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Dieses Taschenbuch beschreibt Sagen aus dem Harz. Das deutsche Mittelgebirge war schon immer faszinierend. Die Sagen werden aus alten Quellen bezogen und neu veröffentlicht. Mit dem vorliegenden Buch lernt man nicht nur die eigene Heimat besser kennen, sondern auch die damalige Sprach, weil u.a. Mundartdichtung veröffentlicht wird.
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Seitenzahl: 331
Veröffentlichungsjahr: 2025
Herausgeber
Erik Schreiber
Märchen, Sagen und Legenden
4
Harzsagen 2
e-book 11
Märchen, Sagen und Legenden 4
Herausgeber Erik Schreiber - Harzsagen 2
Erscheinungstermin 01.11.2025
© Erik Schreiber
An der Laut 14
64404 Bickenbach
Titelbild: Archiv Andromeda
Vertrieb neobook
Herausgeber
Erik Schreiber
Märchen, Sagen und Legenden
4
Harzsagen 2
Inhaltsverzeichnis
Die Burgmieke.
Das eingemauerte Kind.
Das Salzwerk Juliushall.
Der Baum am Burgberge.
Die Räuber vom Eckernkrug im Schimmerwalde.
Der Köhler vom Ahrensberg.
Der Jäger vom Ahrensberg und die Broombüchse.
Die Harliburg unweit Vienenburg.
Die Schweinegrund im Finkenherde unweit Wiedelah.
Der Okerhund bei Wiedelah.
Die Entstehung der Bergwerke auf dem Rammelsberge.
Kaiser Lothar's des Sachsen Tod.
Der Saal im Petersberg.
Der Kinderbrunnen bei Goslar.
Die verwiesene Papiermüllerin.
Die Wöchnerin.
Eine alte Anweisung für Goldsucher von Goslar aus.
Kaiserswoort in Gittelde.
Kaiser Heinrich der Vogelsteller und die Mönche.
Die Schlacht bei Staufenburg und der Schimmel.
Die Jungfer auf dem Amte Staufenburg (In der niederdeutschen Mundart von Gittelde.)
Die Säule
Burg Staufenburg.
Der Knabe aus Gittelde und die Jungfer von Burg Staufenburg (Niederdeutsch, in der Mundart von Gittelde.)
Die Hexe in Gittelde.
Die weiße Kappe.
Spar-die-Müh und die Zwerge am Bielstein.
Der Venediger als Bergmann.
Der Teufel in Lautenthal.
Der Feuerholzmeister und die faule Rohne.
Der Schildberg.
Wilde Mann.
Hexenbutterwerk.
Die faule Stuke beim Wildemann.
Der Zwergkönig Hibich.
Sagen vom Bergbau.
Der Bergmönch vom Klausthal und vom Zellerfeld.
Die Bremerhöhe.
Die Schnapphähne.
Der Geisterseher.
Die Stiefmutter.
Mer soll dn Teifel net porren An Rathsel. (Im oberharzischen Bergmannsdialekt, der sog. Harzsprache.)
Bau der Zellerfelder Kirche.
Die Buttermilchsbetstunde.
Das vertriebene Gespenst.
Das Gespenst mit der Mütze.
Das klausthaler Mädchen in Amerika.
Der Rabe vom Klausthal.
Die Rebhühner.
Die Glühwürmer.
Der Heerwurm.
Kaiser Heinrich und die Vogelsteller.
Die drei Brüder vom Zellerfeld.
Der Freischütz vom Zellerfeld.
Das kleine Klausthal.
Das Nachtwächterhorn und der Dreißigjährige Krieg.
Die Springwurzel.
Die Hexenkatzen.
Die Hexen vom Klausthal.
Die Wunderkuh.
Die Revisorklippe.
Die verwiesene Wirtin vom Klausthal.
Die lange Schlericke.
Die Kohljungfrau.
Das Heringskämmerle bei der Wegsmühle.
Die Kirche in der Altenau.
Das Schloss im Gerlachsbache.
Der Fieke-Mackensbrunnen.
Der Lork.
Der Stadtschreiber.
Der Eseltreiber
Der Wilde Jäger in der Gegend des Bruchberges
Wolfswarte.
Die Bauern am Ackergebirge.
Der Wolfskopf.
Die Goldlöcher.
Der silberne oder goldene Hirsch.
St.-Andreasberg.
Der Bergmönch in St.-Andreasberg.
Frau Holle, die schwarze Kathrine und die Waldfrau in St.-Andreasberg.
Der Stoßemann.
Die Rathskatze.
Der Rauschenbach.
Der Knabe und die Venediger.
Die Windeltreppe.
Riefensbeek und Kamschlacken.
Der Schimmel von Kamschlacken.
Der Ursprung vom Buntenbock.
Das Hickeding.
Der Wehrwolf.
Die Molche.
Namen und Entstehung des Bergdorfs Lerbach.
Vieh bedauern.
Von einer Gastwirtsfrau, die nicht treu gehandelt hat.
Jägerspuk.
Der Jägerbursche und die Jungfrau.
Das wilde Mädchen. (Niederdeutsch, lerbacher Mundart.)
Der Schlarfentoffel und die Tortel-Wäsche.
Die Frau im Kunstloche.
Kuh ohne Kopf.
Branntweinstein.
Die Osterjungfrau (In der niederdeutschen Mundart von der Freiheit vor Osterode.)
Die Jungfer auf dem Amte in Osterode (Niederdeutsch, osteröder Mundart.)
Die verwünschten Offiziere.
Osteröder Banngeschichten Version 2 (Niederdeutsch, osteröder Mundart.)
Der Scharfrichter.
Die unschuldig Hingerichtete.
Dreierlei Seelen.
Die Stölkenlichter.
Der Cholerageist.
Der gottesfürchtige Fuhrmann.
Die Zwerge in Dorste.
Die weiße Jungfer bei der Herrenkirche unweit Dorste.
Die Juden von Förste.
Ursprung von Herzberg.
Der grubenhagensche Acker der Edeln.
Der Güß.
Der Freischütz von Herzberg.
Das Hegerfeld.
Das weiße Männchen und der Kartoffelfuhrmann.
Die Steinkirche bei Scharzfeld.
Lauterberg.
Die Lutterjungfer und die Frau Holle auf dem Hausberge.
Das Glockenhaus von Lauterberg.
Der Schatz zu Laßfelde.
Die Federn.
Die Jungfer vom Sachsenstein.
Das Denkmal zu Zorge.
Die Jungfrau von der Zorge.
Der Waldgeist, und die Jungfer im „preußischen Holze“.
Der Säuferkönig
Die Kelle
Eine alte Anweisung für Erzsucher von Ellrich aus.
Gründung des Klosters Ilfeld.
Der Schimmelreiter vom Bielstein.
Die Jungfrau von der Ilburg und Frau Holle.
Die Schlossjungfer vom Hohenstein.
Der Galgen auf dem Kohnstein
Das liebe Brot
Der Stein vor dem Altenthore und der Hünenstein bei Nordhausen
Kloster Neuwerk
Der Blitzschlag im Kaiserhause
Scharfrichter Kraft
Der Schatz aus dem Bocksberge
Wildemann
Der Bergmönch im Harz
Die Bremerhöhe bei Clausthal
Frau Holle und die Flachsbieße
Der Freischütz von Zelterfeld
Bau der Zellerfelder Kirche
Der Bergmönch in der Flasche
Die verschütteten Silbergruben
Der Hexenritt
Markgraf Gero
Der Meiseberg
Die Daneilshöhle im Huy
Die Ströbecker und ihr Schachspiel
Das silberne Glöcklein im Kloster Wimmelburg
Die verzauberte Prinzessin Ilse
Es stehen der Tannen gar viele In ihres Bades Näh’ – Es hat sie alle verzaubert Die keusche Wasserfee.
Die Zwerghöhlen.
Die Hostie
Das Kloster Gröningen
Die Dummburg im Hakel
Der hochstädtische See und die schwimmende Insel.
Die Burgmieke
Die Burgmieke, die auf dem Burgberge gewohnt, hat so viele Katzen gehabt (Einige sagen sieben, Andere sagen elf, Andere zwölf, Andere dreizehn), aber alle Katzen sind weiß gewesen; auch sagen viele Leute, die Katzen wären ihre Kinder gewesen. Jede Katze hatte ihren eigenen Namen, die eine hieß Adämken, die andere Brillken usw. Jede Katze hatte auch ihren eigenen Trog, und die Katzennäpfe waren immer so blank gescheuert, dass sie blitzten und blänkerten. Wenn die Burgmieke ausgegangen war, so lauerten alle ihre Katzen auf sie, bis sie wiederkam, und dann hatte sie jeder Katze einen Zwieback mitgebracht. Jeden Freitag, wenn's unten in die Betstunde geläutet hat, hat die Burgmieke geweint; warum, das weiß man nicht. Einige sagen, es sei ihr einmal an einem Freitage eine Katze gestorben, welche Kesemirken geheißen habe, und darum habe sie immer gesagt: „Allewiele lüt öt mienen Kesemirken wat.“ Einige meinen auch wohl, ihr Bruder, der Burg-Hansjürgen, möchte vielleicht an einem Freitage gestorben sein, und da möchte sie wohl geweint haben, weil ihr Bruder tot sei. Von dem Burg-Hansjürgen wird erzählt, dass sie ihn einmal nach Braunschweig unter die Soldaten genommen hätten, da habe er aber das Exercieren nicht loskriegen können und dem Herzog ein Vierfaß auserlesener Haselnüsse vom Burgberge versprochen, wenn er ihn wieder gehen ließe. Da habe der Herzog ihn gehen lassen, und der Burg-Hansjürgen habe nachher richtig das Vierfaß Haselnüsse angebracht.
Das eingemauerte Kind
An einer Stelle in dem Gemäuer auf der Harzeburg ist ein Kind eingemauert, dadurch ist die Burg festgemacht. Das Kind ist ein unehelich Kind und ein Jahr alt gewesen, das hat seine Mutter verkauft an eine Herzogin, die dazumal auf der Burg gewohnt haben soll. Wie das Weibsbild das Kind gebracht hat, hat ihr die Herzogin das Geld hingelegt und gesagt: es stände noch bei ihr, ob sie das Kind verkaufen wollte. Da hat das Weibsbild nach dem Gelde gegriffen, und darum hat ihr die alte Herzogin eine herzhafte Maulschelle gegeben. Nun haben sie das Kind in die Mauer gesetzt, und haben ihm eine Semmel in die Hand gegeben, und haben angefangen zu mauern, und dabei hat das Kind seine Semmel gegessen. Zuletzt haben sie nur noch ein kleines Guckloch gelassen, und wie sie auch das zugemauert haben, hat das Kind auch gerade seine Semmel aufgehabt, und hat gesagt: „Semmel up un Kucklok tau.“
Das Salzwerk Juliushall
Auf Bartholomäitag ist früher, als das Salzwerk Juliushall noch im Gange war, in Harzeburg immer Spendebrot an die Armen ausgeteilt, als das aber einmal versäumt wurde, da ist die Seele (Soole) in Juliushall ausgeblieben. Da haben sie geläutet und Kirche gehalten wie gewöhnlich, und Spendebrot an die Armen ausgeteilt, und da kommt meine liebe Seele wieder an. Wenn sie das Salz im Preise erhöht haben, so ist die Seele gleich ganz ausgeblieben. Und wenn sie in früheren Jahren das Salzwerk haben ganz still stehen lassen, so hat sich in Juliushall ein Geist gezeigt, darum, dass das Salz von Juliushall den armen Leuten gar wert gewesen ist, denn es ist zwar grobkörniger gewesen als anderes Salz, hat aber besser gesalzen. Und da hat der Geist von Juliushall so lange gespukt, bis sie das Salzwerk haben müssen wieder aufnehmen, und dann ist bei allen armen Leuten große Freude gewesen.
Der Baum am Burgberge
Auf der Westseite des Burgberges, nach dem Radautale zu, soll ein Baum stehen, unter dem himmelblaue Erde ist. Wenn das braunschweigische Land einmal bankrott ist, so soll es von dieser Erde wieder hergestellt werden.
Das wundertätige Marienbild
Die Geschichtsschreiber melden uns, dass auf der Harzeburg, wie sie nicht mehr bewohnt gewesen, ein wundertätiges Marienbild gestanden habe, das vielen Kranken und Elenden geholfen. Die Leute in Schulenrode und im ganzen Amte Harzeburg behaupten, diese Kranken hätten sich mit dem Wasser benetzt, das unter dem sogenannten Krodobrink hervorquillt, und hatten auch davon getrunken, und davon wären sie gesund geworden. Zuletzt habe man wollen den Gebrauch des Wassers bei den Kranken nicht mehr dulden, und da hätte man alle die Krücken, welche die Geheilten an der Quelle zurückgelassen, genommen und Bier damit gebraut. Wie aber die Krücken gebrannt hätten, da hätte es einen schrecklichen Krach getan und das Bier wäre sauer, und noch nicht einmal fürs Vieh zu gebrauchen gewesen.
Die Räuber vom Eckernkrug im Schimmerwalde
Weit verrufen ist der Schimmerwald zwischen Harzeburg und Ilsenburg wegen der Räuber, die früher in ihm hausten. Eine alte Frau, die auf Klaustal am Zellbache wohnte und deren Tochter als hochbejahrte Frau in jener Stadt noch am Leben sein soll, wurde einmal im Schimmerwalde von der Nacht überfallen und suchte im Eckernkruge ein Obdach, da schlief sie auf dem Fußboden in der Stube. In der Nacht aber kamen viele Räuber, die führten einen dicken Mann gefangen daher, den schlachteten sie, zerteilten das Fleisch und machten Wurst davon. Ehe sie das aber taten, leuchteten sie über die alte Frau hin und kitzelten sie sogar an den Fußsohlen, um zu sehen, ob sie auch wohl fest schliefe. Hätte sie sich dabei nur im Geringsten bewegt, so wäre sie auch ermordet; allein sie überstand alle diese Proben und sah doch genau, was vorging. Am andern Morgen sagten die Räuber, sie hätten in der Nacht ein Schwein geschlachtet, ob sie denn nichts gehört hätte. Gar nichts, sagte die Alte, sie habe in ihrem Leben noch nicht so gut geschlafen als diesmal, und dabei sah sie die Räuber sehr freundlich an. Hätte sie aber das nicht getan, so hätte sie doch noch sterben müssen. Da setzten die Räuber ihr Wurstsuppe hin, und die Alte vom Zellbache aß die Wurstsuppe und lobte sie. Hätte sie das nicht getan und nur den geringsten Ekel gezeigt, so hätte sie sterben müssen. Danach brachten ihr die Räuber eine frische Wurst, die schlug sie in ein Tuch ein und sagte, die wollte sie ihren Kindern mitnehmen und bedankte sich viele, viele Male dafür. Hätte sie das nicht getan, so hätte sie doch noch sterben müssen, so aber ließen sie die Räuber ihres Weges gehen. Als sie nun eine Strecke weit im Walde fortgegangen war, traten zwei Männer zu ihr, die sie nicht kannte, und fragten, wo sie denn übernachtet hätte; weil sie nun sagte auf dem Eckernkruge, fingen sie an die Leute aus dem Eckernkruge zu belästern und sagten, dass von denen viel Böses geredet werde. Allein die Alte sagte: Allen könne man es nicht recht machen und die Lästerzungen lauerten selbst den Besten auf; sie aber sei nicht leicht zu mildtätigeren Leuten gekommen als zu denen auf dem Eckernkruge, und zum Beweise wies sie noch die Wurst vor, die sie ihr geschenkt hätten. Hätte sie das nicht getan, so hätte sie doch noch sterben müssen, denn die Männer gehörten zu der Räuberbande. Sie gingen jetzt von ihr fort, aber nach einer Weile traten wieder zwei Männer zu ihr, die machten abermals die Leute auf dem Eckernkruge schlecht und sagten gerade heraus, sie hätten gehört, es seien Räuber. Da wies die Frau von neuem ihre Wurst vor, rühmte die Mildtätigkeit der Leute und sagte geradezu, sie glaubte, solche guten Leute als die vom Eckernkruge gebe es auf Gottes Erdboden nicht mehr. Hätte sie aber das nicht gesagt, so hätte sie immer noch sterben müssen, denn auch diese Männer sind Räuber gewesen. Sobald die Alte nun glücklich aus dem Schimmerwalde heraus war, lief sie so schnell sie konnte nach der nächsten Ortschaft. Da verkündigte sie der Obrigkeit alles was sie gesehen hatte, und die Räuber wurden gefangen genommen. Als sie nun an Händen und Füßen gebunden auf einem Saale da lagen, wurde das Mütterchen zu ihnen geführt und sagte aus: dass sie alle diese Männer zur Nachtzeit auf dem Eckernkruge habe ein- und ausgehen sehen, wie sie den dicken Mann geschlachtet hätten. Die Räuber aber schäumten vor Wut, als das Mütterchen, dem sie so schwer das Leben geschenkt hatten und von dem sie nun doch überlistet waren, gesund und munter zwischen ihnen herumging.
Der Köhler vom Ahrensberg
Auf dem Ahrensberge ist einmal beim Kohlen ein Köhler verbrannt, der spukt nun dort des Nachts um die Kohlstätte her, und was die Köhler bei Tage treiben, treibt er des Nachts, sodass ihnen oftmals schon ein Grausen darüber angekommen ist.
Der Jäger vom Ahrensberg und die Broombüchse
Der Förster vom Ahrensberge musste einmal viel Wildbret nach Braunschweig abliefern, wohin damals noch die Jagd vom Ahrensberge gehörte. Er hatte aber einen alten und einen neuen Jägerburschen und der neue schoss täglich ein Stück Wildbret. Einstmals ging ihm der alte Jägerbursche heimlich im Holz nach, da sah er wie der andere eine große Broombüchse, wie sie auch auf den Hütten gebraucht wird, um den Gehalt des Erzes zu erkennen, herauszog. Aus der Broombüchse aber flog eine Brummes (Bremse) heraus und darauf war auch sogleich Wildbret da. Als er geschossen und getroffen hatte, kam die Brummes wieder und flog in die Broombüchse hinein. Der alte Jägerbursche verkündigte aber dem Förster, was er gesehen hatte, und sogleich schickte der den neuen aus dem Dienste.
Die Harliburg unweit Vienenburg
Wenn man von Braunschweig nach Vienenburg (der nächsten Eisenbahnstation vor Harzeburg auf der Braunschweig-Harzeburger Bahn) fährt, so hat man zur Linken das im Jahre 1291 zerstörte, damals braunschweigische Schloss Harliburg oder Herlingsburg. Es lag auf einem jetzt mit Laubholz bewachsenen Berge unweit Vienenburg (Amt Wöltingerode) an der Oker. Noch kann man deutlich die Spuren seiner Gräben und Wälle verfolgen, von dem Mauerwerk ist aber alles verschwunden, nur ein Stück von einer Säulentrommel soll vor einigen Jahren ausgegraben sein. – Nach der Volkssage soll sich noch eine eiserne Thür im Boden befinden, welche zu dem „untergegangenen“ Schlosse führt und täglich in der Mittagsstunde sich öffnet. Ein Mann, der sie einst entdeckte und durch sie ins Schloss hinein ging, fand dort drei große Kessel aufgestellt; in dem einen war Gold, in dem andern Silber, im dritten Kupfer die Hülle und die Fülle. Ist man einmal dort, so kann man nach Belieben nehmen, soviel man will, und so oft wiederkommen, als Einem beliebt. Aber wer mit dem Glockenschlage Eins nicht wieder fort ist, darf nie und nimmer das unterirdische Schloss verlassen. – Von der Harliburg wird auch erzählt, dass sie eine Besitzung Hackelberg's, des wilden Jägers, gewesen sei, der aus dem nahen Klöpperkruge begraben liegt. In der Nähe aus dem Galgenberge lag ein anderes Schloss, das auch versunken ist. Nach diesem ziehen täglich durch einen unterirdischen Gang die Prinzessinnen, welche in der Harliburg hausen. – An dem Wege von Wiedelah nach Lengede liegt unter der Harliburg ein Feld, welches den Namen „Liesenkämpen“ führt. Dort hütete einst ein Schweinehirt seine Herde. Alle Mittage entlief ihm mit dem zwölften Glockenschlage ein Kämpe (Eber) und blieb eine Stunde lang fort. Der Hirt ging einst nach und fand vor der Burg eine Prinzessin, welche den Kämpen mit Linsen (Liesen) fütterte. Daher stammt der Name des Feldes.
Die Schweinegrund im Finkenherde unweit Wiedelah
Der Finkenherd ist ein mit Wald bewachsener Hügel, dicht neben dem Dorfe Wiedelah, der Sage nach so genannt, weil Kaiser Heinrich I. dort seinen Vogelherd gehabt haben soll. Mitten in dem Walde befindet sich eine stets mit Wasser angefüllte Schlucht. Alles, was man hineinwirft, versinkt und ihre Tiefe ist unergründlich. Einst soll dort eine Schweineheerde untergegangen und aus den einzelnen Schweinen sollen die Holzbüsche gewachsen sein, welche aus dem Wasser hervorragen. Noch heute heißt die Schlucht die Schweinegrund.
Der Okerhund bei Wiedelah
Der Okerhund ist ein großer schwarzer Hund mit funkelnden Augen, der an der Oker hauset und bei Nacht auch durch das Dorf Wiedelah kommt. Er springt demjenigen, der sich ihm nähert, auf den Rücken und lässt sich von ihm tragen. Wer jedoch auf einem Wagen oder Pferde sitzt, oder bei seiner Annäherung darauf springt, dem kann er nichts anhaben.
Die Entstehung der Bergwerke auf dem Rammelsberge.
I.
Auf dem Brocken regierte in alter Zeit die Zauberjette und hatte noch elf junge Frauenzimmer in ihrer Gewalt. Nun hatten sich zwei Ritter am Brocken verirrt, von denen hieß der eine Otto, der andere Ramme. Sie hatten schon mehrere Tage am Brocken zugebracht und konnten sich nicht aus der Wildnis finden. Plötzlich sahen die beiden, dass mehrere Männer in der Wildnis auf sie zukamen. Das war eine Räuberbande, die in der Schweiz verstört war und sich nach dem Brocken durchgeschlagen hatte. An diese Bande mussten die Ritter sich anschließen, um ihr Leben zu retten, und versprachen, ihr auf jede Weise zu helfen. Nun suchten sie sich die beste Stelle am Brocken aus, um eine Höhle aus Steinen zu bauen. Was sie aber am ersten Tage gearbeitet hatten, war den andern Tag wieder auseinander. Da wunderten sie sich, wie das geschehen sein könnte, dass das Kram wäre auseinander gekommen. Sie fassten aber Muth und arbeiteten den zweiten Tag wieder an der Höhle. In dieser zweiten Nacht mussten zwei Räuber vor der Höhle wachen und das Kram war am nächsten Morgen wieder auseinander. In der dritten Nacht wachen die beiden Ritter und der Räuberhauptmann. Wie es um die Mitternachtsstunde hinkommt, steht zuerst der älteste der beiden Ritter, Ramme, elf Frauenzimmer kommen, die haben einen kleinen Hammer und klopfen an den Pfeiler, den die Räuber haben hingebaut, da fließt er auseinander wie Wasser. Ritter Ramme aber zieht sein Schwert, ergreift die, welche den kleinen Hammer trägt und sagt, warum sie ihre Arbeit wieder vernichte? Es antwortet ihm aber niemand und am Brocken entsteht ein ungeheures Krachen. Die andern Räuber kommen zu Hilfe, da fragt der Ritter zum zweiten und dann zum dritten Male, warum sie ihre Arbeit vernichteten. Da antwortet die, die den kleinen Hammer in der Hand trägt: sie kann ihm den Grund nicht sagen, doch soll er und der andere Ritter mit zu ihrer Befehlshaberin gehen, da würden sie erfahren, warum sie die Ordre erhalten hätten, ihre Arbeit wieder zu vernichten. Nun gehen die beiden Ritter mit und kommen in eine große steinerne Höhle, die nordwestlich am Brocken liegt. Als sie hinein sind, ist da die Zauberjette und die Höhle ist so schön inwendig, wie ein Schloss nur sein kann. Die Ritter fragen, warum sie den Befehl ausgäbe, ihre Arbeit zu vernichten. So antwortet sie, sie wolle allein hier am Brocken herrschen und habe deswegen noch elf Personen unter ihrem Joche, sie sei die Zauberjette. Gefiele es den Rittern, so möchten sie bei ihr bleiben und mit ihr leben, dann wolle sie auch die Bande am Brocken dulden. Wenn die Ritter aber nicht bei ihr bleiben wollten, so möchten sie nur ihren Bau einstellen, denn es würde doch alles wieder zerstört werden. Die Ritter entschlossen sich endlich bei der Zauberjette zu bleiben. Wie sie aber einige Zeit bei ihr gewesen sind, wird ihr Zauber sehr schwach, weil sie in dieser Zeit nicht nach ihrer sonstigen Gewohnheit gelebt hat, denn sie ist sonst alle Nacht nach dem Wolfsbrunnen unten am Brocken gegangen, daraus hat sie in jeder Mitternachtsstunde drei Gepschen voll Wasser nehmen und trinken müssen. Davon hat sie ihren Zauber gehabt und das hat sie um der Gesellschaft der Ritter willen versäumt. Nun wird sie zuletzt so schwach, dass sie an zwei Stöcken gehen muss. Endlich fühlt sie, dass es mit ihr zu Ende geht, bekennt gegen die Ritter alle ihre Missetaten, und zeigt ihnen all ihr Vermögen und ihre Schätze. Von den Dienerinnen, die sie unter ihrem Zauberjoche hat, macht sie fünf frei, und geht dann mit den beiden Rittern unten am Brocken nach einer Höhle und zeigt dort alle Schätze, die darin sind. Darunter stand auch das Marktbecken, welches jetzt auf dem Markte zu Goslar steht. Vor der Höhle aber lag ein großer schwarzer Hund. Als sie den Rittern alles gezeigt hat, greift sie in die Wand und zieht eine Flasche und einen goldenen Becher hervor, schenkt ein und will noch einmal die Gesundheit der beiden Ritter mit diesen trinken. In dem Augenblicke aber, wo sie eingegossen hat, kommt der Vater des Ritters Ramme hinten aus der Höhle und sagt! „O du alte Zauberjette, jetzt sind die zwölf Jahre um, für die du mich in den Schlaf gezaubert hast.“ Da staunten die Ritter und der Sohn, der den Kelch in der Hand hatte, ließ ihn vor Schrecken zu Boden fallen. Alsbald aber erkannte er seinen Vater, der vor ihm stand, und der Alte sagte: er sei ihr Retter, das sei das ärgste Gift, das sie hätten sollen trinken. Da zog der Sohn des alten Ritters sein Schwert und hackte der Zauberjette den Kopf ab. Da entstand wieder ein furchtbares Krachen und ein Gewinsel des Hundes, der noch in der Höhle gewesen ist. Die Räuber, welche die Ritter oft bei der Zauberjette besucht hatten, waren ihnen auch jetzt auf dem Gange mit der Zauberjette zu ihrem Schutze aus der Ferne gefolgt. Als die das Krachen hörten, drangen sie in die Höhle ein. Wie sie nun in der Höhle waren, da verwandelte sich der schwarze Hund in einen alten Mann und sprach: Alles, was sie sähen, gehöre ihnen, sie hätten's erlöst; er sei froh, dass er nun nichts mehr zu verwahren brauche. Alles dies aber ist am Rammelsberge geschehen und sind noch immer die Goslar'schen Bergwerke beschäftigt, die Schätze der Zauberjette zu heben.
II.
Andere erzählen Folgendes von der Entdeckung des Goldes im Rammelsberge:
Ein Mädchen, welches in der Mühle diente, die sich am Fuße des Rammelsberges befand, stand eines Morgens schon vor Tagesanbruch auf, und während sie das Feuerzeug suchte. Um auf dem Herde Feuer anzuzünden, sah sie am Rammelsberge Feuer. Sogleich eilte sie dahin und fand am Feuer mehrere Männer mit weißen Bärten sitzen. Beim ersten Anblick derselben überfiel sie eine furchtbare Angst, da es aber ein beherztes Mädchen war, ging sie auf sie zu und fragte unerschrocken, ob sie einige Kohlen nehmen dürfe. Die Angeredeten sagten aber kein Wort, sondern sahen starr vor sich auf die Erde. Sie nahm Kohlen, da sie dachte, „keine Antwort ist auch eine“, und trug sie in ihr Haus auf den Herd, aber als sie Holz darauf legen wollte, brannten sie nicht mehr. Einige Male holte sie noch Kohlen von dem Feuer, aber sobald sie dieselben auf den Herd schüttete, wollten sie nicht brennen. Als sie nun kein Feuer anzünden konnte, weckte sie ihre Herrschaft, welche ihr Feuer gab. Wie es dann völlig Tag geworden war, lag auf dem Herde ein großer Goldhaufen, und an der Stelle, wo das Mädchen die Kohlen hergeholt hatte, lagen nur alte Kieselsteine. Der Müller zeigte dies der Obrigkeit an, welche den Berg untersuchen ließ und dadurch den Goldreichtum des Rammelsberges entdeckte.
III.
Bei Goslar am Rammelsberge war eine Grube, da kam der Teufel immer hin und arbeitete dort mit. Er arbeitete aber immer allein und einer der Bergleute sagte einst, dass sie ihm einmal nachgehen wollten. Ein Anderer sagte, sie möchten das unterlassen, doch folgten die Bergleute dem Ersteren nach. Als der Teufel das sah, sprach er, das solle ihnen nicht gut bekommen und der große Rammelsberg solle nun nicht eher bebaut werden, als bis der kleine ausgebaut sei. Wie er am andern Morgen kam, geleitete er den einen, der seinen Kameraden abgeredet hatte, nach Hause, von den übrigen Bergleuten hat niemand wieder etwas erblickt und auch den Teufel hat niemand wieder gesehen. Am andern Tage haben sie Alles wieder aufbauen wollen, aber es ist Alles wieder eingestürzt, und so oft man seitdem einen Schacht in den Berg geschlagen hat, ist jedes Mal in der Nacht Alles wieder eingesunken, oder, wie Andere sagen, es dürfen höchstens sechs Bergleute in einer solchen Grube arbeiten, den übrigen wird der Hals umgedreht; darum mag sich keiner hineinwagen und steckt doch im großen Rammelsberge noch weit mehr Silber und Gold als im kleinen, wo der Bergbau allein noch getrieben wird.
Kaiser Lothar's des Sachsen Tod
Im Jahre 1138 sind große Feuersbrünste entstanden in Goslar, Mainz, Speier und Hall in Sachsen. In eben diesem Jahre am 3. Dezember starb Kaiser Lothar, unter welchem sich das Reich ein wenig wieder erholt hatte. Näher aber wird über des Sachsen-Kaisers Tod also berichtet: Der Papst litt Not an dem König von Neapolis und einem Herzog, da rief er den Kaiser Lothar zu Hilfe. Der sammelte Volk und zog in die Lombardei und überwältigte die Feinde des Papstes. Da war aber eine Burg, auf der waren viele Räuber, die beraubten alle Lande. Das verdross den Kaiser und er nahm die Burg und fing fünfhundert Räuber, die ließ er alle hängen, und brannte die Burg rein aus. In der Angst aber gaben sich alle Städte und Burgen unter den Kaiser. Solches geschah vor Pfingsten.
Da dies geschehen war, zog der Kaiser in die nächste Stadt. Da kam auch der Papst Innozentius, und das war in den Pfingsttagen, da sang der Papst die Messe im Münster zu Sankt Nikolaus. Da sah man oben in der Kirche eine goldene Krone vom Himmel niederschweben, darüber saß eine weiße Taube und unter der Krone waren noch andere Zeichen zu schauen. Das wunderte alle Leute und ein weiser heiliger Mann deutete es dahin, das bedeute die Einigkeit und den Frieden zwischen dem Kaiser und dem Papste. Dieser Papst gab dem Kaiser Lothar auch den Ablass zu Luther in Sachsen. Nun wollte der Kaiser Lothar wieder nach Haus, als er aber nach Nürnberg kam, da starb er und wurde von Nürnberg hergeführt in das Land zu Sachsen nach Königsluther.
Der Saal im Petersberg
Am Petersberge bei Goslar, worauf sonst das Peterskloster gestanden hat, pflückte ein Kind eine Blume. Da tat sich der Berg vor ihm auf und es kam in einen Saal, wo viele herrliche Pferde muthig wieherten und wo von Gold und Silber gegessen wurde. Alle, die dort speisten, hatten goldene Kronen auf und gaben auch dem Kinde einen silbernen Teller mit nach Haus. Die Aeltern haben nachher den Eingang und auch die seltene Blume nicht finden können. Es sollen aber die Männer im Petersberge die Kaiser gewesen sein, die in Goslar einst gewohnt haben.
Der Kinderbrunnen bei Goslar
Kinderlose Frauen trinken in Goslar aus dem Kinderbrunnen und werden davon fruchtbar. Er hilft jetzt mit seinem Ausfluss den herzberger Teich nähren, dessen Wasser die Kunst des Rammelsberges treiben. Der kaiserliche Jäger Ramme, dessen Roß auch nach manchen Sagen Gold aus dem Rammelsberge hervorgescharrt und so das Entstehen der Bergwerke am Rammelsberge veranlasst haben soll, kam einst mit seiner Gemahlin Gosa vom Rammelsberge her und diese wurde am Kinderbrunnen von Geburtswehen überfallen. Daher soll der Kinderbrunnen den Namen haben und das Flüßchen Gose daher, weil in ihm das Kind der Gosa gereinigt sei. Andere erzählen, Sophie, die Gemahlin Gundel Karl's, welcher nach der Pest die toten Gruben des Rammelsberges wieder ins Leben rief, wollte seiner Gemahlin den neuerwachten Bergbau zeigen; auf dem Rückwege vom Rammelsberge gebar sie Zwillinge. Noch vor nicht langer Zeit war am Kinderbrunnen ein Stein zu sehen, an dem mehrere Kinder ausgehauen waren.
Von Augenzeugen wird auch in Goslar erzählt, es lasse sich zuweilen Abends zwischen acht und zehn Uhr auf dem Rammelsberge eine Laterne mit drei Flämmchen sehen. In demselben Augenblicke, in welchem sie oben auf dem Berge sei, erscheine sie auch wol eine Viertelstunde von jenem Punkte entfernt; sie sei bald hier, bald da, doch nehme sie gewöhnlich ihre Richtung nach dem eine halbe Stunde entfernt dem Rammelsberge gegenüberliegenden Sudmerberge. Die Laterne sei sogar dicht an den Augenzeugen vorbeigeschwebt und sie hätten jeden Augenblick ihren Angriff erwartet, auch die Besinnung verloren und kleine körperliche Verletzungen davongetragen. Man erzählt auch in Goslar, dass vor alten Zeiten eine Frau ihre drei Kinder in einem Brunnen vor Goslar, wol dem Kinderbrunnen, ertränkt habe, dass darum ihre Seele noch keine Ruhe finden könne und daher gewöhnlich am Abend in der Gestalt einer Laterne mit drei Flämmchen in der Nähe des Brunnens herumwandern müsse.
Die verwiesene Papiermüllerin
Hinter Goslar lag eine Papiermühle, darin wohnten ein Paar alte Leute, die hatten nur einen Sohn. Als der heranwuchs, schaffte er sich eine Liebste an, und das wollten die alten Ältern nicht leiden. Er ließ sich aber nicht davon abbringen und freite sie. Einige Zeit nach der Hochzeit starb die Alte und der Papiermüller übergab dem Sohne die Meisterstätte und das ganze Kram, zog selbst nach Goslar und nahm da Quartier. Die Zeit lief hin und die junge Frau gebar einen Sohn. Die beiden Dienstmädchen mussten bei der Wöchnerin wachen. Als es gegen Mitternacht war, wurden die Mädchen gleich der Wöchnerin müde und alle schliefen ein. Da sie am Morgen aufwachten, lag der Knabe tot neben der Wöchnerin und niemand wusste, auf welche Weise er zu Tode gekommen war.
Die Zeit ging wieder hin und die junge Papiermüllerin gebar ein kleines Mädchen. Dabei ereignete sich alles wie zuvor. Eine Zeit lang nach dem Tode der Tochter gebar die Frau wieder einen Knaben. Da war unter den beiden Dienstmägden eine neue, die erzählte der andern in der ersten Nacht etwas und dadurch blieben beide wach. Es war aber eine wundervolle Nacht, der Mond schien hell und als es so gegen elf war, sprach das neue Mädchen, sie wollten gar ein bisschen ausgucken. Nun lag der Papiermühle gegenüber ein großes Angebäude, da entstand plötzlich ein Geräusch und dann ging dort ein Fenster auf und guckte eine weiße Gestalt heraus. Als die Glocke zwölf schlug, schloss die weiße Gestalt das Fenster, holschte wieder über den Boden herüber und ging fort.
Wie am Morgen der Herr der Mägde aufstand, erzählten sie ihm das. Er wollte ihnen anfangs nicht glauben und beschloss in der folgenden Nacht selbst mit aufzubleiben. Sobald die Glocke nun elf schlug, kam die Gestalt wieder und der junge Papiermüller erkannte seine Mutter. Schlag zwölf warf die Gestalt wieder das Fenster zu und verschwand. Am andern Tage wurde der alte Papiermüller herbeigeholt, auch der blieb die Nacht auf und überzeugte sich, dass die ersten beiden Kinder von Niemand anders als von seiner Frau getödtet sein konnten. Er bestellte also sogleich zwei Barfüßer herbei, welche den Geist verweisen sollten. Auch der Arzt und die Hebamme wurden herbeigeholt, für den Fall, dass der Wöchnerin etwas geschähe, weil der Geist auf der Kammer, wo sie lag, verwiesen werden sollte. Die Barfüßer befahlen dem Müller, dass er während der Verweisung Alles im Hause offen lassen sollte, und das geschah auch; doch machte der Wächter, als er vorbeikam, die Haustür und das Dielfenster zu. Die beiden Barfüßer beschrieben zuerst drei Ringe auf dem Fußboden der Stube. Es waren aber die Beiden ein junger Mensch und ein alter. Der Junge setzte sich unten ans Bett an einen kleinen Tisch, nahm sein dickes Buch, legte es verkehrt und fing an, so darin zu lesen; der Alte stellte sich neben ihn. Nun kam auf den Glockenschlag elf die Alte ans Fenster im Angebäude. Als sie ein Schäuerchen (Weilchen) ausgeguckt hatte, schob sie das Fenster zu und kam herein. An dem vordersten Ringe blieb sie stehen. Da sprach der junge Barfüßer: „Geist, bist du ein guter Geist oder ein böser Geist? So gebiete ich dir zu reden.“ Sie antwortete nicht und er fragte zum zweiten Male. Sie antwortete aber wieder nicht und als er zum dritten Male fragte, hielt sie ihm vor, dass er seiner Mutter einmal einen Pfennig weggenommen hätte. Er sagte zwar, dass er sich dafür Papier gekauft hätte, aber dennoch musste er aufstehen, und der Alte setzte sich an seine Stelle. Als der sie auch also anredete, begann sie sich zu schütteln und gestand, sie könne nicht ruhen, weil sie nicht gewollt, dass ihr Sohn seine Frau freien sollte, auch dass sie am Tode der beiden Kinder schuldig wäre. Und wenn das Mädchen diesmal nicht munter geblieben wäre, so wäre es dem dritten Kinde ebenso ergangen. Da verwies der Barfüßer sie ins Rote Meer, sie aber fing an zu betteln: sie möchten ihr doch einen Winkel im Hause lassen, und wenn es nur ein Loch wäre, wo sie hineinkriechen könnte. Da fragte dieser Barfüßer ihren Sohn und ihren Mann, ob sie haben wollten, dass sie im Hause bleiben solle. Die wollten es nicht leiden und sprachen: nein, sie soll ins Rote Meer. Sobald die Glocke zwölf schlug, wendete sie sich um und war verschwunden und ließ einen furchtbaren Gestank zurück. Als sie herunter kamen auf die Diele, wo der Wächter Alles zugemacht hatte, hatte sie das eine Fach von den Fensterruthen mit herausgenommen. Von der Zeit an aber ist sie nicht wieder gekommen.
Die Wöchnerin
In Goslar stellt ein verwiesener Pastor in einem Hause den Wöchnerinnen nach und ist auch sonst an den Stuben, worin sich Wöchnerinnen befinden, ein Hängel, sodass sie von innen zugehängt werden. Das Hängel ist aber ein Kreuz, oder es ist wenigstens vor Zeiten ein Kreuz gewesen, und das Kreuz bewirkt, dass kein Gespenst und kein Geist an der Wöchnerin Macht hat. Da hat nun auch einmal eine Wöchnerin, die in jenem Hause gewohnt, das Hängel vorgehängt hat und mit ihren Kindern allein in der sichern Stube gewesen ist, draußen ein gewaltiges Rumoren gehört. Als ihr Mann, der ein Bergmann war, nach Haus kam, sagte sie ihm noch nichts davon; allein als es spät Abends war, hörte der ein furchtbares Rumoren im Ofen, und weil er meinte, eine alte Frau, die mit im Hause gewohnt und manchmal eine Pfeife geraucht hat, liege so spät noch im Ofen und suche nach einer Kohle, so rief er ihr zu: sie solle nur herein kommen, er wolle ihr schon Feuer geben. Da ist der Lärm noch ärger geworden, der Bergmann aber faltete darauf die Hände und sprach:
Ihr Höhlengeister, packet euch, Ihr habt hier nichts zu schaffen; Dies Haus das steht in Jesus Reich, Laßt es ganz ruhig schlafen.
Hiernach ist es im Hause still geworden. Auf dem Hofe aber ist ein Holzstoß gewesen, da hat eine Glucke oder Bruthenne mit ihren Küken gesessen, die hat während des Lärmens immerfort gerufen Kakedak und hat geplustert, als suchte sie ihre Brut mit den Flügeln zu schützen. Am andern Morgen aber hat die Glucke mit allen ihren Küken tot auf dem Hofe gelegen und das Gespenst, weil es der Wöchnerin mit ihrem Kinde nichts hat anhaben können, hat der Glucke mit ihren Küken den Hals umgedreht. Die Wöchnerin ist nun sehr besorgt geworden und als sie am Tage einmal auf den Hof gegangen ist, hat sie ihren Sohn, ein Schulkind, mitgenommen. Wie sie nun aber so auf dem Hofe stand, rief der Knabe alsbald hoch erschrocken: „Mutter, da kommt der Pastor!“ In dem Augenblicke sah sie ihn auch, wie er mit ausgebreiteten Armen auf sie zukam. Doch entfloh sie glücklich in die Stube, und getraute sich erst den Abend in Begleitung ihres Mannes wieder auf den Hof. Der Knabe ist ihnen auch gefolgt, und der rief alsbald wieder: „Mutter, da kommt der Pastor.“ Da sahen sie ihn alle, die Wöchnerin aber erreichte auch diesmal glücklich die Stube und der Mann ging sogleich zur Geistlichkeit und fragte, wie er sich zu verhalten habe. Die Geistlichkeit sagte, am andern Tage solle die Wöchnerin zur Kirche gehen und sich einsegnen lassen; dann aber dürfe sie nicht in das alte Haus zurückkehren, sondern er solle eine neue Wohnung miethen, und da müsse sie sogleich von der Kirche aus hingehen; in das alte Haus sei früher einmal ein Pfarrer verwiesen, der stelle den Wöchnerinnen nach. Und so ist es auch gewesen. Vor einer Kammer in dem alten Hause hat ein mächtiges Schloss gehangen, und auf der Kammer hat der verwiesene Pfarrer gesessen. Der Bergmann aber hat mit seiner Frau getan, wie ihm geheißen ist.
Eine alte Anweisung für Goldsucher von Goslar aus
Der Harz wurde in frühern Jahren viel nach Schätzen durchsucht und es finden sich viele sehr bestimmte Anweisungen für Schatzsucher, besonders in der Gegend des Brockens. Die folgende entnehme ich aus der im Jahre 1680 von dem Leipziger Magister Johannes Prätorius herausgegebenen Schrift „Alectryomantia“. „Der Hirschberg – heißt es darin – ist gelegen vor Goslar, bei dem Rammelsberg über. So halte dich in demselben Berg auf die rechte Hand, so kommst du auf einen Kreuzweg, da stehe stille und siehe nach der Sonnen, wenn sie zu Gnaden geht, da richte dich nach; danach kommt dir ein Grabe zu mit einem halben Berge, da lege dich nieder, da wirst du Moos auf finden, und drunter ein Wasser, aus dem Klee springend. Hebe das Moos auf und suche darunter, und gehe darüber entlang, bis dass du kommst an das rechte Holl oder Born, darinne findest du Gold-Körnlein, so groß als Erbsen, und wie Bohnen und immer größer. Probatum est!“
Kaiserswoort in Gittelde
Durch Förste kam einstmals ein alter Kaiser mit noch so einem alten Knaben; da sagte der Kaiser an der Stelle, wo jetzt Gittelde steht: hier will ich mich anbauen. Da sagte der Andere, dem die Gegend auch lieb war: is dat eu Woort? Ja, antwortete der Kaiser, und baute Gittelde. An der Stelle, wo das Gespräch gehalten wurde, steht jetzt Holz, sie heißt aber noch heutiges Tages Kaiserswoort. Ferner wird ein Garten in Gittelde noch heutiges Tages der Kaisersgarten genannt und die Mauer, die ihn umgibt, die Kaisersmauer. In dem Kaisersgarten hat aber das Schloss des Kaisers gestanden, und die ganzen umliegenden Dörfer haben zu Gittelde gehört.
Kaiser Heinrich der Vogelsteller und die Mönche
Heinrich der Vogelsteller wohnte auf der Staufenburg und ließ seine Frau einmal daheim, während er selbst in den Krieg ziehen musste. Das erfuhren die Mönche in einem reichen Kloster, welches etwa acht Stunden von der Staufenburg entfernt nach Nordhausen zu lag, und deren dort fünfhundert Mann gewesen sind. Sie waren aber so schandbare Burschen, dass sie während der Zeit allesamt Herrn Heinrichs Frau nachgestellt haben. Da sind denn einmal ein paar Mönche nach der Staufenburg gereist und haben der Kaiserin aufgelauert. Die Kaiserin ist gerade spazieren gefahren und die Mönche sind zugesprungen, haben sie aus der Kutsche geraubt und mit sich nach dem Kloster geführt. Der Kutscher, der aus dem Klosterdorfe gewesen ist, hat die Mönche gekannt und keinem etwas gesagt. Die Kaiserin aber hat sich dazu nicht gebrauchen lassen wollen, wozu sie die Mönche haben brauchen wollen, und darum hat man sie in das finsterste Gefängnis geworfen. Den Kutscher nahmen dann die Mönche selbst in Dienst und da hielt er nun vollends seinen Mund. Lange Zeit nachher aber wurde er abgelohnt und ging in die Welt, um sich eine Stelle als Kutscher zu suchen. Er kam wieder zu Kaiser Heinrich, der jetzt schon wieder aus dem Kriege zurück war, und der behielt ihn auch. Da sollte er eines Mittags die Probefahrt machen, ob er auch das Fahren bei den Mönchen nicht verlernt hätte, und er fuhr an der Stelle vorbei, wo die Kaiserin aus der Kutsche geraubt wurde; da sagte der Kutscher zum Kaiser: „Diese Stelle ist mir sinnlich.“ Der Kaiser fragte: wodurch? Und der Kutscher erzählte die Geschichte mit der Kaiserin. Der Kaiser aber sagte mit Tränen in den Augen zum Knecht, der Jakob hieß: „Kehre nur um, Jakob, du hast deine Probefahrt gut gemacht und dieselbe soll dir Vieles einbringen.“ Darauf ließ der Kaiser alle Soldaten zusammenblasen, zog hin und umringte das Kloster mit seinen Soldaten, sodass kein Mönch herauskonnte. Sie überlieferten ihm seine Frau aus dem Gefängnis, und er ließ für die vielen Schandtaten, die sie in ihrem Leben ausgeübt, alle fünfhundert Mönche bestrafen. Der Knecht aber wurde zur Belohnung für sein gutes Gedächtnis vom Kaiser zum General gemacht und er hat auch nachher bewiesen, dass er ein rechter General war, durch seine Tapferkeit im Kriege.
Die Schlacht bei Staufenburg und der Schimmel