Abschiedsbriefe eines Sterbenden - Josef F. Justen - E-Book

Abschiedsbriefe eines Sterbenden E-Book

Josef F. Justen

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Beschreibung

Der 78-jährige Johann Tollmann weiß, dass er nur noch wenige Monate zu leben hat. Es gelingt ihm, seine Situation zu akzeptieren. Er nutzt die Zeit, die ihm noch bleibt, um sein gesamtes Leben noch einmal Revue passieren zu lassen. Dabei erinnert er sich an viele Menschen, denen er noch unbedingt etwas mitteilen möchte, denen gegenüber er sich etwa noch in einer gewissen Schuld wähnt. Er verspürt den dringenden Wunsch, sich mit seinem Leben, mit seiner Biografie zu versöhnen. All diesen Zeitgenossen schreibt er einen Brief, einen Abschiedsbrief, in dem er ihnen mitteilt, was ihm noch ein Herzenswunsch oder zumindest ein großes Bedürfnis ist. Die Briefe werfen ein Licht auf sein Leben und lassen seine Biografie sichtbar werden.

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Seitenzahl: 63

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Einen langen Brief schreibt man nur, wenn einem nicht mehr genug Zeit übrig bleibt, viele kurze zu schreiben.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

27. Februar 2019

3. März 2019

4. März 2019

7. März 2019

8. März 2019

10. März 2019

14. März 2019

17. März 2019

20. März 2019

25. März 2019

26. März 2019

2. April 2019

4. April 2019

4. April 2019

7. April 2019

8. April 2019

10. April 2019

11. April 2019

Vorwort

Jeder Mensch, der schon sehr nahe an der Schwelle des Todes steht, der weiß, dass ihm nur noch eine kurze Zeit auf der Erde beschieden sein wird, hat eine andere Art, mit dieser Situation umzugehen.

Schließlich ist jeder Mensch ein Individuum!

In unserem Kulturkreis ist es leider immer noch sehr häufig zu beobachten, dass sich viele Sterbende recht schwertun, ihr Schicksal anzunehmen.

Die einen wollen es einfach nicht wahrhaben und verdrängen es so lange, bis sie es nicht mehr ignorieren können.

Anderen scheint es wichtig zu sein, ihre restliche Lebenszeit so normal wie möglich zu verbringen und verfahren nach dem Motto »Business as usual«.

Es gibt allerdings auch einige, die ihr Schicksal akzeptieren und die verbleibende Zeit nutzen, um auf unerledigte Aufgaben zu schauen und diese zu erfüllen versuchen, sofern es noch möglich ist.

Wie jemand, der noch bei klarem Bewusstsein und weitestgehend handlungsfähig ist, seine letzten Lebenswochen und -monate gestaltet, hängt natürlich von dessen Mentalität ab.

Es ist aber ganz wesentlich auch eine Frage seiner spirituellen Gesinnung.

Der 78-jährige Johann Tollmann weiß, dass sein Krebsleiden nicht mehr heilbar ist und dass er in Kürze die Pforte des Todes durchschreiten wird.

Da er sich in seinem Leben viel mit spirituellen Themen befasst hat, macht ihm das keine Angst.

Ihm ist bekannt, dass es für sein nachtodliches Leben von großer Bedeutung ist, noch vor dem Übergang mit sich und seinen Mitmenschen ins Reine zu kommen.

Jetzt hat er viel Zeit, um sein gesamtes Leben noch einmal Revue passieren zu lassen.

Dabei taucht in seiner Erinnerung vieles auf, das in seinem Leben nicht so gut gelaufen ist. Auch kommen ihm etliche Situationen in den Sinn, in denen er sich falsch oder zumindest unangemessen verhalten hat.

Durch einen solchen schonungslosen und objektiven Rückblick auf sein Erdenleben wird seine Fähigkeit zur Selbsterkenntnis erhöht, was für sein Leben nach dem Tod von großer Bedeutung ist.

Bei dieser Betrachtung und Bewertung seines Lebens erinnert sich Johann Tollmann auch an viele Menschen, denen gegenüber er sich noch in einer gewissen Schuld wähnt.

All diesen schreibt er nun einen Brief, in dem er die Gründe für sein damaliges Fehlverhalten zu erklären versucht und in dem er sich insbesondere dafür entschuldigt und um Verzeihung bittet.

Darüber hinaus kommen ihm jetzt auch viele seiner Weggefährten in den Sinn, denen er zu großem Dank verpflichtet ist. Ihm wird klar, dass er vieles immer als selbstverständlich aufgefasst und es stets versäumt hatte, ihnen Dank zu sagen.

Auch diesen Menschen schreibt er jetzt einen Brief, in dem er das Versäumte nachholt.

Durch diese Briefe kann sich dem Leser die Biografie ihres Schreibers enthüllen.

Gute Briefe sind wie gute Freunde. Sie dürfen es heute eilig haben, aber sie müssen sich morgen Zeit nehmen.

Oscar Wilde

27. Februar 2019

Mein lieber Sohn,

ich habe mich über deinen Besuch vor sechs Wochen sehr gefreut.

Ich genieße es immer, mit dir beieinander zu sein, was leider nur recht selten möglich ist, da du am anderen Ende der Welt lebst und beruflich so sehr eingespannt bist.

Vielleicht ist es dir aufgefallen, dass ich deine Frage, wie es mir gehe, etwas ausweichend beantwortet habe.

Das möchte ich mit diesem Brief ändern. Nun sollst du genau erfahren, wie es mir geht.

Leider muss ich dir mitteilen, dass meine Krankheit, mit der ich ja schon einige Jahre zu leben gelernt habe, nun doch in ein Stadium eingetreten ist, das man fast schon als Endstadium bezeichnen kann.

Nach Meinung meines sehr geschätzten Hausarztes, Herrn Dr. Brockschnieder, den du ja auch von früher gut kennst, ist es wohl nur noch eine Frage von Monaten, die mir in dieser Welt beschieden sein werden.

Zwei Spezialisten, die ich in den letzten Wochen konsultiert habe, konnten Herrn Brockschnieders Einschätzung nur bestätigen.

Dr. Brockschnieder meinte im Übrigen, dass ich wohl schon längst gestorben wäre, wenn ich mich nicht in den letzten Jahren vegetarisch und auch sonst sehr gesund ernährt und insbesondere wenn ich nicht bis ins hohe Alter so viel Sport betrieben hätte.

Ich fürchte, dass du jetzt ziemlich enttäuscht und womöglich sogar verärgert sein könntest, dass ich dir das neulich nicht persönlich – sozusagen von »face to face« – gesagt habe.

Ich habe mich für diesen Weg entschieden, weil ich, wenn ich mich schriftlich an jemanden wende, meine Gedanken besser sortieren und ordnen kann. So fällt es mir auch leichter, die Worte mit Bedacht zu wählen und Emotionen außen vor zu lassen.

Ich bitte dich um Verständnis!

In den nächsten Tagen – vielleicht auch Wochen – werde ich vielen Menschen einen Brief schreiben, auch deiner Schwester, die immer noch nicht viel von mir wissen will, meiner ersten Ehefrau, also eurer Mutter, und vielen weiteren Persönlichkeiten, die du zu einem großen Teil gar nicht kennst.

Jetzt, da mein Erdenleben sich dem Ende entgegenneigt, habe ich viel Zeit, über mein Leben nachzudenken. Mir fallen jetzt wieder unfassbar viele Details ein, die ich eigentlich schon vergessen zu haben glaubte.

Ich weiß und respektiere, dass du meine spirituellen Ansichten nicht in allen Punkten teilst.

Nach meiner festen Überzeugung werden wir alle nach unserem Tod in der geistigen Welt Rechenschaft über unser Leben ablegen müssen. Da kann es nur förderlich sein, wenn ich schon jetzt damit beginne, einen Blick auf alles zu werfen, was ich falsch gemacht oder zu tun versäumt habe.

Außerdem werde ich in der geistigen Welt – und gewiss auch im nächsten Erdenleben – alle Menschen, mit denen ich im jetzigen Leben verbunden war, wiedertreffen. Somit dürfte es ratsam sein, jetzt noch ein paar Dinge zu regeln und klarzustellen.

Dieser Rückblick hielt einige Überraschungen für mich bereit. Es gibt in der Tat eine ganze Reihe von Menschen, in deren Schuld ich in gewisser Weise noch stehe – zumindest moralisch. Ihnen werde ich versuchen, meine damaligen Motive verständlich zu machen, und ich werde sie um Verzeihung bitten.

Daher werde ich mich seit langer Zeit auch wieder mal an deine Schwester wenden. Wie du mir erzählt hast, steht ihr beide ja noch in regem Austausch. Ich überlasse es dir, ob du ihr im Vorfeld schon von meinem bevorstehenden Tod berichten möchtest.

Dann gibt es ein paar Persönlichkeiten, bei denen es mir ein tiefes Anliegen ist, mich bei ihnen zu bedanken.

Zu diesen gehörst auch du, mein lieber Junge.

Du warst – selbst in jungen Jahren – immer ein Mensch, auf den man sich in jeder Hinsicht verlassen konnte. Du hast stets zielstrebig deinen Weg verfolgt, auch wenn ich anfangs die eine oder andere deiner Entscheidungen nicht ganz nachvollziehen konnte. Im Nachhinein ist mir absolut klar geworden, dass du alles richtig gemacht hast. In manchen Fällen war es klug, dass du meine Ratschläge nicht befolgt hast. Wie du sicherlich noch in lebhafter Erinnerung haben dürftest, habe ich damals alles unternommen, um dich mit fadenscheinigen Argumenten davon abzubringen, den Job in Australien anzunehmen.