Alois Mailänder und der Theosoph Wilhelm Hübbe-Schleiden - Alois Mailänder - E-Book

Alois Mailänder und der Theosoph Wilhelm Hübbe-Schleiden E-Book

Alois Mailänder

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Beschreibung

Alois Mailänder (1843-1905) war in der Zeit von 1885 bis 1900 ein geistlicher Wegbegleiter des Theosophen Wilhelm Hübbe-Schleiden (1846-1916), dem Präsidenten der Theosophischen Gesellschaft in Deutschland. Mitglieder dieser Gesellschaft interessierten sich für Mystik, Spiritismus und die damals neu entdeckte indische Religion. Die Frage nach lebendiger, gelebter Mystik brachte die beiden in einen Kontakt zueinander und führte zu einer langjährigen Schülerschaft Hübbe-Schleidens. Welche Inhalte hat Mailänder vermittelt? Wie hielt er Kontakt zu seinen Schülern? Davon erfährt man durch die erhaltenen Lehr-Briefe, aus denen man entnehmen kann, wie der christliche Mystiker seine Schüler unterwies. Aufschlussreich sind auch die vielen Notizen, die sich Hübbe-Schleiden von den Lehrgesprächen seines Lehrers gemacht hat und die Aufzeichnungen aus Sitzungen seines Hauskreises.

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Seitenzahl: 332

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung

I BRIEFE

Im Jahr 1885

Im Jahr 1886

Im Jahr 1887

Im Jahr 1888

Im Jahr 1889

Im Jahr 1890

Im Jahr 1891

Im Jahr 1892

Im Jahr 1893

Das Jahr 1894

Das Jahr 1897

Das Jahr 1898

Das Jahr 1899

Das Jahr 1900

II Notizen

Im Jahr 1886

Reinigung

Seelenlehre I.

Aus Jeane Leade

Sinneslehre

Verklärung

Geist- Namen

Frage zum Suchen

Urkraft

Rosmarin

Unsterblichkeit

Gebet I

Bücher der Erkenntnis

Stufen der Erkenntnis

Symbolik

Seelenlehre II

Gebet II

Auferstehung

Vater unser – geistige Auslegung

Der Lebensbaum

Persönliche Fragen an Johannes (I)

Persönliche Fragen an Johannes (II)

Persönliche Fragen an Johannes (III)

Persönliche Fragen an Johannes (IV)

Im Jahr 1892

Notiz vom 13. August 1892

Brief von Franz Lambert

Gebet um Loslösung

Aus dem Hauskreis

Abschiedsgruß

Brief von Franz Lambert an Wilhelm Hübbe-Schleiden..

III Aufzeichnungen aus dem Hauskreis

Aus dem Hauskreis 1885-1886

Den 3.10.85

Hauskreis März 1886

April 1886

Sommer 1886

Hauskreis, 24. Juni 1886

Hauskreis 24. Juni 1886

Kempten, den 4. Juli 1886

Den 31. Juli 1886

Weisheitssprüche

Kempten, 25. Aug. 1886

Den 19. 9. 86

Aus dem Hauskreis 1890-1895

Weihnachten 1894

Silvester 1894

Mitschriften aus dem Jahr 1895

IV Quellenangaben

Einleitung

Alois Mailänder (1843-1905) war ein christlicher Mystiker aus dem Allgäu, der in Kempten lebte. Im Herbst 1886 zog er mit seiner Hausgemeinschaft, zu der sein Schwager mit dessen Familie und dem verheirateten Sohn gehörte, nach Grotenbeck bei Wuppertal. Auf eine Anregung der Theosophin Marie Gebhard hatten sie in der Fabrik der Familie Gebhard aus Elberfeld eine Anstellung bekommen. Im September 1890 zog man nochmals um nach Dreieichenhain, das zwischen Frankfurt/M und Darmstadt liegt. Die Schüler Mailänders hatten es ihm ermöglicht, dort ein Haus zu erwerben, in dem Mailänder und seine Hausgemeinde lebte und wo Gäste empfangen werden konnten.

Als geistlicher Begleiter von Wilhelm Hübbe-Schleiden, Mary Gebhard, Franz Hartmann, Friedrich Eckstein, Baron von Hoffmann, Carl Kellner und über fünfzig weiteren bedeutenden Theosophen der Anfangszeit hatte Mailänder von 1885 an eine zentrale Stellung in der Theosophischen Bewegung Deutschlands und darüber hinaus auch in England, Frankreich und Nordamerika.

In der vorliegenden Schrift lernen wir Alois Mailänder als spirituellen Lehrer von Wilhelm Hübbe-Schleiden (1846-1916) kennen.

Wilhelm Hübbe-Schleiden war von Anfang an Präsident der Theosophischen Gesellschaft in Deutschland. München war damals das Zentrum einer recht überschaubaren Bewegung von Menschen, die sich für Mystik, Spiritismus und die Werke der englisch- amerikanischen Theosophen interessierten.1 Hübbe-Schleiden lebte rund zehn Jahre lang in München.2 Auf welche Weise hat Mailänder Kontakt gehalten zu seinem Schüler? Wie hat er ihn angeleitet? Hat er ihm spezielle Inhalte vermittelt? Sieben Jahre lang, von Januar 1885 bis zum Sommer 1892, also schon kurz nach der Gründung der Theosophischen Gesellschaft in Deutschland,3 und wiederum im Sommer 1896 war Alois Mailänder für Hübbe-Schleiden ein Mentor von herausragender Bedeutung.

Die Frage nach lebendiger, gelebter Mystik führte Hübbe-Schleiden und Alois Mailänder zusammen.

Bald nach der Gründung der Theosophischen Societät, in den Weihnachtstagen von 1884, gab es eine Versammlung in dem repräsentativen Salon der Theosophen Graf Albert und Caroline von Spreti in München. -- Gräfin von Spreti war eine Halbschwester des Theosophen Franz Hartmann, welcher damals im Zentrum der Theosophical Society in Indien (Adyar) lebte. Hartmann war also ein enger Mitarbeiter von Madame Blavatsky, jener Persönlichkeit, welche die Gemüter der Theosophen bewegte. Durch persönliche, verwandtschaftliche Beziehungen war man in München also direkt mit dem Zentrum der Theosophie in Indien verbunden.

Es ist nicht überliefert, wer zu dem weihnachtlichen Treffen der Theosophen von München Nikolaus Gabele, Alois Mailänders Schwager aus Kempten, geladen hatte. Vielleicht war es Caroline von Spreti oder ihre Schwester Sophie Spahn, die sich bei den Vorbereitungen des Treffens an einen Kreis mystisch arbeitender Menschen in Kempten erinnert hatte. Franz Hartmann schrieb darüber in einem Aufsatz:4

Die Familie von Nikolaus Gabele „war mir nicht ganz fremd; meine Eltern hatten schon zwanzig Jahre früher mit ihr in Beziehungen gestanden. Seine Mutter war unter den Eingeweihten schon damals bekannt als eine Frau, die besondere okkulte Kräfte (Siddhis) besaß, durch die sie kranke oder besessene Menschen und Tiere heilte und viel Gutes stiftete.”

Gleichsam aus erster Hand wollte man sich von einem Vertreter dieses mystischen Kreises darüber berichten lassen. Und in der Tat, Nikolaus Gabele hatte vermutlich allerhand Interessantes berichtet. Denn kurz nach dem weihnachtlichen Treffen, von Januar 1885 an, suchte der Präsident der theosophischen Bewegung in Deutschland, Wilhelm Hübbe-Schleiden, einen Kontakt zu dem Kreis von Mystikern um Alois Mailänder in Kempten. Daraus entwickelte sich eine Freundschaft. Mehr noch: Hübbe-Schleiden wurde ein persönlicher Schüler von Alois Mailänder. Eine rege Korrespondenz entfaltete sich, wie man in der Dokumentation nachlesen kann, welche hier zum ersten Mal veröffentlicht wird. Die Briefe von Alois Mailänder an Wilhelm Hübbe-Schleiden sind erhalten geblieben. Umgekehrt: Die Briefe von Hübbe-Schleiden an Mailänder sind mit Ausnahme eines Briefes, der in Abschrift erhalten ist5, nach Aussage von Mailänder, alle vernichtet worden6.

Der Tatsache, dass Hübbe-Schleiden akribisch alles aufbewahrt hat, haben wir es zu verdanken, dass über hundert Briefe, viele Notizen, einige Mitschriften aus internen Versammlungen des Haus- Kreises und Tagebucheinträge von Hübbe-Schleiden erhalten geblieben sind.7 Der Aufmerksamkeit von Emil Bock, der nach 1949 den Nachlass von Hübbe-Schleiden sichtete, haben wir es zu verdanken, dass die wertvollen Mailänder Dokumente erhalten wurden. Nach dem Tod von Emil Bock wurde dieser Corpus dem Rudolf Steiner Archiv in Dornach übergeben, wo er erst wieder 2021 durch die Aufmerksamkeit von Martina Maria Sam neu entdeckt wurde. Im Jahr 2024 wurden diese Texte von Christine Eike und Erik Dilloo-Heidger Seite für Seite nach dem Vier-Augen Prinzip aus den Handschriften in Maschinenschrift übertragen. Das Ergebnis sorgfältiger Dokumentation halten Sie hiermit in Händen. Diese Texte werden hier zum ersten Mal vollständig veröffentlicht. Einzelne Abschnitte daraus wurden zuvor schon von Emil Bock8 und Martina Maria Sam9 zitiert. Beide hatten einen Zugang zu den Originalen dieser Texte.

1 In München lebten damals folgende Mitglieder der theosophischen Bewegung: Prof. Gabriel Max und seine Frau Emma, Mimmi Kitzing, Carl Freiherr du Prel (Vice-Präsident) und seine Frau, Albertine Freifrau du Prel, Adolf Graf von Spreti sowie Franz Hartmann und seine beiden Schwestern Caroline Gräfin von Spreti und Sophie Sprenger.

2 Mitglieder der Theosophischen Societät Germania (1884-1886) waren:

1. Marie Gebhard (Vice-Präsident), 2. Consul Gustav Gebhard (Schatzamt), 3. Arthur H. Gebhard, 4. Rudolf E. Gebhard, 5. Dr. Wilhelm Hübbe-Schleiden (Präsident), 6. Franz Gebhard (Secretair), 7. Alme Gebhard, 8. Oskar von Hoffmann, 9. Evelina von Hoffmann, 10.Theodor Diesel, 11. Ernst von Weber, 12. Prof. Gabriel Max, 13. Emma Max, 14. Mimmi Kitzing, 15. Carl Freiherr du Prel (Vice-Präsident), 16. Albertine Freifrau du Prel, 17. Adolf Graf von Spreti, 18. Caroline Gräfin von Spreti, 19. Franz Urban, 20. Baron Adolf von Hoffmann, 21. Dr. Hermann Urban, 22. Dr. Franz Hartmann, 23. Prof. Carl Wilhelm Sellin, 24. Otto Neuburg, 25. Albrecht Wilhelm Sellin, 26. Caroline Sellin, 27. Bernhard Hubo, 28. August Niemann, 29. Dr. Carl von Bergen, 30. Sophie von Bergen, 31. Franziska Lacher, 32. Marie von Schneeweiss, 33. Julius Gillis, 34. Carl Kiesewetter, 35. Sophie Sprenger, 36. Anna S.E. Conrad.

3 Die Theosophische Sozietät Germania bestand von August 1884 bis Dezember 1886.

4 Hartmann, Franz; Denkwürdige Erinnerungen aus dem Leben des Verfassers der „Lotusblüthen“. Lotusblüthen Oktober 1897 S. 603

5 Der Brief vom 2.Juli 1891

6 Im Brief vom 23t Dez. 1897 schrieb Mailänder an Hübbe-Schleiden: «Meine Briefe, die ich erhalte, gehen alle in's Feuer, u. mithin sind die Sachen auch vergessen.»

7 Die Briefe von Hübbe-Schleiden an Alois Mailänder müssen, bis auf wenige Abschriften, als verschollen gelten.

8 Bock, Emil; Rudolf Steiner. Studien zu seinem Lebensgang und Lebenswerk 1956, Vortrag über Alois Mailänder; überarbeitet und später in sein 1961 veröffentlichtes Buch eingefügt.

9 Sam, Martina Maria; Alois Mailänder und die frühe theosophische Bewegung. In: Archivmagazin. Beiträge aus dem Rudolf Steiner Archiv Nr. 11 / 2021.

I

BRIEFE an Wilhelm Hübbe-Schleiden

1885 – 1900

Abbildung 1: Kempten um 1920

Im Jahr 1885

Brief von N. Gabele - Kempten, 4 . Januar 1885

Wohlgeboren Herr Hübbe-Schleiden! 10

Indem ich mein Versprechen erfülle, das ich gegeben, will ich, soweit es in Ihrem Interesse ist und meinem Führer möglich, Ihnen auf folgende Fragen antworten.

1. Ist es meinem Führer offenbar, daß Sie die Anlage haben, den Weg der Unsterblichkeit zu betreten, und dies kann nur in Ihrem Interesse geschehen, weil auf diesem Wege die echte Wahrheit der Selbsterkenntnis und durch diese zur Gotteserkenntnis gelangt werden kann, und dem, der ausharrt, die Krone des Lebens werden wird. Er ist geborgen für Zeit und Ewigkeit und ihm werden die tiefsten Geheimnisse Gottes offenbar.

2. Auf dieser geistigen Bahn ist für Ihn, der sie betritt, nur erforderlich:

(I) der gute Wille, den Sie schon besitzen, weil Sie die Wahrheit suchen,

(II) Gehorsam für sich selbst und die Aufgaben des Führers zu lösen in der Übung durch das Wort. Es erfordert wenig Zeitaufwand, aber Mut und Ausdauer.

3. Ist Ihre Ansicht wahr, daß Ihr körperlicher Zustand zuerst gekräftigt werden muß, um geistig arbeiten zu können; und zu diesem Zwecke ist meinem Führer durch den Geist ein Mittel für Sie geboten worden (wodurch zugleich Ihre

4. Frage beantwortet wird): Sie sollen morgens und abends, auch untertags so es Ihnen die Zeit erlaubt das hier folgende tun:

Legen Sie die Fingerspitzen der rechten Hand in die Herzgrube und sprechen Sie folgendes Wort dabei: In Gottes Namen! Es ist meinem Führer gesagt worden, wenn Sie solches befolgen, täglich eine Zeitlang üben, z.B. eine halbe Stunde morgens und abends, so Sie noch nicht zu Bette sind, wird Ihnen nach drei Wochen große Kräftigung und Hilfe werden. Nach dieser Zeit schreiben Sie uns wieder, und weitere Schritte werden dann getan durch meinen Führer, wenn Sie die geistige Bahn betreten wollen.

Auf die übrigen Fragen 5, 6 und 7 kann ich Ihnen nur sagen, daß es nicht im Bereiche meines Führers liegt, durch Hellsehen Ihnen die indische Brüderschaft zu enthüllen, weil sein Hellsehen vorderhand nur auf persönliche Führung und die Führung der Personen, mit denen er seelisch verbunden ist, Bezug hat. Wir können über die indische Brüderschaft nur so viel Klarheit geben, daß sie von Geburt einen ungebrochenen Willen haben, Dinge zu vollbringen, die der ganz gewöhnliche Mensch nicht kann. Dieses ist Magie, noch weit entfernt die höchste geistige Stufe des Menschen zu bezeichnen; denn die höchste Stufe des Menschen ist Unsterblichkeit. Durch sie erlangt man Alles: Weisheit, volles Hellsehen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Hier ist alles zu schauen in geistigem Sonnenlicht.

Leben Sie wohl und schreiben Sie uns wieder nach der gebotenen Frist.

Ihr aufrichtig ergebener

Nikolaus Gabele und dessen Ihnen

noch unbekannter Führer.

Umwenden!

[Es folgt ein Zusatz, der nur in Hübbe-Schleidens Abschrift des Briefes vorhanden ist:]

Ich muss noch bemerken, wenn Sie dieses Mittel wirklich in kindlichem Glauben anwenden, daß Sie schon in einigen Tagen eine Kräftigung verspüren werden. Bei der Ausübung dieses geistigen Mittels müssen Sie die Worte immer still im Munde wiederholen und fest denken. Wenn es Ihnen möglich ist, halten Sie sich während dieser Übung der drei Wochen vor innerer Erregung und äußerer Zerstreuung, so viel wie möglich, zurück.

Wagen Sie es, es ist für Sie im eigenen Interesse Ihrer Wiedergenesung.

Es wurde schon mehreren Personen auf diese geistige Weise geholfen, wo Ärzte nicht mehr helfen konnten. Ich ersuche Sie, dieses Schreiben nur für sich selbst zu behalten. Bis auf Weiteres.

Brief von N. Gabele - Kempten, 15.Februar 1885

Wohlgeboren Herr Hübbe-Schleiden.

Mit Freuden vernehme ich, daß Sie einige Versuche gemacht haben mit dem geistigen Mittel das wir Ihnen anrieten, so wie es meinem Führer vom Geist gegeben wurde. Nun muß ich aber bemerken, daß dieses Verfahren wirklich zu ihrer Gesundheit u. körperlichen Kräftigung dient u. wohl auch wie sie in Ihrem Schreiben bemerken zur Konzentration des Gedankens helfen u. daß Sie mit dieser Übung welche geistiger Art ist, schon den Weg der Führung betreten! Haben Sie Mut u. Vertrauen u. üben Sie das Verfahren ganz u. vollkommen wie es Ihnen gegeben ist u. Sie werden bald Zeugnis davon geben daß es bedeutend besser geworden mit Ihnen. Über die magnetische Chur die Sie machen kann ich Ihnen nur sagen daß sie wenige Erfolge davon zu erwarten haben.

Darum muß ich Ihnen berichten, daß Sie entweder mit dem Verfahren,das wir Ihnen anrieten, ernstlich beginnen oder wenn Sie noch länger mit dem Magnetismus fortfahren wollen das andere vorderhand beiseiten lassen; denn beides zugleich rate ich ihnen nicht, weil kein Vollkommenes daraus zu erkennen wäre. Auch will ich Ihnen über die Anfrage Ihrer Ernährungsweise den besten Rat erteilen. Greifen Sie zu kräftigen Fleischspeisen die Ihnen am besten schmecken u. Sie werden sehen, daß sie Ihnen viel dienlicher sind und dadurch erleiden Sie keine Einbuße im geistigen Fortschritt denn dieses ist auch unsere Ernährungsweise u. wir schreiten vorwärts ohne Aufenthalt auf geistiger Bahn. Nur eines nehmen wir aus, den Genuß von Spirituosen u. auch zu starke Weine taugen nicht zur geistigen Entwicklung, weil sie das Blut des Menschen zu stark aufregen. Ich kann Ihnen über das letzte Verlangen, das Sie uns stellen nur freudige Antwort geben. Wir schreiten voran im geistigen Gesetze ohne Aufenthalt u. stehen am Eingange wo wir für uns großer Errungenschaft entgegensehen. Bald schlägt für uns die Stunde wo wir sagen können wir sind auferstanden u. haben den Menschen gefunden, d.h. unser geistiges Ich, u. haben den Namen „Christ“errungen.

Mit herzlichen Grüßen schließt das Schreiben

N. Gabele

Brief von Nikolaus Gabele – Kempten, 29. 3. 1885

Wohlgeboren Herr Hübbe-Schleiden!

Da sie uns ausführlichen Bericht über ihr Befinden erstattet haben, so will ich Ihnen in jedem Punkt, wo es nötig ist, die klarste Auskunft mitteilen. Für jetzt lassen sie die erste Übung beiseite und tun sie künftig, wo sie Schmerzen am Körper fühlen, mit den Fingerspitzen beider Hände die Stellen bestreichen, und sprechen sie dabei im Innern das Wort: König, tun sie solches 14 Tage lang, je öfter desto besser, es ist gleich im Liegen, Gehen oder Sitzen, wie es ihnen am besten beliebt, tun sie dies im kindlichen Glauben und Gottvertrauen. Er ist der Helfer wir sind bloß die Werkzeuge, und geben ihnen nur das was meinem Führer vom Geiste gegeben wurde. Ich bemerke noch, daß sie die Fingerspitzen auflegen auf bloßem Körper wenn sie liegen, oder in den Kleidern dies hat nichts zu sagen, denn das Wort und die Kraft die aus den Fingerspitzen strömt verliert die Wirkung nicht dringt überall durch. Wenn sie ein halbes Jahr das gleiche üben würden, würde die Kraft immer wirkender sein. Wenn sie dies 14 Tage geübt haben, berichten sie uns wieder über ihren Zustand. Bei dieser Übung können sie die Augen schließen oder offen halten, und atmen wie es ihnen Gott gibt. Dies hat nichts zu sagen.

Sie stellen an uns die Frage ob wir Bier trinken. Wir genießen solches abends nach der Arbeit, 1/2 Liter oder auch ein ganzer je nach dem. Ich Gabele kann die Milch nicht ertragen, hingegen frisches Wasser trinke ich oft. Ihnen rate ich Bier zu trinken so ihnen dasselbe mundet, besonders Münchner Bier ist sehr kräftig und gesund.

Lieber Herr Hübbe Schleiden! Ich kann ihnen berichten, daß wenn wir diesen Schritt noch getan, was nahe an der Zeit ist, wir leichter zu helfen im Stande sind, denn wir wissen wessen Kraft wir dann besitzen, weil sie uns offenbar ist und wirkend auf die Mitmenschen. Weil sie mich fragen, berühre ich auch diesen Punkt. Von meinen äußeren Verhältnissen können sie sich einen Begriff machen was es heißt wenn man von der Hand in den Mund leben muss, weiter nichts hat als ein Verdienst von täglich 2 Mk wenns gut geht in Akkordarbeit wo 4 Personen leben müssen, jedoch ich bin zufrieden in meinen Verhältnissen in die mich Gott gesetzt hat. Ich sage Ihnen die Sorge um die Existenz hat mir den geistigen Weg schon oft erschwert.

Herzlich Grüßen wir sie

Ihr aufrichtiger

Nikolaus Gabele

Abbildung 2: Heinrich Khunrats Alchemie, Ausgabe 1708

Brief von Nikolaus Gabele – Kempten, 3. 4. 1885

Geehrter Herr Hübbe Schleiden!

Für das Geschenk das sie mir sandten spreche ich ihnen meinen tief gefühlten Dank aus, sage mit dem Apostel Paulus: Ich nehme das Geschenk an von dem edlen Geber mit der Bitte daß es ihm tausendfältige Frucht bringe und hohe Zinsen trage für das Himmelreich.

Bemerkung. Wenn sie die Übung, welche ihnen im letzten Brief gegeben wurde ausführen, diene zum Verständnis, daß sie jedesmal wenn sie anfangen die schmerzhaften Stellen mit den Fingerspitzen bestreichen, also nicht während der ganzen Übung. Im Übrigen sprechen sie das Wort / König:/ im Innern, wann u. wo sie Gelegenheit haben. Als ich auf dem Papierbogen ihres letzten Briefes das Theosophische Sonnenzeichen: Sechseck bemerkte, erinnerte ich mich einiger alter Bücher die ich von einem alten Mann erbte. Ich nenne hier den Tittel eines solchen:

Alchemisch philosophisches

Bekenntnis

vom universellen

Chaos

der naturgemässen Alchemie

von

Heinrich Khunrath

beider Arzneigelahrtheit Doktor u Liebhaber göttlicher

Weisheit.

Mit

beigefügter Warnung und Vermahnung an alle wahre

Alchemisten.

Leipzig 1786.

Diese Bücher handeln über die Gottweisheit wie sie die alten Meister praktisch ausübten. Darinnen sprechen:

Aristoteles, Hermes, Plato, Bako11 Paracelsus und viele andere weise Männer. Im Falle, dass Sie solche Bücher nicht besitzen und Interesse haben, stehen sie ihnen zur Verfügung. Herzlichen Gruß.

Ihr dankbarer

N. Gabele

Brief von Nikolaus Gabele – Kempten, 13.4.1885

Geehrter Herr Hübbe Schleiden!

Ihre Mitteilung über ihren Gesundheitszustand war meinem Führer bekannt bevor wir ihren werten Brief erhielten, mein Führer sah im Gesicht das Hindernis, von dem sie uns mitteilen, nämlich daß sie die Übung nicht voll und ganz wie es verlangt wird ausüben können, weil sie mit ihrer geistigen Arbeit zu stark angestrengt sind. Mein Führer hat Sie schon im ersten Briefe darauf aufmerksam gemacht, daß es sehr gut wäre für ihren körperlichen Zustand sich einige Zeit lang von anstrengender geistiger Arbeit zu enthalten. Dann wären wir sicher gewesen, wenn nicht sogleich vollständig geholfen, jedoch merkliche Besserung an ihrem Körper sich vollzogen hätte. Wir wissen daß die Übel die körperlichen Leiden tiefe Wurzeln haben. Wir sind vorderhand ihrer Meinung, nicht mehr weiter auf die körperlichen Leiden zu wirken, wenn sie ihnen nicht gar zu lästig fallen. Zweifeln sie jedoch nicht daran, ihre Gesundheit wieder zu erlangen, wenn wir den geistigen Prozeß der bei uns begonnen hat vollständig errungen, dann ist für Sie Hilfe bei uns sicher. Wir können jetzt sagen die Hände sind lebendig geworden, aber noch nicht versiegelt, was aber geschehen wird an uns. Dann wissen wir, daß wir die Kraft in uns haben Sie und andere Menschen von ihren Leiden zu befreien. Dann können wir, wie unser göttliches Vorbild Jesus Christus die Hände auflegen und sagen: sei gesund. Bester Herr Hübbe Schleiden! Wir dienen Ihnen nach Kräften und stehen Ihnen bei, weil wir wissen daß sie Verlangen nach geistiger Wahrheit haben, daher mache ich Sie darauf aufmerksam im Auftrage meines Führers mit einer geistigen Übung in Geduld zu warten bis sie, wie sie es im Sinn haben im Herbst zur Erholung in die Berge gehen. Doch wäre es sehr wünschenswert, wenn es Ihnen möglich wäre ehe sie sich zur Erholung begeben persönlich nach Kempten zu kommen und selbst mit meinem Führer über den Zweck des Geistigen zu sprechen. Es ist rein unmöglich in Briefen klar zu legen, wie auf geistigem Wege zur Unsterblichkeit gestrebt werden muss denn er ist zu einfach und kindlich.

Der Weg an und für sich wäre nicht schwer, nur die Vielseitigkeit des Menschen ist ein großes Hindernis besonders zu Anfang weil verlangt wird zur Einfachheit herab zu steigen, doch hören sie: mein Führer setzt großes Vertrauen in Sie, weil Sie ihm nicht ganz unbekannt sind. Er weiß: Wenn Sie diese Bahn betreten und ausharren bis es offenbar wird, werden Sie noch Großes vollbringen. Es wäre daher mir u. meinem Führer recht lieb von Zeit zu Zeit wieder zu schreiben, wenn Sie mit rein geistigen Fragen in der Gotterkenntnis an meinen Führer zu richten haben, werden sie auch den richtigen und wahren Aufschluß erhalten, oder kommen sie in ernsthafte Lage, wo sie selbst nicht klar sind ob sie dies oder jenes tun sollen, so werden sie auch die Wahrheit empfangen, indem mein Führer so weit geistig ausgebildet ist. Unter dem Vorbehalt, nicht daß sie hier missverstehen, immer tun zu können was sie wollen. Ins weitere wünschen wir ihnen Glück und Gottes Segen zum Fortschritt auf geistigem Wege.12

Mit Gruß und Hochachtung Ihr dankbarer

N Gabele.

Auch grüßt sie mein Führer unter dem Geistesnamen Johannes.

Abbildung 3: undatiertes Brieffragment

undatierter Brief – vermutlich Frühjahr 1885

Geehrter Herr13

Ihren werten Brief habe ich erhalten und es erfreute mich sehr, dass Sie in so kurzer Zeit mit der K des Ichs14 so gute Fortschritte gemacht haben. In sich haben Sie ein Inneres Leben wach gerufen u. so man’s gut ausnutzt, wird es Ihnen große Vorteile bringen.

Ich möchte sie darauf aufmerksam machen, dass wenn Sie das Ich noch in vollem Eifer einige Monate fort üben werden, so wird die Folge sein, dass Sie eigentlich gar nicht mehr wüssten, wo sie das Ich haben, denn dieses wach gerufene neue Leben würde so überhand nehmen in Ihnen, dass Sie in ein schmerzhaftes Labyrinth gerieten und schwere Krankheit würde die Folge sein.

Aus dem, was Sie mir mitteilen, [wo Füldig15] wollen sie den höchsten Weg zur Unsterblichkeit gehen; er ist schwer u. bedarf der ganzen Manneskraft. Doch den Mutigen mags gelingen.In der Praxis und zum Erfolg müssen ihm ein Mittel in die Hand gegeben werden, um sich immer mehr aufwärts entwickeln zu können; denn auf dem übersinnlichen Wege soll kein Halten sein sondern nur ein Vorwärtswalten. Zum Beispiel ein neugeborenes Kind kann nur die leichteste Nahrung ertragen. Sobald es aber ein halbes Jahr alt ist, wird ihm eine stärkere gegeben; das gilt im geistigen Vorwärtsschreiten.

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In der Praxis und zum Erfolg müssen ihm ein Mittel in die Hand gegeben werden, um sich immer mehr aufwärts entwickeln zu können; denn auf dem übersinnlichen Wege soll kein Halten sein sondern nur ein Vorwärtswalten. Zum Beispiel ein neugeborenes Kind kann nur die leichteste Nahrung ertragen. Sobald es aber ein halbes Jahr alt ist, wird ihm eine stärkere gegeben; das gilt im geistigen Vorwärtsschreiten.

Brief von Nikolaus Gabele – Kempten, 27.4.1885

Geehrter Herr Dr. Hübbe-Schleiden!

Vor allem spreche ich sowie mein Führer Ihnen unsern herzlichsten Dank aus für das Büchlein: Licht auf dem Wege.16 Wir hatten uns sehr gefreut, denn es war meines Führers schon längst gehegter Wunsch über die Theosophische Gesellschaft oder die indische Brüderschaft u. deren geheime Gottweisheit Näheres zu erfahren. In diesem kleinen Büchlein haben wir gefunden, daß es genau in Übereinstimmung mit unserer Lehre steht. Das Werkchen ist von A. bis Z. von Wahrheit u. Tiefer Gottweisheit erfüllt. Wir arbeiten schon 7 Jahre praktisch auf geistigem Wege, haben 3 Jahre gebraucht bis sich bei uns die inneren Sinne vollständig geöffnet haben, erkannten deshalb den tiefen Sinn dieses Büchleins und geben der Wahrheit die Ehre, daß in ihm der Weg angegeben ist, die Kunst des Lebens zu erlernen und sein Selbst wieder zu finden. Verzeihen sie uns wenn wir sagen, daß es für Anfänger eine starke Speise ist; wer nicht schon tiefer ins Praktische eingedrungen ist, kann es schwer oder gar nicht erfassen. Lieber Herr Dr. Hübbe-Schleiden! Nun will ich klarer über die Inneren Sinne mit Ihnen sprechen.

1. Das Gesicht. Wenn wir eine Fahne Form sehen, die der Geist uns zeigt, z.B. eine Fahne (schwarz, weiß, rot, grün, blau), so hat jede Form seine eigene Bedeutung die der Geist Gottes zu uns spricht. Diese Sprache müssen wir verstehen, sonst nützt uns die Offenbarung nichts.

2. Das Gehör, in welchem ebenfalls der Geist zu uns spricht in verschiedenen Tönen, auch in Worten, wo wir keine Persönlichkeiten sehen, auch Stimmen verschiedener Tiere und Gesang der Vögel, wo keine vorhanden sind (z.B. Lerche, Fink, Rabe, Wachtel, Kuckuck und andere mehr). Das Gehör ist die Krone der inneren Sinne.

3. Der Geruch. Zum Beispiel riechen wir Balsam, haben den Geruch verschiedener Blumen, auch tun sich üble Gerüche kund. In diesem Sinn spricht wieder der Geist Gottes zu uns. Dies alles nehmen wir wahr ohne daß im Äußeren derartiges vorhanden ist.

4. Der Geschmack. Wir schmecken im Gaumen süß, sauer, bitter, ohne daß wir derartiges genossen haben; sogar Feuer tut sich im Gaumen kund. Auch dies ist die Sprache des Geistes, die wir verstehen.

5. Das Gefühl. Dies ist der Baum des Lebens, aus dem Gefühl muß alles keimen. Wir müssen im Gefühl den Weg des Erlösers dadurch kennen, daß wir die Backenstreiche fühlen, die Geißelung erfahren, die Dornenkrone auf unserem Haupte wahrnehmen, das Kreuz muß uns drücken, die Nägelmale uns schmerzen. So ist es möglich zum höchsten Ziele zu gelangen auf geistigem Weg und das verlorene Paradies wieder zu erlangen, statt Knecht wieder Herr zu werden der Natur, gebieten über Feuer, Luft, Wasser und Erde. Wir haben gesät und Gott hat das Gedeihen gegeben; gesät in uns d.h. wir haben das Wort Gottes in uns aufgenommen und zur Frucht gebracht. Mit David können wir ausrufen: „Dein Wort o Herr ist Honig süß in meinem Munde.”

Hier habe ich Ihnen, Lieber Herr Dr. Hübbe-Schleiden, über unsre geistige Arbeit eine Grund-Wahrheit angegeben, welche auch bei den Theosophen, so sie den praktischen Weg betreten, als Grundwahrheiten gelten werden. Ohne praktische Arbeit ist es auf geistigem Weg unmöglich das Ziel zur Unsterblichkeit zu erringen – dies aus eigener Erfahrung und Überzeugung.

Ich mache dankbarst Gebrauch von ihrem Anerbieten, dies Büchlein zu behalten und freue mich ihrer Güte, sowie mein Führer. Sollten Sie uns noch näheres mitteilen wollen über den Zugang der indischen Brüderschaft – auf welchem Wege sie ihre Jünger einführen in die Geheime Weisheit Gottes – so würden wir uns recht freuen und Ihnen dankbar sein. Sollte Ihnen nichts weiteres dazu gegeben werden, so bitten wir in Demut, dies, was wir Ihnen mitgeteilt haben, zu prüfen.

Nehmen Sie nicht an, daß wir uns Ihnen als Lehrer aufdrängen.

Herzlich grüßt Sie Ihr dankbarer

Nikolaus Gabele

nebst Führer.

Weil wir Ihnen hier einen rein geistigen Brief schreiben, so benützen wir unser Siegel. Es ist ein einfaches, schmuckloses Kreuz. Ein Brief nach Ihrem Belieben ist uns stets willkommen.17

Brief von Nikolaus Gabele – Kempten, 12./13. V. 1885

Geehrter Herr Dr. Hübbe-Schleiden!

Es freute uns herzlich, daß sie unseren letzten Brief nicht gleichgültig beiseite gelegt haben. Es war ein schwacher Versuch, an den Menschen zu dringen. Da das Wort Mensch die Welt im kleinen umfaßt, so werden sie es uns gestatten, daß wir in diesem Brief den Menschen näher zu beleuchten versuchen. Vor allem soll der Mensch innersinnlich sterben, d.h. sich abtöten, aber nicht mit äußeren Waffen, sondern mit den lebendigen Geistern oder Kräften, die wir durch das Übungswort wach gerufen haben.

Und so, geehrter Herr Dr., müssen wir in Einfalt u. Kindlichkeit das wahre Leben gleichsam aus dem Toten heraus nehmen, sofern wir die Fähigkeit dazu erlangt haben. Es ist eben das Geistige kein Wunder, sondern es geht seinen gesetzlichen Naturgang. Welches endliche Geschöpf könnte auf die Geistesbahn treten oder in den Geist kommen, sofern es nicht zuerst natürlich geworden wäre. Wir legten in unsrer Schwachheit Ihnen im letzten Brief eine Probe vom Natürlichen ab; jetzt wollen wir auf den Geist des Menschen übergehen. Was ist der Geist des Menschen im göttlichen Sinn? Fürs erste die Offenbarung, fürs zweite die Weisheit fürs dritte in Summa die Wahrheit: „Gott in uns.” So ich mit Gott aufhöre folglich beginnt dann wiederum der Mensch, denn er – das geoffenbarte Wort aus Gott – soll wiederum in der Vollkommenheit dahin zurückkehren, von wo er ausgegangen ist. Wenn wir uns erlauben dürfen die Behauptung auszusprechen aus Erfahrung, so ist der Mensch gleichsam nicht mehr natürlich, sondern widernatürlich geworden, der Gebildete sowohl wie der Pöbel, denn jeder Mensch im allgemeinen verleugnet sein Gefühl und trägt eine falsche Maske zur Schau. Darum ist es ihm sehr schwer, wenn er wirklich in wahrem Geist den Eingang suchen will. Seine eigenen Werke versperren ihm den Weg. Wir haben in unserer Unwissenheit wenig und vieles erkennen gelernt.

Geehrter Herr Dr., nehmen sie an, daß sie mit ungebildeten Menschen zu tun haben, denn zu unserer Zeit lernte man in der Schule kaum den Namen recht schreiben. Was wir gelernt in geistiger Beziehung wurde uns gleichsam aus Gnade vom lieben Gott gegeben, der die ewige Liebe ist. Darum besteht insofern ein Unterschied zwischen der Deutschen u. Indischen Theosophie; die letztere spricht, werter Herr, über Feuer Luft Wasser u. Erde. Wir haben die Verheißung durch Jesus Christus, das geoffenbarte Wort, verkörpert hervorgegangen durch die Gedankensprache des Wortes im All. Es werde in Liebe geboren, in Schwachheit auserkoren, und doch ein mächtig offenbarer Friedensfürst, dessen Kräfte uns stärken durch sein Kleid, ein Gesalbter und gesandt, um viele Seelen zu gewinnen. Es muß das alte Evangelium bestätigt werden. Dies geschieht durch ein neues geistiges Wort, ausgestattet mit Tatkraft u. Wahrheit. Das große Tier, das auf den sieben Hügeln wie ein sinnloser General die Menschenseelen kommandiert, muß mit Geisteswaffen gestürzt werden durch die königlichen Priester und priesterlichen Könige, wie das Evangelium lehrt: dass sie ausgesandt werden. Nehmen Sie dieses von uns wortgetreu, wie wir es geben.

Verzeihen sie die derbe Sprache, bedenken Sie, dass es doch Wahrheit ist. Ergebens hoffen wir, daß Sie ein Urtheil geben der Wahrheit gemäß. Der Herr Jehova segne unsern Ausgang und Ihren Eingang. Herzlichen Gruß.

Gabele unter dem Namen Salomonus.

Johannes sein geringer Führer

Brief von Nikolaus Gabele - Kempten, 14. Juni 1885.

Geehrter Herr Hübbe-Schleiden!

In dem letzten Brief, den wir an Sie geschrieben, haben wir gesagt, daß ein Unterschied sei zwischen indischer und deutscher Theosophie. Wir meinten dieses nur insofern als unsere Lehre sich auf die heilige Schrift gründet, in welcher der praktische Weg zur Unsterblichkeit durch unsern höchsten Meister Jesus Christus gezeigt ist, die indische hingegen hat nur den Urschöpfer Brahma, der in Verbindung mit den höchsten Geistern Vishnu und Shiwa die oberste Stufe der Macht besaß; das Weltall entstand, als Brahma das Wort sprach „Ich will Welten schaffen.“ Wir aber bekennen, daß von dem Urschöpfer das Wort ausging und Fleisch annahm in dem Sohn Gottes, der durch sein Erlösungswerk, das er vollbrachte, der Menschheit wieder den Weg zum Vater zeigte. So müssen wir infolgedessen auch sagen, daß der Mensch nur durch Jesum wieder zum Vater kommen kann. Wir haben den Kreuzigungsweg betreten und können den Geist, der sich in uns offenbart, nicht verleugnen, wenn wir nicht die Sünde wider den Geist haben wollen welche nicht vergeben werden kann weder hier noch in der Geisterwelt.

Sie haben in dem Brief,den wir erhalten haben, sehr Vieles gesagt. Wir haben ihn doch genau geprüft und darum muß ich Ihnen auch schreiben: Wenn Sie Ihre indischen Brüder Jesus Christus gleich stellen, dann müssen erstens die indischen Brüder den Tod überwunden haben im Fleisch, zweitens müssen sie sein Zeugnis an sich tragen. Dann können wir anerkennen, daß sie göttliche Menschen und seine Brüder sind.

Es ließe sich über dieses ein ganzes Buch schreiben, aber wir fassen hier nur ins Kurze zusammen: Wer den Weg geht, den Jesus gegangen ist, nur der kann sein Bruder sein; denn Jesus spricht: nur durch mich könnt ihr zum Vater kommen. Es war noch kein Mensch auf dieser Erde, der eine so herrliche Wahrheit, so tiefe Weisheit und so große Kraft in sich vereinigte wie unser Heiland und er ist unser aller Menschen Vorbild.

Ich freue mich herzlich den Herrn Hartmann persönlich kennen zu lernen, der wie ich weiß viele Erfahrung auf geistigem Gebiete gemacht hat und manche Erkenntnisse errungen, die ihm gewiß den Endzweck des Menschen vor Augen geführt.

Und Ihnen lieber Herr Hübbe-Schleiden will ich berichten, daß, wenn Sie einmal den Weg nach Kempten machen, wir allein mit Ihnen reden möchten, denn mein Führer sagte mir: wenn wirklich Herr Hübbe-Schleiden nach Kempten kommt bin ich bereit ihn persönlich zu sprechen.

Es grüßt sie herzlich

Ihr dankbarer

Nick. Gabele nebst Führer

Brief von Nikolaus Gabele - den 19.Juli 1885

Wohlgeboren Herr Hübbe-Schleiden!

Das Buch der „esoterischen Lehre oder Geheimbuddhismus“18 welches Sie die Güte hatten uns zuzusenden, hat uns recht herzlich gefreut und wir werden es, sobald wir es durchgelesen, Ihnen unsere Ansichten darüber mitteilen. Soviel wir jetzt schon gesehen gleich zu Anfang können wir sagen, daß es in Übereinstimmung mit unserem praktischen Weg steht.

Abbildung 4: Inhalt des von Mailänder oft erwähnten Buches „Der große, wahre und theosophische Schild“

Geehrter Herr Dr., es ist nur unsere Bitte an Sie gemäß unserer Verabredung , die Aufgabe, die Ihnen mein Führer gegeben, praktisch zu lösen und nicht nachzulassen bis Sie Ihr Ich fühlen. Wie werden Sie selbst am besten erfahren und dann wissen wir auch, daß Sie den nun einmal betretenen Weg weiter verfolgen werden. Dazu kann ich Sie nur aufmuntern und sagen: „Gott gebe Ihnen den Segen dazu!” denn ohne Ihn können wir auch nichts vollbringen.

Geehrter Herr Dr. das Buch,19 welches wir Ihnen sandten, werden Sie auch schon erhalten haben: „Geistlicher Alarm“20 und „der Weisheit Morgenröthe.“21 Letzteres ist für den, der die Wiedergeburt erlangen will, von großem Wert, weil in ihm die Stufenleiter in seiner dreifachen Weise genau angegeben ist. Das erstere, der Geistliche Alarm, ist ebenso von großer Wichtigkeit, weil es die Kämpfer der Wahrheit genau bezeichnet.

Lesen Sie beides! Der Geist Gottes erleuchte Sie! Bemerkung: Seien Sie, lieber Herr Dr., ohne Sorgen! Man hat uns, als wir bei Herrn Dr. Hartmann waren, weiter nicht gefragt wie wir zu Ihnen und Sie zu uns in geistige Beziehung getreten sind; und die Äußerung, die mein Führer getan hat, haben der Herr Dr. Hartmann und Gräfin Spreti nicht verstanden. Somit werden Sie nichts zu fürchten haben, denn von unserer Seite wurde bei Herrn Dr. Hartmann in dieser Beziehung über Sie nichts mehr erwähnt.

Lieber Herr Dr. Hübbe-Schleiden! Möge unsere Jericho Rose für Sie im Glück erblühen! Es war uns eine Freude Ihnen eine solche geben zu können. Glück auf zur Kunst des Lebens.

Es grüßt Sie herzlich, Ihnen zu Dank verpflichtet,

Ihr

Nik.Gabele und mein Führer Johannes sowie

Alle die Meiningen, die Sie kennen gelernt.

Abbildung 5: Kempten um 1920

Kempten, 22. 7. 1885

Lieber Herr Hübbe-Schleiden22

Ihr werter Brief vom 21. des Monats haben wir erhalten u. mit Freuden darin vernommen, daß sie die Aufgabe mit Ernst und Eifer ausüben. Ich will nun den ersten Punkt ihres Briefes erwähnen. Das Buch, welches wir ihnen gesandt haben, ist für den praktischen Arbeiter sehr nützlich – ob lateinisch oder griechisch ins Deutsche übersetzt, für das haben wir zu wenig Gelehrsamkeit, das verstehen wir nicht. Das Buch, welches Sie für uns gesandt haben, so weit wir es bis jetzt gelesen haben, gefällt uns sehr gut, obwohl manches darin vorkommt, das wir nicht verstehen.

Jetzt zur Hauptsache, was Ihre Übung betrifft: Ich muss Sie darauf aufmerksam machen, daß zur Sommerzeit die Übungen viel schwerer auszuüben sind, aus dem Grund, weil der Einfluß der Natur den Menschen mehr nach außen zieht; im Winter dagegen wenn die Natur tot ist, wendet sich der Mensch mehr nach innen, d.h. zum Geist. Darum vollbringt er dann leichter seine Aufgabe. In dem Punkt haben Sie vollkommen recht, daß das seelische Ich im Herzen seinen Sitz hat; jedoch ist es tot im gewöhnlichen Menschen.

Mit ihrer Übung rufen sie es zum Leben. Wenn es lebendig geworden ist, so strahlen seine Kräfte aus über den ganzen Körper durch das Gefühl. Das nennen wir in der geistigen Sprache: Offenbarung, also da wo sie ungewöhnliche Wahrnehmungen machen im Gefühl am Körper haben Sie Ihr Ich gefunden. Ich will ihnen ihre Übung dadurch erleichtern , daß Sie nicht mehr das bloße Ich denken. Üben sie von jetzt an: /Ich Daniel/23 dies ist ihr geistiger Name, u. es wird ihnen eine Kraft sein auf geistigem Wege. Er ist schwer und bedarf die ganze Manneskraft, doch sie können es vollbringen; darum mutig vorwärts! Ihre Hände dürfen Sie bei der Übung anwenden nach Belieben zu ihrer Erleichterung. Auch über das geistige Ich möchte ich ein Wort reden. Gewöhnliche Menschen wissen nicht ob sie dasselbe am Kopf oder über dem Kopf haben. Der geistige Arbeiter aber weißt sehr gut, daß er dasselbe im Haupt hat. Wir bezeichnen es mit dem Namen „Licht” – wie das natürliche, sinnliche Licht aus dem Gefühl24 hervorgeht, so muß das geistige Ich als Licht seine Strahlen im Menschen in der Offenbarung strömen; dann wird erkannt, was die Offenbarung ist. Wir bezeichnen es mit dem Wort: Selbsterkenntnis.

Bemerken muß ich noch, daß ein Anfänger mit dem besten Willen den Gedanken bei der Übung nicht festhalten kann. Trotzdem ist die Übung nicht nutzlos. Wenn wir das Wort sprechen ohne den Gedanken, ist der Wille die Kraft. Wenn aber beide Teile vereinigt sind (Gedanke mit dem Wort), wird Größeres hervorgebracht.25 Noch eines: Legen Sie Ihre Fingerspitzen und Hände dahin, wo es Ihnen beliebt. Im übrigen wünschen wir Ihnen in Gottes Namen ein segensreiches Vollbringen.

Herzlichen Gruß

Johannes in Liebe

Führer

Brief von Nikolaus Gabele – Kempten, 8. 8. 1885

Lieber Herr Dr. Hübbe-Schleiden!

Der Besuch von Herrn Dr. Hartmann mit seinem Freund Professor Sellin hat uns sehr erfreut. Wir sind auch ihrer Meinung daß wirklich diese beiden Männer geistig veranlagt sind. Nur fragt man sich, es sich ob sie die Mühe nicht scheuen, um ins Praktische einzugreifen. Lieber H. Dr. Hübbe-Schleiden Ich muss mich in diesem Briefe kurz fassen, denn in den Wochentagen haben wir sehr wenig Zeit.

Ich kann Ihnen mitteilen, daß wir hoch erfreut waren über Ihr wertes Schreiben. Es hat gezeigt, daß Sie arbeiten und das Wort der Übung schon wirkend auf den Körper übergeht. Es ist dies von großer Wichtigkeit für den Anfänger; wir können ihnen mit Bestimmtheit versichern, daß Müdigkeit und Abgespanntheit sich am ganzen Körper zeigt; auch wissen wir, daß dann körperliche Schwächen besonders stark hervortreten. Dies ist ein Zeichen, daß die Kraft des Geistes angeregt ist in ihnen durch die Übung, die ihnen gegeben wurde von Johannes dem Führer. Ich warne Sie, dass Sie zu der gegenwärtigen Übung weder etwas hinzu noch hinweg tun. Glauben sie nicht, daß dies Menschenwerk sei, auch nicht, daß der Mensch etwas ändern kann. Es würde sie später gereuen, abgewichen zu sein vom Gesetz des Geistes. Es wurde Ihnen nun das gegeben durch den Geist, der in Johannes als Führer wirkt, was Sie am schnellsten u. sichersten zur Überzeugung bringen wird. Ich mache Sie nochmals darauf aufmerksam, mit der Übung im gleichen Sinn so fortzufahren wie sie Ihnen gegeben wurde, bis sich gezeigt hat, was sich zeigen muss. Gerade in dieser Übung liegt eine Hauptkraft, die in Ihnen zur Überzeugung werden wird, daß es nicht leere Worte, sondern eine schaffende Kraft ist. Ich sage ihnen als treuer Freund: Weichen sie nicht ab von der Führung! Falls Sie in die Berge gehen, üben sie wie bisher das Gleiche. Wenn sich Neues in ihrem inneren Sinn kund tut, ist es notwendig uns solches zu berichten damit man Ihnen das Nötige der Führung mitteilen kann.

Lieber Herr Doktor Hübbe-Schleiden. Über das Verlangen, das Sie an uns stellten in Bezug auf die Namen der Mitglieder des Bundes, bitten wir noch zu warten, bis Sie tiefer in die Wahrheit eingedrungen sind; es ist dies gewiß nicht Falschheit von uns, sondern sogar nötig, zu gegebener Zeit Sie ganz über den Endzweck des Bundes, den der Herr mit uns geschlossen, über seinen Anfang u. sein Ende ausführlich zu verständigen. Zum Schluss danken wir ihnen für ihren guten Willen. Es wäre auch unser Wunsch, daß sich der Bund eng in Liebe und Eintracht schließen würde, denn Einigkeit macht stark. Wir wünschen Ihnen zu Ihrem Vorhaben, in die Berge zu fahren, viel Vergnügen und guten Fortschritt im Geistigen.

Viele Grüße von uns allen an Sie sowie an Freund Professor Sellin, Herrn Dr. Hartmann, Herrn Graf und Frau Gräfin

Salomon.

Kempten, 2. Sept. 1885

Lieber Herr Dr. Hübbe-Schleiden!