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Todesnäheerlebnisse, Bilokationen, Erscheinungen geistiger Wesen sowie Christus- und Marienerscheinungen zeigen, dass etwas im Menschen ist, die Seele, der Geist oder wie immer man es nennen mag, das zumindest für begrenzte Zeit den Körper verlassen und außerhalb seiner existieren kann. Den Berichten der Betroffenen zufolge befindet sich das Selbst des Menschen in dieser Zeit außerhalb des Körpers. Viele Angaben über konkrete Dinge und Vorfälle, die die Betroffenen in diesen Zuständen wahrnahmen, aber eigentlich nicht wissen konnten, wurden nachträglich bestätigt und haben sich somit als richtig erwiesen. Deshalb spricht vieles dafür, dass auch die Erlebnisse selbst sich so ereignet haben, wie sie geschildert wurden. Daraus ergibt sich die Mötlichkeit für die Existenz einer nicht-materiellen, geistigen Welt, die auch nach dem Tod fortbesteht.
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Seitenzahl: 406
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Vorwort der Herausgeberin
Danksagung
Einleitung
I. Teil: Todesnäheerlebnisse
I.1. Das Todesnäheerlebnis von George Ritchie
I.1.1. Vorgeschichte
I.1.2. Die Ereignisse während Ritchies Todesnäheerlebnis
I.1.2.1. Erster Teil des Erlebnisses
I.1.2.2. Zweiter Teil des Erlebnisses
I.1.3. Die Folgen für Ritchies Leben
I.1.4. Nähere Betrachtung des Berichtes und Folgerungen
I.2. Ein Todesnäheerlebnis während einer schweren Geburt
I.2.1. Das Erlebnisgeschehen
I.2.2. Nähere Betrachtung des Berichtes und Folgerungen
I.3. Ergänzungen und Erweiterungen zu den beiden Todesnäheerlebnissen
I.3.1. Die feste Überzeugung der betroffenen Menschen, ein solches Erlebnis gehabt zu haben
I.3.2. Anzeichen für eine zeitlich begrenzte Existenz außerhalb des physischen Körpers
I.3.3. Der nicht-materielle Körper
I.3.3.1. Drei Beispiele
I.3.3.2. Das Astralband
I.3.3.3. Der nicht-materielle Körper und das Phantomglied
I.3.3.4. Rückblick
I.4. Beobachtungen beim Verlassen des Körpers während des Sterbevorgangs
I.4.1. Die Beobachtungen von Eileen Garrett
I.4.1.1. Das Sterben der Entenküken – eine Kindheitserinnerung
I.4.1.2. Eileen Garretts Beobachtungen am Sterbebett ihrer Cousine
I.4.2. Die Beobachtungen eines Ehemannes am Sterbebett seiner Frau
I.4.3. Wahrnehmungen Joy Snells beim Tod ihrer Freundin Maggie
I.4.4. Folgerungen
I.5. Einzelheiten aus zwei Todesnäheerlebnissen blinder Menschen
I.5.1. Einzelheiten aus dem Todesnäheerlebnis von Brad
I.5.2. Einzelheiten aus dem Todesnäheerlebnis von Vicki Umipeg
I.5.3. Vicki Umipeg und Ring/Cooper über das Sehen von Blinden
I.5.4. Rückblick
I.6. Das Erfahren eines besonderen Lichtes und die Begegnung mit einer Lichtgestalt
I.6.1. Das Erfahren eines besonderen Lichtes
I.6.2. Die Begegnung von Vicki Umipeg mit einer Lichtgestalt
I.6.3. Rückblick
I.6.4. Zusatz
I.7. Das Hören außergewöhnlich schöner Musik
I.7.1. Das musikalische Erlebnis von Vicki Umipeg
I.7.2. Das Vernehmen besonderer Musik während des Todesnäheerlebnisses von Eben Alexander
I.8. Begegnungen mit Verstorbenen während des Ausleibigkeitszustandes
I.8.1. Die Begegnungen von Vicki Umipeg im Einzelnen
I.8.2. Die Begegnung eines zwölfjährigen Mädchens mit ihrem verstorbenen Bruder
I.8.3. Eben Alexanders Begegnung mit seiner leiblichen Schwester
I.8.4. Rückblick
I.9. Ein Todesnäheerlebnis, das eine sich erfüllende Voraussage enthält
I.10. Schlussbetrachtung und Folgerungen
II. Teil Bilokationen
II.1. Bericht eines amerikanischen Fabrikanten
II.2. Das Erlebnis von Paramahansa Yogananda
II.2.1. Die Bilokation von Yoganandas Guru Yukteswar
II.2.2. Rückblickende Betrachtung
II.3. Bilokationen von Yvonne Beauvais
II.3.1. Zur Person von Yvonne Beauvais
II.3.2. Zwei Bilokationen von Yvonne Beauvais
II.3.2.1. Die erste Bilokation
II.3.2.2. Die zweite Bilokation
II.3.3. Yvonne Beauvais über ihre Bilokationen
II.4. Bilokationen von Natuzza Evolo
II.4.1. Zur Person
II.4.2. Bilokation am Grab eines Verstorbenen
II.4.3. Eine Bilokation auf der Straße von Nicastro (Kalabrien)
II.4.4. Natuzza Evolo über ihre Bilokationen
II.4.5. Gemeinsamkeiten zwischen den besprochenen Bilokationen
II.4.6. Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Bilokationen und Todesnäheerlebnissen
II.4.7. Rückblick und Folgerungen
Teil III. Erscheinungen geistiger Wesen außerhalb von Todesnäheerlebnissen
III.1. Erscheinungen Verstorbener
III.1.1. Die Frau mit der Gardenie
III.1.2. Die Erscheinung einer verstorbenen Jugendlichen
III.1.3. Rückblickende Betrachtung der drei Erscheinungen
III.1.4. Eine verstorbene Patientin erscheint Elisabeth Kübler-Ross
III.1.5. Rückblickende Betrachtung der drei Erscheinungen Verstorbener
III.2. Das Auftreten bösartiger Wesen
III.2.1. „Der Todesengel an Vaters Bett“
III.2.2. Die widerwärtige Gestalt hinter dem Rücken eines nationalsozialistischen Parteiredners
III.2.3. Tätliche Angriffe auf Yvonne Beauvais
III.2.4. Der „Satan“, der Paulus „mit Fäusten schlägt“
III.2.5. Rückblick
III.3. Erscheinungen Verstorbener, die bei den Lebenden Hilfe suchen
III.3.1. Die Begegnung der Prinzessin von der Leyen mit dem „Greuel“
III.3.1.1. Über die Prinzessin und die Entstehung ihres Buches „Gespräche mit Armen Seelen“
III.3.1.2. Verkürzte Wiedergabe einer einzelnen Ereignisreihe
III.3.1.3. Nähere Betrachtung der Ereignisse und Folgerungen
III.3.2. Gemeinsame Erfahrungen von Eugenie von der Leyen und der Seherin von Prevorst bei der Begegnung mit „Armen Seelen“
III.3.2.1 Zur Person von Friedericke Hauffe
III.3.2.2 Die Ähnlichkeiten in den Erfahrungen beider Frauen
III.3.2.3. Folgerungen
III.3.3. Die Begegnung Gerda Walthers mit dem ermordeten SA-Führer Ernst Röhm
III.3.3.1. Vorbemerkung
III.3.3.2. Die Ereignisse
III.3.3.3. Rückblick
III.3.4. Erscheinungen Verstorbener und anderer geistiger Wesen im Zusammenhang betrachtet und die entsprechenden Folgerungen
Teil IV. Christus- und Marienerscheinungen
IV.1. Vorbemerkung
IV.2. Christuserscheinungen während und außerhalb von Todesnäheerlebnissen
IV.2.1. Die Christuserscheinung während des Todesnäheerlebnisses von George Ritchie
IV.2.2. Die Christusvision von Christine de Graat
IV.2.2.1. Die Erscheinungsereignisse
IV.2.2.2. Rückblickende Betrachtung der Ereignisse
IV.2.3. Die besondere Berufung von Yvonne Beauvais
IV.3. Christus- und Marienerscheinungen in Eisenberg a.d. Raab (Burgenland)
IV.3.1. Vorbemerkung
IV.3.2. Angaben zur Person von Aloisia Lex
IV.3.3. Die Marienerscheinung für Anne-Marie Lex
IV.3.4. Zwei Christuserscheinungen für Aloisia Lex
IV.3.4.1. Die Berichte
IV.3.4.2. Nähere Betrachtung der beiden Berichte
IV.3.5. Das Rasenkreuz von Eisenberg
IV.3.5.1. Der Bericht von Aloisia Lex
IV.3.5.2. Der Bericht des ältesten Sohnes der Familie und die Ergänzungen durch Frau und Herrn Lex
IV.3.5.3. Die Mitteilungen des Gendarmerieinspektors Neuherz
IV.3.5.4. Das Ergebnis der Untersuchungen des botanischen Instituts in Wien
IV.3.5.5. Rückblick und Folgerungen
IV.3.5.6. Zwei Giftanschläge gegen das Rasenkreuz
IV.3.5.7. Das Rasenkreuz von Meggen im Allgäu
IV.3.5.8. Die Bedeutung des Rasenkreuzes von Eisenberg
IV.3.5.9. Der verstorbene russische Staatspräsident Podgorny vor dem Rasenkreuz in Eisenberg
IV.4. Die Marienerscheinungen von Marienfried
IV.4.1. Äußere Angaben über das Leben von Bärbl Rues
IV.4.2. Zur Person von Bärbl Rues
IV.4.3. Die Begegnung mit der „fremden Frau“
IV.4.3.1. Die Geschehnisse
IV.4.3.2. Nähere Betrachtung der Begebenheit
IV.4.4. Die erste Erscheinung vor dem Bildstöckl
IV.4.4.1. Die Ereignisse
IV.4.4.2. Nähere Betrachtung bestimmter Einzelheiten
IV.4.5. Die zweite Erscheinung vor dem Bildstöckl
IV.4.5.1. Die Ereignisse
IV.4.5.2. Nähere Betrachtung einiger Einzelheiten
IV.4.6. Die dritte Erscheinung vor dem Bildstöckl
IV.4.7. Die Stigmatisierungen von Bärbl Rues
IV.4.8. Folgerungen
IV.5. Einzelheiten aus den Ereignissen von Medjugorje
IV.5.1. Vorbemerkung
IV.5.2. Angaben über die Seherinnen und Seher
IV.5.3. Zwei Urteile über die geistige Verfassung der jugendlichen Seherinnen und Seher
IV.5.4. Auffälligkeiten bei der Untersuchung der Augen und des Gehörs während der Ekstase
IV.5.5. Der erste Erscheinungstag, 24. Juni 1981
IV.5.6. Eine Begebenheit, die sich während des zweiten Erscheinungstages zutrug
IV.5.7. Ivanka sieht ihre verstorbene Mutter
IV.5.8. Am Himmel erscheint das Wort „MIR“ (Friede)
IV.5.9. Die Heilung von Diana Basile
IV.5.10. Persönliche Erfahrungen mit der Gospa
IV.5.11. Einzelheiten aus den monatlichen Botschaften von Medjugorje
IV.5.11.1. Vorbemerkung
IV.5.11.2. Die Gospa über die Freiheit des Menschen
IV.5.11.3. Äußerungen, welche die besondere Liebe der Gospa erkennen lassen
I
V.6. Rückblick auf die ausgewählten Christus- und Marienerscheinungen
Schlusswort
Literaturverzeichnis
Dr. Ewald Kurtz, ein langjähriger Freund, ist klassischer Philologe. Er hat sich viele Jahre intensiv mit Todesnäheerlebnissen, Ausleibigkeitserfahrungen und Erscheinungen befasst1 und ist der Frage nachgegangen, ob es in diesen Erlebnissen ernstzunehmende und greifbare Anzeichen für ein persönliches Weiterleben nach dem Tod und für eine geistige Welt unabhängig vom Körper gibt. Dabei ist ein ausführliches Manuskript entstanden. Da er gesundheitlich nicht mehr in der Lage ist, die letzten Arbeiten für die Veröffentlichung auszuführen, habe ich das für ihn übernommen und dann das Buch herausgebracht.
Das Buch gliedert sich in die vier großen Themenbereiche: Todesnäheerlebnisse, Bilokationen, Erscheinungen geistiger Wesen außerhalb von Todesnäheerlebnissen und Christus- und Marienerscheinungen. Dabei werden jeweils die entsprechenden Vorfälle, die aus verschiedenen Zeiten und Gegenden stammen, gewissenhaft geschildert, dann wird untersucht, was dafür spricht, dass sich diese Ereignisse wirklich so ereignet haben und was daraus folgt. So entsteht ein beeindruckendes Gesamtbild der Anzeichen für die Existenz einer nicht-materiellen, geistigen Welt, das den Leser/die Leserin zum Nachdenken einlädt.
Ein ausführliches Literaturverzeichnis befindet sich am Ende des Buches.
Ich wünsche dem Leser/der Leserin nun eine spannende und erkenntnisreiche Lektüre.
Gabriele Ebert
1 Weitere Titel von Ewald Kurtz zum Thema s. am Ende des Literaturverzeichnisses
Bei der Veröffentlichung dieses Buches hat mir Frau Gabriele Ebert maßgeblich geholfen, indem sie das fertige, aber ins Unreine geschriebene Konzept in Reinschrift in den PC übertrug, dem Text eine übersichtliche Gliederung gab und als Herausgeberin die Veröffentlichung übernahm. Dafür möchte ich ihr meinen besonderen Dank aussprechen. Ohne ihre Hilfe hätte ich das Buch in meinem schlechten Gesundheitszustand nicht zur Veröffentlichung bringen können.
Dr. Ewald Kurtz
Es ist eine verbreitete Auffassung, dass „mit dem Tod alles aus“ sei. Sie ist nicht erst heutzutage verbreitet, sie tauchte auch schon in früheren Zeiten auf. Ähnlich oft trifft man auf die Ansicht, nach der ein Weiterleben nach dem Tod zwar nicht vollständig ausgeschlossen wird, dass man aber darüber nichts „wissen“ kann. Man kann höchstens glauben. Zurück bleibt Unsicherheit. Einer dritten Gruppe von Menschen ist die ganze Frage überhaupt gleichgültig: „Konzentrieren wir uns auf das, was wir sehen können, was klar ist und was im täglichen Leben von uns erwartet wird, und lassen wir das, was wir sowieso nicht „wissen“ können, beiseite!“
Mit der Einstellung zur Existenz einer geistigen Welt, in der für uns unsichtbare, rein geistige Wesen leben, verhält es sich entsprechend: Entweder es gibt sie überhaupt nicht oder wir können nichts, rein gar nichts über sie „wissen“. Wir können auch hier nur glauben, und wenn es sie gibt, dann ist sie von uns vollständig getrennt, so dass wir mit ihr nicht in Berührung kommen können.
Die gesamte Auffassung war nach längerem Nachdenken für mich der Anlass, dieses Buch zu schreiben: Ist mit dem Tod wirklich „alles aus“? Gibt es wirklich über das hinaus, was wir sehen und mit unseren Sinnen wahrnehmen können, keine Anzeichen für jenes andere? Weil ich das Ganze für eine Lebensfrage halte, habe ich in einigen, wenn auch etwas abseits liegenden Lebensbereichen nach Anzeichen gesucht, die für die Existenz jenes anderen sprechen, und lege sie dem Leser/der Leserin vor.
Alles hängt von den Mitteilungen der Menschen ab, die Entsprechendes erfahren haben, und von jenen, die darüber berichten. Das habe ich bei der Auswahl der Beispiele bedacht. Eigene Feldforschungen waren mir nicht möglich. Oft war es nötig, längere Zitate oder Inhaltsangaben von den einzelnen Ereignissen vorzulegen, damit der Leser/die Leserin von den Vorgängen selbst ein klares Bild bekommt, bevor ich aus ihnen Folgerungen ziehe. Fremdsprachliche Texte habe ich übersetzt und die entsprechenden Stellen genau angegeben. Das Buch ist u.a. auch dazu gedacht, dem Leser/der Leserin oft unbekannt bleibende Vorkommnisse und ihre Bedeutung zur Kenntnis zu bringen, und dann aber alles seinem /ihrem Urteil zu überlassen.
Krennheinstetten, den 6. Februar 2023
Dr. Ewald Kurtz
An den Anfang seien, stark verkürzt, zwei weitreichende Todesnäheerlebnisse gestellt, welche als Grundlage für alles Weitere gedacht sind und manchen Lesern/ manchen Leserinnen, die mit Todesnäheerlebnissen nicht näher vertraut sind, vielleicht einen ersten Eindruck vermitteln können.
Das Folgende ist dem Buch von George Ritchie „Rückkehr von morgen“2 entnommen, in welchem er sein Todesnäheerlebnis mitteilt.
Er hat die Ereignisse Jahre danach als Psychiater einem todkranken Patienten während einer Sprechstunde erzählt und mit ihm über sie gesprochen. Dementsprechend ist das Buch angelegt: Zuerst das Gespräch mit dem Patienten, dann der gesamte Bericht, am Ende wieder das Gespräch mit dem Patienten. Aus Platzgründen wurde in der eigenen, stark verkürzten Wiedergabe, darauf keine Rücksicht genommen.
George Ritchie kam 1923 in Richmond (Virginia) als Frühgeburt zur Welt und lebte dort bis zu seinem Militärdienst 1943. Seine Mutter starb einen Monat nach seiner Geburt. Aus beruflichen Gründen war sein Vater oft auf Reisen. Daher nahmen die Großeltern mütterlicherseits den kleinen Jungen und seine Schwester bei sich auf, und er verbrachte seine Kindheit bis zu seinem siebten Lebensjahr bei seinen Großeltern. Sieben Jahre nach dem Tod seiner Frau heiratete sein Vater ein zweites Mal. Die beiden Eheleute holten den Jungen und seine Schwester von den Großeltern zu sich zurück. Trotzdem besuchte der Junge immer wieder gern seine Großeltern. Für das Verständnis des zweiten Teils seines Todesnäheerlebnisses ist eine Einzelheit aus seiner Jugendzeit von Bedeutung. Er spricht davon, nicht eigentlich fromm gewesen zu sein. „Natürlich bin ich zu Hause in die Kirche gegangen, aber es war nicht von großer Bedeutung für mich gewesen.“3
Schon früh verspürte er den bleibenden Wunsch, Arzt zu werden. In jungen Jahren begann er in Richmond am medizinischen College der Universität von Virginia sein Medizinstudium und hatte mit 19 Jahren sein Vorstudium abgeschlossen. Danach meldete er sich zum Militärdienst und wurde 1943 aufgerufen, sich zum Ausbildungslager Barkeley (Texas), einige Meilen von Abelene entfernt, zu begeben. Der Großangriff in Europa stand 1943 bevor, und es fehlte an Militärärzten. Daher wurden unter bestimmten Voraussetzungen Soldaten im Schnellverfahren für den ärztlichen Dienst ausgebildet, darunter auch George Ritchie. Mehrere Tage vor Weihnachten 1943 erfuhr er dort offiziell von seiner sehr vorteilhaften Versetzung: er werde von der Armee aus zur weiteren medizinischen Ausbildung nach Richmond geschickt, müsse sich aber bis zum 22. Dezember unbedingt dort eingefunden haben. Das Interesse an einer solchen Ausbildung war groß. Es gab starke Konkurrenz.4
Während seiner Ausbildung als Rekrut im Lager Barkeley erkrankte Ritchie schwer an einer doppelten Lungenentzündung. Alles nahm am 10. Dezember 1943 seinen Anfang. Seine Abteilung musste an diesem Tag bei großer Kälte (minus 10 Grad) im Freien auf dem Boden sitzen und sich von einem Leutnant einen Vortrag über die richtige Art der Reinigung ihrer Ausrüstung anhören. Die Soldaten erkälteten sich schwer. Ritchie bekam die Grippe, die nach einem wechselvollen Verlauf, während dessen er immer wieder versuchte, mit Tabletten sein Fieber herunterzudrücken, um auf jeden Fall rechtzeitig vor dem 22. Dezember zum Beginn seiner Ausbildung nach Richmond fahren zu können, in eine Lungenentzündung überging. Er wurde im Lazarett in eine Isolierstation gebracht und in der vorgerückten Nacht des 20. Dezember mit 41 Grad Fieber zum Röntgen getragen. Beim Röntgen brach er zusammen, und hier setzte sein Todesnäheerlebnis ein.5
Er wurde nach dem Röntgen in ein kleines Isolierzimmer verlegt. Dort lag er 24 Stunden bewusstlos. Als am frühen Morgen des 21. Dezember der diensthabende Sanitäter bei seinem regelmäßigen Rundgang das Zimmer betrat, stellte er fest, dass Ritchie keinen Puls mehr hatte und nicht mehr atmete. Er rief sofort den zuständigen Arzt. Dieser erklärte Ritchie für tot und trug dem Sanitäter auf, ihn „für das Leichenhaus fertig zu machen“. Der Sanitäter deckte ihn mit der Bettdecke zu und setzte seinen Dienst fort. Nach wenigen Minuten kam er zurück, „um den Körper auf die Überführung ins Leichenhaus vorzubereiten“. Da bemerkte er, dass sich auf der Decke Ritchies Hand bewegte. Er holte zum zweiten Mal den Arzt, und dieser erklärte Ritchie zum zweiten Mal für tot. Da aber der Sanitäter davon nicht überzeugt war, schlug er, obwohl er ein junger Sanitäter war, dem im Rang über ihm stehenden Arzt vor, Ritchie eine Adrenalinspritze in den Herzmuskel zu geben, und merkwürdigerweise ging der Arzt darauf ein. Da begann Ritchies Herz allmählich zu schlagen. Nach drei Tagen gewann er sein volles Bewusstsein zurück. Er verdankte der Beobachtung und dem Mut des Sanitäters sein Leben.
Dr. Francy, der befehlshabende Offizier, dem das Ereignis berichtet wurde, stattete Ritchie einen persönlichen Besuch ab. Er nannte seine Wiederherstellung „den erstaunlichsten medizinischen Fall, der mir je begegnet ist“, und schrieb Jahre später in einer notariell beglaubigten Darstellung: „Die Heilung des Soldaten George G. Ritchie …, dem Wesen nach vom Tode zurückgerufen und zurückgekehrt zu kräftiger Gesundheit, muß auf andere als natürliche Weise erklärt werden. …“6
Ritchies Todesnäheerlebnis erfolgt in zwei Teilen. Den ersten Teil erlebte er in dem Bewusstsein, sich nach Verlassen seines Körpers auf der Erde oder in ihrer Nähe zu befinden. Es gab dabei kein Lichterlebnis. Der zweite Teil ist durch die Begegnung mit einer Lichtgestalt bestimmt.
Das Surren des Röntgenapparates setzte sich in Ritchies Kopf fest und wurde immer lauter. Alles, was jetzt folgt, erlebte er im Ausleibigkeitszustand. Er verließ seinen physischen Körper, erlebte aber alles so, als wenn er einen Körper hätte. Er stellte fest, dass er sich in einem anderen Zimmer befand als das, aus dem man ihn anfangs hinausgetragen hatte. Er vermisste dort alle seine Sachen: seinen Wecker, die Fahrpläne, die man ihm für seine Reise nach Richmond besorgt hatte, seine Kleider, seine Uniform, seinen Armeesack. Er drehte sich nach allen Seiten und suchte sie. Als er sich seinem Bett zuwandte, „erstarrte“ er: Im Bett lag „ein ziemlich junger Mann mit kurzem, braunem Haar. Er lag sehr still. Aber … das war doch unmöglich. Ich war doch gerade aus diesem Bett aufgestanden!“ Bei diesem Gedanken hielt sich Ritchie nicht lange auf, sondern suchte weiter. Er fand aber niemanden, auch keinen Sanitäter in seinem Zimmer. Das Ärzte- und Schwesternzimmer war ebenfalls leer. Es war Nacht. Dann ging er in der Station weiter, fand dort aber nur die schlafenden Soldaten vor. Da trat er in den Korridor hinaus. Dort kam ihm ein Feldwebel entgegen, der ein Tablett mit medizinischen Instrumenten trug. Ritchie warnte ihn vor einem Zusammenstoß, schrie ihn dabei sogar an, aber der Feldwebel hörte nichts, ging weiter auf ihn zu, so dass Ritchie zur Seite sprang, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. 7
Hinten im Korridor entdeckte er die schwere Metalltür, die nach draußen führte. Er eilte dorthin und dachte dabei, es werde für ihn trotzdem eine Möglichkeit geben, nach Richmond zu gelangen, auch wenn er den letzten Zug verpasste. Während er dies nur dachte, fand er sich bereits draußen wieder. Er berichtet nun, mit seinem nicht-materiellen Körper durch die Eisentür hindurchgegangen zu sein. Er brauchte nur an sein unbedingtes Vorhaben zu denken, und schon war er draußen.
Alles Folgende ist vorerst von seinem festen Wunsch bestimmt, nach Richmond zu gelangen und den richtigen Weg dahin zu finden. Ritchie hebt vom Boden ab und bewegt sich mit einer bis dahin nicht gekannten Geschwindigkeit vorwärts. Er fliegt in nicht allzu großer Höhe dahin. Er fliegt über die gefrorene Landfläche, über Städte, über Wälder und schneebedeckte Felder, stets in dem Bewusstsein, auf dem Weg nach Richmond zu sein. Auf einmal sah er einen breiten Fluss, über den eine hohe Brücke führte, und dahinter eine große Stadt. Es war die Industriestadt Vicksburg am Mississippi. Da begann er, an der Richtigkeit des eingeschlagenen Weges zu zweifeln, und in diesem Augenblick wurde seine Fortbewegung langsamer. Unter sich nahm er ein einstöckiges Gebäude wahr. Es war ein Nachtcafé mit einem Neonlicht über der Tür, das ein „flackerndes, blaues Licht“ aussandte. Auf dem „Neonschild über der Tür“ konnte er, während er sich immer noch oberhalb der Erdoberfläche befand, das Wort „Café“ ausmachen. Aus dem Fenster des Hauses kam Licht. In einem Fenster nahm er ein „Pabst Blue Ribbon Beer“-Schild wahr.
Während er von oben konzentriert auf das Haus hinunterblickte, kam seine Fortbewegung zum Stillstand. Unter sich bemerkte er jetzt einen Fußweg, auf dem ein Fußgänger mit eiligem Schritt auf das Café zuging. Ritchie kam auf den Gedanken, ihn nach dem Weg zu fragen. Kaum hatte er das gedacht, befand er sich auf dem Fußweg. Er ging viele Schritte neben dem Fußgänger her. Der aber hörte nichts. Einzelheiten seiner Kleidung und seines Gesichtes konnte er deutlich beschreiben. Zuletzt versuchte er, ihm auf die Schulter zu klopfen. „Aber da war nichts.“ Es war so, als habe Ritchie „dünne Luft berührt“. Der Fußgänger verschwand im Café, während Ritchie ihm nachschaute.8
Jetzt wurde er nachdenklich. Er lehnte sich gegen das Halterungsseil des Telefonmastes, der vor dem Café stand, um in Ruhe nachzudenken. Sein Körper aber „ging durch das Seil hindurch, als ob es nicht da wäre“. Bis zu diesem Augenblick seines Ausleibigkeitszustandes war er unbeirrt davon überzeugt, dass das, was materiell wirklich war, z.B. die Schulter des Fußgängers, nur Luft wäre, während aber sein vermeintlicher „Körper“ wirklich da sei. Erst jetzt, nachdem er durch das Halterungsseil „hindurchgegangen“ ist, kommt ihm zum ersten Mal der Gedanke, dass er seinen materiellen Körper vielleicht „verloren“ habe. Ihm fällt der Feldwebel ein, der ihn ebenfalls nicht wahrgenommen hatte, so wie soeben der Fußgänger. Daraufhin wurde es für ihn fraglich, ob man ihn, so, wie er jetzt war, an der Universität in Richmond und in seinem Elternhaus werde sehen können. Er fühlte sich völlig verlassen und sehnte sich danach, seinen materiellen Körper zurückzubekommen, damit er wahrgenommen werden konnte, und er erinnerte sich an den jungen Mann, den er zuvor in seinem Bett hatte liegen sehen. Erst in diesem Augenblick wurde er sich seines Daseinszustands ohne seinen materiellen Körper voll bewusst. Da setzte sein Rückflug ein.9
Der Rückflug glich dem Hinflug. Ritchie gelangte ins Lazarett zurück. In seinen vielen Räumen begann für ihn ein mühsames Suchen. In der Röntgenabteilung saß ein Techniker und schrieb etwas. Ritchie schrie ihn an, er möchte ihn doch sehen. Doch der Techniker sah ihn nicht und schrieb weiter. Dasselbe wie vorher vor dem Nachtcafé. Endlich fand er seinen Körper wieder. Er erkannte ihn an dem Onyxring an seinem Finger, den er noch während seiner Krankheit betrachtet hatte. Er „kroch vorwärts“, wie er sagte, und richtete den Blick auf seine Hand, an der sich der Onyxring befand. Sie war „zu weiß und glatt“. Daraus und aus zwei Beobachtungen an zwei wirklich Toten schloss er, dass der Mann, der in dem Bett lag – das war sein eigener Körper – tot sei. Das anzunehmen war schrecklich für ihn und brachte ihn gleichzeitig in große Verwirrung. Er war doch hellwach: „Ich war ich, hellwach, nur ohne Körper, mit dem ich mich sonst bewegte.“ Er versuchte, von seinem im Bett liegenden Körper das Betttuch wegzuziehen. Vergeblich. Es erging ihm wie vor jenem Café. Da sank er vor dem Bett nieder.10
Hier beginnt der zweite Teil seines Todesnäheerlebnisses.
Das Licht in seinem Zimmer, das von der Nachtlampe ausging, wurde immer heller, bis zu einer kaum vorstellbaren Helligkeit. „Es war unmöglich hell.“ Plötzlich sah Ritchie, „daß es nicht ein Licht war, sondern ein Mann, der den Raum betreten hatte, oder vielmehr ein Mann aus Licht“. „In dem Moment, als ich ihn wahrnahm, bildete sich in meinem Sinn ein Befehl wie von selbst. ‚Steh auf!‘ Die Worte kamen aus meinem Inneren, dennoch hatten sie eine Autorität, wie sie meine Gedanken nie hatten. Ich sprang auf meine Füße, und als ich das tat, bekam ich die erstaunliche Gewißheit: ‚Du bist in der Gegenwart des Sohnes Gottes.‘
Und wieder entstand eine Vorstellung in mir wie von selbst, aber nicht als Gedanke oder Spekulation. Es war eine Art Wissen, plötzlich und vollständig. Ich wußte über ihn auch andere Fakten. Das eine zum Beispiel, daß er das vollkommenste menschliche Wesen war, dem ich je begegnet war. Wenn dies der Sohn Gottes war, dann war sein Name Jesus. Aber … dies war nicht der Jesus aus meinen Sonntagsschulbüchern. Jener Jesus war nett, freundlich, verständnisvoll, Diese Person war selbst Kraft, älter als die Zeit und dennoch moderner als irgend jemand, dem ich jemals begegnet war.
Über allem wußte ich mit derselben wunderbaren inneren Gewißheit, daß dieser Mann mich liebte. Weit größer als die Kraft, die von seiner Gegenwart ausströmte, war die bedingungslose Liebe. Eine erstaunliche Liebe. Eine Liebe jenseits meiner kühnsten Vorstellungen. Diese Liebe kannte jede meiner lieblosen Regungen. …“11
Gegenüber dem ersten Teil seines Erlebnisses gibt es in allem, was jetzt folgt, zwei deutliche Unterschiede: Der Wunsch, unbedingt nach Richmond zu gelangen, taucht nicht mehr auf, und anders als vorher nimmt Ritchie nichts mehr allein von sich aus wahr. Alles, was er sieht oder hört, wird ihm gezeigt oder eingegeben, entweder von der Lichtgestalt selbst, oder er erfährt es in ihrer nicht wegzudenkenden Gegenwart. Als erstes erlebt er einen ausführlichen Rückblick auf sein bisheriges Leben bis hin zu seiner Existenz als winziges Baby im Brutkasten nach der Frühgeburt, bei der seine Mutter starb. Er schildert seitenweise alle wahrgenommenen Begebenheiten seines weiteren Lebens. Selbst weniger wichtige Vorkommnisse fehlen in seinem Lebensrückblick nicht.12
Ritchie äußert sich im Einzelnen darüber, wie diese Schau vor sich ging: Alles geschah in der Gegenwart des Lichtwesens. Alles sah er so, „als ob in einem Moment alles zur gleichen Zeit stattfinden konnte. … Das kleine Einbettzimmer [der Isolierraum, Anm. d. Verf.] war immer noch sichtbar, aber es engte uns nicht länger ein. Dagegen war an allen Seiten um uns [um ihn und die Lichtgestalt, Anm. d. Verf.] herum etwas, das ich nur mit einer Art Wandgemälde bezeichnen könnte – nur daß die Gestalten dreidimensional waren, sich bewegten und sprachen. Und viele dieser Gestalten waren anscheinend ich selbst.“13 Das totale Abrufen der Vergangenheit ging vollständig von der Lichtgestalt aus. Ritchie schreibt: „Ich hätte mich nicht an ein Zehntel von dem erinnern können, was ich sah, bevor er [nach Ritchie Jesus, Anm. d. Verf.] es mir zeigte.“14
Die nun folgenden Szenen weisen jeweils eine eigene Geschlossenheit auf. Keine ergibt sich zusammenhängend aus der anderen. Bei allen ist die Lichtgestalt dabei, wie ich sie vorsichtigerweise nenne. Ritchie bewegte sich in ihrer Begleitung aus seinem Zimmer fort. Beide ließen das Lazarett hinter sich und schwebten zusammen höher nach oben. Sie sahen in der Ferne einen hellen Punkt, der „sich zu einer großen Stadt entwickelte“, mit Gebäuden und Fabriken und vielen Leuten auf den Straßen, obwohl es Nacht war. Unter ihm und der Lichtgestalt „gingen zwei Männer in die gleiche Richtung auf dem Fußweg, und einen Augenblick später waren sie ganz einfach einer durch den anderen hindurchgegangen.“15 In den Fabriken und Bürogebäuden beobachtete Ritchie das gleiche, dem ähnlich, was er vorher an sich selbst erfahren hatte. In einem Raum saß ein Mann und „diktierte einen Brief“. Hinter ihm stand ein älterer Mann, ein Verstorbener, und versuchte, ersteren vom Diktieren abzuhalten. Der erste Mann sah und hörte ihn nicht. – In der Kantine einer Fabrik standen mehrere Frauen zusammen. Eine weitere bettelte bei einer der Frauen um eine Zigarette. Diese beachtete sie gar nicht, weil sie sie gar nicht bemerkte. Die Bettelnde war eine Verstorbene. Als die Frau sich die Zigarette angezündet und in den Mund gesteckt hatte, griff die Verstorbene gierig nach der Zigarette in deren Mund.16
Ritchie und die Lichtgestalt begaben sich mit außergewöhnlicher Geschwindigkeit „so schnell wie ein Gedanke“ von einer Stadt zur anderen. In einer nahm er wahr, wie „in einem Haus ein junger Mann einem älteren von einem Raum in den anderen [folgte]. ‚Es tut mir leid, Pa!‘, sagte er immer wieder. ‚Ich wußte nicht, daß es Mama so treffen würde! Ich habe es nicht besser verstanden.‘ Aber obwohl ich ihn ganz klar hören konnte, war es offensichtlich, daß der Mann, zu dem er sprach, ihn nicht verstand. Der alte Mann trug ein Tablett in einen Raum, in dem eine ältere Frau im Bett saß. ‚Es tut mir leid, Pa‘, sagte der junge Mann wieder. ‚Es tut mir leid, Mama.‘ Ohne Ende, immer wieder, in Ohren, die nicht hören konnten.“
Ritchie verstand nicht, was da geschah. Obwohl er fühlte, „wie sein Erbarmen [mit „sein“ ist nach Ritchie Jesus, der ihn begleitete, gemeint, Anm. d. Verf.] gleich einem Strom in den Raum vor uns floß, erleuchtete meine Sinne kein Verstehen.“
Ihm wurden noch weitere Szenen dieser Art gezeigt. Er verstand weiterhin nicht, weshalb die Betreffenden immer wieder, ähnlich wie der junge Mann, versuchten, mit Menschen zu reden, von denen sie nicht gehört wurden, und wandte sich an die Lichtgestalt. „Von dem Licht neben mir kam der Gedanke: ‚Sie sind Selbstmörder, gebunden an die Folgen ihres Handelns.‘ …“17
In der letzten Szene, die auf der Erde stattfand, führte ihn das Lichtwesen in eine Matrosenbar nahe einem Marinestützpunkt. Viele Trinker befanden sich dort, unter ihnen zahlreiche Matrosen. Sie „standen zu dritt an der Bar, während sich andere in die mit Holz getäfelten Sitzgruppen an der Wand zwängten“. Einige tranken Bier, die meisten Whisky.
Neben den Trinkenden an der Bar stand aber noch eine Anzahl anderer Männer [Verstorbene, Anm. d. Verf.]. Ritchie beobachtete immer wieder, „wie sie nach ihren [der Trinkenden, Anm. d. Verf.] Gläsern griffen, wie sie mit ihren Händen durch massive Becher hindurchgriffen, hindurch durch die schwere hölzerne Theke, hindurch durch die Arme und Körper der Trinker um sie herum. Und diese Männer hatten nicht die Lichthülle, mit der die anderen umgeben waren.“18
Die Verstorbenen wurden von den Trinkern nicht wahrgenommen, aber sie nahmen einander wahr. Ritchie konnte dabei beobachten, dass die Lebenden ein „Lichtkokon“ umgab, eine Art „zweite Haut“, wie er es nennt, welchen den Verstorbenen fehlte. Dies war eine Hülle aus Licht, die den Trinkern, den Lebenden, als Schutz diente und die bei überstarkem Alkoholgenuss sich spaltete und abschälte.
Ritchie beobachtete, „wie ein junger Matrose schwankend vom Barhocker aufstand, zwei oder drei Schritte ging und dann schwer zu Boden stürzte. Zwei von seinen Kumpeln griffen ihn und zogen ihn von der Stelle weg.“19 Er war bewusstlos. Noch ehe die beiden Matrosen ihren bewusstlosen Kameraden aufgehoben und an die Wand gelehnt hatten, passierte folgendes: Sein Kokon öffnete sich, „teilte sich über seinem Kopf und fing an, sich vom Kopf und seinen Schultern abzuschälen.“ Sofort stürzte sich eine der Schattengestalten, die neben ihm gestanden und nur auf eine solche Gelegenheit gewartet hatte, auf ihn und „war im nächsten Augenblich verschwunden.“ Ritchie ist sich dessen ganz sicher, dass er an dieser Stelle, an welcher die beiden Matrosen kurz zuvor den Betrunkenen aufgehoben hatten, zwei Personen gesehen hat, jetzt aber nur noch eine da war. Die körperlose Gestalt ist also in den Körper des bewusstlosen Matrosen eingedrungen.20
Die folgende und die beiden weiteren Szenen haben im Unterschied zu den vorausgehenden keinen Bezug mehr zu Menschen auf der Erde. Ritchie und die Lichtgestalt befanden sich „immer noch irgendwo auf der Erdoberfläche“, auf einer Ebene. „Die Ebene wimmelte, ja sie war gedrängt voll von Horden körperloser Wesen; nirgends war eine irdische, lichtumgebene Person zu sehen.“ Die körperlosen Wesen zählten zu Tausenden. Sie waren voller Hass und Wut, schlugen aufeinander ein mit der klaren Absicht, den anderen zu töten. Sie konnten aber nicht töten. „Es floß kein Blut, auf dem Boden lagen keine Körper; der Schlag, der einen Gegner erledigen sollte, ließ ihn in der Verfassung, in der er vorher gewesen war.“21 Ritchie entdeckte auch keine Waffen, er sah nur „nackte Hände und Füße und Zähne“. Es gab „Bisse und Tritte“ und entsetzliche „sexuelle Mißhandlungen“. Für die Streitenden und Kämpfenden selbst war kein Raum da, in den sich jemand hätte zurückziehen können, um für sich zu sein. „Auch dieses Mal kam kein Verdammungsurteil von der Gegenwart neben mir, nur ein Mitleid mit diesen unglücklichen Kreaturen, die ihm [Jesus, Anm. d. Verf.] das Herz brachen. Mit Sicherheit war es nicht sein Wille, daß irgend jemand von ihnen an diesem Ort war.“22
Erst ganz am Ende bemerkte Ritchie etwas völlig anderes. „Über der ganzen unglücklichen Ebene schwebten Gestalten, die anscheinend aus Licht bestanden. Es war ihre Größe und ihr blendender Glanz, die mich gehindert hatten, sie vorher zu erkennen.“ Jetzt, nachdem seine Augen sich darauf eingestellt hatten, konnte er „erkennen, daß diese unermeßlichen Gestalten sich über die kleinen Kreaturen auf der Ebene beugten, vielleicht sogar mit ihnen sprachen“. Er bemerkte ferner, „daß nicht eines dieser zankenden Wesen auf der Ebene verlassen worden war. Jemand war neben ihnen, achtete auf sie und diente ihnen.“ Aber keiner von ihnen erkannte es. 23
Die nächste Begebenheit bildete das krasse Gegenstück zur vorausgehenden. Es war ein Ort des Friedens. Ritchie und die Lichtgestalt gelangten zu einem großen Park. In ihm standen viele große universitätsähnliche Gebäude. Sie betraten einige von ihnen. In diesen befanden sich Menschen in Kapuzenmänteln, die forschten. Er konnte nicht unterscheiden, ob Männer oder Frauen. Sie forschten mit Hingabe wie über einen bedeutenden Gegenstand, sprachen wenig untereinander. Alles geschah aber in einer freundschaftlichen Atmosphäre. Er und die Lichtgestalt kamen unter anderem in ein „Studio, in dem eine komplizierte Musik komponiert und vorgetragen wurde, der ich einfach nicht folgen konnte. Es gab schwierige Rhythmen, Töne, die sich auf einer mir unbekannten Tonleiter befanden.“24
Der Weg führte weiter in eine sehr große Bibliothek, voll mit bis zur Decke gestapelten „wertvollen Dokumenten“. Ritchie fiel der Ausdruck „die Standardwerke des Universums“ ein. Es gab Lesesäle, die „überfüllt von schweigenden Schülern“ waren. Er und sein Begleiter betraten ferner Gebäude voller technologischer Maschinerie, Räume die „großen Laboratorien“ ähnelten, und auch „eine Art Weltraumbeobachtungsstation“.
Ritchie richtete an die ihn begleitende Lichtgestalt die Frage, ob dies der Himmel sei und ob diese Menschen, als sie noch auf der Erde lebten, „über ihre selbstsüchtigen Wünsche hinausgewachsen“ seien, und erhielt die Antwort: „Sie wuchsen und sie wachsen noch.“25
Die letzte Szene führte ihn – immer in Begleitung der Lichtgestalt – weit von der Erde weg, anscheinend in ein „unermeßliches Nichts“, nur dass darin nichts Furchterregendes war. Da sah er „unendlich weit entfernt … eine Stadt. Eine strahlende, unendlich scheinende Stadt, hell genug, um über die unvorstellbare Entfernung gesehen zu werden. Der Glanz schien von den Mauern und Straßen auszugehen und von den Wesen, die ich nun in ihrer Bewegung erkennen konnte. In der Tat, die Stadt und alles in ihr schien aus diesem Licht geschaffen zu sein, genau wie die Person neben mir aus Licht geschaffen war.“26
Während Ritchie über dies alles nachdachte, kamen ihm und der Lichtgestalt „zwei strahlende Wesen“ entgegen. „Sie jagten über die Unendlichkeit mit der Geschwindigkeit des Lichts.“ Da begann für ihn – ebenfalls mit gewaltiger Geschwindigkeit – der Rückweg zum Lazarett. Er stand in Sekundenschnelle vor seinem bewusstlos daliegenden Körper. Die Lichtgestalt war immer noch bei ihm, aber das vorher erlebte glänzende Licht erlosch. Er „schrie“ der Lichtgestalt nach, dass sie ihn doch nicht verlassen, sondern auf die geschaute herrliche Stadt vorbereiten möge. Während er so flehte, kehrte sein Bewusstsein zurück, und die Schmerzen in seinem Hals und in seiner Brust waren wieder da.
Noch im Koma erinnerte er sich wie aus weiter Ferne daran, wie er am Ende des ersten Teils seines Todesnäheerlebnisses im Lazarett verzweifelt umhergeirrt war, um seinen verlassenen Körper wiederzufinden, und äußerte dann über den zweiten Teil seines Erlebnisses: „Von dem einsamsten Augenblick meines Lebens war ich in das vollkommenste Verhältnis versetzt worden, das ich je gekannt hatte. Das Licht Jesu war in mein Leben eingetreten und hatte es ganz ausgefüllt, und der Gedanke, von ihm getrennt zu werden, war mehr, als ich ertragen konnte.“27 Bis zuletzt spricht er von der Lichtgestalt mit Selbstverständlichkeit als von Jesus. Mit der darin enthaltenen Frage werden wir uns am Ende des Buches näher beschäftigen.
Das Todesnäheerlebnis hatte noch ein Nachspiel. Ende Januar 1944 wurde Ritchie aus dem Lazarett entlassen und vom Militärdienst freigestellt. Er kehrte nach Richmond zurück, wohnte bei seinen Eltern und konnte sein Medizinstudium an der Universität von Richmond fortsetzen, weil das medizinische College für ihn einen Studienplatz freigehalten hatte. Im August 1944 entschied jedoch dort ein Seminarleiter, dass Ritchie den Studienanforderungen nicht genüge, was später rückgängig gemacht wurde. Ende September 1944 erhielt er den Stellungsbefehl, sich im Ausbildungslager von Barkley einzufinden.28 Zusammen mit drei anderen Medizinstudenten machte er sich im Auto, das einer der drei Kameraden steuerte, auf den Weg. Er führte über Vicksburg. Obwohl er nie dort gewesen war, wusste er kurz vor der Überfahrt über die Mississippi-Brücke „wie das Ufer hinter der Kurve aussehen würde“. Er wusste ferner im Voraus, dass die Straße, auf der sie fuhren, zu dem Café hinführen würde, vor dem er sich im Ausleibigkeitszustand auf den Boden herabgelassen hatte, und tatsächlich fand er alles so vor, wie er es damals gesehen hatte: das Nachtcafé „mit einem roten Dach“, die „Neonbuchstaben über der Tür“ – ihr Licht war untertags ausgeschaltet – und dem Bierzeichen am Fenster. Auch der Fußweg war da, auf dem er neben dem Fußgänger ein Stückweit nebenhergegangen war, um sich nach dem richtigen Weg zu erkundigen, ebenso der Telefonmast mit dem Halterungsseil, durch das er hindurchgegangen war, als er sich daran anlehnen wollte.29
Nach seinem Todesnäheerlebnis begann für Ritchie ein von innen her verändertes Leben. Bald nach seiner Genesung änderte er vollständig seine Einstellung zu seiner Stiefmutter, der er vorher ablehnend gegenübergestanden war. Er erkannte in ihr die „liebende Frau“, die in früheren Jahren für ihn und seine Schwester liebevoll gesorgt hatte. Als erster erzählte er gerade ihr sein ganzes Todesnäheerlebnis. Sie hörte still zu, nahm alles in sich auf und sagte am Ende: „George, Gott hat dir große Wahrheiten anvertraut.“30
Weihnachten 1944 wurde er zum Einsatz nach Nordfrankreich geschickt. Bei der Überfahrt kurz nach dem 1.1.1945 geriet das Schiff in einen schweren Seesturm und unter deutschen Torpedobeschuss. Wie seine Kameraden bekam er Angst vor dem Sterben – wie es auch andere Menschen mit Todesnäheerfahrung berichten – aber keine Angst vor dem Tod. Er würde dann bei Jesus sein. Seine Sehnsucht danach ging so weit, dass er im Überleben sogar eine „Ablehnung“ von Seiten Jesu erkennen wollte.31
Im militärischen Einsatz kam ihm diesbezüglich eine hilfreiche Einsicht: Er wusste auf einmal, „daß, wenn ich die Nähe Christi zu fühlen wünschte – und ich wünschte dies mehr als alles andere – , dann mußte ich sie in den Menschen finden, die er an jedem Tag vor mich stellte“.32 In seiner neuen Einstellung wurde er durch die Begegnung mit einem Juden bestärkt, den er nach dem Ende des Krieges während der Besatzungszeit in Deutschland kennenlernte. Die Nazis hatten in Warschau seine ganze Familie erschossen, er aber hatte alles vergeben.33
Aus der neuen Erfahrung entwickelte sich für Ritchie eine neue Grundeinstellung seines Lebens. Er beendete sein Medizinstudium mit der Promotion, wechselte dann von der Tätigkeit als praktischer Arzt in die Psychiatrie über und war zur Zeit der Veröffentlichung seines Buches als Psychiater tätig. In einem stillen Augenblick spürte er in sich den Auftrag, seine Erfahrung, die er während seines Todesnäheerlebnisses gemacht hatte, an andere weiterzugeben. Er ging neben seiner Berufstätigkeit dazu über, vor Jugendgruppen, in Clubs und in Kirchen darüber zu sprechen, „daß Gott Liebe ist und alles andere die Hölle“34, wie er sich ausdrückte.
Den Ausgangspunkt für die Bewertung von Ritchies Erlebnis soll hier die Begebenheit vor dem Nachtcafé bilden. Wenn man an der Objektivität und Glaubwürdigkeit seines Berichtes nicht zweifelt, dann beweist die volle Übereinstimmung zwischen dem, was er dort während seines Komas gesehen und dann auf der späteren Rückfahrt nach Texas genauso vorgefunden hat, dass er im Koma tatsächlich das Nachtcafé und seine Umgebung so wahrgenommen hat, wie er es danach beschreibt. Er hat also in jenem Zustand, als er geistig weggetreten war, etwas wahrgenommen, das in der materiellen Welt vorhanden war. Dies ist zumindest für den ganzen ersten Teil seines Erlebnisses eine entscheidende Feststellung. Wegen der Klarheit und der Vielseitigkeit des Erlebten, in dem sich über eine lange Strecke hin klar abgegrenzt eine Begebenheit an die andere reiht, scheiden Projektion und Halluzination aus.
Hat er die klare Wahrnehmung des Nachtcafés und seiner Umgebung im Traum erfahren, während er, ohne seinen Körper verlassen zu haben, im Krankenbett lag? – Wenn er an diesem Ort nie gewesen war, hatte er auch keinerlei Beziehung zu ihm. Der Ort an sich hatte für ihn keinerlei besondere Bedeutung. Er hätte sich genauso gut vor irgendeiner Scheune auf den Boden herablassen können. Der Grund, weshalb er sich vor dem Café niederließ, war seine Unsicherheit, ob er sich auf dem richtigen Weg nach Ritchmond befinde, und somit sein unbedingter Wunsch, um der kostenlosen medizinischen Ausbildung willen rechtzeitig dort zu sein, ein Wunsch, den er aus dem hiesigen Leben, wie es bei Todesnäheerlebnissen oft geschieht, in seinen neuen Seinszustand mit hinübergenommen hatte. So scheidet auch die Möglichkeit, dass er vom Krankenbett aus im Traum das Nachtcafé bei Vicksburg gesehen hatte, praktisch aus. Für den Schluss, dass er im Koma dort alles so wahrgenommen hat, wie er es später vorfand, spricht auch der Umstand, dass er, als das Auto in die Nähe des Mississippi kam, sich vorher genau an alles so erinnerte, wie er es bald darauf tatsächlich vor sich sah.
Hinzu kommt noch: Er selbst, das also, was ihn selbst ausmachte, erlebte sich vor seinem eigenen bewusstlosen Körper stehend, das erste Mal, kurz nachdem er ihn verlassen hatte, das zweite Mal, als er nach seiner ersten „Reise“ wieder in ihn zurückkehren wollte. Er und der Körper waren zweierlei. Sein physischer Körper war ihm so fremd, dass er vor ihm beim ersten wie auch beim zweiten Mal erschrak. Die starke Reaktion zeigt, dass er den Körper zwar als den seinen erkannte, sich selbst jedoch als fern von ihm fühlte. Er war etwas anderes als sein Körper. Er hatte ihn verlassen. Er war er selbst ohne ihn.
Trotzdem verhielt er sich in dem neuen Seinszustand so, als ob er einen Körper hätte. Er sprang vor dem Feldwebel zur Seite, um mit ihm nicht zusammenzustoßen. Er ging wie mit einem Körper in den Räumen des Lazaretts umher, stand zuerst vor der Metalltür des Lazaretts, dann auf einmal draußen hinter ihr. Er schwebte danach so über die Erde durch den weiten Raum, dass er vieles wahrnahm, was sich unter ihm auf der Erdoberfläche befand. Er griff nach der Schulter des Fußgängers, wie jemand mit seiner materiellen Hand auch greifen würde, und empfand es so, als wenn er eine solche hätte. Das gleiche geschah, als er sich gegen das Seil des Telefonmastes lehnte. Später griff er vergeblich nach seiner Bettdecke, mit dem Gefühl, dass er eine Hand habe.
In geistiger Hinsicht widerfuhr ihm etwas Ähnliches. Er dachte, überlegte, wünschte, erinnerte sich, wie ein Mensch im hiesigen Leben es auch tut, jedoch in dem gleichzeitigen Bewusstsein, seinen physischen Körper verlassen zu haben.
Im zweiten Teil seines Erlebnisses nahm er außerhalb seiner selbst ähnliches an anderen wahr, an Verstorbenen. Er sah, wie sie durch einander hindurchgingen, wie die Verstorbene in der Kantine vergeblich nach der Zigarette griff, wie auf der Ebene des Schreckens die betreffenden Wesen, ebenfalls Verstorbene, aufeinander einschlugen, ohne tödlich zu treffen, wie die Trinker vergeblich durch das Holz der Theke und nach den Trinkgläsern griffen. Die Selbstmörder wurden von den betreffenden Angehörigen nicht wahrgenommen. Es erging ihnen wie vorher ihm. Das alles hat er deutlich wahrgenommen. So etwas kann man, auf ganz verschiedene Szenen verteilt, nicht gut träumen und auch nicht halluzinieren. Alle Verstorbenen taten dies gleichsam als fertige ‚körperliche‘ Gestalten, nur dass sie keinen materiellen, sondern einen immateriellen Körper hatten. Er selbst erlebte dort alles in dem Bewusstsein, während seines Ausleibigkeitszustandes ebenfalle einen solchen zu haben, wie auch immer dieser beschaffen sein mochte.
Für die Echtheit der Begegnung Ritchies mit der Lichtgestalt spricht z.B. die Art und Weise, wie er bei zwei Gelegenheiten ihre Mitteilung vernahm. Der Befehl: „Steh auf!“ am Anfang der Begegnung „bildete sich“ in seinem „Inneren“, wie es in der deutschen Ausgabe heißt: „Die Worte kamen aus meinem Inneren, dennoch hatten sie eine Autorität, wie sie meine Gedanken nie hatten.“35 – Als er nicht verstand, was es mit den Selbstmördern auf sich hatte, erfuhr er die Antwort des Lichtwesens als Gedanken, der vom Lichtwesen her seinen Ausgang nahm. Beide Antworten erfolgten nicht nach einem Schema. Er hörte keine Stimmen, wie es sonst manchmal berichtet wird. Die Antworten erfolgten gedanklich auf einem eigenen Weg und waren gleichzeitig klar und deutlich. Der Befehl und der Antwortgedanke kamen von der Lichtgestalt zu ihm herüber.
Wenn wir zurückblicken, so hat Ritchie an sich selbst u.a. dieses erfahren:
1) Er hat während seines Todesnäheerlebnisses seinen physischen Körper verlassen und begrenzte Zeit außerhalb von diesem existiert, aber nicht ohne jegliche Verbindung zu ihm. Er fühlte sich in diesem Zustand ganz als er selbst, ohne seinen physischen Körper zu vermissen.
2) Aus seinem Verhalten lässt sich entnehmen, dass er während dieser Zeit auch in dem Bewusstsein lebte, über einen Körper zu verfügen, über etwas, das einem materiellen Körper gleichkam, und er musste erkennen, dass dieses Etwas nicht materiell war.
3) Im ganzen zweiten Teil war er mit einer Lichtgestalt zusammen, die sich ihm persönlich zuwandte und die ihm das, was er wahrnahm, zeigte. Er erlebte nichts ohne sie.
4) Dieses alles hat er tief in sein weiteres Leben aufgenommen, und es hat sein weiteres Leben bestimmt.
Der bekannte Erforscher von Todesnäheerlebnissen Kenneth Ring hat in seinem Buch „Den Tod erfahren – das Leben gewinnen“ mehrere Berichte dieser Art gesammelt und ausführlich besprochen. Seiner Sammlung ist der folgende Bericht entnommen.36 Die berichtende Frau hatte in Amerika eine Fernsehsendung angeschaut, in der er auftrat, und die dieses Thema behandelte, und ihm daraufhin in einem langen Brief ihr eigenes Todesnäheerlebnis mitgeteilt, das er wegen seiner Länge verkürzt wiedergibt. Er hat die Frau nicht persönlich kennengelernt. Ihr Bericht hat ihn aber, so schreibt er, besonders tief berührt. Das Erlebnis hatte sie mit 22 Jahren bei der Geburt ihres zweiten Kindes. Als sie den Brief schrieb, war sie 51 Jahre alt.
Die Frau, die sich 1954 wegen der unmittelbar bevorstehenden Geburt im Krankenhaus befand, erlitt starke Blutungen und Atemnot. Sie fühlte sich auf einmal von einer starken Kraft aus ihrem Zimmer heraus in die Höhe gezogen und bewegte sich mit großer Geschwindigkeit auf ein weit entferntes Licht zu. Das Licht kam ihr wie „eine Art Fenster“ vor, und weil sie sich mit einer so großen Geschwindigkeit fortbewegte, bekam sie Angst, gegen die Fensterscheibe zu prallen. Dazu kam es aber nicht. Sie fühlte plötzlich, dass sie „völlig still dalag“, mit dem Gefühl, als würde sie „auf dem Wasser treiben“. Sie empfand dabei Gefühle von „Sehnsucht, Liebe, Frieden und Wohlbefinden“ und fühlte sich in einem „räumlichen ‚Nichts‘“.Sie „erfuhr“, ohne dass jemand zu ihr sprach, dass „ich dort warten sollte, bis jemand käme, um mit mir zu reden. Und ich ‚wusste‘, daß jemand aus unvorstellbarer Ferne auf dem Weg zu mir war“. „Er kam von rechts auf mich zu. Innerhalb von Sekunden betrat er ‚meine Welt‘, aus einer Entfernung von Hunderten, Tausenden Lichtjahren kam er zu mir, stand neben mir und ergriff meine rechte Hand. Als er meine Hand nahm, wußte ich sofort, daß er der beste Freund war, den ich besaß. Ich wußte auch, daß ich jemand ganz besonderes für ihn war. Der Schauer, der mich durchfuhr, als sich unsere Hände berührten, ist mit nichts zu vergleichen, was ich je auf der Erde erfahren hatte, in dem Leben, das wir kennen.“ Die Verständigung zwischen beiden vollzog sich so, dass sie einander „verstanden“, „spürten“, aber nicht „sahen“. Er sprach zu ihr „ohne Worte“.37
Er ließ sie spüren, dass er wegen ihres Kindes gekommen sei, um es mit sich zu nehmen. Die Frau sah darin „eine sehr große Auszeichnung“, dass es gerade ihr Kind war, das er mit sich nehmen wollte, und war „unbändig stolz“ darauf. Sie war es in der Überzeugung, dass es sich um das Leben, nicht um den Tod des Kindes handeln würde. Als sie ihm ihr Kind geben wollte, merkte sie aber, dass gar kein Kind bei ihr war. Darüber wurde sie so traurig, dass sie weinte, weil sie die Gelegenheit verpasste, ihm das Kind übergeben zu können. Sie wusste nicht einmal, warum sie kein Kind hatte, obwohl sie doch eine Mutter war.
Die Frau berichtet weiter: „Er streichelte mir mitfühlend die Hand und versicherte mir, daß ich Mutter sei und tatsächlich ein Kind hätte, aber das Kind mußte sich irgendwie verspätet haben. Dann wischte er mit der Hand durch die Luft, und der Dunstschleier vor uns hob sich. Ich konnte die Krankenschwestern und Ärzte mit meinem Baby sehen. Der Doktor untersuchte das Kleine und legte es auf eine Art Waage, die seine Lebensdauer (nicht sein Gewicht!) anzeigen sollte. Wir konnten sehen, daß das Gerät nicht ordentlich funktionierte und falsche Angaben machte. Der Doktor gab das Baby der Krankenschwester und sagte, es würde achtzig Jahre leben. Aber der Mann neben mir schüttelte den Kopf und sagte zu mir: ‚Die Menschen haben so viel Vertrauen zu ihren Maschinen, daß sie die Wahrheit nicht sehen. Die Waage irrt, das Kind wird nur vier Tage alt.‘“38
Das sich anschließende Zwiegespräch zwischen beiden ist so lebhaft und für das Verständnis des ganzen Todesnäheerlebnisses so wichtig, dass ich es dem Leser/der Leserin fast ganz wörtlich vorlege.
„Würde mein Kind achtzig Jahre leben, wenn man das Gerät repariert?“, fragte ich.
„Ja, aber sie wissen gar nicht, daß es nicht in Ordnung ist.“
„Dann werde ich es ihnen sagen! Wenn ich zurückkomme, werde ich es ihnen sagen!“
„Nein, das wirst du nicht. Denn du wirst dich an nichts erinnern, wenn zu zurückkehrst.“
„Dann will ich nicht zurück, ich will bei dir bleiben.“
„Das kannst du nicht. Ich bin wegen des Kindes hier. Für dich ist die Zeit noch nicht gekommen, mit mir zu gehen. Du mußt zurückkehren.“
„Und was geschieht jetzt mit meinem Kind?“
„Ich komme in vier Tagen wieder, um dein Kind zu holen.“39
Diese Ankündigung erfüllte die Frau „erneut mit großer Freude“, und sie war „bereit zurückzukehren“. Sie war „völlig damit einverstanden“, dass ihr Kind zuerst sterben würde und später sie. Obwohl sie ihr Kind noch nicht gesehen hatte, war sie mit großer Liebe zu ihm erfüllt und war bereit, das Opfer der Rückkehr auf sich zu nehmen.
Das Gespräch zwischen beiden war aber noch nicht zu Ende.
„Ich werde ihnen sagen, daß die Maschine kaputt ist, wenn ich wieder zurück bin.“
„Du wirst dich nicht daran erinnern.“
„Doch, das werde ich! Das muß ich!“