Alte weiße Frau - Désirée Nick - E-Book
SONDERANGEBOT

Alte weiße Frau E-Book

Désirée Nick

0,0
14,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 14,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Wie Frauen sich gegen Ageism wehren: Désirée Nick, die Jeanne d‘Arc der Golden Girls zeigt, wie’s geht

Während »alte weise Männer« noch immer zu allem ihren Senf dazugeben dürfen, drängt unsere Gesellschaft Frauen ab einem bestimmten Alter konsequent ins Aus. Dann sollen sie die Klappe halten, möglichst unsichtbar werden und jeden noch so schlechten Altherrenwitz hinnehmen.

Damit muss Schluss sein! Gewohnt bissig, unverblümt und treffsicher verknüpft Satirikerin und Bestsellerautorin Désirée Nick Witz und Weisheit zu bester Unterhaltung. Ob Sex, Mutterschaft, Feminismus, soziale Medien oder Arbeit: So persönlich wie brillant zeigt sie, wo Altersdiskriminierung im Alltag auf Frauen lauert und wie wir uns dagegen wehren können.

Ein Manifest für alle über 40, die planen, die nächsten 60 Jahre zu den besten ihres Lebens zu machen!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 298

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Désirée Nick war schon vieles in ihrem Leben: Sängerin, Tänzerin, Dschungelqueen, Schauspielerin, Podcasterin und regelmäßiges Ärgernis für Spaßbremsen. Nur eines war sie nie: still. Und so tut sie sich verdammt schwer mit der Rolle, die unsere Gesellschaft Frauen ab einem bestimmten Alter aufzwingen will: Der einer stillen Beobachterin. Deshalb legt sie nun, nach zahlreichen Bestsellern wie »Gibt es ein Leben nach fünfzig?«, »Nein ist das neue Ja« und »Der Lack bleibt dran« ihr bislang persönlichstes Buch vor - und einen längst überfälligen Aufschrei gegen Altersdiskriminierung.

Wie Frauen sich gegen Ageism wehren: Désirée Nick, die Jeanne d’Arc der Golden Girls zeigt, wie’s geht

Während »alte weise Männer« noch immer zu allem ihren Senf dazugeben dürfen, drängt unsere Gesellschaft Frauen ab einem bestimmten Alter konsequent ins Aus. Dann sollen sie die Klappe halten, möglichst unsichtbar werden und jeden noch so schlechten Altherrenwitz hinnehmen.

Damit muss Schluss sein! Gewohnt bissig, unverblümt und treffsicher verknüpft Satirikerin und Bestseller-Autorin Désirée Nick Witz und Weisheit zu bester Unterhaltung. Ob Sex, Mutterschaft, Feminismus, Soziale Medien oder Arbeit: So persönlich wie brillant zeigt sie, wo Altersdiskriminierung im Alltag auf Frauen lauert und wie wir uns dagegen wehren können.

Ein Manifest für alle über 40, die planen, die nächsten 60 Jahre zu den besten ihres Lebens zu machen!

Désirée Nick

ALTE WEISSEFRAU

Warum Falten kein Knick im Lebenslauf sind

Das Anti-Ageism-Buch

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.Der folgende Text arbeitet mit den Bezeichnungen »Alte weiße Frau« (AWF), »Alter weißer Mann« (AWM), »Junge weiße Frau« (JWF) und »Junger weißer Mann« (JWM). Diese beziehen sich jedoch, wenn nicht explizit anders angegeben, nicht exklusiv auf die Zuschreibung als »weißer« Mensch, sondern stehen hier im Kontext der breit geführten Diskussion um Political Correctness sinnbildlich für Menschen aller Hautfarben.

Copyright ©2023 by Penguin Verlag

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Lektorat: Nina Schnackenbeck

Covergestaltung: Favoritbuero, München

Coverabbildung: © Peter Rigaud

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-30647-2V003

www.penguin-verlag.de

Inhalt

1 Was ist eine Cis-Frau?

2 Jung sterben oder alt werden?

3 Hot Girl Shit

4 Die AWF: Hexe oder Ikone?

5 Shut Up, Motherfucker

6 Ärsche aus Gold

7 Paillette geht immer

8 Die Magie des Alters

9 Wie lange wollen Sie das eigentlich noch machen?

10 Wer ist der alte weiße Mann?

11 Warum will niemand über alte weiße Frauen reden?

12 Mein 100. Geburtstag

13 Es waren nie Beleidigungen, es waren immer Beobachtungen

14 Plaudereien im Palais

15 Warum das TV sich selbst abschafft

16 Fifty Shades of Beige

17 Liebe zwischen Penisbruch und Scheidenkrampf

18 Zu jung für Bingo – zu alt für Ecstasy

19 Königinnen per se

20 Das Böse wohnt in meinem Schrank

21 Hier geht’s um den Hals

22 Haare auf den Zähnen

23 Die AWF und ihr Polydiadem

24 Lass waxn, Baby!

25 Botox? Da muss ich lachen, wenn ich könnte

26 Mein Tutorial für die JWF

27 Die Rosenkavalierin

28 War unser Leben nicht schön?

29 Kennen Sie noch das Testbild?

30 Fly me to the moon

31 Wie man mit Schnauze die Welt regiert

32 Über JWF, die sich bei Berührung mit Wasser in Nixen verwandeln

33 Ich und mein Mama-Blog

34 Die Welt gehört der Frau

35 Home, smart home

36 Kiss my Tiara

»Ich glaube, dass zur Klärung der Situation der Frau immer noch Frauen am besten in der Lage sind.«

Simone de BeauvoirMutter aller Frauenrechtlerinnen

»Wenn in einem Saal mit 2000 Menschen kein einziger an mir Anstoß nimmt, mich verklagt oder sich von mir beleidigt fühlt, dann bin ich als Entertainer und Künstler gescheitert.«

Jimmy Fallon

»Gott erschuf den Mann, das war sein erster Entwurf. Dann verbesserte er all seine Fehler und er schuf die Frau!«

Désirée Nick

Ich widme dieses Buch einer alten, weißen Frau, die es hervorragend verstand, mich nicht nur als junge, starke Frau, sondern als außerordentliche Künstlerin zu erziehen!

In Liebe, deine Desi.

Für meine Mutter Ulla,geb. 26.8.1936

1 Was ist eine Cis-Frau?

Beginnen wir damit, dass ich als Reality-Ikone und Trash-Legende, als eine Pionierin der gesamten LGBTQ+-Bewegung und Aktivistin seit 1974 sowie studierte Religionslehrerin eine komplizierte philosophische Frage stelle, an der sich Sozialwissenschaftler die Zähne ausbeißen werden.

Eine Frage, die sehr schwierig zu beantworten ist und deren endgültige Definition den Genderexperten, der sie beantworten kann, zu einer dieser seltsamen Kreaturen machen würde, deren Kopf man in den Gläsern der naturwissenschaftlichen Labore, eingelegt in Formaldehyd, ausgestellt findet.

Hier ist die prekäre Frage: Was ist eine Frau?

Inzwischen ist diese Frage komplizierter geworden, als man je erwartet hätte. Die Antwort sorgt nämlich für Verwirrung an allen Fronten.

Über die Definition eines alten weißen Mannes hingegen herrscht offenbar Einigkeit.

Noch schwieriger wäre dann ja wohl die Antwort auf die Frage: Wo steckt eigentlich die alte Frau (jeglicher Hautfarbe)? Das Weiß kommt mir bei der Kategorisierung der »alten Frau« ehrlicherweise nur schwer über die Lippen, aber um hier aufzuklären, habe ich schließlich dieses ganze Buch geschrieben.

Wird sie bei all der Stigmatisierung übergangen, ignoriert, vergessen? Und warum? Weil sie alt ist, weiß ist oder eine Frau?

Was haben Frauen diesmal wieder verbrochen?

Und ab wann ist eine Frau eigentlich alt?

»Ein ganzer Kerl« zu sein, ist zu einem Riesenkompliment für eine gleichberechtigte Frau geworden.

Doch ist »ganz Frau zu sein« eine Klassifizierung, die auf äußerlichen oder inneren Eigenschaften beruht? Vielleicht ist es heutzutage gar eine Beleidigung?

Wenn eine Frau »ihren Mann steht«, dürfte doch wohl zu erwarten sein, dass Männer sich inzwischen im Gegenzug die Fähigkeiten einer Frau angeeignet haben.

Ist eine Frau nur eine biologische Geschlechtsbezeichnung oder ist es eine Möglichkeit, sich selbst zu identifizieren?

Ist es nur eine grobe Einteilung für andere, um uns amtlich zu registrieren und dem neuen Lebewesen 24 Stunden nach der Geburt eine Steuernummer zu verpassen?

Männlichkeit und Weiblichkeit sind die Gegenpole, welche die biologische Voraussetzung sind, damit Leben reproduziert werden kann.

Mittlerweile ist eine Frau eine Geschlechtsidentität, die eher dem Sein eines Mannes ähnelt: Wir ackern, bis wir umfallen, tragen die Verantwortung für alles, sind unabhängig, selbstbestimmt und gebildet, können Holz hacken, Brot backen, fahren einen Lkw und sollen uns dann noch supersexy inszenieren und in der Kiste aufgestrapst die große Show abziehen.

Das Ergebnis unterm Strich: Laut einer Studie wäre die Mehrheit aller Männer begeistert, wenn Frauen im Restaurant gelegentlich die Rechnung übernähmen.

Dieselbe Studie hat ergeben, dass die Mehrheit aller Frauen begeistert wäre, wenn sie für ihre Arbeit gelegentlich genauso bezahlt werden würden wie ein Mann.

Nicht nur, dass der Feminismus seitens der Männer zu deren Gunsten ausgelegt wird, nein, es ist inzwischen nicht einmal mehr klar, was überhaupt eine Frau ist und wer amtlich als Typ durchgeht. Zumal viele beides leben.

Nur eines scheint festzustehen: überall alte weiße Männer! Und wo sind nun die alten Frauen?

Politisch gesehen ist das alles sehr dünnes Eis, auf dem wir uns bewegen, und deshalb gibt es dringend Klärungsbedarf.

Warum verstummen rund 20 Millionen Menschen 50+ in dieser ach so liberalen und diversen, zudem überalterten deutschen Gesellschaft? Wir lassen #ageism und Diskriminierung über uns ergehen, ohne die Stimme zu erheben.

Die Männer in diesem Alter werden noch als Gruppe »alter weißer Männer« zusammengefasst und an den Pranger gestellt, während die Frau als solche in der homogenen Masse von »Fifty Shades of Beige« untergeht.

Wir dürfen erleben, dass Geschlecht nicht nur ein biologischer Fakt ist, sondern eine soziale Konstruktion: In der Mitte des Lebens werden uns gesellschaftliche Zuschreibungen und Normen übergestülpt, indem wir uns ab 50 gefälligst ALT zu verhalten haben.

Wir sollen schweigen und uns beschimpfen lassen. Hauptsächlich sogar von jungen weißen Frauen!

Und das heute, wo die Definition, wer überhaupt Mann oder Frau, wer bigender, demisexuell, Dragking, Dyke, Fag, gender binary, heteronormativ oder pansexuell ist, noch mehr Verwirrung stiftet.

Jungen Menschen wird quasi wie im Restaurant ein À-la-carte-Menü sexueller Orientierungen präsentiert, was erst mal zum Nachdenken anregt.

Da kommt ein Teenie auf der Suche nach seinem Ich schnell in Schwulitäten.

Ich selbst bin zum Beispiel mehr als eine Frau. Ich bin auf jeden Fall queerer als so manch biedere, bürgerliche Schwulette.

Jede Dragqueen dieser Welt kopiert mich in ihren Bemühungen, ein Damenimitator zu sein. Wenn sie mich nicht kopiert, inspiriere ich sie wenigstens.

In meine Haut zu schlüpfen, wird dennoch nie gelingen, denn in mir steckt ein ganzer Kerl.

Da ich nicht lesbisch und auch kein Transgender bin, gelte ich jedoch als Cis-Frau.

Wer hat sich all das bloß ausgedacht? Die Vielfalt sexueller Identitäten wird inzwischen in den Amtsstuben verwaltet.

Ja, man kann sich in einer diversen Gesellschaft schnell vergaloppieren, verirren, aber jederzeit auch ganz legal mehrfach umentscheiden.

Wenn es für das Geschäft förderlich ist, rennt so manche Hete heutzutage in Frauenklamotten herum, geradewegs so, als wäre es die Dienstkleidung des Pflegepersonals. Was dem einen sein Kittel, ist dem anderen seine ausgestopfte Corsage.

Inzwischen, so scheint es, kann jeder eine Frau sein, der eine werden möchte. Es hängt nicht davon ab, ob eine Person mit oder ohne Gebärmutter geboren worden ist.

Ja, die Emanzipation treibt ihre pittoresken Stilblüten und sie steckt dennoch erst in den Kinderschuhen.

Und diese ganze Generation, die dafür gesorgt hat, dass solche Freiheiten und gesellschaftlichen Umbrüche möglich geworden sind, wird jetzt alt.

Da wir aber nicht einmal mehr wissen, was überhaupt weiblich, was männlich oder was als eine Art Frau gilt, wird es umso komplizierter, wenn wir dazu noch die Sache mit dem Alter ins Visier nehmen.

Was bedeutet altern und wie zeigt es sich? Eine 18-jährige Eiskunstläuferin ist definitiv alt. Eine 30-jährige Balletttänzerin ebenso. Als Modell bist du zu alt, wenn du volljährig bist. Mit 30 ist man in vielen Berufen und Sportarten eine Seniorin.

Eine Amazone soll das beherrschen, was in der Menschheitsgeschichte stets dem Manne zugeschrieben wurde: auf die Jagd gehen, Beute heimholen und das Feuer kontrollieren.

Und sie hat bei alldem gefälligst jung zu sein.

Warum schaffen eigentlich die Kerle nicht das Pensum, das wir absolvieren?

Wenn die Frau über 50 Macht und Intelligenz besitzt, zudem noch attraktiv ist, wird dies Neid und Missgunst provozieren und sie wird als »alte Schachtel« deklariert.

Hier tut sich eine große gesellschaftliche Kluft auf.

Wir als Kinder der 60er-Jahre sind definitiv aufgerufen, die kommenden 50 Jahre, also die zweite Hälfte unseres Lebens, neu zu gestalten. Jedoch: Schon mit 40 resignieren viele meiner Schwestern im Geiste, und sie fühlen sich nicht mehr taufrisch, bezeichnen sich selbst als »altes Eisen«.

Keiner tritt für uns ein. Weder die alten weißen Männer springen uns zur Seite noch die Mediengesellschaft. Offiziell müssen wir uns entschuldigen und uns rechtfertigen, warum wir überhaupt noch mitmischen.

Ich frage mich oft, welchen Plan die Herrschaften haben, die sich für eine Geschlechtsumwandlung entscheiden. Haben sie daran gedacht, spätestens ab 50 zu uns als Golden Girls, sprich, den alten weißen Frauen zu gehören und per se diskriminiert zu werden?

Personen, die von Mutter Natur aus weiblichen Geschlechts sind, wird übrigens empfohlen, ab 20 Jahren mit der Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs zu beginnen. Mit 30 mit der von Brustkrebs.

Prophylaxe sind wir ja bereits oral gewohnt. Und zur Darmspiegelung sollen wir jetzt auch! Es ist nicht witzig.

Vieles, was Lebewesen mit dem X-Chromosom im Laufe ihres Lebens zu erleiden haben, ist mit unvorstellbaren, die Sinne betäubenden Schmerzen verbunden: Denken wir an die von da Vinci so formvollendet und berührend dargestellte Mater dolorosa. Sie wusste, warum sie als die Schmerzensreiche vergöttert und angebetet wurde.

Nicht nur erleiden wir Arbeitstage in elf Zentimeter Stilettos, Corsagen und Bleistiftröcken, in denen man dem ICE hinterherrennt, wir erdulden monatlich das prämenstruelle Syndrom, Blähbäuche, Blutungen, die im Laufe der Jahre immer stärker werden, Unterleibsschmerzen, Migräneanfälle, Wassereinlagerungen in den Beinen, Schwangerschaftsstreifen, Brustspannungen, Milchstau, Hängebusen, Wehen, Fehlgeburten, Entbindungen, Abtreibungen, Sterilisation, Ausschabungen und Dammrisse bei vollem Bewusstsein. Welches Schicksal hat Mutter Natur für die Frauen also geplant? Seit Jahrzehnten schwanger, Mutter von acht Kindern oder bei einer der vielen Geburten verstorben?

Es folgen Abstriche, Mammografien und Anti-Aging-Cremes, mit denen man uns das Geld aus der Tasche zieht, schließlich die Wechseljahre. Sind die Hitzewellen von 500 Millionen Frauen etwa der Grund für die drastische Erderwärmung?

Und dann die Pillen, die Hormone. Wo wären wir ohne sie?

Das alles hinterlässt seine Spuren am Wunderwerk des Körpers einer Frau. Oftmals lächeln wir es sogar noch weg. Weil wir damit niemandem zur Last fallen wollen, schon gar nicht dem alten weißen Mann.

Sind wir als Frauen überhaupt noch gesellschaftspolitisch von Interesse, wenn wir nicht mehr reproduzieren können?

Warum scheint also für Männer so verlockend, per Kostümwechsel in unsere Haut zu schlüpfen? Wissen sie eigentlich, was wir durchzustehen haben?

Wir müssen Karrierefrau, Mutter, Krankenschwester, Köchin, Putzfrau, Geliebte, Heilige und Hure zugleich sein und haben zusätzlich noch ein Leben lang, tagein, tagaus, den Ärger mit unserer Frisur. Spliss, kaputte Dauerwellen, Haarausfall nach Entbindungen, Bad-Hair-Days, ach, es ist ein endloses Dilemma.

Warum werden die seelischen Erfahrungen, Bedürfnisse und Realitäten von Frauen allzu oft übersehen und auf bunte Klamotten und hohe Hacken reduziert?

Es ist offensichtlich, nicht wahr? Ist der Feminismus, neu verpackt, gar eine kapitalistische Errungenschaft? Genauso zu einem Geschäftsmodell verkommen wie ein riesiger runder Arsch?

Diese Gegenreaktion auf den Feminismus in radikaler Form ist nicht erst seit den Kardashians da. Mit Schlüsselreizen aus der Steinzeit bedienen sie Impulse, welche Weiblichkeit tatsächlich zum kapitalistischen Geschäftsmodell erhoben haben.

In vielen Fällen entspricht Weiblichkeit einer Ideologie, die sich über die vielfältigen Bedürfnisse und Lebenswirklichkeiten von Frauen hinwegsetzt.

Müssen wir den Männern überlassen, zu beschreiben, wie Weiblichkeit aussieht?

Kann Geschlecht eine Ideologie sein?

Nach dem Klimakterium müssen wir uns neu erfinden, stehen Scheidungen durch, sitzen Ehen aus, werden vielleicht Schwiegermutter, Großmutter und möglicherweise Witwe – erlangen gleichzeitig aber auch immense Freiräume. Zeitliche Kapazitäten, von denen wir früher nur geträumt haben.

Jetzt beginnt unsere Zeit! Während sich in anderen Generationen am Horizont ein beschaulicher Lebensabend abzeichnete, legen wir erst so richtig los. Wir haben Informationen, Interessen, genießen Unabhängigkeit, sind reich an Erfahrungen, haben vielfältige Sachkenntnisse und geheime Konten.

Wir haben Adressen von Ärzten, Chirurgen und Beziehungen. Wir sind vernetzt und verschwenden keine Zeit mehr mit Arschlöchern. Proportional zum Älterwerden verkürzt sich der Zeitraum, den wir benötigen, um falsches Spiel und Betrüger zu entlarven.

Wir sind hochversichert. Das kann ich jeder nur als Tipp geben: immer überversichern! Es wird sich früher oder später auszahlen, und du wirst hofiert, weil du eine gute Kundin bist.

Jetzt haben wir Zeit, uns zu engagieren und unsere Stimme zu erheben!

Schon unter dem Aspekt der Gleichberechtigung wäre es doch an der Zeit, endlich den Fokus auf die stillschweigend erduldete Diskriminierung der alten weißen Frau zu richten.

Aber selbst Alice Schwarzer hat andere Dinge im Sinn.

Laut Statistik ist bereits jeder fünfte Mensch in Deutschland ein alter weißer Mann.

Der sonore Macho wird uns alle überrollen, ob im Holzfällerhemd oder im Sakko, er ist bald in der Überzahl und hat obendrein nun ein etabliertes Marketinglabel (AWM).

Er wird immer pünktlich dort angeprangert, wo alteingesessener Starrsinn herrscht, wo die Meinungen und Ansichten rückwärtswandern und stagnieren.

Und unter diesem Deckmantel ist der alte weiße Mann zu einem Synonym geworden, was letztendlich die Herabwürdigung des Alters sogar legitim erscheinen lässt.

Wird der AWM explizit benannt, ist die gesamte Altersdiskriminierung auf einmal salonfähig.

Ageism hat eine Formel gefunden, die Verachtung legitimiert.

Im Sinne der Gleichberechtigung müsste doch inzwischen auch von der alten weißen Frau (AWF) die Rede sein. Ist sie etwa nicht existent? Wie kann man rund 20 Millionen Frauen einfach übersehen?

Frauen leben länger als Männer, ihr Durchschnittsalter liegt in Deutschland derzeit bei 83,4 Jahren. Von daher müsste es schon mal viel mehr alte weiße Frauen als alte weiße Männer geben.

Liegt es nicht nahe, endlich auch die Damen unter diesem Aspekt ins Visier zu nehmen?

Kann es sein, dass wir als AWF vielleicht zu gut abschneiden und gar nicht zur Diskriminierung taugen?

Oder bleiben wir nur deshalb von Kritik verschont, weil man uns generell nicht wahrnimmt?

Ist es Akzeptanz oder Ignoranz?

Die Zeit ist wahrlich reif, das Label der »alten weißen Frau« zu etablieren.

Aber wie will man eine alte weiße Frau heute definieren? Männer müssen sich niemals auf den Besitz einer Prostata oder als Eigentümer ihrer Kronjuwelen, in Form von Penis und Hoden, reduzieren lassen.

Niemals habe ich eine Definition von »cis« gelesen, mit der ich mich identifizieren könnte! Es gibt Frauen ohne Brüste, Frauen ohne Kinder und sie sind eine Bereicherung für unsere Gesellschaft. Sie sind nicht weniger Frau, weil sie keine Familie gegründet haben. Oder flach sind wie ein Bügelbrett.

Der AWM wird sie wahrscheinlich gar nicht wahrnehmen, denn in seinem Kosmos gibt es nur begehrenswerte Frauen als Dekoration und Statussymbol, Partnerinnen, die zu ihm aufschauen.

Daher fordere ich Gleichberechtigung, auch hinsichtlich der Stigmatisierung.

Würde sich der Begriff der »alten weißen Frau« als neues Feindbild durchsetzen, dann wären wir den Männern ebenbürtig und emanzipatorisch schon mal einen Schritt weiter.

Aber ich glaube, man kann uns einfach nicht so viel vorwerfen wie den alten weißen Männern.

Und solange wir noch nicht einmal definieren können, was eine Frau ist oder diese Erfahrung benennen können, können wir uns nicht als alte weiße Frauen politisch organisieren. In unserer Bewegung gegen Altersdiskriminierung sind übrigens Menschen aller Hautfarben willkommen. Ich habe nie verstanden, warum der Begriff des alten weißen Mannes Männer anderer ethnischer Abstimmung ausschließt.

Ich umarme mit meinem Pamphlet auch alte schwarze Frauen, das gleich mal vorneweg.

Die Benennung der Dinge geht seit jeher von Männern aus: Unsere Gesetzgebung und unsere Werte wurden jahrhundertelang von Männern formuliert. Warum? Natürlich, um unsere Wahrnehmung zu kontrollieren.

Ich glaube, dass zur Klärung der Situation der Frau immer noch Frauen am besten in der Lage sind.

Geschlechterfragen hören nicht bei den Debatten um Toiletten oder Umkleidekabinen auf. Es geht um das Recht der Frauen, sich in einem System neu zu definieren, das befürchtet, dass wir genau das tun könnten: als alte weiße Frauen eine geschlossene Front, eine Einheit bilden! Gegen rund 20 Millionen Menschen kommt keiner an!

Auch hier wieder: Every color, any sister is welcome!

Ich halte mich für eine Frau. Ich fühle mich wohl in meiner Haut. Ich hoffe, das ist politisch korrekt.

Tatsache ist, dass ich, wenn es um mein Aussehen geht, mich nicht mit den Klischees einer alten weißen Frau identifizieren kann.

Soll ich in lila Latzhosen on Tour gehen, weil ich mich für Frauenrechte starkmache, der Altersdiskriminierung die Stirn biete, oder muss ich als AWF auf Kittelschürze, Nickelbrille und Omadutt zurückgreifen?

Selbst im strengen Business-Nadelstreifenanzug sehe ich aus wie Marlene Dietrich. Eigentlich bin ich der absolute Burner im Hosenanzug.

Geschlechtsspezifische Nichtkonformität war immer ein wesentlicher Bestandteil meines Lebens.

Wir alle sind eine Kombination aus Biologie und persönlicher Geschichte.

Innerlich jedoch sind wir die Kinder unseres kollektiven Unterbewusstseins und tragen eine DNA in uns, welche die Prägung unserer Vorfahren enthält. Vieles klärt sich, wenn man in die eigene Familiengeschichte blickt und Ahnenforschung betreibt.

Und dennoch ist es bei jedem von uns anders. Wir haben immer die Wahl, selbst zu entscheiden, in welche Richtung wir unsere Leben steuern wollen.

Frauen sind wesentlich mehr als eine Zusammenstellung von körperlichen Attributen. Darf ich gefälligst über mein eigenes Leben und meine Erfahrungen sprechen? Also, ich weiß ganz genau, wohin ich gehöre, denn ich bin ein Vollweib! Egal, wie man mich nennt!

Und wer mich diskriminieren will, muss mit einer Reaktion rechnen. Im Falle der Altersdiskriminierung spreche ich für über 20 Millionen andere AWF!

Also: Was ist eine Frau? Ich stelle fest, dass es einfach jemand ist, der nicht damit einverstanden ist, frauenfeindliche Männer für sich sprechen zu lassen. Deshalb ergreife ich das Wort!

Als Reality-Queen und Theologin!

Nicht mal diese Bandbreite haben die Kerle zur Kenntnis genommen, weil es bequemer wäre, wenn ich eine Schlampe wäre. Oder Karriere über die Besetzungscouch gemacht hätte.

Aber die Typen, die mir in den Chefetagen begegnet sind, waren alle nichts für mich. Die waren so notgeil, dass sie auch einen Ständer bekommen hätten, wenn ein Schaf durch die Tür gekommen wäre.

Eins steht für mich fest: Wäre Gott eine Frau, dann hätte sie das ganze Schlamassel auf dem Planeten Erde niemals so weit kommen lassen!

Merke: Feminismus ist nicht Buddhismus!

2 Jung sterben oder alt werden?

Eine Zeit, in der die DIVERSITY dank mannigfacher politischer Bewegungen mitten in der Gesellschaft angekommen ist, braucht für pittoreske Diskriminierungen aller Art ein neues Ziel.

Wohin mit dem Frust, den Erniedrigungen und rassistischen Kommentaren, wenn Political Correctness der kleinste gemeinsame Nenner sein soll, um innerhalb der eigenen Peergroup nicht selbst zum Opfer zu werden?

Doch bei all den Bemühungen, die Welt zu verändern, ist das zwischenmenschliche Klima kein bisschen besser geworden. Ganz im Gegenteil, allseits droht statt Debatte Eskalation.

Viele Menschen wollen gar nicht mehr rausgehen, weil allerorts das Klima vergiftet ist.

Existenzangst, Energiekrise, Inflation, Unsicherheiten, Seuchen, Pandemien, Attentate, Reizüberflutung, Fake News … Es bedarf der Reflexion, um von der Informationsflut und der negativen Stimmung nicht überrollt zu werden.

Gott sei Dank hat die AWF schon viele Bewegungen kommen und gehen sehen.

Die Kinder der 60er-Jahre sind faktisch als »Babyboomer« die bevölkerungsstärkste Gruppe unseres Landes. Über 20 Millionen Frauen sind über 50 Jahre alt, und dennoch tauchen sie ab, ducken sich weg und erheben nicht die Stimme, um sich als Best Ager neu zu positionieren.

Warum?

Würden wir uns mit erschlafften Brüsten am Sozialministerium festkleben, wir würden schnell die Aufmerksamkeit erlangen, die uns gebührt.

Stattdessen bieten wir schweigend eine Plattform für #ageism in allen Varianten. Political Correctness gilt offenbar nicht für die Kinder der 60er-Jahre. Diskriminierungen, die für jede Randgruppe längst ein No-Go sind, finden in der Generation 50+ ihre neue Zielscheibe.

Hast du heute keinen #, gehst du unter in Fifty Shades of Beige.

Gehandelt wird maßgeblich aus Angst! Und unsere Angst besteht darin, alt zu sein. Wir haben Angst, diskriminiert zu werden, Angst, den Job zu verlieren, Angst, isoliert zu werden, unbeliebt zu sein, Angst vor Shitstorms, Angst, aufs Abstellgleis gestellt zu werden. Vor Verlust von Attraktivität, Gesundheit, Agilität – und Angst vor Altersarmut.

Doch Obacht: Angst macht krank! Altern macht Angst! Und was kommt unterm Strich dabei heraus? Altern ist eine Krankheit! So wird es zumindest betrachtet. Man soll gefälligst hinfällig sein, wenn man nicht mehr jung ist.

Vielleicht lässt sich dieser Missstand vermeiden, indem man jung stirbt?

Was für eine dramatische Schieflage!

Weil alle Diskriminierungen, welche gegenüber der LGBTQ-Community oder in Bezug auf #Sexismus und #Rassismus ausgesprochen werden, heute den Job kosten können, bleiben nur die Alten als Gruppe, über die eine geballte Ladung an Hate, Verachtung und Ausgrenzung ausgekübelt werden darf.

Weil, von denen sagt ja keiner was.

Von den Alten geht keiner auf die Straße, formiert sich, klebt sich fest, seilt sich ab, randaliert, gründet #-Bewegungen oder vermarktet sich als Greta Thunberg.

Man hat schließlich Besseres zu tun: die Weltreisen, das Haus auf Mallorca, die Kreuzfahrten, die Immobilien, die Aktien, die Gartenarbeit, die Enkel, die Coutureschauen, die Open University, das Lifting, die Bücher, die man noch schreiben will, die neuen Datingportale, die Weiterbildung, das Erbe, die Extensions und der Tanzkurs.

Von 84 Millionen Deutschen sind zwei Drittel nicht jung. Also die massive Mehrheit.

Doch warum tritt keiner für uns ein? Wo ist unsere Lobby?

So viel Häme also von genau den Leuten, die meinen, die Welt zu verbessern? So viel Missachtung jener, die glauben, mit ihren radikalen Maßnahmen in Sachen Klima und Gendersprech die Welt zum Positiven zu verändern?

Verschwörungstheoretiker, Zipfelmützen, Aluhüte, Rechtsradikale und scheiß auf die Generation 50+.

Die Ollen springen ja eh bald von der Klippe. Sollen sich einen Rollator besorgen und die Schnauze halten.

Wenig glaubwürdig, dass es bei all den Aktionen um das große Ganze geht.

Ja, man kann heutzutage aufgrund politisch inkorrekter Beleidigungen von Angehörigen der LGBTQ-Community, von Behinderten oder nicht weißen Staatsbürgern seine Arbeit verlieren. Ich finde das gut. Es hätte schon immer so sein sollen.

Diskriminierungen, Beleidigungen, Erniedrigungen und die Ausgrenzung und Isolation der 50+-Bürger sind hingegen ein sicheres Terrain, auf dem jeder seinen Frust abladen darf. Hier gibt es keine Fürsprecher, keinen Safe Space, der dem Einhalt gebietet.

Während der Flirt in der Kaffeeküche und ein Klaps auf den Po die Karriere kosten kann, ein falscher Blick zur falschen Zeit in eine Strafanzeige mündet, muss schließlich eine Zielgruppe herhalten, auf die all das projiziert wird, was man sich woanders nun verkneifen muss.

Und diese Gruppe, die es trifft, sind ganz, ganz viele, es sind die allermeisten von uns … nämlich die Alten. Manchmal nennt man uns nicht alt, sondern retro. Das ist eine freundliche Umschreibung von gaga.

Logisch, dass schon rein statistisch eine gigantische Freifläche zur Verfügung steht, um Hass und Isolation erblühen zu lassen. Denn rund 35 Millionen Menschen Ü50 stehen schutzlos zur Verfügung für #freeBeleidigungen, #freeErniedrigungen, #freeDiskriminierungen, ohne dass es irgendwelche Folgen nach sich ziehen würde.

Wer nicht dem festzementierten Bild einer Gaga-Oma ab 50 entspricht, der muss sich übrigens gefallen lassen, dass Seitenhiebe wie »GILF« oder der Stempel »attraktiv für dein Alter« jedes Kompliment trüben.

Muss man tatsächlich erst eine kleinwüchsige, blinde, lesbische Korbflechterin aus Down Under sein, um amtlichen Beistand zu genießen? Siehst du ab 50 gesund, fit und attraktiv aus und bist du nicht hinfällig, wird dir prinzipiell jeglicher Beistand verwehrt. Siehst du gut aus ab 50, heißt es, »Die hat was machen lassen«, siehst du schlecht aus, heißt es, »Sie sieht scheiße aus, ist halt alt!«.

Du musst fiese Kommentare einstecken, nur weil du noch existierst.

Wo bleibt nun also angesichts des Schutzes sämtlicher Randgruppen die längst überfällige Anti-#ageism-Bewegung?

Soll ich das jetzt auch noch für die Brüder und Schwestern der Babyboomer-Generation erledigen? Ich habe doch selbst schon genug mit Neid und Häme zu kämpfen, weil ich nicht verfalle, verfette, verbittere und stattdessen mit jedem Lebensjahr immer mehr im eigenen Glanze erstrahle.

Klar, ab 30 ist sowieso keiner mehr jung, ab 40 sind wir alle alt, und ab 50 gilt der Mensch aus der Perspektive Jugendlicher als verwest, scheintot und zum Abschuss freigegeben. Sex mit Ü60-Jährigen gilt gar als pervers.

Leider geht CRINGE rasend schnell vorbei und ignoriert komplett, dass Alter nur eine Nummer ist. Nicht mal eine Zahl. Es ist eine Maßeinheit aus einer Zeit, in der die Leute mit 40 aus den Latschen gekippt sind. Weil: 80 wurde gar keiner! Heute haben wir in der Mitte des Lebens neue Sorgen: alternde Eltern, Verluste von ans Herz gewachsenen Wegbegleitern, Teenager im Haushalt, einen dicken Hintern, Verantwortung auf allen Ebenen, schwabbelige Oberarme, Zuständigkeiten an allen Fronten.

Wir sollten als die Kinder der 60er-Jahre gefeiert werden, denn es sind diese Frauen, die dafür sorgen, dass die Welt sich weiterdreht.

Und also noch einmal: Warum wehrt sich diese bevölkerungsstärkste Gruppe nicht gegen Hate, Häme, Niedertracht und Diskriminierung?

So wie andere Communitys es vorgemacht haben?

Showbusiness ist nun mal ein dreckiges Geschäft! Und Humor ist die Gleitcreme des Lebens. Also betrete ICH an dieser Stelle die Bühne.

Im Entertainment auf Political Correctness zu setzen, ist, als würde man beim Rodeo auf Sicherheit und Gesundheit hoffen. Doch viele tun genau das, wenngleich es völlig absurd ist. Kennen sich nicht die Bohne aus mit deutscher Sprache, Kunst und Kultur, aber wollen den Koryphäen und Meistern ihres Fachs Kontrolle und Verbote auferlegen. Ja, das Dümmste ist neuerdings sogar the new normal geworden.

Die längste Zeit unseres Daseins werden wir als reife Menschen verbringen müssen – wenn wir mit einem langen Leben gesegnet sind.

Es gibt zum Altwerden wirklich nur eine einzige Alternative: jung zu sterben! Und eigentlich muss man heute jeden beglückwünschen, der die 30 erreicht, ist der Zyklus des Lebens doch für viele auf der Überholspur schon ausgereizt, bevor sie überhaupt 40 werden. Wer heute jung ist, wird übermorgen schon alt sein. Nach Ausbildung oder absolviertem Studium bleiben gerade noch fünf bis sechs Jahre Jugend übrig.

Entscheidet euch. Fest steht: Generation Z ist schon übermorgen alt.

Ich lebe eigentlich immer mit dem Gefühl, gerade erst die Weihnachtsdekoration abgenommen zu haben, da baue ich sie schon wieder auf. Dazwischen rast die Zeit!

3 Hot Girl Shit

Schnell wird die Frau als Kompliment zu hören bekommen: »Du siehst ja immer noch sehr gut aus – für dein Alter!«

Mit drei habe ich auch gut ausgesehen – für mein Alter. Wofür sonst?

Und ich sage euch eins: 60 ist genauso wie 30 – nur mit mehr Geld!

Proportional zum Älterwerden haben sich meine Erfolge, Latifundien, Pfründe, Aktien, Besitztümer, Couture-Outfits, Schuhschränke und Handtaschen potenziert. Als ich jung war, hatte ich gar nix.

Auch meine Brüste sind besser geworden. Ich habe nicht abgenommen, aber umgeschichtet.

Älterwerden bedeutet für mich Fortschritt. Oh, ich war früher so viel älter als heute! Ich bringe die Generation Z, die sich an mir orientiert, schon ganz durcheinander, da sie mit meiner Attraktivität, meinem Charme, meiner Energie und meinem prickelnden Spirit nicht gerechnet hat.

Ganz zu schweigen von meiner Eleganz, Grazie und Anmut. Die besitzen viele ja nicht mal in der Blüte ihrer Jahre.

Nicht auszudenken, was für ein Schrotthaufen zurückbleibt, wenn man betrachtet, wie viele Ersatzteile junge Kolleginnen benötigen, um sich überhaupt in die Öffentlichkeit zu wagen. Ich habe Kolleginnen, die tragen ab 40 ihre Kaiserschnittnarbe als Halskrause.

Ja, das ist erlaubt. Aber erlaubt ist doch wohl auch, den Babyboomern einzugestehen, dass sie fucking hot girl shit sind und eine Generation repräsentieren, mit der niemand gerechnet hat.

Klar, dass es auf Widerstand stößt, wenn man mit 65 im Nacktshooting besser und erotischer aussieht, als es den meisten mit Mitte 20 gelingt.

Seien wir ehrlich: Nicht jeder ist knackig und attraktiv, nur weil er unter 30 ist. Auch wenn Heidi K. sich bemüht, dies aller Welt zu vermitteln. Muss sie ja, weil sonst ihre TV-Show nicht mehr existieren würde. Woher sollen sonst auch all die massenhaften Topmodels kommen, die das absolute Ideal von Silhouette und Ästhetik transportieren?

Begehrenswert zu sein, wenn man bereits die Wechseljahre hinter sich gelassen hat, das war in der Evolution nicht vorgesehen. Im TV auch nicht.

Die Werbung dichtet uns als konsumfreudige Gruppe stattdessen einen Blähbauch, Krampfadern und Hühneraugen an.

Wir sollen Klosterfrau Melissengeist trinken, um unsere Nerven zu beruhigen, und uns Plantur 39 gegen Haarausfall auf den Kopf schmieren.

Infolge eines Lebens in gepolsterten Turnschuhen ist heutzutage hingegen das Skelett junger Menschen schon so deformiert, dass sie mit Mitte 20 bereits Rheuma und Arthrose haben. Nicht zu erwähnen all die Schäden, die 30-Jährige durch falsches Training im Gym erleiden.

Und dies sind messbare Fakten, für jedermann lokalisierbar und nachgewiesen.

Dem gegenüber stehen die nicht sichtbaren Beschädigungen an Hirn, Geist und Seele. Sie brechen sich Bahn in überraschenden Diagnosen, psychischen Störungen, Affekthandlungen, Depressionen, Burn-out, bipolaren Störungen, Suchtverhalten – wenn sie überhaupt behandelt werden. Millionen Menschen betäuben sich lieber, anstatt sich in Therapie zu begeben oder zu akzeptieren, dass sie Hilfe brauchen.

Und bis so mancher junge Mensch sich heute in der Diversity integriert hat, schwupps, ist er schon 30 und für die letzte Generation bereits ein altes Eisen.

Man sollte sich in jeder Lebensphase selbst feiern und schwere Zeiten als Episode, als Übergang, als Metamorphose betrachten.

Gott sei Dank gibt es noch andere Ziele im Leben als ein hot shot zu sein oder als fucking hot girl shit zu gelten. Das sind alles Momentaufnahmen, Inszenierungen, die zwar Erinnerungen schaffen, aber verfliegen und keinen Bestand haben.

Was unsere Lebenswirklichkeit und Stabilität ausmacht, das ist doch, wie wir den grauen Alltag bewältigen und mit uns selbst im Reinen sind.

Erotische Bilder, eine zweiwöchige Kreuzfahrt, der Urlaub auf den Malediven – das alles ist doch wirklich nur eine klitzekleine Facette in der Gesamtheit unseres Lebens.

Auch die Kämpfe, die Enttäuschungen, die Schicksalsschläge gehören zum Gesamtkonzept einer schillernden Persönlichkeit. Und man kann verdammt glücklich, erfolgreich, entspannt und zufrieden sein, ohne äußerliche Attribute in den Mittelpunkt zu rücken. Nur leider haben all die Menschen, denen dies gelingt, keine Lobby, weil sie nicht das geringste Interesse daran haben, öffentlich in Erscheinung zu treten.

Was uns jedoch nicht tagtäglich serviert wird, erlangt Bedeutungslosigkeit.

Deshalb müssen wir die Stimme erheben. Und meine ist verdammt laut!

Ab jetzt definieren wir das Älterwerden neu.

Wenn man mit 30 Jahren steif und verspannt ist, dann ist man alt.

Ist man mit 60 flexibel, gelenkig und biegsam, lebensfroh und aktiv, dann ist man jung!

Ich persönlich plane bis 105 – danach sehen wir weiter.

Wenn man die Menschen nicht überzeugen kann, dann sollte man sie wenigstens verwirren. Erst recht als AWF!

4 Die AWF: Hexe oder Ikone?

Allein die Optik und das Präsentieren von Statussymbolen scheint heutzutage der Indikator für ein gelungenes Leben zu sein.

Niemand betrachtet das fitte, gesunde, entspannte, glückliche 60+-Pärchen, das zwischen Langlauf, Saunagang, Wandern und Kaminfeuer noch Jahrzehnten entgegenschreitet, welche vom gemeinsamen Glück an der Freud und stiller Zufriedenheit bestimmt sein werden.

Ob da nun eine Warze an der Fußsohle oder eine Falte mehr auf der Stirn ist – das hat keinerlei Gewicht. Das Glück besteht darin, mit dem Enkel Hausaufgaben zu machen, Kuchen zu backen, einen Garten zu kultivieren, Freundschaften und Kontakte zu pflegen, Haustiere, Kunst und Kultur zu zelebrieren und endlich all das genießen zu können, zu dem man bislang nicht gekommen ist.

Das Unglück beginnt damit, dass wir uns vergleichen. Insbesondere mit Science-Fiction. Denn schon 20-Jährige nutzen Bodyfilter und tunen online ihren Körper.

Wenn man derweil als Rentnerin nicht einmal einen Bodyfilter braucht, um die Silhouette zu korrigieren, ist das der Jugend suspekt. Sie selbst hadert ja mit sich, weil sie sich an unnatürlichen Maßstäben orientiert und sich nur noch über die Optik einordnet.

Natürlich trägt das zur Verunsicherung bei. Und so werden aus reinem Selbstschutz wie eine Mauer Hashtags errichtet: Mit #bodyshaming nach vorn preschen, aber kreischen und sich sklavisch an den Victoria’s-Secret-Models berauschen – das ist nur ein Beispiel für die gesamte Kontroverse.

Ist es Scheinheiligkeit, mit der nur die eigenen Interessen vorangetrieben werden?

Wenn es um die Interessen anderer Gruppierungen geht, verstummt leider Gottes die Stimme derer, die letztlich selbst ans Ruder wollen und nur im Dienste von sich selbst ein soziales Gewissen suggerieren.

Es wird mir leider nicht gelingen, generell vorgestanzte Altersklischees zu bedienen. Als Golden Girl zu reüssieren ist aber in unserer Gesellschaft überhaupt nicht vorgesehen.

Schade, dass Hexenverbrennung illegal geworden ist, denn wer einfach nicht verfällt, muss doch eine Hexe sein, oder?

Hexe oder Ikone?

Mein Hexen-Elixier ist der richtige Mindset – und die Kraft der Gedanken gibt es gratis.

Vielleicht ist dies aber auch der Nachteil, denn wo es nicht ums Kommerzielle geht, lässt sich eben kein schneller Euro machen, und das gesamte ideologische Projekt erscheint wertlos.

Man muss in Sachen Attitude ja nicht mal einen Vertrag unterschreiben, mental gehst du keinerlei Verpflichtung ein und obendrein ist das gesamte Konzept mehrwertsteuerbefreit.

Da müsste ich schon die gute Laune in Flaschen abfüllen können, um sie millionenfach per App in die Haushalte liefern zu lassen.

Weltweit existieren glückliche, reife, gesunde, beneidenswerte Menschen von denen jeder einzelne als Rollenmodell tauglich wäre. Nette Leute, die ein beneidenswert gelungenes Leben führen.

Aber sie ziehen eben die Anonymität vor und hegen und pflegen ihre Privatsphäre, weil sie analog agieren und alles andere erstreben, als im Universum ihre Spuren zu hinterlassen.

Klar, dass wir Verwirrung stiften, wenn unsere Bilder nicht der Oma und dem Opa entsprechen, so wie es noch in der Generation unserer eigenen Eltern zu erwarten war. Es hat sich schließlich bislang so gehört, mit 50+ abzutauchen, sich vom Acker zu machen und freiwillig das Feld zu räumen.

Aber inzwischen haben wir uns so optimiert, dass wir die gängigen Altersklischees einfach nicht mehr erfüllen.

Stattdessen lassen wir uns bewundern, erblühen Jahr für Jahr und warten darauf, gepflückt zu werden. Viele Frauen kommen überhaupt erst in der Mitte des Lebens richtig aus sich heraus, weil sie endlich Zeit für sich haben, die Freiheit, sich um sich selbst zu kümmern und ein bisschen was in sich selbst zu investieren.