101 Unorte in Frankfurt - Christian Setzepfand - E-Book

101 Unorte in Frankfurt E-Book

Christian Setzepfand

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Beschreibung

Die schönsten und Plätze Frankfurts sind allseits bekannt. Sightseeing-Touren über den Römer, vorbei an der Paulskirche, dem Goethe-Haus und der Messe zeigen die Stadt im Herzen Europas von seiner berühmten und geschätzten Seite. Dass der Charakter der Stadt jedoch wesentlich facettenreicher ist, erfahren meist nur die, die einen Blick hinter die Fassade der renommierten Bankenmetropole riskieren. Mit diesem einzigartigen Buch lernen sowohl Einheimische als auch Besucher Frankfurt auf unvergessliche Weise kennen. Denn die hier präsentierten 101 Unorte Frankfurts sind unerwartet vielfältig und spannend: Der unbeliebte AFE-Turm, das unsaubere Pumpwerk Hinkelstein und die unbequeme Adorno-Ampel gehören ebenso zu Frankfurt wie das untadelige Wacker in Bornheim, der unterschätzte Städtische Weinberg und der unsterbliche Don Alfredo. Dabei begegnet der Leser u.a. dem Frankfurt-Hasser Otto von Bismarck, dem Stadtwald-Spaziergänger Felix Mendelsohn Bartholdy sowie dem Selbstmörder Bürgermeister Fellner. Von Oberrad bis zum Riedberg und von Fechenheim bis Höchst bleibt kein Winkel Frankfurts verborgen. Das reich bebilderte Buch lädt zu einer ungewöhnlichem Stadtbegehung ein.

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Frank Berger, Christian Setzepfandt101 Unorte in Frankfurt
Alle Rechte vorbehalten • Societäts-Verlag
© 2011 Frankfurter Societäts-Medien GmbH
Umschlaggestaltung: Sebastian Sell und Daniel Günther, Frankfurt
Satz: Nicole Proba, Societäts-Verlag
eBook: Beltz Bad Langensalza GmbH, Bad Langensalza
ISBN 978-3-7973-1248-8

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1

Unterwegs

Die Adlerwerke

2

Unbequem

Die „Adorno-Ampel“

3

Unbeliebt

Der AfE-Turm

4

Unterirdisch

Der „Affenstein“

5

Unterschicht

Ahornstraße, hohe Nummer 18

6

Unbenannt

Das AIDS-Memorial „Verletzte Liebe“

7

Undemokratisch

Alte Gasse

8

Unterhalt

Bastionen im Anlagenring

9

Unwegsam

Der Berger Hang, Frankfurts steilste Stelle

10

Unvergesslich

Der Bethmannweiher

11

Unmöglich

Das Bismarck-Denkmal in Höchst

12

Untersuchung

Bordellmorde im Westend

13

Unaufschiebbar

Das Buchmesse-Denkmal von Franz Mon

14

Unstern

Die BUGA 1989

15

Ungestüm

Der Carolusbrunnen

16

Unbegreiflich

Der Darmstädter Hof im Stadtwald

17

Unsterblich

„Don Alfredo“

18

Unvereinbar

Eckermannstraße

19

Unglücklich

Benno Elkan

20

Unverkennbar

Fachwerkhaus Kl. Bockenheimer Straße 10

21

Unverdrossen

Der Flugpionier August Euler

22

Unendlich

Frau Schreiber und die Kleinmarkthalle

23

Ungebunden

Die Friedenseiche von Sossenheim

24

Unterstand

Garage Hersfelder Straße

25

Unruhig

Die Geburtsstätte der DM

26

Unabsehbar

Gemüsehalle – Kunsthalle

27

Ungereimt

Goetheruh

28

Unweit

Gogels Gut

29

Unscheinbar

Das Grab von Sophie Cossaeus

30

Unglück

Grabstätte für Menschen mit AIDS

31

Unfall

Große Friedberger Straße

32

Unkraut

Das Grüne-Soße-Denkmal

33

Unermüdlich

Der Hafenarbeiter von Meunier

34

Unliebsam

Der Hainer Hof

35

Unterhaltung

Der Hans-Flesch-Platz

36

Unterricht

Haus Buchenrode

37

Unansehnlich

Das Heimchen-Haus

38

Ungesäuert

Hinterhof Fischerfeld

39

Unbetreten

Hinterhof Holzgraben

40

Untergrund

Hofeckweg 2-4

41

Unterredung

Hommage an Heidegger

42

Unfertig

Die Honsell-Brücke

43

Unrussisch

Ivan und Malakoff

44

Unfrankfurterisch

Der Kaiser-Friedrich-Bau

45

Unerträglich

Kaiserhofstraße 12

46

Untergegangen

Der Kuhhirtenturm und Stadtmauerreste

47

Unterquerung

Der Lachegraben

48

Unbekleidet

Die Läuferin

49

Unwirtschaftlich

Lucien Albert Hahn

50

Unschuldig

Mahnmal Homosexuellenverfolgung

51

Unterbrechung

Die Main-Staustufe von Griesheim

52

Unzucht

Helga Matura

53

Ungewöhnlich

Das Maurice-Rose-Army-Airfield

54

Unterholz

Die Mendelssohnruhe

55

Unkenntlich

Mittelursel

56

Untergang

Der „Monte Scherbelino“

57

Unten

Heiner Müllers Kanaldeckel

58

Unternehmen

Die Neckermann-Zentrale

59

Unersättlich

Die Ochsenküche auf dem Römerberg

60

Unbelebt

Der Ostbahnhof

61

Unordentlich

Der verlorene Park

62

Untereinander

Parkhaus Hauptwache

63

Unbehaglich

Paternoster im Bayerhaus

64

Unbemerkt

Der Peterskirchhof

65

Unflat

Pissoir, Waagenhäuschen und Kiosk am Osthafen

66

Unterstand

Das hessische Pompeji

67

Unrecht

„Zum Prinz Carl“, ein Renaissance-Treppenturm

68

Unsauber

Das Pumpwerk Hinkelstein

69

Unentbehrlich

Der Quirinsbrunnen

70

Ungemütlich

Hoch auf dem Riedberg

71

Unwohl

Riederhöfe

72

Unterliegen

Das Riederwaldstadion

73

Universität

Sankt Georgen

74

Unklar

Der Sausee

75

Unbedeutend

Das Schärfengässchen

76

Unbeirrt

Schindlers Wohnung

77

Unfriede

Die Schlacht von Bergen

78

Unauffällig

Schloss Rödelheim

79

Unsichtbar

Das „Schwarze Quadrat“

80

Unrecht

Der Selbstmord des Bürgermeisters

81

Unterricht

Der alte Sendesaal in der HfMDK

82

Unterfeld

Das Sossenheimer

83

Unschätzbar

Das Stadion am Brentanobad

84

Unbenutzbar

Die Starkenburger Allee

85

Unerwünscht

Zwei Stolpersteine

86

Unstet

Der Sulzbach

87

Unterlassen

Das Tabakgeschäft von Richard Herrmann

88

Ungeheizt

Das Teehaus im Bethmannpark

89

Unzertrennlich

Der Tierfriedhof

90

Untertan

Totschlag in der Merianstraße

91

Unbemerkt

U-Bahn-Station Römer

92

Unverändert

Die Villa Mumm

93

Ungehalten

Voltaire in Frankfurt

94

Untadelig

„Wacker“ in Bornheim

95

Unscheinbar

Der Wasserhof

96

Unterschätzt

Der städtische Weinberg

97

Unterhaltung

Die „Weiße Lilie“

98

Unheil

Die Wörthspitze

99

Unentdeckt

Ein gotischer Wohnturm

100

Unförmig

Die „Zeppelinwurst“

101

Unschicklich

„Zum Elch“

Literatur
Die Autoren

Ungebunden

Das Vorwort

Wie oft bei schrägen Projekten, begann alles mit einem Glas Wein. Dabei hatten die Autoren die Idee, sich mit eher unbekannten Orten Frankfurts zu beschäftigen. Hier ist das Ergebnis.
Es hat Spaß gemacht, Frankfurter „Un-Orte“ zu definieren und zu kommentieren. Dabei ging es uns um unbekannte und nicht uninteressante Orte. Wirklich „böse“ Orte sind nur wenige dabei. Umso mehr unbekannte und abseitige. Zu allen Orten gibt es etwas zu erzählen. Hier und da dient die Beschreibung sogar der Belehrung des geneigten Lesepublikums.
Allseits bekannte Orte sollen nicht das Thema sein. Jeder in Frankfurt kennt – hoffentlich – Rosemarie Nitribitt, den Römer, das Goethehaus, die Alte Brücke, den Kaiserdom, die Justinuskirche, den Eschenheimer Turm, die Alte Oper, die Börse, den Saalhof, die Staufermauer, die Ratgeb-Wandgemälde, das Haus Wertheim, den Hauptbahnhof, das IG-Farben-Hochhaus, die Großmarkthalle, das Karmeliterkloster, das Waldstadion und die vielen Museen.
Die Auswahl der Unorte ist unausgewogen. Sie will auch nicht politisch korrekt sein. Eher unvorsichtig, respektlos und entdeckend. Sie lädt ein zum Nachforschen, gerne zu Fuß in der Innenstadt oder mit dem Fahrrad in den Stadtteilen.
Die Verfasser stehen für alle Artikel gemeinsam gerade. Gleiches gilt für die Abbildungen. Gegenseitig wurde einiges ergänzt, mehr noch gestrichen. Jeder hätte alleine schon 100 Ideen zu Frankfurter Unorten gehabt. Daher bleiben sie auch weiter nicht untätig.

1.  Unterwegs

Die Adlerwerke

Kleyerstraße 15-31
Ein alter Fabrikbau von 1898/1912, jetzt ohne Produktion, aufwändig saniert, ein Kulturdenkmal. Das Summen der PC-Ventilatoren und das Klappern der Tastatur haben den Maschinenlärm ersetzt. Dienstleistung statt Industrieproduktion. Eine gewaltige Fabrik mit großer Backsteinfassade, streng wie eine Kaserne, doch auch mit Zinnen wie eine italienische Burg. Das sind die Adlerwerke in der Kleyerstraße 15-31.
Der Ingenieur Heinrich Kleyer war bei einer Amerikareise in Boston Zuschauer eines Radrennens. Dabei kam er auf die Idee, das Fahrrad in Deutschland ebenso populär zu machen wie in den Staaten. 1886 begann er mit einer eigenen Fahrradproduktion. Drei Jahre später beschäftigte er bereits 600 Arbeitskräfte. Die technische Innovation des pneumatischen Reifens durch Dunlop bescherte den „Adler-Fahrradwerken“ einen ständig steigenden Verkaufserfolg. 1898 begann Kleyer auch mit der Produktion von Schreibmaschinen, die unter dem Namen „Triumph-Adler“ Weltruhm erlangten.
Damit nicht genug. 1899 begann das Unternehmen auch noch mit der Herstellung von Motorwagen, und 1901 kamen die Motorräder hinzu. Jeder fünfte deutsche Personenkraftwagen vor dem Ersten Weltkrieg war ein „Adler“. Der 1932 vorgestellte „Adler Triumph“ zeichnete sich schon durch Frontantrieb und Einzelradaufhängung aus. Höhepunkt der Entwicklung war der „Adler Autobahnwagen“ mit einer elegant stromlinienförmigen Karosserie. Insgesamt stellten die Adlerwerke 210.000 Autos her. Im Zweiten Weltkrieg wurden Zwangsarbeiter eingesetzt. Später beschränkte sich die Produktion auf Fahrräder, Motorräder und Büromaschinen.

2.  Unbequem

Die „Adorno-Ampel“

Westend, Dantestraße/Ecke Senckenberganlage
Das neue Institut für Sozialforschung an der Senckenberganlage konnte 1951 eröffnet werden. Neben dem Hausherrn Horkheimer wirkte hier Theodor W. Adorno als Professor für Philosophie und Soziologie. Beide waren 1949 aus dem Exil in den USA zurückgekehrt. Vor dem Haus verlief mit der Senckenberganlage eine der großen städtischen Ringstraßen.
Adorno sorgte sich um das körperliche Wohl seiner Studenten ebenso wie um deren Ankunft zum pünktlichen Vorlesungsbeginn. Voller Sorge wandte er sich in einem Schreiben an den Rektor: „Wenn ein Student, wie es doch schließlich sein Recht sein sollte, in Gedanken über die Straße geht, ist er der unmittelbarsten Lebensgefahr ausgesetzt.“ Daher befürwortete er die Aufstellung von „Verkehrslichtern“, heute Ampeln genannt. Jedoch wurde im Frühjahr 1959 nur ein Zebrastreifen angelegt.
Im Sommer 1962 kam, was kommen musste. Zuerst verunglückte ein Passant an dieser Stelle tödlich, und wenige Tage später wurde eine Sekretärin des Instituts für Sozialforschung angefahren und schwer verletzt. In einem Leserbrief der FAZ wies Adorno darauf hin, dass Automobilisten Fußgänger als störende Objekte betrachteten und nur durch polizeiliche Maßnahmen anderen Sinnes würden. Er sollte die Erfüllung seines Wunsches nicht mehr erleben. Adorno starb 1969. Jürgen Habermas forderte 1985 erneut eine Anlage, die bereits „Adorno-Ampel“ genannt wurde. Endlich, im Frühjahr 1987, konnte Institutsdirektor Ludwig von Friedeburg die Errichtung der „Adorno-Ampel“ von seinen Diensträumen aus beobachten.

3.  Unbeliebt

Der AfE-Turm

Bockenheim, Robert-Mayer-Straße 1-15
Der AfE-Turm („Abteilung für Erziehungswissenschaften“) ist eines der vielen Hochhäuser in Frankfurt. Und er war bei einer Höhe von 116 Metern eine kurze Zeit lang sogar das höchste Gebäude der Stadt. Seine Konstruktion erfolgte in Stahlbeton-Skelettbauweise auf einem quadratischen Grundriss von 33,40 Metern Seitenlänge. Die Abteilung für Erziehungswissenschaften bezog aber nie das 1970 bis 1972 erbaute Hochhaus, weil sie vor Eröffnung geschlossen wurde. In ihm befinden sich stattdessen Büros und Seminarräume einiger Gesellschaftswissenschaften.
Höchst eigenartig ist die Etagenanordnung zwischen Nord- und Südseite des Gebäudes. Die Nordseite hat anderthalbfache Etagenhöhe mit 29 Geschossen. Die Folge ist ein interessantes System von Zwischenetagen und Halbtreppen, für dessen Verständnis man mit dem Haus sehr vertraut sein sollte.
In der ursprünglichen Planung sollten im AfE-Turm 300 Angestellte und 2500 Studenten tätig sein. Von Anbeginn an war die Zahl der Studenten aber eine mehrfache. Die Wartezeiten an den Aufzügen dehnten sich bis zu 15 Minuten aus. Auf der Nordseite sind die Seminarräume oberhalb des 11. Stocks für Veranstaltungen gesperrt. Die Südseite wird dennoch bis zum 38. Stock voll genutzt.
Bedingt durch die Studienfächer, beherbergte der Turm ein besonders kritisches Potential an Studenten. Folge waren Turmbesetzungen. Dem kam entgegen, dass der Turm wegen seiner wenigen Zugänge sehr effizient abgeriegelt werden kann. Ein Abriss dieses bedeutenden Gebäudes der Frankfurter Studentenbewegung ist vorgesehen.

4.  Unterirdisch

Der „Affenstein“

Westend, Hansaallee, Lübecker Straße
Es überrascht wenig, wenn man bei Bauarbeiten auf Relikte früherer Tage stößt. So geschehen, als auf dem Gelände des Neubaus der Frankfurter Universität Bauarbeiter auf einen Turmstumpf stießen. Zwei Deutungen schienen möglich. Die eine: Dieser sei ein Eiskeller aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die andere: Der Turm gehörte zur ersten Frankfurter Landwehr aus der Mitte des 14. Jahrhunderts.
„Affenstein“? Woher kommt das Wort? Gab es in Frankfurt Affen? – Nun! Auch im alten Frankfurt war man schnell mit Verballhornungen von Namen bei der Hand. Den Frankfurter Katholiken war verwehrt, in der Stadt zu beten. Vor den Toren allerdings gab es Marienstandbilder aus Stein, an denen das „Ave Maria“ gebetet werden durfte. Aus dem „Ave-Stein“ wurde im Laufe der Zeit der „Affenstein“.
Dass der Turmrest zur ersten Landwehr gehörte, scheint aus den Putzresten und den Gründungspfählen belegt. Sicher ist, dass es um Frankfurt herum zwei aus unterschiedlichen Zeiten stammende Landwehre gab. Die erste, die sich auf die Staufermauer (um 1150) bezog, und eine zweite, die zur Stadtmauer des 14. Jahrhunderts gehörte.
Der Turm stand an einer strategisch günstigen Stelle. Nach Süden fällt das Gelände steil zur Stadt hin ab. Wahrscheinlich wurde der Turm nach der Stadterweiterung nicht mehr gebraucht. Er diente dann als Windmühle und später als Eiskeller der Nervenheilanstalt (ab 1864) Heinrich Hoffmanns. Im Neubau des Universitätsinstitutes bleibt der „Affenstein“ nun auch wieder unsichtbar.

5.  Unterschicht

Ahornstraße, hohe Nummer

Griesheim, Ahornstraße
Droht Frankfurt einmal ein „Paris-Szenario“? Dazu bedarf es einer Mischung von Perspektivlosigkeit, sozialer Benachteiligung, Migrantenfamilien, Langeweile, ethnischer Konkurrenz, Jugendarbeitslosigkeit und Gewalt. Manche Namen werden in diesem Zusammenhang genannt: Sossenheim, Frankfurter Berg, Ben-Gurion-Ring, die Mainfeldsiedlung in Niederrad und „Im Heisenrath“ in Goldstein.
Als die „Bronx von Frankfurt“ galt lange Zeit die Ahornstraße in Griesheim. Dies war einer hohen Konzentration von Problemfamilien und Intensivtätern zu verdanken. Viele bestritten ihren Lebensunterhalt fast ausschließlich durch Straftaten. 1988 etwa registrierte die Feuerwehr eine größere Serie von Brandstiftungen in sechs verschiedenen Häusern. Polizei und Feuerwehr wurden Opfer von Angriffen. Die „Ahorn-Boys“ errichteten Straßensperren und forderten Wegezoll. Ein Kultobjekt dieser Szene, wie auch anderer Gesellschaftsschichten, ist das Auto. Es dient zu wilden Verfolgungsfahrten. Autos der Gegner werden gerne schon einmal schrottreif geschlagen. Firmen für Autozubehör waren deshalb ein beliebtes Objekt von Einbrüchen. 1993 gab es den ersten Toten, das Opfer eines Bandenkrieges, erschossen mit einer Kleinkaliberwaffe. Der Tote hieß Kai Uwe Gärtner. In diesem Jahr erhielt der Stadtteil den Namen „Frankfurter Bronx“.
Das Quartier war zwar auf dem Weg, die „Frankfurter Bronx“ zu werden, doch ist es heute dort recht friedlich. Gelbe Häuserblocks reihen sich unspektakulär aneinander. Balkone stehen in der Sonne, verziert mit Satellitenschüsseln, Markisen und Sonnenschirmen.

6.  Unbenannt

Das AIDS–Memorial „Verletzte Liebe“

Innenstadt, Peterskirchhof, Bleichstraße, Stephanstraße
Ein Barbesitzer, ein Flugbegleiter und ein Mann aus Darmstadt waren 1982 die ersten namentlich Bekannten, die in Frankfurt an AIDS starben. Menschen, die an AIDS starben, wurden lange Zeit häufig von ihren Familien ohne jeden Bezug zu ihrem bisherigen Leben eilig verscharrt oder bestenfalls ohne Aufsehen beerdigt. Der Trauer und dem Gedenken einen Ort mitten in Frankfurt zu geben, war das Ziel einer Initiative, die den Künstler Tom Fecht 1994 mit der Gestaltung der Gedenkstätte auf dem Peterskirchhof beauftragte. Das dortige Gräberfeld ist einer der ältesten in Frankfurt existierenden Friedhöfe. In der Mitte der Stadt entstand schließlich der Gedenkort „AIDS-Memorial – Verletzte Liebe“.
In die Stützmauer der Peterskirche wurden 1994 575 Nägel in Erinnerung an die bisher an AIDS gestorbenen Frauen und Männer eingelassen. Jedes Jahr zum Welt-AIDS-Tag, am 1. Dezember, werden weitere Nägel für die im Jahr zuvor Verstorbenen in die Wand geschlagen. Die unterschiedlich gestalteten Nägel sollen etwas von der Individualität der Verstorben aufscheinen lassen. Inzwischen sind über 1000 Nägel in diese Wand des Todes eingelassen, die jeweils für einen Menschen stehen, der in Frankfurt an AIDS gestorben ist.
Der Nagel wurde von dem Künstler gewählt, weil er Verletzung und Hinrichtung symbolisiert. Die Kreuzigung war die Strafe für eine andere religiöse, weltanschauliche oder politische Lebensführung und Gesinnung. Ein Nagel hinterlässt am Körper eines Menschen ein Wundmal oder Stigma. Die Nägel sind „unbenannt“.

7.  Undemokratisch

Alte Gasse

Innenstadt, Alte Gasse
In der Alten Gasse 24 gelegen, ist die „Krawall-Schachtel“ aus dem Jahre 1546 eines der alten Fachwerkhäuser Frankfurts. Schon immer beherbergte es eine Gaststätte. Das kleine Gebäude war Herberge der in Frankfurt absteigenden Fuhrleute. Die Alte Gasse war der letzte Teil der innerstädtischen nordsüdlichen Durchfahrt, die von der Alten Brücke in die Fahrgasse, über die Konstablerwache, die Große Friedberger Straße und die Alte Gasse zum Friedberger Tor aus der Stadt herausführte.
Den Namen „Krawall-Schachtel“ erhielt das Gebäude in den 1830er Jahren, als sich hier die Krawaller des Vormärz trafen. Demokratisch gesonnene Studenten und Arbeiter planten, die beiden Frankfurter Wachen zu stürmen, um sich dort zu bewaffnen. Dann wollten sie die Gesandten der deutschen Fürsten, die im Palais Thurn und Taxis tagten, festnehmen. Dies sollte das Signal einer demokratischen Erhebung in ganz Deutschland werden. Der Plan wurde verraten und scheiterte. Die Studenten hatten neun Tote zu beklagen.