Alpengold 379 - Margit Hellberg - E-Book

Alpengold 379 E-Book

Margit Hellberg

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Beschreibung

Am Hinterausgang des Theaters öffnet sich die Tür, und eine lachende, fröhliche Gesellschaft drängt heraus. In ihrer Mitte eine reizende junge Frau: Bärbel Röblreiter. Plötzlich entdeckt sie den Mann unter einer Laterne und bleibt abrupt stehen. Martin Sonnleitner blickt der schönen Frau traurig in die Augen, dreht sich um und geht dann ohne ein Wort davon. Nein, dies ist nicht mehr seine Bärbel, mit der er in seligem Glück von einem gemeinsamen Leben im Forsthaus träumte. Diese Bärbel ist süchtig nach einem anderen Leben, nach dem vor Beifall rasenden Publikum, nach Ruhm und Karriere. Ein Ziel, dem sie immer näher kommt - und das für Martin den endgültigen Verlust des heißgeliebten Madels bedeutet ...


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Inhalt

Cover

Verloren für ein stilles Glück?

Vorschau

Impressum

Verloren für ein stilles Glück?

Es ist schwer zu ertragen, wenn Liebesträume zerplatzen

Von Margit Hellberg

Am Hinterausgang des Theaters öffnet sich die Tür, und eine lachende, fröhliche Gesellschaft drängt heraus. In ihrer Mitte eine reizende junge Frau: Bärbel Röblreiter. Plötzlich entdeckt sie den Mann unter einer Laterne und bleibt abrupt stehen. Martin Sonnleitner blickt der schönen Frau traurig in die Augen, dreht sich um und geht dann ohne ein Wort davon. Nein, dies ist nicht mehr seine Bärbel, mit der er in seligem Glück von einem gemeinsamen Leben im Forsthaus träumte. Diese Bärbel ist süchtig nach einem anderen Leben, nach dem vor Beifall rasenden Publikum, nach Ruhm und Karriere. Ein Ziel, dem sie immer näher kommt – und das für Martin den endgültigen Verlust des heißgeliebten Madls bedeutet ...

»Das Katzerl gehört mir!«, behauptete Bärbel Röblreiter und drückte ein flauschiges Fellknäuel an sich.

Das kleine Madl verstand es gut, seinen Willen durchzusetzen, und selbst dem Vater gegenüber wagte es zu trotzen. Er hatte seine beiden Söhne mit strenger Hand erzogen, seinem nachgeborenen Töchterchen gegenüber aber war er von fast unbegreiflicher Nachgiebigkeit.

»Wir haben doch schon zwei Katzenviecher auf dem Hof«, knurrte der Vater nun. »Wo hast du es denn überhaupt hergeholt? Sofort bringst du es zurück!«

»Das geht net, Vater«, widersetzte sich Bärbel. »Der Martin und ich haben das Katzerl aus dem Bach gezogen. In einem Karton hat's gelegen, und ganz nass ist's gewesen. Der Martin hat gesagt, die Leute, die das Katzerl da hineingesperrt hatten, wollten es ertränken.«

Liebevoll betrachtete Bärbel das armselige Tier, das kaum noch ein Lebenszeichen von sich gab.

»Schaut es net lieb aus, Vater?«, schmeichelte Bärbel und rückte dicht an den Vater heran. Er warf einen zweifelnden Blick auf das Katzenjunge.

»Halb tot schaut's aus«, meinte er. »Ich glaube net, dass das Viecherl den morgigen Tag noch erleben wird.«

Mit entsetzten Augen starrte Bärbel den Vater an.

»Es soll aber net sterben, das arme Katzerl!«

»Zeig es halt mal der Mutter«, meinte jetzt der Vater begütigend, »vielleicht weiß die einen Rat, wie man es aufpäppeln kann.«

Bärbel rutschte von der Bank herab und verschwand mit dem kleinen Findling im Haus. Der Vater blickte ihr liebevoll nach.

Seitdem Bärbel geboren war, erschien ihm das Leben auf dem Hof lichter und froher. Er erinnerte sich noch genau an den Tag, an dem seine Frau, die Marianne, ihm gesagt hatte, dass sie noch einmal guter Hoffnung sei. Er hatte es nicht glauben wollen, denn die beiden Buben, der Simon, der seinen Namen trug, und der Franzl waren damals schon fünfzehn und zwölf Jahre alt gewesen.

Die Brüder hatten ihre kleine Schwester zunächst mit gemischten Gefühlen betrachtet. Aber Bärbel hatte schnell die Herzen aller gewonnen, und schon bald hatte sie jeden von ihnen um ihren kleinen Finger wickeln können.

Aber sosehr sie ihre Brüder auch liebte, ihr bester Freund und Spielkamerad war der Nachbarssohn Martin Sonnleitner. Er hatte sich eines Tages um Bärbel gekümmert, als das kleine Ding unbeaufsichtigt auf der Wiese hinter dem Stallgebäude herumgekrabbelt war und in den Bach zu fallen gedroht hatte. Von diesem Tag an hatte Bärbel großes Zutrauen zu dem um vier Jahre älteren Buben gefasst. Und er fühlte sich als Beschützer des Mädchens.

Martin spielte mit Bärbel, zeigte ihr die schönsten Blumen und nannte deren Namen, machte sie auf Vögel und Schmetterlinge aufmerksam und erweckte so in dem Kind das Interesse und die Liebe zur Natur. Der Martin, das wusste Bärbel inzwischen ganz genau, wollte einmal Förster werden, denn den Hof würde sein älterer Bruder erben.

Wenn Martin zur Schule ging, wartete Bärbel geduldig, bis er wieder Zeit für sie hatte. Dann saß sie bei schönem Wetter auf ihrem Lieblingsplatz bei den drei hohen Tannen, spielte mit ihrer Puppe und sang leise Melodien vor sich hin, so wie ein Vogel sein Lied zwitscherte.

So verging die Zeit, und in diesem Jahr, als Bärbel und Martin das Katzerl aus dem Wasser zogen, war ihr letzter, unbekümmerter Sommer gekommen, denn auch für Bärbel begann nun der Ernst des Lebens, der Schulbeginn!

»Ich brauche keine Schule«, behauptete sie allerdings. »Ich heirate doch mal den Martin, der bringt mir alles bei, was ich wissen muss.«

»Aber Bärbel«, hielt ihr die Mutter entgegen, »meinst du denn wirklich, dass der Martin eine Frau mag, die nix weiß und der er erst sagen muss, was ein Mensch wissen muss? Eine Frau sollte doch rechnen können, wenn sie für den Haushalt einkaufen geht. Der Martin ist tagsüber im Wald als Förster. Wie willst du dann im Haus wirtschaften können, wenn du net mal rechnen kannst?«

»Zwei und zwei sind vier, das weiß ich jetzt schon«, meinte Bärbel unbekümmert, »und ein Euro und noch ein Euro sind zwei Euro.«

»Das reicht net, Bärbel, glaub mir's«, versuchte die Mutter noch einmal, ihrem Töchterchen den Schulbesuch schmackhaft zu machen. »Lesen musst du doch auch können. Wenn dir der Martin mal einen Brief schreibt, willst du den dann net selber lesen?«

Nun wurde Bärbel doch etwas nachdenklich.

»Also gut«, entschied sie, »gehe ich halt in die Schule. Aber wenn's mir gar net gefällt, dann höre ich damit wieder auf.«

Und zuerst wollte es Bärbel auch gar nicht in der Schule gefallen. Das Kind, das die Natur und die Freiheit liebte, fühlte sich eingesperrt. Mit den Klassenkameraden konnte sich Bärbel nicht anfreunden. Erst als eines der Dirndln, ein blondzopfiges Ding mit ängstlichen Augen, von einem Buben gepufft und geschubst wurde, erwachte in Bärbel derselbe Beschützerinstinkt, der sie dazu bewogen hatte, die halb tote Katze zu retten.

Mutig verteidigte sie die blonde Lena und steckte selber ohne Wehklagen ein paar derbe Schläge ein. Von nun an waren die beiden so verschiedenen Kinder unzertrennlich. Lena hing mit Liebe und Bewunderung an Bärbel, und Bärbel gewann endlich Gefallen an der Schule, da sie das Gefühl hatte, ein wichtiges Mitglied der Klassengemeinschaft zu sein.

Am meisten Freude machte Bärbel der Musikunterricht. Mit sicherer, klarer Stimme sang sie fehlerlos nach, was der Lehrer auf seiner Geige vorspielte. Schon daheim war es stets ein Erlebnis für sie gewesen, wenn der Vater zur Weihnachtszeit die alte Zither hervorgeholt und seiner Familie Weihnachtslieder vorgespielt hatte.

Jetzt in der Schule wurde jede Woche musiziert. Der Lehrer, der Bärbels Vorliebe fürs Singen schnell erkannte, nahm sich vor, ihr Talent nach Kräften zu fördern. Immer öfter ließ er sie vorsingen, und wenn alle Kinder ein Lied zusammen anstimmten, hob sich ihre Stimme hell aus allen anderen hervor. Ganz neidisch schaute sie auf die Geige des Lehrers, wenn er sie erklingen ließ.

Herr Brauer, so hieß der Lehrer, bemerkte Bärbels Interesse.

»Sag einmal, Bärbel, möchtest du auch ein Instrument spielen lernen?«, fragte er sie eines Tages.

Bärbel nickte eifrig. Sie dachte an die schöne alte Zither, die das ganze Jahr hindurch in der Truhe liegen musste. Wenn sie darauf spielen könnte, das wäre ihr höchstes Glück!

»Nun, Bärbel«, begann Herr Brauer von Neuem, »ich glaube, du hast schon einen bestimmten Wunsch?«

»Ja, Herr Brauer«, erwiderte Bärbel, und sah ihren Lehrer vertrauensvoll an, »die Zither möchte ich so gern spielen, die bei uns in der Truhe liegt.«

»Die ist nicht so leicht zu spielen, die Zither, Bärbel«, gab der Lehrer zu bedenken. »Meinst du, dass du genug Geduld zum Üben haben wirst?«

Bärbel nickte eifrig.

»Mehr als zu den anderen Schularbeiten hätte ich Lust zum Üben«, sagte sie treuherzig.

»Aber du darfst deine anderen Pflichten darüber nicht vernachlässigen, Bärbel«, ermahnte er sie ernst. »Wenn du mir das versprechen kannst, dann will ich mit deinen Eltern einmal reden.«

»Ich verspreche es, Herr Brauer«, erklärte Bärbel bereitwillig. »Lernen will ich, dass sich die Eltern net beklagen müssen, und auf der Zither spielen will ich, dass mir alle Leute zuhören!«

»Gut, Bärbel, dann werde ich in den nächsten Tagen zu deinen Eltern gehen.«

***

Natürlich musste Martin sogleich erfahren, welches Glück seiner kleinen Freundin bevorstand. Schon am Nachmittag lief Bärbel zum Sonnleitner-Hof, um ihm die Neuigkeit zu berichten. Leider hatte Martin gar nicht mehr so viel Zeit für Bärbel, seitdem er in der Stadt aufs Gymnasium ging.

»Stell dir vor, Martin, Herr Brauer will mir das Zitherspielen beibringen«, überfiel Bärbel ihn und vergaß ganz, »Grüß Gott« zu sagen.

Martin, der ganz in seine Hausaufgaben vertieft war, sah Bärbel stumm an, als verstünde er nicht, warum sie so aufgeregt war.

»Begreifst du denn net, Martin? Das Zitherspielen darf ich lernen, freust du dich da net auch?«

»Natürlich freue ich mich mit dir, Bärbel. Aber vor lauter Lernen hab ich nicht gleich gewusst, was du meinst. Haben deine Eltern es schon erlaubt?«

»Der Herr Brauer will sie selber fragen, da sagen sie bestimmt net Nein.«

»Dann hast du auch bald genauso wenig Zeit wie ich, Bärbel«, stellte Martin fest. »Denn wenn man es zu etwas bringen will, muss man recht fleißig sein.«

Bärbel verzog ein wenig den Mund. Martin redete schon wie ein Alter so klug daher. Das machte alles die Schule in der Stadt. Nie würde sie auf so eine Schule gehen. Lieber wollte sie singen und auf der Zither spielen, als sich den Kopf mit so unnützen Sachen vollzustopfen. Das sagte sie Martin auch.

»Je mehr man kann, desto mehr erreicht man im Leben«, erwiderte er da belehrend. »Deshalb lerne ich auch. Du weißt doch, dass ich studieren will!«

»Ach, Martin, wenn du so weit fortgehen wirst, dann vergisst du mich bestimmt«, sagte Bärbel und sah auf einmal ganz traurig aus. Ihre Freude über das Zitherspielen war fast verflogen.

»Ich vergesse dich nicht, Bärbel, das verspreche ich dir«, beruhigte Martin seine Freundin. »Immer werde ich an dich denken. Du weißt doch, was wir uns versprochen haben!«

»Ja, Martin, das weiß ich, und das halte ich auch. Wenn wir beide groß sind, dann heiraten wir. Und wenn du aus dem Wald heimkommst, dann spiele ich dir alle Lieder, die du hören willst, auf der Zither vor, Martin.«

»Das wird schön werden, Bärbel«, sagte Martin. »Aber jetzt musst du wieder gehen, ich habe noch viel zu lernen. Am Samstag habe ich dann mehr Zeit für dich, okay?«

Nur ungern verabschiedete sich Bärbel. Aber schließlich sah sie ein, dass Martin fleißig sein musste, wenn er sein gestecktes Ziel erreichen wollte. Und sie schwor sich, ebenfalls ihr Bestes zu geben, um dem Freund in nichts nachzustehen.

Als sie nach Hause kam, war Besuch bei den Eltern. Der Lehrer hatte Wort gehalten und sich auf den Weg zum Röblreiter-Hof gemacht. Es kostete ihn nicht viel Mühe, Bärbels Eltern davon zu überzeugen, dass ihre Tochter musikalisch sehr begabt und talentiert war und unter allen Umständen ein Instrument erlernen sollte.

Mit Freuden holte Simon Röblreiter die alte Zither hervor, auf der er doch selber gern besser spielen gelernt hätte. Aber seine Eltern hatten für dieses Interesse seines Sohnes nicht viel Verständnis aufgebracht. Als einziger Sohn und Hoferbe hatte er von früh bis spät hart arbeiten müssen. Seine Hände waren zu schwer, seine Finger zu steif geworden, um die Saiten fehlerlos zu bearbeiten. So war es bei den wenigen einfachen Weihnachtsliedchen geblieben. Darum gab er dem Lehrer gern seine Einwilligung.

Als Bärbel in die Stube trat, winkte er sie zu sich heran und zauste sie liebevoll an den braunen Locken.

»Aber das Rechnen, Lesen und Schreiben wird mir deswegen net vernachlässigt, sonst ist's vorbei mit der Musik!«, sagte er halb scherzhaft, halb mahnend.

»Was denkst du denn von mir, Vater«, wehrte Bärbel beleidigt ab. »Ich weiß doch, dass man viel lernen muss, wenn man es im Leben zu etwas bringen will.«

Die Erwachsenen sahen sich leise lächelnd an, besonders die Mutter hatte ihr Vergnügen an der geänderten Meinung ihrer Tochter.

Als Herr Brauer sich verabschiedete, nicht ohne vorher die Zither einer genauen Prüfung unterzogen zu haben, ob sie ihren Dienst auch noch tun würde, stand fest, dass die erste Unterrichtsstunde für Bärbel bereits am übernächsten Tag stattfinden sollte. Mit großer Freude sah Herr Brauer diesen Unterrichtsstunden entgegen, denn seit Langem hatte er kein so talentiertes Kind mehr in seiner Klasse gehabt.

Auch Bärbel konnte kaum die erste Zitherstunde erwarten. Aber als es dann so weit war, konnte sie ihre Enttäuschung nicht verbergen. Denn statt dass sie, wie sie gehofft hatte, gleich voll in die Saiten greifen durfte, musste sie sich mit dem Notenmalen abplagen. Der Lehrer sah die missmutige Falte auf der Kinderstirn.

»Schau, Bärbel, ich weiß, dass du gut nach deinem musikalischen Gehör spielen könntest. Aber das ist nicht das Richtige. Man muss erst einmal Noten lesen lernen und nach Noten spielen können. Dann erst kann man es sich erlauben, zu improvisieren und nach eigener Eingebung die Melodien zu gestalten.«

Doch erst nachdem Bärbel ihren Freund Martin wieder befragt hatte und von ihm belehrt worden war, dass Herr Brauer recht hatte, gab sie sich mit der Unterrichtsmethode zufrieden und wurde eine fleißige Schülerin.

Nach dem langsamen und schweren Anfang machte sie bald große Fortschritte. Herr Brauer war sehr zufrieden mit ihr. Bereits zur kommenden Weihnachtsfeier sollte Bärbel etwas vortragen, was sie ganz stolz daheim berichtete.

Am vierten Dezember, an ihrem siebten Geburtstag, waren auch die Brüder wieder einmal daheim. Simon, der inzwischen zweiundzwanzig Jahre alt war, besuchte die Landwirtschaftsschule und wollte sich dann noch in anderen Bereichen, auch in Molkereien, umschauen. Er kam nur noch selten auf den elterlichen Hof. Meistens endete sein Besuch mit heftigen Debatten zwischen Vater und Sohn, denn Simon kündigte an, dass er einmal – wenn er erst Bauer wäre – vieles anders und seiner Meinung nach besser machen würde als der Vater.