Animalische Leidenschaft 1 - Laurann Dohner - E-Book

Animalische Leidenschaft 1 E-Book

Laurann Dohner

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  • Herausgeber: Lago
  • Kategorie: Erotik
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

Als die verdeckte Ermittlerin Ellie erfährt, dass in dem Pharmaunternehmen, in dem sie arbeitet, an zu Versuchszwecken genmanipulierten Menschen illegale und grausame Experimente durchgeführt werden, kämpft sie mit allen Mitteln für die Befreiung der Opfer. Vor allem einer der Gefangenen, Fury – ein Mann, dessen DNA mit der eines Hundes kombiniert wurde –, zieht sie von Anfang an in ihren Bann. Er ist stark, wild und unberechenbar - und hegt einen wilden Hass auf Ellie, von der er sich fälschlicherweise hintergangen fühlt. Kaum in die Freiheit entlassen, will er Rache. Aber er kann der Anziehungskraft, die Ellie auf ihn ausübt, nicht widerstehen. Die Berührung ihrer Hände, ihre Zärtlichkeit und Wertschätzung, die sie ihm und allen seiner Spezies entgegenbringt, ist die einzige Erfahrung von Zuwendung und Nähe, die er in seinem geknechteten Dasein erleben durfte. Ob Ellie sein verhärtetes Herz heilen und seine animalische Unberechenbarkeit bändigen kann?

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Seitenzahl: 605

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

1. Auflage 2016

© 2016 by Lago, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

© 2011 by Laurann Dohner

Published by Arrangement with ELLORA’s CAVE INC.

Die englische Originalausgabe erschien 2011 unter dem Titel Fury (New Species Book 1).

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Übersetzung: Ramona Marten

Redaktion: Carina Heer

Umschlaggestaltung: Isabella Dorsch

Umschlagabbildung: shutterstock

Satz: Georg Stadler, München

ISBN Print 978-3-95761-129-1

ISBN E-Book (PDF) 978-3-95762-065-1

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-95762-066-8

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www.muenchner-verlagsgruppe.de

Inhaltsverzeichnis
Widmung
Prolog
Kapitel eins
Kapitel zwei
Kapitel drei
Kapitel vier
Kapitel fünf
Kapitel sechs
Kapitel sieben
Kapitel acht
Kapitel neun
Kapitel zehn
Kapitel elf
Kapitel zwölf
Kapitel dreizehn
Kapitel vierzehn
Kapitel fünfzehn
Kapitel sechzehn
Kapitel siebzehn
Kapitel achtzehn
Kapitel neunzehn
Kapitel zwanzig
Kapitel einundzwanzig

Widmung

Ich widme dieses Buch Mr Laurann, der mich in meinem Schreiben schon immer unterstützt hat, sogar damals, als ich noch auf einer uralten elektrischen Schreibmaschine gearbeitet habe. Er hat sich nie beschwert, wenn ich spätabends endlos lange getippt habe, und er fand es auch nicht dämlich, dass man Geschichten schreibt, bloß weil es einem Freude macht. 1993 habe ich mein erstes Buch geschrieben, in den Jahren danach in meiner Freizeit Dutzende weitere, und von dieser Reihe hier bin ich besessen, seitdem ich 2001 mit ihr begonnen habe. Bis 2009 habe ich nicht im Traum daran gedacht, je etwas zu veröffentlichen.

Ich widme dieses Buch auch den Lesern, die mir viele E-Mails geschrieben und gefragt haben, was ich vorher geschrieben hätte. So habe ich meine alten Bücher noch mal gelesen und diese Reihe ans Tageslicht geholt.

Ich danke meinen wunderbaren Verlegerinnen Pamela Campbell und Shannon Combs. Sie haben mir sehr viel beigebracht, glauben an mich und unterstützen mich unglaublich. Und nicht zuletzt danke ich allen beim Verlag Ellora’s Cave, der einer unbekannten Autorin eine Chance gegeben hat. Träume werden tatsächlich wahr!

Prolog

»Verdammt«, murmelte Ellie leise vor sich hin und betrachtete den Mann, der im Nebenraum an die Wand gekettet war. Jedes Mal, wenn sie in den Beobachtungsraum schlich, deprimierte dieser Anblick sie schrecklich, aber sie konnte einfach nicht anders.

Sie wusste, dass er sie durch den Einwegspiegel nicht sehen konnte, und trotzdem schien er sie anzuschauen. Ihr Blick glitt über seine nackte Brust und die angespannten Muskeln in seinem wohlgeformten Körper. Die großen Muskelpakete seiner Bizepse arbeiteten, als er an den Ketten riss, und auf seinem Gesicht zeichnete sich Wut ab.

Sie fühlte so mit ihm, dass es regelrecht wehtat. Obwohl man ihm Freiheit und Würde genommen hatte, kämpfte er voller Entschlossenheit. Er musste wissen, dass es vergeblich war, wenn er sich wehrte, und dennoch tat er es. Sie hob die Hand und berührte den hölzernen Rahmen um den Spiegel. Wie gern hätte sie ihm gezeigt, dass es jemanden gab, der sich um ihn sorgte. Vielleicht hätte ihn das beruhigt. Am liebsten hätte sie ihn aus seiner Gefangenschaft befreit. Es war die Hölle – und er hatte die Freiheit verdient.

Als sie in der Ecke seiner Zelle eine Bewegung wahrnahm, wandte sie den Blick ab von dem Mann, an den sie Tag und Nacht dachte. Ihr Herz begann vor Furcht schneller zu schlagen, als ein Techniker eintrat. Jacob Alter war vermutlich eines der hartherzigsten, gefühllosesten Monster, die je für Mercile Industries gearbeitet hatten. Dieses Arschloch genoss es, die »Versuchsobjekte« zu quälen und ihnen Schmerzen zuzufügen. Und auf ihn hatte er es mit seinen Grausamkeiten ganz besonders abgesehen. Vor einem Monat hatte der angekettete Mann Jacob mit einem Schlag seines Ellenbogens die Nase gebrochen. Ellie wusste, dass Jacob es mehr als verdient hatte. Auf seinem Gesicht war noch immer der Schatten eines blauen Flecks zu sehen, als er sein Opfer nun böse angrinste. Er wollte weitere schmerzhafte Tests mit ihm durchführen.

»Hallo, 416.« Jacob kicherte, es war ein unangenehmes Geräusch. »Wie ich höre, hast du dich bei Dr. Trent sehr unbeliebt gemacht. Du weißt doch, was das bedeutet, oder?« Mit einem Knall stellte er einen braunen Koffer von der Größe einer Bowlingtasche auf den Untersuchungstisch in der Ecke. »Das bedeutet, ich kann etwas mit dir machen, was ich schon sehr lange tun möchte. Heute wirst du leiden.« Er warf einen Blick zur Überwachungskamera in der Ecke und fuhr sich mit einer beredten Geste über die Kehle.

»Verdammt, verdammt, verdammt«, wiederholte Ellie leise, während Panik in ihr aufstieg. Sie hatte gehört, dass die Insassen hier gefoltert wurden, wenn sie einen der Ärzte richtig verärgert hatten. Jacob wollte offensichtlich nicht, dass das, was er 416 Fürchterliches antun wollte, aufgezeichnet wurde. Es musste wirklich schlimm sein.

Jacob hielt den Kopf schief und starrte weiter auf die Kamera in der Ecke hinauf, dann grinste er und wandte sich an 416.

»Die Kamera ist jetzt aus. Von nun an wird nichts von dem mehr aufgezeichnet, was hier passiert. Dr. Trent weiß noch nicht, dass du einen schrecklichen Unfall haben wirst, Freak. Du hättest dich besser nicht mit mir angelegt. Ich habe dich gewarnt, dass ich dich fertigmache.« Er griff nach seiner Tasche. »Niemand bricht mir die Nase und überlebt das. Es war nur eine Frage der Zeit. Jetzt bekommst du deine Strafe, ich habe nur auf den richtigen Moment gewartet.« Er holte eine Spritze hervor. »Du wirst sterben, du Mistkerl!«

Das darf doch nicht wahr sein!, dachte Ellie. Sie hatte sich nicht die letzten beiden Monate tagtäglich durch diesen Albtraum gekämpft, zu dem ihr Leben geworden war, nur um 416 jetzt zu verlieren. Sie war in ständiger Angst gewesen, dass man sie als Spionin enttarnen könnte, aber der ungebrochene Widerstand von 416, den sie miterlebte, hatte ihr jeden Tag die Kraft gegeben, weiter durchzuhalten. Für 416 hatte sie gefährliche Risiken in Kauf genommen. Nur so hatte sie genügend Beweise sammeln können, um ihm und den anderen Gefangenen bald die Freiheit zu bringen.

Sie erwartete beinahe, dass der Sicherheitsdienst sie jeden Augenblick festnahm. In ihrer Verzweiflung, aussagekräftige Beweise für das zu sammeln, was sich in dieser Forschungseinrichtung abspielte, hatte sie vor einer halben Stunde eine völlig irrwitzige Aktion gestartet: Sie hatte einer Ärztin den Hausausweis gestohlen, sich in das Büro der Frau geschlichen und Daten von ihrem Computer heruntergeladen. Wenn die Sicherheitsleute sich die Überwachungsbänder anschauten, würde man sie auf jeden Fall erwischen. Sie würde auf der Stelle festgenommen werden, und es würde ihr ein genauso schlimmes Schicksal bevorstehen wie 416. Noch ehe dieser Tag sich dem Ende zuneigte, würden sie alle beide tot sein.

Ellie hatte zwei Möglichkeiten: Entweder würde sie bei dem Versuch, 416 zu retten, etwas unglaublich Dummes tun, oder sie würde die Anweisungen ihres eigentlichen Chefs befolgen, denen zufolge sie sich auf keinen Fall einmischen durfte. Sie hatte jetzt endlich genug belastendes Material beisammen, wahrscheinlich würde es reichen, um die Zwangsprobanden befreien zu können. Diese Beweise würde sie am Ende ihrer Schicht herausschmuggeln können, wenn sie sich jetzt unauffällig verhielt, den Mund nicht aufmachte und niemandem weiter auffiel. Aber das würde bedeuten, nicht einzuschreiten, während Jacob in Ruhe den Mann ermordete, der an die Wand gekettet war.

Ihr Blick richtete sich fest auf 416. Von allen Gefangenen wünschte sie ihm die Freiheit am meisten. Er hatte sie nächtelang wach gehalten, seit sie in den Bereich der illegalen Medikamentenforschung bei Mercile Industries versetzt worden war. Ehe sie abends einschlief, sah sie 416 vor sich, und manchmal spielte er sogar in ihren Träumen eine wichtige Rolle. Ihre Entscheidung fiel schnell. Es wäre unverantwortlich, wenn sie zuschaute, es würde ihr das Herz brechen. Sie würde nicht damit leben können, wenn sie nicht wenigstens versuchte, ihn zu retten.

»Diesmal kannst du nichts gegen mich unternehmen. Du wirst gleich völlig hilflos sein. Doch du kannst sicher sein, dass du sehr bald sterben wirst.« Jacobs Stimme wurde rau. »Aber erst nachdem du ordentlich gelitten hast, du Tier!«

Ellie drehte sich um und stürmte aus dem Beobachtungsraum. Sie hatte zwar keinerlei Plan, aber sie war wild entschlossen, 416 zu retten. Auf dem Flur zwang sie sich, langsamer zu werden, denn sie wusste genau, dass sich auch hier Überwachungskameras befanden. Sie ging in den Materialraum und griff sich ein Test-Set, denn es würde Verdacht hervorrufen, wenn sie ohne vernünftigen Grund in der Zelle auftauchte. Sie riss den mittelgroßen Plastikkoffer, der etwa so groß war wie ein Angelkasten, aus dem Schrank und versuchte, möglichst wenig hektisch zu erscheinen, als sie wieder auf den Flur trat. Doch sie wusste, dass sie schnell zur Zelle von 416 musste, sonst hätte Jacob genug Zeit, um irgendetwas Entsetzliches mit ihm anzustellen.

»Ellie!«

Sie erstarrte mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen und drehte sich langsam um. Dr. Brennor, ein großer rothaariger Mann, trat aus einem Zimmer, ein Krankenblatt in der Hand. »Ja bitte?«

»Haben Sie bei 321 einen Rachenabstrich gemacht?«

»Ja, hab ich.« Sie blieb ruhig stehen, obwohl sie sich um liebsten umgedreht hätte und davongerannt wäre.

»Gut. Haben Sie ihn schon ins Labor gebracht?«

»Natürlich.«

Er rieb sich den Nacken. »Ein ganz schön anstrengender Tag, was? Wünschen Sie sich nicht auch, es wäre endlich Wochenende? Also ich schon.«

Halt die Klappe, befahl sie ihm im Stillen, damit ich endlich weiterkann. Sie zuckte die Schultern. »Mir gefällt die Arbeit. Übrigens – ich muss jetzt eine Blutprobe nehmen, eine eilige Sache.«

»Ja, natürlich.« Er schaute sie von oben bis unten an. »Möchten Sie vielleicht morgen Abend mit mir essen gehen?«

Sekundenbruchteile war sie völlig baff, dass er sie um ein Date bat. »Ich habe einen Freund«, log sie dann ganz locker. Bei der Vorstellung, mit irgendjemandem auszugehen, der für Mercile arbeitete, wurde ihr übel. »Aber vielen Dank, dass Sie mich gefragt haben.«

Er verzog den Mund, und das freundliche Leuchten in seinen grünen Augen erlosch. »Aha – tja, wenn das so ist … Dann machen Sie mal weiter. Ich muss noch ein paar Berichte aktualisieren.« Er drehte sich um und ging in die entgegengesetzte Richtung davon. »Viel zu viel von diesem verdammten Papierkram«, knurrte er, ehe er um die Ecke verschwand.

Die Kameras sind immer noch da und beobachten mich, rief sich Ellie ins Gedächtnis und widerstand dem Drang, über den Flur zu rennen. Stattdessen ging sie so lässig auf die Zelle von 416 zu, als hätte sie keinerlei Sorgen auf dieser Welt. Zumindest hoffte sie, dass es so aussah.

Lieber Gott, betete sie im Stillen, lass mich noch rechtzeitig kommen! Ihre Finger zitterten, als sie den Code für das Schloss eingab. Die Tür piepste, als es die Zahlenfolge akzeptierte, und die Stahlstäbe glitten mit einem charakteristischen Geräusch zur Seite. Ellie konnte die Tür öffnen und trat rasch in die Zelle.

Sie rang sich ein Lächeln ab. »Ich muss eine Blutprobe nehmen.«

Die Tür schloss sich automatisch hinter ihr, die Stäbe glitten wieder an ihren Platz und schlossen Ellie in der Zelle ein, und ein kurzes, scharfes Summen bekräftigte diesen Vorgang akustisch. Ellie warf einen Blick auf das Bild, das sich ihr bot, und schnappte entsetzt nach Luft.

416 war mit den Händen nicht mehr an die Wand gekettet, sondern lag lang ausgestreckt auf dem harten, kalten Zementboden, mit dem Gesicht nach unten. Die Ketten an seinen Handgelenken waren an einem in den Boden eingelassenen Metallstift befestigt, sodass die Arme lang über seinem Kopf gestreckt dalagen, während seine Füße noch immer an der Wand befestigt waren. Jacob hatte ihn ausgezogen – die zerrissene Hose lag zu einem weißen Haufen zusammengeknüllt auf dem Boden – und kniete zwischen den weit gespreizten Schenkeln von 416.

Ellie brauchte nur wenige Sekunden, um zu begreifen, was sie hier Schreckliches unterbrochen hatte. Jacob setzte sich auf die Fersen, völlig überrascht von ihrem plötzlichen Auftauchen, aber er erholte sich schneller als sie. Er ließ das Folterinstrument auf den Zementboden fallen, es schien der Schlagstock eines Wärters zu sein, und wollte aufstehen. Fluchend versuchte er, seine geöffnete Hose zuzumachen. Jetzt erst reagierte Ellie.

»Du kranker Scheißkerl!«

Sie dachte keinen Augenblick nach, sondern umklammerte ihren harten Plastikkoffer so sehr, dass er ihr schmerzhaft in die Hand schnitt, und schwang ihn mit aller Kraft. Der Schlag traf Jacob mitten ins Gesicht. Er taumelte zurück und schrie auf, aber Ellie machte auch noch weiter, als er zu Boden fiel. Sie setzte sich rittlings auf ihn und packte den Koffer mit beiden Händen. Mit glühendem Zorn prügelte sie damit weiter auf ihn ein. Er versuchte, sich zu verteidigen, aber nach ein paar weiteren heftigen Schlägen fielen seine Hände kraftlos zu Boden.

»Du Monster«, keuchte sie, schlug erneut zu, und dann erst begriff sie, dass er blutüberströmt dalag. Sie zitterte am ganzen Körper, ließ die Arme sinken und starrte voller Entsetzen auf den Techniker.

Mund und Nase waren schlimm zugerichtet, und sie schaute auf ihren blutverschmierten Plastikkoffer, ließ ihn entsetzt fallen und kroch von dem liegenden Mann herunter. Er schien nicht mehr zu atmen.

»O Gott«, keuchte sie, griff nach seinem Hals und stöhnte, während sie nach seinem Puls fühlte, aber sie ertastete keinen. »O Gott, o Gott, o Gott«, jammerte sie vor sich hin. Sie war sicher, dass sie ihn getötet hatte.

Erst jetzt erinnerte sich Ellie wieder an 416 und drehte sich zu ihm um. Er hatte den Kopf zur Seite gedreht, eine Wange war auf den Zement gepresst, seine Augen standen offen, und er blinzelte. Er hatte alles gesehen, was sie getan hatte. Ihr zitterten die Hände.

Ich habe Jacob umgebracht. Sie wandte sich wieder dem grauenhaften Anblick zu. Da lag der Dreckskerl, den sie in blinder Wut angegriffen hatte. Er hat es verdient. Sie versuchte, ihre Panik niederzukämpfen. Denk nach! Sie werden reinkommen und ihn hier finden. Dann wird man wissen, dass ich ihn getötet habe. Man wird mich hier wegzerren und mich foltern, um herauszufinden, warum ich mich eingemischt habe, und dann bringen sie mich um. Die Beweise, die ich gesammelt habe, werden meinen Kontaktmann nie erreichen. Denk nach, Ellie, verdammt noch mal!

Sie warf einen Blick auf die Überwachungskamera. Normalerweise blinkte dort oben ein rotes Lämpchen, aber diesmal nicht. Die Kamera war nicht an, der Wachmann hatte genau das getan, was Jacob gewollte hatte. Nur 416 hatte gesehen, was wirklich passiert war. Ellie wusste nicht, wie lange diese Kamera ausgeschaltet bleiben würde. Wahrscheinlich bis Jacob die Sicherheitsleute anwies, den Gefangenen wieder zu überwachen. Sie schluckte und rappelte sich auf die Knie hoch. Jetzt konzentrierte sie sich auf den Mann, der sie aufmerksam und hilflos vom Boden aus betrachtete.

»Es wird alles gut«, flüsterte sie beruhigend.

Die Probanden waren gefährlich. Man hatte Ellie unzählige Male gewarnt, dass sie manchmal ihre Ketten zerrissen. Mercile Industries hatte es irgendwie geschafft, Menschen mit dem genetischen Material von Tieren zu kreuzen, natürlich alles illegal. Die Probanden waren stärker als normale Menschen, und sie sahen auch ein bisschen anders aus. Einige Mitarbeiter der Forschungseinrichtung und auch ein paar Ärzte waren schon von denjenigen getötet worden, an deren Erschaffung sie mitgewirkt hatten. Ellie hatte innerlich gejubelt, als sie das gehört hatte. Sie hasste jeden, der in dieser geheimen Einrichtung arbeitete und illegale Experimente durchführte. Mercile Industries war ein Pharmaunternehmen und forschte an neuen Arzneimitteln. Diese Firma würde für Geld absolut alles tun.

Sie behielt 416 im Blick und ließ ihre Augen über seinen nackten Körper gleiten. Sein Rücken hob und senkte sich mit den Atemzügen, er blinzelte, bewegte sich aber ansonsten nicht. Ihr fiel eine seltsame rote Stelle an seiner Seite auf. Ellie zögerte. Er konnte sie töten, wenn er jetzt seine Kette zerriss.

Er ist es wert, gerettet zu werden. Dieses Mantra wiederholte sie ein paar Mal im Stillen, bis sie genug Mut fand, sich ihm langsam zu nähern. Durch ihre Zustimmung, hier verdeckt zu arbeiten, setzte sie ohnehin ihr Leben aufs Spiel, und es war ihr bewusst, dass durchaus die Möglichkeit bestand, dass sie das hier nicht überlebte. Nur zu oft wurden »im Namen der Wissenschaft« Leben geopfert. Dieser Firma ging es nur ums Geld, und irgendjemand musste sie aufhalten.

»Ich tu dir nicht weh«, versprach sie ihm und berührte die Haut um die rote Stelle an seiner Seite herum. Wut stieg in ihr hoch. Jacob hatte mit der Spritze so nachlässig zugestochen, dass er eine münzgroße Wunde hinterlassen hatte. Sie schaute 416 ins Gesicht. »Er hat dich also unter Drogen gesetzt?«

Das Versuchsobjekt antwortete nicht, aber das hatte sie auch nicht ernsthaft erwartet. Sie wusste, dass die Probanden sprechen konnten, sie hatte beim Blutabnehmen gehört, wie ein paar von ihnen fluchten und das Personal bedrohten, aber dieser Mann hier hatte nie mit ihr gesprochen. Die paar Male, als sie seine Zelle betreten hatte, hatte er sie nicht mal angeknurrt. Er hatte still betrachtet, wie sie näher kam, hatte ab und zu ihren Geruch eingeschnüffelt, aber der Blick seiner dunkelbraunen Augen war immer auf sie gerichtet gewesen. Sie schluckte erneut, als sie merkte, wie heiß seine Haut war, und fragte sich, ob er vielleicht krank war, er fühlte sich irgendwie fiebrig an.

»Es wird alles gut. Er ist tot. Er kann dir nicht mehr wehtun.«

Sie krabbelte neben ihm nach unten, und als sie sah, was Jacob ihm angetan hatte, zuckte sie zusammen. Seine Haut war gerötet von den Schlägen mit dem Schlagstock. Jacob hatte ihn damit auf die Arschbacken geprügelt, auf die Innenseiten der Schenkel und auf die Rückseite der Beine. Ellie knirschte mit den Zähnen. Sie war nicht rechtzeitig gekommen, eine fürchterliche Sache hatte sie nicht verhindern können: An seinem After war Blut. Das war die Bestätigung, dass Jacob genau das getan hatte, was sie befürchtet hatte: Er hatte den Schlagstock für einen sexuellen Übergriff auf 416 benutzt.

Ihr Zorn flammte erneut auf, und sie warf einen mordlüsternen Blick auf den Toten. Seine Hose stand offen, und man konnte seinen erschlafften Schwanz sehen, über den ein Kondom gezogen war. Blut konnte sie darauf nicht erkennen. Sie verspürte ein wenig Erleichterung, dass sie wenigstens gekommen war, ehe er sein Opfer hatte vergewaltigen können. 416 knurrte leise.

»Ganz ruhig«, sagte sie beruhigend. »Du blutest. Lass mich mal einen Blick darauf werfen, ich bin Krankenschwester.«

Sie machte sich nicht erst die Mühe, Handschuhe aus dem Eckschrank zu holen, denn sie wusste nicht, wie viel Zeit ihr noch blieb. Sie zögerte kurz, dann stieg sie mit einem Bein über den starken, muskulösen Schenkel, damit sie die Stelle besser betrachten konnte, und spähte hinunter auf seinen muskulösen runden Arsch. Sie berührte ihn vorsichtig und schob die Backen ein wenig auseinander, sodass sie die Verletzungen besser einschätzen konnte, aber sie sahen in Anbetracht der Ereignisse geringfügig aus.

»Es tut mir schrecklich leid, was er dir angetan hat. Es sieht nicht so aus, als hätte er …« Ihre Stimme erstarb. Zu sagen, dass Jacob ihn nicht so schlimm vergewaltigt hatte oder offenbar nicht besonders tief in ihn eingedrungen war, klang schrecklich. Das alles hätte gar nicht erst passieren dürfen. »Du wirst wieder gesund.« Körperlich zumindest, fügte sie im Stillen hinzu und nahm die Hände von seinem Hintern.

Sie zog ihr Bein wieder über seinen Schenkel zurück, krabbelte neben seinem Körper empor und beugte sich über sein Gesicht. Er schaute sie zornig an, seine Lippen öffneten sich, und scharfe Fangzähne traten hervor. Er knurrte sie an, und es war jetzt lauter als das leise Knurren, das er zuvor von sich gegeben hatte. Doch er regte sich nicht.

Lieber Himmel, er hat tatsächlich Fangzähne. Sie konnte die scharfen Zähne jetzt ganz aus der Nähe sehen. Wie ein Hund oder vielleicht wie ein Vampir. Wahrscheinlich hatte er die Gene von Hunden in sich. Das war vermutlich auch der Grund für das angsteinflößende Knurren, das hinten aus seiner Kehle drang und dem Knurren eines bösartigen Hundes gespenstisch ähnlich war. Sie zögerte, voller Angst, dass er mit seinen scharfen Zähnen nach ihr schnappen würde, wenn sie ihm zu nahe kam.

»Ganz ruhig«, mahnte sie sanft. »Ich tu dir nicht weh.«

Der Blick in seine Augen verriet ihr einiges: Die Pupillen waren vergrößert, und er schien ein bisschen verwirrt. Jacob hatte ihm offensichtlich ein ziemlich starkes Beruhigungsmittel verabreicht, aber sie hatte keine Ahnung, was genau es gewesen sein konnte. Der kräftige Bursche, der da auf dem Boden lang ausgestreckt lag, konnte sich wahrscheinlich gar nicht rühren, sonst hätte er sich gewehrt, als Jacob ihn angegriffen hatte. Er lag widerstandslos da, aber seine Augen waren lebendig, und aus seinem geöffneten Mund drang noch immer das Knurren. Sie versuchte, beim Anblick seiner scharfen Fangzähne nicht zu zittern.

»Hat er dir noch was angetan? Hat er gesagt, welches Mittel er dir gegeben hat?«

416 hörte auf zu knurren, sagte aber nichts. Sie fragte sich, ob er überhaupt sprechen konnte. Vielleicht verhinderte die Droge, dass er etwas anderes als gutturale Laute von sich gab. Ellie wollte ihn einmal kurz untersuchen, und zwar schnell. Und dann musste sie sich einen Ausweg aus dem ganzen Schlamassel überlegen, das sie angerichtet hatte, als sie zu ihm in die Zelle gelaufen war. Die Überwachungskameras hatten sicherlich aufgezeichnet, dass sie seine Zelle betreten hatte.

Sie löste die Verriegelung des Stifts, der in den Boden eingelassen war, und hob die Ketten darüber, die seine Arme flach am Boden gehalten hatten. Sie ächzte vor Anstrengung, als sie den schweren Mann auf den Rücken rollte. Er war sehr groß und wog mindestens hundertdreißig Kilo. Sie strengte sich sehr an, ihn nicht anzuglotzen, weil er nackt war.

Ellie fiel auf, wie braun seine Haut war, und kam zu dem Schluss, dass es seine natürliche Hautfarbe sein musste. Man hielt ihn hier unterirdisch fest, und seine Hautfarbe hatte sich nie geändert, seit sie ihn kannte. Mit seinem dunkelbraunen Haar und den schokoladenfarbenen Augen war er sicherlich zu einem guten Teil indianischer Abstammung. Natürlich entging es ihr nicht, dass er einiges größer war als alle amerikanischen Ureinwohner, die sie je gesehen hatte. Vermutlich hatte er auch deutsche oder andere große, kräftige Vorfahren.

Er war nicht im herkömmlichen Sinne schön, seine Wangenknochen waren so ausgeprägt, dass er sehr streng wirkte. Es mochte Leute geben, die ihn nicht mal annähernd für gut aussehend hielten, aber er war auf eine exotische Art wirklich schön. Sie glaubte, dass sein starker Knochenbau durch die genetische Veränderung zustande gekommen war. Er sah aus wie ein Mensch – aber eben nicht ganz. Mit seinem hasserfüllten Blick und der angespannten Kinnpartie wirkte er sehr wütend, und er knurrte, als Ellie noch näher kam. Als sie sein tiefes Knurren hörte, hielt sie inne. Ihr Herz hämmerte, und Furcht durchzuckte sie. Er sah ungeheuer männlich und brutal aus, und er konnte sicher sehr gefährlich sein. Sie war ein bisschen verstört, dass sie ihn so unglaublich attraktiv fand, sie konnte nicht leugnen, wie sehr sein muskulöser Körper und seine männliche Ausstrahlung sie anzogen.

Wenn er seine Bewegungsfähigkeit wiedergewann, würde er sie sofort töten, das wusste sie, und wahrscheinlich wünschte er sich nichts sehnlicher. Sie starrte auf die weiße Linie, die sich die ganze Länge des Raums entlang über den Boden zog und schon abblätterte. Die Wärter nannten sie die kill line. Die Probanden wurden an Händen und Füßen jeweils einzeln angekettet. Obwohl sie stark genug waren, ab und zu eine Kette zu zerreißen, hatte noch nie einer alle vier Ketten zugleich zerreißen können. Aber wenn sie auch nur eine ihrer Gliedmaßen frei hatten, reichte das aus, um jemanden umzubringen. Ellie saß mitten in der gefährlichen Zone mit einem zornigen, riesengroßen Mann, dessen Arme zwar aneinandergekettet, aber nirgendwo mehr befestigt waren. Als ihr das klar wurde, wäre sie am liebsten geflohen, aber sie widerstand diesem Drang.

Er ist es wert, gerettet zu werden. Sie nickte. Er braucht Hilfe. Check ihn kurz durch, tu für ihn, was du tun kannst, und bete, dass in dieser Zeit niemand reinkommt. Ja, so würde sie es machen. Sie konnte nur hoffen, dass die Wirkung der Betäubungsmittel nicht so schnell nachließ. Er würde ihr wahrscheinlich das Genick brechen, ehe sie noch um Gnade betteln konnte. Er musste jeden hassen, der für Mercile Industries arbeitete, und er hatte schließlich auch allen Grund dazu. Ihr Blick fiel auf Jacobs Leiche, sie biss die Zähne zusammen und zwang sich, ihren Blick wieder auf 416 zu richten. Schau ihn dir an, ob er noch weitere Verletzungen hat.

Über seinen Bauch zogen sich rote Streifen. Ihre Finger glitten über den Beweis dafür, dass Jacob ihn auch hier geprügelt hatte. Sie berührte kurz seinen Brustkorb, wo sich weitere Schläge abzeichneten, aber sie konnte keine gebrochenen Knochen ertasten. Sein Bauch bestand aus fester, harter Muskulatur, sogar wenn er ruhig dalag, aber auch hier spürte sie nichts, was auf innere Blutungen schließen ließ. Sie versuchte, professionell zu bleiben, aber ihre Fingerspitzen berührten ihn ein bisschen zu lang, während sie eine komplizierte Muskelgruppe abtastete. Sie konnte nicht abstreiten, dass es sie als Frau erregte, wenn sie ihn berührte. Er war etwas Verbotenes an ihm, er war gefährlich und sexy.

Ihr Blick fiel auf seine Beckengegend, sie konnte nicht anders, weil sie ihn so anziehend fand, und sie schnappte nach Luft. Jacob hatte dem Mann ein dickes Gummiband ein paar Mal eng um den Penis geschlungen, es sah unglaublich schmerzhaft aus. Ehe sie nachdenken konnte, griff sie nach seinem leicht geschwollenen Schwanz und schob die Bänder über den Schaft. Sie versuchte, dabei so sanft wie möglich vorzugehen, schaffte es endlich, das Gummi abzukriegen, und schleuderte es quer durch die Zelle. Ihre Finger massierten vorsichtig die gerötete Haut, ehe sie begriff, wie absolut unpassend das war. Doch sie hielt ihren Blick weiterhin auf seinen Schwanz gerichtet und sah, dass er ganz schön groß war, sogar jetzt, wo er fast schlaff war. Das Gummi hatte die Blutzufuhr schmerzhaft abgeschnürt, doch in diesem Augenblick bemerkte sie, wie das Blut wieder in den Schaft floss, und sie ließ seinen Schwanz los, als hätte sie sich daran verbrannt.

»Dieser Dreckskerl«, murmelte sie und verfluchte Jacob, der so schreckliche und gemeine Dinge getan hatte. Ihre Wangen wurden heiß, als sie merkte, was sie da gerade getan hatte. Und die Verlegenheit nahm noch zu, als sie merkte, wie ihr Körper darauf reagierte, dass sie ihn berührt hatte, obwohl es doch nur darum gegangen war, das anstößige Foltergerät zu entfernen. Sie hatte an seinem Schwanz herumgespielt.

416 knurrte, und ihr Blick flog hinauf zu seinem Gesicht. Er schaute sie aus dunklen zornigen Augen an. »Tut mir leid! Ich musste das Ding abkriegen.« Sie schaute hinunter auf sein gutes Stück. Die Striemen, die das Gummiband in die Haut geschnitten hatte, waren noch immer rot und sahen schlimm aus. »Ich bin sicher, das wird wieder.«

Sie hoffte es zumindest. Jacob hatte das getan, um 416 zu verletzen, das war sonnenklar. Wenn das Band zu lange drangeblieben wäre, hätte die mangelnde Blutzufuhr in seinem Schwanz schweren Schaden angerichtet. Aber der Dreckskerl Jacob hatte ja ohnehin vorgehabt, ihn umzubringen. Es wäre ein schreckliches Verbrechen, jemanden, der so heiß ist, zu verunstalten. Bei diesem Gedanken hätte sie fast geseufzt, und das machte ihr noch stärker bewusst, wie sehr ihr Körper auf das nackte männliche Wesen reagierte, das zu ihren Füßen ausgestreckt lag. Sie schüttelte den Gedanken ab. Das durfte sie nicht! Und sie musste auch aufhören, seinen nackten Körper anzustarren.

Sie biss sich auf die Lippen und dachte angestrengt nach, wie sie sie alle beide aus dieser Situation retten könnte. Sie musste nach ihrer Schicht unbedingt ungehindert gehen können, damit sie ihrem Verbindungsmann die gestohlenen Daten übergeben konnte. Ihr Blick fiel wieder auf den Toten. Da lag er, blutüberströmt, auf dem Zementboden, wo sie ihn hatte liegen lassen. Er war offenbar daran gestorben, dass sie mit dem Koffer auf seine Nase eingeschlagen hatte. Ihre Wut war so rasend gewesen. Doch wenn man es nicht besser wusste, konnte man auch meinen, dieser Schaden wäre von Fäusten angerichtet worden.

»Verdammt. Ich sehe aus dieser Sache nur einen einzigen Ausweg.« Sie begegnete dem wütenden Blick von 416. »Es tut mir leid, ich habe keine andere Wahl.« Sie zögerte und wollte ihm sagen, wer sie in Wirklichkeit war und warum sie ihm etwas so Schreckliches antun musste, aber sie wagte es nicht. Was, wenn er es ihnen verrät? Das könnte er tun. Er hat keinen Grund, jemandem zu vertrauen, der hier arbeitet. Ich bin sicherer, wenn ich ihn einfach das Schlimmste vermuten lasse.

416 war sich immer sicher gewesen, dass Elli ihm nie wehtun würde. Panik durchströmte ihn, als sie sich für etwas entschuldigte, das sie vorhatte. Er versuchte, sich zu bewegen, aber sein Körper gehorchte ihm nicht. Er konnte zwinkern und schlucken, ein paar Knurrlaute hatte er noch ausstoßen können, aber sprechen konnte er nicht. Bringt sie mich jetzt um? Aber warum hat sie dann denn erst den Techniker umgebracht, der mich angegriffen hat?

Jeder andere, aber nicht sie, dachte er verzweifelt, voller Sorge, dass er hilflos sterben könnte, hier auf dem Boden seiner Zelle. Er sog den sauberen Geruch der Frau ein, die stets etwas in seinem Körper anregte. Ellie hatte ihn immer gut behandelt, ihre Berührung war sanft und ihr Blick freundlich gewesen, wenn sie Blutproben genommen hatte. Sonst war ihm nie ein Mensch begegnet, der ihn so offen und ehrlich angelächelt hatte. Er hatte sich sogar auf die Male gefreut, wo sie seine Zelle betrat. Er hatte ihr vertraut, dass sie ihn nicht verletzen würde. Sie war der einzige Mensch, während dessen Anwesenheit in der Zelle er sich nicht verkrampfte, weil er Furcht, Schmerz oder Demütigung befürchten musste.

Er sah die Furcht in ihren blauen Augen, als sie ihn anstarrte, und es versetzte ihm einen kleinen Stich. Er hatte sie mit voller Absicht nie bedroht und nie geknurrt, wie er es bei den anderen Mitarbeitern tat, wenn sie sich ihm näherten. Bis heute. Er bedauerte die Vorstellung, sie jetzt erschrecken zu müssen. Es würde dem Lächeln ein Ende setzen, das er so lieb gewonnen hatte, seit sie hier arbeitete. Und es war noch nicht allzu lange her, dass sie hier angefangen hatte. Er hatte keine Vorstellung von der Zeit, aber sie war erst vor Kurzem Teil seines Lebens geworden.

Sein Körper begann, auf ihre Gegenwart zu reagieren, und sein Schwanz zuckte. Er spürte Schmerzen, ein Pochen, die Reaktion auf alles, was der Mann ihm angetan hatte, aber gleichzeitig machte es ihm Hoffnung, dass sein Körper sich erholen würde. Ellie bewirkte merkwürdige Dinge bei ihm, er sehnte sich danach, ihr langes blondes Haar zu berühren und seine Nase an ihren Hals zu drücken, um ihren wunderbaren Duft einzuatmen. Manchmal träumte er, dass sie nackt unter ihm lag und er keine Ketten mehr trug. Er sehnte sich danach, jeden Zentimeter ihres Körpers zu berühren und zu schmecken, ihre Stimme zu hören und alles über die Frau zu erfahren, die ihn in jeder Hinsicht faszinierte.

Der Klang ihrer Stimme war schon immer Musik in seinen Ohren gewesen. Er wollte sie lächeln sehen, sie lachen hören, und er hatte hundert Fragen im Kopf, die er ihr gern gestellt hätte, um mehr über die Frau zu erfahren, auf die seine Seele so sehr reagierte. Ihre Haut schien unglaublich weich und roch gut – viel zu gut. Aber jetzt hatte sie gesagt, sie wolle ihn verletzen!

Das war die schlimmste Art von Grausamkeit, und das Gefühl schmerzhaften Verrats durchzuckte ihn. Er schämte sich auch für das, wovon sie Zeugin geworden war. Sie hatte ihn vor der Vergewaltigung durch den toten Mann gerettet, aber sie hatte begriffen, was er schon durchlitten hatte, die Entwürdigung durch die Grausamkeit dieses Mannes. Ihm tat es weh, zu wissen, dass sie ihn nie wieder anschauen würde, ohne dass dieses Bild in ihrer Erinnerung auftauchte. Es schmerzte ihn auf vielen Ebenen, und es machte ihn wütend. Sie hatten es sogar geschafft, ihm seine Fantasie zu rauben, die Vorstellung, dass sie ihn je als einen Mann würde sehen können, der sie auf irgendeine Weise anzog.

Er knurrte wieder, im Versuch, ihr einen Schreck einzujagen, sie an dem zu hindern, was sie vorhatte. Sein Körper reagierte nicht, seine Glieder bewegten sich nicht, aber er wusste, dass er sie nicht töten würde, selbst wenn er es schaffen sollte, sich zu befreien. Er würde sie nur in sichere Entfernung hinter der Linie schleudern, um der Versuchung zu widerstehen, das zu tun, was seine Instinkte so sehr verlangten. Er begehrte sie auf eine Art und Weise, von der er wusste, dass es zwischen einem Gefangenen und seinem Wächter nicht möglich war.

Er schaute zu, wie sie sich erhob und zur Seite trat, wo er sie nicht mehr sehen konnte. Seit sie ihn auf den Rücken gerollt hatte, konnte er auch den Toten nicht mehr sehen. Er versuchte, den Kopf zu drehen, aber er schaffte es nicht. Doch er hörte sie, roch sie und nahm merkwürdige Geräusche wahr. Was macht sie denn da?

Er hatte keine Ahnung, aber er fürchtete sich. Alle Menschen waren grausam und mitleidslos. Es erstaunte ihn noch immer, dass sie seinen Angreifer getötet hatte – und zwar aus zwei Gründen: erstens weil sie es getan hatte, um dem Übergriff ein Ende zu setzen, und zweitens weil sie keine besonders große Frau war. Aber sie hatte einen Mann außer Gefecht gesetzt. Vielleicht hatte er sie falsch eingeschätzt. Er hatte geglaubt, sie wäre sanft und zart, aber sie hatte einen starken Mann angegriffen, und zwar auf eine wilde und brutale Weise. Sein Herz raste. Er versuchte verzweifelt, seine Glieder zu rühren, aber sie reagierten nicht.

»Du bist ein wertloser Dreckskerl. Ich hasse dich, und das sollst du auch wissen«, zischte Ellie.

Er verstand jedes ihrer Worte, Schmerz packte ihn, aber er war nicht wirklich erstaunt. Ihm war klar, dass jeder, der in diesem Versuchslabor arbeitete, die Probanden nur für atmendes Fleisch hielt, das man missbrauchen konnte, und sonst nichts. Warum hatte er auch gedacht, sie könnte anders sein? Das war ein schwerer Fehler von ihm gewesen.

Dumm und unentschuldbar. Zorn packte ihn, und sein Finger zuckte. Er bewegte den Mund, das Knurren blieb ihm in der Kehle stecken, und er schwor sich, er würde es der Frau einmal heimzahlen, dass sie ihn ausgetrickst hatte, dass sie ihn hatte glauben lassen, sie wäre anders als die anderen.

»Du bist ein wertloser Dreckskerl. Ich hasse dich, und das sollst du auch wissen.« Sie hoffte bloß, dass Jacob sie hören konnte, wo immer er jetzt nach dem Tod war. Er sollte ruhig wissen, was sie von ihm hielt. Es tat ihr überhaupt nicht leid, dass sie ihn getötet hatte. Es beschäftigte sie zwar, aber sie glaubte, dass sie schnell darüber hinwegkommen würde. Er hatte es nicht verdient, dass sie seinetwegen Schuldgefühle hatte.

Ellie wischte den Koffer mit Tüchern ab und schaute ihn ganz genau an, damit auch wirklich nichts mehr von Jacobs Blut zu sehen war. Der Koffer war etwas verbeult, aber sie bezweifelte, dass das irgendjemandem auffallen würde. Jetzt musste sie die Leiche berühren und verzog das Gesicht, als sie dem toten Jacob die Hosen noch weiter herunterzog, sodass man das Kondom gut sehen konnte, das er trug und das keine Zweifel an seiner Absicht ließ.

Ellie versuchte, die Panik zu unterdrücken, die in ihr aufstieg. Ihr Blick wanderte wieder zu 416 auf dem Boden. Er hatte sich keinen Zentimeter bewegt – zum Glück, das war der einzige Grund, aus dem sie überhaupt noch am Leben war. Sie konnte nur beten, dass ihr Plan aufgehen würde und dass das, was man ihr erzählt hatte, auch stimmte: dass er zu wertvoll war, als dass man ihn töten würde. Die Ärzte und Angestellten würden ihn misshandeln, aber Jacob hatte 416 gegen den Willen von Dr. Trent töten wollen.

Er wird es schaffen. Ich muss daran glauben.

Sie wischte etwas von Jacobs Blut vom Boden auf und wandte sich 416 zu. Ob er mich hassen wird,weil ich ihm das antue? Sehr wahrscheinlich. Aber sie hatte keine Wahl. Man würde sie nie aus den unterirdischen Laboren herauslassen, wenn man sie verdächtigte, schuld an Jacobs Tod zu sein. Sie wagte es nicht einmal, 416 zu sagen, was sie vorhatte. Wenn er es irgendjemandem verriet, würde man sie festhalten, man würde Antworten von ihr verlangen, und sie würde nie wieder hier rauskommen. Sie musste jeden Verdacht von sich ablenken, damit sie ihn und alle anderen Probanden retten konnte.

Sie fand die Nadel, die Jacob benutzt hatte. Zum Glück hatte er die Kappe wieder aufgesetzt, nachdem er 416 den unbekannten Stoff injiziert hatte. Sie setzte ihn nur sehr ungern dem Risiko einer Infektion aus, aber sie hatte keine Wahl, sie musste die Spritze noch einmal benutzen. Hoffentlich hatte er die Nadel mit nichts anderem in Berührung gebracht, ehe er die Kappe wieder aufgesetzt hatte. Ellie zögerte. Wenn sie das hier tat, gab es kein Zurück mehr.

Sie handelte rasch, ehe sie es sich anders überlegen konnte, kauerte sich neben 416 und wischte mit dem blutigen Tuch über seine Knöchel und Hände und verschmierte Jacobs Blut darauf. Sie schaute ihm nicht ins Gesicht, während sie ihm den Mord anhängte, das brachte sie einfach nicht fertig.

Man würde ihn nicht töten. Diese Kerle brachten eben hin und wieder einen Techniker um. Das hatte sie häufig gehört, und trotzdem lebten sie alle immer noch. Sie bringen die Probanden nicht um. Sie sind zu wertvoll. Er wird überleben. Das wiederholte sie bei sich immer wieder.

Sie stand auf und verstaute die blutigen Tücher im Koffer, holte die Spritze hervor und wandte sich zu ihm um. Ihr widerstrebte es, ihm wehtun zu müssen, Tränen traten ihr in die Augen. Er lag völlig hilflos da. Sie hätte ihn am liebsten umarmt, auch wenn er ihr den Tod wünschte. Irgendjemand hätte ihm in diesem Augenblick Mitgefühl entgegenbringen müssen, aber sie konnte nicht diese Person sein. Er musste die Verantwortung für Jacobs Tod übernehmen, damit man nicht sie festhielt und sie ihrem Kontaktmann das Material übergeben konnte. Sobald genügend Beweise vorlagen, würde ein Richter einen Durchsuchungsbeschluss ausstellen. Die ganzen Labore würden durchsucht werden, man würde die Probanden entdecken, und Mercile Industries würde mit all seinen schmutzigen Geheimnissen, die sie vor der Welt verbargen, bloßgestellt werden.

Sie beugte sich über 416. Seine Augen, wunderschön, aber zornig, richteten sich auf sie. In seinem intensiven Blick brannte die Wut. Sie schluckte die Magensäure hinunter, die in ihr aufstieg beim Gedanken an das, was sie ihm jetzt antun musste. »Es tut mir leid, ganz ehrlich. Ich muss das tun.«

»Ich bring dich um«, stieß er krächzend hervor. Seine Hand bewegte sich auf dem Boden neben ihr. »Das schwöre ich!« Er schluckte. »Ich werde dich mit bloßen Händen umbringen.«

Sie hatte Angst, dass er genau das auch tun würde, er bekam seinen Körper offenbar langsam wieder in den Griff. Sie schaute hinunter, um die Einstichstelle zu finden, die Jacob benutzt hatte, und stach mit der Nadel zu. Der Kolben war schon von der vorigen Injektion ein Stück heruntergedrückt – sie presste ihn nun ganz herab. Dann erhob sie sich taumelnd, ohne einen weiteren Blick auf 416 zu werfen, selbst als er angesichts der Schmerzen, die sie ihm zugefügt hatte, knurrte.

Sie riss den Koffer an sich, sah sich nach ihm um, und dann rannte sie gegen die Wand. Schmerz explodierte in ihrer Wange, ihr drohten die Knie wegzuknicken, und sie spürte den Geschmack von Blut im Mund. Sie hatte keinen Spiegel, aber sie erinnerte sich an den Beobachtungsraum. Was, wenn jemand dort drinnen gewesen war und Zeuge von all dem geworden war, was sich hier gerade abgespielt hatte? Aber wenn das der Fall gewesen wäre, wären die Sicherheitsleute längst hier und hätten sie festgenommen.

Sie hoffte, dass ihr Gesicht so übel aussah, wie es sich anfühlte. Ihre Finger zitterten, als sie den Sicherheitscode eingab, um die Tür zu öffnen. Es piepte, die Stahlstäbe vor der Tür glitten zur Seite, und die Tür sprang auf, als sie sich verzweifelt dagegenwarf. Sie stolperte aus der Zelle, und die Tür schlug automatisch hinter ihr zu, die Stäbe glitten wieder davor, der scharfe Summton bestätigte, dass sie geschlossen waren. Sie fiel mitten im Flur auf die Knie und drehte den Kopf zur Überwachungskamera und schrie.

»Hilfe! O Gott! Helft mir!«

Die Sekunden vergingen, es schien fast eine Minute zu dauern, ehe sie den Schritt von Füßen in Stiefeln hörte, die herbeigerannt kamen. Vier Sicherheitsleute bogen um die Ecke und kamen im vollen Lauf auf sie zu. Die Männer keuchten, verlangsamten ihren Schritt und starrten sie verwirrt an.

»Ich bin dort rein und wollte eine Blutprobe nehmen«, schluchzte sie. »Jacob hat den Probanden sexuell belästigt, und er hat mich angegriffen.« Sie hob die Hand zu ihrem Gesicht, wo es schmerzhaft klopfte. »Ich glaube, ich bin ohnmächtig geworden, und als ich wieder zu mir kam, sah ich, wie 416 seine Ketten zerriss. Jacob hat mit einer Spritze zugestochen, aber was immer darin war, es hat nicht schnell genug gewirkt. Ich glaube, er ist tot! Ich glaube, das Ding hat ihn umgebracht, und dann ist es zu Boden gegangen.«

Möge Gott mir vergeben, dachte sie. Die Sicherheitsleute packten ihre Elektroschocker, einer von ihnen gab schon den Code ein, um die Tür zu öffnen, und dann stürmten sie in die Zelle von 416. Die Tür schloss sich hinter ihnen. Ein weiteres Team von Sicherheitsleuten traf ein und mit ihnen ein paar Mediziner. Dr. Brennor kümmerte sich in einem Raum für die Angestellten um sie. Er sah grimmig aus, als er ihr Gesicht behandelte.

»Sie kommen wieder ganz in Ordnung.«

Sie nickte. »Was wird mit 416 geschehen? Ich kann einfach nicht glauben, dass Jacob ihm das angetan hat. Das war doch falsch.«

Der rothaarige Arzt presste wütend die Lippen aufeinander und runzelte die Stirn. »Ich weiß. Wir haben diese Dinger erschaffen, um Heilmethoden für Krankheiten zu finden, gegen die Tiere von Natur aus immun sind oder gegen die sie eine bessere Widerstandskraft haben als wir Menschen. Und wir wollen verhindern, dass jemals wieder Krankheiten von Tieren auf den Menschen übertragen werden. Wissen Sie, wie verdammt teuer es gewesen ist, diese Dinger zu erschaffen? Wenn irgendwer sich sexuell austoben will, soll er verdammt noch mal in den Puff gehen und nicht zu den teuren Probanden.«

Elli musste den Mund fest zumachen und den Blick senken, damit Brennor nicht merkte, wie sehr sie sein kaltes Urteil über lebendige Menschen abstieß, erschreckte und wütend machte.

»Gerade testen wir an einigen von ihnen leistungssteigernde Substanzen für das Militär und Fitness-Freaks.« Er wandte sich ab und zog sich die Handschuhe aus. »Haben Sie gesehen, wie verdammt groß wir sie schon gekriegt haben, und wie stark? Wir haben sie zum Kampf trainiert, nur um mal zu sehen, was man mit ihnen alles so anstellen kann und was sie an Verletzungen wegstecken können, wenn sie die neuen Medikamente bekommen, mit deren Hilfe sie ganz schnell heilen. Wissen Sie, wie viele Milliarden das wert sein könnte? Und wie viel Geld wir jetzt schon verdient haben? Das hier sind unsere Prototypen. Wenn die Leute sehen, wie schnell, stark und tödlich wir sie gemacht haben, dann wird das die Konkurrenz von Mercile Industries völlig aushebeln. Jeder wird nur noch unsere Produkte kaufen wollen. Dieser verdammte Jacob hätte uns eines unserer besten Exemplare ruinieren können. Er ist viel zu wertvoll, als dass man irgendwelche Dummheiten mit ihm anstellen könnte.«

Sie schloss die Augen, damit er ihre Tränen der Erleichterung nicht sehen konnte. Man würde 416 also nicht töten – sie hatte richtig entschieden. Er würde sie vielleicht hassen, weil sie ihm den Mord angehängt hatte, aber er würde überleben. Jetzt brauchte sie nach ihrer Schicht nur noch nach Hause zu gehen, die Beweise weiterzugeben, die sie gestohlen hatte, und damit würde sie ihn auf die einzige ihr mögliche Weise retten. Sie würde dazu beitragen, dass Mercile Industries seine gerechte Strafe bekam.

»Entschuldigung«, seufzte Dr. Brennor, »da rede ich über Geld, wo Sie doch gerade ein traumatisches Erlebnis hatten. Warum gehen Sie nicht einfach nach Hause? Sie sollten sich den Rest des Tages freinehmen, verdammt, melden Sie sich für morgen auch gleich krank.«

Sie machte die Augen wieder auf, schaute ihn an und versuchte zu verbergen, wie sehr sie ihn verabscheute. »Danke sehr.« Ihre Stimme zitterte. »Ich hatte solche Angst.«

Brennor packte sie am Arm und tätschelte ihn beruhigend. »Ich könnte später noch einen Hausbesuch machen und nach Ihnen sehen.« Sein Blick glitt nach unten auf ihre Brüste. »Sie sollten jetzt nicht alleine sein.«

»Ich habe einen Freund«, log sie wieder.

Er ließ sie los. »Nun gut, schwirren Sie ab. Ich sage dem Sicherheitsdienst, dass ich Sie nach Hause geschickt habe.«

Er drehte sich schwungvoll um und ging zum Telefon. Ellie betrachtete ihn von hinten. Sie hoffte bloß, dass er lebenslänglich bekam, es würde ihm recht geschehen.

Kapitel eins

Südkalifornien — elf Monate später

Ellie seufzte und schob ihre Kopfhörer zurecht. Aus dem MP3-Player in der Tasche ihrer Caprihose dröhnte Heavy Metal. In dieser heißen Gegend schwitzte man sogar um elf Uhr abends noch, trotz der leichten Brise. Sie warf einen Blick auf die offenen Fenster – im Wohnheim war schon wieder die Klimaanlage ausgefallen. Die Wartungsteams kümmerten sich immer noch um die vielen kleinen technischen Defekte in dem Neubau.

Sie ging zur Balkontür, die sie gern offen stehen ließ, trat hinaus und genoss die Brise, die über ihren erhitzten Körper strich und sie abkühlte. Sie trank einen Schluck kaltes Wasser aus der kleinen Plastikflasche, die sie aus dem Mini-Kühlschrank in ihrem Apartment genommen hatte, als sie hereingekommen war, lehnte sich gegen das Geländer und blickte von ihrem Aussichtspunkt im zweiten Stock herunter auf Homeland. Gerade eben hatte sie ihr abendliches Training beendet, und der Wind fühlte sich auf ihrer Haut geradezu himmlisch an. Jetzt schaute Ellie auf die Schutzmauer, die ungefähr fünfzig Meter von ihr entfernt war.

Sie ragte zehn Meter hoch auf, und Wachmannschaften patrouillierten oben auf ihr entlang. Zwischen dem Wohnheim und der hohen Mauer lag ein mit Bäumen bestandener Grünstreifen, der einen parkartigen Eindruck vermittelte. Homeland mit seinen zweitausend Hektar war gerade erst fertig geworden, und Ellie war jetzt den zweiten Tag hier. Auf dem Weg, der sich zwischen Gras und Bäumen entlangzog, war niemand zu sehen.

Es verunsicherte sie ein bisschen, dass es im Haus so still war, aber man hatte ihr gesagt, dass sie nichts anderes erwarten sollte. Es waren erst wenige Frauen in das Gebäude eingezogen, aber wenn sie erst einmal alle hier wären, würde hoffentlich alles reibungslos ablaufen. Es war ihr sehr wichtig, dass bei Homeland alles nach Plan lief. Hier in Homeland würden alle, die Mercile Industries überlebt hatten, unterkommen. Homeland war eine Oase, weit ab vom Rest der Welt, wo sie – die New Species – leben und sich in einem sicheren Gemeinwesen an ein Leben in Freiheit gewöhnen konnten. Es war ihr Rückzugsort.

Ellie hatte nur von dem einen illegalen Versuchslabor gewusst, das Mercile Industries unterhielt, aber es waren noch drei weitere Labore entdeckt worden. Sie schloss die Augen. Es macht sie noch immer regelrecht krank, wenn sie die große Zahl der Opfer hörte, von denen in den letzten Monaten in den Nachrichten berichtet worden war. Die Regierung und die Strafverfolgungsbehörden hatten alle Versuchslabore durchsucht. Die Opfer waren jetzt alle frei, aber viele waren gestorben, ehe man sie retten konnte. Die Anzahl der toten Probanden ging in die Hunderte, und diese Verluste brachen ihr beinahe das Herz.

Ellie zwang sich, die Augen wieder zu öffnen. Noch vor zwei Jahren hatte sie in der Verwaltung von Mercile gearbeitet, als Victor Helio an sie herangetreten war. Er hatte ihr erklärt, dass es Gerüchte über ein geheimes Versuchslabor gab, in dem menschliche Wesen gezwungen wurden, als Versuchsobjekte für illegale Medikamente herzuhalten. Die Polizei hatte versucht, verdeckte Ermittler bei Mercile Industries einzuschleusen, aber die Firma stellte im fraglichen Bereich kein Personal von außen ein. Weil Ellie bereits dort arbeitete, wurde niemand misstrauisch, als sie sich intern für eine andere Stelle in einem der wissenschaftlichen Labore für Forschung und Entwicklung bewarb. Bei der Vorstellung, dass dort Menschen litten, war sie so entsetzt gewesen, dass sie sofort zugestimmt hatte, für die Polizei zu arbeiten. Es hatte sechs Monate gedauert, bis ihr Versetzungsgesuch positiv beschieden wurde, und ein paar weitere Monate, bis sie Zugang zu den unterirdischen Etagen der Forschungseinrichtung bekommen hatte. Doch dann war sie 416 und anderen Probanden begegnet, die dort regelrecht in der Hölle lebten. Sie war stolz auf die Rolle, die sie dabei gespielt hatte, das Versuchslabor auffliegen zu lassen. Sie hatte ihr Leben riskiert, um das Beweismaterial herauszuschmuggeln, das aussagekräftig genug gewesen war, dass ein Richter einen Durchsuchungsbeschluss ausgestellt hatte. Und dann war die gesamte Einrichtung durchsucht worden.

Sie seufzte. Jedes Mal, wenn sie sich nach ihm erkundigte, hörte sie das Gleiche: Immer ging es um Geheimniswahrung und Richtlinien für das Opferschutzprogramm. Sie wusste, dass einige der Probanden ihre Rettung aus dem Versuchslabor nicht mehr erlebt hatten. Man hatte sie getötet, ehe die Retter in den am stärksten gesicherten untersten Bereich des Labors hatte vordringen können, wo viele der Opfer festgehalten wurden. Nach allem, was sie wusste, war 416 viele Stockwerke unter der Erde gestorben, eingeschlossen in seiner Zelle, und hatte nie erfahren, dass Rettung unterwegs war. Dieser Gedanke brach ihr fast das Herz.

Ellie riss sich die Kopfhörer herunter, machte den MP3-Player aus und warf beides auf den Tisch. Sie kämpfte gegen den Schmerz an, den sie immer empfand, wenn sie an 416 dachte. Sie wäre gerne dabei gewesen, als die Haftbefehle vollzogen wurden, sie hätte am liebsten vor seiner Tür Wache gestanden, um ihn zu beschützen. Das war sie ihm schuldig – und noch so vieles mehr. Sie hatte Officer Helio gebeten, an der Durchsuchung teilnehmen zu dürfen, aber er hatte es nicht erlaubt. Ellie war kein Mitglied der Strafverfolgungsbehörden, und ihr war streng beschieden worden, dass man nicht das Risiko eingehen würde, dass eine Informantin zu Schaden kam. Schließlich brauchte man ihre Aussage unbedingt vor Gericht für den Prozess gegen Mercile.

»Verdammt«, schimpfte sie vor sich hin.

Sie konnte die dunklen Augen nicht vergessen, den Ausdruck auf dem Gesicht von 416, als sie ihn an jenem Tag in seiner Zelle zurückgelassen hatte. Und auch die Art, wie er sie angeknurrt hatte, ging ihr nicht aus dem Sinn. Sie hatte ihm das Leben retten wollen, aber er hatte nie erfahren, warum sie ihm den Mord am Techniker angehängt hatte. Er musste sie für abscheulich und grausam halten. Heiße Tränen brannten ihr in den Augen, und sie zwinkerte ein paarmal, um sie zu zurückzudrängen. Seit jenem schrecklichen Tag, an dem sie ihn auf dem Boden hatte liegen lassen, hatte sie schon eimerweise Tränen vergossen.

Das Telefon, das Homeland ihr gestellt hatte, klingelte, und sie zuckte zusammen. Normalerweise rief darauf nie jemand an. Sie hatte sich von ihren Freunden und ihrer Familie entfernt. Ihr gesamtes Leben hatte sich während der Monate, in denen sie im Versuchslabor gearbeitet hatte, verändert. Ellie ertrug es nicht länger, dass ihre geschiedenen Eltern sie immer noch als Schachfigur in ihrem Streit benutzten, und sie ertrug es ebenso wenig, dass die beiden wegen Ellies eigener Scheidung auf sie einredeten. Es gab wirklich andere Probleme auf der Welt, und sie würde mit ihrer Zeit etwas Sinnvolles anfangen. Jetzt konzentrierte sie sich darauf, der New Species zu helfen, und das war wirklich eine wertvolle Tätigkeit – ein Unrecht wiedergutzumachen. Es verlieh ihrem Leben eine Bedeutung, und das war genau das, was sie brauchte. Beim zweiten Klingeln war sie schon am Telefon.

»Ellie Brower.«

»Ms Brower, hier spricht Cody Parks vom Sicherheitsdienst. Ich möchte Sie informieren, dass gleich ein Transport mit vier Frauen ankommt. Sie waren im Hotel gefährdet, und wir haben gerade erst davon erfahren, als sie hier eingetroffen sind.«

»Ich bin schon unterwegs nach unten.« Sie legte auf.

Verdammt. Die Medien müssen irgendwie Wind davon bekommen haben, dass vier gerettete Frauen in der Gegend sind. Laut Sicherheitsvorschriften mussten die Opfer zusammen mit einer Wache in einem Hotel untergebracht werden, wenn ihr Flug nach Einbruch der Dunkelheit eintraf. Erst am kommenden Tag bei Helligkeit wurden sie dann nach Homeland gebracht. Dann schien den Sicherheitskräften der Transport gefahrloser. Aber offenbar war die Idee, die Überlebenden in einem Hotel unterzubringen, doch nicht so clever gewesen, wie sie gedacht hatten. Ellie hoffte bloß, dass die Frauen von all dem, was sie durchgemacht hatten, nicht zu stark traumatisiert waren. Die neue Welt war für diese armen Überlebenden schon beängstigend genug, auch ohne dass die Medien-Geier über ihnen kreisten, Fragen abfeuerten und ihre Kameras klicken ließen.

Ellie brauchte nur ein paar Sekunden, um in ihre Schuhe zu schlüpfen und nach ihrem Sicherheitsausweis zu greifen. Den Aufzug vermied sie, das Ding war viel zu langsam. Sie eilte die Treppe hinunter zum Eingang. Alle Fenster bestanden aus einem Glas, das stark genug war, um auch der stärksten Gewalteinwirkung zu widerstehen. Draußen erblickte sie vier Frauen, die sich dem Eingang näherten, zwei Sicherheitsleute hinter ihnen, die ihnen die Koffer schleppten. Ellie beschleunigte ihren Schritt.

Cody Parks, der Mann bei der Security, auf den man sich immer verlassen konnte, grüßte sie mit einem Lächeln. »N’Abend, Ms Brower. Tut mir leid, dass unsere neuesten Gäste so spät kommen.«

Ellie lächelte ihm zu und richtete ihre Aufmerksamkeit dann auf die amazonenhaften Frauen. Die kleinste der vier war mindestens eins achtzig groß. Im Wohnheim lebten bereits zehn Frauen, und sie waren auch alle groß und muskulös. Im Vergleich zu ihnen fühlte Ellie sich klein, geradezu winzig. Sie schaute die Frauen der Reihe nach an und lächelte ihnen zu, aber es lächelte keine zurück. Sie sahen müde aus, ärgerlich und mürrisch. Mitgefühl stieg in Ellie auf.

»Willkommen in eurem neuen Zuhause«, sagte sie sanft. »Ich weiß, dass ihr eine Menge durchgemacht habt, aber hier seid ihr in Sicherheit. Ich bin Ellie, die Heimleiterin.«

Zwei Frauen runzelten die Stirn, und die größte und schönste Frau starrte sie einfach nur an. Die vierte, eine Blondine, war die Einzige, die etwas sagte.

»Die was?«

»Die Heimleiterin. Das ist nur ein Titel«, erklärte Ellie rasch. »Ich will euch anleiten und euch Dinge beibringen. Ihr könnt jederzeit zu mir kommen, wenn ihr Probleme oder Fragen habt oder etwas braucht. Ich bin da, um euch nach Kräften zu helfen. Ihr könnt mit mir über alles reden, und ich habe immer ein offenes Ohr für euch.«

»Eine Seelenklempnerin«, zischte die Kleinste aus der Gruppe, eine dunkelhaarige Frau. Sie zeigte Ellie ihre scharfen Zähne.

»Nein«, korrigierte Ellie. »Ich habe Kenntnisse in Krankenpflege, aber das ist auch schon alles. Ich weiß, dass ihr zu Therapeuten geschickt worden seid. Ich musste das auch machen, und ich kann diese Leute genauso wenig ausstehen wie ihr.« Sie schaute die Frauen voller Mitgefühl an. »Ich zeige euch jetzt eure Wohnungen und führe euch kurz im Haus herum, und dann könnt ihr euch ein bisschen eingewöhnen. Ich …«

»Ms Brower«, unterbrach Cody Parks sie.

Ellie wandte sich zu ihm, während die Frauen ins Haus traten. Sie schauten sich in der großen Eingangshalle um, die zu den Aufenthaltsräumen führte. Ellie wusste, dass sie ein paar Minuten brauchen würden, um sich zu akklimatisieren.

»Was ist denn?«

»Es ist ein Meeting angesetzt worden, das in zwanzig Minuten beginnt. Man will Sie dabeihaben, weil Sie doch für das Frauenwohnheim zuständig sind. Der Vorsitzende vom neuen Rat der New Species hat verlangt, umfassend über Homeland informiert zu werden. Er will sicherstellen, dass seine Leute in keiner Weise schlecht behandelt werden. Er ist gerade erst auf seinen Posten berufen worden und braucht diese Sicherheit.«

Ellie war ungehalten. »Aber es ist doch schon so spät. Ich würde die vier gern ein bisschen begleiten, und das wird auf jeden Fall länger dauern.«

»Das verstehe ich, aber der Mann ist mit ihnen zusammen aufgetaucht und hat klargestellt, wie wichtig diese Sache ist.« Cody Parks schaute Ellie fest an. »Es ist unerlässlich. Die New Species muss sicher sein können, dass wir hier in jeder Hinsicht mit ihnen zusammenarbeiten, um ihnen den Übergang in eine normale Umgebung reibungslos zu gestalten. Er macht sich Sorgen.«

Sie zögerte. Die New Species war aufgeteilt und an verschiedene sichere Orte geschickt worden, nachdem man sie befreit hatte. Jetzt war Homeland endlich fertiggestellt und konnte sie alle zusammen aufnehmen. Es würde bis auf absehbare Zeit ihre dauerhafte Heimat sein. Der Kerl hatte berechtigte Gründe, sich über Sicherheit und Wohlergehen seiner Leute Gedanken zu machen.

»Natürlich. Ich kümmere mich nur kurz um die vier, und dann komme ich gleich. Findet das Meeting im Konferenzraum am Haupt­eingang statt?«

Cody Parks nickte. Ellie machte die Tür hinter ihm zu. Die Alarmanlage piepte sofort, um anzuzeigen, dass die automatische Verriegelung eingeschnappt war. Die Sicherheitsvorkehrungen konnten gar nicht streng genug sein, nachdem die Medien sich auf die Überlebenden gestürzt hatten. Die Reporter versuchten dauernd, alle Grenzen zu überschreiten, um Fotos von den Überlebenden zu schießen, jetzt erst recht, wo es einen festen Ort gab, an dem sich die New Species aufhalten würden.

Die Regierung war dabei, ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das den Medien untersagte, Fotos von der New Species zu veröffentlichen. Sie waren Opfer, die das Recht hatten, vor der Presse geschützt zu werden. Außerdem gab es von Hass getriebene Gruppierungen, die der Meinung waren, die New Species sollten nicht die gleichen Rechte bekommen wie Menschen. Sie waren auch dagegen, dass ihnen Homeland zur Verfügung gestellt wurde, und versammelten sich vor dessen Toren, um dagegen zu protestieren.

Ellie lief wie auf Autopilot, als sie den Frauen eine kurze Führung durchs Erdgeschoss des Hauses machte. Hier gab es einen Besprechungsraum für Treffen, zwei große Wohn- und Aufenthaltsbereiche, eine geräumige Küche, ein Esszimmer, in dem fünfzig Leute Platz hatten, eine große Toilette mit vier abgetrennten Kabinen und eine gut ausgestattete Bibliothek. Im ersten und zweiten Stock lagen die kleinen Apartments, die jeweils aus Schlafzimmer, Wohnzimmer, Bad und Küchenecke bestanden.

Ellie führte die Frauen in ihre Apartments, die nebeneinander und einander gegenüber im ersten Stock lagen. In den beiden Tagen, in denen sie die neu eintreffenden Frauen in Empfang genommen hatte, hatte sie viel dazugelernt. Sie hatten ganz sicher Angst – nicht dass sie es zugegeben hätten, aber sie wollten gern nahe beieinander bleiben. Ellie wusste, dass die Frauen Unaussprechliches durchgemacht hatten, und jetzt wurde ihnen wieder etwas aufgedrängt, etwas völlig Fremdes. Die Freiheit würde für sie eine erschreckende Erfahrung sein, nachdem sie ihr Leben als Versuchskaninchen hatten zubringen müssen.

»Wenn ihr Hunger habt, sind hier gekühlte Getränke und Essen in den silbermetallenen Kästen neben der Spüle.« Sie nannte sie nicht Kühlschränke, denn sie hatte schnell begriffen, dass die Frauen nicht wussten, was das bedeutete. »Im ersten Stock wohnen schon zehn Frauen, wenn ihr also etwas hört, müsst ihr euch keine Sorgen machen. Sie kommen von anderswoher.« Aus anderen Versuchslaboren, dachte sie. »Aber sie gehören zu eurem Volk. Dieses Gebäude ist sicher, es kann niemand hinein, der hier nicht hingehört. Ihr seid völlig sicher.«

Die Frauen standen im Flur und schauten sie so kritisch an, als wäre sie Ungeziefer. Elli seufzte, auch das war sie leider schon gewohnt. Sie vertrauten eben keinen Außenseitern – und das war für sie jeder, der nicht als Versuchsobjekt gehalten worden war.

»Ich wohne im zweiten Stock. Jetzt gehe ich zu einem Meeting, aber ich bin bald wieder zurück. Die Nummer meines Apartments hängt neben dem Aufzug aus. Ihr könnt jederzeit zu mir kommen, wenn ihr irgendwas braucht oder wenn ihr Fragen habt. Ich bin hier, um euch zu helfen. Habt ihr noch irgendeine Frage, ehe ich gehe?«

Die vier Frauen schwiegen. Dann drehte sich die größte auf dem Absatz um und stolzierte in eines der Apartments, die Ellie ihnen eben gezeigt hatte. Die anderen drei folgten ihr. Die Tür fiel ins Schloss, und Ellie stand allein auf dem Flur. Offenbar wollte keine der Frauen etwas mit ihr zu tun haben. Sie hoffte, das würde sich mit der Zeit ändern.

Ellie blickte kurz an sich hinunter – Laufschuhe, die schwarze Caprihose aus Baumwolle und ein hellblaues Tanktop. Ihr Haar war zum Pferdeschwanz gebunden. Sie wusste, dass sie sich eigentlich etwas Passenderes anziehen sollte, aber ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass sie dazu keine Zeit mehr hatte. Sie musste ohnehin schon rennen, damit sie es überhaupt noch rechtzeitig zum Meeting schaffte. Und damit rannte sie auf die Treppe zu.