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Generation Facebook: Die individuellen Sinnkrisen der Endzwanziger
Laura und Jakob kennen sich nicht. Noch nicht. Aber Facebook-Freunde können sie doch sein, oder? Kleine Frage, große Wirkung. Bald stecken die beiden mitten in einem intensiven Cyber-Dialog über die elementaren Themen des Lebens: Freundschaft, Liebe, Beruf, Erwachsen werden …
Doch kann man sich auf diese Weise wirklich kennenlernen? Sich sogar verlieben? Ist die virtuelle Begegnung vielleicht sogar besser als die reale?
Alissa Jung und Richard Kropf zeichnen ein vielschichtiges und sympathisches Bild von der Generation Facebook, der sich Millionen Möglichkeiten bieten, die sich dadurch aber immer mehr selbst entfremdet.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 133
Veröffentlichungsjahr: 2013
Gütersloher Verlagshaus. Dem Leben vertrauen
»Wenn einer in sein dreißigstes Jahr geht, wird man nicht aufhören, ihn jung zu nennen. Er selber aber, obgleich er keine Veränderungen an sich entdecken kann, wird unsicher; ihm ist, als stünde es ihm nicht mehr zu, sich für jung auszugeben.«
Ingeborg Bachmann, »Wenn einer in sein dreißigstes Jahr geht«
»30 is the new 20«
Jay-Z, »30 something«
Was machst du gerade?
01. März 21.32 Uhr
Laura Weiß
Hier bin ich!
01. März 21.35 Uhr
Maria Marie
Hey, herzlich willkommen!
01. März 23.12 Uhr
Hannes Weiß
Schwesterherz, bist du jetzt endlich doch hier!
02. März 10.39 Uhr
Nina Raabe
wurde aber echt zeit, frau weiß!
03. März 23.12 Uhr
Laura Weiß
Facebook ist sehr besorgt um mich, in meinem Profil steht:
»Sieh dir an, wie es gemacht wird. Maria verwendet ihr Profil, um ihre Freunde über ihr Leben und ihre Erlebnisse zu informieren. Erweitere dein eigenes Profil!«
03. März 23.17 Uhr
Nina Raabe
fb scheint wirklich sehr besorgt um dich … ich werde täglich aufgefordert, dir zu helfen. heute soll ich dir eine nachricht schicken. würde dir das helfen?
03. März 23.19 Uhr
Laura Weiß
So viel Sorge tut meiner zarten Seele … ähm … vielleicht … hoffentlich … gut?
04. März 13.32 Uhr
Laura Weiß
»Ändere dein Profilbild, damit deine Freunde dich erkennen.« Woher weiß Facebook, dass ich nicht aussehe wie eine blaue Vespa?
04. März 15.18 Uhr
Hannes Weiß
»Hilf einem Freund: Laura Weiß.
Sie ist neu bei Facebook. Schlage Freunde für sie vor. Sie hat bis jetzt so wenige.
Hilf ihr beim Suchen!«
Krass, wie sehr sie sich um dich kümmern …
04. März 20.27 Uhr
Laura Weiß
Mal sehen wie lange noch. Irgendwann gelte ich sicher als verlorenes Schaf!
04. März 23.11 Uhr
Nina Raabe
naja, ein bisschen aufpeppen könntest du dein profil ja schon. und mehr als 12 freunde solltest du doch haben???
Du hast 1 neue Nachricht:
Jakob Pauly möchte mir dir auf Facebook befreundet sein.
Nachrichten
05. März um 01:14
Jakob Pauly
Hallo!
08. März um 21:09
Laura Weiß
Kennen wir uns?
08. März um 22:14
Jakob Pauly
Nein. Ja. Ich kenne dich.
08. März um 22:18
Laura Weiß
Woher?
08. März um 22:21
Jakob Pauly
Aus dem Fernsehen. Ich habe dich vor ein paar Tagen in »Der Untergang« gesehen. War super!
08. März um 22:39
Laura Weiß
Das war ich nicht. Das war Alexandra Maria Lara.
08. März um 22:51
Jakob Pauly
Ach so. Tschuldigung.
08. März um 22:54
Laura Weiß
Kein Problem.
08. März um 22:59
Jakob Pauly
Wollen wir trotzdem befreundet sein?
08. März um 23:12
Laura Weiß
Ich kenne dich doch gar nicht.
Und du mich auch nicht, wie wir soeben festgestellt haben.
08. März um 23:16
Jakob Pauly
Jakob, 31.
So, das wäre geklärt.
08. März um 23:19
Laura Weiß
Sehr charmant. Laura, 29.
Aber trotzdem … Ich bin ganz frisch und neu hier, leide eigentlich an einer großen Facebook-Phobie und habe mir ganz fest vorgenommen, nur wirkliche Freunde in meine Freundesliste aufzunehmen.
08. März um 23:23
Jakob Pauly
Ich bin sehr gut im Freunde-sein.
08. März um 23:31
Laura Weiß
Das mag ja sein. Aber nicht böse sein, ich klicke trotzdem auf »nicht jetzt«.
08. März um 23:37
Jakob Pauly
»Nicht jetzt«. Aha. Das ist immerhin nicht »Nein«. Das ist so etwas wie »Vielleicht morgen«. Oder: »Ich muss dich erstmal googeln, vielleicht bist du ein Freak und stehst morgen in meinem Schlafzimmer.« Ich kann dich beruhigen: Ich werde nicht in deinem Schlafzimmer stehen.
Grüße Jakob
P.S.: Warum bist du überhaupt bei Facebook?
09. März um 22:03
Laura Weiß
Das frage ich mich ehrlich gesagt auch … Genau in diesem Moment gefällt 94.189 Menschen mein Wohnort, 57 mehr als bei meinem letzten Login … Und der Wohnort ist bisher die einzige Angabe in meinem Profil. Ich frage mich, was passiert, wenn ich erfahre, wie vielen Menschen meine Musik, meine Sportart, meine Freunde gefallen? Will ich das wissen?
09. März um 22:35
Jakob Pauly
Ja, für einen Neuling kann Facebook ganz schön … gewöhnungsbedürftig sein. Aber es gibt Hilfe! Ich will dir einen kurzen, von J. Pauly erarbeiteten Leitfaden für die erfolgreiche Nutzung von Facebook an die Hand geben:
Vermeide es, Statusupdates zu schreiben, wenn du betrunken nach Hause kommst; niemand will lesen, wie sehr du deinen Ex-Freund vermisst.Verhindere auch, dass betrunkene »Freunde« in deiner Abwesenheit an deinen Rechner gelangen und Dinge in deine Statuszeile schreiben wie »Ich esse kleine Kinder«.Vergiss nicht, dass es dir auf Facebook immer gut geht; schlechte Zustandsmeldungen hebst du dir für Twitter auf. (Da weiß niemand, wer du wirklich bist!)Vermeide es, das »Dentist-Kid«-Video zu posten; bis zu diesem Zeitpunkt haben es 96 Millionen Menschen gesehen. Dass sich all deine Freunde darunter befinden, ist sehr wahrscheinlich. Falls du es nicht kennst, hol es dringend nach, sonst werden dich Freunde in die »Beiträge verbergen«-Liste sortieren.Schreibe Statusupdates, die dich interessant wirken lassen: »Best day of my life!«, »Krassestes Erlebnis ever!« oder »Jennifer Aniston ist wirklich super-nett!« (wenn’s geht mit Foto belegen) sind für den Anfang ideal. Nicht so gut hingegen: »Mmmmmh … Müsli!«, »Schon wieder Montag :-(« und »Was kommt heute Abend im Fernsehen?«Ob Sätze wie »Ich möchte mich einer Straßenparade anschließen« funktionieren, musst du durch Beobachten des Verhaltens deiner Freunde erst herausfinden.
Vermeide es, Statusupdates zu schreiben, die länger als eine Twitter-Tweet sind; sei gewiss: sie werden von niemandem gelesen.Vermeide es auch, Filmchen zu posten, die länger als 1,5 Minuten lang sind. Die goldenen Zeiten, als unsere Aufmerksamkeitsspanne MTV-geschult epische dreieinhalb Minuten betrug, sind längst vergangen. 15 Sekunden haben sich als ideale Dauer herausgestellt.Gratuliere immer allen Freunden auf ihrer Pinnwand zum Geburtstag. Am besten mit einem Lied von Heintje (»Wenn du einmal Geburtstag hast«) für Frauen, für Männer hingegen »Birthday Sex« von dem Rapper Jeremiah. Sie werden dir dankbar ebenfalls alle zum Geburtstag gratulieren, und du wirst dich beliebt und großartig fühlen. Ich frage dich also: Möchtest du zum »Inner Circle« der »coolen Leute« auf Facebook gehören und diese Regeln anwenden?09. März um 22:46
Laura Weiß
Wenn ich das so lese, hatte ich mit meiner jahrelangen Verweigerung vielleicht doch Recht? Das klingt nach Sozialdruck.
Aber danke! Wer weiß, wozu das nutzt.
Ein paar Ratschläge von Freundinnen habe ich auch schon bekommen. Wenn ich sie mit deinen vergleiche, scheint es da geschlechtsspezifische Unterschiede zu geben:
Gib niemals deinen Beziehungsstatus an – denk daran, dass du ihn dann ändern musst in Zeiten, in denen du das vielleicht gar nicht tun möchtest.
Schreib Männern nur auf die Pinnwand, wenn die Verhältnisse zwischen euch klar sind.
Es sei denn, du willst, dass er denkt, du findest ihn gut.
Wenn du einen Mann spannend findest, und er angegeben hat, in einer Beziehung zu sein, schau dir niemals, niemals das Profil seiner Freundin an und lass schnell die Finger von ihm!
Und ganz wichtig: Durchstöbere nach ungünstig verlaufenen Trennungen nicht die Fotoalben deiner Ex-Freunde und stelle ihre Statusmeldungen auf »nie anzeigen«!
Du siehst: Mädchentipps.
Ich kann allerdings noch nicht beurteilen, wie sinnvoll diese Tipps sind.
Nach all diesen Punkten, würde ich jetzt gerne behaupten, dass ich investigative Journalistin bin und nur hier bin, um zu recherchieren, oder Politikwissenschaftlerin, die einfach dabei sein muss, wenn die Welt facebookratisiert wird …
Die Wahrheit ist traurig und banal: Immer mehr Menschen vergessen, mich zu ihren Geburtstagen einzuladen!
09. März um 22:50
Jakob Pauly
Liebe Laura, heute ist Dein Glückstag: Hiermit lade ich Dich feierlich zu meinem 30ten Geburtstag ein! 25. März, »Soju Bar« in Kreuzberg.
Jakob
09. März um 22:51
Laura Weiß
Wird Jakob, 31, nicht eher … 32?
09. März um 22:56
Jakob Pauly
Äh, ja … Weißt du, das finde ich jetzt unnötig pedantisch. Hättest du meine Freundschaftsanfrage angenommen, dann hättest du diese Frage gar nicht gestellt! Auf der Veranstaltungsseite steht sehr deutlich zu lesen: 32 ist das neue 30.
09. März um 22:57
Laura Weiß
Verzeihung!
09. März um 22:58
Jakob Pauly
Das ist doch ironisch gemeint!
09. März um 22:59
Laura Weiß Deine 30 oder mein »Verzeihung«?
09. März um 23:01
Jakob Pauly
Natürlich nur dein »Verzeihung«!
09. März um 23:05
Laura Weiß
Ich entschuldige mich hiermit aufrichtig, dein wahres Alter angesprochen zu haben.
Ich kenne dich nicht und habe aus der Distanz wirklich nicht das Recht, deine Altersproblematik zu belächeln.
12. März um 23:11
Jakob Pauly
Du hast mich immer noch nicht geadded.
13. März um 13:11
Laura Weiß
Stimmt.
13. März um 19:23
Jakob Pauly
Ich muss dich freundlich darauf hinweisen, dass du hier gerade mit dem Feuer spielst. Es ist sehr schwierig, auf meine Geburtstagsparty eingeladen zu werden. Aber es ist ein Leichtes, wieder von der Veranstaltungsgästelistenseite gestrichen zu werden. Und das ist doch das, was du wolltest: Auf Geburtstage eingeladen werden. Aber gut, ich kann auch ohne dich 30 werden.
Gruß Jakob
13. März um 22:18
Laura Weiß
32, Jakob!
13. März um 22:24
Jakob Pauly
Pedantin!
13. März um 22:51
Laura Weiß
Noch mehr Erbsenzählerei gefällig?
Ich wollte ja nur auf Geburtstage eingeladen werden … Danke dafür!
Außerdem, was ist das bitte: eine »Veranstaltungsgästelistenseite«?! Wie schön waren noch die Zeiten, in denen man stolzer Besitzer eines gebastelten Seehundes werden konnte, auf dessen Schnauze ein roter Ball mit der Aufschrift Einladung tanzte.
Noch schöner die Zeit, in der man auf dem Schulhof errötend gefragt wurde, ob man eventuell auch zur Party kommen möchte … Später Anrufe, dann SMS, dann Massen-SMS, dann Rundmails, jetzt wird bei Facebook gepostet und was kommt dann?
Laura
13. März um 23:25
Jakob Pauly
Ich, liebe Laura, kann leider nicht von mir behaupten, jemals einen Seehund bekommen zu haben. Und schon gar keinen, auf dessen Schnauze ein roter Ball mit der Aufschrift Einladung tanzte. Man könnte meinen, deine Kindheit sei wie ein Dauerurlaub im Streichelzoo gewesen, während ich zeitgleich auf dem Autoscooter unterwegs war. Du hattest wahrscheinlich ganz viele Freundinnen, ich hingegen bloß die fiesen Siebrandt-Zwillinge, die vor jedem Geburtstag sagten: »Wenn der Johannes Zawatka auch zu deinem Geburtstag kommt, dann kommen wir nicht. Und dann bekommst du zwei Geschenke weniger.« Als es irgendjemand einmal wagte, die Siebrandt-Zwillinge nicht zu seinem Geburtstag einzuladen anstelle der anderen gehänselten Kinder wie Johannes Zawatka, da riefen die Siebrandt-Zwillinge in der großen Hofpause alle anderen eingeladenen Kinder zum Boykott der ganzen Feier auf. Ich habe die Siebrandt-Zwillinge trotzdem nie wieder eingeladen, auch dann nicht, als sie mich einmal in den Basketballkorb steckten, um zu meinem Geburtstag kommen zu dürfen. Du siehst: Ein, zwei unbedachte Aktionen und man ist wieder gestrichen von der Gästeliste. Also überleg es dir gut, ob du das riskieren willst.
Grüße Jakob
14. März um 12:48
Laura Weiß
Ach, die Zwillinge hören sich auch ganz charmant an. Vielleicht bin ich da in guter Gesellschaft?
Wen hast du denn noch nicht eingeladen?
14. März um 17:11
Jakob Pauly
Die dicke Lena zum Beispiel ist NICHT eingeladen. Und die ist auch der unbewusste Grund dafür, warum ich mich wohl mit meinem Alter verrechnet habe. Es ist nämlich so, dass die dicke Lena und ich uns in der 3. Klasse geküsst haben. Dann haben wir beschlossen zu heiraten. Dann wiederum haben wir beschlossen, nur zu heiraten, wenn wir 32 Jahre alt sind und noch keinen anderen Menschen zum Heiraten gefunden haben.
Tja, und da stehe ich nun, unverheiratet, zwei Wochen vor meinem 32. Geburtstag.
Laura, zwei Fragen:
1.) Kennst du noch jemanden, den ich auf die Schnelle heiraten könnte, um nicht an die dicke Lena zu geraten?
2.) Sollte man überhaupt noch heiraten?
3.) Was ist mit dir?
(Das waren drei, da hast du Recht.)
Verunsichert: Dein Jakob
P.S.: Unter 3.) befindet sich kein salopp dahin geworfener Heiratsantrag, sondern die Frage, ob du jemals ernsthaft ans Heiraten gedacht hast. Zu indiskret?
15. März um 10:47
Laura Weiß
Heiraten willst du also, und das in den nächsten zwei Wochen …
Das glaube ich nicht. Auch wenn ich dich nicht kenne, du bist ungefähr mein Alter … So entscheidungsfreudig sind wir alle nicht, da kann die Angst vor dicken Lenas noch so groß sein …
Was, wenn an deinem Geburtstag die dicke Lena rank und schlank vor dir steht?
Was, wenn du jetzt heiratest und in einem Jahr doch alleine eine Weltreise machen möchtest?
Was, wenn du dann dort deine Traumfrau triffst?
Was, wenn du in einem Jahr erfährst, dass deine Ex-Freundin ein Kind von dir bekommen hat?
Was, wenn die dicke Lena dich vielleicht gar nicht will?
Was, wenn …?
Gib es zu: Du könntest gar nicht »auf die Schnelle« heiraten!
Und selbst wenn du tatsächlich einer unserer ganz seltenen Just-Do-it-Exemplare bist: Wer würde mitrennen? Ich kenne niemanden! Nicht, weil du so heiratsunwürdig bist (ich kenne dich ja nicht), sondern weil doch alle überlegen, hadern, zögern …
Wenn ich ein Bild finden müsste – ich würde uns in einen runden Raum stellen mit ungefähr 37 Türen. Manche stehen sperrangelweit offen, andere sind angelehnt, hinter ein paar Türen hört man dumpfe Bässe, hinter anderen Hochzeitsglocken oder Kindergeschrei, Licht kommt durch viele Türritzen, verschlossen wirken auch ein paar, aber eigentlich wissen wir, oder meinen wir zu wissen, dass alle, wirklich alle Türen für uns zu öffnen sind, wenn wir nur wollen. Leider können wir aber nur durch eine gehen. Da bleiben wir doch lieber, wo wir sind, denn der Raum ist ja nicht dunkel und karg, er ist vielmehr hell erstrahlt, warm, bunt und laut, für manche gar ein Streichelzoo. An den Wänden hängen Fotos aus unserer Kindheit neben Magazin-Fotostrecken über das hippe Leben einer Großstadt, dazwischen Monitore, auf denen Facebook-Nachrichten aufpoppen, Werbefilme, die auf die ein oder andere Tür verweisen, Bücher liegen im Raum verteilt: »Places to see or not to see before you die«, Skype-Anrufe auf Großleinwänden, Castingshows auf Fernsehapparaten neben Familienstammbäumen und säuberlich gerahmten Zeugnissen …
Und wir stehen da und überlegen … und hadern … und zögern…
Und ganz unter uns, die dicke Lena ist da sicher nicht anders! Entspann dich also, sie wird dir höchstens mal durch die Tür winken.
Ein Beruhigungs-Ommmmmmmmm,
Laura
P.S.: Ich war übrigens ebenfalls in der 3b und auch eher dick.
15. März um 18:32
Jakob Pauly
Liebe Laura,
ich habe die dicke Lena gefunden, und zwar auf Facebook. Ich habe ihr eine Freundschaftsanfrage gestellt, sie hat auf »annehmen« geklickt (ja, es gibt Menschen, die das tun), und jetzt habe ich sie als Freundin geadded, damit ich in ihren Fotoalben wühlen kann. Sie ist nicht mehr dick, aber immer noch pummelig. Es scheint ihr gut zu gehen, sie sieht ganz fröhlich aus. Sie trägt mittlerweile eine Brille und auf erstaunlich vielen Fotos einen sehr langen Schal um den Hals, der natürlich ihr Bäuchlein verbergen soll, das habe ich durchschaut. (Ich bin da ein bisschen geschult, seitdem mir eine Freundin verraten hat, dass Frauen im Sommer sich den Pulli NICHT um die Hüften binden, weil sie fürchten, sie könnten plötzlich frösteln.) Die ehemals dicke, nun pummelige Lena scheint jetzt irgendetwas mit Musik zu machen. Was genau habe ich nicht erkennen können. Auf jeden Fall hat sie sich auf vielen Konzerten mit einem iPhone selbst fotografiert, während um ihren Hals ein Backstage-Pass baumelte.
Immer steht dabei irgendein anderer Mann neben ihr… Wenn du mich fragst: Nach einer soliden Beziehung sieht das nicht aus! Sie hat die groteske Freundesanzahl von 921. Wenn man sich bis zur Info-Seite durchklickt, dann steht unter »Beziehung«: »Es ist kompliziert«. Ja. Da sagt sie etwas, die pummelige Lena. Wann war es denn jemals nicht kompliziert? Früher vielleicht, denn ich kenne Eltern von Freunden, die sind immer noch zusammen, und behaupten, sie seien glücklich. Gut, es sind genau DREI Elternpaare, aber immerhin. Zwei von ihnen – und das ist doch irgendwie bemerkenswert – stammen aus Osteuropa (Polen und Rumänien) und sind »mit den Kleidern am Leib und sonst nicht viel« nach Deutschland eingewandert. Vielleicht schweißt so etwas zusammen fürs Leben, wer weiß. Das dritte Elternpaar halte ich für eine erfundene Realität eines Freundes: Sie sind mir noch nie begegnet.
Ich kann nicht beurteilen, ob die pummelige Lena sich noch an unsere Heiratsabmachung erinnert. Aber - und das ist ein absoluter Glücksfall, um aus meinem einladen-odernicht-Dilemma herauszukommen: In ihrer Statuszeile schreibt sie heute: »Noch 3 Tage – Ibiza, here I come!«