111 Fragen zum Umgang mit Menschen mit Demenz - Ingrid Hametner - E-Book

111 Fragen zum Umgang mit Menschen mit Demenz E-Book

Ingrid Hametner

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Beschreibung

In dieser erweiterten 5. Auflage des bewährten Ratgebers erhält auch das Thema „Demenz und Sexualität“ seinen Platz. Die eigene Identität gehört zum Leben dazu und auch bei einer Demenzerkrankung erlischt die Persönlichkeit nicht vollkommen. So finden sich in dieser Neuauflage nun auch 11 Fragen zum Umgang mit der Sexualität bei einer Demenzerkrankung. Ebenfalls aktualisiert wurden die Fragen rund um die Begutachtung der Pflegebedürftigkeit und Erfahrungen aus der Praxis mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff. Natürlich ist die bewährte Form von wichtigen Fragen und verständlichen Antworten auch in dieser 5. Auflage geblieben.

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Ingrid Hametner ist Diplom-Pädagogin, Gesundheits- und Pflegefachkraft, Pflegepädagogin sowie ausgebildete Management- und Personaltrainerin. Sie ist seit vielen Jahren u. a. in der Fortbildung von Pflegefachkräften tätig.

»Egal, wie alt du bist oder wie du lebst – du bist etwas Besonderes und Einzigartiges. Weil du bist, wie du bist, hat Dein Leben eine Bedeutung.«

BARBARA DE ANGELIS

pflegebrief

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Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.

ISBN 978-3-8426-0881-8 (Print)ISBN 978-3-8426-9154-4 (PDF)ISBN 978-3-8426-9155-1 (EPUB)

5., erweiterte und aktualisierte Auflage

© 2022 Schlütersche Fachmedien GmbH, Hans-Böckler-Allee 7, 30173 Hannover,www.schluetersche.de

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde in diesem Buch häufiger die männliche Form gewählt, nichtsdestoweniger beziehen sich Personenbezeichnungen gleichermaßen auf Angehörige des männlichen und weiblichen Geschlechts sowie auf Menschen, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen.

Autorin und Verlag haben dieses Buch sorgfältig erstellt und geprüft. Für eventuelle Fehler kann dennoch keine Gewähr übernommen werden. Weder Autorin noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus in diesem Buch vorgestellten Erfahrungen, Meinungen, Studien, Therapien, Medikamenten, Methoden und praktischen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen. Insgesamt bieten alle vorgestellten Inhalte und Anregungen keinen Ersatz für eine medizinische Beratung, Betreuung und Behandlung.

Etwaige geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Daraus kann nicht geschlossen werden, dass es sich um freie Warennamen handelt. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle muss vom Verlag schriftlich genehmigt werden.

Lektorat: Claudia Flöer, Text & Konzept Flöer

Covermotiv: Dan Barbalata-123rf.com

Covergestaltung und Reihenlayout: Lichten, Hamburg

Inhalt

Danksagung

Vorwort

Vorwort zur 5. Auflage

1Was ist eine Demenz?

1. Frage:Was ist eine Demenz?

2. Frage:Wodurch entsteht eine Demenz?

3. Frage:Wie viel Vergessen ist normal?

4. Frage:Wie verläuft die Diagnostik?

5. Frage:Was ist eine Memory-Klinik?

6. Frage:Welche Stichworte zur Diagnostik sind wichtig?

7. Frage:Nach welchen anerkannten Kriterien wird eine Demenz diagnostiziert?

8. Frage:Kann man plötzlich an einer Demenz erkranken?

9. Frage:Ist Demenz gleich Alzheimer?

10. Frage:Welche Demenzformen werden unterschieden?

11. Frage:Wie hoch ist die durchschnittliche Lebenserwartung bei einer Demenz?

12. Frage:Was ist eine Pseudodemenz?

2Demenzielle Veränderungen

13. Frage:Welche Veränderungen zeigen sich zu Beginn der Erkrankung?

14. Frage:Welche Auswirkungen auf Verhalten und Lebensführung entstehen durch die demenziell bedingten Veränderungen?

15. Frage:Ab wann sollte die betroffene Person eine diagnostische Abklärung anstreben?

16. Frage:Was bedeutet die Diagnose Demenz?

17. Frage:Welchen besonderen Belastungen sind Angehörige ausgesetzt?

18. Frage:Ab wann sind Pflegefachkräfte in die Veränderungen involviert?

19. Frage:Was ist Pflegebedürftigkeit?

20. Frage:Nach welchen Kriterien wird die Pflegebedürftigkeit beurteilt?

21. Frage:Welche Leistungen sind zur Unterstützung im Alltag vorgesehen?

22. Frage:Welche Aufgaben haben Pflegefachfrauen/Pflegefachmänner?

23. Frage:Was versteht man unter dem Begriff Assessment in der Pflege?

24. Frage:Welche Instrumente stehen zum Assessment des Pflegebedarfs bei Demenz derzeit zur Verfügung?

25. Frage:Wie unterscheiden sich die Assessmentskalen?

26. Frage:Welche Grundsätze sollten in der Pflege Demenzkranker beachtet werden?

27. Frage:Nach welchen Schweregraden wird die Alzheimer-Krankheit eingeteilt?

28. Frage:Was ist mit der »GDS« gemeint?

29. Frage:Was ist die »Mini-Mental-State Examination (MMSE)«?

30. Frage:Was hat es mit der Mäeutik auf sich?

3Der Herausforderung Demenz begegnen

31. Frage:Um welche Herausforderung geht es?

32. Frage:Was macht die Hilfeleistung für Menschen mit Demenz so schwierig?

33. Frage:Woran kann sich eine Pflege- oder Betreuungskraft orientieren?

34. Frage:Welche Bedürfnisse müssen bei der Pflege von Menschen mit Demenz beachtet werden?

35. Frage:Welche Bedürfnisse haben Menschen mit Demenz?

36. Frage:Was gehört zu einem professionellen Pflegeverständnis für die Pflege von Menschen mit Demenz?

37. Frage:Welche Kommunikationsmodelle und Interventionsmethoden werden für die Pflege von Menschen mit Demenz verwendet?

38. Frage:Was ist der person-zentrierte Ansatz nach Kitwood?

39. Frage:Was ist die Validation nach Feil?

40. Frage:Was ist die Integrative Validation® nach Richard?

41. Frage:Was ist Basale Stimulation®?

4Wege der Verständigung

42. Frage:Was kennzeichnet eine erfolgreiche Kommunikation?

43. Frage:Welche Gesprächstechniken sollten für die Begleitung von Menschen mit Demenz bekannt sein?

44. Frage:Wo liegen die größten Schwierigkeiten in der Kommunikation mit Menschen mit Demenz?

45. Frage:Was ist Kontakt?

46. Frage:Was ist der »Diana-Effekt«?

47. Frage:Wie stellt man den Kontakt zum demenziell veränderten Menschen her?

48. Frage:Was setzt die »Begegnung auf Augenhöhe« voraus

49. Frage:Was sind die Grundprinzipien der klientenzentrierten Gesprächsführung nach Rogers?

50. Frage:Wie lassen sich Verständigungs- und Pflegekonzepte miteinander verbinden?

51. Frage:Was bedeutet Interaktion?

52. Frage:Was sind »Positive Interaktionsformen«?

5Biografie als Schlüssel zur Verständigung

53. Frage:Was heißt eigentlich Biografie?

54. Frage:Was wird im pflegerischen Sinne unter Biografiearbeit verstanden?

55. Frage:Welche Informationen gehören zur Biografiearbeit?

56. Frage:Warum hat die Biografie eine so große Bedeutung für die Pflege von Menschen mit Demenz?

57. Frage:Gibt es eine biografische Erklärung dafür, wenn jemand nachts seinen Kleiderschrank ausräumt?

58. Frage:Welche Formen der Biografiearbeit werden in der Altenpflege unterschieden?

59. Frage:Wie lässt sich Biografiearbeit mit einer Anregung der Sinne verbinden?

60. Frage:Welche politischen Ereignisse des letzten Jahrhunderts sollten einer Pflegefachkraft, die mit demenziell erkrankten Menschen arbeitet, bekannt sein?

61. Frage:Was fordert der Prüfbogen bei der biografieorientierter Unterstützung?

62. Frage:Wie können Pflegekräfte die Angehörigen stärker in die Biografiearbeit einbeziehen?

63. Frage:Wie lässt sich das »Psychobiografische Modell nach Böhm« beschreiben?

64. Frage:Was sind Bewältigungsstrategien?

65. Frage:Welche Zielsetzungen werden bezüglich des Pflegeprozesses mit der Biografiearbeit verbunden?

66. Frage:Wie lässt sich die Biografiearbeit in der ambulanten Pflege umsetzen?

67. Frage:Wie lässt sich die Biografiearbeit in der stationären Altenpflege umsetzen?

6Die Würde des Menschen ist unantastbar

68. Frage:Was steht in Artikel 1 des Grundgesetzes?

69. Frage:Bleiben demenziell veränderte Menschen Akteure mit eigenem Recht oder können Angehörige oder Freunde für sie entscheiden?

70. Frage:Wie kann die Entscheidungsfähigkeit übertragen werden?

71. Frage:Was sagt das Gesetz zur Geschäftsfähigkeit?

72. Frage:Was sind die Bedingungen für eine Betreuung?

73. Frage:Wann sollten die Rechtsgeschäfte einer demenziell erkrankten Person an eine andere Person übertragen werden?

74. Frage:Was ist Pflegeethik?

7Der milieutherapeutische Ansatz

75. Frage:Was ist Milieutherapie?

76. Frage:Wie entstand der milieutherapeutische Ansatz?

77. Frage:Welche Auswirkungen hat das Milieu auf den Menschen?

78. Frage:Muss ein Mensch mit Demenz ständig beschäftigt werden?

79. Frage:Was kann man tun?

80. Frage:Woran kann man sich bei den Beschäftigungsangeboten für Menschen mit Demenz orientieren?

81. Frage:Welche Haltung brauchen die Mitarbeiter für die Beschäftigungsangebote?

82. Frage:Was wird unter einem Hobby verstanden?

83. Frage:Was bedeutet es, Bindung zu bieten und gleichzeitig Freiräume zu schaffen?

84. Frage:Was versteht man unter Pflegeoasen?

8Schwierige Situationen und entlastende Hilfen

85. Frage:Können Menschen mit einer Demenz Schmerzen haben?

86. Frage:Wie definiert man Schmerz?

87. Frage:Welche Zeichen können bei einer demenziellen Erkrankung auf Schmerzen hinweisen?

88. Frage:Welches Assessmentinstrument lässt sich bei eingeschränkter Kommunikationsfähigkeit für die Schmerzbestimmung nutzen?

89. Frage:Wie wird der ECPA-Bogen eingesetzt?

90. Frage:Was sollte man über Weglauftendenzen wissen?

91. Frage:Was gibt Menschen mit Demenz Sicherheit in der Pflegebeziehung?

92. Frage:Was ist mit dem Expertenstandard »Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz« gemeint?

93. Frage:Welche Handlungen der Pflegefachkraft führen zu einer Gefährdung der Pflegequalität?

94. Frage:Was sind Merkmale einer Überforderung, die nur die betroffene Pflegekraft bzw. andere Personen aus der Umgebung wahrnehmen?

95. Frage:Was ist ein »Burnout«?

96. Frage:Was kann eine Pflege- oder Betreuungskraft tun, um einem »Burnout« vorzubeugen?

9Gesundheit – Welche Beachtung gebe ich meiner Gesundheit?

97. Frage:Welche strukturellen Bedingungen müssen geschaffen werden, um Mitarbeiter*innen zu entlasten?

98. Frage:Was kann helfen, in Berufen mit hohen psychischen Anforderungen gesund zu bleiben?

99. Frage:Gibt es Fragen, die den achtsamen Umgang mit der Rolle als Pflegefach-, Pflegehilfs- und Betreuungskraft unterstützen?

100. Frage:Welche Coping-Strategien gibt es, um mit schwierigen Situationen umzugehen?

10Demenz und Sexualität

101. Frage:Was ist Sexualität?

102. Frage:Was gehört zur Sexualität?

103. Frage:Welchen Einfluss nimmt eine Demenz im Alter auf die Sexualität?

104. Frage:Welche besonderen Probleme bestehen bei einer demenziellen Erkrankung?

105. Frage:Wie lässt sich Verhalten erklären und verstehen?

106. Frage:Was ist bezüglich der Sexualität wichtig, wenn ein*e Partner*in an einer Demenz erkrankt?

107. Frage:Welche Herausforderungen ergeben sich innerhalb der ambulanten Versorgungsstruktur?

108. Frage:Welche Herausforderungen ergeben sich innerhalb der stationären Versorgungsstruktur?

109. Frage:Worauf kommt es in der ambulanten und stationären Versorgung an?

110. Frage:Wie lässt sich der Umgang mit der Sexualität von pflegebedürftigen Menschen mit Demenz erleichtern?

111. Frage:Wie wird diese Thematik woanders wahrgenommen und gelebt, z. B. in den Niederlanden?

Wichtige Adressen

Informationsmaterialien

Literatur

Register

Danksagung

Ich habe vielen Menschen zu danken, die mich immer wieder mit dem Problem der Demenz vertraut gemacht haben. Ich danke besonders all denen, die mir gezeigt haben, mit welcher Lebensfreude sie ihr Leben trotz einer demenziellen Erkrankung meistern. Auch ihren Angehörigen gilt mein Dank, die mir mit Offenheit Einblick in ihre schwierige Lebenssituation gewährt haben.

Ich bedanke mich vor allem auch bei den Teilnehmer*innen meiner Demenzseminare in Deutschland und der Schweiz, die sich mit großem Engagement mit dem Thema auseinander gesetzt haben. Sie haben mich auf die Idee gebracht, dieses Buch zu schreiben, um ihre Fragen auf einer breiteren Basis zu beantworten.

Den Einrichtungen, die mich an ihren Entwicklungsprozessen beteiligt und mir die praktische Umsetzbarkeit von Modellen gezeigt haben, gilt mein großer Dank. In dieser Auflage danke ich Stephan Herrmann, Pflegedienstleiter des Haus im Park, Bremerhaven, für seine Stellungnahme zum neuen Begutachtungsinstrument in Pflege.

Ich danke Thorsten Ohlmann für seine juristische Beratung.

Ganz herzlich möchte ich mich bei meinem Sohn Tobias für seine Anmerkungen und hilfreichen Kommentare bedanken.

Für die Erweiterung meines Buches mit dem Zusatzkapitel »Demenz und Sexualität« danke ich der Sexualtherapeutin Monika Herda für ihren fachlichen Rat, der Pflegefachfrau Erika Buschmann für die »Ist-Beschreibung« in einer stationären Einrichtung und Johannes van Dijk für seine wichtigen Hinweise zum Umgang mit Sexualität und Demenz in den Niederlanden.

An dieser Stelle darf auf keinen Fall der Dank an Claudia Flöer fehlen. Ihre weiterführenden Gespräche und ein hervorragendes Lektorat haben mich dahin geführt, wo ich heute bin. Dafür danke ich ihr ganz besonders herzlich.

Vorwort

Wir alle wissen nicht, wie wir alt werden. Welche Stadien werden wir durchlaufen, ehe der Tod uns abruft? Vielleicht ist dies überhaupt die größte Furcht, irgendwann in diesem Prozess, der das Leben zu Ende bringt, die Selbstbestimmung und Unabhängigkeit zu verlieren.

Deshalb ist kaum ein Thema mit so vielen Mutmaßungen und Befürchtungen besetzt, wie die Möglichkeit, an Demenz zu erkranken.

Ingrid Hametner antwortet auf vielfältige Fragen, die dieses Krankheitsbild aufwirft. Sie verbindet unterschiedliche Aspekte zu einem informativen Überblick. Mit einem Ausblick auf einen durchdachten Umgang mit Menschen mit einer demenziellen Erkrankung zeigt sie, dass es vielfältige Möglichkeiten gibt, dieser Krankheit zu begegnen.

Sie gibt uns durch ihre langjährige Bildungs- und Beratungstätigkeit zur Pflege und Betreuung Demenzkranker Informationen aus erster Hand.

Solche Informationen können irrationale Ängste abbauen und Hoffnung stiften im Umgang mit den eigenen Befürchtungen.

Dr. Eva Renate Schmidt,

Pfarrerin und Organisationsberaterin

Vorwort zur 5. Auflage

In Bearbeitung der vierten und fünften Auflage wurde mir deutlich, welche großen Fortschritte im Verstehen von Menschen mit Demenz gemacht worden sind. Gesellschaftlich, politisch, aber auch auf den beruflichen Ebenen ist das Thema »in aller Munde«. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die gesellschaftliche Herausforderung wahrzunehmen und Strukturen zu schaffen, die beim Leben mit einer demenziellen Erkrankung Hoffnung stiften. Es erscheint wichtiger denn je, dem sogenannten CARE-Gedanken – als ein zentrales Element einer am humanistischen Menschenbild orientierten Gesellschaft – zu folgen.

Dazu gehört ebenso, dass Pflegearbeit in den professionellen Bereichen endlich entsprechend ihrer Bedeutung für das Wohlergehen der pflegebedürftigen Menschen gesehen und bewertet wird.

Wie ich in meiner Beraterinnentätigkeit erlebe, ist in den letzten Jahren in den unterschiedlichen Formen der Versorgung alter Menschen die Bereitschaft gewachsen, die Lebensqualität von Menschen mit Demenz zu verbessern. Auch der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff mit dem dazu gehörenden Begutachtungsverfahren schafft die Voraussetzungen für einen grundlegenden Systemwechsel in Richtung umfassende Gestaltung von Pflege. Dies geschieht durch eine institutionalisierte Kultur der Wertschätzung des erkrankten Menschen und der Beachtung seiner Bedürfnisse. Diese Kultur verdanken wir den Expert*innen in der Pflege.

Nach der langen Zeit der Verunsicherungen durch die Pandemie nimmt die Diskussion um die Versorgungsqualität bei einer Demenz wieder Fahrt auf und es wird deutlich, dass wir eine stetige Weiterentwicklung benötigen.

Die Pflegereform 2017 zeigt, dass mit dem neuen Pflegebegriff endlich auch die seelischen Belastungen und krankheitsbedingten Einschränkungen der Selbstständigkeit, z. B. auch im Umgang mit der Krankheit anerkannt werden, um fachlich begründete Hilfen einzufordern, die als abrechenbare Leistungen vergütet werden. Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen brauchen die Sicherheit – mit professioneller Unterstützung – weitestgehend selbstbestimmt zu leben und in ihrem »So-Sein« anerkannt zu werden.

Die gesellschaftliche Zielsetzung muss weiterhin darin bestehen, dass Menschen mit Demenz mehr Unterstützung in ihrer schwierigen Lebenssituation und pflegende Angehörige zusätzliche Entlastung erfahren. Die Pflegereform von 2017 war ein Schritt in die richtige Richtung und mit den 2021 aktualisierten Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit folgt man diesem Gedanken.

Es zeigt allerdings gleichzeitig, dass die Aufgabenstellungen der Pflegefachkräfte in den sich entwickelnden Versorgungsstrukturen einer Gesellschaft des längeren Lebens enorm wachsen werden. Wir alle warten gespannt darauf, ob die generalisierte Pflegeausbildung dem gerecht wird. Durch den Gesetzgeber müssen entsprechende Fortbildungs- und Weiterbildungsverordnungen im gerontopsychiatrischen Bereich geschaffen werden. Die Verstärkung der Teams durch qualifizierte Betreuungskräfte und qualifizierte Pflegehelfer*innen ist eine gute Sache, die allerdings nicht als »Ersatzmodell« für Pflegefachkräfte etabliert werden darf.

Um betroffene Menschen und ihre Angehörigen zu beraten und die multiprofessionellen Teams zu führen, brauchen die handelnden Akteure eine entsprechende Aus- und Weiterbildung. Die Strukturqualität in der institutionellen Versorgung benötigt außerdem Stellenschlüssel, die eine Wertigkeit der sorgenden Berufe verdeutlicht.

Meinen Ratgeber betrachte ich – und so wird es mir von den Leser*innen rückgemeldet – als einen Wegweiser zum Umgang mit Menschen mit Demenz, den ich jetzt in dieser Auflage um den wichtigen Themenbereich »Demenz und Sexualität« erweitern konnte.

Er enthält viele praktische Hilfen und ermuntert alle Beteiligten, Menschen mit Demenz zu vermitteln, dass sie wertgeschätzt sind und selbstverständlich auch mit einer Demenz ein gutes Leben haben können.

Ich wünsche mir, dass Sie meinen Ratgeber als Mut-mach-Buch erleben.

Bremerhaven, im Juni 2022

Ingrid Hametner

1 Was ist eine Demenz?

1. Frage:Was ist eine Demenz?

Demenz stammt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie »ohne Geist sein«. Diese Bezeichnung ist bereits eine Stigmatisierung an sich und wird dem Krankheitsbild nicht gerecht.

DefinitionDie WHO-Definition

»Demenz ist eine erworbene globale (umfassende) Beeinträchtigung der höheren Hirnfunktion, einschließlich Gedächtnis, der Fähigkeit Alltagsprobleme zu lösen, sensomotorischer und sozialer Fertigkeiten der Sprache und Kommunikation, sowie der Kontrolle emotionaler Reaktionen, ohne Bewusstseinsstörungen. Meist ist der Verlauf progredient (fortschreitend) und nicht notwendigerweise irreversibel«.

Das Krankheitsbild einer Demenz ist, unabhängig von der Ursache, durch die Abnahme der Gedächtnisleistungen und eine deutliche Verminderung des Denkvermögens gekennzeichnet. Die Besonderheit der Demenz liegt darin, dass sich beim Betroffenen Gedächtnis und Intelligenz immer weiter verschlechtern, obwohl vorher keine Einschränkungen vorhanden waren. Die kognitiven Beeinträchtigungen werden gewöhnlich von Veränderungen der emotionalen Kontrolle, des Sozialverhaltens und der Motivation begleitet.

2. Frage:Wodurch entsteht eine Demenz?

DefinitionSymptomkomplex

Bei der Demenz handelt es sich nicht um eine einzelne ursächliche Erkrankung, sondern um ein klinisches Syndrom (Symptomkomplex), das bei zahlreichen Erkrankungen, die das Gehirn primär oder sekundär schädigen, auftreten kann.

Zu den primären Schädigungen des Gehirns gehören die neurodegenerativen und vaskulären Ursachen, die Nervenzellen zerstören und damit zum Funktionsverlust in unterschiedlichen Hirnregionen führen. Wir kennen die Bezeichnungen Alzheimer-Demenz, vaskuläre Demenz, gemischte Demenz und Lewy-Körperchen-Demenz.

Auch schwere neurologische Erkrankungen, wie Parkinson, Creutzfeldt-Jakob-Krankheit oder Chorea-Huntington-Krankheit, können eine Demenz hervorrufen. Wir sprechen dann etwa von der Demenz bei Morbus Parkinson.

Bei den sekundären Einflüssen liegt die Ursache für die sogenannte »symptomatische Demenz« in einer anderen Erkrankung, die ihren Ursprung nicht im Gehirn hat. Diese Form der Demenz entsteht bei schweren Stoffwechselstörungen, schweren Vitaminmangelzuständen, Herz- und hämatologischen Erkrankungen, Intoxikationen (z. B. durch Benzodiazepine oder Alkohol) und Hypoxien (Sauerstoffmangel).

Die begleitenden Symptome müssen allerdings die Definition einer Demenz nach den anerkannten Kriterien erfüllen und dürfen nicht mit Delirien (vorübergehende Verwirrtheitszustände) verwechselt werden.

FazitSechs-Monats-Frist

Für die Diagnose einer Demenz müssen die Symptome nach ICD 10 über mindestens sechs Monate bestanden haben und die Funktion der Sinne (Sinnesorgane und Wahrnehmung) sollte im üblichen Rahmen liegen.

3. Frage:Wie viel Vergessen ist normal?

Viele Menschen haben Angst, an einer Demenz zu leiden, weil sie im Alltag Dinge vergessen. Es ist wichtig, eine Balance zwischen unbegründeter Panikmache und der Aufmerksamkeit für erste Anzeichen einer evtl. Erkrankung zu finden. Das ist ein individueller Prozess. Ein Großvater wurde aufmerksam, als er eines Tages vergaß, sein Enkelkind vom Kindergarten abzuholen. Dabei war das seine tägliche Aufgabe und das Enkelkind bedeutete ihm natürlich viel.

4. Frage:Wie verläuft die Diagnostik?

Das diagnostische Vorgehen ist für die Psychohygiene des Patienten und den weiteren Verlauf der Erkrankung extrem wichtig. Jeder Hausarzt sollte es ernst nehmen, wenn ein Patient berichtet, dass seine geistige Leistungsfähigkeit nachlässt.

Bei der Diagnostik empfiehlt sich ein zweistufiges Vorgehen, bei dem auf der ersten Stufe das demenzielle Syndrom zu sichern und auf der zweiten Stufe die Ursache zu ermitteln ist.

Stufe 1: Diagnostik des demenziellen Syndroms: Anamnese/Fremdanamnese, psychopathologischer Befund, neuropsychologische Screeningverfahren (z. B. Mini-Mental-Status, Uhrentest, Test zur Früherkennung von Demenzen mit Depressionsabgrenzung (TFDD), Demenz-Detections-Test (DemTect) etc.)

Stufe 2: Differentialdiagnostik. Unerlässlich sind bildgebende Verfahren wie cCt oder cMRT. Bei Verdacht auf eine vaskuläre Demenz sollte eine Dopplersonografie der hirnversorgenden Gefäße durchgeführt werden, außerdem EKG und umfangreiche Labordiagnostik einschließlich TSH, Folsäure und Urinteststreifen

Fakultativ (im Bedarfsfall): Test des Urins auf Benzodiazepine, weitergehende neuropsychologische Untersuchung, EEG, Liquordiagnostik und weitere Labordiagnostik, z. B. Lues-Serologie, HbA1 etc.

Weitere bildgebende Verfahren wie Positronen-Emissions-Tomografie (PET) bzw. Einzelphotonen-Emissions-Computer-Tomografie (SPECT)

5. Frage:Was ist eine Memory-Klinik?

Die Hauptaufgabe einer Memory-Klinik liegt in der Diagnose von Hirnleistungsschwächen. Neben der Diagnostik und dem Befund geht es auch immer um die Evaluation der Betreuungssituation des Patienten. Die Überweisung erfolgt durch den Hausarzt, bei dem auch die weitere ärztliche Betreuung liegt.

1983 eröffnete in Großbritannien die erste Memory-Klinik, um die Ursachen von Gedächtnisstörungen bei älteren Patienten möglichst früh zu erfassen. Seither sind in verschiedenen Ländern ähnliche Institutionen ins Leben gerufen worden.

In Deutschland wurde die erste ambulante Gedächtnissprechstunde 1985 an der TU München gegründet. Inzwischen gibt es in Deutschland mehr als 200 Einrichtungen dieser Art, die jetzt »Gedächtnisambulanzen« heißen.1

Adressen von Gedächtnissprechstunden, Gedächtnisambulanzen und Memory-Kliniken finden sich bspw. auf den Internetseiten der Hirnliga (www.hirnliga.de) oder der Deutschen Alzheimer Gesellschaft (www.deut-sche-alzheimer.de).

6. Frage:Welche Stichworte zur Diagnostik sind wichtig?

Die Diagnose einer Demenz ist prinzipiell eine Ausschlussdiagnose. In der ICD-10 wird neben dem Fehlen von Hinweisen auf andere Krankheitsursachen die Erfüllung weiterer Kriterien verlangt. Dazu zählen neben einem demenziellen Bild auch ein schleichendes Einsetzen der Symptomatik und eine kontinuierliche Verschlechterung. Zur Diagnostik und Therapie von Demenzen haben die Fachgesellschaften DGPPN und DGN in Zusammenarbeit mit der Deutschen Alzheimer Gesellschaft die sogenannte »S3-Leitlinie Demenzen« herausgegeben, in der systematisch und differenziert Symptomatik, Diagnostik, Verlauf und Prognose der unterschiedlichen Demenzformen beschrieben werden.

Info

Ein bedeutsames Stichwort ist die Bereitschaft, erst zu differenzieren und dann zu integrieren, also bis ins Einzelne zu unterscheiden und dann erst einzugruppieren. Die unterschiedlichen Demenzformen gehen mit entsprechend unterschiedlichen Symptomen und damit Verhaltensweisen der Patient*innen, die alle demenziell erkrankt sind, einher.

Fluktuationen (Schwankungen) in der kognitiven Leistungsfähigkeit und immer wieder auftretende Bewusstseinsstörungen sind z. B. ein charakteristisches Kennzeichen der Lewy-Körperchen-Demenz, der nach der Alzheimer Demenz zweithäufigsten neurodegenerativen Demenzen.

Ein Teil der Patient*innen weist zunächst ausschließlich Symptome wie bei der Parkinsonschen Krankheit auf, z. B. Verarmung der Bewegung, Muskelsteifheit, Zittern, etc. Etwa zwei Drittel der Personen, die eine Lewy Body Demenz entwickeln, berichten über visuelle Halluzinationen meist szenischen Charakters, d. h. sie sehen Dinge oder sogar Szenen, die es offensichtlich nicht gibt. Man spricht auch von Trugwahrnehmungen, die im psychiatrischen Kontext den Sinnestäuschungen und nicht wie beim Wahn den Denkstörungen zugeordnet werden.

Diese Symptomatik bei dieser Demenzform weicht aber erst einmal von dem Bild der Patient/Innen mit der Alzheimer Demenz ab. Bei der Alzheimer Demenz werden die kognitiven Leistungseinschränkungen und progrediente (fortschreitende) Gedächtnisleistungsstörungen schon zu Beginn der Erkrankungen deutlich erkennbar.