Alpengold 247 - Rosi Wallner - E-Book

Alpengold 247 E-Book

Rosi Wallner

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Beschreibung

Gerührt hört Veronika Urlacher, wie sich ihr Bruder und ihre Schwägerin vor dem Altar ewige Liebe und Treue schwören. Ja, sie gönnt den beiden ihr Glück von Herzen, auch wenn sie selbst nicht mehr an die Liebe glauben kann. Seitdem ihr Verlobter mit einer Urlauberin durchgebrannt ist, zieht sich ein tiefer Riss durch Veronikas Herz. Um ihr Leben dennoch nicht allein zu verbringen, lässt sie sich schließlich auf eine Beziehung mit Jakob Waldegger ein.


Jakob ist ein streng gläubiger Mann, der sein Leben am liebsten in den Dienst der Kirche stellen würde. Doch der Bauer fühlt sich verpflichtet, eine Familie zu gründen, um für den Fortbestand der Waldeggers zu sorgen. Obwohl Veronika und Jakob eher freundschaftliche Zuneigung als Liebe und Leidenschaft verbindet, feiern sie schon bald Verlobung. Aber können diese beiden jungen Menschen wirklich glücklich miteinander werden?

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Seitenzahl: 132

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Inhalt

Cover

Impressum

Immer nur an zweiter Stelle

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf / Bastei Verlag

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-4734-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Immer nur an zweiter Stelle

Ergreifender Heimatroman um ein Madel, das den Glauben an die Liebe verlor

Von Rosi Wallner

Gerührt hört Veronika Urlacher, wie sich ihr Bruder und ihre Schwägerin vor dem Altar ewige Liebe und Treue schwören. Ja, sie gönnt den beiden ihr Glück von Herzen, auch wenn sie selbst nicht mehr an die Liebe glauben kann. Seitdem ihr Verlobter mit einer Urlauberin durchgebrannt ist, zieht sich ein tiefer Riss durch Veronikas Herz. Um ihr Leben dennoch nicht allein zu verbringen, lässt sie sich schließlich auf eine Beziehung mit Jakob Waldegger ein.

Jakob ist ein streng gläubiger Mann, der sein Leben am liebsten in den Dienst der Kirche stellen würde. Doch der Bauer fühlt sich verpflichtet, eine Familie zu gründen, um für den Fortbestand der Waldeggers zu sorgen. Obwohl Veronika und Jakob eher freundschaftliche Zuneigung als Liebe und Leidenschaft verbindet, feiern sie schon bald Verlobung. Aber können diese beiden jungen Menschen wirklich glücklich miteinander werden?

»Jesses! Das Kleid passt ja schon wieder nimmer!«

Rosalia Zirner, ihres Zeichens Schneiderin von Niederrainbach, schüttelte den Kopf und seufzte. Ihre bemerkenswerten Fähigkeiten waren weit über das kleine Bergdorf hinaus bekannt, selbst aus der fernen Kreisstadt kamen Kunden, um sich ein Trachtengewand von ihr nähen zu lassen. Doch an dem Brautkleid der Urlacher-Barbara schien sie zu scheitern.

»Es ist halt viel zu erledigen vor der Hochzeit, eine rechte Hetz. Und daher hab ich wohl auch wieder abgenommen«, sagte Barbara.

Sie war ein bildhübsches Mädchen mit herzförmigem Gesicht, tiefblauen Augen, die immer zu lachen schienen, und ungebärdigen honigblonden Locken. Alles an ihr schien üppig zu sein – ihre Haare, der Mund und nicht zuletzt ihre Gestalt. Doch nun hatte sie an Gewicht verloren, und die Taille des im Dirndlstil geschnittenen Brautkleids saß schon wieder zu lose.

»Wenn das enge Mieder und die Taille net passen, dann schaut das furchtbar aus«, bemerkte Rosalie und begann das Oberteil neu abzustecken, obwohl sie nichts mehr hasste als dauernde Änderungen.

»Aber es schadet ja nichts, wenn ich ein bisserl schlanker bin«, meinte Barbara und betrachtete sich in dem hohen Standspiegel.

»Hinterher erkennt dich dein Bräutigam nimmer und führt eine andere zum Altar«, grummelte Rosalia.

Barbara musste hellauf lachen, ein Lachen, das ihren Liebsten immer wieder in Entzücken versetzte.

»Der Tonerl braucht mir bloß in die Augen zu schauen, dann weiß er, wohin er gehört«, sagte sie dann halb im Ernst.

»Das ist recht so. Die meisten Mannsbilder haben ihre Augen nämlich immer woanders«, erklärte Rosalia.

»So einer ist mein Tonerl net. Er tät mir nie untreu werden. Auf den ist Verlass mein ganzes Leben lang.«

Rosalia nickte. »Und es ist auch gut, dass du dich mit deinen Schwiegereltern und der Schwägerin so gut verstehst. Wie viele Ehen gehen daran zugrunde, weil die Familie net mit der Heirat einverstanden ist. Aber bei euch passt halt alles.«

»Die Veronika war von früh an wie eine Schwester für mich, und bei den Urlachers war ich auch immer wie ein Kind im Haus. Der Tonerl hat lang net bemerkt, dass ich erwachsen geworden bin. Da hab ich sogar ein bisserl nachhelfen müssen …«

Rosalie kicherte so, dass ihr grauer Knoten, der unverrückbar auf ihrem Hinterkopf saß, zu zittern begann.

»Gewirkt hat es jedenfalls.«

»Und es ist auch alles abgesprochen, wie es nach der Hochzeit weitergehen soll. Die Veronika ist froh, sich wieder ganz ihrem Hofladen widmen zu können, und die Schwiegerleut ziehen in den Anbau, helfen aber weiterhin mit, wenn es nötig ist.«

»Ist das jetzt auch net zu eng?«, unterbrach Rosalia Barbaras Ausführungen.

»So ist es grad recht.«

»Schad nur, dass die Veronika keinen Schatz hat. Das war ja eine traurige Geschichte damals, und sie ist wohl immer noch net darüber hinweggekommen«, nahm Rosalia den Gesprächsfaden wieder auf.

»Dabei wäre sie so eine gute Hofbäuerin geworden. Und sie wünscht sich so sehr Kinder. Aber die ordentlichen Burschen sind schon vergeben, und die Veronika ist zu bodenständig, um sich woanders umzuschauen. Sie hat sich seitdem auch sehr verändert, mag sich nirgendwo gern blicken lassen.«

Rosalia seufzte mitfühlend.

»Da hat es auch viel Schadenfreude gegeben, dass ausgerechnet die Tochter vom reichsten Bauern kurz vor der Hochzeit von ihrem Bräutigam sitzen lassen worden ist. Und dann auch noch wegen so einem Flitscherl mit gefärbten Haaren und langen roten Krallen! Mit so einer ist er auf und davon.«

»Eine Schande, wirklich eine Schande. Ich darf gar net dran denken«, sagte die sonst so sanftmütige Barbara ergrimmt.

Xaver Reitmayr, der Sohn des Bürgermeisters, war lange mit Veronika Urlacher verlobt gewesen. Vielleicht zu lange, wie viele gefunden hatten. Schließlich war doch das Aufgebot bestellt worden, wahrscheinlich auf das Betreiben der Eltern hin. Doch kurz vor der Hochzeit war Xaver mit einer Touristin aus München verschwunden, ohne auch nur eine Zeile zu hinterlassen oder sich je wieder zu melden.

Danach hatte sich Veronika grundlegend verändert, sie war nicht mehr wiederzuerkennen. Als wäre sie vor der Zeit verblüht, so kam es Barbara manchmal vor. Trotz ihrer Jugend verblasste ihre Schönheit, und es dauerte lange, bis sie wenigstens einen Teil ihrer früheren Lebhaftigkeit wiedererlangt hatte.

»Dabei war sie früher so ein schönes Madel«, sagte Rosalia, »sie hat immer so auf sich gehalten, und jetzt sieht man sie nur noch in Kitteln und Gummistiefeln. Von ihrem wirren Haar will ich erst gar net reden.«

»Sie lebt nur noch für ihren Hofladen und geht nirgendwo mehr hin. In ihrer freien Zeit verkriecht sie sich in ihrer Kammer unter dem Dach. Die ganzen Freundschaften, die sie früher gehabt hat, sind eingeschlafen«, ergänzte Barbara.

»So, jetzt kannst du das Kleid vorsichtig ausziehen. Aber pass auf die Nadeln auf«, wies Rosalia sie an.

»Autsch«, rief Barbara im selben Augenblick.

»Was hab ich dir gesagt?«

Rosalia und Barbara mussten unwillkürlich lachen, dann aber gelang es dem Mädchen, das Kleid über den Kopf zu streifen.

»Schön ist es geworden. Du bist halt eine Meisterin deines Fachs«, sagte Barbara anerkennend und strich liebkosend über den seidigen Stoff.

»Das hört man gern«, erwiderte Rosalie geschmeichelt. »Aber die Veronika muss noch zur Anprobe kommen, schließlich ist sie deine Brautjungfer.«

»Du machst dir keine Vorstellung, wie mühsam es war, sie dazu zu überreden. Sie mag halt keine Festivitäten, wo es unter Umständen auch mal laut und lebhaft zugehen kann. Aber zuletzt hat sie doch eingesehen, dass sie mir den Wunsch net abschlagen kann«, sagte Barbara, und ihre Augen verdunkelten sich in der Erinnerung.

Rosalia war eine entfernte Verwandte der Waldeggers und für Barbara so etwas wie eine Tante, sodass sie sich nicht scheute, auch allzu Familiäres zu berichten. Außerdem konnte sie sich auf die Verschwiegenheit Rosalias verlassen, die es gewohnt war, dass ihre Kundinnen ihr oft Vertrauliches offenbarten.

»Ich fahr jetzt zum Tonerl, und da werde ich der Veronika gleich Bescheid sagen«, versprach Barbara.

Rosalia hatte die bäuerlich breite Stirn gerunzelt, als ob sie angestrengt über etwas nachdenken müsste.

»Gibt es noch etwas?«, fragte Barbara.

»Deine Brüder …«

»Was ist mit denen?«

»Die sind doch auch noch ledig, oder?«

Barbara lachte auf. »Der Jakob ist halt ein rechter Eigenbrötler, das weiß ja ein jeder. Der geborene Hagestolz, wie man das früher genannt hat. Und der Firmin schweift irgendwo herum, um die Welt zu retten, ich kann mich kaum noch erinnern, wie er eigentlich ausschaut. An denen hat keine Frau eine Freud, das kann ich dir sagen.«

Firmin Waldegger hatte Ökologie studiert und sich einer Umweltschutzorganisation angeschlossen. Seine Familie erhielt nur hin und wieder ein spärliches Lebenszeichen von ihm, seit Jahren war er nicht mehr in seinem Heimatort gewesen.

Rosalia murmelte etwas Unverständliches vor sich hin und trug ihr dann Grüße an die Urlachers auf. Durch die Fensterscheibe ihres kleinen Schneiderladens beobachtete sie, wie die junge Frau in ihren Kleinwagen stieg und davonfuhr.

Der Urlacherhof war etwas außerhalb von Niederrainbach gelegen, und Barbara hielt kurz auf einer Anhöhe an, von der aus sie das Anwesen, das sich in eine Talsenke schmiegte, überblicken konnte.

Das stattliche Wohnhaus bot mit seinen blumengeschmückten Holzbalustraden und der Lüftlmalerei einen beeindruckenden Anblick. Ein großzügiger Anbau schloss sich an, und rechts befanden sich Stallungen und eine große Scheune.

In einem aufgegebenen Wirtschaftsgebäude war der Hofladen untergebracht, der, umgeben von bepflanzten Terrakottatöpfen und großen Körben mit landwirtschaftlichen Produkten dazwischen, ebenfalls eine Augenweide war. Das war Veronikas Reich, dem man ansah, dass die junge Frau mit ganzem Herzen dabei war.

Hinter dem Haus schloss sich ein Garten an, der ebenfalls von Veronika angelegt worden war. Dahinter erstreckte sich eine weitläufige Streuobstwiese, die bis zu dem dunklen Bergwald ging, hinter dem sich die schroffen Felswände des Gebirgsmassivs erhoben, die das enge Hochtal begrenzten.

Barbara fuhr auf den Hofplatz und ging in das Haus, wie immer in dieser Gegend stand die Tür einladend offen. Und Barbara empfand wie schon so lange das Gefühl des Heimkehrens, wann immer sie den Flur betrat. Bereits als Kind hatte sie den Waldegger-Hof als ihr eigentliches Zuhause betrachtet. Hier wurde sie immer freudig empfangen und genoss die Aufmerksamkeit, die einer jüngeren Hoftochter zukommen sollte.

Denn das unterschied sich bei Weitem davon, wie sie von ihrer leiblichen Familie behandelt wurde. Ihre Mutter, die so früh verwitwet war, dass sich Barbara nicht mehr an ihren Vater erinnern konnte, hatte den Hof allein bewirtschaftet und die drei Kinder aufgezogen. Thekla Waldegger war eine strenge Frau, die keine Zeit für Zärtlichkeiten und liebevolle Worte hatte.

Die älteren Brüder, ganz in ihrer eigenen Welt gefangen, hatten ihr kaum Beachtung geschenkt. Und so war es kein Wunder, dass sich Barbara dorthin wandte, wo man ihr aufrichtige Zuneigung entgegenbrachte.

Und so fiel auch heute die Begrüßung sehr herzlich aus.

Resi Urlacher, die Bäuerin, eine rundliche Frau mit freundlichen Zügen, kam ihr entgegengeeilt, und Barbara umarmte sie ganz selbstverständlich. Sie hatte sich sogar angewöhnt, sie »Mutterl« zu nennen, wie es ihre beiden Kinder taten.

»Wie war denn die Anprobe? War die Rosalia zufrieden?«, fragte Resi und strich sich das Haar, das sich um ihre Stirn lockte, zurück.

»Ach, ich hab schon wieder abgenommen«, sagte Barbara.

»Dann ist es gut, dass du rechtzeitig zum Abendbrot gekommen bist, damit du net ganz vom Fleisch fällst.«

Noch ehe sie in die Stube hineingehen konnte, kam Anton Waldegger auf den Flur heraus, und seine Mutter zog sich in die Küche zurück.

»Schatzerl!«

Wie immer tat Barbaras Herz einen freudigen Sprung, wenn er sie in die Arme nahm und küsste. Tonerl war ein großer, stämmiger Mann mit einem sanften Gemüt, was im Gegensatz zu seiner einschüchternden Erscheinung stand. Schon als Kind hatte sie sich zu ihm hingezogen gefühlt, und dass er nun ihr Mann werden sollte, entschädigte sie für alles, was sie an mütterlicher Fürsorge hatte entbehren müssen.

Dabei war es nicht leicht gewesen, sein Herz zu gewinnen. Nicht, dass er sie als lästig empfunden hätte, aber irgendwie war sie so etwas wie eine jüngere Schwester für ihn gewesen, allzu vertraut, um sich in sie zu verlieben. Selbst als sie zu einem reizvollen Mädchen erblüht war, hatte er ihr nicht die geringste Aufmerksamkeit geschenkt.

Veronika hatte sich nach Kräften bemüht, die Vorzüge ihrer Freundin ins rechte Licht zu rücken, doch jeder Versuch war an ihm abgeprallt. Denn sie wünschte sich nichts mehr, als dass Barbara ihre Schwägerin wurde. Doch Tonerl zog lieber mit seinen Spezln herum, hatte hin und wieder ein Gspusi und kümmerte sich wenig darum, was man zu Hause davon hielt.

Dann entschloss sich Barbara dazu, eine Zeitlang nach Norddeutschland zu gehen, um dort ein Praktikum zu absolvieren. Und da erst begann Anton, sie zu vermissen, und erkundigte sich sogar zuletzt bei seiner Schwester nach ihr.

Als Barbara zurückkehrte, war sie eine Fremde für ihn geworden. Sie war nun eine selbstbewusste junge Frau, nicht länger übergewichtig, sondern mit üppigen Formen gesegnet. Außerdem wusste sie sich inzwischen zu kleiden, und die wilden Locken waren durch einen guten Schnitt gebändigt.

Anton war hingerissen, zögerte jedoch. Aber die beiden Mädchen zögerten keineswegs, einen Verehrer zu erfinden, der angeblich Barbara hartnäckig belagerte, sodass sich Anton endlich überwand und Barbara einen Antrag machte. Und das sollte die beste Entscheidung werden, die er bislang in seinem Leben getroffen hatte. Denn er verliebte sich immer leidenschaftlicher in sie und konnte sich seine Zukunft nicht mehr ohne sie vorstellen.

Und so gab er sie auch jetzt nur widerstrebend frei, und gemeinsam betraten sie die Stube, wo schon sein Vater und Veronika an einem großen, runden Tisch, der liebevoll gedeckt war, auf sie warteten. Resi kam mit einer großen Platte, auf der Würstl und Kraut angenehm dufteten, hinter ihnen her.

Auch Korbinian Urlacher begrüßte sie freundlich, Veronika rang sich ein mattes Lächeln ab. Es versetzte Barbara einen Stich zu sehen, wie sehr sich die Freundin vernachlässigte, die einst als das schönste Madel in Niederrainbach gegolten hatte. Inzwischen trug sie nicht nur bei der Arbeit, sondern grundsätzlich dunkle Kittel, die formlos um ihre magere Gestalt hingen. Ihre Züge waren auf seltsame Weise ausdruckslos geworden, und die kastanienbraunen Haare hingen schlaff auf die knochigen Schultern.

Nachdem der erste Hunger gestillt war, berichtete Barbara von der Anprobe, und Tonerl zog sie damit auf, dass sie von der sogenannten »Brautdürre« befallen worden wäre.

»Das kann net sein, Schatzerl. Früher sind die Ehen halt von den Eltern gestiftet worden, und so ein armes Madel ist vor lauter Angst mager geworden, weil es net gewusst hat, was ihm bevorsteht. Aber ich …«

»Ja, bei dir sieht das anders aus. Das ist ein Fall von selbst verschuldetem Unglück«, neckte Toni sie weiter.

»Wenn du so weiterredest, dann verschuldest du auch selbst ein Unglück«, drohte ihm Barbara, aber ihre blauen Augen lachten ihn an, sodass er sie am liebsten wieder an sich gerissen und geküsst hätte.

Dann wandte sich Barbara ihrer Freundin zu.

»Die Rosalia lässt ausrichten, dass du noch mal zur Anprobe kommen sollst. Hoffentlich hast du net auch abgenommen.«

»Das geht fei nimmer«, ließ sich Tonerl vernehmen, wodurch er strafende Blicke sowohl von seiner Liebsten als auch seiner Mutter erntete.

Doch Veronikas Miene blieb gleichmütig.

»Wenn’s halt sein muss.«

Sie hatte kaum einen Bissen gegessen und den Teller bereits weggeschoben. Ihre Mutter hatte es schon lange aufgegeben, ihr deswegen Vorhaltungen zu machen, und bemühte sich, darüber hinwegzugehen. Doch es war ihr deutlich anzumerken, dass ihr der Zustand, in dem sich ihre Tochter befand, in der Seele wehtat.

Auch an dem lebhaften Gespräch, das sich wie üblich am Abendbrottisch entspann, beteiligte sie sich kaum. Es war, als ob sie sich nicht mehr unter ihnen befinden würde und in ihrer eigenen Welt, zu der niemand Zugang hatte, lebte.

Danach entschloss sich das junge Paar zu einem Gang über die Felder, hinaus in die frühlingshafte Natur.

»Viel Zeit hab ich aber nimmer, ich kann der Mutter net die ganze Arbeit überlassen«, sagte Barbara, als sie den holprigen Weg einschlugen, der bis hin zu dem Bergwald führte.

»Du bist doch eigentlich unentbehrlich auf dem Waldegger-Hof. Wie wird sie überhaupt nach unserer Heirat zurechtkommen?«, fragte Tonerl.

Barbara zuckte die Schultern und seufzte.

»Das weiß der Himmel. Sie weigert sich strikt, jemanden einzustellen. Aber wer könnt es ihr auch schon recht machen.«

Barbara war auf dem Waldegger-Hof für die Hauswirtschaft und den großen Garten zuständig, während die Mutter Jakob bei der Stallarbeit half und sich um die Geflügelzucht, die ebenfalls auf dem Hof betrieben wurde, kümmerte. Eine große Arbeitslast, die ohne fremde Hilfskräfte bewältigt wurde, höchstens im Sommer wurde hin und wieder ein Erntehelfer verpflichtet. Dazu kam, dass Thekla Waldegger der Ruf vorauseilte, eine rechte Giftwurzen zu sein, sodass sich wohl niemand bereitfinden würde, für sie zu arbeiten.