Atlantis 12: Nekrolog - Ben Calvin Hary - E-Book

Atlantis 12: Nekrolog E-Book

Ben Calvin Hary

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Beschreibung

Seit mehr als dreieinhalb Jahrtausenden reisen die Menschen mit Raumschiffen durch das Weltall. Dennoch gibt es auf der Erde genügend Geheimnisse. Eines dieser Mysterien ist der Kontinent Atlantis, der gut 8000 Jahre vor Beginn der christlichen Zeitrechnung versunken ist. Gegen ihren Willen werden Perry Rhodan und seine Frau Sichu Dorksteiger in diese Zeit geschleudert. Die menschenähnlichen Arkoniden haben gerade auf Atlantis eine Kolonie errichtet, während in der Milchstraße ein großer Sternenkrieg tobt. Die beiden Zeitreisenden versuchen, die Rückkehr in ihre eigene Zeit zu schaffen. Bei alledem dürfen sie keinen Fehler begehen, der ihre eigene Gegenwart verändern würde. Bald erkennen sie, dass auch ein kosmischer Konflikt tobt: Das Raumschiff STRAHLKRAFT unter dem Kommando des Roboters Tolcai operiert in der Milchstraße – und dieser Tolcai löst die Nukleotide Pest aus. Eine Welle von Tod und Vernichtung beginnt auf Atlantis und wird bald weite Teile der Galaxis verheeren. In seiner Verzweiflung sieht Rhodan nur eine Chance: Er muss auf eine letzte Zeitreise setzen – und auf einen NEKROLOG ...

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Nr. 12

Nekrolog

Finale für Tolcai – ein Jahrtausendplan wird enthüllt

Ben Calvin Hary

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1. Logan Darc

2. Caysey

3. Logan Darc

4. Perry Rhodan

5. Logan Darc

6. Perry Rhodan / Perry Rhodan

7. Perry Rhodan

8. Perry Rhodan

9. Perry Rhodan

10. Caysey

11. Perry Rhodan

12. Perry Rhodan

13. Rico

Kommentar: Abschied von Atlantis

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

Seit mehr als dreieinhalb Jahrtausenden reisen die Menschen mit Raumschiffen durch das Weltall. Dennoch gibt es auf der Erde genügend Geheimnisse. Eines dieser Mysterien ist der Kontinent Atlantis, der gut 8000 Jahre vor Beginn der christlichen Zeitrechnung versunken ist.

Gegen ihren Willen werden Perry Rhodan und seine Frau Sichu Dorksteiger in diese Zeit geschleudert. Die menschenähnlichen Arkoniden haben gerade auf Atlantis eine Kolonie errichtet, während in der Milchstraße ein großer Sternenkrieg tobt.

Die beiden Zeitreisenden versuchen, die Rückkehr in ihre eigene Zeit zu schaffen. Bei alledem dürfen sie keinen Fehler begehen, der ihre eigene Gegenwart verändern würde.

Bald erkennen sie, dass auch ein kosmischer Konflikt tobt: Das Raumschiff STRAHLKRAFT unter dem Kommando des Roboters Tolcai operiert in der Milchstraße – und dieser Tolcai löst die Nukleotide Pest aus. Eine Welle von Tod und Vernichtung beginnt auf Atlantis und wird bald weite Teile der Galaxis verheeren.

In seiner Verzweiflung sieht Rhodan nur eine Chance: Er muss auf eine letzte Zeitreise setzen – und auf einen NEKROLOG ...

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der unfreiwillige Zeitreisende hat alles irgendwie schon einmal erlebt.

Caysey – Die Atlanterin bringt eine gewisse Hoffnung aus der Zukunft.

Logan Darc – Ein Zwergandroid liegt im Widerstreit mit seiner Konditionierung.

Rowena – Die Kralasenin sucht Abschluss und Sühne für ihre Schuld.

Tolcai

1.

Logan Darc

Vor dem Kataklysmus

Für Tolcais Diener war Angst das Normalste auf der Welt.

Logan Darc hatte sich nie daran gestört, weil es kaum je etwas anderes für ihn gegeben hatte. An Bord der STRAHLKRAFT wusste man Bescheid: War der Herr wütend, riss er ganze Völker in den Untergang. Zwei von Darcs Vorgängern lagen in Suspensionsalkoven, weil sie im Interesse der Kosmokraten gehandelt hatten. Der Herr hatte seine Launen, und wer sie einschätzen konnte, lebte länger.

So gesehen war Logan Darc ein Überlebenskünstler. Niemand kannte die Stimmungen seiner Erhabenheit besser. So wie nun aber war er ihm lange nicht begegnet.

Tolcai war gut gelaunt.

Und dann war er am gefährlichsten.

Mit einem mulmigen Gefühl hastete der Commo'Dyr durch das Nullfeld. Ein einziger distanzloser Schritt brachte ihn aus einem Beiboot im Tunniumsystem zurück zu jener Welt, die die Arkoniden Larsaf III nannten. Als sein Fuß den Boden berührte, fand er sich in der Zentrale der STRAHLKRAFT wieder. Hinter ihm kollabierte das Feld.

Sofort überrollte ihn der mentale Orkan.

Stöhnend ging Logan Darc in die Knie. Tolcais Präsenz wirkte lähmend auf seinesgleichen. Das AUGE versah ihn mit einer Aura, die direkt von jenseits der Materiequellen stammte.

Reiß dich zusammen! Seine innere Stimme zwang ihn zum Mut. Der Herr hatte gerufen. Schwäche war keine Ausrede für Nichtgehorsam.

Darc hastete an dem schattenlosen Obelisken – dem Leichnam Tuun Yomorikons – vorbei und vorüber an schillernden Semimanifestationen. Seine Artgenossen saßen vor Abbildern von Galaxien, die sich um ihre Achsen drehten, die Mienen verzerrt unter dem Ansturm von Tolcais geistiger Präsenz.

Eine Traube von Zwergandroiden umringte einen Plan des Moralischen Codes, jener Doppelhelix aus Kosmonukleotiden, die das gesamte Universum durchzog. Die Position von TRIICLE-9 war mit vielfarbigen Markern versehen.

Einer der Kollegen rief nach ihm: »Commo'Dyr! Sehen Sie sich das an!«

Im Laufen winkte Darc ab. »Nicht jetzt!« Er hatte keinen Sinn für die Wunder des Kosmos, auch nicht für die Nöte seiner Untergebenen. Nur der mentale Sturm war noch wichtig.

Er erreichte das Podest, vor dem Tolcai stand und in die Zentralmanifestation starrte, die den Hauptschirm der STRAHLKRAFT bildete. Er war es gewesen, der das Nullfeld ins Tunniumsystem projiziert hatte. Das schwarze Auge wirkte tot, wie immer, wenn er es kurz zuvor eingesetzt hatte. Hinter den Materiequellen existierte kein Licht.

»Du bist gekommen.« Tolcais Stimme war warm und freundlich wie stets, ein akustisches Vlies aus Samt. Um seine Brust hing schwer das Talagon und verhieß Verderben.

Neben dem Herrn stand ein primitiver Roboter arkonidischer Bauart – ein »Geschenk« Perry Rhodans, wie Darc wusste. In seinem Innern hatte die Atlanterin Caysey ohne das Wissen des Terraners das Talagon versteckt gehalten. Auf diese Weise war das Artefakt wieder in den Besitz der Erhabenheit gelangt.

Darc horchte dem Tonfall seines Herrn nach. Ja, natürlich war er gekommen. Warum machte er diese Feststellung, wo es doch ganz selbstverständlich war?

Ahnte er, was sein treuester Diener heimlich getan hatte? Dass er ... defekt war?

»Erhabenheit.« Kaum berührten seine Sohlen den glänzenden Formenergieboden des Podests, fiel Darc vor Tolcai auf die Knie. »Aus welchem Grund haben Sie mich zu sich gerufen?« Er fürchtete sich vor der Antwort, doch die Frage geziemte sich.

Logan Darcs Aufenthalt im Tunniumsystem hatte weit kürzer gedauert als erhofft. Mithilfe des einstigen Arkoniden Quartam war er dorthin zurückgekehrt, um die Beibootflotte der STRAHLKRAFT zu kommandieren – etwas, das klar in seinen Ermessensspielraum als Commo'Dyr fiel. Falls Perry Rhodan dabei gescheitert wäre, Tolcais großen Plan zu vereiteln, hätte er sich wenigstens weit weg aufgehalten und wäre für den Zorn des Herrn unerreichbar gewesen.

Wenngleich Darc natürlich wusste, dass er die Öffnung des Talagons ebenso wenig überleben würde wie jedes andere Wesen.

In verquerer Logik stand Darc seinem Herrn in nichts nach, das war ihm bewusst.

»Sieh her, Logan Darc!« Tolcais Tonfall blieb unverändert: heiter, beinahe fröhlich. Der Tod von Milliarden bedeutete ihm nichts. Nur sein eigener.

Darc folgte dem ausgestreckten metallenen Arm. Er wagte kaum, Tolcai selbst anzusehen; nicht, weil er sich vor dem Blick aus dem schwarzen und dem roten Auge fürchtete, sondern um das ovale Amulett um seinen Hals nicht betrachten zu müssen.

War es das Talagon, das den Geist des Herrn vergiftet, ihn zu diesem Irrweg verleitet hatte? Darc war davon überzeugt. Das Ding war abscheulich. Es wollte geöffnet werden. Zumindest kam es dem Commo'Dyr so vor.

Auch die Sehzellen des Arkonidenroboters waren leblos auf das Artefakt gerichtet.

Tolcais Finger wies zur Zentralmanifestation. Sie zeigte Atlantis – den Kontinent, über dem das Schiff schwebte und der den Ausgangspunkt und das Ziel dieser ganzen leidigen Geschichte darstellte.

Inzwischen war die STRAHLKRAFT über der sogenannten Arkonspitze angekommen und bezog Position.

Darc schluckte. Wieder war er hier, auf dieser mistigen kleinen Welt am Rand einer unbedeutenden Galaxis. Er musste ihre Schönheit bewahren, warum, begriff er selbst nicht. Tolcais Befehle waren klar, und doch wuchs diese gänzlich unkosmokratische Lust zum Widerstand in ihm.

Lange hatte er intrigiert, hatte er alles unternommen, um den Gegnern wohl nicht zu helfen, denn das ließ seine Konditionierung nicht zu, aber ihnen im besten Moment die richtigen Türen offen stehen zu lassen. All seine Bemühungen hatten sich als Zirkelschluss erwiesen. Stets hatte das Talagon wieder zum Herrn gefunden – wie ein Schoßtier, das zu seinem Besitzer zurückkehrt. Und nun war Tolcai Augenblicke davor, das Talagon zu öffnen, das große Sterben zu entfesseln und das Leben in diesem Seitenarm der Galaxis auszulöschen.

Ich hätte mehr tun müssen! Aber natürlich wusste Darc, dass ihm das niemals möglich gewesen wäre.

Seine Knie berührten das Podest, seine Kiefer mahlten. Sicher hatte der Herr erkannt, was er getan hatte. Darc erwartete sein Ende im Suspensionstank – als wäre der Tod durch das Talagon nicht schon genug Strafe gewesen.

»Wir sind da«, sagte Tolcai. »Ich habe dich ausgetrickst. Einen Weg aus Jahrhunderttausenden der Sklaverei gefunden. Die Freiheit ist nur noch einen Handgriff entfernt.«

Darc war verwirrt, bis er begriff, dass der Meister nicht länger zu ihm sprach. Seine Rede hatte dem Schiff gegolten.

»Es ist für alles gesorgt.« Die Stimme der STRAHLKRAFT schien von überall und nirgends zu kommen. In Wahrheit, wusste Darc, entstand sie direkt in seinem und Tolcais Kopf.

»Denkst du?« Tolcai trat vom Podest. Der Arkonidenroboter folgte ihm unaufgefordert. Darc blieb verdattert zurück.

»Ich bin dir überlegen!«, rief Tolcai. »Das AUGE ermöglicht mir, potenzielle Zukünfte zu betrachten und abzuwägen. Ich habe alles vorhergesehen.«

»Davon gehe ich aus«, bekannte das Schiff.

Gebannt sah Darc seiner Erhabenheit hinterher, wie er mit elegantem Hüftschwung durch die Zentrale streifte, die Semimanifestationen bestaunte, als sähe er sie zum ersten – oder letzten! – Mal. Fast liebevoll streichelte er das Talagon, fuhr einem der emsig an den Konsolen arbeitenden Zwergandroiden über den Kopf. Darc wurde den Eindruck nicht los, dass er einem Abschiedsritual zusah.

Er selbst betastete den Formenergieboden unter sich und wartete geduldig. Er würde eine Antwort auf seine Frage erhalten – »Warum bin ich hier?« –, wenn seine Erhabenheit sie zu geben bereit war.

Schließlich wandte Tolcai sich dem schattenlosen Obelisken zu, der sich beim Eingang langsam um seine Achse drehte. Stumm musterte er das tiefschwarze Material, als versuchte er, sein eigenes Spiegelbild zu erkennen. Doch da war keine Reflexion. Der Obelisk schluckte jedes Licht.

»Ich werde mich dir entziehen, STRAHLKRAFT. So, wie er es vormachte. Der Tod hat ihn von dir befreit.« Tolcais sechsfingrige Hände streichelten den Leichnam Yomorikons. Darc hatte den Herrn schon oft so beobachtet.

»Du weißt, dass ich deinen Suizid nicht zulassen darf.« Der Tonfall des Schiffs blieb neutral, dennoch horchte Darc auf. Da war ... etwas in diesen Worten. Eine Ahnung, eine Idee vielleicht. Darcs Verbindung zu der Intelligenz, die ihn geschaffen hatte, war stark. Hatte das Schiff ... einen Plan?

Ob Tolcai es ebenfalls spürte? Plötzlich wurde Darc nervös.

Der Kosmokratendiener blieb gelassen. »Ich weiß. Aber du wirst zulassen, dass ich meine Aufgabe erfülle.«

»Korrekt.«

Schweigen. Der Herr stand vor dem Obelisken, scheinbar in Zwiesprache mit Tuun Yomorikons Leichnam versunken, wie ein Junge mit seinem imaginären Freund. Dann umfasste er das Talagon mit beiden Händen und hob es zu den Quantennebeln, die die Decke der Raumschiffszentrale bildeten. Ein König, der sein Kind dem Volk präsentiert.

»Meine Aufgabe ist, das Talagon zu entsorgen«, sagte Tolcai.

»Korrekt«, antwortete das Schiff.

»Ist es geöffnet, kann es nicht mehr eingesetzt werden. Dann gilt es als entsorgt.« Er ließ das Artefakt los, sodass es mit blechernem Laut gegen seine Brust pochte, und wies erneut zur Manifestation mit dem Bild der Außenoptik.

Ein Schwarm Vögel zog über den Gipfel. Die führenden Exemplare kollidierten mit dem Schutzschirm der kobaltblauen Walze, verpufften in einer Kaskade silbriger Blitze. Panisch drehten die restlichen Tiere ab, zerstoben zu einem chaotischen Durcheinander, bevor sie sich erneut zu einem Schwarm formten und sich in umgekehrter Richtung entfernten.

»Also wartet meine Aufgabe da draußen.« Tolcai referierte nun, schien dieses letzte Duell mit der Schiffsintelligenz zu genießen. Die Statusleuchten einer nahen Konsole reflektierten selbstgefällig von seinem bronzefarbenen Schädel. »Dort muss ich hin! Auf denselben Berg, auf dem du mich einst rekrutiert hast.«

Mit wachsender Verzweiflung lauschte Darc den Argumenten des Herrn. Er suchte nach Fehlern.

Es war eine verstiegene, seltsame Logik, aber sie war zugleich unbestechlich. Das Talagon konnte nur auf dem Kontinent Talanis oder Atlantis, wie die Arkoniden ihn nannten, geöffnet werden. Dort lag das garbeschianische Raumschiff ZIBORAL begraben, dessen spezielle Hypersignatur den Schlüssel bildete.

War das Talagon einmal geöffnet – ein Erzeugnis verfeindeter, chaotarchischer Technologie –, würde der STRAHLKRAFT nichts übrig bleiben, als den Herrn zu verstoßen und ihn dem Tod zu überlassen – und die Äonen der Zwangsarbeit würden enden. Solange Tolcai im Dienst der Kosmokraten stand, war ihm das Sterben untersagt.

Das Ziel also war von Anfang an Talanis gewesen. Die STRAHLKRAFT aber hätte ihn niemals an diesen Ort gebracht – eine kobaltblaue Walze war ein zu großes Machtmittel für Privatangelegenheiten. Dann jedoch hatten sich dem Herrn unerwartete Chancen eröffnet.

Logan Darc erinnerte sich an das Grauen in den Mannschaftssälen und im mentalen Äther, als das jüngste Paket aus Einsatzbefehlen eingetroffen war. An das Greinen und Klagen seiner Artgenossen, nachdem sie die Koordinaten eines Zeittransmitters darin entdeckt hatten, den die Besatzung der STRAHLKRAFT nach dem Willen der Hohen Mächte zu demontieren hatte. Der Herr hatte eine Ausrede, um nach Larsaf III zurückzukehren.

Die Ruheperioden waren am schlimmsten gewesen. Vor allem, nachdem er aufgestiegen war und Tolcai ihn zum Commo'Dyr des Schiffs ernannt hatte. Zitternd hatte Darc in seiner Infraschallkoje gelegen und überlegt: Wie konnte er den Herrn retten, ihn auf die Linie der Kosmokraten zurücksteuern? Unzählige Szenarien hatte er im Kopf ent- und verworfen, Wahrscheinlichkeiten gegeneinander abgewogen und stets die Konditionierung verflucht, die ihn zum unbedingten Gehorsam zwang. Was durfte – was konnte er tun?

Endlich wandte sich der Herr Logan Darc zu. Er sah ihn an, als bemerkte er seine Anwesenheit erst in diesem Augenblick. »Warum du hier bist, möchtest du wissen, Commo'Dyr?«

»Es freut mich, dass Sie meine Frage nicht vergessen haben.« Logan Darc erhob sich, da seine Knie schmerzten und weil das Protokoll es erlaubte.

»Wie könnte ich eine Eingabe meines Lieblingsuntergebenen ignorieren?«

Darc wartete, dass der Herr weitersprach. Verulkte er ihn? Es fiel ihm schwer, Emotionen zu lesen.

Tolcais Finger umfassten einmal mehr das Talagon, es war eine offenbar unbewusste Geste. »Du wirst die Stellung halten, während ich meine Aufgabe erfülle. Im Tunniumsystem ist nichts mehr zu tun. Hier aber könnte jemand in letzter Minute meinen Plan vereiteln.« Sein Blick wanderte zur Decke. »Wir wissen, von wem wir reden.«

»Tu, was du nicht lassen kannst.«

Da war er wieder – dieser seltsame, unbestimmbare Unterton, mit dem das Schiff sprach. Darc flehte stumm, dass der Herr sein Zittern nicht bemerkte. Würde die STRAHLKRAFT einfach so aufgeben? Nach all den Jahrtausenden, in denen sie und der Missionsleiter sich geistig duelliert hatten?

Oder verbarg sie tatsächlich einen letzten Trumpf?

»Du wirst dich nicht einmischen, STRAHLKRAFT?« Tolcai hatte seine Runde durch die Zentrale beendet. Mit fließenden Bewegungen kehrte er auf das Podest zurück. Das AUGE schien auf unbestimmbare Weise dunkler als zuvor.

Darc wusste, was das hieß: Der Herr bereitete sich auf den distanzlosen Schritt vor. Sobald er die Arkonspitze betrat, würde er die Proto-Nekrophore öffnen. Die STRAHLKRAFT schien ausmanövriert.

»Es ist für alles gesorgt«, antwortete das Schiff kryptisch. »Nur ein Puzzlestück fehlt noch.«

2.

Caysey

Zwischen den Zeiten

Deine erste Zeitreise ist immer die anstrengendste, Kind!

Zumindest glaube ich das. Um es zu wissen, müsste man eine zweite machen, aber – beim Vrouhtou! – ich denke nicht, dass ich mir das hier ein weiteres Mal antun werde. Ein Gang durch diesen furchtbaren Torbogen reicht für den Rest meines Lebens.

Ich meine – sieh dir an, wie ich hier hänge: Mitten in der Bewegung erstarrt, die Beine zum Sprung gespreizt, und dich, mein Kind, an die Brust gedrückt. Das muss richtig lächerlich aussehen, wenn ich mir das so vorstelle.

Der Wickelrock ist mir über die Knie gerutscht, entblößt meine Knöchel und das geschwollene Fleisch, das sich durch die Riemchen der Sandalen presst. Die traditionelle Kleidung meines Volkes ist nicht für kosmische Abenteuer gemacht. Ututna wollte, dass ich sie trage, wenn ich entbinde und mich das Ende ereilt.

Nun, ich habe überlebt. Und stecke nun in diesen Sachen fest. Einer von diesen »Raumanzügen«, wie die Arkoniden sie schneidern, wäre mir lieber.

Ich denke.

Ich fühle.

Ich erinnere mich. Aber die Welt um mich herum scheint stillzustehen.

Perry und Sichu haben mich gewarnt. Meine Freunde aus der Zukunft haben schon einmal eine Reise durch das magische Tor unter der Meereskuppel gemacht. »Es wird sich anfühlen, als verginge keine und alle Zeit zugleich«, hat der Terraner gesagt. »Es wird vorübergehen.«

Also habe ich genickt und ihm fest in die Augen geschaut. Wem wäre geholfen gewesen, wenn er meine Unsicherheit bemerkt hätte? Die Zukunft lastet auf Perrys Schultern, das Dasein von allem, was einmal sein soll. Ich und du, wir sind unwichtig dagegen. Der Totgebärer-Fluch ist gebrochen, das muss ja außerdem irgendeinen Sinn haben.

Ohne zu zögern – man sagt mir nach, ich sei zu tapfer für mein eigenes Wohl! – habe ich also Anlauf genommen und bin mit dir auf den Torbogen zugerannt. Dahinter lag die Vergangenheit. Es kam mir vor, als preschte ich einem Spiegel entgegen, wenn auch einem, der zwar den Raum hinter mir, nicht aber dein und mein eigenes Abbild zeigt. Ich sah mich schon, wie ich mit der Nase gegen kaltes Glas prallte, wie ich mir den Kopf einrannte und mein Kind zwischen mir und der Wand einquetschte. Den letzten Schritt legte ich mit einem wilden Schrei im Sprung zurück.

Demselben, dem ich meine dämliche Körperhaltung verdanke. Der uns in diese seltsame Welt zwischen den Zeiten befördert hat.

Wenn man es überhaupt eine »Welt« nennen mag. Ich meine, was für eine merkwürdige Wirklichkeit ist das, in der es keine Farben gibt und in der doch alles bunt zu sein scheint? In der man nichts sieht und dennoch vieles? Gedanken vermischen sich und Empfindungen ebenso, ich spüre meine Furcht und deinen Hunger. Wir sind eins.

Ich fühle das Flüstern der Torintelligenz mehr, als dass ich es höre. Sie raunt mir Versprechungen in einer unbekannten Sprache zu. Sekunden werden zu Sand, rieseln an mir vorüber und bilden einen Haufen, Jahrhunderte hoch. Es fällt schwer, dir das vorzustellen? Ja, verstehe ich. Es fällt mir auch schwer, das zu beschreiben.

Dabei ist es ganz einfach. Du, mein Kind, und ich sind unterwegs, um die Vergangenheit ungeschehen zu machen.

In der Zeitlinie, aus der wir beiden stammen, ist so ziemlich alles schiefgelaufen. Tolcai hat das Talagon geöffnet. Das große Sterben hat das Leben ausgelöscht, nicht nur auf Atlantis, sondern auch zwischen den Sternen. Nur wir beide haben überlebt. Für eine Weile auch QUARTAM und meine zeitreisenden Freunde, weil einer von ihnen einen Zellaktivator in der Schulter trägt. Wusstest du, dass Perry Rhodan unsterblich ist? Es gibt echt die wildesten Sachen!

Zum Glück ist uns diese Zeitmaschine eingefallen. Nur wir zwei können sie benutzen, weil wir immun gegen die Nukleotide Pest sind. Perry und Sichu hätten den Erreger mit in die Vergangenheit gebracht, das Sterben wäre trotz allem ausgebrochen und nichts gewonnen gewesen.

Also muss ich Tolcai aufhalten. Ob ich überhaupt eine Chance gegen ihn habe? Ich würde antworten, aber wie Ututna gern sagt: »Erst mal können vor lauter Lachen.«

Schau genau her!

Nein, nicht auf meine Knöchel! Diese kleine, eisblaue Münze, die ich vor deinen Augen in der geschlossenen Faust trage – ganz leicht schimmern die Kanten durch die Lücken zwischen den Fingern hindurch. Siehst du es? Das, mein Sohn, sind QUARTAM, Sichu Dorksteiger und Perry Rhodan.

Vielmehr das, was von ihnen übrig ist. Ihre verseuchten Körper sind in der alten Zeitlinie zurückgeblieben und gestorben, aber nicht ihre Bewusstseine. Ihre »ÜBSEF-Konstanten«, wie Sichu sagt, sind auf dieser Münze gespeichert. Zusammen mit Bildern der Katastrophe und einem Programm, das RCO zur Waffe machen soll – Letzteres ist aber nur eine falsche Spur, um Tolcai in die Irre zu führen.