Altdeutsche und Altnordische Heldensagen - Erik Schreiber - E-Book

Altdeutsche und Altnordische Heldensagen E-Book

Erik Schreiber

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Beschreibung

Dieses e-book beschreibt Märchen und Sagen aus Europa, deren Themenschwerpunkt die altdeutsche und altnordische Heldensagen darstellen. Sie waren bereits sher alt, als sie 1880 veröffentlicht wurden. Die nbordeuropäischen Staaten waren schon immer faszinierend mit ihren Mythen Sagen und Legenden. Die Texte werden aus alten Quellen bezogen und neu veröffentlicht. Mit dem vorliegenden Buch lernt der Leser und die Leserin die magische Welt der Sagen kennen.

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Seitenzahl: 247

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Herausgeber

Erik Schreiber

Märchen Sagen und Legenden

6

Anton Edzardi

Altdeutsche und Altnordische Helden-Sagen

e-book 13

Märchen Sagen und Legenden 6

Anton Edzardi - Altdeutsche und Altnordische Helden-Sagen (1880)

Erscheinungstermin 01.11.2025

© Erik Schreiber

An der Laut 14

64404 Bickenbach

Titelbild: Josef Sattler

Vertrieb neobook

Herausgeber

Erik Schreiber

Märchen Sagen und Legenden

6

Anton Edzardi

Altdeutsche und Altnordische Helden-Sagen

Der Originaltitel der Sammlung:

Unbekannte Autoren

Volsunga-Saga Ragnar-Lodbroks-Saga Norna-Gests-Saga

Altdeutsche und Altnordische Helden-Sagen Dritter Band.

Uebersetzt von Friedrich Heinrich von der Hagen

Völlig umgearbeitet von Dr. Anton Edzardi, Docenten an der Universität Leipzig.

Stuttgart. Verlag von Albert Heitz. 1880

Die Saga von den Volsungen und von Ragnar Lodbrok.

Volsunga-Saga.

Erstes Kapitel

Hier wird angehoben und gesagt von dem Manne, der Sige genannt war, dass er Odins Sohn hieß. Ein anderer Mann wird in der Saga genannt, der Skade hieß; er war ein mächtiger und vornehmer Mann. Dennoch war Sige von ihnen der mächtigere und vornehmere nach der Rede der Leute in jener Zeit. Skade hatte einen Knecht, dessen in der Saga kurz zu erwähnen ist; der hieß Brede. Er zeigte sich verständig in dem, was er zu verrichten hatte. Er besaß Fertigkeiten und Geschicklichkeiten gleich solchen, die vornehmer erschienen, ja wohl noch etwas mehr als manche.

Es ist nun zu berichten, dass Sige einmal auf die Tierjagd ging, und der Knecht mit ihm; und sie jagten den ganzen Tag bis zum Abend. Als sie aber am Abend ihre Beute zusammenbrachten, da hatte der Knecht weit mehr erjagt, denn Sige. Dieses gefiel ihm gar übel, dass ein Knecht besser gejagt haben sollte als er, oder mehr Tiere erlegt. Er sagte, dass es ihn wundere, dass ein Knecht ihn bei der Tierjagd übertreffen sollte. Er lief darauf hinzu und erschlug den Brede; sodann begrub er die Leiche in einer Schneewehe.

Nun kam er am Abend heim, und sagte, dass Brede im Walde von ihm geritten und mir auf einmal aus den Augen verschwunden, und weiß ich nichts von ihm. Skade hegte gegen Siges Rede Argwohn und meinte, es werde Trug von ihm sein, und Sige werde ihn erschlagen haben. Er stellte Leute dazu an, ihn zu suchen, und das Ende ihres Suchens war, dass sie ihn in einer Schneewehe fanden. Und Skade sagte, dass man diese Schneewehe fortan Bredes Schneewehe nennen sollte. Und das hat man beibehalten und nennt jede Schneewehe so, die groß ist.

Da ward es ruchbar, dass Sige den Knecht erschlagen und ermordet hatte, und man nannte ihn vargr í véum und konnte er nun nicht länger daheimbleiben bei seinem Vater.

Odin geleitete Sige nun aus dem Lande fort, einen so langen Weg, dass es bedeutend war, und nicht eher ruhte er, als bis er ihm zu Heerschiffen verhalf. Nun begann Sige sich auf Heerfahrten zu legen, mit dem Gefolge, welches sein Vater ihm gegeben hatte, ehe er von ihm schied, und er war sieghaft auf seinen Heerfahrten. Und so gedieh seine Sache, dass er schließlich Lande und Reich eroberte. Demnächst nahm er sich eine vornehme Frau und ward ein mächtiger und gewaltiger König; er herrschte über Hunenland und war ein gewaltiger Heermann.

Er hatte einen Sohn mit seiner Frau, der hieß Reri; er wuchs auf bei seinem Vater und ward bald groß von Wuchs und tüchtig.

Nun ward Sige ein alter Mann an Jahren. Viele waren ihm abgünstig, so dass am Ende die gegen ihn aufstanden, welchen er zumeist traute; das aber waren die Brüder seiner Frau. Sie überfielen ihn, da er es sich am Mindesten versah und er wenig Mannen um sich hatte, und überwältigten ihn mit Übermacht und in diesem Treffen fiel Sige mit all seinem Hofvolke.

Sein Sohn Reri war nicht mit in dieser Gefahr. Er erhielt ein so großes Heer von seinen Freunden und Landeshäuptlingen, dass er sowohl Land wie Königtum nach seinem Vater Sige in Besitz nahm. Und nun, da er glaubte in seinem Reiche Fuß gefasst zu haben, da gedachte er an die Streitsache, die er gegen seine Mutterbrüder hatte, welche seinen Vater erschlagen hatten. Der König sammelte sich nun ein großes Heer und zog gegen seine Verwandten aus mit diesem Heere; und ihn dünkte, dass sie es zuvor gegen ihn verschuldet hätten, wenn er ihre Verwandtschaft nun gering achtete. Und so tat er: Er schied nicht eher von dannen, als bis er alle Mörder seines Vaters erschlagen hatte, wie unnatürlich es auch in jeder Hinsicht war. Nun eignete er sich ihre Lande und Reich und Gut zu und wurde so mächtiger denn sein Vater. Reri machte da große Kriegsbeute und nahm sich eine Frau, die ihm seiner würdig schien. Und sie lebten lange zusammen, hatten aber keinen Erben und überhaupt kein Kind. Dieses behagte ihnen beiden übel, und sie baten die Götter mit großer Bekümmernis, dass sie Kinder bekommen möchten. Es heißt nun, dass Frigg ihre Bitte erhörte, und ebenso Odin, um was sie baten. Da fehlte es ihm nicht an heilsamem Rat. Er sandte seine Wunschmaid, die Tochter des Riesen Hrimni, und gab ihr einen Apfel in die Hand, und hieß sie den dem Könige bringen. Sie nahm den Apfel und nahm die Gestalt einer Krähe an und flog so lange, bis dass sie dahin kam, wo der König war und auf einem Hügel saß. Sie ließ ihm den Apfel in den Schoß fallen. Der nahm den Apfel und glaubte zu wissen, was das bedeuten sollte. Er ging nun von dem Hügel heim zu seinen Mannen, suchte die Königin auf, und sie aß etwas von dem Apfel.

Zweites Kapitel

Es ist nun zu berichten, dass die Königin bald empfand, dass sie mit einem Kinde ginge; es ging aber lange Zeit so, dass sie das Kind nicht gebären konnte. Da begab es sich, dass Reri eine Heerfahrt tun sollte, wie der Könige Sitte ist, ihr Land zu frieden. Auf dieser Fahrt ereignete es sich, dass Reri krank ward und darnach starb, und gedachte Odin heimzusuchen, und erschien das Vielen wünschenswert in jener Zeit.

Nun ging es mit der Krankheit der Königin in derselben Weise fort, dass sie das Kind nicht gebären konnte, und solches währte sechs Winter hindurch, dass sie dieses Leiden hatte. Da erkannte sie, dass sie nicht lange leben werde, und gebot nun, dass man ihr das Kind ausschneiden sollte; und es geschah, wie sie gebot. Das Kind war ein Knabe, und dieser Knabe, als er hervor kam, war groß von Wuchse, wie zu erwarten war. Und es heißt, dass der Knabe seine Mutter geküsst habe, ehe denn sie starb. Dieser Knabe erhielt nun einen Namen und ward Volsung genannt. Er war König über Hunenland nach seinem Vater. Er war frühe groß und stark, mutvoll in allem dem, wobei in Gefahren Mannhaftigkeit sich bewähren konnte. Er ward ein gewaltiger Kriegsmann und war sieghaft in allen Schlachten, die er auf seinen Heerfahrten lieferte.

Als nun Volsung zum Mannesalter herangereift war, da sandte Hrimni ihm seine Tochter Hliod, deren zuvor gedacht ist, als sie mit dem Apfel zu Reri, Volsungs Vater, kam. Er nahm sie zur Frau, und sie lebten lange miteinander in guter Eintracht. Sie hatten zehn Söhne und eine Tochter. Ihr ältester Sohn hieß Sigmund, die Tochter aber Signy: Diese beiden waren Zwillinge, und sie waren die trefflichsten und in jeder Beziehung die vielversprechendsten unter den Kindern König Volsungs. Doch waren alle gewaltige Helden wie es denn lange in der Erinnerung fortgelebt hat und gepriesen worden ist, welch überaus streitbare Männer die Volsunge gewesen sind und auch die meisten Männer übertrafen, deren in alten Sagen gedacht wird, sowohl an Weisheit wie an Künsten und tatkräftigem Streben in jeder Hinsicht.

Es wird gesagt, dass König Volsung eine stattliche Halle bauen ließ, und zwar in der Art, dass eine mächtige Eiche in dem Saale stand, und die Zweige des Baumes in frischem Grün über das Dach des Saales hinausragten, der Stamm aber stand unten in der Halle, und nannten sie das „Kinderstamm“.

Drittes Kapitel

Siggeir hieß ein König, der herrschte über Gautland; er war ein mächtiger König, und zahlreich war sein Kriegsvolk. Er fuhr zu König Volsung und bat um Signys Hand. Der König nahm diesen Antrag wohl auf, und ebenso seine Söhne; aber sie selber war des unlustig, doch hieß sie ihren Vater darüber entscheiden, wie über alles andere, was sie beträfe. Dem König aber gefiel der Ratschluss, sie zu vermählen, und sie ward dem König Siggeir verlobt. Und wenn diese Hochzeit und Heirat vollzogen werden sollte, sollte Siggeir zu König Volsung zum Gastmahle kommen.

Der König rüstete die Hochzeit nach besten Kräften zu. Und als das Gastmahl bereit war, kamen die Gäste König Volsungs und König Siggeirs an dem bestimmten Tage dorthin; und hatte König Siggeir manchen vornehmen Mann bei sich. Es heißt, dass da große Feuer angezündet waren die Halle entlang; der große Baum aber, dessen zuvor gedacht ist, stand mitten in der Halle. Nun wird erzählt: Als die Männer abends bei den Feuern saßen, trat ein Mann herein in die Halle, der war ihnen unbekannt von Ansehen. Dieser Mann war auf solche Weise angetan: Er hatte einen gefleckten Mantel um, er war barfuß und hatte Linnenhosen an, die am Bein zusammengeknüpft waren; er hatte ein Schwert in der Hand und trat damit an den „Kinderstamm“; einen tief in das Gesicht herabreichenden Hut hatte er auf; sehr hochgewachsen war er und alt und einäugig. Er schwang das Schwert und stieß es in den Stamm, so, dass das Schwert bis an das Heft hinein fuhr. Allen Männern versagte die Stimme, diesen Mann zu begrüßen; da nahm er das Wort und sprach:

„Wer dieses Schwert aus dem Stamme zieht, der soll es von mir als Geschenk empfangen; und er wird das selber bestätigen, dass er niemals ein besseres Schwert in seiner Hand trug, denn dieses ist.“

Hierauf verließ der alte Mann die Halle und wusste niemand, wer er war oder wohin er ging. Nun standen sie auf und ließen sich nicht säumig finden, das Schwert herauszuziehen, und dünkte sich der am besten daran zu sein, der zuerst dazu kam. Da gingen die vornehmsten Männer zuerst hinzu, darnach einer nach dem andern. Keiner aber kam, der es hätte herausziehen können, denn es rührte sich nicht im geringsten, als sie es angriffen. Da trat Sigmund hinzu, König Volsungs Sohn, ergriff das Schwert und zog es aus dem Stamme, und es war, als wenn es los da läge vor ihm. Diese Waffe schien allen so gut, dass niemand glaubte, ein eben so gutes Schwert je gesehen zu haben; und bot ihm an, das Schwert dreifach mit Gold aufzuwägen. Sigmund aber erwiderte:

„Du konntest dieses Schwert ebenso gut nehmen, wie ich, da wo es stak, wenn dir ziemte es zu tragen; nun aber erhältst du es nimmer, da es zuerst mir in die Hand kam; ob du auch alles Gold dafür bietest, dass du hast.“

König Siggeir erzürnte sich über diese Worte und schien ihm schimpflich geantwortet zu sein. Weil er nun von Charakter ein gar heimtückischer Mann war, so tat er, als wenn er um diese Rede sich nicht kümmerte; aber denselben Abend ersann er die Vergeltung dafür, zu der es nachher kam.

Viertes Kapitel

Nun ist zu berichten, dass König Siggeir diesen Abend mit Signy Beilager hielt. Am nächsten Tage aber war das Wetter günstig, da sagte König Siggeir, dass er heimfahren, und nicht warten wolle, bis der Wind wüchse oder die See unfahrbar werde. Es verlautet nicht, dass König Volsung oder seine Söhne ihn abhielten, zumal da er sah, er wolle nicht anders als die Hochzeit verlassen.

Da sprach Signy zu ihrem Vater: „Nicht möchte ich hinweg fahren mit König Siggeir. Nicht will mein Herz ihm entgegenlachen, und infolge meines Ahnungsvermögens, wie es unserm Geschlechte angeerbt ist, weiß ich, dass aus dieser Heirat uns großes Unheil erwachsen wird, wenn die Abrede nicht schleunig gebrochen wird.“

„Nicht sollst du also sprechen, Tochter“, sagte er, „denn es wäre eine große Schmach für ihn sowohl wie für uns, sie ohne Grund zu brechen; auch haben wir dann keine Treue und Freundschaft bei ihm, wenn wir sie brechen, und er wird es uns übel vergelten, soweit er vermag. Das allein ziemt sich, es zu halten von unserer Seite.“

Nun rüstete sich König Siggeir zur Heimfahrt; bevor sie aber von dem Gastgebot fuhren, ladete er König Volsung, seinen Schwiegervater und alle seine Söhne zu sich nach Gautland über drei Monde samt allem dem Gefolge, das er mit sich nehmen wollte und seiner Würde angemessen wäre. König Siggeir wollte damit nachholen, was hier an der Hochzeits-Feier gebrach, da er nicht länger bleiben wollte als eine Nacht, während es doch nicht der Leute Sitte ist so zu handeln. Nun verhieß König Volsung die Fahrt, und am bestimmten Tage zu kommen. Da schied der Schwiegersohn vom Schwiegervater und fuhr König Siggeir heim mit seiner Frau.

Fünftes Kapitel

Nun ist zu sagen von König Volsung und seinen Söhnen, dass sie zur verabredeten Zeit gen Gautland fuhren zum Gastgebot König Siggeirs, ihres Schwagers, und fuhren mit drei Schiffen vom Lande und waren diese alle wohlgerüstet. Sie hatten eine recht glückliche Fahrt und kamen mit ihren Schiffen nach Gautland; da war es spät am Abend.

Denselben Abend kam Signy, König Volsungs Tochter, und berief zu sich ihren Vater und ihre Brüder zu einem Sondergespräch und sagte ihnen ihr und König Siggeirs Vornehmen, dass er ein mächtiges Heer zusammengezogen habe, „und sinnt euch zu verderben. Nun bitte ich euch, dass ihr alsbald wieder in euer Reich fahrt, und sammelt euch ein möglichst starkes Heer und fahrt dann her und rächt euch selbst; und geht nicht in diese Gefahr, denn nicht entgeht ihr seinem Verrat, wenn ihr nicht zu der List greift, die ich euch vorschlage.“

Da sprach König Volsung: „Alle Welt wird davon sagen, dass ich noch ungeboren ein Wort sprach, und das Gelübde tat, dass ich weder Feuer noch Eisen Furcht halber fliehen wollte: und so habe ich bisher getan: Warum sollte ich es nicht auch im Alter vollbringen? Und nimmer sollen Jungfrauen meinen Söhnen im Spotte vorwerfen, dass sie den Tod fürchteten: Denn einmal muss jedermann sterben und niemand kann dem entgehn, dass er einmal sterbe. Darum ist mein Rat, dass wir keineswegs fliehen, sondern unsere Hände aufs tapferste gebrauchen. Ich habe hundertmal gefochten, und habe bald mehr Volkes gehabt, bald minder, und habe immer den Sieg gewonnen. Und nimmer soll man hören, dass ich fliehe oder um Frieden bitte.“

Da weinte Signy bitterlich und bat, dass sie nicht zu König Siggeir zurückzukehren brauchte. König Volsung entgegnete:

„Du sollst fürwahr heimfahren zu deinem Manne und bei ihm bleiben, wie es uns auch ergehe.“

Nun ging Signy heim; sie aber blieben dort die Nacht über. Morgens jedoch, sobald der Tag anbrach, hieß König Volsung alle seine Mannen aufstehen, ans Land gehen und sich zur Schlacht rüsten. Nun gingen sie alle ans Land in voller Rüstung und hatten nicht lange zu warten, bis dass König Siggeir kam mit all seinem Heer; und entbrannte da zwischen ihnen eine sehr harte Schlacht und spornte der König seine Schar an aufs heftigste vorwärts zu dringen. Es heißt, dass König Volsung und seine Söhne des Tages achtmal durch die Schaaren König Siggeirs brachen, und zu beiden Händen hieben. Und als sie sich anschickten nochmals so zu fahren, da fiel König Volsung inmitten seiner Schar und all sein Volk mit ihm außer seinen zehn Söhnen; denn es stand ihnen eine viel größere Übermacht gegenüber, als der sie hätten widerstehn können.

Nun wurden seine Söhne alle gefangen und in Bande geschlagen und hinweg geführt. Signy erfuhr nun, dass ihr Vater erschlagen war, ihre Brüder aber gefangen genommen und zum Tode bestimmt. Da rief sie den König Siggeir zu einem Zwiegespräch. Sie sprach:

„Darum will ich dich bitten, dass du meine Brüder nicht so schleunig töten lassest; lass sie lieber in den Stock setzen. Mir geht es eben, wie das Sprichwort sagt, dass das Auge sich freut, solange es den Anblick hat; ich bitte aber deshalb nicht mehr für sie, weil ich glaube, dass es mir nichts nützen würde.“

Da antwortete Siggeir: „Rasend bist du und unklug, dass du für deine Brüder Schlimmeres erbittest, denn dass sie erschlagen werden. Indessen soll dir das gewährt sein; denn es freut mich mehr, wenn sie schlimmer dulden und längere Qual vor ihrem Tode erleiden.“

Nun ließ er also tun, wie sie bat, und ward nun ein mächtiger Baumstamm genommen und den zehn Brüdern an die Füße gelegt, an einer Stelle im Walde. Dort saßen sie nun den ganzen Tag bis zur Nacht. Aber um Mitternacht kam eine alte Wölfin aus dem Walde dorthin zu ihnen, wo sie im Stocke saßen, die war groß und schrecklich anzusehen; und das war ihr Vorhaben, das sie einen der Brüder zu Tode biss, sodann fraß sie ihn ganz auf, und ging dann hinweg.

Aber am Morgen darauf sendete Signy zu ihren Brüdern einen Mann, dem sie am meisten traute, um zu erfahren, wie es stehe. Und als der wieder zu ihr kam, sagte er ihr, dass einer von ihnen tot wäre. Das schien ihr schrecklich, dass es ihnen allen so ergehn sollte, ohne dass sie ihnen helfen könnte. Kurz ist davon zu berichten: Neun Nächte nacheinander kam dieselbe Wölfin und tötete und fraß je einen von ihnen, bis sie alle tot waren; nur Sigmund allein war übrig. Und ehe denn die zehnte Nacht kam, sendete Signy ihren Vertrauten zu ihrem Bruder Sigmund, und gab ihm Honig in die Hand, und sagte, er sollte den auf Sigmunds Gesicht streichen und ihm etwas davon in den Mund legen. Da begab er sich zu Sigmund und tat, wie ihm geboten war, und ging sodann heim. Die Nacht darauf kam dieselbe Wölfin nach ihrer Gewohnheit und gedachte ihn zu Tode zu beißen wie seine Brüder. Da bekam aber die Wölfin Witterung von ihm, wo er mit Honig bestrichen war, und beleckte mit ihrer Zunge sein ganzes Gesicht und streckte sodann die Zunge ihm in den Mund. Sigmund ließ sich nicht faul finden, und biss der Wölfin in die Zunge; die sträubte sich sehr, sie zog gewaltig und stemmte die Füße in den Stock, so dass er ganz auseinander barst. Er aber hielt so fest, dass der Wölfin die Zunge bei der Wurzel ausriss, und davon litt sie den Tod. Es ist aber die Sage einiger Männer, dass diese Wölfin König Siggeirs Mutter gewesen, und dass sie diese Gestalt angenommen habe durch Hexerei und Zauberkunst.

Sechstes Kapitel

So war Sigmund los geworden, der Stock aber zerbrochen, und Sigmund hielt sich nun da in der Nähe im Walde auf. Abermals sandte Signy, zu erfahren, wie es stehe und ob Sigmund lebe. Und als die Boten kamen, sagte er ihnen die ganze Begebenheit, wie es zwischen ihm und der Wölfin ergangen war.

Da begab sie sich hin zu ihrem Bruder, und sie fassten den Ratschluss, dass er dort eine Erdhütte im Walde baute. Nun ging es so eine Zeit lang, dass Signy ihn dort verbarg und ihm das gab, dessen er bedurfte. König Siggeir aber wähnte, dass Volsungs Söhne alle tot wären.

König Siggeir hatte zwei Söhne mit seiner Frau; und von denen wird gesagt, dass, da sein älterer Sohn zehn Winter alt war, Signy ihn hinsandte zu Sigmund, damit er ihm Hilfe leistete, wenn er etwa versuchen wollte seinen Vater zu rächen. Der Knabe ging zum Walde und kam spät abends zu Sigmunds Erdhütte. Der nahm ihn gebührend freundlich auf und sagte, dass er ihr Brot zubereiten sollte; „ich aber will Brennholz suchen,“ und gab ihm einen Mehlbeutel in die Hand; er selbst ging Holz suchen. Als er aber wiederkam, hatte der Knabe nichts geschafft hinsichtlich der Brotbereitung. Da fragte Sigmund, ob das Brot fertig wäre.

Er antwortete: „Nicht wagte ich, den Mehlbeutel anzufassen, denn da lag etwas Lebendiges im Mehl.“

Da glaubte Sigmund zu wissen, dass dieser Knabe nicht so wohl beherzt sein werde, dass er ihn bei sich haben möchte. Als nun die Geschwister zusammenkamen, sagte Sigmund, dass er keine Hilfe dabei fände, wenn auch der Knabe bei ihm wäre. Signy sprach: „Nimm ihn denn und töte ihn: Er braucht dann nicht länger zu leben.“ Und also tat er. Nun verging dieser Winter. Und einen Winter darauf sandte Signy ihren jüngeren Sohn zu Sigmund; doch Bedarfs davon keiner langen Erzählung. Es erging genau ebenso, dass er auch diesen Knaben auf Signys Rat tötete.

Siebentes Kapitel

Es wird erzählt, dass einmal, da Signy in ihrer Kammer saß, zu ihr ein Hexenweib kam, die gar sehr zauberkundig war. Da sprach Signy zu ihr:

„Ich wollte, dass wir die Gestalten vertauschten.“

Die Zauberin sagte: „Du sollst darüber bestimmen.“ Nun schuf sie es so mit ihren Künsten, dass sie die Gestalt vertauschten, und setzte sich die Zauberin auf den Platz Signys nach deren Geheiß und legte sich abends ins Bett zu dem Könige; und er merkte nicht, dass Signy nicht bei ihm wäre.

Nun ist von Signy zu berichten, dass sie nach der Erdhütte zu ihrem Bruder ging, und ihn bat ihr Herberge zu geben über Nacht: „Denn ich habe mich im Walde verirrt, und nicht weiß ich, wo ich mich befinde.“

Er sagte, sie sollte da bleiben; er wolle ihr als einer einzelnen Frau die Herberge nicht versagen, und er sei überzeugt, dass sie ihm die freundliche Aufnahme nicht so übel lohnen würde, dass sie ihn verriete. Nun nahm sie Herberge bei ihm, und sie setzten sich zum Essen; er blickte oft auf sie, und sie dünkte ihn schön und anmutig. Als sie aber gegessen hatten, da sagte er zu ihr, er wolle, dass sie in der Nacht das Lager teilten; sie sträubte sich nicht dagegen, und er nahm sie drei Nächte nacheinander zu sich. Darnach begab sie sich heim zu der Zauberin und verlangte, dass sie wieder die Gestalten tauschten; und das bewirkte jene.

Und als die Zeit verstrichen war, gebar Signy einen Knaben; der Knabe ward Sinfjotle genannt; und als er aufwuchs, war er sowohl groß wie stark und schön von Antlitz und artete nach den Volsungen; und war noch nicht völlig zehn Winter, als Signy ihn zu Sigmund nach der Erdhütte sandte. Sie hatte mit ihren vorigen Söhnen, ehe sie die zu Sigmund schickte, die Probe gemacht, dass sie ihnen den Rock an die Arme durch Haut und Fleisch nähte; die hatten das schlecht ertragen und darob geschrien. Ebenso tat sie mit Sinfjotle, der aber verzog keine Miene dabei. Sie zog ihm dann den Rock wieder ab, so dass die Haut mit den Ärmeln abging, und sagte, er werde dabei Schmerz empfinden.

Er sprach: „Gering sollte solcher Schmerz einem Volsung scheinen.“

Nun kam der Knabe zu Sigmund. Da gebot Sigmund ihm ihr Mehl auszukneten, er aber wolle Brennholz für sie suchen, und gab ihm einen Beutel in die Hand, sodann ging er zu Wald. Als er aber wieder kam, da war Sinfjotle fertig mit backen. Da fragte Sigmund, ob er etwas in dem Mehle gefunden habe.

„Ich habe wohl Verdacht, dass etwas Lebendiges drin gewesen sei, als ich zuerst anfing zu kneten, und hier habe ich das mitgeknetet, was darin war.“

Sigmund sprach, und lachte dabei: „Ich wähne, du wirst heut Abend keine Mahlzeit von diesem Brote haben, denn du hast eine große Giftschlange darein geknetet.“

Sigmund war so stark, dass er Gift essen konnte, ohne dass es ihm etwas schadete; Sinfjotle aber vertrug nur, dass das Gift ihm von außen ankam, aber nicht bekam es ihm, es zu essen oder zu trinken.

Achtes Kapitel

Nun ist zu berichten, dass Sinfjotle dem Sigmund noch zu jung schien zur Rache mit ihm, und er wollte ihn zuvor etwas an harte Kampfesarbeit gewöhnen. Sie zogen nun des Sommers weit durch die Wälder und erschlugen Männer der Beute wegen. Sigmund schien Sinfjotle recht nach den Volsungen geartet, doch wähnte er, dass er König Siggeirs Sohn wäre, und dachte, er habe etwas von der Bosheit seines Vaters, aber den Heldenmut der Volsunge, und meinte, dass er wenig an seinen Blutsverwandten hänge, denn oft mahnte er Sigmund seines Leides und spornte ihn sehr an, König Siggeir zu erschlagen.

Nun geschah es einmal, dass sie wieder in den Wald gingen, sich Beute zu schaffen; sie fanden aber ein Haus und darin zwei Männer schlafend mit dicken Goldringen. Die waren verwunschen, denn Wolfsbälge hingen über ihnen; jeden fünften Tag konnten sie die Wolfsbälge ablegen; sie waren Königssöhne. Sigmund und Sinfjotle legten die Bälge an und vermochten nicht wieder aus ihnen heraus zu kommen, und die Bälge behielten ihre frühere Eigenschaft und heulten sie wie Wölfe und verstanden beide ihr Geheul. Nun streiften sie auch durch die Waldmarken, und fuhr jeder von ihnen seine Straße. Sie trafen die Verabredung, dass sie sich dran wagen sollten, wenn es auch sieben Mann wären, aber nicht fürder, und der sollte einen Wolfsschrei tun, der in eine Fehde käme.

„Brechen wir das nicht, denn du bist jung und tollkühn, den Menschen wird es gut scheinen dich zu jagen.“

Nun fuhr ihrer jeder seine Straße; und als sie sich getrennt hatten, traf Sigmund auf Männer, und tat einen Wolfsschrei; und als Sinfjotle das hörte, kam er herbei und tötete sie alle. Sie trennten sich wieder, und als Sinfjotle weit durch den Wald gelaufen war, traf er elf Männer und kämpfte mit ihnen, und es geschah, dass er sie alle tötete. Nun ward er sehr müde, lief unter eine Eiche und ruhte sich dort ...

Sinfjotle sprach zu Sigmund: „Du riefest mich zu Hilfe, um sieben Männer zu töten, ich aber bin ein Kind an Jahren im Vergleich mit dir, und rief ich nicht um Hilfe, elf Männer zu töten.“

Da sprang Sigmund so heftig gegen ihn, dass er zurücktaumelte und fiel: Sigmund biss ihn vorn in die Gurgel. An diesem Tage vermochten sie nicht aus den Wolfsbälgen zu kommen. Sigmund warf ihn sich auf den Rücken und trug ihn heim in die Hütte und saß über ihm, und wünschte die Wolfsbälge zu allen Teufeln.

Sigmund sah eines Tages zwei Wiesel, wie eins das andre in die Gurgel biss; jenes lief zu Wald, und brachte ein Blatt und legte es auf die Wunde, und alsbald sprang das andere Wiesel geheilt auf. Sigmund ging hinaus, und sah einen Raben mit dem Blatte fliegen und es ihm bringen. Er legte es über Sinfjotles Wunde, und dieser sprang sogleich gesund auf, als wenn er nimmer wund gewesen wäre.

Darauf gingen sie zu der Erdhütte und blieben da, bis zu der Zeit, da es ihnen beschieden wäre, die Wolfsbälge abzulegen: Da nahmen sie dieselben und verbrannten sie und wünschten, dass sie niemandem zum Schaden gereichten. Sie hatten aber in ihrem unheilvollen Zustande manche Heldentat in König Siggeirs Reiche vollbracht.

Als nun Sinfjotle erwachsen war, da meinte Sigmund ihn genug erprobt zu haben. Nun währte es nicht lange, dass Sigmund Vaterrache nehmen wollte, wenn es sich dazu anlassen würde. Da gingen sie eines Tages fort von der Erdhütte, und kamen spät abends zu König Siggeirs Hofe und traten in die Vorstube, die vor der Halle war; dort aber standen Bierfässer, dahinter verbargen sie sich. Die Königin wusste nun, wo sie waren, und beschloss zu ihnen zu gehn; und als sie zusammenkamen, da fassten sie den Rat, dass sie die Vaterrache ausführen wollten, sobald es Nacht würde.

Signy und der König hatten zwei junge Kinder, die spielten mit Goldringen am Boden und ließen sie über den Estrich der Halle rollen und sprangen ihnen nach. Ein Goldring lief weiter fort nach der Stelle des Hauses, wo Sigmund und Sinfjotle waren; der Knabe aber sprang hinterdrein, den Ring zu suchen. Da sah er zwei Männer sitzen, groß und grimmig, die hatten tief herabreichende Helme und weiße Panzer an. Da lief er in das Innere der Halle zu seinem Vater und sagte ihm, was er gesehen hatte. Der König argwöhnte nun, dass es gegen ihn gerichteter Verrat sein werde.

Signy hörte, was sie sagten; sie stand auf, nahm die beiden Kinder, und ging hinaus in die Vorstube zu ihnen und sagte, sie sollten wissen, dass die sie verraten hätten: „Und ich rate euch, dass ihr sie tötet.“

Sigmund sagte: „Nicht will ich deine Kinder töten, obschon sie mich verraten haben.“

Sinfjotle aber bebte nicht davor zurück, schwang sein Schwert und tötete beide Kinder, und warf sie hinein in die Halle vor König Siggeir. Der König stand auf und rief seine Mannen auf, die Männer zu ergreifen, welche sich am Abend in der Vorstube verborgen hätten. Da sprangen die Männer dorthin fort, und wollten sie ergreifen; die aber wehrten sich wohl und mannhaft, und lange meinte der es am schlimmsten zu haben, der ihnen am nächsten war. Am Ende wurden sie aber von der Übermacht bewältigt und gefangen genommen und demnächst in Bande geschlagen und in Fesseln gelegt, und saßen sie dort die ganze Nacht.

Nun überlegte der König bei sich, welches Todes er sie sterben lassen sollte, den sie am längsten fühlten. Als nun der Morgen kam, ließ der König einen großen Hügel machen von Steinen und Rasen; und als der Hügel fertig war, ließ er eine große Felsplatte mitten in den Hügel setzen, so dass die eine Kante der Felsplatte empor stand, und die andere nach unten gekehrt war: Sie war so groß, dass sie auf beiden Seiten an die Felswand reichte, so dass man nicht an ihr vorbeischlüpfen konnte. Nun ließ er Sigmund und Sinfjotle ergreifen und in den Hügel setzen, auf jeder Seite einen von ihnen, dieweil es ihm härter schien, wenn sie nicht beide beisammen wären, und doch jeder den andern zu hören vermöchte. Und als sie nun dabei waren, den Hügel mit Rasen zuzudecken, kam Signy dazu, und trug Stroh im Busen, das warf sie Sinfjotle in den Hügel zu, und bat die Knechte es dem Könige zu verhehlen. Die sagten es zu, und darauf ward der Hügel geschlossen.

Und als die Nacht kam, sagte Sinfjotle zu Sigmund:

„Keineswegs, mein ich, wird es uns eine Zeit lang an Speise gebrechen: Hier hat die Königin Speck in den Hügel geworfen und denselben mit Stroh umhüllt.“