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Wie sehr liebt Kathrein ihren Michael! Alles will sie tun, um ihm eine gute Ehefrau und Bäuerin zu werden. Und im ersten Glück vergisst sie sogar, dass Michael vor der Ehe der bekannteste Schürzenjäger von St. Veith gewesen ist. Keiner hat er widerstehen können, aber die Dirndln haben es ihm auch allzu leicht gemacht. Ja, Kathrein glaubt fest daran, dass Michael sich geändert hat - besonders, da sie sein Kind erwartet. Und so trifft sie das, was beim nächsten Schützenfest geschieht, wie ein Schlag ...
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Seitenzahl: 107
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Gleich nach der Hochzeit betrogen
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Impressum
Gleich nach der Hochzeit betrogen
Wie viel Leid kann ein junges Herz ertragen?
Von Margit Hellberg
Wie sehr liebt Kathrein ihren Michael! Alles will sie tun, um ihm eine gute Ehefrau und Bäuerin zu werden. Und im ersten Glück vergisst sie sogar, dass Michael vor der Ehe der bekannteste Schürzenjäger von St. Veith gewesen ist. Keiner hat er widerstehen können, aber die Dirndln haben es ihm auch allzu leicht gemacht.
Ja, Kathrein glaubt fest daran, dass Michael sich geändert hat – besonders, da sie sein Kind erwartet. Und so trifft sie das, was beim nächsten Schützenfest geschieht, wie ein Schlag ...
Im »Jagerstübl« vom Gasthaus »Zum Hirschen« in St. Veith ging es hoch her. Das laute Stimmengewirr und die immer wieder losdonnernden Lachsalven drangen bis in die rustikale Gaststube, in der nur der Stammtisch besetzt war und an einem anderen Tisch vier Bauern beim Schafkopfspielen zusammensaßen.
»Kruzitürken!«, schimpfte der Bauer Sippl, der gerade wieder ein miserables Blatt in der Hand hatte. »Bei dem Spektakel kann man sich ja gar nicht aufs Spiel konzentrieren! Ich mach' nicht mehr mit!«
Er hieb die Karten auf den Tisch, dass sie auf der glatten Platte bis in den Schoß seines Gegenübers rutschten. Der hob sie auf und sah sie sich schmunzelnd an.
»Ich glaub' eher, du willst aus einem anderen Grund aufhören, Alois. Bist heute ja direkt vom Pech verfolgt! Wieder so ein Mistblatt. Aber mach dir nichts draus. Pech im Spiel, Glück in der Liebe!«
Die anderen brachen in ein wieherndes Lachen aus, das dem Lärm aus dem »Jagerstübl« in nichts nachstand. Jeder von ihnen kannte Alois Sippls bessere Hälfte, und keiner konnte sich vorstellen, dass er viel Freude an einem Liebesglück mit ihr haben würde.
»Ach, ihr könnt mich doch ...«, brummte Alois Sippl schlecht gelaunt. »Ich geh' jetzt heim. Lass mich doch nicht von euch Deppen auslachen.«
»Bleib doch noch ein bisserl, Alois. Was willst du denn jetzt schon daheim? Wenn du keine Lust mehr zum Spielen hast, hören wir alle auf und tratschen noch ein bisserl. So jung wie heut' kommen wir garantiert nicht mehr zusammen!«
»Ja, Sippl, setz dich wieder her«, baten auch die anderen. »Wir trinken noch eine Maß, ohne uns über unsere Spielkarten aufregen zu müssen. He, Wirt! Noch vier Maß!«, rief Hans Hofer. »Auf meine Rechnung!«
Jetzt ließ sich Alois Sippl nicht lange bitten. Für ein Freibier tat er alles. Da ließ er sich sogar von seinen Freunden wegen seiner strengen Hausfrau aufziehen, was sie in ihrer derb-gemütlichen Art zu gern taten.
Dabei wusste aber jeder, dass es nur dem eisernen Regiment der Bäuerin Philomena Sippl zu verdanken war, dass Alois nicht sein ganzes Geld ins Wirtshaus trug. Sie plagte sich von früh bis spät für den Hof und ihre Familie. Kein Wunder, wenn sie ihrem Alois dann scharf auf die Finger sah, dass er das sauer erarbeitete Geld nicht im Handumdrehen durch die Gurgel laufen ließ. Dass man bei so viel Plage keine Schönheit mehr sein konnte, war sonnenklar.
Hans Hofer, Bauer auf dem Nachbarhof von Sippls, hob denn auch seinen Maßkrug zu einem »Prosit« auf Philomena Sippl.
»Philomena soll leben! Sie hat es nicht verdient, dass wir über sie lachen. Prost, Alois. Auf deine bessere Hälfte!«
Alois trank mit Genuss und wischte sich den Schaum vom Mund, als er den Maßkrug auf die Tischplatte stellte. Gerade schallte wieder ein tosendes Gelächter über den Flur in die Gaststube.
»Jetzt möchte ich nur wissen, was die dort drüben heute so zu schreien haben«, sagte er, wobei er fast vor Neugier platzte. »Sonst geht's bei den Mitgliederversammlungen doch immer ganz ruhig zu.«
»Vielleicht hat einer Geburtstag«, meinte Hans Hofer, während ein anderer besser Bescheid wusste.
»Der Fabinger-Michael ist heute neunundzwanzig geworden. Als Vorstandsmitglied vom Gebirgsschützenverein wird er wohl was ausgeben müssen.«
»Na, der kann sich's ja leisten.« Alois Sippl sah ärgerlich in seinen Bierkrug, dessen Boden schon wieder durch die Neige hindurchschimmerte. »Die Fabingers brauchen das Geld nicht erst ein paarmal herumzudrehen, ehe sie es ausgeben, so wie ich.«
»Nur kein Neid, Alois! Mir scheint, dass die alten Fabingers auch nicht recht glücklich sind.«
»Ach so? Warum denn nicht?« Alois Sippl konnte das nicht verstehen. »Wenn einer alles hat, was er braucht, und sogar noch ein bisserl mehr, kann er doch wirklich zufrieden sein.«
»Weißt doch, dass sie sich über ihren Michael kränken. Der tut noch immer, als ob er gar nicht recht erwachsen wäre. Jedes Wochenende ist er unterwegs und steigt immer wieder einem anderen Dirndl nach. Aber ans Heiraten denkt er nicht.«
»Lass ihn doch sich austoben«, nahm ihn Alois in Schutz. »Wenn man erst verheiratet ist, ist es aus mit der Freiheit.«
Jetzt musste sogar Hans Hofer lachen, der sich wirklich alle Mühe gab, sich über die Ehe seines Freundes nicht lustig zu machen.
»Und was ist, wenn er mal an die Falsche gerät?«, sagte Hans, nachdem er sich wieder beruhigt hatte. »Die ihn vielleicht mit allen möglichen Tricks einfängt, nur um seines Geldes willen? Ich wüsste eine ganz in der Nähe, der ich so eine Gemeinheit zutrauen könnte.«
»Ja?« Alois rückte näher. »Wen meinst du denn?«
»Ich verrate nichts.« Hans Hofer besann sich im letzten Augenblick. Er wollte sich nicht ins Wespennest setzen. »Wirst es vielleicht noch selber merken, wen ich meine. So schwer ist es ja nicht, einen Mann einzufangen.«
»Da braucht eine bloß die Pille zu vergessen, und schon hat sie ihn am Bandl«, tat Alois wichtig. »Mei, mei, daran hab ich vorher gar nicht gedacht.«
»Nanu, Alois, du hast doch nicht etwa auch irgendwo gefensterlt?«, lästerten seine Freunde. »Du, da wird deine Philomena aber sauer auf dich sein!«
»Ihr Deppen! Habt ihr nichts Besseres zu tun, als euch nur über mich lustig zu machen?« Alois schob beleidigt seinen Stuhl zurück. »Jetzt geh' ich aber wirklich.«
Er ließ sich tatsächlich von keinem Zureden mehr zurückhalten. Mit einem kurzen »Pfüat euch« stülpte er sich seinen Lodenhut auf den Kopf und verschwand.
Bevor er das Gasthaus endgültig verließ, öffnete er die Tür zum »Jagerstübl« noch einen kleinen Spalt und schaute hinein. Vor lauter blauem Dunst konnte er nicht viel sehen. Etwa zwanzig Männer saßen an einem langen Tisch. An der Kopfseite thronte Michael Fabinger, der heutige Mittelpunkt des Abends.
»Geh auf die Seite.« Alois bekam einen unsanften Stoß und konnte gar nicht schnell genug ausweichen. Die Kellnerin Angelina kam mit einem Arm Maßkrüge und wollte ins »Jagerstübl« hinein. »Was stehst du hier herum? Schau, dass du heimkommst!«
Sie ging hinein und knallte die Tür mit einem Fußtritt hinter sich zu.
Alois rückte seinen Hut tiefer in die Stirn.
»Alte Widerwurzen«, knurrte er und verließ endgültig das Gasthaus »Zum Hirschen«.
Draußen empfing ihn schneidende Kälte. Der Mond stand wie eine weiße Kugel am nachtschwarzen Himmel. Vom nahenden Frühjahr war noch nichts zu spüren.
Alois schlug den Kragen seiner Lodenjacke hoch, vergrub die Hände in den Taschen und machte sich missmutig auf den Heimweg. Die Dorfstraße war menschenleer. Nicht einmal eine Katze oder ein Hund waren zu sehen. Die in größeren Abständen aufgestellten Straßenlaternen spendeten ein spärliches Licht. Nur hier und da leuchtete ein helles Fenster aus einem der Bauernhäuser zu Alois herüber.
Seufzend blieb er stehen und schaute zurück zum Gasthaus »Zum Hirschen«. Dort erstrahlten alle Fenster in verlockender Helligkeit und zogen Alois wie mit magischer Kraft an. Aber er widerstand diesmal der Versuchung und stapfte weiter durch die Nacht, dem häuslichen Herd entgegen.
***
Im »Jagerstübl« dachte noch niemand ans Heimgehen. Dort wurde es ja jetzt erst richtig gemütlich.
»Angelina!«, rief Michael Fabinger. »Wir haben Hunger! Frag den Wirt, ob wir noch was zu essen bekommen.«
»Jetzt mitten in der Nacht?«, fragte Angelina entrüstet. »Wer soll sich um diese Zeit noch an den Herd stellen?«
»Na, ein paar Würstl werdet ihr doch wohl heißmachen können.« Michael ließ nicht locker. »Ich weiß, ich hätte ein Essen vorbestellen müssen. Hab halt nicht daran gedacht. Aber wenn das schon mein letzter einschichtiger Geburtstag sein soll, will ich ihn auch zünftig feiern.«
»Bravo, bravo!« Lautes Getöse folgte dieser Bemerkung. »Der Michael will also wirklich Ernst machen!«
»Ihr lasst mir ja keine Ruhe«, gab Michael lachend zurück.
»Gewettet ist gewettet«, schrie einer aus der Runde. »Schau dir deine Spezis an, die sind alle längst brave Ehemänner.«
»Denen ist die Wahl auch nicht so schwergefallen wie mir«, lachte Michael noch immer. »Berni und seine Eva haben sich schon in der Schule miteinander versprochen ...« Wieder lautes Lachen der Tischrunde. »Friedl und Monika haben heiraten müssen!« Der Jubel kannte keine Grenzen. »Steffl und Erika ... na ja, die taten sich etwas schwerer, haben immerhin drei Jahre gebraucht, bis sie sich zum Heiraten entschlossen. Und Schorsch hat's gar mit einer Anzeige versucht und sogar Glück gehabt. Aber ich ... eigentlich hab ich direkt Angst vor einer Ehe. Wenn's mir dann so ergeht wie dem braven Alois Sippl?«
Die Tischrunde begann laut zu grölen, wobei sich der inzwischen reichlich konsumierte Alkohol bemerkbar machte.
»Sie soll ja in ihrer Jugend recht hübsch gewesen sein«, fuhr Michael fort. »Aber was ist davon übrig geblieben? Wenn's einem mit der eigenen Frau genauso ergeht? Da ist es doch besser, man bleibt ledig und kann sich immer wieder eine andere aussuchen!«
Damit waren Michaels Freunde aber nicht einverstanden. Sie verteidigten lautstark den Ehestand und nagelten ihn noch einmal auf die vor Jahren abgeschlossene Wette fest.
»Bis zum ›Dreißigsten‹ musst du verheiratet sein, sonst hast du die Wette verloren! Du weißt, das kostet dich eine schöne Stange Geld.«
»Ach«, tat Michael wegwerfend, »ums Geld geht's mir dabei nicht. Es ist schon eher ein bisserl Ehrgeiz dabei, dass ich das auch schaffe, gerade so wie ihr. Vielleicht finde ich eine, die ein Auge oder sogar alle beide, zudrückt, wenn mich das Fell wieder mal juckt. Denn treu sein kann ich bestimmt nicht! Das weiß ich heute schon.«
Der Tumult erreichte seinen Höhepunkt nach dieser Bemerkung. Es waren genug Männer dabei, die Michaels lose Reden nicht billigten.
Michael hielt sich schließlich die Ohren zu.
»Ruhe! Bitte gebt endlich Ruhe! Ich wollte ja keinem von euch zu nahe treten. Jeder macht's, wie er es selber für richtig hält. Und jetzt gehe ich selber zum Wirt, ob er uns nicht endlich ein paar heiße Würstl bringen kann.«
An der Tür stieß Michael mit Angelina zusammen, die ein Tablett voll Teller und Besteck herbeischleppte.
»Ah!«, rief er erfreut. »Es hat geklappt. Darf ich helfen, schönes Kind?«
Angelina bedachte ihn mit einem koketten Blick.
»Gehen Sie mir lieber aus dem Weg, damit ist mir am meisten geholfen. Wenn Sie mir zu nahe kommen, fällt mir noch das Geschirr vom Tablett.«
»Aha! Also bringe ich Sie aus der Fassung, Angelina, wenn ich Ihnen zu nahe komme? Darf ich das so verstehen?«
Wieder blitzten ihn ihre katzengrauen Augen unter den schwarzgetuschten Wimpern lockend an.
»Könnte schon sein«, gab sie zu und stellte flink die Teller ab. »Aber ich möchte Ihnen raten, das schön bleiben zu lassen. Mein Freund versteht nämlich keinen Spaß.«
Michael reckte sich. »So etwas kann mich nicht abschrecken, höchstens sogar reizen.«
»Mein Freund ist Freistilringer«, warnte ihn Angelina, wobei zwei Grübchen in ihren Wangen erschienen. »Er ist gerade auf Tournee.«
»Komm, Michael!«, riefen ihn die Freunde. »Lass lieber die Finger von der Angelina, sonst kannst du deine Knochen im Schnupftuch heimtragen.«
»Du sollst dir ja jetzt eine Frau zum Heiraten suchen«, erinnerte ihn Berni Sattler, »nicht eine zum Zeitvertreib.«
»Oje, dass ihr mich immer an den Ernst des Lebens erinnern müsst«, seufzte Michael schwer, kehrte aber an seinen Platz zurück. »Mir brummt schon heute der Schädel, wenn ich darüber nachdenke, wie ich das anfangen muss. Ob ich's auch mal im Internet versuche? Es gibt ja genug Dating-Apps. Mein Profil lautet dann etwa so: Bildschöner Bauernsohn, Erbe eines reichen Hofes, sucht ... wie heißt das immer? ... sucht Ehefrau ohne Kinder. Die machen wir selber!«
Berni Sattler bekam daraufhin einen Lachkrampf und konnte gar nicht mehr aufhören. Unter Husten und Stöhnen richtete er sich endlich wieder auf.
»Also, auf die Frau vom Michael bin ich heute schon gespannt! Das wird eine Gaudi geben, wenn er Hochzeit macht!«
Darüber war sich die ganze Tischrunde einig. Mit lautem Hallo wurde nun die Frau Wirtin begrüßt, die mit einem dampfenden Kessel voller Würstl ins »Jagerstübl« kam und ihn mit Schwung in die Tischmitte stellte. Angelina brachte Butter, Brot und Senf. Dazu kunstvoll aufgeschnittenen Radi, sodass es an nichts fehlte.
»Jetzt langt tüchtig zu«, forderte Michael seine Gäste auf. »Um eins ist Schluss hier, bis dahin müssen wir alles aufgegessen haben.«
***
Am nächsten Tag, der gottlob ein Sonntag war, hatte Michael einen dicken Schädel. Brummig und verdrossen erschien er am Frühstückstisch.
Die Eltern sahen ihm bekümmert entgegen. Da hatte ihr Michael doch wieder einmal das laute Gasthaustreiben einem gemütlichen Beisammensein mit den Eltern vorgezogen. Die Mutter hatte schon vorher seufzend zu ihrem Mann gesagt:
»Wann wird der Bub mal etwas sesshaft werden? Immer treibt er sich irgendwo herum. An uns, seine alten Eltern, denkt er überhaupt nicht.«