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Sexy. Berühmt. Ein Spieler durch und durch.
Cooper Knox hat einen Körper, der für Sex und heiße Stunden geschaffen ist - und er ist mein gut gehütetes schmutziges Geheimnis.
Es sollte eigentlich nur ein One-Night-Stand sein - doch jetzt ist Knox zurück in der Stadt, und er wird die Wahrheit herausfinden. Ich bin die Schwester seines besten Freundes: tabu und eine Nummer zu groß für ihn. Wir dürfen uns nicht weiter auf einander einlassen. Unsere Affäre könnte alles zerstören.
Aber Knox weiß ganz genau, was er will: mich.
Die "Atlanta Bad Boys" gehen mit "Knox" in eine dritte Runde. eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.
Wird auch der letzte Bad Boy seine Traumfrau finden? Die Antwort darauf gibt es in "Jackson".
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Seitenzahl: 378
Veröffentlichungsjahr: 2019
Cover
Über dieses Buch
Über die Autorin
Titel
Impressum
Widmung
KAPITEL 1 KNOX
KAPITEL 2 KNOX
KAPITEL 3 SHELBY
KAPITEL 4 KNOX
KAPITEL 5 KNOX
KAPITEL 6 SHELBY
KAPITEL 7 KNOX
KAPITEL 8 SHELBY
KAPITEL 9 KNOX
KAPITEL 10 SHELBY
KAPITEL 11 KNOX
KAPITEL 12 SHELBY
KAPITEL 13 KNOX
KAPITEL 14 SHELBY
KAPITEL 15 KNOX
KAPITEL 16 SHELBY
KAPITEL 17 KNOX
KAPITEL 18 SHELBY
KAPITEL 19 KNOX
KAPITEL 20 SHELBY
KAPITEL 21 KNOX
KAPITEL 22 SHELBY
KAPITEL 23 KNOX
KAPITEL 24 KNOX
KAPITEL 25 SHELBY
KAPITEL 26 KNOX
KAPITEL 27 SHELBY
KAPITEL 28 KNOX
KAPITEL 29 SHELBY
EPILOG SHELBY
DANKSAGUNG
Cooper Knox hat einen Körper, der für Sex und heiße Stunden geschaffen ist – und er ist mein gut gehütetes schmutziges Geheimnis.
Es sollte eigentlich nur ein One-Night-Stand sein – doch jetzt ist Knox zurück in der Stadt, und er wird die Wahrheit herausfinden. Ich bin die Schwester seines besten Freundes: tabu und eine Nummer zu groß für ihn. Wir dürfen uns nicht weiter auf einander einlassen. Unsere Affäre könnte alles zerstören.
Aber Knox weiß ganz genau, was er will: mich.
Eve Jagger wurde in Georgia geboren und liebte schon früh das Schreiben. Doch erst seit einigen Jahren widmet sie sich vollkommen ihren Geschichten. In den USA wurde sie als USA-Today-Bestsellerautorin bekannt durch ihre Sexy-Bastard-Reihe, die jetzt auch auf Deutsch veröffentlicht wird.
Sie ist Mutter von zwei Kindern und lebt mit ihrem Mann im Süden der USA, wo sie sich für weitere heiße Geschichten inspirieren lässt.
EVE JAGGER
ATLANTA BAD BOYS
Knox
Aus dem Amerikanischenvon Michael Krug
beHEARTBEAT
Deutsche Erstausgabe
»be« – Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment
Für die Originalausgabe:
Copyright © 2016 by Eve Jagger
Titel der amerikanischen Originalausgabe: »Knox«
Published by arrangement with Bookcase Literary Agency and Rebecca Friedman Literary Agency.
The moral rights of the author have been asserted.
Die Persönlichkeitsrechte des Autors wurden gewahrt.
Für diese Ausgabe:
Copyright © 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln
Textredaktion: Anita Hirtreiter
Lektorat/Projektmanagement: Johanna Voetlause
Covergestaltung: Guter Punkt, München | www.guter-punkt.de nach einer Vorlage von Jennifer Watson – Social Butterfly PR
eBook-Erstellung: Jilzov Digital Publishing, Düsseldorf
ISBN 978-3-7325-6217-6
www.be-ebooks.de
www.lesejury.de
Für meinen Bruder … Dieses Buch ist für dich. Es hat noch keinen Tag gegeben, an dem ich nicht stolz darauf war, dich meinen großen Bruder nennen zu dürfen. Danke, dass du deine Liebe zu Baseball mit mir geteilt hast, als ich ein Kind war … Indem ich dir in jenen Jahren beim Spielen zusah, habe auch ich es für mich entdeckt.
Ich rolle mit meinem brandneuen metallic-grauen Porsche vor das Library. Ein kleines Upgrade gegenüber dem Elektroauto, mit dem ich letztes Mal herumgegurkt bin, als ich in der Stadt war. Was soll ich sagen? Ich hatte Zeit totzuschlagen, nachdem ich meinen neuen Coach kennengelernt und mir die Anlage im Turner Field angesehen hatte.
Ich werfe den Schlüssel dem Parkwächter zu, rausche an der wartenden Menschenmenge vorbei und nicke dem Türsteher zu. »Willkommen daheim, Knox«, begrüßt er mich und beugt sich mir für die Ghettofaust zu. »Schön zu hören, dass du diese Saison im richtigen Team spielst.«
Ein paar junge Frauen in der Schlange horchen bei unserem Wortwechsel auf. Mir gefallen die hautengen Jumpsuits und die knallroten High Heels, die ich hinter den Samtkordeln der Absperrung sehe. Aber es werden sich noch reichlich Gelegenheiten bieten, sich unters Volk zu mischen, nachdem ich meine Freunde begrüßt habe. Und ein Teil von mir hofft, dass ich dabei Shelby über den Weg laufen werde. Einer Frau, die meilenweit davon entfernt ist, ein Groupie zu sein. Ihr missfälltsogar, dass ich Baseballspieler bin.
Der Gedanke an ihren Namen lässt mich einen Ausflug ins Reich der Erinnerungen an jene spätnächtliche Eskapade auf dem Baseballfeld der Little League machen. Lange braune Haare, perfekte kleine Nippel und ein Hinterteil zum Niederknien. Verdammt. Ich wünschte, ich hätte ihre Telefonnummer, doch sie hat unmissverständlich klargestellt, dass unser Silvesterabenteuer eine einmalige Sache bleiben würde.
Streng genommen eine zweimalige Sache, wenn man die Couch mitzählt.
Oder eigentlich eine viermalige, wenn man die Dusche und ihren Schlafzimmerboden berücksichtigt.
Ich schüttle die Gedanken an Shelby ab, als ich mir mit Ellbogeneinsatz den Weg durch die Menge zur Bar erkämpfe. »Was muss man eigentlich tun, um hier bedient zu werden?«, frage ich laut und klatsche mit der Handfläche auf die Theke.
Cash dreht sich um und hebt die Hand, um sie mir zu schütteln, woraus jedoch schnell eine kräftige Umarmung wird.
»Mann, ist das schön, dich wieder mal hier zu sehen. Was willst du haben?«
»Scotch. Ohne Eis.«
»Kriegst du.« Er serviert mir eine ordentliche Portion aus einer Flasche zwölf Jahre altem Macallan und führt mich nach oben in den VIP-Bereich.
Das Lokal vermittelt die dunkle Eichenatmosphäre des Buchladens, der es in seinem früheren Leben gewesen ist. Jackson, der Architekt in unserer Gruppe, hat das Lokal renoviert, und sein Schönlingsgesicht ist das Erste, was ich sehe, als ich am Kopf der Treppe um die Ecke biege. Heute Abend sind alle hier – Parker, Ryder mit seinem Mädel Cassie und Savannah, Cashs bessere Hälfte. Der DJ legt Home Sweet Home von Mötley Cruë auf, und als ich mich in dem Raum voller alter Freunde und Bekannten umsehe, kann ich mich eines Anflugs von Nostalgie nicht erwehren.
Da ich mich so auf meine Arbeit konzentriert habe, hätte ich beinah vergessen, dass eine Heimkehr mit auf dem Programm steht. Es fühlt sich irgendwie richtigan, wieder in Atlanta zu sein.
»Kannst du dich denn nicht mehr an die Südstaaten-Gastfreundschaft erinnern, Kumpel?«
Ryder kommt herüber. Seine Tage im Ring liegen hinter ihm, trotzdem sieht er noch total wie der durchtrainierte Kämpfer von früher aus. Eine Cocktailkellnerin trabt mit einem Champagnereimer und ein paar Flöten an, und wir köpfen eine Flasche Moët. »Auf die offizielle und dauerhafte Wiedervereinigung der Atlanta Bad Boys«, bringt Cassie als Trinkspruch aus, als wir die Gläser erheben.
Wie’s aussieht, löst sich meine früher untrennbare Junggesellenmannschaft in ihre Bestandteile auf. Zuerst Ryder und Cassie, dann Cash und Savannah. In der neuen Bar muss wohl irgendwas im Wasser sein.
Wenigstens bleibt Parker ein schamloser Frauenheld. Auf den Geschmack ist er während seiner Zeit als Navy SEAL gekommen. Er wohnt oben in New York und ist nur übers Wochenende geschäftlich hier. Am Montag ist er wieder weg. Anscheinend halten bloß noch Jackson und ich die Junggesellenfahnen hoch.
Aber hey – das bedeutet mehr Auswahl für uns. Aus den Augenwinkeln sichte ich eine Blondine zum Anbeißen mit Beinen bis zum Hals und einem abgeschnittenen Oberteil, das genau die richtige Menge Bauch zeigt. Ist zwar scheiße, dass ich eingetauscht worden bin, aber nach Hause zu meinen alten College-Freunden zu kommen, lindert den Schmerz definitiv. Schadet auch nicht, dass die Frauen in dieser Stadt noch genauso sexy sind, wie ich sie in Erinnerung habe.
Ich nicke Parker zu. »Wie behandelt dich New York so?«
Er zuckt mit den Schultern. »Alles beim Alten. Nur muss ich jetzt, da’s bloß noch mich gibt, doppelt so heftig die Sau rauslassen.«
Als wir das letzte Mal zusammen abgehangen haben, fingen wir im Meatpacking District an, und es endete damit, dass wir uns in Atlantic City den Sonnenaufgang angesehen haben – nach einer sehr langen Fahrt mit ein paar langbeinigen dänischen Models hinten in Parkers Maserati. Ich kriege schon Kopfschmerzen, wenn ich nur an den Kater denke, den ich am nächsten Tag hatte. Aber man lebt bloß einmal. Also sollte man besser alles herausholen.
»Tja, jetzt, da Knox wieder in der Stadt ist, müssen wir eine feste Freundin für ihn finden«, meint Cassie. Dabei runzelt sie die Stirn, als ginge sie gerade in Gedanken ihren Bekanntenkreis durch.
»Ja. Zusammen kennen wir reichlich Mädels, die noch zu haben sind.« Savannah zückt ihr Handy und scheint drauf und dran zu sein, auf der Stelle ihre Kontakte durchzusehen.
Cash lacht. »Sachte, Ladys, geht es langsam an. Die hiesigen Sport-Groupies werden sich wie die Geier auf unseren Freund hier stürzen. Lasst ihn das ein Weilchen genießen, bevor ihr ihm Ketten anlegt.«
Groupies. Ich muss zugeben, die Routine selbst wird allmählich öde. Aber ihr toller Anblick verlockt mich jedes Mal wieder. Wie gesagt, man lebt bloß einmal. »He, die Letzte, auf die ich mich eingelassen habe, wusste nicht mal, wer ich bin.« Ich kann mir die Anmerkung nicht verkneifen.
Ryder lacht. »Das hat sie dir gesagt?«
Ich verdrehe die Augen.
»Hast du sie unter einem Stein ausgegraben, oder was? Andererseits hab ich ja gehört, die Nonnen aus dem Kloster sollen unheimlich heiß sein.« Cash grinst mich mit dem alten Funkeln in den Augen an. Er würde Savannah nie betrügen, aber ich schwöre, er stachelt mich als Ersatz dafür mehr denn je an, Frauen aufzureißen.
»Tatsächlich hab ich sie hier in unserem feinen Etablissement kennengelernt.«
»Wie nett. Aus dem Library abgeschleppt – genau, was wir im Sinn hatten«, meint Cash mit überschwänglichem Enthusiasmus.
»Du sagst das so, als wär’s bei uns anders gewesen«, wirft Savannah mit hochgezogenen Augenbrauen ein.
»He, jetzt wechselt nicht das Thema«, geht Ryder dazwischen. »Halt uns nicht lange hin. Wann war das? Und wer? Jemand aus der Schule?«
»Silvester. Und nein. Hab sie vorher noch nie gesehen. Seither übrigens auch nicht mehr.«
Es mag nicht die erste Silvesternacht mit einer Menge Fusel gewesen sein, die damit geendet hat, dass eine Frau meinen Namen schrie, aber diese Begegnung war anders. Zum einen war ich dabei nüchtern genug, dass sich mir unauslöschlich ins Gedächtnis gebrannt hat, wie sie sich auf dem Baseballfeld unter mir angefühlt hat. Wie oft habe ich diese Nacht seither in Gedanken erneut durchlebt? Ihre Hände überall an mir, ihre Atmung schwer, als sie meine Finger näher zu ihrem feuchten Slip drängt …
»Deshalb also bist du in der Nacht verschwunden, du versauter Hund!« Cash knufft mir über den Tisch in den Arm.
Savannah lacht und füllt Cashs und ihr Glas mit dem letzten Rest Champagner auf. »Würdest du sie denn gerne wiedersehen?«
Ja, das kann man eindeutig so sagen. Das heißt, wenn ich wüsste, wie ich sie finden kann.
»Schon, wenn ich könnte«, gebe ich zu. »Aber sie wollte wohl nur was Einmaliges. Hat Nein gesagt, als ich sie nach ihrer Nummer gefragt hab.«
»Oooooh«, macht Ryder. »Lieben und es dabei belassen. Das sind die Allerbesten.«
Cassie knufft ihn in den Arm und stibitzt ihm den Drink vor der Nase weg. »Also eine geheimnisvolle Frau. Wie hat sie ausgesehen? Vielleicht ist sie ja Stammgast.«
Ich öffne den Mund, will sie beschreiben: lange braune, gewellte Haare, große, sinnliche tiefbraune Augen, federnder Gang, belegte Stimme, wenn sie kommt … Na schön, den letzten Teil hätte ich nicht hinzugefügt. Aber als ich gerade loslegen will, trifft mich von hinten ein Knie.
Mit Mühe und Not gelingt es mir, meinen Scotch nicht fallen zu lassen. Ich will schon herumwirbeln und denjenigen verwünschen, der gerade in mich gekracht ist, als Jackson, der sich bisher merkwürdig still verhält, den Körper anspannt. »Oh, hi«, sagt er und sieht nicht mich an, sondern schaut über und hinter mich.
Alle Augenpaare folgen der Richtung seines Blicks. Ich drehe mich um und starre in ein vertrautes Gesicht.
»Was denn, das ist schon die ganze Begrüßung für deine geliebte kleine Schwester?«
Hinter mir, so nah, dass ich sie berühren könnte, so nah, dass ich die blumige Note ihres Parfums riechen kann, steht meine doch nicht so geheimnisvolle Silvester-Affäre. Mit einem sarkastischen Grinsen sieht sie Jackson an.
Seine kleineSchwester? Jacksons jüngere Schwester ist meine mysteriöse Silvester-Affäre?
Fuck.
Das kann doch nur ein Scherz sein.
Zuerst denke ich, sie hätte mich nicht gesehen oder nicht mitbekommen, was los ist. Aber dann, als sie allen am Tisch zuwinkt, begegnet ihr Blick dem meinen – mit einem unschuldigen Lächeln auf den vollen Lippen und einem gewissen herausfordernden Funkeln in den Augen.
Oh, sie weiß genau, was sie tut.
»Knox, ich glaube, du bist meiner Schwester Shelby noch nie begegnet, oder?«, unterbricht Jackson meinen rasenden Gedankengang.
»Nein«, antworte ich mit einem leichten Klingeln in den Ohren. »Schön, dich kennenzulernen.« Ich strecke die Hand mit derselben Herausforderung im Blick aus, die aus ihren Augen spricht.
Sie legt die Finger um meine und drückt vermutlich fester zu, als sie es normalerweise tut. Wie ein warnendes Quetschen. »Der legendäre Cooper Knox. Ich bin ein großer Fan, verpasse nie ein Spiel.«
Blödsinn, hätte ich am liebsten gerufen. Aber natürlich kann ich offiziell nicht wissen, dass sie Baseball hasst. Weil ich sie ja eigentlich gar nicht kennen sollte.
Und erst recht sollte ich nicht wissen, wie sich ihre an meinem Hals saugenden Lippen anfühlen. Oder wie sich ihre weiche Hand, die ich gerade wie ein Idiot halte, um meinen Ständer geschlungen anfühlt. Ich lasse sie los wie ein heißes Eisen, und sie grinst, bevor sie sich auf dem Sitz neben mir niederlässt, dem einzigen freien Platz am Tisch.
In dem knappen schwarzen Lederkleid, das wie an ihre gefährlich heißen Kurven gegossen aussieht, finde ich sie noch sexier, als ich sie in Erinnerung habe. Und der rote Lippenstift, der lauthals Besorg’s mir! schreit … Der muss neu sein.
Das ist übel. Wirklich, wirklich übel.
Es mit der kleinen Schwester des besten Freunds zu treiben, ist so ziemlich der schlimmste Verstoß gegen den Ehrenkodex, den es gibt. Vor allem, wenn man es nicht nur mit ihr treibt, sondern es bloß ein One-Night-Stand war. Ein One-Night-Stand, von dem man besagtem Freund gerade erzählt hat … an einem Tisch mit anderen Kumpels, die sich gerade gegenseitig abklatschen.
Mist.
»Shelby verarscht dich bloß«, unterbricht Jackson meine Gedanken. Ein Anflug von Panik überkommt mich. Weiß er es? Hat sie es ihm erzählt? Ist er deshalb so still, seit ich eingetroffen bin? Weil er sich Möglichkeiten überlegt, mich umzubringen? »Sie hält Baseball für ungefähr so spannend, wie Gras beim Wachsen zuzusehen«, fügt Jackson hinzu, und ich muss mir ein erleichtertes Seufzen verkneifen. »Aber vielleicht ist sie auch vertraglich verpflichtet, alle anderen Sportarten außer Football zu hassen. Keine Ahnung.«
Wenn ich weiter so durch die Gegend glotze, könnte es schnell peinlich werden. Also beschließe ich, Shelby den Ball zuzuwerfen. Das Spiel geht nämlich auch zu zweit.
»Cheerleaderin?«
»Im Prinzip schon. Nur statt an den Seitenlinien Puschel zu schwenken, mache ich für das Team Krisen-PR.«
»Meine kleine Schwester ist halb Medienstrategin, halb menschliches Maskottchen«, scherzt Jackson. »Wenn ich sie in der Arbeit besuche, gefällt mir am besten, wie sie einen Umkleideraum voller riesiger Footballspieler rumkommandiert.«
Ich wette, den Spielern gefällt das auch.
Shelby rempelt Jackson zum Spaß, wendet aber den Blick nicht von mir ab. »Bitte benutz nicht die Wörter ›klein‹ oder ›Maskottchen‹, wenn du von deiner durch und durch erwachsenen Schwester redest. Nur das mit dem Rumkommandieren stimmt, weil ich neulich befördert worden bin.« Ihr Outfit zeugt auf jeden Fall von einer durch und durch erwachsenen Frau. Und so, wie sich das Leder an ihren Hintern schmiegt, würden mir noch ein paar andere Attribute in den Sinn kommen.
»Was ist mit dir, Knox?«, fragt Shelby, dreht sich mir direkt zu. »Hast du Geschwister? Jüngere Schwestern, die du beschützen musst?«
»Nein, ich bin Einzelkind«, antworte ich und hoffe, meine Stimme klingt normal.
»Schade. Schwestern können ein so toller Einfluss sein.« Sie zwinkert mir unauffällig zu. Hoffentlich bemerkt es niemand sonst am Tisch.
Shelby ist vielleicht kein Baseballfan, aber sie treibt eindeutig gern andere Spielchen. Daran erinnere ich mich noch von Silvester. Bloß bin ich nicht in der Stimmung für doppeldeutigen Small Talk – was ich wirklich will, sind ein paar Minuten allein mit Shelby. Um herauszufinden, wie schwer es für einen Mann wäre, sie aus diesem aufreizenden Kleidchen zu schälen … Stattdessen stürze ich abrupt den Rest meines Scotchs hinunter und drehe mich weg. »Bin gleich wieder da«, rufe ich der Gruppe zu, als ich nach unten zur Bar steuere. Ich brauche eine Minute, um meine Gedanken zu sortieren.
Hinter der Bar schnappe ich mir ein Bier und nehme es mit in die Gasse hinter dem Lokal, um frische Luft zu schnappen.
Verdammt.
Warum muss sie Jacksons jüngere Schwester sein?
Warum habe ich mich ausgerechnet auf sie eingelassen?
Die Antwort auf die Frage schießt mir sofort in den Sinn. Tja, Knox.Weil sie heiß, witzig und schlagfertig ist. Und lieber Gott, die Spur zarter Bisse, die sie über meine Brust nach unten gezogen hat …
Anfangs war sie lediglich eine beliebige Frau auf einem Dach, eine Frau, von der ich dachte, ich würde sie nie wiedersehen. Aber nachdem sie mir unter der Dusche – wo sie auf die Knie gesunken ist und ihre süßen geschürzten Lippen um meine Erektion geschlossen hat – demonstriert hat, wie geschickt sie mit ihrer Zunge ist, da wusste ich, dass ich sie wiederfinden musste.
Nur hätte ich nie gedacht, dass es so ablaufen würde.
»Cooper Knox!«
»Oh mein Gott, ich hab dir doch gesagt, dass er’s ist!«
»Der neueste Atlanta Brave. Hier im Library!«
Anscheinend bin ich nicht der Einzige, der diese kleine Zuflucht kennt. Sieht so aus, als wäre Cooper Knox geradewegs in einen Hinterhalt geraten: eine Schar von Fangirls, alle für eine freitagnächtliche Kneipentour herausgeputzt.
»Gehört ihr Ladys zum Begrüßungskomitee?«, scherze ich mit einem Grinsen. Es lässt sich nicht übersehen, dass die Damen schon ein paar intus haben. Deshalb habe ich nicht vor, sie dafür anzuschnauzen, dass sie in einer dunklen Bar einen Mann bestürmen, der eindeutig in Ruhe nachdenken will.
Normalerweise wäre es sogar voll mein Ding, von weiblichen Fans überrumpelt zu werden. Aber heute Nacht bin ich abgelenkt. Und verdammt, wenn ich mich auf eine von ihnen einlasse, stellt sie sich womöglich als die Schwester eines anderen Freunds heraus.
»Ja, wir würden dich gern sehr, sehr herzlich begrüßen.« Eine Blondine in einem Kleid mit Reißverschluss vorne, die Haare zu einem hohen Pferdeschwanz zusammengebunden, heftet sich an meine Seite wie eine Klette. »Bist ja eben erst aus dem Norden hierher gewechselt, da wollen wir doch nicht, dass du dir eine Erkältung holst. Denn auch, wenn’s keiner glauben will, im Januar wird es wirklich kalt in Atlanta.«
Es mag sich kitschig anhören, aber ich kann tatsächlich fühlen, wie die Temperatur steigt. Wie erwähnt gibt es reichlich gut aussehende Frauen in dieser Stadt. Vielleicht sollte ich ihnen doch mehr Beachtung schenken. Sobald ich mich vergewissert habe, dass sie mit niemandem verwandt sind, den ich kenne.
»Außerdem wollen wir die stahlharten Arme spüren, von denen wir so viel gehört haben!« Die brünette Freundin der Blondine betastet meinen Bizeps, bevor sie ihren für mich anspannt. »Lass uns armdrücken. Mal sehen, aus welchem Holz du geschnitzt bist!«
»Bin mir nicht sicher, ob ich’s mit dir aufnehmen kann«, gebe ich zurück und drücke meinerseits ihren Oberarm. Wenn auch mehr, um sie zu stützen, denn sie sieht aus, als könnte sie jeden Moment das Gleichgewicht verlieren und aus den himmelhohen Stöckelschuhen kippen. Normalerweise würde ich voll auf eine solche Situation einsteigen. Aber heute Nacht stimmt irgendwas nicht.
Eine ganze Menge stimmt da nicht. Ich will mich gerade ihrem Griff entwinden, ohne eine von ihnen zu Fall zu bringen – was schwieriger wird, als es zu sein scheint. Gleichzeitig versichere ich den Mädels, dass sie zu taff sind und ich ihnen heute Nacht nicht gewachsen bin. Da schwingt die Hintertür auf, und eine vertraute Stimme dringt durch die nicht wirklich kalte Januarluft. »Ich wusste gar nicht, dass du auch rekrutierst, Knox. Baust du nebenher noch ein Damenteam auf?«
»Er hat gesagt, wir sind taff«, gibt die Blondine kichernd zurück. »Zu taff für ihn.«
»Das ist in der Regel mein Stichwort für den Abgang«, sage ich und trete seitwärts aus ihrem Griff. »Muss meinen Marktwert schützen.«
»Nicht so schnell, Yankee. Ohne ein Selfie mit uns gehst du nirgendwohin! Das haben wir uns redlich verdient.«
Natürlich. Keine Begegnung mit Fans ist vollständig, bevor die Beweislast erbracht ist. Ich muss mich für das Selfie opfern. Die moderne Version eines signierten Baseballs, ein Autogramm, das in Sekundenschnelle um die Welt gehen kann – und einem genauso schnell das Leben versauen kann, wenn es etwas Verfängliches enthält. Zum Glück ist dieses Fantreffen vergleichsweise harmlos abgelaufen. Ein paar rasche, obligatorische Selfies später bahnen sich meine neuen Freundinnen torkelnd den Weg zurück ins Lokal.
Und einfach so sind wir endlich allein.
»Shelby Masters. Der Nachname ist ein Detail, das du ruhig hättest erwähnen können. Zusammen mit ein paar anderen Einzelheiten. Hast du meinen Namen nicht aus Gesprächen mit Jackson erkannt?«
»Ach ja, das tut mir leid«, erwidert sie und streicht sich eine verirrte Strähne hinters Ohr. »Ich weiß, ich hätt’s dir sagen sollen, aber …«
»Aber was? Du hast eine meiner ältesten Freundschaften aufs Spiel gesetzt und es nicht der Mühe wert gefunden, es mich wissen zu lassen?«
»Knox, ich kann verstehen, dass du aufgebracht bist, aber das war doch keine berechnende Intrige.« Sie legt eine Hand auf meinen Arm, und ich reagiere unwillkürlich auf ihre Berührung. Zwischen uns knistert unbestreitbar etwas. Trotzdem kann ich sie nicht so einfach vom Haken lassen.
Mit einem Zucken streife ich ihre Hand ab. »Warum hast du dann nichts gesagt?«
»Vielleicht, weil ich mir schon dachte, dass du so reagieren würdest?«, kontert sie mit hochgezogenen Augenbrauen. »Pass auf, zuerst hab ich dich wirklich nicht erkannt. Und als mir dann klargeworden ist, wer du bist, war es schon nach Mitternacht, ich war auf dem Dach, ein absolut heißer Baseballspieler hat mich geküsst, und …«
Ich trinke von meinem Bier und biete ihr einen Schluck an. Zu meiner Überraschung nimmt sie die Flasche entgegen und stürzt die Hälfte des Inhalts in einem Zug hinunter.
»Und was?«, helfe ich ihr auf die Sprünge, als sie mit der Erzählung nicht fortfährt.
»Na schön, wenn du’s unbedingt wissen musst, ich bin an dem Abend versetzt worden.«
»Also war ich dein Trostpreis?« Ich verziehe das Gesicht. »Eine schnelle Nummer mit einem Auswärtigen, der sich das Geld mit einem Pseudosport verdient?«
»Weißt du, ich muss zugeben, durch dich hab ich meine Meinung geändert. Baseballspieler haben wesentlich mehr Ausdauer, als ich gedacht hatte. Muss an all den Bases liegen, die ihr rennen müsst. Und den Weg zum Schlagmal hast du auch recht gut gefunden.« Sie betrachtet mich mit schiefgelegtem Kopf und einem trotzigen Funkeln in den Augen.
Gottverdammt, wie gerne würde ich sie küssen. Nein, mehr als das. Ich will sie packen, gegen die harte Ziegelsteinmauer neben uns pressen, die Hand unter das viel zu eng anliegende Lederkleid schieben und es von ihr schälen. Mit ihr könnte ich hier und jetzt volle neun Innings durchhalten.
Aber es steht zu viel auf dem Spiel. Jackson ist ein Freund und ein Geschäftspartner. Und ich weiß, wie ernst er das Thema Familie nimmt. Ich kann es nicht riskieren.
Die geheimnisvolle Frau, an die ich die vergangene Woche andauernd denken musste, steht nur Zentimeter von mir entfernt, so nah, dass ich die Körperwärme spüren kann, die sie abstrahlt. Doch wie sich herausstellt, ist sie tabu. Ich habe eben immer Pech in der Liebe.
»Wenn du jetzt auf Baseballspieler abfährst, hast du Glück«, meine ich zu ihr. »Ich kenne ein paar. Gib einfach Bescheid, wenn du willst, dass ich dir einen meiner neuen Teamkameraden vorstelle.« Allein davon, dass ich es ausspreche, bekomme ich einen üblen Geschmack im Mund. Aber hey, wenn es dem Knistern zwischen uns einen Dämpfer verpasst, soll es mir recht sein.
Sie wirft den Kopf zurück. Auf einmal blitzt in ihren Augen Zorn auf. »Scheiße, nein. Ich bin keines eurer Groupies. Du kannst mich nicht in deiner Mannschaft herumreichen. Ich hatte nur mal zufällig was mit diesem einen Pitcher. Kennst du ihn vielleicht? Eins neunzig groß, grüne Augen, hält sich für eine große Nummer, weil er früher für die Yankees gespielt hat.«
Große Nummern kriegen angeblich, was sie wollen. Was in diesem Fall eindeutig nicht passieren wird. »Dieser spezielle Baseballspieler hat die strikte Anweisung, sich nicht mit Frauen einzulassen, deren Name mit einem S beginnt und mit einem Y endet.«
»Das ist Namensdiskriminierung. Dafür könnte ich dich verklagen.« Halb scherzt sie, aber in ihrem Ausdruck liegt plötzlich eine gewisse Traurigkeit, bloß ein Hauch davon, der sich an ihren Mundwinkeln abzeichnet.
»Shelby, dir ist schon klar, dass sich nicht wiederholen darf, was zwischen uns gelaufen ist, oder? Jackson darf nichts von Silvester erfahren.«
Sie drängt sich an mir vorbei und stürmt die Gasse entlang, fährt sich mit einer Hand durch die langen gewellten Haare. »Meinst du, das wüsste ich nicht? Ich hab den überfürsorglichsten Bruder seit Menschengedenken. Wenn er rausfindet, was passiert ist, lässt er dich in die Unterliga zurückversetzen. In der Antarktis. Und mich würde er irgendwo in ein Kloster sperren«, tobt sie und schwenkt die Hand durch die Luft.
»Tja, dann bin ich froh, dass ich dich kennengelernt hab, bevor er dich in die Obhut von Nonnen übergibt«, rufe ich ihr halb scherzend nach. Doch kaum habe ich die Worte ausgesprochen, wird mir klar, dass ich sie ernst meine.
Auf halbem Weg durch die Gasse bleibt Shelby stehen. Sie schaut zu mir zurück, und plötzlich fühlt es sich an, als gäbe es keinen Raum mehr zwischen uns. Ich beobachte, wie sich ihre Brust bei jedem Atemzug hebt und senkt. Ihre seidige Haut leuchtet praktisch durch das reflektierte Licht der Straßenlaternen weiter vorn. Und ich möchte die wenigen Meter überwinden, die uns trennen, Shelby an mich ziehen und die Lippen auf die ihren pressen.
»Ich bin auch froh, dass ich dich kennengelernt hab«, erwidert sie schließlich. »Ich bereue nichts.«
»Ich auch nicht«, pflichte ich ihr bei. Dann ringe ich mir ein mattes Grinsen ab. »Aber schraub von jetzt an die blöden Sprüche über Baseball zurück, ja?«
Sie grinst. »Kannst du total knicken.« Doch sie kommt ein wenig näher auf mich zu und streckt mir zum zweiten Mal in dieser Nacht die Hand entgegen. »Freunde?«
Ich ergreife ihre kleinere Hand und bemühe mich, nicht darüber nachzudenken, wie perfekt sich ihre Finger in meine Handfläche schmiegen. »Freunde.«
Wir halten inne, sehen uns an, sind allerdings beide unsicher, wie es weitergehen soll.
»Moment«, sagt Shelby schließlich und senkt den Kopf, als sie in ihrer Handtasche kramt. »Wenn wir Freunde sein wollen, sollten wir vielleicht unsere Telefonnummern austauschen.«
Stimmt. Freunde tun das. Sogar Freunde, die sich eine kleine Vorgeschichte und ein großes Geheimnis teilen. Die Nummern auszutauschen, ist für Freunde etwas total Normales.
Sie reicht mir ihr Handy, damit ich meine Nummer eingeben kann. Nur als ich es ihr zurückgebe, entgleitet es Shelby und fällt auf den Boden.
»Scheiße, tut mir leid.« Wir bücken uns beide, um es aufzuheben. Unsere Knie stoßen dabei zusammen.
»Ist es kaputt?«, frage ich, als sie es ergreift.
»Nein«, antwortet Shelby. »Hat überlebt.« Sie sieht mich mit einem sanften, beinah traurigen Blick an. Ihre Lippen teilen sich, diese sinnlichen, heißen roten Lippen. Nur wenige Zentimeter. Aber sie sagt nichts. Und ich kann nicht aufhören, diesen Mund anzustarren.
Scheiß drauf.
Ohne ein Wort lege ich die Hand in Shelbys Nacken und ziehe sie zu einem tiefen, langsamen Kuss zu mir. Wir sind immer noch in der Hocke, und sie fällt praktisch auf mich. Bloß meine kräftigen Arme halten sie noch aufrecht. Ihre weichen Lippen bewegen sich an meinen, teilen sich. Ein leises, tief aus der Kehle stammendes Stöhnen dringt dazwischen hervor und lässt mir den Schritt schlagartig anschwellen. Ihr geschmeidiger Körper drückt gegen meine harte Brust, während ich sie an mich ziehe. Es scheint kein Moment vergangen zu sein, seit wir zusammen waren. Fühlt sich wieder wie Silvester an. Ich schmecke Minze, ein blumiges Parfum und darunter ihr salziges Aroma, von dem ich mehr will.
Die Tür zur Bar öffnet sich, und wir springen fluchend auseinander. Shelby plumpst auf den Hintern, ich kippe nach vorn auf die Hände und Knie. Ein betrunkener Kneipenbummler, der schon mehr als einen über den Durst getrunken hat, wankt an uns vorbei und winkt Shelby vage zu. Niemand, den wir kennen, Gott sei Dank.
Ich drehe mich wieder Shelby zu, versuche immer noch, zu Atem zu gelangen.
Nach dem Ausdruck in Shelbys glasigen Augen und ihren geröteten Wangen zu urteilen, geht es ihr ähnlich wie mir.
Ich rapple mich auf die Beine und strecke ihr die Hand entgegen, um ihr aufzuhelfen, aber sie erhebt sich aus eigener Kraft, ignoriert das Angebot. Wir sprechen beide kein Wort, bis der Trunkenbold aus der Gasse gestolpert ist und wir wieder allein sind.
Diesmal opfert sich Shelby für das Team.
»Ich schätze, wir sollten wieder reingehen«, meint sie widerwillig und streicht ihr Haar glatt. »Bevor sich noch jemand anders hier heraus verirrt.«
Ich nicke, bringe mehr Abstand zwischen uns, als ich die Tür für sie öffne.
»Klingt nach einem Plan.« Jedenfalls nach einem besseren Plan, als zu zweit in einer dunklen Gasse zu bleiben und zu warten, bis die Versuchung zuschlägt.
Atlanta ist eine große Stadt, halte ich mir vor Augen, als ich beobachte, wie Shelby mit schwingenden Hüften vor mir die Treppe hinaufsteigt.
Wenn sich das Spiel gegen einen verschworen hat, muss man manchmal einfach den Handschuh in die Ecke werfen und es auf der Spielerbank aussitzen. Und auf mehr Glück beim nächsten Mal hoffen.
Montag. Und nicht bloß irgendein Montag. Mein erster Montag als für PR zuständige Vizepräsidentin der Atlanta Falcons. Was bedeutet, dass ich in ungefähr zweiunddreißig Minuten meine erste Personalbesprechung leiten werde.
»Hi, Jasmine«, rufe ich unserer quirligen Empfangsdame zu, als ich an der Rezeption vorbeifege. »Spitzenmäßiges Oberteil! Die Farbe steht dir super!«
Tief durchatmen, Shelby. Vielleichtwar in dem Latte heute Morgen doch ein bisschen zu viel Espresso.
Auf diese Beförderung habe ich hingeackert, seit ich vor vier Jahren als Abteilungsassistentin bei den Falcons angefangen habe. Ich habe mich von unten hochgearbeitet. Wieso also komme ich mir auf einmal wie eine übereifrige Praktikantin vor, deren Boss sich für den Tag krankgemeldet und ihr die Verantwortung überlassen hat?
Nur ganz normale Nervosität, verstärkt durch koffeinbedingte Zittrigkeit, sage ich mir, als ich mich in meinem Büro niederlasse. Meine Aufgabenliste für die Woche liegt bereit, meine Präsentation für die heutige Besprechung muss bloß noch korrekturgelesen und ausgedruckt werden. Ich hab’s im Griff, denke ich mir, als ich mein Make-up noch einmal überprüfe.
Immerhin bin ich ein Profi und habe schon so manche Krise durch geschicktes Management erfolgreich bewältigt. Als unser Wide Receiver Justin Fears die Atlanta-Fans einen Haufen verwöhnter Penner ohne Teamloyalität genannt hat, wer hatte da die Idee, ihn zehn Tage lang vor den Fans knien und sie um Verzeihung anflehen zu lassen? Die Bilder von dieser Büßertour auf Twitter haben uns mehr ReTweets als das ursprüngliche Posting eingebracht. Und Justin ist seither ein Fanliebling. Nehmt das, Bitches!
Ich überprüfe meine Feeds, um zu sehen, ob heute Morgen irgendetwas Dringendes anliegt. Kein neuer Ärger auf Twitter, keine verfänglichen Selfies seit gestern Abend. Sieht so aus, als hätten die Falcons sich einen ruhigen Sonntag mit ihren Familien und Freunden gemacht. Was bedeutet, dass mir ein bisschen mehr Zeit für die Vorbereitung auf die Personalbesprechung bleibt.
Oder ein bisschen mehr Zeit, um an Cooper Knox zu denken, je nachdem. An meinen neuen, absolut heißen Kumpel, der total tabu für mich ist.
Ich überfliege meine Präsentation. Dabei reibe ich mir den Arm an der Stelle, wo mich Knox bei unserer letzten Begegnung berührt hat. Diese verrückte Energie, die ich zu Silvester auf dem Dach des Library zwischen uns gespürt habe, ist definitiv noch da.
Diese Chemie war mit ein Grund, warum ich alle Vorsicht in den Wind geschlagen und mich auf einen der ältesten Freunde meines Bruders eingelassen habe. Kleines Detail am Rande: mit einem der ältesten Freunde meines Bruders eingelassen und so getan, als wüsste ich nicht, wer er war …
Er sieht unbestreitbar genauso gut aus, wie ich ihn in Erinnerung habe. Geheimnisvolle grüne Augen. Fein geschnittene Kieferpartie. Und ein dichter, muskulöser Körper, der ständig den Eindruck erweckt, er könnte jeden Moment aus der Kleidung platzen – und wer würde ihn davon abhalten wollen? Gefährlich sexy und maskulin, aber mit der großspurigen Selbstsicherheit eines durch und durch amerikanischen Baseballspielers. Das Gesamtpaket weckt in einem den Wunsch, ihm das karierte Hemd, das er an Freitagabenden trägt, vom Leib zu reißen und herauszufinden, was sich darunter verbirgt. Nur weiß ich das schon.
Und ich weiß auch, was danach kommt. Nämlich Küsse, bei denen man ganz feucht im Höschen wird. Und Hände, die einen in Rekordzeit dazu bringen, sich vor wildem, animalischem Verlangen zu winden. Der neue Pitcher der Atlanta Braves versteht mit den Händen sehr, sehr geschickt umzugehen.
Mist.
Ich starre seit fünf Minuten auf dieselbe Stelle des Bildschirms. Konzentrier dich, Shelby.
Aber in Wirklichkeit will ich mich auf die Erinnerung daran konzentrieren, wie mich Knox in einer dunklen Gasse in seine Arme zieht. Ich glaube, ich hatte noch nie einen Kuss, der mich so schnell so wuschig gemacht hat. Es sei denn, man zählt Silvester mit. Da habe ich herausgefunden, dass Knox’ Kuss nur das Vorspiel zum besten Sex meines gesamten Lebens war.
Dass ich Knox wiedergesehen habe und wir unsere Beziehung nicht vertiefen können, lässt mich verkrampfen und frustriert mich ziemlich.
Doch er hat recht. Jackson würde ihn umbringen. Und mich vielleicht auch. Oder vielleicht würde er Bodyguards engagieren, die mich rund um die Uhr überwachen.
Er ist ein biiiiisschen überfürsorglich, was ich gelegentlich als liebenswert empfinde, meistens allerdings als total frustrierend. Aber ich schätze wohl, ich bin selbst fürsorglich, denn ich will nicht, dass er von der Sache erfährt. Das wäre zu schräg. Und was, wenn es mit Knox nicht funktionierte? Oder was, wenn wir in Streit gerieten und Jackson gezwungen wäre, Partei zu ergreifen?
Das kann ich meinem Bruder nicht antun. Es wäre nicht fair. Immerhin gibt es jede Menge unkomplizierte Männer, von denen ich mir einen aussuchen kann.
»He, Shelby, treffen wir uns im Besprechungsraum oben?«
Erschrocken reiße ich mich von meiner Träumerei los, schaue auf und stelle fest, dass mir der Schweiß ausgebrochen ist. »Ja, ich komme in circa fünf Minuten. Danke, Doug.« Als ich auf die Uhr sehe, merke ich, dass mir die Zeit davonläuft. Dann werde ich das Ding wohl doch nicht mehr korrekturlesen.
Ich stehe auf, sammle meine Unterlagen zusammen und fächle mir Luft ins Gesicht, als ich abrupt in die Wirklichkeit zurückkehre.
Eine Wirklichkeit, in der es keine romantische Beziehung mit Cooper Knox gibt und geben kann. Auch wenn er mir die besten Orgasmen beschert hat, die ich je ohne die Unterstützung eines mechanischen Geräts erreicht habe.
Verdammt, denke ich, als ich die Treppe hinaufhaste. Ich setze meine beste Profi-Miene auf und verbanne Knox aus meinen Gedanken – zumindest für die nächste Stunde.
»Die kleine Miss Shelby – inzwischen ganz erwachsen und voll am Ruder!«
Kleine Shelby. Pfui Teufel.
Ein Spitzname, den ich einfach nicht loswerde. Wenn du nur wüsstest, wie erwachsen die Gedanken im Büro der kleinen Shelby vor fünf Minuten waren, geht mir durch den Kopf. »Ganz recht, Coach. Das ist jetzt meine Besprechung«, rufe ich Cheftrainer Mike DiPalma in gespielt strengem Ton zu. »Bereit zum Exerzieren?«
»Aufpassen, Coach, Shelby hat ihre roten Stöckelschuhe an«, meldet sich Co-Trainer Dan Rich zu Wort und zeigt auf mein rotes Lieblingspaar aus Wildleder. »Daran merkt man, dass sie’s ernst meint.«
»Ein PR-Profi muss immer kameratauglich sein. Außerdem könnte ich damit jederzeit schneller rennen als du, Dan«, kontere ich mutig.
»Ich könnte dir ein paar extragroße Schulterpolster besorgen, wenn du willst«, bietet mir Eric Jones an, unser Kreativchef und Grafiker, der seinen fehlenden Football-Hintergrund ständig überkompensiert. »Damit könnest du dein Power Dressing auf die nächste Stufe heben. Könntest damit allerdings leicht ins Schwitzen geraten.«
Willkommen beim Büroalltag der NFL. Arbeitet man als Frau mit einem Team von Macho-Footballspielern und einer Belegschaft aus ehemaligen Footballstars und ehemaligen Talenten, die den Durchbruch nie geschafft haben, gewöhnt man sich daran, die Nichte, die Tochter, die kleine Schwester, die Arbeitsehefrau zu sein. Die Hänseleien nerven zwar mit der Zeit, sind aber im Großen und Ganzen harmlos. Und die Älteren wie Coach Mike sind tief im Inneren ein Haufen überdimensionierter Teddybären. Wenn ich mit jemandem aneinandergerate, dann am ehesten mit den jüngeren Mitarbeitern. Dan, Eric und vor allem Karl, der durch Abwesenheit glänzt, während alle anderen nach und nach eintrudeln. Sie haben noch etwas zu beweisen und heischen andauernd nach einer besseren Position in einem Machtgerangel, das niemals endet.
Nach einigen Minuten im Plauderton übernehme ich die Kontrolle über die Besprechung. Der wichtigste Punkt auf der heutigen Tagesordnung ist unser bevorstehender Kasinoabend, eine groß angelegte Spendenaktion, bei der haufenweise Geld für Kinderfrüherziehung aufgestellt wird. Die Besitzer des Teams, die Immobilienmogule Richard und Cherry Blazer aus Atlanta, zapfen dafür ihr umfassendes Netzwerk an einflussreichen, hochkarätigen Bekannten an. Die großzügigen Spender dürfen mit den Spielern abhängen, zocken und nach Lust und Laune trinken, alles für den guten Zweck. Und die Falcons heimsen dafür ein bisschen herzerwärmende Publicity ein. Mit anderen Worten: Alle profitieren.
»Wir lassen Mitarbeiter und Spieler Postings in sozialen Medien unter demselben Hashtag verbreiten, um die Botschaft zu verstärken«, beginne ich damit, das Team über die Arrangements für den Abend zu informieren. Sogar für meine leicht überzogenen Erwartungen sind wir ziemlich gut aufgestellt.
Klar, eine Spendengala mit Kasinomotiv ist an sich kein außergewöhnliches Event. Trotzdem bekommt sie von mir die volle Shelby-Behandlung. Wir haben die Teilnahmebestätigung von mehreren Vertretern der Lokalmedien und von einigen Bloggern, außerdem habe ich den üblichen Ablauf um ein paar kreative Neuerungen ergänzt. Im Unterhaltungsteil gibt es statt der Zaubershow eine Varietévorstellung, und ich habe einen DJ engagiert, der die ganze Nacht lang in einer separaten Disco auflegt. Und wir haben einen Fotostand mit Fedoras, dunklen Brillen, Monokeln und einer Unmenge an unechtem Schmuck, damit sich die Gäste für Selfies im Kasinostil aufpeppen können.
Als ich gerade zum kulinarischen Angebot übergehen will, schlendert Karl lässig herein. »Hallo zusammen, wollte die Besprechung nicht stören«, sagt er und zieht seinen Stuhl geräuschvoll über den Boden, als er sich hinpflanzt. Durch meine Beförderung bin ich nicht zu Karls Boss geworden – wir sind beide direkt Tim Donovan unterstellt, dem Marketing- und PR-Leiter der Falcons. Sehr wohl jedoch habe ich dadurch eine höhere Position als er, und das gefällt ihm kein Stück. Wir haben ungefähr zur selben Zeit bei den Falcons angefangen, und jetzt bin ich auf einem Posten, von dem er gedacht hat, er würde ihn kriegen. Nichts davon gefällt ihm, und ich bin mir ziemlich sicher, dass er mit seinem späten Eintreffen genau das signalisieren will.
»Was gibt’s, Karl?«
»Wieder ein wildes Wochenende gehabt?«
Natürlich führt Karls Verspätung zu einer Runde Ghettofäuste von den Jungs. Und natürlich lässt er sich zu keiner Entschuldigung herab.
»Hallo, Karl. Freut mich, dass du dich uns anschließt«, ergreife ich das Wort und überspiele kaum die Streitlust in meiner Stimme.
Er lehnt sich provokant auf dem Stuhl zurück und fährt sich mit seiner manikürten Hand durch die geschniegelte Frisur. Der Typ ist nicht nur ein überehrgeiziger Arsch, sondern auch hochgradig eitel.
»Das klingt alles gut, Shelby«, meint Tim. »Die Blazer-Brüder werden zufrieden sein, mit ein bisschen Glück bekommen wir gute Presse, und danach kehren wir zum Alltag zurück.«
An der Stelle entscheidet Karl, einen Einwand anzubringen. »Was unternehmen wir wegen der Parallelveranstaltung des Landesverbands gegen Tiermisshandlung am selben Abend?«
»Deswegen mache ich mir keine Sorgen«, gebe ich prompt zurück. »Ich bin gestern Abend die Zusagen durchgegangen. Die Gästeliste ist ziemlich solide.« Netter Versuch, Karl, aber kein Volltreffer.
»Ich wollte noch ein paar andere Dinge ansprechen«, fährt Karl fort.
Er redet weiter, wendet sich an den Coach, die Manager, Tim. An alle außer an mich – diejenige, die diese Veranstaltung geplant hat und diese Besprechung eigentlich leiten sollte. »Gibt’s eine Möglichkeit, noch mehr Werbewirksamkeit aus der Veranstaltung rauszuholen, indem wir die Spendensammlung für Kinderfrüherziehung mit einer Geschichte von einem der Spieler verknüpfen?«