100 Fragen zu Palliative Care - Ingrid Hametner - E-Book

100 Fragen zu Palliative Care E-Book

Ingrid Hametner

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Beschreibung

Der kompakte Kompass für Palliative Care Geht es um Palliative Care, gibt es oft mehr Fragen als Antworten. Doch der Grundtenor ist immer gleich: Am Ende des Lebens soll das würdevolle Sterben stehen. Auch in der 4. aktualisierten Auflage bietet dieses Buch wieder den Leitfaden in der Begleitung und Pflege von Menschen in ihrer letzten Lebensphase. Es nimmt auf leicht verständliche Art und Weise den Gedanken der Palliativpflege ernst: In gleich 100 Fragen und Antworten wird die umhüllende Fürsorge (von lat. Pallium = Mantel) vielfach beleuchtet. Dazu kommen viele praxisnahe Tipps - als Ermunterung für alle Beteiligten, Menschen in ihrer letzten Lebensphase nicht allein zu lassen.

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Seitenzahl: 200

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Ingrid Hametner ist Diplom-Pädagogin, Krankenschwester, Lehrerin für Pflegeberufe sowie ausgebildete Management- und Personaltrainerin. Seit vielen Jahren arbeitet sie sehr erfolgreich in der Aus-, Fort- und Weiterbil-dung von Profis im Pflegebereich. Sie versteht sich als »Netzwerkerin«, und leitete speziell zum Themenbereich große EU-Projekte in Bremerhaven und kooperierte mit der Palliative Care Akademie Hamburg.

Sie leistet Beirats- und Bildungsarbeit beim Hospizmodell Bremerhaven, ist zertifizierte Palliative Care-Trainerin und Moderatorin der Robert Bosch Stiftung zur Palliativen Praxis. Bisher hat sie verschiedene ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen bei der Entwicklung einer Palliativkultur beraten und begleitet.

Sie hält Vorträge zum Themenbereich und gibt regelmäßig Seminare für bereits qualifizierte Palliative Care Fachkräfte im Evangelischen Bildungs-zentrum in Bad Bederkesa.

 

 

 

»Ein würdevolles Sterben verlangt Zeit, Raum und kompetenten Beistand.«

INGRID HAMETNER

 

 

 

 

 

 

 

Bibliografsche Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National-bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar.

ISBN 978-3-8426-0916-7 (Print)ISBN 978-3-8426-9226-8 (PDF)ISBN 978-3-8426-9227-5 (EPUB)

5., aktualisierte Auflage

© 2024 Schlütersche Fachmedien GmbH, Hans-Böckler-Allee 7, 30173 Hannover, www.schluetersche.de

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde in diesem Buch gelegentlich die männliche Form gewählt, nichtsdestoweniger beziehen sich Personenbezeichnungen gleichermaßen auf Angehörige des männlichen und weiblichen Geschlechts sowie auf Menschen, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen.

Autorin und Verlag haben dieses Buch sorgfältig erstellt und geprüft. Für eventuelle Fehler kann dennoch keine Gewähr übernommen werden. Weder Autorin noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus in diesem Buch vorgestellten Erfahrungen, Meinungen, Studien, Therapien, Medikamenten, Methoden und praktischen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen. Insgesamt bieten alle vorgestellten Inhalte und An-regungen keinen Ersatz für eine medizinische Beratung, Betreuung und Behandlung.

Etwaige geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Daraus kann nicht geschlossen werden, dass es sich um freie Warennamen handelt. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle muss vom Verlag schriftlich genehmigt werden.

Lektorat: Claudia Flöer, Text & Konzept Flöer

Covermotiv: photobars – stock.adobe.com

Inhalt

Grußwort

Vorwort zur 5., aktualisierten Auflage

1Grundlagender Palliative Care

1. Frage:Was ist Palliative Care?

2. Frage:Welchen Grundsätzen folgt die Palliative Care?

3. Frage:Wann ist Palliative Care notwendig?

4. Frage:Was bedeutet »exzellente Schmerz- und Symptomkontrolle«?

5. Frage:Welche körperlichen Symptome finden in der letzten Lebensphase besondere Beachtung?

6. Frage:Was ist Schmerz?

7. Frage:Was versteht man unter »Total Pain«?

8. Frage:Was beinhaltet das Symptom »Mundtrockenheit«?

9. Frage:Was versteht man unter Appetitlosigkeit im Rahmen der Symptomkontrolle?

10. Frage:Was ist wichtig, wenn man für sterbenskranke Menschen kocht?

11. Frage:Gibt es überhaupt kulinarische Wünsche in einem Hospiz?

12. Frage:Was wird unter »Freiwilligem Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit« in der Palliative Care verstanden?

13. Frage:Was ist »Fatigue?«

14. Frage:Was bedeutet Obstipation im Rahmen der Palliative Care?

15. Frage:Was ist eine Dyspnoe?

16. Frage:Was versteht man unter »death rattle«?

17. Frage:Was bedeutet das Symptom »Pruritis« in der Palliativsituation?

18. Frage:Warum treten Dekubitalulzera in der letzten Lebensphase auf?

2Palliative Care: Prozess-, nicht Handlungskette

19. Frage:Was sollten wir über die Bedürfnisse wissen?

20. Frage:Was ist eine »palliative Haltung«?

21. Frage:Was ist Empathie?

22. Frage:Was hilft bei Angstzuständen?

23. Frage:Was gibt Begleitern Orientierung?

24. Frage:Wie klassifiziert Elisabeth Kübler-Ross die Sterbephasen?

25. Frage:Welches Verhalten kann sich in den einzelnen Sterbephasen zeigen?

26. Frage:Was können Begleiter in den einzelnen Phasen tun?

27. Frage:Lässt sich Palliative Care erlernen?

28. Frage:Welche Kernkompetenzen sollen in Palliative Care/Palliativmedizin entwickelt werden?

29. Frage:Was ist mit dem »Curriculum Palliative Praxis« gemeint?

30. Frage:Welche Merkmale kennzeichnen eine Profession?

31. Frage:Wie lauten die Grundgedanken einer palliativen Pflege?

32. Frage:Gibt es Wunschvorstellungen zum Sterben?

33. Frage:Woran sterben wir?

34. Frage:Was versteht man unter der »Todesursache«?

35. Frage:Warum gehört die Demenz zu den palliativen Krankheitsbildern?

36. Frage:Unterscheidet sich die Symptomatik von krebskranken und demenzerkrankten Patienten?

37. Frage:Wie erleben an Demenz erkrankte Menschen ihr Sterben?

38. Frage:Sterben Menschen mit Demenz anders?

39. Frage:Können Menschen mit einer Demenz Schmerzen haben?

40. Frage:Welches Assessmentinstrument lässt sich bei eingeschränkter Kommunikationsfähigkeit für die Schmerzbestimmung nutzen?

41. Frage:Wie wird der ECPA-Bogen eingesetzt?

42. Frage:Welche Bedeutung hat die palliative Begleitung von Menschen mit Demenz?

43. Frage:Wo wird in Deutschland gestorben?

44. Frage:Was ist ein Hospiz?

45. Frage:Was ist der »Ambulante Hospizdienst«?

46. Frage:Was ist ein »Ambulanter Hospiz- und Palliativberatungsdienst«?

47. Frage:Was ist ein »Stationäres Hospiz«?

48. Frage:Was besagt die Präambel der Rahmenvereinbarung über Art und Umfang der stationären Hospiz-versorgung?

49. Frage:Können Hospize Teil einer stationären Pflegeeinrichtung sein?

50. Frage:Können Menschen aus einer stationären Pflegeeinrichtung zum Sterben in ein Hospiz umziehen?

51. Frage:Was sind Palliativstationen?

52. Frage:Was ist ein »multiprofessionelles Team«?

53. Frage:Was wird unter der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV) und der Allgemeinen Palliativversorgung (AAPV) verstanden?

54. Frage:Was bedeutet die Gesundheitliche Versorgungs-planung am Lebensende?

3Entwicklung einer palliativen Kultur in Einrichtungen der stationären und ambulanten Pflege

55. Frage:Was versteht man unter einer palliativen Kultur?

56. Frage:Was unterscheidet Sterbebegleitung und Palliativpflege?

57. Frage:Wie lässt sich eine stationäre Palliativkultur entwickeln?

58. Frage:Was hat sich durch das Hospiz- und Palliativgesetz geändert?

4Wege der Verständigung - Schwierige Gespräche führen

59. Frage:Was ist Kommunikation?

60. Frage:Welche Gesprächstechniken helfen bei der Begleitung von Menschen in der letzten Lebensphase und welche Merkmale werden mit der jeweiligen Gesprächstechnik verbunden?

61. Frage:Was ist mit der Symbolsprache sterbender Menschen gemeint?

62. Frage:Wo liegen die größten Schwierigkeiten in der Kommunikation mit Menschen in der letzten Lebensphase?

63. Frage:Kann man die Kommunikation mit sterbenden Menschen lernen?

64. Frage:Was ist Kontakt?

5Lebensqualität - die Bedeutung der Biografie

65. Frage:Was wird im pflegerischen Sinne unter Biografiearbeit verstanden?

66. Frage:Welche Informationen gehören zur Biografiearbeit?

67. Frage:Was bedeutet die Biografie für die Pflege von Menschen in der letzten Lebensphase?

68. Frage:Was sind Bewältigungsstrategien?

69. Frage:Was versteht man unter »religiöser Biografie«?

70. Frage:Was versteht man unter »Spiritualität«?

71. Frage:Was ist die »Spiritualität in der Pflege«?

72. Frage:Was ist Spiritual Care?

73. Frage:Ist Spiritualität in der Pflege ein zu hoher Anspruch?

74. Frage:Welche Religionen und Weltanschauungen sind in deutschen Altenpflegeheimen vertreten?

75. Frage:Wie wichtig sind Sterberituale?

76. Frage:Was sollten Pflegende in der Begleitung von Menschen mit christlichem Glauben bedenken?

77. Frage:Was sollten Pflegende in der Begleitung von Menschen mit jüdischem Glauben bedenken?

78. Frage:Was sollten Pflegende in der Begleitung von Menschen mit muslimischen Glauben bedenken?

79. Frage:Was sollten Pflegende in der Begleitung von Menschen mit buddhistischem Glauben bedenken?

6Die rechtliche Situation in der letzten Lebensphase

80. Frage:Was steht in Artikel 1 des Grundgesetzes?

81. Frage:Was wird unter (Menschen-)würde verstanden?

82. Frage:Bleiben sterbenskranke Menschen Akteure mit eigenem Recht oder können Angehörige oder Freunde für sie entscheiden?

83. Frage:Wie kann die Entscheidungsfähigkeit übertragen werden?

84. Frage:Welche Bedingungen hat eine Betreuung?

85. Frage:Was ist eine Patientenverfügung?

86. Frage:Welche gesetzlichen Regelungen zur Patienten-verfügung sind besonders wichtig?

87. Frage:Was muss bei einer Patientenverfügung bedacht werden?

88. Frage:Was ist eine Vorsorgevollmacht?

89. Frage:Kann man eine Patientenverfügung und eine Vorsorgevollmacht treffen?

90. Frage:Wie müssen diese Dokumente aufbewahrt werden?

91. Frage:Was gehört in eine Patientenverfügung?

92. Frage:Kann man Patienten- und Betreuungsverfügung miteinander verbinden?

93. Frage:Was versteht man rechtlich gesehen unter dem assistierten Suizid?

7Sterben, Tod und Abschiednehmen

94. Frage:Woran erkennt man, dass ein Mensch stirbt?

95. Frage:Wann ist ein Mensch tot?

96. Frage:Was sind sogenannte unsichere bzw. sichere Anzeichen des Todes?

97. Frage:Worauf kommt es in der Versorgung verstorbener Personen an?

98. Frage:Was sind Rituale zum Abschiednehmen?

99. Frage:Was ist beim Überbringen von Todesnachrichten zu bedenken?

100. Frage:Wie kommt man von der Palliative Care zur Self Care?

Nachwort

Register

Grußwort

Palliative Care – ein Thema, das in den letzten Jahren mehr und mehr ins Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit gekommen ist. Das ist sicher kein Zufall. Die demografische Situation hat sich in den vergangenen Jahren radikal verändert. Immer mehr Menschen werden älter. Das Ende des Lebens kann immer weiter hinausgeschoben, die aktive Lebensphase deutlich erweitert werden. Die aktuelle Altersdiskussion und die Schlagzeilen rund um das Thema »Aktive Sterbehilfe« zeigen die Kehrseite der Medaille: Wer nicht mehr leben will, dem kann »geholfen werden«. Bei solchen Diskussionen wird kaum gefragt, ob dieser Mensch auch wirklich nicht mehr leben möchte. Alter und Krankheit können schwerwiegende Einschränkungen mit sich bringen, doch dies sind nicht die alleinigen Gründe, wenn ein Mensch seinen Tod vorzeitig herbeiführen will. Es ist vielmehr der Umgang mit Alter, Krankheit und deren Begleitprozessen, die das Leben oft nicht mehr lebenswert erscheinen lässt. Häufig wird auch argumentiert, ein durch Krankheit und Leiden belastetes Leben sei »unwürdiges Leben«, das um der Würde willen beendet werden könne oder gar müsse. Dem ist klar, eindeutig und unmissverständlich entgegenzuhalten, dass exakt dieses Argument der Würde des Menschen diametral entgegensteht.

Die Grundlage der humanen Gesellschaft sind nach wie vor die Menschenrechte. Ihr Ausgangspunkt ist die unveräußerliche Würde jedes Menschen. Gemeint ist damit, dass den Menschen Würde zukommt, weil sie Menschen sind. Sobald wir mit der oben angeführten Problematik konfrontiert sind, wird die Brisanz dieser Grundlage offensichtlich. Von der menschlichen Würde auszugehen, heißt, einen Menschen unabhängig von seinem körperlichen oder psychischen Gesundheitszustand immer als Person zu achten. In dieser Achtung ist auch die Verpflichtung enthalten, versehrtes Leben nicht auszugrenzen.

Hier liegt die große Chance des Konzepts der Palliative Care. Sie verweist, gerade auch in der Diskussion um die »aktive Sterbehilfe«, auf ein »lebenswertes Leben«, das dann zur Wirkung kommen kann, wenn es einen Ort findet, wo es im Angesicht von Leiden und Sterben begleitet und in Liebe umsorgt wird. Es gilt anzunehmen, dass sich mit der Erkrankung, insbesondere in der terminalen Phase des Lebens, zwangsläufig eine Verschiebung der Werteordnung ergibt. Es muss neu bestimmt werden, was als wertvoll gilt und worauf (noch) Wert gelegt wird. Dies ist nicht nur für die Betroffenen eine große Herausforderung, sondern auch für die betreuenden Personen – Angehörige Ärzte und Pflegende – denen diese Menschen zur Betreuung und Pflege anvertraut sind.

Palliative Care

Palliative Care leitet sich vom lateinischen Begriff palliare (ummanteln, einhüllen, verbergen und bergen) ab. Ein Pallium, also einen Mantel, umlegen, verbunden mit dem englischen Care, kann als »umhüllende Fürsorge« beschrieben werden. Gemeint ist eine Form von Pflege und Behandlung, die den ganzen Menschen in seiner Situation und Umgebung sieht.

Palliative Care-Angebote nützen den Menschen letztlich aber nur, wenn sie auch die Institutionen erreichen, in denen nach die meisten Menschen sterben, nämlich Krankenhaus und Pflegeheim, und wenn die für die Pflege und Therapie zuständigen Personen das nötige Rüstzeug haben: Schulung und Weiterbildung.

Ein Buch, wie das hier vorliegende, kann und will dazu einen Beitrag leisten. In seiner Konzeption ist es ein praktisches Kompendium, das zu den alltäglichen, wie auch zu besonderen Fragen Antworten gibt. Wer schwerkranke und sterbende Menschen pflegt und begleitet, wird vor stets neuen Problemen und Fragen stehen. Dieser kleine Ratgeber ersetzt kein Grundlagenwerk oder gar Lehrbuch für Palliative Care, aber er ist eine sinnvolle und zweckmäßige Ergänzung, und kann vor allem im Praxisfeld, also dort wo diese Menschen betreut werden, eine große Hilfe sein.

Die Autorin dieses Buches hat in vielen Jahren Erfahrungen mit dem Konzept der Palliative Care und seiner Umsetzung bei schwerkranken und sterbenden Menschen sammeln können. Sie hat dieses Konzept theoretisch reflektiert, in Schulung und Beratung eingesetzt und immer wieder an den neuen Erkenntnissen aus Wissenschaft und Forschung überprüft, wie auch den sich verändernden Praxisanforderungen angepasst.

Möge das Buch vor allem jenen Menschen ein Begleiter sein, die sich im Alltag mit dem unausweichlichen Widerspruch von Institutionalisierung und Menschlichkeit auseinandersetzen müssen. Menschen wollen menschenwürdig leben und den Kranken und Sterbenden ein menschenwürdiges Umfeld ermöglichen, gleichzeitig aber sind wir auch konfrontiert mit dem Trend einer Gesellschaft, die nach raschen Lösungen sucht. Palliative Care kann aber keine raschen Lösungen anbieten und ist vielleicht darum auch eine unbequeme Herausforderung an die Gesellschaft.

Pflegende erfahren in ihrem Alltag, im Zusammenleben mit den hilfs- und pflegebedürftigen Menschen, dass es oft mehr Fragen gibt als Antworten. Vielleicht werden sie aber gerade in der Auseinandersetzung damit zu neuen und unerwarteten Antworten finden. Etwa so wie Martin Buber es einmal ausdrückt: »Ich habe mit ihnen zu tun bekommen, vielleicht habe ich etwas zu vollbringen; aber vielleicht habe ich nur etwas zu lernen … Es kommt jetzt nur darauf an, dass ich das Antworten auf mich nehme.«1

Im letzten gilt, dass sich Palliative Care – will sie der Wortbedeutung entsprechen – an den Begleitenden orientiert, die Pflegebedürftige darin unterstützen, was diese als heilend, tragend und bergend erfahren.

Ich wünsche mir, dass dieses Buch von Ingrid Hametner eine breite Leserschaft findet, dass es auf Menschen stößt, die Fragen stellen und nach Antworten suchen, Antworten, die oft rasch gebraucht werden und die gleichzeitig einen langen Atem erfordern.

Zürich, im Januar 2011

Sr. Liliane Juchli (1933−2020)

________________

1 Vgl. Buber M (1973): Das dialogische Prinzip. Schneider Verlag, Heidelberg.

Vorwort zur 5., aktualisierten Auflage

Die Bedrohung des Lebens durch die weltweite Covid19 Pandemie liegt hinter uns. Die Pandemie hat uns die Zerbrechlichkeit des Lebens und den Tod täglich vor Augen geführt.Viele Fachleute weisen daraufhin hin, dass jederzeit weltweit wieder eine Pandemie ausbrechen kann, die uns dann wieder unsere Verletzlichkeit zeigt. Wir kommen unabhängig davon nicht umhin, den Tod als zu unserem Leben gehörig zu betrachten. Gesellschaftlich müssen Strukturen geschaffen oder weiter entwickelt werden, die uns die Sicherheit vermitteln, auch am Lebensende gut versorgt zu sein. Sorgende Gemeinschaft ist dazu ein gutes Stichwort.

Bei der Bearbeitung dieser Auflage wurde mir deutlich, dass sich inzwischen viele Menschen mit dem Thema »Sterben in Würde« auseinandersetzen. In allen Medien ist dieses Thema präsent. Die Angst, dass die Würde verletzt werden könnte, spielt dabei eine große Rolle. Diese erleben wir in der vermehrten Diskussion zu einer neuen gesetzlichen Regelung des assistierten Suizids. Wichtiger denn je scheint es, dem sogenannten CARE-Gedanken – als einem zentralen Element einer am humanistischen Menschenbild orientierten Gesellschaft – zu folgen.

Dazu gehört, dass Pflegearbeit in den professionellen Bereichen endlich entsprechend ihrer Bedeutung für das Wohlergehen der sterbenskranken Menschen gesehen und bewertet wird. Die beruflich Pflegenden bringen sich in den interdisziplinären Teams »auf Augenhöhe« mit den anderen Teammitgliedern ein und beeinflussen damit die Qualität der gesundheitlichen Versorgung der ganzen Gesellschaft.

Wie ich in meiner Beratertätigkeit erlebe, ist in den letzten Jahren in den unterschiedlichen Versorgungsformen die Bereitschaft groß, die Lebensqualität von Menschen am Lebensende weiterhin zu verbessern. Das geschieht durch eine institutionalisierte Palliativ-Kultur unter Beachtung der Grundsätze von Palliative Care. Diese Kultur verdanken wir allen Beteiligten und natürlich den interdisziplinären Teams und den ehrenamtlichen Hospizbegleitern, die ihre Rolle mit Persönlichkeits-, Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz ausfüllen.

Info

Palliative Care hat sich als Oberbegriff für die Begleitung schwer kranker, sterbender Menschen etabliert

Mit dem Hospiz- und Palliativgesetz 2015 gelang die Übernahme der Palliativversorgung von Menschen in der letzten Lebensphase in das Regelwerk der Gesetzlichen Krankenversicherung und die Stärkung der spezialisierten Palliativversorgung. Begleitet durch die Hospiz- und Palliativbewegung ist dieser wichtige Schritt gelungen.

Damit wird die Entwicklung des humanistischen Anspruchs auf ein »würdiges« Leben bis zuletzt weitergehen. Die Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland wurde inzwischen zu Handlungsempfehlungen im Rahmen einer Nationalen Strategie entwickelt und 2016 veröffentlicht.

Um betroffene Menschen und ihre Angehörigen zu beraten und um in multiprofessionellen Teams arbeiten zu können, brauchen alle Akteure eine entsprechende Aus-, Fort- und Weiterbildung und fachliche Begleitung. Die Strukturqualität in der institutionellen Versorgung benötigt außerdem Stellenschlüssel, die eine Wertigkeit der sorgenden Berufe verdeutlicht.

Mein Buch betrachte ich – und so wird es mir von den Lesern rückgemeldet – als einen Ratgeber für alle Ratsuchenden zur Begleitung und Pflege von Menschen in ihrer letzten Lebensphase.

Er enthält viele praktische Hilfen für die täglichen Aufgaben und ermuntert alle Beteiligten, Menschen in ihrer letzten Lebensphase nicht allein zu lassen. Es ist wichtig zu wissen, dass wir nicht nur am Lebensanfang Menschen brauchen, die unserer Mutter beistehen, sondern dass wir alle auch am Lebensende Menschen brauchen, die uns und unseren Angehörigen beistehen und etwas von Palliative Care verstehen.

In diesem Zusammenhang danke ich Ruprecht Schmidt vom Hospiz Leuchtfeuer, Heiner Melching von der DGP, Thorsten Ohlmann von der Kanzlei am neuen Hafen, Christine Doherr vom Haus im Park, einer Spezialeinrichtung für Menschen mit Demenz, Martina Zippert von der Christlichen Heimstiftung, Bremerhaven und Christel Ludewig vom DFA Hamburg für ihren fachlichen Rat.

Ich danke allen »Hospizlern« (Haupt- und Ehrenamtliche) vom HOMBRE Hospizmodell e. V. Bremerhaven für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und den wertschätzenden Umgang, den wir miteinander pflegen.

Ich fühle mich den Teilnehmern der Weiterbildungen zu Palliative Care weiterhin verbunden und begleite sie in Zusammenarbeit mit Monika Herda auf ihrem Weg.

Mein ganz besonderer Dank gilt meinem einzigartigen Mann und meiner genialen Lektorin Claudia Flöer, die mich beim Schreiben hervorragend unterstützt haben.

Ich gedenke in Dankbarkeit meiner wertgeschätzten Mentorin Dr. hc. Sr. Liliane Juchli, die leider am 30.11.2020 verstorben ist..

Ich danke meinen Lesern in Deutschland, der Schweiz und Österreich und wünsche mir, dass sie meinen Ratgeber weiterhin als Mutmach-Buch erleben und es sie zu einer vertieften Auseinandersetzung mit Fragen rund um Palliative Care anregt.

»Ich bin mir nicht sicher, wer mehr Angst hat, der schwerkranke Mensch oder die Begleiterinnen oder der Begleiter«2 – mit diesem Zitat von Luise Reddemann möchte ich Sie ermutigen, weiterhin Fragen zum Sterben und zum Tod zu stellen; vielleicht finden Sie hier die eine oder die andere Antwort darauf.

Bremerhaven, im August 2024

Ingrid Hametner

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2 Vgl. Reddemann L, Wetzel S (2018): Der Weg entsteht unter Deinen Füßen – Achtsamkeit und Mitgefühl in Übergängen und Krisen. Kreuz Verlag, Freiburg.

1 Grundlagen der Palliative Care

1. Frage:Was ist Palliative Care?

Definition Palliative Care

Die WHO (2002) definierte Palliative Care einen »Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit Problemen konfrontiert sind, die mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung einhergehen, und zwar durch Vorbeugen und Lindern von Leiden, durch frühzeitiges Erkennen, Einschätzen und Behandeln von Schmerzen sowie anderer belastender Beschwerden körperlicher, psychosozialer und spiritueller Art.«*

*https://www.dhpv.de/themen_hospiz-palliativ_palliative-pflege.html

Das Ziel von Palliative Care ist, die bestmögliche Lebensqualität für Patienten und deren Familien zu erreichen. Palliative Care als internationaler Ausdruck für Palliativmedizin hat sich auch als Terminus für Palliativmedizin und Palliativpflege im deutschsprachigen Raum etabliert.3

2. Frage:Welchen Grundsätzen folgt die Palliative Care?

Zur Orientierung werden folgende Grundsätze angegeben:

• Exzellente Schmerz- und Symptomkontrolle

• Integration von psychischen, sozialen und seelsorgerischen Bedürfnissen der Patienten, der Angehörigen und des Behandlungsteams, sowohl bei der Krankheit als auch beim Sterben und in der Zeit danach

• Akzeptanz des Todes als Teil des Lebens. Durch eine deutliche Bejahung des Lebens soll der Tod weder beschleunigt noch hinausgezögert werden. Palliativmedizin ist eine eindeutige Absage an aktive Sterbehilfe

• Kompetenz in den Fragen der Kommunikation und der Ethik

3. Frage:Wann ist Palliative Care notwendig?

Wenn alle kurativen (lat. heilenden) Behandlungsmöglichkeiten erschöpft sind, wird Palliative Care notwendig. Der Patient wechselt von der behandelnden Versorgungsform in eine palliativmedizinisch-pflegerische Versorgung über. Verkürzt ausgedrückt spricht man von Lindern, wenn Heilen nicht mehr möglich ist. Palliative Care bedeutet allerdings nicht, lediglich zu lindern, sondern – wenn möglich – Symptome erfolgreich zu behandeln. Der Symptomkontrolle kommt eine besondere Bedeutung zu, da sie das Maß für die Lebensqualität des Patienten ist. Die Übergänge von der kurativen Therapie zur palliativen Therapie sind fließend.

Info

Die University of Edinburgh hat einen Leitfaden zur Identifikation von Patienten, die von einer Palliativversorgung profitieren können, erstellt. Er kann auch zum palliativen Basisassessment sowie zur palliativen Versorgungsplanung genutzt werden. Er wird als Supportive and Palliative Care Indicators Tool (SPICTTM)* bezeichnet.

*www.spict.org.uk

4. Frage:Was bedeutet »exzellente Schmerz- und Symptom-kontrolle«?

Der Duden4 übersetzt das Wort »exzellent« mit »aufs Beste, ausgezeichnet, bestens, brillant, erstklassig, exquisit, fabelhaft, genial, grandios, herrlich, hervorragend, sehr gut …« So können wir daraus schließen, dass im Rahmen der Schmerz- und Symptomkontrolle das Beste für den Patienten getan werden muss.

5. Frage:Welche körperlichen Symptome finden in der letzten Lebensphase besondere Beachtung?

Die Symptome in der letzten Lebensphase sind vielfältig und belastend: Schmerzen, Mundtrockenheit, Appetitlosigkeit, Schwäche, Obstipation, Dyspnoe (Atemnot), Übelkeit, Schlaflosigkeit, Schwitzen, Dysphagie (Schluckbeschwerden), urologische Symptome wie z. B. Dysurie (erschwerte Harnentleerung), Harnretention (Harnverhaltung), Neuropsychiatrische Symptome (wie z. B. Desorientiertheit, Schwindel, Krämpfe, Somnolenz [Benommenheit]), Dermatologische Symptome (z. B. Juckreiz, Infektionen, allergische und toxische Reaktionen, Dekubitalulzera [Druckgeschwüre]), Erbrechen, Dyspepsie (Reizmagen), Fatigue, Diarrhoe.5

6. Frage:Was ist Schmerz?

»Schmerz ist das, wovon ein Mensch sagt, dass es Schmerz ist – wann immer er das angibt.«6 Es ist ein Phänomen, das den ganzen Menschen betrifft.7

Definition Schmerz

Die Internationale Vereinigung zum Studium des Schmerzes (International Association for the Study of Pain - IASP) definiert: »Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit aktueller und potenzieller Gewebeschädigung verknüpft ist oder mit den Be-griffen einer solchen Schädigung beschrieben wird.«*

*https://schmerzliga.de/was_ist_schmerz.html

Etymologisch stammt der Ausdruck »Schmerz« vom althochdeutschen »smerzo«. Ein veralteter Begriff ist »Pein«, der eine sprachliche Nähe zum englischen Wort »pain« für Schmerz aufweist. In der Medizin werden die Bezeichnungen »Dolor« aus dem Lateinischen und »Algesie« aus dem Griechischen verwendet. Die Sinneswahrnehmung des Schmerzes wird auch als Nozizeption bezeichnet.

Die Empfindung Schmerz wird als komplexe Wechselwirkungen zwischen biologischen, psychischen und sozialen Faktoren betrachtet, sodass von einem biopsychosozialen Schmerzkonzept des Menschen gesprochen wird.

Info

Schmerz ist das, was der Patient als solchen empfindet. Unabhängig von der mutmaßlichen Ursache gilt: Nur der Patient nimmt seinen Schmerz wahr. Also sind alle Schmerzangaben ernst zu nehmen, auch wenn sie zunächst nicht nachvollziehbar erscheinen.

Schmerz bedroht den Patienten in seiner Integrität und ist meist von Angst, Rückzug und Depression begleitet. Schmerz hat auch eine kulturelle Dimension und kann sehr verschieden mitgeteilt werden. Wichtig ist ein vorurteilsfreier Umgang mit Menschen, die Schmerz erleiden. Schmerz ist auch Ausdruck und Kommunikation. Er teilt etwas mit: Verletzlichkeit, Hilfebedürftigkeit, Verzweiflung, Verlangen nach Zuwendung und Rücksicht.8

Leider haben Untersuchungen gezeigt, dass Ärzte oder Pflegefachkräfte den Schmerz häufig geringer einschätzen als der Patient. Schmerz ist eine der am stärksten mit Angst besetzten Erfahrungen.9 Unter diesem Aspekt haben die Schmerzerkennung und Schmerzbehandlung einen wesentlichen Anteil an der Palliative Care. Die Schmerzerkennung ist der erste Schritt zur Schmerzbekämpfung und es gilt, alle an der Begleitung von Menschen in der letzten Lebensphase Beteiligten dafür zu sensibilisieren, dass die meisten Menschen Angst davor haben, unter Schmerzen sterben zu müssen.

Schmerz und Palliativmedizin sind ein umfassendes Thema. Die Linderung von Schmerzen ist ein ureigenes Anliegen des ärztlichen Auftrages.10 Die Symptomkontrolle des Schmerzes hat besonders in der Terminal, Präfinal-phase und Finalphase oberste Priorität.11

Wichtig»Medikamentöse Behandlung in der Finalphase

•festes Zeitschema

•regelmäßige Applikation

•ausreichende Bedarfsmedikation

•gute Beobachtung der Symptome und des Verlaufs

•Dosisanpassung, ggf. Umstellung der Applikation durch den Arzt

•Erfolgskontrolle«*

* Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (2005). Palliative Care. Lehren + Lernen + Leben. Im Internet: https://www.dgpalliativmedizin.de/images/stories/pdf/fachkompetenz/Die%20letzte%20Lebensphase%20-%20fachliche%20Kompetenz.pdf

Natürlich greift eine medikamentöse Schmerzbehandlung – im Rahmen von Symptomkontrolle und Schmerztherapie – viel zu kurz. Komplementäre Therapieansätze spielen in der Palliative Care eine immer bedeutende Rolle.12 In diesem Ratgeber kann ich lediglich darauf verweisen, wie wichtig es ist, sich ausführlicher mit dem Themenbereich zu beschäftigen. In diesem Zusammenhang weise ich für die Pflegefachkräfte auf die Handlungsrichtlinie des DNQP »Expertenstandard Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen (2011) und chronischen Schmerzen (2015)« und die Aktualisierung des Expertenstandards in 2020 hin.

Des Weiteren wird das Thema in allen in der Literaturliste angegebenen Fachbüchern behandelt. Alle im Handel erhältlichen Pflegezeitschriften beschäftigen sich immer wieder mit dem Themenbereich. Das Hospiz Stuttgart13