Zuviel Vertrauen  kann gefährlich sein - Patricia Vandenberg - E-Book

Zuviel Vertrauen kann gefährlich sein E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Nun gibt es eine Sonderausgabe – Dr. Norden Gold Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen. »Ich bin sehr froh, daß wir in der Lage waren, die Ursache für Ihre Erkrankung so schnell herauszufinden«, erklärte Jenny Behnisch ihrer Patientin Tanja Süss mit sichtlicher Erleichterung. Die scheue junge Frau mit den braunen Rehaugen und dem sanft gewellten Haar lächelte schüchtern, als ihr die Klinikchefin zur Entlassung freundlich die Hand reichte. »Ich fand es furchtbar, als mein Freund mir sagte, er halte mich für schizophren. Stellen Sie sich vor, er wollte mich direkt in eine Psychiatrische Klinik bringen lassen«, gestand sie leise. Jenny Behnisch lächelte ihr aufmunternd zu. »Dank Dr. Norden ist ja noch einmal alles gutgegangen.« »Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn er nicht kurz vor meinem Besuch den Artikel über Pyrrolurie in diesem medizinischen Fachblatt gelesen hätte. Dann hätte man mich womöglich wirklich in eine Therapie gesteckt und jahrelang dabehalten«, malte sich Tanja ein wahres Horrorsze-nario aus. »Daran dürfen Sie jetzt nicht mehr denken. Manchmal muß man auch Glück im Leben haben. Wenn Sie daran denken, täglich die vereinbarte Menge an Vitamin B 6 und Zink einzunehmen, werden Sie ein ganz normales Leben ohne Einschränkung führen«, versprach Jenny Behnisch ihrer Patientin zuversichtlich. »Ich bin mir sicher, wir werden uns erst wiedersehen, wenn Sie Ihr erstes Kind hier zur Welt bringen«, erinnerte sie sich an den jungen Mann, der Tanja täglich besucht und sich aufopfernd um sie gekümmert hatte. Tanja Süss erlaubte sich ein zärtliches Lächeln. »Valentin ist wirklich ein Schatz.

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Dr. Norden Gold – 60 –

Zuviel Vertrauen kann gefährlich sein

Unveröffentlichter Roman

Patricia Vandenberg

»Ich bin sehr froh, daß wir in der Lage waren, die Ursache für Ihre Erkrankung so schnell herauszufinden«, erklärte Jenny Behnisch ihrer Patientin Tanja Süss mit sichtlicher Erleichterung.

Die scheue junge Frau mit den braunen Rehaugen und dem sanft gewellten Haar lächelte schüchtern, als ihr die Klinikchefin zur Entlassung freundlich die Hand reichte.

»Ich fand es furchtbar, als mein Freund mir sagte, er halte mich für schizophren. Stellen Sie sich vor, er wollte mich direkt in eine Psychiatrische Klinik bringen lassen«, gestand sie leise.

Jenny Behnisch lächelte ihr aufmunternd zu.

»Dank Dr. Norden ist ja noch einmal alles gutgegangen.«

»Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn er nicht kurz vor meinem Besuch den Artikel über Pyrrolurie in diesem medizinischen Fachblatt gelesen hätte. Dann hätte man mich womöglich wirklich in eine Therapie gesteckt und jahrelang dabehalten«, malte sich Tanja ein wahres Horrorsze-nario aus.

»Daran dürfen Sie jetzt nicht mehr denken. Manchmal muß man auch Glück im Leben haben. Wenn Sie daran denken, täglich die vereinbarte Menge an Vitamin B 6 und Zink einzunehmen, werden Sie ein ganz normales Leben ohne Einschränkung führen«, versprach Jenny Behnisch ihrer Patientin zuversichtlich. »Ich bin mir sicher, wir werden uns erst wiedersehen, wenn Sie Ihr erstes Kind hier zur Welt bringen«, erinnerte sie sich an den jungen Mann, der Tanja täglich besucht und sich aufopfernd um sie gekümmert hatte.

Tanja Süss erlaubte sich ein zärtliches Lächeln.

»Valentin ist wirklich ein Schatz. Er hat sich mehrfach dafür entschuldigt, meine Panikattakken, die Vergeßlichkeit und diese Halluzinationen auf eine Geisteskrankheit zurückgeführt zu haben.«

»Sie dürfen ihm das nicht übelnehmen. Auch wir Ärzte hätten Sie zunächst auf diese Symptome hin behandelt und wären sicher nicht so schnell darauf gekommen, daß Sie an einer seltenen Stoffwechselerkrankung leiden«, wiederholte Jenny Behnisch noch einmal mit Nachdruck, um auch das letzte Fünkchen Mißtrauen in Tanja zu vertreiben. »Nun muß ich mich aber wirklich beeilen. In wenigen Minuten werde ich zu einer Besprechung erwartet. Alles Gute, Frau Süss.« Mit diesen Worten wandte sich die Klinikchefin endgültig ab und verließ ihre Patientin.

Tanja stand noch ein paar Momente unschlüssig im Zimmer herum und sah sich um, ob sie auch nichts vergessen hatte. Dann griff sie nach ihrer Tasche, die auf dem Bett stand, und verließ den Raum. Doch sie wandte sich nicht etwa in Richtung Ausgang sondern schlug den entgegengesetzten Weg ein. Wenig später klopfte sie zögernd an eine Tür. Als sie eintrat, erschrak der junge Mann, der im Bett lag und in einer medizinischen Zeitschrift blätterte. Mit einer hastigen Bewegung klappte er das Magazin zu und versuchte, sie vor Tina zu verbergen.

»Wie schön, daß du mich besuchen kommst!« heuchelte er große Freude.

»Was versteckst du denn da?« erkundigte sich die junge Frau jedoch neugierig und zog Martin Krauses Hand fort. Interessiert nahm sie das Blatt in die Hand und las den Titel laut vor. »Psychologie heute. Seit wann interessierst du dich denn dafür?« fragte sie dann mit einem irritierten Blick auf ihren Bekannten.

»Oh, in der Bücherei war gerade nichts anderes zu haben. Da hab ich halt das mitgenommen«, erklärte Martin hastig und wagte es nicht, Tanja in die Augen zu schauen.

Die dachte sich jedoch nichts weiter dabei, blätterte einmal kurz durch die Zeitschrift und legte sie schließlich zurück auf Martins Bettdecke.

»Glücklicherweise bleibt es mir erspart, mich mit diesem Thema weiter beschäftigen zu müssen«, seufzte sie erleichtert und ließ 
sich auf der Bettkante nieder. 
»Eine Stoffwechselerkrankung hat nichts mit Psyche zu tun. Es ist schön, mit dieser Gewißheit nach Hause zu gehen.«

Martin sah sie aufmerksam an.

»Du wirst entlassen?«

»Eigentlich bin ich schon auf dem Sprung nach Hause. Ich wollte nur nicht gehen, ohne mich von dir zu verabschieden.«

»Das ist aber lieb von dir«, lächelte Martin nun ehrlich erfreut und griff nach Tanjas schlanker, zarter Hand. »Im nachhinein bin ich sehr froh über meinen Autounfall. Wäre der nicht passiert, hätte ich dich niemals kennengelernt.«

»Stimmt«, nickte Tanja versonnen.

»Ich bin auch froh. Allerdings frage ich mich, ob der Preis, den du bezahlen mußt, nicht ein bißchen hoch ist. Ich meine, immerhin bist du deinen Job als Paketbote nun los. Wovon willst du jetzt leben?«

»Keine Ahnung. Wenn du noch frei wärest, würde ich glatt bei dir einziehen und mich von dir aushalten lassen«, machte Martin einen Witz, über den Tanja pflichtschuldig lachte.

»Aber erstens bin ich das nicht, und zweitens wärst du da bei mir an der falschen Adresse. Ich mag Menschen nicht, die keinen Ehrgeiz haben.«

»Mein Ehrgeiz würde sich auf den Haushalt konzentrieren. Ich wäre der perfekt Hausmann. Stell dir mal vor: wenn du von der Arbeit nach Hause kommst, steht das Essen auf dem Tisch, die Wäsche liegt gebügelt im Schrank und die Böden glänzen wie in der Werbung. Während du mir von deinem Arbeitstag erzählst, hänge ich an deinen Lippen und bewundere dich«, spielte er mit seiner Phantasie.

»Eine grauenhafte Vorstellung«, widersprach Tanja jedoch mit einer Energie, die man ihrem sanften Äußeren gar nicht zutraute. »Ich brauche einen Mann, zu dem ich aufblicken kann. Eine Stütze im Leben, eine starke Schulter zum Anlehnen.«

Martin seufzte.

»Ich weiß schon, einen Kerl wie Valentin. Groß gewachsen, gut gebaut, attraktiv und charmant. Ich kann dich ja verstehen, daß du mit mir nichts am Hut hast«, gab er resigniert zurück.

»Das darfst du so nicht sehen«, versuchte Tanja, dem jungen Mann, mit dem sie während ihres Klinikaufenthalts Freundschaft geschlossen hatte, gut zuzureden. »Wenn Valentin nicht wäre, würde ich mich mit Sicherheit in dich verlieben.«

»Das sagst du jetzt nur so. Was solltest du an mir schon finden?«

Darüber brauchte Tanja nicht lange nachzudenken.

»Also, erstens finde ich dich sehr süß mit deinen blonden Strubbelhaaren und den freundlichen braunen Augen. Du hast einen schönen Mund und ein nettes Lächeln. Außerdem bist du intelligent, warmherzig und hast einen guten Charakter«, zähle sie ungeniert auf.

Martin lächelte verschlagen.

»Soso, du meinst, du hast mich in der kurzen Zeit unserer Bekanntschaft so gut kennengelernt?« fragte er herausfordernd.

Tanja schenkte ihm einen unsicheren Blick.

»Wie meinst du das?«

Aber Martin winkte nur ab und antwortete nicht.

»Schon gut. Wie geht es bei dir weiter in nächster Zeit? Wann 
gehst du wieder arbeiten?« lenkte er die Sprache rasch auf ein anderes Thema.

Ein bekümmerter Ausdruck erschien auf Tanjas Gesicht.

»Wegen der Erbschaft müßte ich ja nicht unbedingt arbeiten. Trotzdem will ich so bald wie möglich wieder im Museum anfangen. Das normale Leben muß weitergehen. Aber ehrlich gesagt habe ich viel Angst davor. Meine Kollegen glauben doch alle, ich bin verrückt.«

»Die Welt ändert sich schnell, und die Menschen vergessen rasch. Wenn es läuft wie früher, wird alles bald wieder beim alten sein. Du wirst sehen«, versprach Martin und drückte Tanjas Hand.

»Dein Wort in Gottes Ohr«, seufzte sie bedrückt. Eine Weile schwiegen sie beide. Die Zeit des Abschieds war gekommen. Und die Unsicherheit stand zwischen ihnen.

»Meinst du, dein Freund hat was dagegen, wenn ich dich mal besuchen komme? Rein freundschaftlich natürlich«, faßte sich Martin schließlich ein Herz.

Tanja überlegte kurz und schüttelte dann den Kopf.

»Bestimmt nicht. Valentin arbeitet soviel an seinen Forschungsprojekten an der Uni, daß ich ihn kaum zu Gesicht bekomme. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Nachdem ich erst mal nur halbtags arbeite, bin ich bestimmt froh, ein bißchen Gesellschaft zu haben.«

»Na, ich hoffe, es geht nicht um irgendeine Gesellschaft«, bemerkte Martin schneidend.

Tanja horchte auf.

Als sie ihn jedoch beunruhigt ansah, lachten seine Augen freundlich wie immer.

»Natürlich wäre mir deine am liebsten«, ließ sie sich daher zu dem Kompliment hinreißen, das er herausgefordert hatte.

»Das beruht auf Gegenseitigkeit«, bemerkte Martin zufrieden. »Deine Adresse habe ich ja. Sobald ich hier raus bin, melde ich mich bei dir. Und jetzt muß ich schlafen. Ich bin müde«, machte er dem Abschiedsbesuch ein überraschend schnelles Ende.

Tanja erhob sich irritiert. Ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen, hatte sich Martin auf die andere Seite gedreht. So blieb ihr nichts anderes übrig, als nach der Tasche auf dem Boden zu greifen und sich endlich auf den Nachhauseweg in eine hoffentlich glückliche Zukunft zu machen.

Konzentriert über seine Arbeit gebeugt saß Valentin Kleist an seinem Schreibtisch in der Universität und bemerkte gar nicht, wie die Professorin Elvira Mildenberg den Raum betrat. Eine Weile stand sie regungslos neben ihm und blickte ihm über die Schulter, bis sie ihn schließlich ansprach.

»Ich bin wirklich beeindruckt von Ihrer Arbeit«, bemerkte sie mit ihrer besonderen, tiefen, immer ein wenig rauhen Stimme, die gar nicht zu ihrem ansonsten ausgesprochen weiblichen Aussehen passen wollte.

Valentin zuckte erschrocken zusammen und sah auf. Dann lächelte er.

»Ach, Sie sind es. Ich habe Sie gar nicht kommen hören.« Er lehnte sich zurück und streckte den schmerzenden Rücken durch.

»Offenbar kommt meine Unterbrechung gerade recht.«

»Eine kleine Pause kann nie schaden. Was kann ich für Sie tun?« fragte Valentin Kleist interessiert nach dem Grund für das Erscheinen der sonst so vielbeschäftigten Professorin. Die griff nach seinen Aufzeichnungen und überflog sie, ehe sie den Arbeitsblock zurücklegte und die Hände in die Taschen ihres Jacketts steckte. Sie sah Valentin herausfordernd an.

»Ich beobachte Sie und Ihre Forschungsarbeiten schon eine geraume Zeit und bin sehr zufrieden mit den Ergebnissen Ihrer Studie über den Einsatz der Hot Dry Rock Geothermie zur Elektrizitäts-erzeugung.«

»Das freut mich«, gab Valentin überrascht zurück. »Allerdings stehen wir im Gegensatz zu den ausländischen Kollegen noch ganz am Anfang unserer Forschungsarbeiten. Die USA und Japan haben klare Vorteile, was dieses Thema angeht.«

Elvira Mildenberg legte den blondgelockten Kopf schief und sah Valentin aus ihren durchdringend blauen, kühlen Augen an.

»Es ist mir wohl bewußt, daß es in Mitteleuropa keine Heißwasser- oder Dampflagerstätten gibt, die sich in der Regel nur in den vulkanischen Gebieten unseres Planeten befinden.Allerdings haben die Forschungen auch gezeigt, daß selbst in unseren Breitengraden der Untergrund heiß genug ist, um diese Wärme zur Stromerzeugung zu nutzen.«

»Ich weiß«, winkte Valentin ab, dem diese Tatsachen hinlänglich bekannt waren. »Man muß lediglich tief genug bohren.«

Elvira nickte bestätigend.

»Richtig erkannt. Und eben für eine solche Bohrung haben wir einen Forschungsauftrag der Regierung bekommen. Ich soll ein leistungsfähiges Team zusammenstellen, das gemeinsam mit Wissenschaftlern aus aller Welt die Möglichkeiten unserer Region untersucht«, ließ Elvira die Katze endlich aus dem Sack.

»Das ist ja ein toller Erfolg für unsere Fakultät«, freute sich Valentin ehrlich über diese Auszeichnung.

Elvira lachte aufreizend. Offenbar hatte ihr Mitarbeiter nicht verstanden, um was es ihr letztendlich ging.

»In der Tat. Meine fähigsten Mitarbeiter werden Teil dieses Teams sein. Ich heiße Sie also herzlich willkommen«, erklärte sie dem verwirrten jungen Forscher daher ohne weitere Umschweife.

Valentin verstand trotzdem nicht sofort, was er da eben gehört hatte.

»Was haben Sie da gesagt? Ich soll an den Forschungsarbeiten beteiligt sein?«

»Natürlich. Oder glauben Sie, ich erzähle Ihnen das alles zum Spaß? Bereits Anfang nächster Woche finden die ersten Besprechungen mit den in- und ausländischen Kollegen statt. Ich bitte Sie, sich entsprechend vorzubereiten, um uns in einem Vortrag Ihre Forschungsergebnisse in komprimierter Form zu erläutern«, verlangte Elvira energisch.

Mit einem Mal wurde Valentin ganz aufgeregt.

»Selbstverständlich. Sie können sich auf mich verlassen«, beeilte er sich zu versichern. Seine Finger zitterten vor Aufregung, als er seine Unterlagen zur Hand nahm und durchblätterte. »Diese Neuigkeiten kommen ein wenig überraschend. Ich wollte nächste Woche mit meinen Doktoranden einen Ausflug in die Alpen machen«, bemerkte er sichtlich konfus.

»Das kann bestimmt einer Ihrer Kollegen übernehmen. Ich erwarte Sie kommenden Montag in meinem Büro, um die Details zu besprechen«, antwortete Elvira Mildenberg unmißverständlich und verabschiedete sich nach ein paar weiteren, fachlichen Worten von ihrem nervösen Mitarbeiter. Nachdem sie sein Büro verlassen hatte, ließ sich Valentin auf seinen Stuhl fallen. Er faßte sich mit den Händen in das kurzgeschnittene, dunkelbraune Haar.

»Das ist ja großartig! Ich kann es kaum glauben. Eine neue Herausforderung! Wie wunderbar«, geriet er unversehens ins Schwärmen, je länger er über diese Chance nachdachte. Er war so in seine Gedanken vertieft, daß er das Läuten des Telefons zunächst vollkommen überhörte. Erst als das Geräusch lästig wurde, nahm er es wahr.

»LMU München, Department für Geo- und Umweltwissenschaften, Kleist«, meldete er sich hastig.

»Valentin, bist du das?« fragte Tanjas weiche Stimme.

Der schnaubte ungeduldig.

»Wer denn sonst?«

»Ich dachte nur, du hast so hastig gesprochen, daß ich dich kaum verstanden habe. Wo bist du denn?«

»Was stellst du für Fragen? Ich bin hier im Institut«, antwortete Valentin eine Spur ungeduldig, als ihm plötzlich einfiel, was er vergessen hatte. Erschrocken schlug er sich mit der flachen Hand auf die Stirn. »O Gott, ich habe versprochen, dich von der Klinik abzuholen«, entfuhr es ihm.

Tanja seufzte frustriert.

»Allerdings. Ich hatte mich so auf dich gefreut.«

»Schätzchen, es tut mir wirklich leid. Ich war so in meine Arbeit versunken, daß ich das völlig verplant habe.« Er warf einen raschen Blick auf seine Armbanduhr. »Und jetzt kann ich nicht mehr kommen. In einer Viertelstunde beginnt meine Vorlesung.«

»Schon gut, ich nehme mir ein Taxi«, fügte sich Tanja geknickt in die unabänderlichen Tatsachen.

»Nicht böse sein, Engelchen. Ich mach das wieder gut, ja?« versprach Valentin hoch und heilig.

Tanja lächelte.

»Das mußt du nicht. So brav, wie du mich immer in der Klinik besucht hast, stellen die Ärzte offenbar schon Vermutungen über unsere Zukunft an.«

»Wie? Was? Das mußt du mir genauer erklären. Aber nicht jetzt. Ich muß mich noch vorbereiten. Komm gut nach Hause, mein Engel. Und mach dir keine Sorgen. Alles wird wieder gut werden. Jetzt, wo wir wissen, daß du nicht schizophrener bist als alle anderen Frauen auch, müssen wir uns keine Sorgen mehr machen. Versprichst du mir, daß du dir keine Gedanken machst?« fragte er atemlos, während er seine Sachen zusammenraffte.

Augenblicklich erstarrte Tanjas Lächeln zu Eis.

»Was hast du da eben gesagt?« fragte sie enttäuscht und leise.

Doch Valentin hatte im Augenblick keinen Sinn für Feinheiten.

»Nur, daß du dir keine Sorgen mehr machen mußt.«

»Nein, das meinte ich nicht. Das mit dem schizophren wie alle Frauen.«