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Das ärztliche Selbstverständnis steckt in einer Krise. Was macht "gute Medizin" aus? Viele Mediziner können das heute kaum mehr sicher sagen. Noch schwieriger wird es bei der Frage, wie sich eine gute Medizin im Klinik- und Praxisalltag konkret umsetzen lässt. Denn die rasant wachsenden Möglichkeiten unserer westlichen Hochleistungsmedizin führen im klinischen Alltag nicht zwingend zu einer "guten Medizin" - immer wieder gilt sogar das Gegenteil. Prof. Dr. Santiago Ewig, Chefarzt und Autor zahlreicher Aufsätze zum Thema medizinische Ethik, lädt Sie ein zu einem Ausflug in den heutigen Medizinbetrieb: an Orte, wo Patienten nicht selten entsprechend dem Maschinenmodell als Organismen verstanden werden, die es technisch korrekt zu versorgen gilt - und wo ethische mit ökonomischen Ansprüchen konkurrieren. Santiago Ewig zeigt an konkreten Beispielen, weshalb unser Versorgungssystem den Bedürfnissen von Patienten und dem Selbstanspruch von Ärzten allzu häufig nicht gerecht wird. Und er zeigt Wege auf, wie wir zurückfinden können in eine Medizin des kommunikativen Handelns, sprich: in einen Medizinbetrieb, in dem "gute Medizin" wieder möglich ist.
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Seitenzahl: 278
HINTERGRÜNDE
Arztberuf in der Krise
Vom Suchen und Finden der „guten Medizin“
Santiago Ewig
Meiner Familie
Die in diesem Buch ausgebreiteten Gedanken sind Ergebnis einer längeren und andauernden Reflexion über die Medizin als Wissenschaft und Praxis, vor allem aber auch über das Selbstverständnis des ärztlichen Handelns heute, aus der Sicht eines Arztes und Wissenschaftlers. Unter der Hand ist daraus eine Art Verteidigung des Anspruchs auf einen geschützten kommunikativen Raum von Arzt und Patient als Kernelement einer „guten“ Medizin geworden. Diese beinhaltet eine klare Absage an eine primär ökonomisch verfasste Medizin und ihre Ideologie vom Patienten als Kunden, ebenso an eine an ökonomischen Verwertungsinteressen entlang betriebene medizinische Wissenschaft. Vielmehr wird versucht zu zeigen, dass die Medizin einen Eigensinn hat, der in der Anwaltschaft des Arztes für seinen Patienten seinen zentralen Inhalt findet. Entsprechend wäre eine „gute“ Medizin dort zu suchen, wo über Inhalte und Ziele möglicher Behandlungen in ökonomisch unbelasteter und geduldiger Weise gesprochen und ein Konsens zwischen Arzt und Patient gefunden wird.
Durch die Analyse der gegenwärtigen Medizin hat sich ein sehr komplexes, aber auch widersprüchliches Bild ergeben. Deutschland genießt unverändert eines der besten Gesundheitssysteme der Welt, und trotz aller Einschränkungen kann in diesem Lande noch eine „gute“ Medizin gesucht und gefunden werden. Dafür bin ich persönlich dankbar, und dafür dürfen wir alle dankbar sein. Dennoch zeigen sich viele bedenkliche Entwicklungen in Gesellschaft, medizinischer Wissenschaft und ärztlicher Praxis, die das hohe Kulturgut einer „guten“ Medizin vital bedrohen.
Beim Versuch einer Antwort ist mein Anliegen niemals, Kollegen oder Berufsgruppen ins Zwielicht zu stellen; dies gilt besonders auch dort, wo aufgezeigt wird, inwiefern die Ärzteschaft selbst ihre Identität bedroht. In jedem Fall dürfte sehr deutlich werden, dass alle Beteiligten Entwicklungen unterworfen sind, die auf eine Entkernung der Medizin hinauslaufen und denen nur durch eine aus intensiver Reflexion begründete Antwort aus einem selbstbewussten ärztlichen Ethos heraus begegnet werden kann.
Ich bedanke mich sehr beim Thieme Verlag, der ohne Weiteres bereit war, diese Gedanken auch in Ausführlichkeit in einem Buch herauszubringen. Dass ein schwerpunktmäßig medizinischer Verlag in seinem Programm auch eine Reflexion der Medizin ermöglicht, dürfen wir als ein sehr gutes Zeichen werten, das Hoffnung gibt.
Bochum, im August 2015
Santiago Ewig
Widmung
Vorwort
1 Auf dem Weg zur Medizin der Zukunft
1.1 Die Ärzte – ein widersprüchliches Bild
1.2 Die Krise in der Medizin
1.3 Was will der Patient?
1.4 Wohin soll die moderne Medizin führen?
1.5 Unterwegs und „in Bewegung“
2 Visite: Ausflug zu Schauplätzen der Medizin
2.1 Im Seniorenheim
2.2 In der Onkologie
2.3 In der Kardiologie
2.4 Auf der Intensivstation
2.5 In der Psychiatrie
2.6 In einer Arztpraxis
2.7 Zusammenfassung
3 Medizin heute
3.1 Selbstverständlichkeit
3.2 Grundlagen
3.2.1 Ein neues Naturverständnis
3.2.2 Cogito ergo sum
3.3 Das Maschinenmodell
3.3.1 Konsequenzen
3.3.2 Utopie
3.3.3 Geschichte
3.4 Evidenzbasierte Medizin
3.4.1 Begriffliche Grundlagen
3.4.2 Behandlungsleitlinien
3.5 Zwischenfazit
3.6 Kritik der evidenzbasierten Medizin
3.6.1 Wie sicher sind Fallschirme?
3.6.2 Die Unschärfe klinischer Studien
3.6.3 Ökonomische Grenzen und private Interessen
3.6.4 Die Cochrane Library: Zweifelhafte Metaanalysen
3.6.5 Die Grenze der evidenzbasierten Medizin
4 Der Patient als autonomer Kunde
4.1 Der umworbene Patient
4.2 Anspruchsdenken
4.3 Der Patient als nicht autonomer Kunde
4.4 Die ungleiche Beziehung von Arzt und Patient
4.5 Der Patient als Herr der Lage
4.6 Der Arzt als Anwalt
4.7 Patientenverfügungen – ein Ersatz?
4.8 Medizin als Konsumgut
4.9 Die blinden Flecken der marktförmigen Medizin
5 Das Berufsbild des Arztes
5.1 Wandel der Identität
5.2 Ökonomische Perspektiven
5.3 Von Freiberuflern zu Angestellten
5.4 Medizin als Job
5.5 Die Abschaffung des Arztes
5.6 Ein neues Arztbild – die Suche nach den Wurzeln
6 Der Pflegeberuf – ein technischer Assistenzberuf?
6.1 Geschichtlicher Rückblick
6.2 Die Bedeutung der Pflege
6.3 Die Technisierung der Pflege
6.4 Pflegekraft – ein Traumberuf?
6.5 Schnittstelle der klinischen Behandlung
7 Die Praxis als Unternehmen
7.1 Ambulante Versorgung – das Herzstück der Medizin
7.2 Die wirtschaftliche Basis niedergelassener Ärzte
7.3 Das aktuelle Vergütungssystem – kein Platz für Zuwendung und Gespräche
7.4 Der Allgemeinarzt – das Gesicht der ambulanten Medizin
7.5 Mehr Wissenschaftlichkeit für eine bessere Allgemeinmedizin
7.6 Die Vergütung der medizinischen Grundversorgung
7.7 Die zukünftige Positionierung der Spezialisten
8 Das Unternehmen Krankenhaus
8.1 Historische Entwicklung
8.2 Die Rationalisierung der Krankenhäuser
8.3 Krankenhäuser als Marktteilnehmer
8.4 Die ökonomische Basis
8.5 Die Industrialisierung der Krankenhäuser
8.6 Ungerechte Medizin durch Marktorientierung?
8.7 Schlechte Medizin durch Industrialisierung?
8.8 Der Dorn im Auge des Krankenhausunternehmens
8.9 Christliche Krankenhäuser – eine Alternative?
9 Humanmedizin und Universität
9.1 Die Universität als Ausbildungsstätte
9.2 Mehr Praxis im Studium
9.3 Theorie, aber richtig!
9.4 Plädoyer für eine akademische Medizinerausbildung
9.5 Naturwissenschaften statt medizinischer Wissenschaft
9.6 Die Schattenseiten des Wissenschaftsbetriebs
9.7 Wissenschaftliche Bewertungskriterien
9.8 Falsche Prioritäten
9.9 Das Vorbild Paul Martini
9.10 Zielsuche
10 Die Utopie vom krankheitsfreien Leben
10.1 Aus den Augen, aus dem Sinn
10.2 Der Gehalt der biomedizinischen Utopien
10.3 Fundamentale Auswirkungen
10.4 Die Basis für einen gelungenen Diskurs
10.5 Das Verhältnis von Auge und Mikroskop
10.6 Wo beginnt menschliches Leben?
10.7 Die Grenze der Embryonenforschung
11 Krankheit und Heilung
11.1 Die ungeheuerliche Abschaffung von Krankheit
11.2 Die Medizin von heute – eine Bilanz
11.3 Die Kehrseite medizinischen Fortschritts – Kosten und Kollateralschäden
11.4 Die neuen Aufgaben der Medizin
11.5 Spitze Finger im Umgang mit dem Heilungsbegriff
11.6 Recht auf Gesundheit?
11.7 Was ist Gesundheit?
12 Todesfeindschaft
12.1 Der Tod Abrahams
12.2 Der unannehmbare Tod
12.3 Häuserkampf gegen den Tod
12.4 Leben und leben lassen
12.5 Lebensverlängernde Aussichten
12.6 Der Tod als Teil des Lebens
12.7 Neue Herbergen für die Kunst zu sterben
13 Medizin und Technik
13.1 Philosophische Blickwinkel – Heidegger’s Kritik der Technik
13.2 Der Mythos der Technik in der Medizin
13.3 Neue Wege der Wissenschaft
13.4 Die Suche nach Antworten
14 Zwischenbetrachtung – wo stehen wir?
14.1 Maschinenmodell, Industrialisierung und die Medizin als Markt
14.2 Die Grenzen des Maschinenmodells
14.3 Die Abdankung der medizinischen Fakultäten
14.4 Medizin in der Krise
14.5 Auf dem Weg in eine Mehrklassen-Medizin?
14.6 Die Bewertung medizinischer Interventionen
14.6.1 Qualitätsprüfung
14.6.2 Kosten-Nutzen-Analyse
14.6.3 Mehrheitsentscheidungen
14.6.4 Einwände
14.7 Die Neufindung von Arzt und Patient
14.8 Die karitative Gesinnung im Krankenhaus
14.9 Wohin führt Wissenschaft?
15 Die therapeutische Beziehung
15.1 Dem Patienten zuhören
15.2 Anamnese und Diagnose
15.3 Körperwahrnehmung und Körperkontakt
15.4 Mit Ungewissheit umgehen
15.5 Mehr als nur Aufklärung
15.6 Als Arzt Präsenz zeigen
15.7 Das Herz der Medizin
16 Psychosomatik
16.1 Die Rückkehr des Subjekts in die Medizin
16.2 Psychoanalyse und Freudomarxismus
16.3 Psychosomatik – ein Phänomen des Unwissens?
16.4 Umdenken – George Engel und die biopsychosoziale Medizin
16.5 Michael Balint: Kontrolle der Gegenübertragung
16.6 Die Marginalisierung der Psychosomatik
17 Das Mystische der Therapie
17.1 Alternativmedizin – bedeutsam oder verleugnet?
17.2 Was macht Alternativmedizin aus?
17.3 Die Kritik der Alternativmedizin
17.4 Die mythische Dimension der Alternativmedizin
17.5 Kompensation der Defizite der Schulmedizin
17.6 Die Rückkehr des Schönen in die Medizin
18 Kennzeichen einer guten Medizin
18.1 Lob statt Kritik
18.2 Für eine gute Biomedizin
18.3 Kostenbewusste und wirtschaftliche Medizin
18.4 Starke Ärzte und starke Pflegekräfte
18.5 Multidisziplinarität und psychosomatisches Denken
18.6 Dem Gespräch Raum geben
18.7 Bewährte ethische Orientierungen
18.8 Ethische Konsile
18.9 Lachen ist gesund
19 Verantwortungslose und verantwortliche Patienten
19.1 Krankheit und Schuld
19.2 Verantwortung übernehmen
19.3 Lebensstil und Prävention
19.4 Soziale Medizin
19.5 Politische Medizin
19.6 Die Verantwortlichkeit des Patienten
19.7 Der Umgang mit gesundheitlichem Fehlverhalten
20 Wie werde ich ein guter Arzt?
20.1 Das Helfersyndrom
20.2 In der Medizin Fuß fassen
20.3 Tugenden lernen
20.4 Chancen nutzen
20.5 Ausgleich schaffen
20.6 Das Staunen bewahren
20.7 Sich unter Kranken wohl fühlen
20.8 Von Kranken lernen
21 Was ist ein christlicher Arzt?
21.1 Christ sein
21.2 Christlicher Arzt oder guter Arzt?
21.3 Heilsgeschichten
21.4 Hoffnung und Gebet
21.5 Protest im Namen Christi
21.6 Christliche Freude
22 Zum Schluss
22.1 Das Bild der Medizin
22.2 Der mündige Patient
22.3 Zurück zum Anfang
Autorenvorstellung
Anschriften
Impressum
Fast jeder zweihundertste deutsche Bundesbürger ist Ärztin bzw. Arzt. Die Wahrscheinlichkeit, einem Arzt auf der Straße zu begegnen, ist also relativ hoch. Und es ist nicht unwahrscheinlich, dass Sie einen dieser Ärzte irgendwann brauchen werden. Die meisten von uns haben ein bestimmtes Bild von einem „guten Arzt“ im Kopf. Als Kinder lernen wir den Arzt als Tröster und Heiler kennen. Anfangs waren wir noch ängstlich wegen der ungewohnten Berührungen und der vielen Instrumente. Wir wurden abgehört, abgeklopft und mit Nadeln gepiekst. Doch dann haben wir Vertrauen gefasst, wurden mit bunten Pflastern und Bonbons für unsere Tapferkeit belohnt – und mit einem Rezept sowie der Sicherheit nach Hause geschickt, dass alles wieder gut wird. Später haben erfolgreiche Behandlungen in Familie oder Freundeskreis dieses Vertrauen vielleicht gestärkt und Ihnen gezeigt, was in der Medizin alles möglich ist. Sie haben Ärzte kennengelernt, die sich ganz dem Ziel verschrieben hatten, kranken Menschen zu helfen. Ärzte, deren Engagement Sie vielleicht so beeindruckt hat, dass Sie selbst gern Medizin studieren wollten?
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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