Altern wie ein Gentleman - Sven Kuntze - E-Book

Altern wie ein Gentleman E-Book

Sven Kuntze

4,5
9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die Lebensbilanz des bekannten und beliebten Journalisten

Der Ernst des Arbeitslebens sitzt uns tief unter der Haut – das merkt man spätestens mit der ersten Rentenrate, meint Sven Kuntze, renommierter Journalist – im Ruhestand. Denn mit dem Ende geregelter Arbeit drohen Verlust des Selbstwertgefühls und Lebensunordnung. Kuntze erinnert sich zu Beginn seiner neuen Zeitrechnung, dass über Jahrhunderte Muße unser Lebensziel war, nicht Arbeit. Wie aus dem Arbeitenden ein Flaneur, ein entschleunigter Genießer wird, verfolgt er an sich und einigen Altersgenossen. Um die Freiheit von Arbeit schätzen zu lernen, muss er sich neu erfinden, dabei alle unerbetenen Ratschläge genauso in den Wind schlagen wie frühes Aufstehen und Tagesplanung. Was Sven Kuntze in drei Jahren Ruhestand mit sich und anderen erlebt, mit Witz, Nachdenklichkeit und Lebensfreude kommentiert, gibt jedem Anlass, lange vor dem Ruhestand das »Schneller Höher Weiter« des Alltags kritisch zu beleuchten.

Zugleich ein weises Buch, das zum Nachdenken über die Werte und Ziele des Lebens anregt.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 343

Bewertungen
4,5 (34 Bewertungen)
23
4
7
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Sven Kuntze

Altern wie ein Gentleman

Zwischen Müßiggang und Engagement

C. Bertelsmann

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.
© 2011 by C. Bertelsmann Verlag, München,in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbHNeumarkter Str. 28, 81673 MünchenUmschlaggestaltung: R·M·E Roland Eschlbeck und Rosemarie KreuzerRedaktion: Sibylle Auer, MünchenSatz: Uhl + Massopust, AalenISBN 978-3-641-05956-9V003
www.cbertelsmann.de

Rückblick – eine Einleitung

»Es gibt kein Verbot für alte Weiber, auf Bäume zu klettern.«

ASTRID LINDGREN

Warum und wozu über das Alter noch nachdenken und schreiben? Es wird schwerlich Neues oder Überraschendes zu entdecken sein, denn alt werden die Menschen von jeher und haben sich entweder illusionslos, wütend oder weise mit dem Altern und dem körperlichen Verfall, dem unerbittlichen Begleiter der Jahresringe, auseinandergesetzt. Der körperliche Verfall, nicht der Lebensabend, sind der Skandal des Alterns, das schließlich in jenem größten und letzten Rätsel, dem des Todes, aufgeht.

Über den Tod hat der italienische Philosoph Paolo Mantegazza Ende des 19. Jahrhunderts einmal bemerkt: »Es reicht, nicht dran zu denken.« Er kann sich mit dieser lapidaren Bemerkung auf Michel de Montaigne berufen, der lange vor ihm zu dem Ergebnis kam: »Der Notbehelf des gemeinen Volkes besteht darin, nicht an ihn zu denken.« So wollen wir es im weiteren Verlauf der folgenden Seiten – mit einer kurzen Ausnahme – auch halten.

Nach fast dreitausend Jahren des Nachdenkens über das Leben und dessen letzten Teil, das Alter, sind wir immer noch Dilettanten im Geschäft. Wir wissen, dass der Körper langsam entkräftet. Damit endet aber auch schon das gesicherte Wissen. Alle Reflexion hat nicht ausgereicht, um dem Alter ein einheitliches Gesicht zu geben. Es herrscht wie ehedem heilloses Durcheinander: von verzweifelter Verdammnis über die Vorstellung einer späten Ernte bis zur ergebenen Hinnahme. Auch der nüchterne Pragmatismus der Moderne hat keine Klarheit geschaffen. Es scheint, als ob die Menschheit, die wissenschaftliche Ergebnisse stets sorgfältig bewahrt und weiterentwickelt, beim Thema der Lebensführung kollektiv alles vergisst, was bereits gedacht wurde, und immer wieder von vorne beginnt.

»Auf den Schultern von Riesen schauen selbst Zwerge weit ins Land« – dieses schöne Bild aus der Renaissance gilt nicht für die Beschäftigung mit dem Leben. Vermutlich sind Vergesslichkeit und die Unfähigkeit, Klarheit über uns selbst zu gewinnen, die Voraussetzung dafür, dass wir überhaupt leben wollen.

In der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts war es still geworden um das Thema, wenn man von den Kampfschriften einer jugendbewegten Boheme in den zwanziger Jahren absieht, die indes das Alter auch nicht abzuschaffen vermochte. Im Gegenteil – nach einigen wilden Jahren ewiger Jugendlichkeit erinnerte sie die Natur unsanft an die Realität und befahl sie zurück ins Glied der alternden Zeitgenossen. Diese wiederum waren dankbar gewesen, wenn sie überhaupt alt geworden waren. Zwei Weltkriege hatten Chancen im Überfluss geboten, ein Leben vorzeitig zu beenden. Wer denen entkommen war, trug Trauer um früh Verstorbene, musste sich erst einmal um die Gegenwart kümmern und eine Welt wieder aufbauen, die man vorher erbarmungslos zerstört hatte.

Voreheliche Empfängnis war zwar auch damals keine Seltenheit, ihr folgte jedoch in aller Regel die Ehe als lebensverbindliche Verpflichtung. Eine vierzigjährige Frau musste nicht befürchten, ihres verhärmten Äußeren wegen verlassen zu werden. Sie konnte in der ruhigen Gewissheit, ihr Mann würde das Versprechen der lebenslangen Verbundenheit einhalten, alt werden. Somit blieb wenig Anlass für die Probleme einer alternden Haut wie Falten, Flecken, Tränensäcke. Im Gegenteil: Die jüngst in Mode gekommenen Reparaturarbeiten am eigenen Körper und die endlosen Debatten um das letztlich vergebliche Bemühen, dem Alter zu entkommen, wären den Bewohnern der fünfziger Jahre vermutlich sinnlos und frivol vorgekommen.

Als jemand, der im ersten Teil seiner beruflichen Karriere sozialwissenschaftlicher Assistent an einer deutschen Universität gewesen war, interessierte mich zu Beginn der Auseinandersetzung mit dem Thema Alter weniger die Realität als vielmehr das, was über sie gedacht und veröffentlicht worden war. Umgehend machte ich zwei grausige Entdeckungen.

Die neuerliche Beschäftigung mit dem verdrießlichen Sujet begann am 3. April 1957, als das Endspiel von Samuel Beckett auf die Bühnen kam. Der unwirtliche Einakter spielt in einem Kellerverlies, in dem vier Personen leben. Ob es vorstellbar sei, fragt Clov seinen Gefährten Hamm, dass die Natur den Menschen vergessen habe und alles für immer unveränderlich bleibe? Hamm muntert ihn auf: »Wir atmen doch, wir verändern uns! Wir verlieren unsere Haare, unsere Zähne! Unsere Frische! Unsere Ideale!« Alte Menschen werden diesen Prozess unschwer wiedererkennen.

Die Eltern der beiden, die gelegentlich um Zwieback betteln, leben in zwei Abfalltonnen. Wir sehen nur ihre Köpfe, denn beide haben ihre Beine bei einem Fahrradunfall verloren. Adorno notiert dazu in seinem »Versuch, das ›Endspiel‹ zu verstehen«: »Das Endspiel ist die wahre Gerontologie. Die Alten sind nach dem Maß der gesellschaftlich nützlichen Arbeit, die sie nicht mehr leisten, überflüssig und wären wegzuwerfen«, und weiter: »Das Endspiel schult für einen Zustand, wo alle Beteiligten, wenn sie von der nächsten der großen Mülltonnen den Deckel abheben, erwarten, die eigenen Eltern darin zu finden. Der natürliche Zusammenhang des Lebendigen ist zum organischen Abfall geworden.«

Die französische Philosophin und Essayistin Simone de Beauvoir, selbst schon in die Jahre gekommen, bestätigt fünfzehnJahre später in einem langen Text mit dem Titel Das Alter die niederschmetternden Einsichten, die sie bereits Jahre vorher inihrem Erzählband Eine gebrochene Frau, in einem Gesprächzwischen der Ich-Erzählerin und deren Mann, gewonnen hatte: »›Man verliert (im Alter) viel mehr, als man gewinnt. Offen gestanden weiß ich gar nicht, was man gewinnt. Kannst du mir das sagen?‹

›Merkwürdig, wir stimmen in allen Punkten überein, nur nicht in diesem: Ich begreife nach wie vor nicht, was ein alternder Mensch verliert.‹

Er lächelte. ›Die Jugend.‹

›Kann man die zu den Gütern des Lebens rechnen?‹

›Die Jugend und das, was die Italiener la stamina nennen: der Schwung, das Feuer, die Liebesfähigkeit, die Schaffenskraft. Wer das verliert, hat alles verloren.‹«

Wer alles verloren hat, dem bleibt nicht viel, und die naheliegende Aufforderung, von vorn zu beginnen, verbietet sich angesichts der Geburtsdaten der Betroffenen.

In ihrem Text dringt Simone de Beauvoir tiefer und sorgfältiger als alle Autoren vor ihr in die brüchigen Poren, abstoßenden Details und körperlichen Verwerfungen des Alterns ein und legt unnachsichtig seine unschönen Seiten frei. Nach einer breit angelegten Analyse zur Rolle alter Menschen in Vergangenheit und unterschiedlichen Gesellschaften kommt sie in Bezug auf den modernen Westen zu der Einsicht: »Für die Gesellschaft ist das Alter eine Art Geheimnis, dessen man sich schämt und über das zu sprechen sich nicht schickt.« Die betagten, nutzlosen Kostgänger würden gnadenlos marginalisiert. Zum körperlichen Verfall käme die gesellschaftliche Ausgrenzung. Das Altern in modernen Zeiten wird endgültig zur Katastrophe.

»Sie schreit, sie heult so, wie früher die Klageweiber geheult haben … Sie geht mit allem bis an die Grenzen des Erträglichen, und was soll es sie auch kümmern, wenn jemand bei ihren Sätzen bis ins Mark erschrickt und kaum noch wagt, in den eigenen Spiegel zu blicken«, reagierte eine Leserin erschüttert.

George Tabori, der einiges vom Altwerden verstand, notierte später wütend: »Die Freuden des Alternden werden von Terroristen wie Mme. de Beauvoir in ihrem notorischen Buch über das Alter verbittert. Außer den Fakten stimmt nichts daran. Mit der eines de Sade würdigen Lust zählt Madame alle Katastrophen auf, die das alte Fleisch befallen. So verbannt sie uns alte Leute in das Ghetto der Fäulnis. Als wäre der Verfall nicht von Geburt an unser täglich Los.«

Nach der ersten Aufregung und empörten Gegenstimmen legte man das Buch wieder beiseite, verdrängte seine Botschaften und vergaß es.

Der Übergang ins Alter ist stets eine lebhafte, chaotische Phase voller Überraschungen, unerwarteter Ereignisse und neuer Eindrücke. Manches ist beängstigend, anderes verheißungsvoll, vieles einfach nur neu. Es ist dies eine bewegende und schwierige Zeit in jedem Leben, aufregender jedenfalls als der ruhige, eingeschliffene Gang des Geschehens gegen Ende einer Berufslaufbahn. Zahlreiche Entscheidungen müssen getroffen werden. Verpasst man den rechten Zeitpunkt, nimmt das Leben sie selbst in die Hand. Die Sache wird ernst und verbindlich. Man muss sich unsentimental und oftmals schonungslos sein Leben Stück für Stück neu zusammensetzen. Das gilt vor allem für die Töchter und Söhne der Moderne, die stets bemüht gewesen waren, ihr Leben unabhängig von Schicksal oder Schöpfer zu füh-ren.

Das ist guter Nährboden für das Bedürfnis nach Wegweisern in Form von gedruckten Ratgebern, die – eine Generation später, um die Wende zum 21. Jahrhundert – gewichtig und mannigfaltig nicht lange auf sich warten ließen und erneut Leben in das Thema brachten. Ihre Lektüre bezeugt, dass sich die meisten Autoren bewusst oder unbewusst immer noch an jenem sperrigen Brocken abarbeiten, den die streitbare Französin, geschult an der eigenen Vergänglichkeit, ihnen einst hinterlassen hatte.

Selbstredend kommen sie, von Einzelheiten abgesehen, zu entgegengesetzten Ergebnissen. Es geht ihnen wie den Autoren von Reiseführern, die kein vernünftiger Mensch kaufen würde, wenn die Autoren vom Besuch der geschilderten Landschaft abraten würden. Deswegen werden auch karge Regionen in attraktiven Farben dargestellt, denn Attribute finden sich immer. Um das reizlose Thema des Alterns zu verkaufen, werden dessen unangenehme Seiten folglich mit breitem Pinselstrich und beschwichtigenden Adjektiven verdeckt.

In den Ratgebern findet sich häufig und leicht dahingesagt die Vorstellung, das Alter sei auch eine »Chance«, wobei unerfindlich bleibt, wofür. Wenn von solcher Chance die Rede ist, sollte man misstrauisch werden. Denn häufig verbirgt sich hinter dem unverbindlichen Versprechen die Einsicht, dass die Sache aussichtslos ist und durchgestanden sein will.

Eine Realitätsverdrängung, die Norberto Bobbio wütend kritisiert: »Ich brauche nicht zu sagen, dass ich diese Rechtfertigungsschriften widerlich finde. Noch ärgerlicher werden sie mir, seitdem das Alter zu einem großen und ungelösten, ja kaum lösbaren sozialen Problem geworden ist.«

Gleichzeitig entsteht eine neue Sorte Kleinstdarsteller zum Thema. Gutbetuchte, hochbetagte Mitbürger preisen sprachgewandt und gegen gutes Geld in Fernsehsendungen die Segnungen des Alterns. Nähme man sie ernst und beim Wort, dann begänne das wahre Leben erst jenseits der fünfundsechzig, während die ersten Jahrzehnte ein langer, trüber Anlauf waren hin zur eigentlichen Existenz.

So reden Menschen mit vollem Beutel und eiserner Gesundheit. Wer das Alter preist, hat ihm noch nicht ins Gesicht gesehen. Mit der Gegenwart des Durchschnittsrentners hat dies nichts zu tun. Es soll vermutlich die mürrischen Alten, wenn nicht bei Laune, so doch wenigstens ruhig halten.

Wozu nun diese neuerliche Bemühung, trotz einer unübersehbaren Anzahl von Veröffentlichungen, die selbst in kleineren Buchläden zu eigenen Abteilungen geführt haben?

Die Frage beantwortet sich über die Adressaten des Buches. Es sind diejenigen etwa acht Millionen Bundesrepublikaner, die zwischen 1940 und 1955 geboren wurden und seit Kurzem in Rente sind oder in absehbarer Zeit aus dem Arbeitsprozess ausscheiden. Sie werden im Weiteren die »Vierziger« genannt. Sie sehen sich gesellschaftlichen Vorgaben, Entscheidungen und Zukunftsaussichten gegenüber, wie es sie in dieser Weise vorher nie gab und vermutlich nicht mehr geben wird. Zukünftige Rentnergenerationen werden unter ganz anderen Umständen ihren Lebensabend antreten müssen. Würden sie dieses Buch durchblättern, kämeihnen das Rentnerleben meiner Generation vermutlich wie die Geschichte vom verlorenen Schlaraffenland vor.

Dies ist kein Ratgeber und möchte es auch nicht sein. Die gibt es in großer Zahl, und sie werden wöchentlich mehr. Recht besehen, geben sie alle den gleichen Rat: täglich zwei Gläser Rotwein, Hände weg von Zigaretten, gesunde Ernährung, regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen, soziale Nähe, häufigen Sport und Lebenssinn, wo immer man ihn kriegen kann. Ich bin jedoch der Überzeugung, dass die Vergangenheit meiner Generation ihr vor allem eine Reihe von Pflichten auch im Rentenalter auferlegt hat. Von denen handelt neben anderem dieses Buch.

Mit Arbeitsende beginnt für die »Vierziger« ein Leben, das sichtiefgreifend von dem vergangener Rentnergenerationen unterscheiden wird. Es teilt sich in zwei Phasen: die des »Voralters«, das bis Ende siebzig dauert, und das anschließende »klassische Greisenalter«, das sich lange hinziehen kann und sich überdies statistisch jedes Jahr um weitere drei Monate verlängert. An diejenigen, die in die historisch neue und unerhörte Phase des »Voralters« eintreten, wende ich mich.

Woher aber weiß ich, was ich zu wissen vorgebe?

Ich bin selbst im Alter. Ich habe zahlreiche Gespräche geführt und ebenso viele Bücher und Artikel gelesen, deren Autoren ich viele Anregungen und manche Einsicht verdanke. Sie werden im Folgenden nicht im Einzelnen zitiert, denn dies ist keine wissenschaftliche Arbeit, sondern eine persönliche Grille, die unberechenbar kreuz und quer durch die Gefilde streift.

Zahlreiche Einsichten verdanke ich meiner Mutter, die ich in einem Heim für Gutbetuchte bis in ihre letzten Stunden begleitete. Ich habe außerdem in den Vereinigten Staaten recherchiert, wo zukünftige Entwicklungen oft vorweggenommen werden, und mich im Rahmen eines Filmprojekts für drei Monate in der Seniorenresidenz »Rosenpark« einquartiert. Diese Einrichtung liegt in Zollstock, einem Kölner Arbeiterviertel. Der lang gestreckte, in sanftem Gelb getünchte Bau aus solidem, hellhörigem Beton ist zehn Stockwerke hoch und beherbergt etwa dreihundertfünfzig Mieter in Apartments verschiedener Größe. Jede Einheit ver-fügt über einen Balkon. An dessen Begrünung lassen sich treffsichere Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand der Mieter ziehen.

»Neu Zugezogene machen aus ihren Terrassen bunte, üppig blühende Oasen, durchsetzt mit Nutzkräutern. Das lässt dann mit der Zeit nach. Wenn nur noch einzelne verdorrte Zweige übrig geblieben sind, die zu entsorgen sich keiner mehr die Mühe macht, dann weiß man, dass es dem Ende zugeht«, erläutert mir eine Heimangestellte den subtilen Zusammenhang zwischen Geranienpracht und körperlichem Verfall.

Ich bin furchtsam und zögerlich eingezogen. Die tägliche, oft trostlose Praxis des Alterns wurde freilich übertroffen durch die Reaktionen von Freunden und Bekannten, denen ich von meinem Vorhaben erzählte. Die einen glaubten, ich hätte den Verstand verloren, mich freiwillig solchen Erfahrungen auszusetzen. Andere wiederum hielten mich für einen Helden, der das Wagnis eingeht, unbewaffnet in die Höhle des Löwen einzudringen oder, wie einer es plastisch formulierte, mit einem Zahnstocher bewaffnet in den Irakkrieg zu ziehen. Interessierte Nachfragen und neugieriges Insistieren waren die seltene Ausnahme.

Ich habe in dieser Zeit oft überlegt, was das wohl für ein fremder und gefährlicher Volksstamm sein mochte, der da gleichermaßen Entsetzen und Furcht hervorrief. Es sind unsere Eltern und Großeltern, die wir in Heime abgeschoben haben, oft in der Hoffnung, dass sie dort still und unauffällig ihr Leben zu Ende leben.

Ich habe mit ihnen geschwätzt, gelitten, gelacht und abends manche Flasche Rotwein geleert. Sie haben mich ohne Scheu am Älterwerden in seinen ruhigen und tröstlichen Momenten, aber auch in qualvollen Augenblicken teilnehmen lassen. Wir haben über das Fernsehprogramm geschimpft, das Essen und den ständig überfüllten Aufzug. Wir waren uns einig, dass Alter weder gnadenvoll noch erstrebenswert ist, sondern eine unvermeidbare Pflicht, die man zu ertragen und zu bewältigen hat. Wir haben ausgiebig von der Vergangenheit berichtet, aber die Zukunft vermieden und keine Pläne mehr geschmiedet. Wir waren froh, in der Gegenwart vorläufig ein Auskommen zu haben.

Das waren tapfere Menschen, die ohne zu klagen die oft elenden letzten Jahre hinter sich brachten. Wer stille Helden sucht, findet sie in diesem wie in jedem anderen Altenheim. Sie haben mich viel über menschliche Würde gelehrt, aber deren rätselhaftes Auftreten angesichts oft unvorstellbaren Leidens auch nicht erklären können.

Die Tapferkeit anderer angesichts von Leid und Tod tröstet und stärkt: »Was die krebskranke alte Frau Kehrer aus dem dritten Stock kann, die immer noch lacht und guter Dinge ist, das kann ich auch!«, behauptete mein Nachbar, der links von mir wohnte, entschlossen, als wir zur späten Stunde zusammensaßen.

Was im Augenblick des Todes geschieht, wissen wir natürlich nicht, und es lohnt auch nicht, darüber nachzudenken, selbst wenn die Sprache Worte dafür hat. Aber das Sterben kennen wir. Selbst wenn es schmerzvoll ist, entwickeln die Betroffenen häufig eine Haltung von erschütternder Würde und Gelassenheit während der Strapazen der letzten Wochen, Tage und Stunden. Zum Ende wirken sie oft wie befreit und empfinden Genugtuung, die große, abschließende Herausforderung bewältigt zu haben. Thomas Mann notiert verunsichert angesichts des eigenen Alters: »Es gab wohl selten ein solches Ineinander von Qual und Glanz.« Es ist da etwas in uns verborgen, das ganz gegen Ende zum Vorschein kommt. Wir wissen nicht genau, was es ist, denn die Eigentümer haben das Geheimnis stets noch mit in ihr Grab genommen.

Der »Rosenpark« war ursprünglich einmal als Studentenheim geplant gewesen. Folglich wurde in dem engen Treppenhaus ein schmaler Aufzug eingebaut, der jungen Leuten gute Dienste erwies, nicht jedoch Senioren, die mit Gehhilfen unterwegs sind.

Einer rätselhaften Neigung folgend, drängten die Alten stets gemeinsam in die kleine Aufzugskabine, gerade so, als ob sie alle zur selben Stunde Unaufschiebbares zu verrichten hätten. Von Gelassenheit und Altersweisheit keine Spur. Mir hat keiner die Ursache dieser lästigen Gleichzeitigkeit, die jeden Tag aufs Neue zu Zank und Chaos führte, erklären können.

»Warten Sie, die Frau Kohrs muss erst raus!«

»Wo ist die?«

»Hinten.«

»Da ist sie gut aufgehoben, wenn sie als Erste raus muss.«

»Ich kann nicht, die Frau Eberts steckt mit ihrem Rollator in meinem!«

»Frau Eberts, ziehen Sie Ihren halt zurück!«

»Geht nicht, ich steh schon mit dem Rücken zur Wand!«

»Vorsicht, die Tür geht zu!«

»Kann sich einer in die Lichtschranke stellen?«

»Was ist das?«

»Wo ist die?«

»Schreien Sie nicht so laut!«

»Ich schrei nicht. Sie haben Ihr Hörgerät falsch eingestellt!«

»Frau Schmitz, passen Sie doch auf, in meiner Tasche sind Eier!«

»Warum hängt die auch seitlich!«

»Weil an dem Korb die rechte Schraube fehlt.«

»Ich will raus!«

»Jetzt warten Sie doch!«

»O Gott! Da hinten kommt der Höhner.«

»Haben Sie mitbekommen, wie dem gestern besoffen die Hose runtergerutscht ist?«

»Da schauen Sie natürlich hin!«

So geht das täglich hin und her, während die alten Leute in panischer Angst, den Ausstieg zu verpassen, an ihren verkeilten Rollatoren zerren.

Weitere Erfahrungen habe ich während meiner Berufsjahre in den USA gesammelt, als ich die Seniorenresidenz »Steps to Heaven« südlich von Orlando (Florida) besuchte. Steve Hodges, ein Heimbewohner, der für Gästebetreuung und Außendarstellung der Einrichtung verantwortlich war, führte mich durch die zweistöckige Anlage, die sich ausufernd zwischen Bougainvilleen, Palmen und sattem Rasen hinzog. Ich plante damals einen Film über Sterbehilfe und wollte mich in den folgenden Tagen mit einzelnen Bewohnern über das Thema unterhalten. Vorläufig jedoch machte mich Steve mit dem Gelände vertraut und erklärte, dass jeder Heimbewohner nach Maßgabe seiner Kräfte in Verwaltung und Küche, bei Gartenarbeit und Sterbebegleitung mithelfen müsse, um die eigene und die Lebensqualität der Mitbewohner zu erhöhen und die Kosten für die Allgemeinheit zu senken.

In dieser Einrichtung habe ich erfahren, dass es ein vergnügliches Leben im Altenheim geben kann und dass dessen Architektur sich nicht an der von Gefängnissen orientieren muss. Nicht die Altenheime, sondern ihre Unwirtlichkeit sind das Problem.

Und schließlich war ich Zeuge des langen Abschieds meiner Mutter. Sie kam aus einem guten Stall, wie man in ihren Kreisen zu sagen pflegte, und aus einer Zeit, in der die häuslichen Angestellten noch Gesinde hießen. Sie lehrte mich Bridge, den Unterschied zwischen Weißwein- und Rotweingläsern und den Gebrauch eines Austernmessers und entließ mich ins Leben mit dem Hinweis: »Vorne ist Platz, hinten drängeln sich die kleinen Leute.« Eine Einsicht, die zwar etwas altertümlich daherkommt, aber durchaus gute Dienste leisten kann.

Als sie mit Ende Siebzig aus freien Stücken in ein Heim zog, wollte sie sich dort in der kleinen Bibliothek nützlich machen. Die Bitte wurde ihr abgeschlagen. Sie hätte genug gearbeitet und nun das Recht und vermutlich auch die Pflicht, in ihrem gemütlichen Lehnstuhl zu sitzen und auf das Ende zu warten. Das tat sie dann auch.

In den letzten Jahren verlor sie ein wenig den Überblick und entwickelte eine dadaeske Listigkeit. Eines Tages, als ich sie am späten Vormittag besuchte, saß sie aufrecht im Bett und las verkehrt herum die Frankfurter Allgemeine.

»Mama, du liest Zeitung, recht so!«

»Auch eine alte Frau darf erfahren, was vor sich geht.«

»Aber du kannst doch kein Wort entziffern, wenn die Zeitung auf dem Kopf steht.«

»Und wenn schon – wen interessiert, was ich noch weiß?«

Von ihr habe ich viel über Gelassenheit und jene kalte Illusionslosigkeit gelernt, die Agnostikern angesichts der Vergänglichkeit eigen sein kann.

Ich habe mich schwergetan mit diesem Buch. Ständig kam Wichtiges dazwischen. Ich begann plötzlich, überaus gewissenhaft Tageszeitungen und Wochenmagazine zu lesen, und schaute die Fernsehseiten sorgfältig auf interessante Sendungen durch. Bei Telefonanrufen verzichtete ich fortan auf die Überprüfung der Teilnehmernummer, bevor ich den Hörer abnahm, und verwickelte jeden Anrufer in endlose Gespräche. Ich trieb mich oft ziellos und lange in Buchläden, Kaufhäusern und Einkaufspassagen herum und wurde selbst beim Erwerb von Seife oder einer Tube Tomatenmark seltsam sorgfältig. Unvermittelt entwickelte ich eine verblüffend emotionale Nähe zum Abwasch und der Suche nach Krümeln auf dem Küchentisch. Als ich jedoch begann, idiotische Patiencen auf meinem elektronischen Schreibgerät zu spielen und die Ecken meiner Wohnung mit Wattestäbchen zu säubern, wurde mir klar, dass etwas aus dem Ruder gelaufen war.

Ein befreundeter Psychologe hatte bald die Ursache meiner bizarren Geschäftigkeit erkannt: »Du schwächst durch das Buch den Verdrängungsschutz zu deinem Thema«, erklärte er, »deswegen flüchtest du in Ersatzhandlungen, die du zwar für sinnvoll hältst, die dich aber lediglich von der Beschäftigung mit dem Alter abhalten sollen.«

»Warum sollte ich das tun?«

»Weil die Verdrängung zu den wichtigsten Werkzeugen der Psyche gehört, um, neben vielem anderen, das Altern zu ertragen. Ohne Verdrängung würden wir nicht sehr weit kommen.«

»Und was verdräng ich so?«

»Das Morgengrauen.«

Das war eine ebenso hübsche wie trostlose Verdichtung eines komplexen Sachverhalts.

Nun hatte Verdrängung in meiner Generation eine miserable Presse gehabt angesichts der gigantischen Verdrängungsleistung unserer Eltern, die das erstaunliche Kunststück fertiggebracht hatten, sechs Millionen ermordeter Juden aus ihrem Gedächtnis zu tilgen, bis meine Generation sie unsanft daran erinnerte.

Um zu verhindern, dass unschöne Erinnerungen oder Vorstellungen uns mit der Zeit die Lebensfreude rauben, hat die Natur der menschlichen Psyche die Fähigkeit zur Verdrängung beigemischt. Durch die Jahrtausende war sie ein stiller, wenig beachteter Wegbegleiter durch die Generationen. Man bediente sich ihrer je nach Anlass, ohne sie bewusst wahrzunehmen. Diese Bewusstlosigkeit war eine wichtige Voraussetzung ihrer Wirkung. Die Einsicht in die Arbeitsweise der Verdrängung hätte vermutlich ihre segensreiche Fähigkeit beschädigt, die Gegenwart von einer quälenden Vergangenheit oder einer ungewissen Zukunft zu entlasten.

Wer ins Alter kommt, benötigt den Abwehrmechanismus der Verdrängung mehr denn je. Die Vielzahl der drohenden Verluste und Beschädigungen, die in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen keinem von uns erspart bleiben, wären bei ständiger Präsenz in unserem Bewusstsein schwer zu ertragen. Wir wissen zwar, was auf uns zukommen kann, und kennen die geringen Chancen, dem zu entrinnen, aber wir verdrängen gottlob die drohenden Gefahren stets aufs Neue. Angesichts der Katastrophen unter den Gleichaltrigen, wenn Schicksalsschläge nicht mehr wie einst die Ausnahme sind, sondern zum Regelfall werden, ist das oft mühsames Tagewerk.

Die mit Büchern zum Thema gut gefüllten Buchhandlungs-regale versprechen auf den ersten Blick schonungslosen Durchblick, sind aber, bis auf wenige Ausnahmen, Dokumente der kollektiven Verdrängung des Alterns. Sie bezeugen damit auf ihre Weise, wie wichtig dieser psychische Mechanismus ist. In der Mehrzahl geben die angebotenen Werke ihren betagten Käufern reichlich guten Rat zur korrekten Lebensführung. Wer die ungezählten Empfehlungen zur Vorsorge, Gesundheit, Ernährung, Sinnsuche und Körperertüchtigung gewissenhaft befolgt, dem soll das Alter wie der Vorhof zum Paradies werden, wenn man davon absieht, dass ein Vierundzwanzigstundentag nicht ausreicht, um auch nur einem kleinen Teil der Vorschriften nachzukommen. Die beschwerlichen Begleiterscheinungen der letzten Dekaden indes kommen meist nur am Rande vor und scheinen nach Meinung der Autoren das Schicksal einer bedauernswerten Minderheit zu sein.

Kürzlich hielt ich ein Buch mit dem Titel Älterwerden ist nichts für Feiglinge in Händen. Dieser berühmt-berüchtigte Satz von Mae West zählt in seiner Vielschichtigkeit zu den kostbarsten Einsichten in Bezug auf das Alter. Es braucht demnach das Gegenteil von Feigheit, nämlich Heldentum, um dem Alter würdevoll zu begegnen. Heldentum gehört jedoch kaum zu unseren Alltagserfahrungen, sondern ist seltenen, meist ausweglosen Situationen vorbehalten. Nur in Ausnahmefällen wird die Vergangenheit von uns Heldentum abverlangt haben, nun, im Alter, soll es zum ständigen Begleiter der letzten Jahre werden. Keiner meiner Generation hat Held gelernt. Heldentum war außer Mode gekommen und stand im Verdacht, Verbündeter allerlei dunkler Kräfte zu sein.

Mae Wests düsterer Satz über die Zumutungen des Alterns appelliert an unseren Stolz: Wer ist schon gerne feige! Einer Situation, die unausweichlich ist, kann man zwar nicht entkommen, aber sie wird erträglicher, wenn man sich ihr bewusst stellt und jene kleinen Chancen wahrnimmt, die jede Situation bereithält. Altwerden ist zu schaffen, wenn wir zu Helden werden. Freilich handelt es sich dabei nicht um offizielles Heldentum, über das Medien berichten und das im Ausnahmefall bis in die Repräsentationsräume der höchsten Staatsinstanz führen kann, sondern um ein stilles, unauffälliges Heldentum, das im Alter auf Dauer gestellt werden muss.

Klassisches Heldentum spielt sich sichtbar in der Öffentlichkeit ab und gehört zum Unterfutter nationalen Selbstbewusstseins. Unsere Helden hingegen, die Alten, bleiben bescheiden und halten sich verborgen. Gelegentlich erahnen die nächsten Angehörigen oder Freunde den langen, einsamen Kampf, den viele alte Menschen kämpfen und an dessen Ende jeder alles verliert.

Zu den ergreifenden Erfahrungen gehörten für mich deshalb jene Augenblicke, in denen sich der Vorhang ihrer Selbstdisziplin öffnete und einen kurzen Einblick in die Seelenlage erlaubte, die sie in der Regel vor fremden Augen sorgfältig versteckt hielten.

»Ich kann nicht mehr schlafen und wache jeden Tag vor Morgengrauen auf«, erzählte mir meine Nachbarin im »Rosenpark«. »Das ist zwar lästig, aber das Schlimmste sind die Gedanken, die in den langen Stunden bis Sonnenaufgang über mich kommen.«

Was das für Gedanken seien, wollte ich wissen.

»Ach lassen Sie, das verstehen Sie nicht. Dafür sind Sie noch zu jung.«

Der Vorhang hatte sich wieder geschlossen.

»Das Alter gehört abgeschafft«, vertraute mit der alte Herr Rautenberg in einem Moment der Unachtsamkeit an.

Wie das gehen solle, wo doch jeder alt werden wolle?

»Das muss jeder für sich entscheiden. Ich für meine Person denke oft darüber nach.« Er schaute mich erschrocken an und starrte dann schweigend auf die verdorrten Blumen vor seinem Fenster.

In Bemerkungen solcher Art kommt kurz jene innere Agonie zum Ausdruck, die meinen neuen Bekannten im »Rosenpark« zur ständigen Begleitung geworden war, und man ahnt, welches Maß an Disziplin und Heroismus sie fortwährend aufbringen mussten, um der Umwelt ihre Ängste und Albträume vorzuenthalten. Trotz der frivolen Geschwätzigkeit dieser Tage gibt es mitten unter uns ein unermessliches Terrain von Kümmernissen, Befürchtungen und körperlichem Schmerz, zu dem uns der Zutritt verwehrt bleibt. Wir suchen ihn auch nicht.

Wer die Einsicht von Mae West mit kecker Geste zum Titel seines Buches macht, läuft Gefahr, einen unwirtlichen Pfad zwischen Demut, stillem Leid und tapferer Gegenwehr zu beschreiten. Die Autorin, vermutlich erschrocken über diese Abgründe, ergänzt ihre kesse Titelwahl deswegen mit einem Untertitel: »Jung, schön und gesund bleiben – alles, was man wissen muss«, und versucht auf diesem Weg, die dunkle und gefahrvolle Vieldeutigkeit ihres Haupttitels zu tilgen. Das Buch befindet sich damit in guter Gesellschaft der Mehrzahl der Veröffentlichungen zum Thema. Aber selbst wenn weitere hundert Bücher mit derselben Tendenz erscheinen, und das steht zu befürchten – man bleibt weder jung noch schön und selten gesund. Ein einziger Satz von Woody Allen räumt dieses Beschwichtigungsgerümpel unnachsichtig zur Seite: »Alt werden ist eine lausige Idee. Du wirst nicht klüger, schöner, freundlicher. Dein Rücken tut weh, du brauchst ein Hörgerät. Es ist wie im Film. Es ist einfach besser, jung zu sein und das Mädchen zu kriegen.«

Die Verdrängung hat in diesen Werken selbstredend keinen guten Ruf. Würden sie deren gewichtige Präsenz dulden, dann müssten sie eingestehen, dass sich hinter dem Tand ihrer Altersdekorationen ein dunkles, bedrohliches Geheimnis verbirgt.

Nachdem meine Generation mit Hilfe Sigmund Freuds die Verdrängung entdeckt hatte, wurde sie zur ständigen Begleiterin durch unseren Beziehungsalltag. Jedoch nicht mehr in jener besänftigenden Funktion, die ihr einst eigen gewesen war, sondern als Kampfbegriff und Werkzeug der Kritik bei persönlichen Auseinandersetzungen, die es trotz neuer Empfindsamkeit auch in unseren Beziehungen reichlich gab. Der Vorwurf der Verdrängung wurde damals zu einer beachtlichen Allzweckwaffe, denn mit ihr verband sich zwangsläufig der Verdacht auf Manipulation, verborgene Motive und psychischen Defekt. Wer nicht weiterwusste im täglichen Kleinkrieg um Treue, Ordnung und das Fernsehprogramm, der warf dem Gegner Verdrängung vor und konnte im Handumdrehen schönen Vorteil erlangen. Die Gefahr dieser Strategie lag in der Radikalisierung der Streitigkeiten, denn wer vorhat, in die Psyche des anderen einzudringen, riskiert eine schwer kontrollierbare Ausweitung der Kampfzone.

Ich erinnere mich sehr genau an solche abendlichen Gespräche in einer kleinen Wohnküche hoch über dem Neckar. Sie gehörte zu einer Vierzimmerwohnung, in der ich als Student mit meiner Freundin und zwei weiteren Kommilitonen lebte. Die Konfliktlage ist banal und schnell erzählt. Meine damalige Freundin hatte ein untrügliches Gespür für die wichtigen und unwichtigen Dinge des Lebens. Zu den wichtigen zählten die Weltrevolution, der Kampf für die Abtreibung und sorgfältiges Make-up, zu den unwichtigen der Abwasch und das Schließen der Zahnpastatube nach deren Gebrauch. Häufig war ich morgens nach dem Aufstehen einige Zeit damit beschäftigt, die steinharte Paste mit einem spitzen Gegenstand beiseitezuräumen, um an den geschmeidigen Inhalt heranzukommen.

»Heute Morgen hab ich wieder ewig versucht, die verstopfte Zahnpastatube klarzukriegen«, beklagte ich mich. »Mach sie doch nach Gebrauch wieder zu. Bei der Zeit, die du im Bad verbringst, müsste dieser kleine Handgriff eigentlich drin sein« – was eine geschickte Mischung aus Ironie, Forderung und Vorwurf war.

»Ewig? Du übertreibst.«

»Du weißt genau, was ich meine.«

»Weiß ich nicht. Und was soll diese Bemerkung zu meiner Zeit im Badezimmer?«

»Darum geht’s doch nicht!«

»Doch, genau darum geht es!«

»Um was?«

»Um deinen Ordnungsfimmel. Es wäre klüger, darüber nachzudenken, warum dich eine offene Zahnpastatube so aufregt.«

»Ich bin nicht aufgeregt!«

»Bist du doch!«

Und schon waren wir mitten in einer prächtigen Diskussion über den Zusammenhang zwischen versteinerter Schlämmkreide und verdrängten Erziehungsdefiziten meinerseits.

Seit Kurzem jedoch habe ich – theoretisch wie praktisch – Gefallen an der Verdrängung gefunden. Allerdings drohte die ständige Beschäftigung mit dem Thema dieses Buches deren Potenzial in mir außer Kraft zu setzen. Natürlich bemerke ich wie alle anderen auch, dass Körper und Sinne nach und nach schwächer werden. Hinzu kamen die Lektüre zum Thema, zahlreiche Gespräche mit alten Menschen, mein Aufenthalt im »Rosengarten« und schließlich das ständige Nachdenken darüber, wie die gewonnenen Einsichten in Form gebracht werden könnten.

Nicht lange, und das Thema hatte bei mir jeglichen Verdrängungsmechanismus außer Kraft gesetzt und mich fest im Griff. Ich begann mich ängstlich zu beobachten und entdeckte folgerichtig ständig neue Anzeichen des Verfalls. Die Zukunft lag plötzlich drohend vor mir, jederzeit bereit, mir einen schlimmen Streich zu spielen. Und ganz an ihrem Ende lauerte die Hoffnungslosigkeit. Befürchtungen und Ahnungen hatten von mir Besitz ergriffen. Mir wurde mulmig, wenn ich an den nächsten Tag dachte, und das tat ich ständig.

In meiner Not begann ich unablässig, mit drohendem Unterton über das Altern zu reden, in der vagen Hoffnung, dass die Redseligkeit mich entlasten würde. Das interessierte die Jungen nicht und störte die Verdrängung der Gleichaltrigen. Nach kurzer Zeit hieß es, ich hätte »echt Probleme mit dem Altern«. Was mir erst recht peinlich war.

Ein Freund, den ich einmal die Woche in einer kleinen Berliner Hinterstube zu scharf gewürzten Nudelgerichten und kleinen, beruhigenden Gläsern Rotwein treffe, beschwerte sich eines Tages über meine eintönige Themenwahl: »Mich nervt, dass wir seit Wochen ständig über das Alter reden. Ich weiß, dass ich alt werde. Ich weiß auch, was mir blühen kann. Da hilft mir aber kein Gerede. Was ist nur in dich gefahren?«

»Das entlastet mich.«

»Aber es belastet mich, sei bitte still!«

Ich drohte offensichtlich seine Verdrängungsmuster zu beschädigen, und er war nicht bereit, dieses Risiko einzugehen. Seither reden wir wieder über das Damals und wie großartig es ehedem gewesen war, über Golf und den trostlosen Zustand der Gegenwart, die nun ohne uns auskommen muss: die heilige Themendreifaltigkeit alter Leute.

Dass ich dieses Buch überhaupt beendet habe, verdanke ich der Furcht, für den Rest meiner Jahre mit der Vorstellung leben zu müssen, bei diesem Projekt versagt zu haben. Zudem war der Vorschuss schnell durchgebracht, und schließlich mögen großspurige Ankündigungen im Freundeskreis, nachdem der Autorenvertrag unterschrieben war, eine gewichtige Rolle gespielt haben.

Der schöne Schein des Alterns

»Jahre sind nur Kleider. Entweder du trägst sie dein Leben lang mit Stil, oder du gehst eben als Schlampe ins Grab.«

DOROTHY PARKER

Vor nicht allzu langer Zeit bat mich ein gleichaltriger Freund, eine kurze Rede zum achtzehnten Geburtstag seiner spätgeborenen Tochter zu halten. Diese ist eine aufgeweckte junge Dame, die aus ehrlicher Überzeugung Müll trennt, bereits mehrere Paar schwarzer Chucks bei Aktionen von Attac ruiniert hat und ihren Eltern schon früh auf die Nerven ging, weil sie ständig in der Wohnung selbstverfasste Hinweisschilder mit Merksätzen wie »Äpfel aus Neuseeland kosten Energie«, »Plaste verschwendet Erdöl« oder »Der kleine grüne Punkt leuchtet nicht für lau« anbrachte.

»Auf der einen Seite hat sie ja recht«, stöhnte der Vater, als er mich anrief, »auf der anderen Seite – uns braucht sie wirklich nicht zu überzeugen!« Anscheinend doch, denn die Hinweise klangen sehr konkret.

Was sie von meiner Rede erwarte, wollte ich von der jungen Dame wissen, bevor ich begann, mir Gedanken zu machen.

»Erzähl doch von der Erbschaft, die deine Generation uns hinterlässt«, forderte sie mich freundlich, mit zweideutigem Unterton auf.

Ich muss irritiert geschaut haben.

Na, das sei doch ein Thema, das mir liegen müsste, denn schließlich sei ich auch so ein Erbonkel, auf dessen Hinterlassenschaft sie gerne verzichten würde.

Ich war immer noch irritiert.

»Klimakatastrophe«, half sie mir nachsichtig auf die Sprünge, »Staatsverschuldung«, fuhr sie fort, »Atommüll – das sind doch ergiebige Themen!«

Ich habe die Rede nicht gehalten und plötzlich Sympathie für den Vater empfunden.

Einige Tage später erzählte ich meiner etwa gleichaltrigen Tochter von dem Zwischenfall, in der vagen Hoffnung, dass sie mir beistehen würde.

»Sie hat ganz recht! Ihr solltet euch schämen für dieses Vermächtnis nach wer weiß wie viel Jahren Wachstum und Frieden. Aber Scham ist euch wahrscheinlich fremd.«

Da hatte sie nicht ganz unrecht. Das Schamgefühl war uns damals bei unserer kleinen Revolte tatsächlich in Teilen verloren gegangen.

»Ihr werdet nacharbeiten müssen, um die Schäden, die ihr verursacht habt und uns hinterlassen wollt, zu beheben«, fuhr sie unerbittlich fort.

Ob wir denn ihrer Meinung nach weiterhin in Lohn und Brot bleiben und die knappen Arbeitsplätze besetzen sollten, verteidigte ich mein geruhsames Rentnerleben.

»Nein! Verschwindet und verschont uns mit eurem Kram. Kümmert euch um euch selbst. Zählt nicht auf uns. Tut was, anstatt in der Weltgeschichte umherzufahren. Rüstig genug seid ihr ja.«

Was ist das für eine Truppe, die bei jungen Leuten offensichtlich einen denkbar schlechten Ruf genießt, mit der ich zurzeit gemeinsam und massenhaft ins Alter marschiere?

Die Basisdaten sind schnell aufgezählt. Geboren wurden ihre Vertreter, so wie ich, in den vierziger und Anfang der fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Zeit unseres Lebens kannten wir nur Frieden und Wohlstand. Im Übergang vom Jugend- zum Erwachsenenalter haben einige von uns eine kleine Revolte angezettelt, auf die wir heute noch stolz sind und von der wir gerne erzählen. Diese Berichte aus fernen Zeiten und von bemerkenswerten Heldentaten haben nebenbei den unerwarteten und willkommenen Effekt, dass unserem Nachwuchs die Lust an ähnlichen Unternehmungen vergangen ist und dass er im Allgemeinen klaglos akzeptiert, was wir ihm zumuten. Das Arbeitsleben haben wir vergleichsweise geruhsam verbracht, denn es gab Stellen für alle, und die niedrigen Dienste verrichteten Gastarbeiter. Eine gründliche Sozialgesetzgebung zu unseren Gunsten schenkt den meisten von uns nun einen sorgenfreien Lebensabend.

Die bedeutsamsten Unterschiede zwischen meiner Generation und der unserer Vorfahren sind die niedrige Geburtenrate, die steigende Lebensdauer und die geschenkte Dekade, jene fünfzehn Jahre zwischen sechzig und fünfundsiebzig, die uns als zusätzliche aktive Lebenszeit fast garantiert sind. In dieser Lebensspanne sind wir in der Regel belastbar, klar im Kopf und voller Energie.

Alte, leistungsfähige Menschen hat es in seltener Ausnahme auch in der Vergangenheit gegeben. Jetzt aber geht eine ganze Generation wohlerhalten und tatendurstig in den Ruhestand. Wir wollen teilhaben. Aus der großen Anzahl medizinischer Ursachen für diese Entwicklung sind drei von besonderer Bedeutung: die Kardiologie, die Entwicklung von Insulin und die von Antibiotika. Damit ist das Alter nicht abgeschafft, sondern es kommt später, und viele werden einen hohen Preis für die neue Lebensphase bezahlen müssen. Der medizinische Fortschritt, der uns fünfzehn Jahre geschenkt hat, zieht häufig eine lange Leidenszeit nach sich. Krankheiten wie Demenz und Knochenschwäche, die bislang nur sporadisch auftraten, werden in Zukunft zum Regelfall werden, mit den damit verbundenen Kosten. Etwa siebzig Prozent derjenigen, die das fünfundsechzigste Lebensjahr erreicht haben, werden irgendwann in ihrem Leben intensive Pflege benötigen, zwanzig Prozent von ihnen fünf Jahre oder länger.

Wir setzen eine Zeit lang die betrübliche Einsicht Schopenhauers außer Kraft: »Jedes Heute ist ärmer als das Gestern, ohne Hoffnung auf Stillstand.« Meine Generation lässt ein gutes Jahrzehnt stillstehen, währenddessen die Zeit zunächst spurlos verrinnt. Wir verweigern uns jenen Ansinnen, die einst mit dem Eintritt ins Alter eng verbunden waren: Abschied, Rückzug, Verzicht und Schicksalsergebenheit. Unser Orchester spielt die Weisen von Aufbruch, Abenteuer, Sinnsuche und schöpferischer Tätigkeit.

Die wirtschaftlich folgenreichste Entscheidung meiner Generation ist die der niedrigen Geburtenrate. Wir verlieren in jeder Generation ein Drittel des Nachwuchses, der notwendig wäre, den Generationenvertrag zur Rente mit Leben zu erfüllen. Ohne hinreichenden Nachwuchs erlischt zwar nicht das Recht auf Rente, aber wir haben keine materielle Basis geschaffen, von der wir sie einfordern könnten – es sei denn, unsere Kinder und Enkel sind bereit, höhere Sozialbeiträge zu zahlen, oder schauen untätig zu, wie die Staatsverschuldung weiter steigt.

Die häufig vorgeschlagene Umstellung vom umlagefinanzierten auf ein kapitalgedecktes Rentensystem wäre politische Schwerstarbeit und würde die Probleme auch nicht lösen können, denn wenn ein Rentner als Couponschneider von den Zinserträgen seiner Staatspapiere leben will, wird sein Enkel die Steuern zahlen müssen, um die Zinsen aufzubringen. Hat er sein Geld in Aktien angelegt und verzehrt die Rendite, werden die Enkel die dafür notwendigen Profite der Unternehmen erwirtschaften müssen. Bringt er die Aktien auf den Markt, um vom Erlös zu leben, werden seine Enkel diese aufkaufen müssen. Es läuft immer auf das Gleiche hinaus: Man kann die Geldströme zwar umleiten und durch neue Kanäle führen, die Zeche zahlen am Ende zum Großteil stets die Nachkommen. Solange in genügender Zahl Kinder geboren wurden, funktionierte dieses System. Jetzt sind wir jedoch zügig dabei, es außer Kraft zu setzen, ohne zu wissen, was an seine Stelle treten soll.

Die Gründe für den Verzicht auf Kinder sind vielfältig und eng miteinander verwoben. Die Antibabypille hat eine gewichtige Rolle gespielt. Durch sie wurde die Libido von der Fortpflanzung befreit und die Paarung zu einem Genussmittel neben anderen. Zusätzlich geriet der bewährte bürgerliche Dreischritt – Ausbildung, Beruf, Familie – aus den Fugen. Er vertrug sich nur schlecht mit dem Wunsch nach Ungebundenheit und Selbstbestimmung, die meine Generation zu ihrer unverzichtbaren, allgegenwärtigen Lebensgrundlage gemacht hatten. Damit waren die Pflichten und Verbindlichkeiten, die Einschränkungen und die Opfer, die eine Familie notwendig mit sich bringt, kaum vereinbar. Und schließlich hatte die Emanzipation zwar die Frauen von repressiven Rollenvorschriften befreit, aber nicht gewagt, die Männer zum Ausgleich in die Pflicht zu nehmen. Vor die Wahl zwischen Familie oder Freiheit gestellt, entschied sich die Hälfte meiner Generation für Letzteres. Unser Verzicht ist Teil des großen Themas der Moderne: das der Emanzipation von der Natur. Was die davon hält, wird die Zukunft zeigen. Der Verzicht auf Kinder bedeutet zudem den Verlust eines sozialen Bindemittels, das in früheren Zeiten auch Ehen in rauem Fahrwasser Dauer verlieh. Folglich sinkt die Zahl der Eheschließungen, die der Scheidungen steigt.

»Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.« Diese hübsche Pointe von Mark Twain gilt nicht länger für Voraussagen zur Bevölkerungsentwicklung, die zu einer sehr genauen, zuverlässigen Disziplin geworden sind. Den Wissenschaftlern zufolge müssen wir mit folgenden Entwicklungen rechnen: Jedes zweite Mädchen, das im neuen Jahrtausend geboren wurde, wird hundert Jahre alt werden. Ein Fünfundsechzigjähriger darf heute damit rechnen, siebzehn weitere Jahre zu leben, eine fünfundsechzigjährige Frau gar zwanzig Jahre.

Im Jahr 1990 waren fünfzehn Prozent der deutschen Bevölkerung über fünfundsechzig Jahre alt. 2030 werden es sechsundzwanzig Prozent sein.

Die Altersgesellschaft der Zukunft wird demzufolge zu zwei Dritteln eine Frauengesellschaft sein, im hohen Alter sogar zu drei Vierteln.

Die wichtigste Erkenntnis, die sich aus den verschiedenen Berechnungen ergibt, ist jedoch folgende: Bis zum Jahr 2030 werden sich die Ausgaben für die Sozialsysteme und das Gesundheitswesen, vorsichtig geschätzt, verdreifacht haben.

Wir »Vierziger« sind ein einzigartiges biologisches, soziales und kulturelles Experiment eingegangen. Ein Experiment, das jedoch nicht unter kontrollierten Randbedingen mit beherrschbaren Resultaten abläuft, sondern es hat unter der Hand eine Naturwüchsigkeit entwickelt, deren Dynamik unserem Einfluss längst entglitten ist.

Uns hat es in der Menschheitsgeschichte noch nicht gegeben. Wir sind keine Minderheit wie die Punks am Alex, sondern eine stattliche soziale Erscheinung von einigem Gewicht. Wir sind neu hier und »auf Probe« – mit ungewissem Ausgang. Wir haben zwar keine Kriege geführt, stattdessen aber Lebenszeit erobert, die nun abgelebt sein will. Das Alter war bis in das 19. Jahrhundert hinein die seltene Ausnahme. Welche Konsequenzen das verlängerte, zudem anspruchvolle Dasein für unsere Nachkommen, die Umwelt, die Sozialsysteme und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt haben wird, ist noch nicht bedacht. Ob die Natur für unsere langen Lebenszeiten genügend Raum und Ressourcen vorgesehen hat, wissen wir nicht. Langfristige Planung und Vorbereitung auf eine Zeit, in der sich das Alter wie eine schwere, dunkle Last über die Gesellschaft legen wird, sind kaum erkennbar.