Ambition - Dorothea Assig - E-Book

Ambition E-Book

Dorothea Assig

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Beschreibung

Ganz groß Karriere machen! Karrieretipps sind Karrieremythen. Wer hoch hinauswill, muss wissen, dass es nicht nur aufs Know-how ankommt, sondern auch aufs Do-how! Wenn zwei das Gleiche leisten, wird der eine Abteilungsleiter und der andere Vorstandsvorsitzender. Woran das liegt, entschlüsseln Dorothea Assig und Dorothee Echter in »Ambition«. Die Topmanagement-Beraterinnen zeigen, wie Managerinnen und Manager ihre Leistungsmotivation zielführend einsetzen und ihre Karriere werteorientiert gestalten. Jetzt neu mit vielen Updates und aktuellen Beispielen!

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Dorothea Assig, Dorothee Echter

Ambition

Wie große Karrieren gelingen

Campus Verlag

Frankfurt/New York

Über das Buch

Ganz groß Karriere machen! Karrieretipps sind Karrieremythen. Wer hoch hinauswill, muss wissen, dass es nicht nur aufs Know-how ankommt, sondern auch aufs Do-how! Wenn zwei das Gleiche leisten, wird der eine Abteilungsleiter und der andere Vorstandsvorsitzender. Woran das liegt, entschlüsseln Dorothea Assig und Dorothee Echter in »Ambition«. Die Topmanagement-Beraterinnen zeigen, wie Managerinnen und Manager ihre Leistungsmotivation zielführend einsetzen und ihre Karriere werteorientiert gestalten. Jetzt neu mit vielen Updates und aktuellen Beispielen!

Vita

Dorothea Assig und Dorothee Echter sind die Beraterinnen für das internationale Topmanagement, für herausragende Persönlichkeiten und ambitionierte Organisationen. Sie geben die entscheidenden Impulse für mehr Wirkungsmacht, Reputation und Einfluss. Die Beraterinnen sind gefragte Konferenzrednerinnen und Verfasserinnen mehrerer Fachbücher. Dazu zählt auch ihr 2018 im Campus Verlag erschienenes Buch Freiheit für Manager.

Freude ist ansteckend, Erfolg auch. Wir fühlen uns von unseren Freundinnen und Freunden bestärkt, über uns hinauszuwachsen. Sie an unserer Seite zu wissen ist ein äußerst ermutigendes Gefühl. Dieses Buch widmen wir Freundinnen, die ein Freundschaftsnetz über uns ausgebreitet haben. Wir möchten Euch feiern und uns bedanken, für Eure Zuversicht und Eure ansteckende Erfolgsgewissheit, die Ihr mit uns teilt. Diese Gefühle haben uns beim Schreiben angespornt, weiter zu denken.

Dr. Christiane Becker-Stöppler

Dr. Silke Bromm

Katrin Fließ

Christina Framke

Hedwig François-Kettner

Barbara Gollwitzer

Dr. Barbara Honrath

Margit Kreuzer

Monika Schulte-Rentrop

Dr. Gudrun Schwarzer

Margret Strasser-Kriegisch

Nicola Tiggeler

Christina Zimmermann

Eure Dorothea und Dorothee

Inhalt

Einleitung: Wie Normalsterbliche große Karrieren machen – genauso wie alle anderen Genies auch!

Teil IDie Decodierung des Systems Karriere

1Wie große Karrieren entstehen

Fünf Dimensionen

Ambition

Höchstes Können

Stabilisierung der Psyche

Positive Resonanz

Die eigene Bühne

Der Weg zu Ruhm und Ehre, Glück und Geld

Es gibt viele Irrtümer über Erfolg und darüber, weshalb jemand Karriere macht

Die größten Irrtümer über Karrieren

2Die Ambition wachsen lassen

Das innere Anliegen

Alles beginnt in der Kindheit

Das Erkennen des Anliegens braucht Zeit

Das innere Anliegen kennen und benennen

Die Entdeckung des Talents

Das innere Anliegen will Gutes bewirken

Die sieben Schritte vom inneren Anliegen zu Reputation

Das eigene Anliegen zu erkennen heißt, die eigene Größe zu würdigen

Der autonome Wille der Ambition

Der autonome Wille überwindet äußere Widerstände

Der autonome Wille regiert, nicht der Plan

Wie der autonome Wille in Unternehmen zur Geltung kommt

3Das Können entwickeln

Erfolg ist Lernen, ist Scheitern, ist Lernen, ist Myelin

Können wächst durch Übung

Höchstes Können ist »Flow«: Leidenschaft und pure Begeisterung

Der Flow-Zustand

Selbstbestimmung ist wichtig, Belohnung schädlich

Handeln ist wichtiger als Planen

4Die Psyche stabilisieren

Die Seele muss den Erfolg integrieren

Die Psyche ist auf eine große Karriere nicht vorbereitet

Wenn der Reifungsprozess nicht gelingt

Der Widerstand gegen die große Karriere

Zufriedenheitsfallen und Pseudoerfolge

Die Psyche braucht ein flexibles Mindset

Dranbleiben – Kompetenz bei Misserfolgen, Rückschlägen und Enttäuschungen

5Positive Resonanz erzeugen

Zugehörigkeit zur Community

Die Community macht zuversichtlich

Die strategische Bedeutung der Community

Der einsame Held … war nie allein

Wie Zugehörigkeit zur Topliga entsteht

Resonanz und Erfolgsgefühl

Spiegelung auf Augenhöhe

Community-Kompetenz

Community-Kompetenz als Haltung

Aus dem Geben ensteht das Mehr

Community-Kompetenz als Repertoire an Fähigkeiten

Die Königsklasse: Einladungen zu sich nach Hause

Ein Zuhause bieten

Was Verbundenheit schafft

Positiv über sich selbst sprechen

Positiv über andere sprechen

Die Zauberformel Dankbarkeit

Der Wechsel in den Zugehörigkeitsmodus

6Die eigene Bühne gestalten

Die eigene Bühne suchen – mit Reflexion und Mut

Die eigene Bühne gestalten – stets eine Pionierleistung

Leichtigkeit und stille Größe

7Karriere: Die Verführung zum Glück

Bereits im Tun liegt die Erfüllung

Geld kommt von ganz allein

Viel Geld, wenig Geld

Der souveräne Umgang mit Geld

… und Reputation auch

Wie Privilegien zum Erfolg beitragen – dem eigenen und dem anderer

Der persönliche Einfluss wächst und wächst

Teil IIPhasen und Krisen der großen Karriere

8Die Karriere aufbauen

Das Wie ist entscheidend, nicht das Was

Die Ambition und das innere Anliegen erkennen

Höchstes Können entwickeln

Die Psyche stabilisieren

Die Intensität der Investition in die Karriere

Durchbruch und Erfolgsschock

9Die Karriere stabilisieren

Aufbau und Stabilisierung: zwei grundverschiedene Prozesse

Innere Orientierung finden

Eigenwille statt Anpassung

Normalität und Privatleben schätzen

Internationale Codes großer Karrieren verstehen

Beständig nach dem Sinn suchen

10Krisen, Scheitern, Neubeginn

Krisen durchstehen, trotz Spannungen dranbleiben

Das große Karriere-vernichten-Desaster

Die Vorboten gefährlicher Dissonanzen

Den Absturz verhindern

Nach einem Desaster den guten Namen wiederherstellen

11Die Karriere vollenden

Das Streben nach Vollkommenheit hört nie auf

Wenn alles wunderbar richtig ist

Das Beste kommt zum Schluss

Danksagung

Literaturempfehlungen

Register

Anmerkungen

Einleitung: Wie Normalsterbliche große Karrieren machen – genauso wie alle anderen Genies auch!

1Wie große Karrieren entstehen

2Die Ambition wachsen lassen

3Das Können entwickeln

4Die Psyche stabilisieren

5Positive Resonanz erzeugen

6Die eigene Bühne gestalten

7Karriere: Die Verführung zum Glück

8Die Karriere aufbauen

9 Die Karriere stabilisieren

10Krisen, Scheitern, Neubeginn

11Die Karriere vollenden

Einleitung: Wie Normalsterbliche große Karrieren machen – genauso wie alle anderen Genies auch!

Wohin wir auch schauen, wir entdecken überall Menschen mit großen Talenten, mit Ambition, mit dem Willen, das Beste aus sich zu machen. Wenn zwei das Gleiche tun, wird das Ergebnis nicht das gleiche sein, sondern so unterschiedlich ausfallen wie die beiden Menschen selbst.

Genauso verhält es sich mit herausragenden Karrieren. Wenn zwei das Gleiche tun, wird die eine Vorstandsvorsitzende und die andere Abteilungsleiterin, der eine internationaler Investmentbanker und der andere Kundenbetreuer der örtlichen Bankfiliale, steht der eine im Tor der Nationalmannschaft, der andere in einem in der dritten Liga. Doch wie kommt es zu diesen Unterschieden?

Es ist nicht der Zufall und nicht das Glück, sondern es sind sehr komplexe, in ganz unterschiedlichen Erscheinungsformen auftretende, aber dennoch generell gültige Zusammenhänge, die herausragende Karrieren hervorbringen. Diese Zusammenhänge werden in diesem Buch so vermittelt, dass sie direkt das eigene Erleben ansprechen und sich in praktisches Handeln umsetzen lassen. Wir haben gute Nachrichten für Sie:

Sehr viele Menschen, auch Sie selbst, können eine persönlich beglückende, gesellschaftlich wertvolle, finanziell einträgliche Karriere machen – mit Sicherheit eine erfüllende, vielleicht sogar eine große Karriere.

Jeder Mensch kann für seine eigene Karriere aus der großen Karriere eines anderen lernen. Jeder arbeitende Mensch mit Werten, Wünschen und Ambitionen profitiert von den Erkenntnissen, die wir in der Beratung exponierter Persönlichkeiten gewonnen haben.

Menschen mit großen Karrieren gibt es überall. Täglich geben Tausende Interviews, schreiben Bücher, werden zu Vorständen berufen, veröffentlichen einflussreichste Blogs, geben Konzerte, laden zu ihren Vernissagen ein, werden zu Konzernchefinnen oder Institutsleitern befördert, feiern ihre Erfolge. Die meisten großen Karrieren finden unter Ausschluss der breiten Öffentlichkeit statt. Zugleich haben die wenigsten Karrieren mit dem Wunsch nach einer besonderen Laufbahn begonnen. Am Anfang steht eine Begeisterung, eine große Frage, ein leidenschaftlicher Wunsch, eine Passion, ein Lieblingsfach, ein traumatisches Erlebnis, eine Faszination, ein Hobby oder eine große Empörung. Eine Ambition entwickelt sich.

Beispiel

Die eine kann nicht von mathematischen Rätseln lassen; der andere brennt darauf, die eigene Stimme zu vervollkommnen; ein Dritter will viel, viel schönere Häuser bauen oder alle Alltagsgeräte miteinander kommunizieren lassen; Topmanagerinnen und Topmanager spüren schon in der Kindheit eine Verantwortung für andere Menschen.

Dereinst erfolgreiche Menschen entwickelten schon sehr früh ein starkes inneres Interesse und ein besonderes Anliegen, sei es im Rahmen einer spezifischen familiären, schulischen oder gesundheitlichen beziehungsweise entwicklungspsychischen Konstellation.

Zwei machen das Gleiche, studieren zusammen, gehen auf Jobsuche, arbeiten anfangs noch für denselben Arbeitgeber, vielleicht so lange, bis sie die mittlere Führungsebene erreichen. Dann macht die eine eine herausragende Karriere und der andere nicht. Eine herausragende Karriere ist immer unvergleichlich: ob Vorstandsvorsitzender eines internationalen Energiekonzerns, Gründer eines wertvollen Start-ups, Cellistin, Projektleiter in der Bauwirtschaft, wissenschaftliche Expertin, Regionalliga-Fußballer, Stiftungsvorstand, zweite Bürgermeisterin oder Pferdezüchter. Jeder Erfolg ist einzigartig und zutiefst faszinierend. Gerade deshalb liegt die Annahme so nahe, dass es sich um Glück und Zufall handelt, wenn eine eher unauffällige zu einer großen Karriere wird.

Doch dieser Eindruck täuscht. All das, was zwischen dem Beginn und der Vollendung einer Karriere passiert, spielt sich im Rahmen eines exakten Systems ab – in einem Karrieresystem, das wir in diesem Buch für Sie decodieren. Wir nennen es die Hidden Agendas. Dieses System liegt wie ein unsichtbares Muster hinter jeder einzelnen Karriere. Es wurde bisher nicht als Ganzes entschlüsselt, weil es nicht als System erkannt wurde. Deshalb muten große Karrieren wie zufällig an, dem Glück geschuldet, und werden auch oft auf diese Weise beschrieben. Wissenschaftlerinnen, Journalisten, große Persönlichkeiten, die nach dem Karrieregeheimnis gesucht haben, haben wertvolle Erkenntnisse zusammengetragen und über ihre Erfahrungen berichtet. So wurden wichtige Zusammenhänge aufgedeckt. Wir genießen das große Privileg, seit vielen Jahren jeden Tag mit Menschen zu arbeiten, die Topkarrieren beschreiten, ihren Weg weitergehen, irgendwann vielleicht scheitern und wieder aufstehen. Die ein Lebenswerk vollenden oder grandios untergehen. Als Coaches haben wir deshalb die innere Dynamik entschlüsseln können, die zu einer Topkarriere führt – oder aber zu ihrem Scheitern. Dieses Erfolgswissen teilen wir in diesem Buch mit Ihnen.

Viele Berufstätige, die ambitioniert und erfolgreich sind, fragen sich, ob sie überhaupt eine Karriere machen möchten. Dieses Buch ermutigt dazu, Ja zur Karriere zu sagen, weil es mit vielen Vorurteilen aufräumt, die im Licht unserer Erkenntnisse unhaltbar geworden sind: Die Karriere mache einsam; die Ambitionierten müssten sich verbiegen und ihre Werte verleugnen; sie hätten neben der Arbeit keine Zeit mehr für ihre Familie und ihre Hobbys; sie wären gezwungen, andere Menschen auszunutzen und das eigene Ego marktschreierisch in den Mittelpunkt zu stellen. Wir werden belegen, dass genau das Gegenteil richtig ist.

Mit dem System Karriere, das wir Ihnen in diesem Buch vorstellen, eröffnen wir Ihnen eine neue, realistische und äußerst nützliche Sicht auf die Dynamik großer Karrieren. Sie werden verstehen,

warum gute Ergebnisse als Angestellte oder Selbstständige nichts mit der persönlichen Karriereentwicklung zu tun haben;

dass Netzwerke im herkömmlichen Sinne für eine Spitzenkarriere eher schädlich als nützlich sind;

dass das, was eine Künstlerin, einen Sportler, eine Wissenschaftlerin, einen Projektleiter über Jahre an die Spitze bringt, genau das ist, was die Stabilisierung der Karriere auf hohem Niveau verhindert;

dass Mentorensysteme dafür sorgen, dass die Mentees keine Karriere machen;

dass jemand zunächst über Jahre oder Jahrzehnte das eigene Ego aufbauen muss, um Karriere zu machen, und dass er dann, wenn er die Spitze erreicht hat, mit ebensolcher Verve daran arbeiten muss, es in Schach zu halten.

Wir werden eine Vielfalt überraschender Zusammenhänge wie diese schildern und erklären, was sich hinter ihnen verbirgt.

Warum konnten wir diese Dynamiken in ihrem systematischen Zusammenspiel als Erste entdecken? Die Antwort lautet: Wir verdanken die Erkenntnisse darüber unserer jahrzehntelangen intimen Beratungsarbeit mit Menschen, die große Karrieren anstreben und realisieren, die an diesem oder jenem Punkt scheitern und die nach Misserfolgen den Weg zurück an die Spitze schaffen. Wir sind als Coaches erfolgreicher und mächtiger Menschen Insiderinnen und dabei zugleich externe Beobachterinnen der Karriereverläufe dieser Menschen. Wir sind am langfristigen Erfolg interessiert. Uns sind die nächsten 10, 20 oder 30 Jahre ebenso wichtig wie Entscheidungen, die aktuell zu treffen sind. Wir analysieren und prognostizieren, wir geben unser Erfolgswissen weiter, begleiten die Menschen, mit denen wir arbeiten, und erhalten manchmal sehr schnell, manchmal aber auch erst viele Jahre später Bestätigung.

Unser großes Talent besteht darin, bisher schon funktionierende, aber unsichtbare Muster und Dynamiken zu erkennen, zu analysieren und zu konzeptualisieren – ganz individuell für jede einzelne Person – und jene dann für die Gesamtheit erfolgreicher und erfolgreichster Menschen zu generalisieren. In den letzten 20 Jahren haben wir uns der Frage, was den Ausschlag für eine große Karriere gibt, mit großer Leidenschaft gewidmet und in den sieben Jahren seit dem ersten Erscheinen von Ambition haben wir unsere Erkenntnissen mithilfe unserer Klientinnen und Klienten und unserer eigenen Berater noch weiter entwickeln können, haben sie für Unternehmen anwendbar gemacht (siehe auch das Buch Freiheit für Manager der Autorinnen, 2018 im Campus Verlag erschienen1) und sind in einigen Impulsen, die wir geben, noch weitaus kompromissloser geworden. So sind unsere Anleitungen zum Community Building in Kapitel 5, wie jemand in der Topliga heimisch wird und zugehörig bleibt, für uns keine bloßen Empfehlungen an Sie, sondern wir wissen heute, wie entscheidend für Ihren Erfolg diese Zugehörigkeit tatsächlich ist.

Unser Buch soll dazu beitragen, dass Sie Antworten auf Ihre ganz persönlichen Fragen finden:

Was bedeutet »große Karriere« für mich?

Was ist für meine Karriere nötig?

Wie erkenne ich, ob ich erfolgreich sein kann?

Was ist meine Ambition, mein inneres Anliegen, und wie finde ich es heraus?

Welcher Platz ist der richtige für mich, wie erkenne ich ihn, wie komme ich dorthin?

Wie baue ich meine Karriere auf, wie kann ich sie gestalten und ausdehnen?

Welches sind die wichtigsten strategischen Dimensionen bei der Realisierung meiner Karriere?

Was kann ich tun, wenn meine Karriere gefährdet ist – durch Krisen, Fehlschläge, Kündigungen, Misserfolge, Niederlagen, Fehler, Reputationsverlust?

Welche Rolle spielen Zufall, Talent, soziale Herkunft, Größe des Unternehmens, Jobwechsel für die Karriere?

Welche Rolle spielt mein soziales Umfeld? Was ist in diesem Kontext eine Community und wie kann ich sie aufbauen und pflegen?

Wie lauten die Codes der Erfolgreichsten, Mächtigsten, Ambitioniertesten?

Wie erreiche ich durch meine Arbeit Glück und Erfüllung, Sicherheit und Wohlstand?

Eines sei schon jetzt verraten: Sie werden überrascht sein. Die Widerstände und Hindernisse, die sich einer großen Karriere in den Weg stellen, entstammen ganz anderen Quellen, als Sie vielleicht vermuten. Sie liegen im Inneren des Menschen, nicht in den äußeren Umständen. Menschen sind auf eine Topkarriere, auf den großen Durchbruch, auf einen fulminanten Erfolg nicht gut vorbereitet. In jedem Menschen sind massive innere Widerstände gegen bestimmte Aspekte einer Topkarriere angelegt, die sich unterschiedlich äußern. Wenn Sie das System Karriere verstehen und nachhaltig an Ihren inneren Widerständen arbeiten, können Sie Ihre eigene Karriere fördern. Und wenn Ihnen dies gelingt, dann werden Sie – und das mag ebenso überraschend für Sie sein – auf ganz neue Ressourcen stoßen, auf viele gute Nachrichten und auf unverhoffte Glückspotenziale.

Wenn Sie das System Karriere verstanden haben, werden Sie auch wissen, was der Unterschied ist – warum dann, wenn zwei das Gleiche tun, die eine Präsidentin wird und die andere Teamleiterin, der eine ein gefeierter Opernstar und der andere ein Chorsänger. Was wollen Sie erreichen?

Teil I

Die Decodierung des Systems Karriere

1Wie große Karrieren entstehen

Wenn es um große Karrieren geht, haben wir sogleich eine Vielzahl von Fantasien: ein fulminanter Aufstieg, Ruhm, Ehre, Vermögen, Größenwahn, Desaster, One-Hit-Wonder, Lebenswerk, Wunderkind, Manager des Jahres, einflussreichste Frau der Welt … Wir denken an große Namen und Persönlichkeiten wie Michelle Obama, Elon Musk, Herta Müller, Roger Federer, Nelson Mandela, Angela Merkel oder Gerhard Richter … Oder wir denken an die höchste Auszeichnung für Literaten, Wissenschaftlerinnen und Politiker – den Nobelpreis – und diejenigen, die ihn erhalten haben. Eine große Karriere ist jedoch ein Phänomen, das bei Weitem nicht auf die weltbekannten Namen beschränkt ist.

Eine große Karriere ist bisher in der Literatur noch nicht definiert. Was ist eine große Karriere? Wann ist sie erreicht? Die einflussreichsten Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik sind oft in der Öffentlichkeit nicht bekannt, während der Prominentenkult nicht selten Personen ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt, die keine nachhaltig erfolgreiche Karriere vor sich haben dürften.

In diesem Buch geht es nicht nur um die ganz großen Stars, nicht nur um Berühmtheiten und Spektakuläres. In jedem Arbeitsfeld ragen Menschen heraus. Sie stehen an der Spitze ihrer Profession, von Unternehmen, Universitäten. Sie sind Aufsichtsräte, Verlegerinnen, Architekten, Sportstars, Chefärztinnen, Bischöfe, Schriftsteller, Malerinnen, Topmanager, Rechtsexpertinnen, Beraterinnen, Unternehmer, die es zu nationaler oder weltweiter Geltung gebracht haben.

Menschen wie all diese sind nicht unbedingt prominent, denn ihr Bezugssystem ist die eigene Gemeinschaft oder Community, sind die erfolgreichen Mitmenschen, die ihnen nahestehen. Die Mitglieder dieser Community sind es, die den sozialen Status Einzelner aus ihrem Kreis definieren, nicht der Einzelne selbst, ebensowenig wie die Medien oder die Fans.

»Ein Star unter seinesgleichen, ansonsten unbekannt«1, so schreibt Uwe Jean Heuser über Richard Thaler in der Zeit. Beschreibungen wie diese treffen auf viele Menschen mit großen Karrieren zu. Andere erreichen eine weltweite Reputation. So auch der Professor von der Universität Chicago: »Über Jahrzehnte hinweg erforschte der Ökonom das Verhalten der Menschen in der Wirtschaft und außerhalb eines kleinen Fachkreises wollte niemand etwas davon wissen. Doch dann stieß er auf Gold – die eine Idee, die sich schnell verbreitete und nun sogar von Barack Obama freudig aufgenommen wurde. Thaler ist ein Revolutionär in der eigenen Zunft, einer jener Verhaltensökonomen, die nicht an das Bild vom Homo oeconomicus glauben, der als rein rationaler Egoist durch die Theoriewelt geistert.« Gemeinsam mit Cass Sunstein publizierte Thaler im Jahr 2008 sein kurze Zeit später auch auf Deutsch erschienenes Buch über seine Forschungen, das weltweit über seinen Fachkreis hinaus auf Resonanz stieß: Nudge. Wie man kluge Entscheidungen anstößt.2

Wenn wir in diesem Buch von großen Karrieren sprechen, dann meinen wir damit nicht das One-Hit-Wonder, die kurzfristige Berühmtheit, die Milliardenerbin, den Lottogewinner, nicht den Menschen, der es zu vorübergehender Prominenz bringt, und auch nicht den großartigen Poeten im stillen Kämmerlein. Unsere Definition einer großen Karriere lautet:

Eine große Karriere drückt sich aus in großen Leistungen für andere, für die Gesellschaft, für die Welt, die höchste Anerkennung durch die eigene Community, persönliche Erfüllung und Wohlstand einbringen.

»Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?« So lautete die berühmte Frage des französischen Regisseurs François Truffaut an sein Idol.3 Wie so viele andere war auch Truffaut auf der Suche nach dem Geheimnis des Meisterwerks. Alle ambitionierten Menschen, alle neugierigen Wissenschaftler, Führungspersonen in Unternehmen, Talent-Coaches, Trainerinnen, Journalisten und Psychologinnen möchten dieses Geheimnis brennend gerne lüften: Gibt es ein Muster, wie Karrieren entstehen, sich fortsetzen und sich vollenden?

Ja, es gibt ein solches Muster. François Truffaut war es jedoch nicht vergönnt, in seinem Buch Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?4 das Geheimnis zu enthüllen, und auch Alfred Hitchcock selbst kannte es nicht. »Wie kam es zu diesem Erfolg?« Diese Frage hat sich auch der Rennfahrer und siebenfache Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher oft gestellt. Seine Antwort im Wochenmagazin Der Spiegel: »Am Ende aber ist es doch: Schicksal.«5 Auch Schumacher konnte das Rätsel nicht lösen. Dabei stehen seine Gedanken in vielen Punkten mit dem System Karriere, das wir in diesem Buch erläutern, in Einklang. In dem Interview mit den Spiegel-Redakteuren beschreibt Schumacher präzise die innere Zwangsläufigkeit einer großen Karriere:

Beispiel

»… Talent, na klar. Die Eltern, die das initiiert haben. Die Gönner, die mir halfen, als sich die Möglichkeiten meiner Eltern erschöpften. Und vielleicht auch dieses Gespür, mit den richtigen Leuten richtig umzugehen. Ich war relativ früh allein unterwegs und musste ständig Entscheidungen fällen, Menschen einschätzen, mit wem man kann, mit wem nicht.«6 Schumachers Streben nach Perfektion ist so legendär und so sehr Teil seiner Persönlichkeit, dass es ihm nicht bewusst ist, wie groß dieser Anteil an seinem Erfolg ist: »Die Formel 1 ist deshalb so spannend für mich gewesen, weil selbst das schnellste Auto noch irgendein Problem hat. Es gibt kein Auto, an dem nichts mehr zu verbessern ist. Es geht immer weiter. Und sich dieser Grenze zu nähern, an der wirklich alles perfekt ist, das löst bei mir Glücksgefühle aus.«7

Eine derartige Freude erleben Menschen mit großen Karrieren, wenn sie am richtigen Ort, auf ihrer Bühne, angekommen sind und sich dort auf die Vollkommenheit ihres Talents konzentrieren können.

Fünf Dimensionen

Es gibt eine verborgene Dynamik, der alle großen Karrieren weltweit folgen. Heute wissen wir, die Autorinnen, dass wir genau diese Dynamik, dass wir die gleichen Gesetzmäßigkeiten auch vorgefunden hätten, wenn wir die Karrieren nicht nur von Künstlern, Politikerinnen, Sportlern, Wissenschaftlerinnen und Unternehmenschefs, sondern auch jene von Gangsterbossen untersucht hätten. Jeder, der nach beruflicher Erfüllung strebt, kann seine Träume mithilfe dessen verwirklichen, was wir in diesem Buch das System Karriere nennen. Dieses System beschreibt erstmals in geschlossener Form die universell gültigen Zusammenhänge, die für jede große Karriere gelten, gleich ob im Sport, in der Kunst, in der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Beratung oder in den Medien. Es ist ein ganzheitliches, aus der empirischen Beobachtung und der Bewertung Hunderter von Karriereprozessen entstandenes Analyse-, Prognose- und Beratungskonzept.

Das System umfasst fünf Dimensionen. Jede dieser fünf Dimensionen ist gleich wichtig. Wenn auch nur eine von ihnen fehlt, dann ist weder eine angemessene Beratung noch eine große Karriere möglich. Gute Berater und höchst erfolgreiche Menschen orientieren sich an unserem System, ohne sich dessen bewusst zu sein. Sie wenden es an, ohne es beschreiben zu können. Keine große Karriere – überhaupt keine einzige Karriere – ist ein Kind des Schicksals oder ein unverhoffter Glücksfall. Karriere ist vielmehr ein präziser Prozess, der für alle Professionen gilt, auch wenn seine Erscheinungsformen noch so vielfältig sein mögen.

Wir staunen über die »göttliche Gabe« von Genies wie Mozart, Michelangelo oder Frida Kahlo und so mag es in manchen Ohren wie ein Frevel klingen, zu behaupten, dass der künstlerische Aufstieg dieser Genies den gleichen Gesetzmäßigkeiten unterlag wie jener von Beyonce, Kylian Mbappé, Dirk Nowitzki und Christine Lagarde. Doch bei Weltstars lässt sich in Großaufnahme beobachten, was für jede Profession und auf den unterschiedlichsten Ebenen der Entfaltung von Ausnahmetalenten gilt.

Eine große Ambition führt unter dem Einfluss von fünf immer gleichen Dimensionen zu einer großen Karriere (siehe Abbildung). Diese fünf Dimensionen sind zwingend. Sie können phasenweise wirken und bilden die Basis für teils parallel ablaufende Prozesse. Alle Dimensionen werden mehrmals durchlebt, jede ist wichtig, keine kann ausgelassen werden, keine ist delegierbar. Jede Karriere lebt von den genannten fünf Dimensionen. Wenn sie gegeben sind, kommt es zwangsläufig zu einer großen Karriere, wenn aber nur eine der fünf Dimensionen fehlt, kann sich keine große Karriere entfalten.

Die fünf Dimensionen einer großen Karriere

Ambition

Im Zentrum der fünf Dimensionen steht die persönliche Ambition – der Impuls, die eigenen Gaben auszuschöpfen und das eigene Anliegen zu verwirklichen. Es ist der Drang, das eigene Talent, die eigenen Werte zu zeigen und einzusetzen und dadurch die Welt zu verbessern. Dieser Spur wird gefolgt, auch gegen Widerstände.

Ohne ein Anliegen, ohne einen inneren Antrieb kann keine Karriere beginnen oder wachsen. Die Ambition ist der Motor. Ambition ist nicht zu verwechseln mit Zielen oder Erwartungen. Die Ambition kann nicht ausgedacht oder konstruiert werden, sondern nur erspürt und erforscht. Sie kommt nicht von außen, sie ist einfach da, eine autonome Kraft.

Jeder Mensch hat innere Anliegen und Werte, die ihm nicht unbedingt bewusst sind, die er aber fühlt.

Beispiel

Stellen Sie sich einen Menschen vor, der Verschwendung verabscheut. Als kleinem Jungen hat es diesem Menschen womöglich gefallen, die Großmutter zu beobachten, die alle Handgriffe im Garten mit äußerster Effektivität und Präzision ausführte. Später ersann er Systeme, um seine Aufgaben in Schule und Haushalt in möglichst kurzer Zeit gut zu erledigen. Damals wie heute wittert er unnötigen Zeitaufwand überall dort, wo er betrieben wird. Seine Gedanken kreisen oft und lustvoll um elegante, effektive Prozesse.

Das ist eine Ambition. Ambitionen wollen wachsen. Dazu brauchen sie Aufmerksamkeit, Nahrung und Richtung, die ihnen ihre Träger selber viel eher zu geben vermögen als andere Menschen.

Höchstes Können

Das Streben nach höchstem Können ist die erste von vier strategischen Handlungsdimensionen, deren Bedeutung für jeden, der eine große Karriere macht, immer wieder von Neuem in den Vordergrund rückt. Fleiß und Disziplin begleiten die Ambitionierten von Anfang an. Sie sind nie zufrieden, sondern suchen lebenslang nach Lern- und Optimierungsmöglichkeiten, die der Ambition einen größeren Raum und eine größere Wirkung verschaffen.

Es ist ein immanentes Streben – der Cellist Pablo Casals (1876–1973), einer der bedeutendsten Musiker des 20. Jahrhunderts, mochte auch im höchsten Alter nicht darauf verzichten, täglich sein Cellospiel zu üben – und eine Strategie, die sogar nach Ansicht einiger Forscher das Talent ersetzen kann. Mindestens 10 000 Stunden Übung in zehn Jahren, so beginnen große Karrieren, und dann sind sie noch lange nicht zu Ende. Das tiefe Bedürfnis nach Vervollkommnung, nach dem Erlernen neuer Fertigkeiten und dem Erwerb neuer Kenntnisse und der Drang zu üben, mehr zu erlangen, weiterzumachen, besser zu werden, überwindet viele, auch die größten Hindernisse.

Stabilisierung der Psyche

Die Stabilisierung der Psyche ist die zweite strategische Handlungsdimension. Sie ist deshalb zentral, weil wir Menschen auf große Karrieren nicht gut, meist gar nicht vorbereitet sind, selbst wenn wir sie ersehnen.

Innere und äußere Krisen sind ebenso unausweichlich wie notwendig. Sie verlangen Reflexion, Beratung, Veränderungs- und Lernbereitschaft. Dies ist niemals ein rein kognitiver Prozess, sondern ein Prozess, der die gesamte Persönlichkeit ergreift. Das, was in einem speziellen Moment, in einer speziellen Phase der Karriere nötig ist, ist für die betreffende Person schwer zu erkennen. Oft sind unbewusste innere Widerstände gegen die Arbeit an der eigenen Psyche aktiv, die Erkenntnisse und weitere Fortschritte erschweren oder sogar ausschließen.

So ist vielen einflussreichen Menschen ihre Macht, ihr Erfolg nicht bewusst. Sie fühlen sich tief in ihrem Inneren weiter abhängig und klein, beklagen sich über die »wirklich Mächtigen«, obwohl doch viele Teams und auch die Vorgesetzten sich an ihnen orientieren, viele Projekte fulminant abgeschlossen wurden, großes Können entwickelt wurde. Ohne innere Erfolgsgewissheit findet die Karriere keine Fortsetzung, kann keine Ausstrahlung wachsen, können andere nicht darauf vertrauen, dass die betreffende Person noch größere Aufgaben meistern wird.

Positive Resonanz

Positive Resonanz und Zugehörigkeit zu anderen Ambitionierten zu gewinnen führt zu Macht und Einfluss und zu einer großen Karriere. Jede Phase der Karriere braucht anspruchsvollste Vorbilder, hochkarätige Geschäftsfreundinnen und Freunde aus den unterschiedlichsten Bereichen. Der Kreis der Ambitionierten ist ihnen Heimat und Ansporn. Erfolgreiche Menschen brauchen Resonanz und Spiegelung von anderen Erfolgreichen. Anfänglich wird die Karriere durch herausragende Leistungen und Erfolge weiter wachsen, diese tragen weit bis in das mittlere Management hinein zu einer stabilen beruflichen Existenz. Von da an geht es um das Gefühl der Zugehörigkeit – in der Topliga heimisch zu werden – durch positive Resonanz und persönliche Nähe, die sich in dem Topmanagement affinen Habitus, dem »Stallgeruch«, der »Chemie« ausdrückt. Doris Märtin, die Expertin für Habitus und Kommunikation, hat diese Denk- und Handlungsmuster, die mit großem beruflichen Erfolg einhergehen, in ihrem Buch Habitus. Sind Sie bereit für den Sprung nach ganz oben?8 bravourös entschlüsselt. Wer einmal in der Topliga ist, bleibt auch dort.

Fantasien, nach denen Überlegenheit, Drohung, Zwang, Kampf und Durchsetzungsvermögen Karrieren vorwärtstreiben, haben längst ausgedient, wenn sie denn je Gültigkeit hatten. Eines der größten Probleme, die Wahrheiten über Karrieren verschleiern und Erkenntnisse hartnäckig verhindern, ist, dass die Karrieren von außen oder von weiter unten auf der Einflussskala oft völlig anders aussehen. Hier sehen Menschen nicht die positive Resonanz, sondern Ausgrenzung, Statusrituale, Machtspiele, Egoismus, Abwertung, Gleichgültigkeit und denken sich: »Die da oben sind so.« Die Dynamik der positiven Resonanz zu erkennen ist unumgänglich: Die Person, die Erfolg anstrebt, muss sich über negative Beobachtungen wie die gerade geschilderten hinwegsetzen und selbst damit beginnen, positive Resonanz in der Community der Einflussreichen zu erzeugen. Sie muss ihr eigenes inneres Anliegen herausstellen, die eigene Ambition, die eigene gute Laune, Dankbarkeit, Großzügigkeit und Wertschätzung. Tut sie dies, so wird sie nach und nach erkennen, wie positive Resonanz in Kreisen von bedeutenden Persönlichkeiten gelebt wird. Dieses Wissen bleibt allen noch so scharfsichtigen Analytikern der Macht verschlossen, die sich nicht selbst in dieser Dimension bewegen.

Die eigene Bühne

Die exakt passende eigene Bühne muss selbst gefunden, definiert, gestaltet werden. Jede Ambition ist einzigartig, wie jede große Karriere. Die Adressaten der großen Karriere, ob Opernpublikum, Herzpatienten, die politische Öffentlichkeit in den USA oder internationale Investoren, müssen identifiziert, definiert und angesprochen werden. Für die eigene Bühne gibt es keine Vorbilder oder Muster.

Unternehmen entwickeln Talente, um sie in vorgegebenen Positionen einzusetzen. Für Menschen, die auf der Spur ihrer großen Karriere sind, ist das jedoch keine gute Idee. Sie entwickeln sich vorwiegend selbst und entdecken immer klarer, wie, wo und woran sie arbeiten möchten. Kompromisse sind im Laufe der Karriere immer weniger möglich.

Beispiel

Ein junger Musicalstar könnte großartige Engagements bekommen, aber seit einiger Zeit denkt er daran, wie viel Freude es ihm machen würde, andere zu unterrichten. Er nimmt noch an einigen Castings teil, agiert dort jedoch eher halbherzig. Er tritt noch da oder dort auf, aber während er auf der Bühne steht, kreisen seine Gedanken vor allem darum, wie es möglich sein könnte, andere Darsteller ganz einfach, ganz mühelos auf anspruchsvolle Rollen wie die seinige vorzubereiten. Nichts bringt ihn davon ab, seiner pädagogischen Neigung zu folgen, und später revolutioniert er die Musicalpädagogik, ohne dass zuvor jemand daran gedacht hätte, dass dies notwendig oder wünschenswert sein könnte. Für den Musicalstar gibt es keinen vorgegebenen idealen Platz, der Lehrstuhl an einer bedeutenden US-Universität wird Jahrzehnte später für ihn neu geschaffen.

Große Karrieren sind Pionierkarrieren, nicht nur im Showgeschäft, sondern auch in Unternehmen. Erfolgreiche Unternehmen sind deshalb längst dazu übergegangen, für die ambitioniertesten und erfolgreichsten Managerinnen und Manager – die manchmal zugleich die eigenwilligsten sind – Positionen anzupassen oder ganz neu zuzuschneiden. Während der langen Zeit der Entfaltung ihrer großen Karriere ist es deshalb immer die Aufgabe der Ambitionierten selbst, ihr Heimspiel zu identifizieren, ihre Rolle zu definieren, sich selbst darin auszuprobieren, sich anderen mitzuteilen und sich ihre ideale Rolle und ihre eigene Bühne selbst zu wählen und zu gestalten.

Der Weg zu Ruhm und Ehre, Glück und Geld

Glück, Anerkennung, Selbstverwirklichung, Einfluss, Geld, Privilegien, soziale Zugehörigkeit, eine Community, Reputation – das sind die Früchte einer großen Karriere. Sie können Ausdruck der Erfüllung persönlicher Wünsche oder Erwartungen sein, nicht jedoch von Zielen im Sinne von »Mit 35 möchte ich meine erste Million verdient haben« oder »Ich möchte auf dem Titelbild des Manager Magazins abgebildet sein«. Derartige Ziele direkt zu erreichen ist nicht möglich. Im Gegenteil, für wen sie zur fixen Idee werden, der wird nie mit einer großen, glücklichen Karriere belohnt. Diese Glücksbringer sind vielmehr Geschenke, die sich nach und nach, früher oder später einstellen, sobald die Ambition Regie übernimmt (und die vier strategischen Dimensionen bedient werden).

Geld, Macht oder Ruhm sind keine Ambitionen, niemand ist ihretwegen erfolgreich, auch wenn es ihn noch so sehr danach dürstet. Die Ambition will Gutes in die Welt bringen, sie weist weit über die Person hinaus. Nur sie führt zu Erfüllung, Unterstützung, Reputation, einer großen Karriere – und schließlich zu Geld und Wohlstand. Der Welt effektivste Prozesse zu schenken, das ist eine Leidenschaft, der sich andere Menschen anschließen können.

Es gibt viele Irrtümer über Erfolg und darüber, weshalb jemand Karriere macht

Die erfolgreiche Künstlerin macht das Glück oder den Zufall verantwortlich: zur rechten Zeit am rechten Ort gewesen zu sein.

Der Sportler nennt sein großes Talent.

Der Topmanager spricht über seine nachgewiesenen herausragenden Arbeitsergebnisse.

Berufseinsteiger meinen, je höher die Karrierestufe, desto mehr Arbeit komme auf sie zu und desto weniger Freizeit bleibe übrig.

Die begabte Projektleiterin weiß, dass sie nur aufsteigen kann, indem sie sich verbiegt und ihre Werte verleugnet.

Personalexperten lehren: Talent und Qualifikation sind für Erfolg im Management entscheidend.

Die herausragende Institutsleiterin deutet bescheiden an, diese Karriere habe sich so ergeben.

Der Politiker schreibt seinen Wahlerfolg seiner Intelligenz zu – seine Gegner betonen seine glänzende Rhetorik und die Rolle seiner Frau.

Ambitionierte Frauen denken, sie müssten perfekt in das System der männlichen Macht passen.

Wissenschaftler glaubten, einen statistisch gesicherten Zusammenhang zwischen Karriereerfolg und äußeren Gegebenheiten wie Wohnort, Geburtsdatum oder Körpermaße entdeckt zu haben.

Akademiker aus Arbeiterfamilien sind sicher, dass ihnen zur großen Karriere die Beziehungen zu reichen und mächtigen Clans fehlen.

Viele Irrtümer entstehen, weil selbst den erfolgreichsten Akteurinnen und Akteuren nicht bewusst ist, auf welche Art und Weise sie erfolgreich geworden sind. Ihre Erklärungen entsprechen ihrem Selbstbild (»großes Talent«), der sozialen Erwünschtheit (»beste Ergebnisse«) oder einem starken Bedürfnis (»Ich wollte mich nie verbiegen«), sind jedoch meist falsch.

Aber wie sollen auch Menschen, die eine große Karriere machen, ein hinter ihrer Karriere verborgenes System sehen können, von dem sie nichts ahnen? Und es interessiert sie auch gar nicht. Sie vergleichen sich nicht, systematisieren nicht, sondern sie leben ihre Ambition.

Ebenso wie die Ambition sind auch die meisten übrigen Faktoren einer großen Karriere im Menschen selbst zu finden, nicht in äußeren Bedingungen. Das gilt für die positiven wie für die negativen Faktoren. Es ist ein Irrtum, zu glauben, Menschen kämpften überwiegend gegen äußere Widerstände. Es sind die inneren Widerstände, die ihnen am meisten zu schaffen machen. Die menschliche Psyche ist auf große Erfolge und Karrieren nicht gut vorbereitet. Ein Durchbruch kann Panik und Starre auslösen. Eigene große Erfolge werden übersehen, übergangen, nicht öffentlich gemacht, nicht gefeiert, weil die Ambition nicht verweilen, zurückschauen, feiern will, sondern mit ihrem stetigen Vorwärtsdrang zum nächsten Erfolg antreibt. Deshalb ist die Arbeit an der Psyche so entscheidend. Ohne sie bleiben die inneren Widerstände unerkannt und unbewusst, können mithin nicht bewältigt werden.

Die größten Irrtümer über Karrieren

Der Erfahrungs-Irrtum. Da die Dynamik, die zu einer Karriere führt, nicht einmal den Erfolgreichen selbst bewusst ist, verlassen sich ambitionierte Menschen und deren Ratgeber auf logisch erscheinende Theorien, die auf ungeprüften Einzelerfahrungen basieren. Erfahrungen sind jedoch keine Weisheiten. Es gibt sehr wohl Erfahrungswissen, aber ohne psychologische Reflexion und systematische Aufbereitung bleibt es kognitives Einzelwissen. »Mach zusätzlich ein MBA-Studium und du bekommst leichter einen Job« oder »Sie sind zu alt, um in der IT noch Erfolg zu haben«. Das sind typische Beispiele für gut gemeinte, aber unsinnige Ratschläge. Welche Rolle ein MBA-Studium oder das Alter für die Karriere spielt, hängt ausschließlich von der individuellen Dynamik der Ambition ab. Diese ist sehr wirksam, aber den Ambitionierten, den Förderern, dem gesamten Umfeld in der Regel nicht bewusst. Das System Karriere widerspricht deshalb in vielen Fällen der gelebten Praxis der Karriereförderung und dem sogenannten gesunden Menschenverstand.

Der Mentoren-Irrtum. Viele Unternehmen arbeiten mit Mentoring. Erfahrene, erfolgreiche Topmanager fördern in persönlichen Gesprächen jüngere, unerfahrene, hierarchisch untergeordnete Personen. Der Mentor möchte dem Mentee nach bestem Wissen und Gewissen sagen, »wo es langgeht«. Die unbewusste, für beide unsichtbare Realität ist jedoch, dass der Mentor vor allem dann mit den Ergebnissen seiner Gespräche zufrieden sein wird, wenn er seinen Mentee als einen Menschen erlebt, der weit weniger Wissen und Erfahrung hat als er selbst. Ist der Mentor besonders gut, so schrumpft das Wissensgefälle schon nach kurzer Zeit – und damit schrumpft auch die Wichtigkeit des Mentors in seiner Eigenwahrnehmung. Der Mentor wird ärgerlich, vielleicht sogar wütend und eifersüchtig auf seinen Schützling, und er wird versucht sein, dessen Karriere zu hemmen. Deshalb entwickeln sich Mentoren-Mentee-Beziehungen häufig negativ, ohne dass die beiden Seiten die Gründe dafür kennen.

Der Feedback-Irrtum. Ein anderes Beispiel aus der Praxis der Karriereförderung ist die verbreitete, aber grundfalsche Annahme, dass Chefs offene, sogenannte konstruktive Kritik benötigen, um besser zu werden. Viele Chefs bitten ihre Mitarbeitenden sogar ausdrücklich um offene Kritik. Kritik wirkt sich jedoch immer dann, wenn es um die Karriere des Kritisierenden geht, desaströs aus. Chefs meinen, sie wollten Kritik hören. Hier wirkt wieder die Kraft des Unbewussten, denn in Wirklichkeit will niemand Kritik hören, schon gar nicht in einer Position als Chef. Kritik beansprucht im Gehirn des Kritisierten einen Platz von solcher Wichtigkeit, dass bei ihm unwillkürlich alle Alarmglocken klingeln. Positive Nachrichten, Lob und Anerkennung nimmt er nicht mehr wahr, da sein Gehirn mit der Verarbeitung der »Gefahr« beschäftigt ist. Schon die allerkleinste Andeutung, körpersprachlich, ein Zögern, ein Zucken, eine ungeschickte oder neutrale statt positive Wortwahl, eine Einleitung »Ich will Ihnen nicht zu nahetreten«, »Über Negatives möchte ich nicht sprechen«, richtet großen und unheilbaren Schaden an. Nähe wird zerstört, Vorgesetzte rücken unmerklich, unbewusst ab. Die Wahrnehmung verändert sich, Misstrauen schleicht sich ein. Diese Dynamik wird unterschätzt oder geleugnet, weil die Kritisierten ihr Ansehen, ihre Stärke und ihre eigene Toleranz gegenüber kritischen Stimmen überschätzen.

Die Unterschätzung positiver Resonanz und des Werts der Zugehörigkeit. Den beiden gerade geschilderten Irrtümern liegt die Unterschätzung der strategischen Handlungsdimension »positive Resonanz und Zugehörigkeit« zugrunde. Wenn von Zugehörigkeit die Rede ist, geht es nicht darum, »dazuzugehören«, sondern darum, anderen Zugehörigkeit zu bieten, indem positive Resonanz erzeugt wird. Es ist die Haltung des Gebens, die zur Karriere, zum Erfolg führt. Jemand fühlt sich selbst wertvoll, verbunden, großzügig und seine/ihre Aktionen entspringen diesem Geist. Das heißt für ein unerfahrenes Talent beispielsweise: Anstatt eine Beziehung zu einem Mentor anzustreben, um von ihr zu profitieren, macht es seinem Vorbild Komplimente, tut seine Bewunderung kund, bittet in Einzelfällen um Hilfe und Rat und zeigt dadurch seine Wertschätzung. Es gibt, statt zu nehmen. Und der Chef, der sich selbst gerne reden hört, wird nicht kritisiert (»Sie reden manchmal zu lange«), sondern bestätigt, etwa mit den Worten: »Ich würde es als großes Privileg betrachten, wenn Sie als fulminanter Präsentator und großartiger Redner mir zehn Minuten lang zu diesem Thema zuhören würden. Das wäre wundervoll.«

Besonders jüngere Managerinnen und Manager befürchten in solchen Situationen, dass sie sich verbiegen, unaufrichtig sein, den Einflussreichen nach dem Mund reden müssten, um sich beliebt zu machen und Vorteile zu ergattern, ohne dafür etwas zu leisten. Dabei handelt es sich bei der Fähigkeit, Zugehörigkeit zu bieten, um eine komplexe Fähigkeit, die das Selbst ebenso sehr beeinflusst wie das Gegenüber. Demgegenüber ist es wesentlich leichter, den Chef zu kritisieren, ihm Fehler nachzuweisen oder ihn hinter seinem Rücken herabzusetzen und sich damit im Kollegenkreis beliebt zu machen. Wer Einfluss anstrebt, muss positive Resonanz erzeugen. Positive Resonanz ist

eine Haltung. Sie bedeutet, sich als anerkannt, bedeutsam, wichtig, fördernd zu betrachten, auch wenn man sich vielleicht noch nicht oder noch nicht im gewünschten Maße so fühlt;

eine Kunst. Wer sie beherrscht, dem gelingt es, auf Augenhöhe Zustimmung, Förderung und Gefolgschaft von Menschen zu gewinnen;

ein Prozess. Der persönliche Einfluss fängt sofort an zu wachsen;

eine Perspektive. Auf der Basis positiver Resonanz können persönliche Wünsche geäußert und erfüllt werden.

Der Leistungs-Irrtum. Manager schreiben ihren Erfolg gern ihren großartigen fachlichen Leistungen und ihrer überlegenen Führung zu: Weil sie hervorragende Produkte auf den Markt gebracht haben, weil das Unternehmen unter ihrer Leitung gewachsen ist, weil sie in den Osten expandieren konnten, weil sie vorbildliche Führungspersönlichkeiten sind und die Mitarbeiter ihnen vertrauen und folgen, deshalb stehen sie an oberster Stelle in ihrem Unternehmen, in der Branche oder werden bald dort stehen.

Für Erfolg sind stets alle vier strategischen Handlungsdimensionen entscheidend, doch ausgerechnet im Beispiel des Bereichsleiters fielen exzellente Leistungen und Ergebnisse in die unwichtigste Kategorie. Waren sie doch erstens – anders als etwa bei Leistungssportlern – kaum transparent. (Wer hat zu den Ergebnissen beigetragen? Welche externen Faktoren spielten eine Rolle? Wer definiert Exzellenz nach welchen Maßstäben?) Zweitens wurde hervorragende Leistung als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt und bedurfte keiner besonderen Erwähnung.

Viele Berufseinsteiger oder Führungspersonen auf mittleren Managementebenen vermuten, dass sich die Arbeitszeit eines Beschäftigten umso weiter ausdehnt, je weiter er aufsteigt und je mehr Verantwortung er übernimmt. Es kommt nicht zu mehr Arbeit, sondern Arbeit und Freizeit gehen mehr und mehr ineinander über. Es ist die eigentliche Arbeit von Topmanagern, die eigene Ambition, die eigenen Werte zu verfolgen, im Unternehmen, im Ehrenamt und im Sponsoring; immer wieder Neues zu lernen; die eigenen Wünsche und Urteile ernst zu nehmen, zu pflegen, dem Dialog auszusetzen; interessante Menschen zu treffen; sich von neuen Erfahrungen überraschen zu lassen; Pausen zu machen, sich mit Geschäftsfreunden zu treffen; zu prüfen, ob das eigene Leben und die eigene Rolle noch vollkommen zur eigenen Ambition passen.

Topmanagerinnen und Topmanager üben großen Einfluss aus in allen alltäglichen Begegnungen, mit jeder Geste, jedem Wort, jeder Gewohnheit. Sie wirken mehr über ihre Persönlichkeit, über ihr Auftreten als durch das, was sie offiziell sagen. Deshalb ist es für sie so wichtig, die eigene Persönlichkeit zu reflektieren und zu pflegen.

Der Dringlichkeits-Irrtum. Irrtümer sind manchmal nicht in Theorien und Statements, sondern in falschen, weil irrelevanten Karrierefragen verborgen. Menschen lassen sich von der Dramatik einer Situation leiten, statt den langfristigen Hintergrund zu beleuchten. Sie stellen sich Fragen nur deshalb, weil andere sie gerade vor diese Fragen stellen:

Soll ich das Angebot meines Unternehmens annehmen, für ein Jahr nach Indien zu gehen?

Was mache ich, wenn mein Mitarbeiter mein Vorgesetzter wird?

Wie erziele ich eine möglichst hohe Abfindung?

Wie setze ich mich gegenüber meinem Kollegen durch?

Soll ich dieses Stück als Auftragsarbeit komponieren?

Wie viel Honorar kann ich fordern?

Sollte ich das Unternehmen wechseln?

Wie kann ich mich durchsetzen?

Diese Fragen zeigen die Verstrickung in eine momentan als kritisch oder entscheidend erlebte Situation. Dramatische Entscheidungssituationen, zumal unter Zeitdruck, üben eine große Faszination aus, der sich gerade sehr ambitionierte, leidenschaftliche Menschen kaum entziehen können. Tagelanges Grübeln, Analysieren, Coaching-Sessions, Gespräche mit Familie und Freunden … dabei wartet die Antwort bereits im eigenen Inneren.

In derartigen Situationen ist es unerlässlich, innezuhalten. Je länger Sie pausieren, ohne nachzudenken und zu analysieren, desto unwahrscheinlicher ist eine Fehlentscheidung. Körper und Seele signalisieren, welches die bedeutsamen Unterströmungen sind: die eigene Ambition, das innere Anliegen, die Leidenschaft, die tiefen Wünsche. Darauf zu hören führt zu Entschiedenheit und Klarheit. Karrieren hängen nicht von einzelnen Situationen ab, sondern entwickeln sich über sehr lange Zeiträume. Es scheint, als hätten Menschen verlernt, in Jahrzehnten zu denken. Zumindest diese kurzfristigen, scheinbar eiligen Fragen erledigen sich meist, wenn die persönliche Ambition identifiziert ist.

Der Talent-Irrtum. Talent ist eine Größe, deren Bedeutung heute von einigen Forscherinnen und Forschern neu definiert wird. Ambition kann bewirken, dass das eigene Können in mindestens 10 000 Stunden Übung in zehn Jahren perfektioniert wird – mit mehr oder weniger großem Talent. Sicherlich ist es wenig wahrscheinlich, dass ein Mensch mit sehr kleinen Händen und schlechtem Gehör Klavierstücke von Brahms spielt wie ein großer Meister. Oder doch? Wer weiß! Sicher ist aber auch, dass kein großes Talent zur großen Karriere fähig ist, ohne dass es zugleich nach höchstem Können strebt, seine Psyche stabilisiert, positive Resonanz und Zugehörigkeit erzeugt und seine eigene Bühne gestaltet. Talent ist zu vernachlässigen, wenn alle anderen Dimensionen wirken.

Desaströs wirkt es sich aus, wenn Unternehmen sich am Talent ihrer Mitarbeiter und Führungskräfte orientieren anstatt an deren Ambitionen. Die amerikanische Psychologin Carol Dweck, Forscherin an der Universität Stanford, hat nachgewiesen, dass nur ständiges, hartes, ambitioniertes Arbeiten an der eigenen Qualität Erfolge zeigt. Talent allein sei sogar schädlich, so Dweck – vor allem dann, wenn Menschen wegen ihres Talents ausgewählt, gefördert, bestätigt und gelobt werden statt wegen ihrer Anstrengungen.9

Der Statistik-Irrtum. Wenn Frauen, Alte, Farbige oder auf dem Land Geborene keine großen Karrieren machen, so liege das an eben jenen statistisch erhärteten Faktoren. Diese Meinung ist weit verbreitet. Dennoch ist sie falsch, denn jede Karriere ist einzigartig. Die individuelle Karriere folgt keiner Normalverteilung, es gibt für sie keine berechenbaren Wahrscheinlichkeiten. Die meisten Menschen mit großen Karrieren sind auf ihrem Lebensweg auf große Schwierigkeiten gestoßen. Die statistisch fundierten Einflussgrößen lassen sich reduzieren auf Widerstände und Krisen, die zu bestehen sind und an denen die persönliche Ambition wächst. Das ist das Kennzeichen der großen Karriere: Auch noch die sperrigsten Hindernisse und die größten Demütigungen entpuppen sich als Sparringspartner der Ambition, als Chancen, Neues zu erfahren, zu lernen und die eigene Entwicklung zu bereichern.

Der Zufalls-Irrtum. Dieser Irrtum ist bei Erfolgreichen besonders populär. Wer das System Karriere nicht durchschaut, hält Erfolge im Rahmen seiner Karriere für Zufall. »Zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen zu sein« oder »glücklicherweise in die beste Familie hineingeboren worden zu sein« – das sind Aussagen von Menschen, die ihre große Karriere im Rückblick erklären möchten. Es ist jedoch nicht Glück, sondern das, was wir als den autonomen Willen der Ambition beschreiben: harte Arbeit unter der Regie der Ambition.

Dem unbeugsamen Willen der eigenen Ambition folgend, geht der Mensch den schweißtreibenden Weg, sein Können zu perfektionieren. Auf diesem Weg, mit all den in vielen Jahren geschärften Antennen der Wahrnehmung ausgestattet, ist er in der Lage, seine Chancen zu erkennen und zu nutzen. »Der glückliche Zufall« kann sich nur ereignen, kann vom Einzelnen auf seinem ihm eigenen Weg nur gesehen und genutzt werden, weil er bereits eine lange Strecke mit Fleiß, Disziplin und harter Arbeit gemeistert hat.

Der große Irrtum vom glücklichen Zufall wird durch die in Casting- und Talentshows, Berichten und Geschichten suggerierte These von der plötzlichen und schicksalhaften Entdeckung von Menschen mit Talent genährt. Junge Menschen werden durch diese These daran gehindert, zu lernen, dass sie ihre »glückliche Entdeckung« systematisch und hart erarbeiten müssen. Auf die richtige Situation zu warten ist einfacher, als viele Jahre lang Widerständen und Hindernissen zum Trotz kontinuierlich an sich selbst zu arbeiten. Ambition und Können – und auch das Geschick, in einer entscheidenden Situation präsent zu sein und zu überzeugen – müssen schon zuvor sehr lange entwickelt worden sein, ehe die Entdeckung des Talents möglich ist und sodann auch tatsächlich zur Basis einer großen Karriere werden kann.

Wie jedoch in der wirklichen Welt der autonome Wille der Ambition den glücklichen Zufall ermöglicht, ist an einem Jungen namens Bill zu studieren, der als Achtklässler jede freie Sekunde nutzte, um zu programmieren – eine Tätigkeit, die 1968 noch gänzlich unbekannt war. Doch lassen wir Bill Gates selbst zu Wort kommen:

Beispiel

»Ich war wie besessen. Ich habe den Sportunterricht geschwänzt. Ich bin abends hingegangen. Wir haben an den Wochenenden programmiert. Damals war ich 15 oder 16. Dann hat Paul Allen