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Auf dem Weg nach Hause werden die beiden Halbschwestern Nora und Bridget Enfield mit ihrem Auto von der Straße gedrängt und landen unsanft in einem Seitengraben. Nicht fähig, den Wagen ohne fremde Hilfe wieder auf die Straße zu bekommen, macht sich Nora zu Fuß auf den Weg in eine nahegelegene Ortschaft. Doch dort kommt sie nie an und, was hat die graue Ford-Limousine mit ihrem Verschwinden zu tun?
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Jonas Pickham
Zwei Schwestern –
eine Tote
Ein klassischer Kriminalroman
Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv
Cover: © by Steve Mayer mit einem eigenen Motiv von edeebee (KI), 2025
Korrektorat: Ilka Richter
Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang
www.baerenklauexklusiv.de
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Inhaltsverzeichnis
Impressum
Das Buch
Zwei Schwestern – eine Tote
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
Weitere klassische Kriminal-Romane von Jonas Pickham sind erhältlich oder befinden sich in Vorbereitung
Auf dem Weg nach Hause werden die beiden Halbschwestern Nora und Bridget Enfield mit ihrem Auto von der Straße gedrängt und landen unsanft in einem Seitengraben. Nicht fähig, den Wagen ohne fremde Hilfe wieder auf die Straße zu bekommen, macht sich Nora zu Fuß auf den Weg in eine nahegelegene Ortschaft. Doch dort kommt sie nie an und, was hat die graue Ford-Limousine mit ihrem Verschwinden zu tun?
***
Ein klassischer Kriminalroman von Jonas Pickham
Düstere, altersschwache Baumwollpappeln, von Nordweststürmen zerzaust und verbogen, säumten in Abständen die Landstraße, die als die längere von zweien die Städte Oakley und Camden miteinander verband. Sie war fast zwanzig Meilen lang, und viele Seitenstraßen kreuzten sie oder mündeten in sie ein. Teilweise war sie zu beiden Seiten von gelben Weizenfeldern und grünen Weiden begrenzt, die sich oft bis zum Horizont erstreckten, und an manchen Stellen wechselten die gebeugten Pappeln an ihrem Rande mit uralten Buchen- und Eichenwäldern ab. Sie war ein ganz gewöhnlicher mittelamerikanischer Highway, breit und eben wie ein ruhiger glatter Strom, der sich sein Bett durch die Landschaft gegraben hat. Auch sie ging nicht geradeswegs auf ihr Ziel los, sondern in jenen, von keiner Bodenbeschaffenheit erzwungenen Kurven und Windungen, die überall auf der Welt ewig unerklärlich bleiben werden. Und in einer dieser Kurven löste an einem Montagnachmittag der Fahrer eines Lastkraftwagens eine Reihe von Ereignissen aus, von denen er selbst niemals etwas erfuhr.
An jenem Nachmittag nämlich kehrten die beiden Halbschwestern Nora und Bridget Enfield in ihrem Wagen nach Hause zurück. Sie waren Waisen, denn erst vor ein paar Wochen war ihr Vater William P. Enfield gestorben und hatte die ganze Stadt Oakley in tiefer Trauer zurückgelassen. Schließlich war er es gewesen, der mit seinem Geld und seinem Unternehmungsgeist überhaupt erst eine Stadt aus dem verschlafenen Oakley gemacht hatte, und zwar eine Stadt, die jetzt im Begriff stand, dass bis dahin viel größere und sehr überhebliche Camden schnell und endgültig zu überflügeln.
Merkwürdigerweise waren die beiden Schwestern noch unverheiratet, obgleich es kaum einen Junggesellen in der Stadt gab, der die eine oder andere der beiden in Gold eingefassten hübschen Mädels nicht vom Fleck weg geheiratet hätte. Aber man sagte, dass Nora, die ältere, die aus erster Ehe stammte, seit nunmehr fast zehn Jahren immer noch an einer unglücklichen Liebe krankte und deshalb ihr Herz hermetisch verschlossen hätte, während Biddy behauptete, keine Zeit zum Heiraten zu haben. Sie betätigte sich als Schriftstellerin, besaß einen beweglichen Geist und eine lebhafte Fantasie und hatte bereits einige ›Mysteries‹ verfasst, denen ein gewisser Erfolg beschieden war. Aber diese Erfolge genügten ihr nicht. Sie dürstete nach Ruhm.
An jenem Nachmittag also waren die beiden Schwestern in Camden gewesen, und Nora, die zusammen mit dem Chefmanager Dennis Cooper die Unternehmungen ihres Vaters weiterführte, hatte die Taschen ihres leichten schwarzen Mantels voller Banknoten. Sie war eine ruhige und sichere Fahrerin und saß schweigend hinter dem Lenkrad. Auch Biddy, wie die andere genannt wurde, war in ihre Gedanken vertieft, die sich mit einem neuen Thema beschäftigten, für das sie sich bei dem Anwalt Mr. Charles Lamb in Camden, einem berühmten Strafverteidiger, einige sachliche Unterlagen geholt hatte. Sie waren durch Radford gefahren, hatten die Straßenkreuzung passiert, von der aus man links nach Northam und rechts nach Morville gelangte, und sahen nun in einer Entfernung von etwa einer Meile den großen, urwüchsigen Wald von Duddingstone vor sich, dessen südliche Ausläufer sich fast bis zu den ersten Vorstadthäusern von Oakley ausdehnten. Zahllose verschwiegene Wege gab es in diesem dichten Laubwald.
Vor diesem Wald beschrieb die Landstraße eine mäßige Linkskurve, die Nora gerade ziemlich unvorschriftsmäßig schneiden wollte, als sie ein durchdringendes Signal hinter sich vernahm. Sie riss das Lenkrad herum, und eine Sekunde später tauchte ein gewaltiger Überlandfrachter neben ihr auf. Die Straße war breit genug, um mindestens drei solchen Ungetümen nebeneinander Platz zu bieten, und alles wäre glattgegangen. Aber sei es, dass der Fahrer des Lasters Nora eine kleine Lektion erteilen wollte, sei es, dass er seine zwei Anhänger vergessen hatte – jedenfalls schwenkte er ein bisschen zu früh wieder nach rechts ein, und die Folge war, dass der armen Nora, um nicht mit dem letzten Wagen und der nächsten Pappel zu kollidieren, nichts weiter übrigblieb, als die Straße zu verlassen und in den Graben zu fahren, in dem sie sich so hoffnungslos festfuhr, dass sie ohne fremde Hilfe unmöglich wieder flott werden konnte.
»Schöne Geschichte«, brummte Biddy, aus ihren Grübeleien erwachend.
Nora sagte gar nichts, in ihrem regelmäßigen, fast klassisch schönen Gesicht bebten die Nasenflügel in zweckloser Empörung, und ihre dunklen Augen blickten so finster wie die einer Frau, die ihren Mann auf Abwegen ertappt hatte. Der Lastzug aber, der das Unheil angerichtet hatte, rollte unter großem Getöse weiter und wurde kleiner und kleiner, bis der Wald ihn verschluckte.
Nach einem ergebnislosen Versuch, ihren Wagen mit eigener Kraft wieder auf die Straße zu bringen, gaben sie es auf, stiegen aus und betrachteten sich die Lage von außen.
»Wie man nur so ungeschickt sein kann«, meinte Biddy ärgerlich. »Wenn ich gefahren wäre, hätte das nicht geschehen können.«
»Ich hätte sofort bremsen sollen«, sagte Nora friedfertig. »Dann hätte er mich nicht so abquetschen können.«
»Warum hast du nicht vorher daran gedacht?«, rief Biddy vorwurfsvoll und mit dem ihr eigenen, oft zu Boshaftigkeit neigenden Temperament. Sie war schon von Kindheit an aufbrausend und rechthaberisch veranlagt gewesen und hatte sich ihrer Schwester gegenüber immer so benommen, als ob sie sechs Jahre älter als sie wäre und nicht sechs Jahre jünger, wie es in Wirklichkeit der Fall war.
»Und was nun?«, fragte sie unwirsch. Nora zuckte hilflos die Schultern. »Warten, bis jemand kommt, der uns herauszieht.«
»Haben wir ein Schleppseil dabei?«
»Nie eins gesehen.«
»Natürlich nicht!«, rief Biddy empört. »Nie eins gesehen! Und wie stellst du dir das jetzt vor? Glaubst du, dass irgendeiner, der zufällig hier vorbeikommt, darauf eingerichtet ist, unseren Wagen aus diesem verdammten Graben herauszuziehen?«
Wie gewöhnlich fühlte die ruhige Nora sich klein und hässlich, wenn die lebhafte Biddy mit ihr zankte. Natürlich war sie schuld an diesem Unfall; aber lohnte es sich, deshalb so viele Worte zu verlieren und sich zu streiten? Es war ja kein ausgesprochenes Unglück geschehen, und niemand war verletzt worden; nicht einmal der Wagen hatte eine Beule bekommen. Irgendjemand würde schon vorbeikommen und ihnen wieder auf die Beine helfen.
Aber immer, wenn man Hilfe nötig hat, bleibt sie aus. Der erste Wagen, der vorüberkam, war ein kleiner Lieferwagen, der nach Camden wollte und von einem munteren alten Knaben gefahren wurde, der über das Missgeschick der Schwestern fast in Tränen ausbrach, sich aber in Ermangelung eines Schleppseils außerstande erklärte, ihnen zu helfen. Dafür versprach er, sogleich nach seinem Eintreffen in dem sechs Meilen entfernten Radford jemand zu mobilisieren, der sie herausziehen konnte.
Nach einer Weile erschien ein Personenwagen mit einem robusten Farmerehepaar aus Morville, das nach Dulvich unterwegs war, das heißt also, an der nächsten Straßenkreuzung nach rechts in den Wald abbiegen musste. Zwar führten sie ein Seil mit sich, aber dessen Stärke reichte allenfalls hin, um einen willigen Ochsen zum Schlachthof zu zerren, nicht aber, um einen festgefahrenen schweren Wagen abzuschleppen. Ein Versuch bewies das, denn das Seil riss beim ersten Ruck mitten durch, und das Ehepaar machte sich unter Ausdrücken tiefsten Bedauerns wieder auf den Weg.
»Jetzt habe ich genug«, rief die ungeduldige Biddy. »Wer weiß, ob der Mann wirklich jemand aus Radford schicken wird. Wollen wir ewig hier stehen und warten, bis jemand kommt, der zufällig ein brauchbares Schleppseil bei sich hat?«
Nora machte ein äußerst unglückliches und bekümmertes Gesicht, denn sie hatte nicht die geringste Idee, was jetzt zu tun war.
»Na gut«, meinte Biddy entschlossen. »Dann werde ich mich eben aufmachen und nach Holbeck wandern, um ein Gespann oder einen Traktor zu holen, der uns aus diesem Schlamassel herauszieht.«
»Nicht doch!«, rief Nora und hielt ihre schon enteilende Schwester am Arm fest. »Lass mich gehen, Biddy! Schließlich bin ich schuld daran, und wahrscheinlich würden deine zierlichen Schuhe einen solchen Marsch nicht einmal durchhalten. Wenn inzwischen doch noch Hilfe kommen sollte, werden wir uns ja zwischen hier und Holbeck wiederfinden, nicht?«
Nora machte sich tapfer auf den Weg, obgleich sie sich sagte, dass ihr Wagen sehr wahrscheinlich viel früher mit seinen vier Rädern wieder auf der Straße stehen würde, als sie imstande war, aus Holbeck Hilfe herbeizuholen. Aber sie war so empfindsam, dass jeder Zank und Streit ihr von Herzen zuwider war. Sie liebte ihre junge Stiefschwester, wie eine Mutter ihr Kind liebt, auch wenn es noch ungeraten ist. Sie fühlte sich verantwortlich für Biddy, weil sie die Ältere war, und weil sie beide den gleichen Vater hatten. Immerhin, wenn es sich irgendwie einrichten ließ, vermied sie ein Alleinsein mit ihr.
Die Landstraße lief nach der Unglückskurve noch eine Weile am Wald entlang, bis linker Hand eine Nebenstraße in sie einmündete. Biddy ließ sich auf einem weißen Chausseestein nieder und sah im gleichen Augenblick über die Felder hinweg eine dicke Staubwolke und davor eine offensichtlich hellgraue Limousine, die, von Northam kommend, der Hauptstraße zustrebte. Als sie dort angelangt war, hielt sie, und Biddy konnte deutlich erkennen, wie Nora dem Fahrer zuwinkte, der ihr darauf die Tür öffnete und sie einsteigen ließ. Ein wenig später verschwand der Wagen in dem kurzen Waldstück, hinter dem die Ortschaft Holbeck lag und das ein Ausläufer des großen Duddingstone-Waldes war.
Der Mann mit dem Lieferwagen vorhin, der nach Camden wollte, erwies sich indessen als zuverlässiger, als er ausgesehen hatte. Tatsächlich erschien bald darauf ein Fahrzeug des Abschleppdienstes aus Radford und zog Biddy mit ihrem Wagen gegen eine Gebühr von fünf Dollar schnell und sicher aus dem Graben.
Biddy fuhr weiter nach Holbeck, das aus sechs Farmhäusern bestand. Sie erkundigte sich auf jedem einzelnen der Höfe nach einer Dame im schwarzen Mantel und nach einer hellgrauen Limousine, aber niemand hatte dergleichen hier gesehen. Ein alter Mann, der schon seit über einer Stunde vor seinem Haus dicht an der Straße gesessen hatte, behauptete, dass zwar einige Autos vorbeigefahren wären, aber keins, dass der Beschreibung Biddys entsprach.
Nora war also nicht durch Holbeck gekommen. Aber wohin, zum Teufel, war sie denn gefahren?
Biddy hatte ihren Wagen an der Seite geparkt, war ausgestiegen und blickte nun ratlos die Landstraße hinunter, die etwa hundert Meter weiter in das Waldstück einbog. Ein etwa zwölfjähriger hagerer Junge mit einem verschlissenen Manchesteranzug und mit einem leichten Sack auf dem Rücken kam gemächlich näher. Biddy hatte ihn vorher auf der Straße nicht gesehen, also musste er sich irgendwo im Wald herumgetrieben haben.
»Da kommt Luke Moran«, sagte der alte Mann. »Vielleicht weiß der etwas.« Luke nahm sich Zeit, und als er endlich heran war, fragte Biddy ihn, wo er gewesen sei.
»Was geht Sie das an?«, erwiderte der Junge. »Im Wald war ich natürlich. Pilze sammeln.«
»Hast du zufällig ein hellgraues Auto irgendwo gesehen?«, fragte Biddy so freundlich, wie es ihr möglich war.
»Sicher«, antwortete Luke. »Einen grauen Ford. Fuhr den Nebenweg hinunter, der im Wald von der Hauptstraße abzweigt.«
»Und wer saß darin?«
»Ein Mann in einem braunen Anzug und braunen Hut und eine Lady in Schwarz.«
»Wohin führt dieser Weg eigentlich?«
»Irgendwohin. Vermutlich zu der anderen Hauptstraße, die von Camden über Morville und Dulvich nach Oakley geht.«
»Danke!«, sagte Biddy, bestieg ihren Wagen und fuhr die Straße zurück, die sie eben gekommen war. Sie fand den schmalen Nebenweg, bog dort ein und verlor sich bald im Dickicht eines finsteren Waldes, der von dieser Stunde an ein Geheimnis barg, das erst nach langer Zeit gelüftet werden konnte.
Der Washington Boulevard in Oakley mit seinen zahlreichen Hochhäusern und strahlenden Schaufenstern war um diese Zeit voller Licht und Lärm. Aufzuckende Reklamebeleuchtung an den Fronten und auf den Dächern der Häuser tötete mit brutaler Eilfertigkeit den sinkenden Tag und erfüllte die Straße mit flimmernder Unruhe und Bewegung. An der Ecke der Franklin Street riefen die Zeitungsverkäufer die ersten Abendblätter aus, und in regelmäßigen Abständen schrillten durchdringend die Pfiffe des Verkehrspolizisten dazwischen.
Die Ampel, die den Verkehr auf dem Boulevard regelte, wechselte eben von Grün auf Rot, und die Schlange der Autos stoppte mit einem Ruck, als ob sie gegen eine unsichtbare Mauer gefahren wäre. Nur ein einziger Wagen durchbrach diese Mauer und fuhr unbekümmert weiter.
Wieder ertönte ein Pfiff, der Arm eines Polizisten winkte, und die graue Limousine rollte gehorsam an den Bordstein. Der Fahrer öffnete das rechte Fenster und zeigte ein verlegenes Lächeln.
»Ah, Mr. Shelley!«, lachte der Polizist, als er den Fahrer erkannt hatte. »Sieh mal an! Das hätte ich nicht von Ihnen gedacht.«
»Kann passieren, wenn man in Gedanken ist«, erwiderte Shelley. »Was kostet das?«
»Ein Jahr Gefängnis mindestens.«
»Nein, im Ernst«, lächelte Shelley und griff in die Tasche. »Einen Dollar, was?«
»Aber nicht für Sie, Sir«, winkte der Cop ab. »Lassen Sie Ihr Geld stecken! Sie haben schon genug Gutes für uns getan. Neuer Wagen, Sir? Ich habe Sie sonst immer in einem blauen gesehen.«
»Eben geholt«, bestätigte Mr. Shelley. Der Polizist trat einen Schritt zurück und ließ seine Augen über die langgestreckte Karosserie wandern. »Ein Ford, nicht?«, fragte er plötzlich ein bisschen nachdenklich. »Und ein grauer obendrein. Hören Sie, Mr. Shelley, hat man Sie noch nicht angehalten?«
»Wieso?« Shelleys hartes und etwas brutales Gesicht legte sich fragend in Falten.
»Sind Ihnen die Schwestern Enfield bekannt?«
»Wer kennt sie nicht hier in der Stadt?«
»Die Ältere wird seit heute Nachmittag vermisst, und man hat sie zuletzt angeblich in einer grauen Ford-Limousine gesehen.«
»Wo?«
»Im Duddingstone Forest.«
»Sie wird sich schon wieder anfinden, die gute Nora«, lächelte Shelley hintergründig. »Und da macht die Polizei eine so große Aktion draus?«
»Ich weiß nicht, Mr. Shelley. Ich kenne die näheren Umstände noch nicht, aber ich würde Ihnen raten, auf dem kürzesten Weg nach Hause zu fahren und Ihren neuen Wagen in die Garage zu stellen, damit Sie sich endlose Ausfragereien ersparen.«
»Und das alles nur, weil Miss Nora Enfield vermisst wird? Das verstehe ich nicht ganz, Dick.«
»Soviel ich gehört habe, vermutet man einen Mord.«
»Du lieber Himmel! Wenn eine hübsche junge Frau mit jemanden in den Wald fährt, braucht man doch nicht gleich an Mord zu denken. Wer tut das? Chef Dunmore?«
»Es scheint so. Ich nehme an, dass die jüngere Miss Enfield ihm diesen Tipp gegeben hat. Jedenfalls lässt er den ganzen Wald durchkämmen. Aber, wie gesagt, etwas Genaues weiß ich nicht.«
»Und jetzt sucht ihr die ganze Stadt nach grauen Limousinen der Marke Ford ab?«
»Die ganze Stadt und ihre Umgebung.« Der Polizist O’Connell steckte seinen Kopf durch das Wagenfenster und betrachtete Shelley von oben bis unten. »Außerdem sollen wir uns nach einem Mann in einem braunen Anzug und mit einem braunen Hut umsehen. Aber die gibt es ja wie Sand am Meer.«
Shelley spielte mit dem Gaspedal, trat auf die Kupplung und drückte den ersten Gang hinein. »Na, dann viel Spaß, Dick!«, sagte er und schob seinen braunen ›Homburg‹ ins Genick. »Ich muss jetzt weiter.«
»Moment noch, Mr. Shelley!« Der Polizist O’Connell klammerte sich mit beiden Händen am Wagen fest, als ob er ihn am Abfahren hindern wollte. Der andere maß ihn mit einem erstaunten Blick.
»Was ist?«
»Eine Frage, Mr. Shelley. Ich hörte, dass Sie in diesem Jahr als Kandidat für den Kongress auftreten wollen. Stimmt das?«
Shelleys Lachen klang wie ein befreites Aufatmen. »Kann schon stimmen«, sagte er und fuhr langsam an. »Hoffentlich geht alles gut. Na – so long, Dick!« Während er sich in die Kolonne der vorbeifahrenden Wagen einreihte, blickte der Polizist O’Connell ihm gedankenvoll nach. Eigentlich hatte er noch dies und jenes fragen wollen, sich aber schnell anders besonnen. Denn warum sollte ausgerechnet er sich die Finger verbrennen? Howard Shelley war ein einflussreicher Politiker und würde sehr wahrscheinlich in den Kongress nach Washington gewählt werden.