1,99 €
Marius Bode: Er ist der neue Pfarrer des Bergdörfchens St. Johann - jung, gut aussehend, tatkräftig und engagiert. Aber kann ein so attraktiver Mann wirklich ein guter Seelsorger sein und allen Versuchungen widerstehen? Die Dörfler jedenfalls glauben es nicht ...
Mariella Gruber: Sie ist die Tochter des reichen Gruber-Bauern - hübsch, verwöhnt und launenhaft. Stets hat sie alles bekommen, was sie wollte. Jetzt will sie Marius um jeden Preis ...
Albin Schneider: Er liebt Mariella schon seit Langem. Doch als ungeheure Gerüchte über sie und den neuen Pfarrer laut werden, kann auch er seine Ohren nicht davor verschließen. Er fasst einen Plan und lockt den vermeintlichen Rivalen in eine Falle ...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 113
Veröffentlichungsjahr: 2025
Cover
Die dunkle Seite des Herzens
Vorschau
Impressum
Die dunkle Seite des Herzens
Mariella lockt das Verbotene
Von Margit Hellberg
Marius Bode: Er ist der neue Pfarrer des Bergdörfchens St. Johann – jung, gut aussehend, tatkräftig und engagiert. Aber kann ein so attraktiver Mann wirklich ein guter Seelsorger sein und allen Versuchungen widerstehen? Die Dörfler jedenfalls glauben es nicht ...
Mariella Gruber: Sie ist die Tochter des reichen Gruber-Bauern – hübsch, verwöhnt und launenhaft. Stets hat sie alles bekommen, was sie wollte. Jetzt will sie Marius um jeden Preis ...
Albin Schneider: Er liebt Mariella schon seit Langem. Doch als ungeheure Gerüchte über sie und den neuen Pfarrer laut werden, kann auch er seine Ohren nicht davor verschließen. Er fasst einen Plan und lockt den vermeintlichen Rivalen in eine Falle ...
Pfarrer Marius Bode kehrte von einem ausgedehnten Spaziergang zurück. Wehmütig glitt sein Blick über den schlanken Kirchturm. Trauer lag auf seinem Gesicht. Alles, was er jetzt noch tat und betrachtete, war vom Abschied geprägt.
Langsam ging er zum Pfarrhaus hinüber. Als er die schwere Holztür öffnete, knarrte sie laut. Wie hatte er sich bei seinem Amtsantritt vor fünf Jahren darüber geärgert, dass man diese lästigen Geräusche nicht abstellen konnte!
Auch die Dielenbretter im Flur knackten bei jedem Schritt. Viele Füße waren über sie hinweggegangen, nicht nur die des einst so ungeduldigen jungen Pfarrers. Jetzt erfüllte den Geistlichen Wehmut bei dem Gedanken, dass er in wenigen Tagen den ihm lieb gewordenen Wirkungskreis verlassen musste.
»Marius, bist du's? Wo warst du denn so lange?«, riss ihn plötzlich eine weibliche Stimme aus seinen Überlegungen.
Marius Bode zog die warme Jacke aus. Dann vertauschte er die derben Schuhe mit bequemen Lederpantoffeln.
»Ich habe Abschied genommen«, erwiderte er.
Nachdem er sich noch das zerzauste Haar gekämmt und die Hände gewaschen hatte, betrat Pfarrer Marius Bode den Raum. Tante Annerl saß am Fenster und nähte einen Knopf an seine schwarze Jacke.
Über den Brillenrand hinweg sah sie den Neffen prüfend an. Er empfand seine Versetzung wohl nicht als Auszeichnung.
»Es fällt dir offenbar recht schwer, deine Pfarrei zu verlassen, Bub. Ich kann es verstehen. Die Leute lieben dich, und darum hast du dich hier auch so wohlgefühlt.«
Marius nickte. Er zog einen Stuhl näher zu Tante Annerl, die schon seit Langem etwas schwer hörte.
»Es ist ja nicht nur der Abschied von Seehausen, sondern auch von dir, Tante Annerl«, sagte er. »Du hast mich viele Jahre meines Lebens behütet und wie ein guter Geist im Verborgenen für mich gesorgt. Es tut mir weh, dass ich dich nicht mitnehmen kann.«
»Meinst du, ich gebe dich gern her, Marius? Andererseits bin ich froh, dass uns das Schicksal wieder einmal den Weg zeigt, den wir gehen müssen. Ich werde immer älter, meine Kräfte lassen nach. Bald wäre ich dir keine Hilfe mehr, sondern eine Last gewesen.«
»Nein, Tante Annerl, niemals«, beteuerte Marius.
»Natürlich hättest du es mir nie gesagt, Bub. Aber nun haben wir ja eine gute Lösung gefunden. Du wirst in ein Bergdorf gehen, und ich bekomme meinen Platz im Katharinenstift. Da können wir doch wieder einmal sagen: Was Gott tut, das ist wohlgetan.«
Marius nahm die runzelige Hand seiner Tante.
»Du findest immer die richtigen Worte, Tante. Ich will ehrlich zugeben, dass ich mir manchmal Gedanken darüber gemacht habe, wie lange ich dich überhaupt noch beanspruchen darf, ohne dir gesundheitlichen Schaden zuzufügen. Lieber wärst du zusammengebrochen, als mir zu sagen, dass du dich nicht wohlfühlst. Glaube mir, ich hätte dich gern nach St. Johann mitgenommen ...«
»Um Gottes willen!«, unterbrach ihn die Tante, wobei sie abwehrend beide Hände hob. »Was soll ich altes Weib mitten im Gebirge? Meine Füße tragen mich gerade noch auf ebenem Boden. Nein, Marius, es ist ganz gut, dass du keine Haushälterin mitzubringen brauchst. Alles ist aufs Beste geregelt. So, jetzt will ich in die Küche gehen. Du wirst Hunger haben nach dem langen Spaziergang.«
»Es geht, Tante Annerl. Irgendwie ist mir die Aufregung auf den Magen geschlagen.«
»Wo warst du denn überall, Bub? Hat es dir denn wirklich so gut gefallen in Seehausen?«
»Ja, Tante Annerl. Ich habe die stille Landschaft hier ins Herz geschlossen. Die Umstellung wird mir nicht leicht werden.«
»Ach was, du bist jung. Du wirst dich schnell eingewöhnen, zumal ja eine neue, große Aufgabe auf dich wartet. Der alte Pfarrer in St. Johann mag seit Langem krank gewesen sein. Wer weiß, ob er sein Amt noch in gebührender Weise hat ausüben können. Man wird dich mit offenen Armen aufnehmen, Marius. Es liegt an dir, das Vertrauen der Dorfbewohner zu erringen.«
»Wenn es immer auf den eigenen Willen ankäme, Tante Annerl, wäre manches leichter im Leben. Ich fürchte, man wird mir gegenüber voreingenommen sein, weil ich kein Bergler bin. Es wird viel über die Sturheit der Bergbewohner erzählt.«
»Das mag zum Teil stimmen, Bub. Sie haben ja auch ein schweres Leben. Aber beim neuen Pfarrer werden sie wohl etwas zugänglicher sein.«
»Ich will es hoffen. An mir soll es jedenfalls nicht liegen.«
***
Die letzten Tage in Seehausen vergingen dem jungen Pfarrer viel zu schnell. Am Sonntag gab er einen Abschiedsgottesdienst, und der Dekan führte den neuen Pfarrer ein.
Noch am Nachmittag dieses Sonntags brachte Marius Bode seine Tante zum Katharinenstift in Hallstädt. Tante Annerl bestand darauf, dass sie sich vor der Tür des klosterähnlichen Gebäudes verabschiedeten.
»Ich will nicht erst zu weinen anfangen, Marius«, erklärte sie. »Machen wir es kurz und schmerzlos. Gott behüte dich und schenke dir Kraft und Geduld für deine neue Aufgabe.«
Marius umarmte die herzensgute Tante und versprach ihr, sie so bald wie möglich besuchen zu kommen.
Sie schob ihn energisch von sich.
»Jetzt geh, Marius.«
Da wandte er sich ab und lief mit schnellen Schritten zum Parkplatz vor dem Stift. Ihm standen Tränen in den Augen, aber er schämte sich ihrer nicht.
Auch Annamaria Bode musste noch ihr Taschentuch hervorziehen. Der Abschied von Marius, den sie wie ein eigenes Kind liebte, fiel ihr sehr schwer. Doch dann drückte sie auf den Klingelknopf. Die Tür öffnete sich, und Tante Annerl trat in das Haus ein.
Für sie und Marius begann ein neuer Lebensabschnitt.
Marius fuhr noch einmal in das Pfarrhaus zurück. Er hatte bereits alle Räume für seinen Nachfolger ausgeräumt. Mit seinen wenigen Habseligkeiten hatte sich Marius in ein kleines Gästezimmer zurückgezogen.
Pfarrer Köhler war seinerseits froh, dass sein Vorgänger ihn noch in Besonderheiten der Pfarrei einweisen konnte. Er hatte gespürt, wie ungern die Gemeinde den scheinbar sehr beliebten Pfarrer Bode gehen ließ. Auch Marius wusste es. Bei langen Gesprächen eilten die Stunden schnell dahin.
Und dann war der Tag gekommen, an dem Marius' Wagen wartend vor der Tür stand. Ein letztes Mal war er in der Kirche gewesen. Er hatte mit Tante Annerl im Katharinenstift telefoniert und zu seiner Beruhigung erfahren, dass es ihr großartig gefiel und sie dort sogar eine frühere Schulfreundin getroffen hatte. Tante Annerls Leben war also in ein neues, ruhiges Fahrwasser gelangt. Wie aber würde es ihm ergehen?
Niemand winkte Marius nach, als er in aller Herrgottsfrühe am ersten Oktober Seehausen verließ. Auf einmal fühlte er sich einsam und allein.
***
Über den Bergen tobte ein schwerer Südweststurm. Dicke Wolkenfetzen verhüllten die höchsten Spitzen. Wenn der Sturm ein wenig Atem holte, fing der Regen zu prasseln an. Er trommelte auf die Dächer und an die Fensterscheiben.
Lena Wiesler, Haushälterin im Pfarrhaus von St. Johann, rang die Hände.
»Mei! Immer, wenn ich Fenster geputzt habe, kommt so ein Sauwetter daher! Tagelang habe ich für den neuen Pfarrer das Haus vom Dachboden bis zum Keller gescheuert und auf Hochglanz gebracht! Jetzt wird gleich der Schmutz in den Flur geschleppt werden.«
»Reg dich nicht auf, Lena«, erwiderte Irma Breithuber. »Männer sehen eh nix von unserem Fleiß. Bei denen zählt das Herumputzen gar kein bisserl. Hauptsache, es kommt ein ordentliches Essen auf den Tisch. Oder war da der Herr Pfarrer etwa anders?«
Die Bäckersfrau war heute höchstpersönlich mit dem Semmelkorb im Pfarrhaus erschienen, weil sie die Neugier hergetrieben hatte. Sie hatte gehofft, dass »der Neue« schon da war.
»Pfarrer Freimann hat meine Kochkunst sehr geschätzt«, sagte Lena Wiesler von oben herab. »Und er war auf äußerste Sauberkeit bedacht. Eine schlamperte Hauserin hätte er umgehend vor die Tür gesetzt, das weiß ein jeder in St. Johann.«
»Vielleicht ist der Neue ganz anders, Lena. Junge Leute sind großzügiger eingestellt. Pfarrer Freimann war ja in allem recht altmodisch, gell?«
»Ich lass auf meinen Pfarrer Freimann nix kommen!« Lena Wiesler sah die Bäckersfrau drohend an. »Untersteh dich, jetzt etwas Nachteiliges über ihn zu sagen, wo er nimmer da ist. Gell, vorher hast du auch immer geredet: Hochwürden vorn, Hochwürden hinten. Mögen Hochwürden die Semmeln etwas weicher? Oder wie wär's mit einem frisch gebackenen Nusskipferl? Hast dich ja schier umgebracht vor lauter Beflissenheit. Und jetzt willst du behaupten, er sei altmodisch gewesen?«
»Na ja, seine Ansichten ... Musst doch zugeben, Lena, dass er zwar ein recht freundlicher Herr war, aber immer eine strenge Distanz zwischen sich und uns eingehalten hat.«
»So muss es auch sein, sonst geht der Respekt verloren. Aber jetzt pack deine Semmeln in den Brotkorb und verschwind, Irma. Fünf Stück, mehr brauche ich nicht. Muss ja erst herausfinden, ob der neue Pfarrer ein starker Esser ist.«
»Weißt du gar nix von ihm, Lena?«
»Rein gar nix!« Lena Wiesler war selbst in höchstem Maße gespannt. »Pfarrer Freimann hat mir jedenfalls nix gesagt.«
»Wie geht's ihm denn? Hast du was gehört, Lena?«
»Es geht ihm nicht besonders. Nächsten Sonntag werde ich ihn besuchen. Sicher will er gern wissen, wie der Neue ist.«
»Dann grüß ihn von uns allen, Lena. So, jetzt muss ich aber verschwinden. Wenn ich den Laden zu lange allein lasse, macht Irmi nix Gescheites.«
»Dein Töchterl ist nicht grad die Flinkeste«, meinte Lena Wiesler ironisch. »Was du zu viel redest, redet sie zu wenig, gell?«
»Was soll das heißen?« Die Bäckersfrau war drauf und dran, ihre Irmgard heiß zu verteidigen. Aber im nächsten Augenblick schepperte die Türglocke. Sie wurde durch einen schmiedeeisernen Griff an der Außenwand betätigt, der die Glocke im Flur in Bewegung setzte.
Lena Wiesler schob die Bäckersfrau vor sich her.
»Das wird er sein. Mach endlich, dass du fortkommst, Irma. Morgen früh hole ich mir die Semmeln selber, sonst treibt dich die Neugier noch in Hochwürdens Privatstuben.«
Die Hauserin setzte eine würdevolle Miene auf und öffnete gemessen die Tür. Doch nicht der neue Pfarrer stand draußen, sondern ein Bub von etwa zwölf Jahren. Als er die angespannten Gesichter der beiden Frauen sah, musste er lachen.
»Haha, ihr habt wohl gedacht, ich bin der Neue?«
»Dass du nicht gleich eine Watschen abkriegst, du Lauser«, zeterte Lena Wiesler empört. »Wie sagt man, wenn man am Morgen jemandem begegnet?«
»Grüß Gott oder guten Morgen!« Der Bub ließ sich nicht einschüchtern. »Ich soll vom Herrn Rektor etwas abgeben. Sie möchten das Packerl dem Neuen auf den Schreibtisch legen.«
Lena schüttelte betrübt den Kopf.
»In euch ist kein Anstand hineinzubringen, ihr seid und bleibt unbelehrbar. Steffl, das heißt nicht ›der Neue‹, sondern ›der neue Herr Pfarrer‹ oder ›Hochwürden‹.«
Steffl zögerte die Rückkehr in die Schule recht gern hinaus.
»Der Herr Rektor bittet die Frau Wiesler, das Packerl dem neuen Herrn Pfarrer Hochwürden auf den Schreibtisch zu legen«, wiederholte er brav.
»Jessas, Maria und Josef«, mischte sich jetzt die Bäckersfrau ein, »Steffl, du bist ja dümmer, als die Polizei erlaubt. Man sagt entweder Herr Pfarrer oder Hochwürden. Doch nicht alles zusammen!«
»Das ist mir wurscht. Doppelt hält besser. Servus, ich muss in die Schule zurück.« Damit verschwand Steffl wie ein geölter Blitz. Die Bäckersfrau und die Hauserin schauten einander zweifelnd an.
»Ist er wirklich so dämlich? Oder hat er uns nur frotzeln wollen?«, sagte die Hauserin.
Die Bäckersfrau zuckte die runden Schultern.
»Servus, Lena. Lass dir das Warten nicht zu lang werden. Wer weiß, vielleicht kommt er erst spät am Abend. Ich glaube, er wird die Pfarrei St. Johann nicht gern übernehmen. Da schiebt er den Einzug in das neue Pfarrhaus möglichst lange hinaus.«
»Es wird am Wetter liegen. Wer weiß, wie's draußen im Vorland ist. Servus, Irma. Es hat gerade ein bisserl aufgehört mit dem Regen. Schau zu, dass du trocken bis zu deinem Laden kommst.«
***
Die Bäckersfrau machte sich mit eingezogenem Kopf auf den Weg, und Lena Wiesler schloss mit Nachdruck die Tür. Sie trug das Päckchen, das Steffl abgegeben hatte, in das Arbeitszimmer und legte es mitten auf den leeren Schreibtisch.
Einen Augenblick blieb sie vor der blanken Tischplatte stehen. Wie hatte es bei Hochwürden Freimann immer ausgeschaut! Papiere überall! Und wehe, wenn sie etwas angerührt hatte.
Hochwürden Freimann hatte es mit den Predigten sehr genau genommen. Und bevor er zu schreiben angefangen hatte, hatte er in vielen Büchern studiert und sich kurze Notizen gemacht. Erst wenn er alles zusammengetragen hatte, hatte er seine Predigt endgültig ausgearbeitet. Er war ein kluger Pfarrer gewesen. Aber auch ein guter Hirte für seine vielen, so verschieden gearteten Schäflein.
Lena verließ die Studierstube und stellte sich in der Wohnstube ans Fenster. Von hier aus konnte sie den Kirchplatz überblicken. Kein Mensch, der vorüberging, blieb unbemerkt. Es waren allerdings nicht viele Dorfbewohner, die am Vormittag und bei dem schlechten Wetter unterwegs waren.
Zwei, drei alte Weiblein huschten zum Doktor, der seine Praxis am Anfang der Kirchstraße hatte. Der Postbote radelte vorüber. Am Pfarrhaus steckte er einen Schwung Briefe in den Kasten. Dann verschwand er um die Ecke.
Schräg gegenüber vom Pfarrhaus war das Gasthaus »Goldener Stern«. Der Messingstern an dem schmiedeeisernen Wandarm wurde vom Sturm heftig hin und her gebeutelt. Plötzlich gab es einen mächtigen Kracher. Ziegel flogen von irgendwoher auf das Pflaster.
»Alle Heiligen!« Lena bekreuzigte sich. »Wenn jetzt jemand gerade über den Platz gegangen wär! Das hätt ein Unglück geben können.«