben, oder deren Sinn sich der Person, die sie ausführt, nicht erschließt. Dazu gehören auch Aufgaben, von denen die ausführende Person genau weiß, dass sie nichts bringen oder keine Wirkung haben werden. Wer den Sinn der eigenen Arbeit nicht kennt, kann keinen Beitrag zur Gesamtaufgabe leisten und erlebt keinen persönlichen Flow.
Wenn die Organisation möchte, dass sich alle einbringen und zum Purpose beitragen, sollte sie dafür sorgen, dass die Menschen einer Arbeit nachgehen können, die Wirkung hat und die sie selbst als sinnvoll erachten.
Überforderung / zu viel auf einmal: Der Flow geht verloren, wenn wir zu viele Dinge auf einmal erledigen wollen oder müssen. Wenn wir versuchen, zu viele Aufgaben gleichzeitig zu erledigen, springen wir von einer Aufgabe zur nächsten, ohne wirklich etwas fertig zu bekommen. Wenn wir nicht fokussieren können oder nicht priorisieren dürfen, worauf und wie lange wir unsere Energie verwenden, führt das im schlimmsten Fall zur Total-Blockade und in den Burn-out.
Dinge immer wieder aufs Neue anfassen müssen: Es gibt Momente, in denen etwas überarbeitet werden muss, weil sich die Ausgangslage seit dem ersten Auftrag verändert hat. Es gibt aber auch viele Situationen, die beim Start zu wenig Aufmerksamkeit und Austausch bekommen haben, was dann dazu führt, dass wir sie mehrfach ändern, überarbeiten oder nochmal von vorne anfangen müssen, selbst wenn das vermeidbar gewesen wäre. Dies führt zu persönlichem Frust und zum Verlust von Flow.
Nicht oder schlecht funktionierende Werkzeuge: Wer sich nicht auf den eigenen Rechner und die Software, die Einrichtung im Büro, den Drucker, die Materialbeschaffung und vieles mehr verlassen kann und deswegen warten muss, wird nicht nur unproduktiv, sondern erlebt auch einen großen persönlichen Verlust von Flow. Diese Werkzeuge sind genauso wichtig wie die Werkzeuge von Handwerker:innen. Oder wer hat schon einmal von einer Küchenbrigade gehört, die mit stumpfen Messern einen Michelin-Stern gewinnen konnte? Die Kosten für hervorragende Werkzeuge stehen in keinem Verhältnis zu den eingesparten Arbeitsstunden und zur gewonnenen Motivation.
Viele Dinge, die gut und professionell klingen und Menschen in Firmen mit bester Absicht tun, tragen oft wenig zu Flow bei oder verhindern Flow sogar, weil es gigantische Ablenkungsmanöver sind. Es handelt sich um angelernte Handlungsmuster oder Glaubenssätze darüber, wie ein Unternehmen »zu funktionieren hat«. Nicht selten werden diese Glaubenssätze oder Verhaltensmuster durch Unsicherheit hervorgerufen. Zielführender ist es, wenn sich Menschen sicher fühlen können, weil sie sich am Arbeitsplatz als ganze Person authentisch einbringen können und sich trauen, Prozesse und Verhaltensweisen zu hinterfragen und Dinge anders zu machen als andere.
»Firma spielen« bedeutet, dass wir Dinge tun oder imitieren, weil wir denken, dass »man« das halt so tun muss in einer bestimmten Position in der Organisation, ohne sich zu überlegen, ob dies auch tatsächlich sinnvoll ist.
Dabei geht unter oder wird verschüttet, was wir eigentlich wollen: unsere Arbeit erledigen, Vorhaben vorantreiben, mit Augenmaß und einer gewissen Intuition handeln. »Firma spielen« fühlt sich wie normales Arbeiten an und sieht auch so aus – doch statt den Flow zu erhöhen und auf den Purpose der Organisation einzuzahlen, hält »Firma spielen« alle genau davon ab und bremst alle und alles aus.
Typische Aussagen, die darauf hinweisen, dass gerade »Firma gespielt« wird, sind zum Beispiel:
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»Diese Entscheidung muss der Vorstand fällen – und der trifft sich frühestens in drei Monaten.«
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»Dieser Fehler darf nicht mehr passieren – wir brauchen eine Checkliste, damit das nie wieder vorkommt.«
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»Ich habe keine Ahnung, was die Strategie ist – meine Chefin hat vor drei Wochen eine 80-seitige PowerPoint-Präsentation herumgeschickt, ich habe immer noch nicht verstanden, was mein Beitrag dazu sein könnte.«
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»Die Leitung von Human Resources und die Leitung der Kommunikation verstehen sich nicht. Wir können dieses wichtige Projekt nicht anpacken, da sie nicht zusammenarbeiten wollen.«
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»Mein Chef hat gesagt, ich darf nur Dinge tun, die eindeutig in meinem Pflichtenheft stehen; darum kann ich dich dabei nicht unterstützen.«
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»Dieses Computerprogramm funktioniert seit Wochen nicht, aber die Alternative, die funktionieren würde, darf ich nicht verwenden; darum muss dieses Projekt warten, bis die IT das gelöst hat.«
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»Diese Idee klingt zwar gut, aber auch viel zu einfach. Lass uns mal Abklärungen und Studien in Auftrag geben, um die Machbarkeit zu prüfen.«
Dieses Verhalten kreiert bei allen eine kognitive Dissonanz. Wir hören von allen Seiten Dinge, die wir selbst wichtig finden und die auch sehr wichtig und ernsthaft klingen, doch das Verhalten aller kreiert eben genau nicht das, was als wichtig benannt wurde, sondern nur Ablenkung, Unklarheit und Frust. Das lässt sich nicht immer klar benennen, doch wir merken, dass das, was wir aus gesundem Menschenverstand heraus tun würden, nicht erlaubt oder angeblich nicht möglich ist oder schlicht nicht wertgeschätzt wird.
Wer stattdessen die Frage nach dem Flow stellt, setzt alles und alle in Bewegung, ganz ohne Druck und Stress. Größte Effizienz entsteht nebenbei, nur dadurch, dass wir das Augenmerk auf den Flow legen.
Flow bringt auf den Punkt, worum es uns bei der Zusammenarbeit geht: Die Arbeit fließt, wird erledigt und macht Spaß. Alle sind herausgefordert, aber nicht überfordert, alle lernen dazu und kommen gemeinsam weiter, wir haben gemeinsame Erfolgserlebnisse. Und jede Person kann sich mit ihren Fähigkeiten und ihrem Wissen voll einbringen.
Wenn wir auf den Flow achten, dann konzentrieren wir uns auf den Kern der Arbeit, und alles andere löst sich in Luft auf.
Der griechische Philosoph Heraklit prägte den Begriff πάντα ῥεῖ, »Panta Rhei«, auf Deutsch »Alles fließt«. Auch der folgende Satz stammt wohl von ihm: »Du kannst nicht zweimal in den gleichen Fluss steigen.« Seine Überlegung war: Wenn ich ein zweites Mal in den Fluss steige, in dem ich zuvor schon mal war, ist es eben nicht mehr der gleiche Fluss, weil das Wasser, in dem ich vorher war, schon weiter geflossen ist. Weiter schreibt Heraklit: »Alles fließt und nichts bleibt. Es gibt nur ein ewiges Werden und Wandeln.«