Aus den Fugen geraten - - Hans D. Schland - E-Book

Aus den Fugen geraten - E-Book

Hans D. Schland

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Beschreibung

Zu Beginn des Jahres 2024 muss man in Deutschland kein Wutbürger, Verschwörungstheoretiker o.ä. sein, um vielmehr auch ganz faktenbasiert großes Unbehagen in Bezug auf drängende gesellschaftliche Herausforderungen zu haben. Mangelhafte Kommunikation der Politik mit dem Bürger, zu viel Bürokratie, Personalmangel in vielen Bereichen, eine in Teilen marode Infrastruktur, politisches Handeln auf den letzten Drücker z.B. in der Migrationsfrage, bei innerer Sicherheit oder in Klimafragen lassen die Vermutung aufkommen, dass die Politik mit ihren 'Aufgaben überfordert ist. Nachfolgend hat sich mancher Bürger desillusioniert ins Private zurückgezogen oder sucht Hilfe bei politischen Verführern im rechtsextremen Spektrum. "Aus den Fugen geraten" beschreibt diese Problemlage inmitten globaler Krisen, die Feinde der Demokratie auf den Plan gerufen hat, und gibt Antworten, wie die deutsche Gesellschaft gegensteuern sollte.

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Seitenzahl: 80

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Bestandsaufnahme

Armut gefährdet Demokratie

Politikverdrossenheit

Verrohungstendenzen

Gewaltanstieg

Medien in der Kritik

Bildungsmisere

Sprachmanipulationen

Zuwanderung

Umweltprobleme

Klimaerwärmung

Demokratiefeinde

Gegensteuern

Literatur

Webseiten

Bestandsaufnahme

Zu Beginn des Jahres 2024 muss man in Deutschland kein Wut- oder Reichsbürger bzw. Verschwörungstheoretiker o.ä. sein, um vielmehr auch ganz faktenbasiert großes Unbehagen in Bezug auf drängende gesellschaftliche und globale Herausforderungen zu empfinden.

Hohe Lebensmittelpreise, Energiekosten und teurer Wohnraum haben das Leben und Wirtschaften in den letzten Jahren mit Corona-Pandemie, Gasmangel-Lage, Inflation und Krieg in Europa kostspieliger gestaltet. Für Teile der Bevölkerung ist Wohlstandsverlust und sozialer Abstieg zu befürchten (vgl. Die Ängste-Zahlen im Überblick bei ruv.de), was mit erhöhtem Streikaufkommen einhergeht. Es drohen ein weiteres Auseinanderdriften der deutschen Gesellschaft, eine sich weiter öffnende Schere zwischen arm und reich (vgl. Hessel, Stéphane, Empört euch!) und soziale Konflikte.

Mangelhafte Kommunikation der Politik mit dem Bürger, politisches Handeln auf den letzten Drücker und viele wenig konkrete Diskussionen auf Meta-Ebene, eine zu langsam agierende und zu viel Bürokratie, großer Personalmangel in manchen Bereichen der Gesellschaft (z.B. Pflege, Krankenhäuser, Schulen; vgl. table.media), eine in Teilen marode Infrastruktur, ein permanenter Streit der Ampelregierung z. B. beim Gebäudeenergiegesetz (GEG) oder im Umgang mit Schattenhaushalten (hier: Kreditermächtigungen des Klima- und Transformationsfonds) und Migranten nähren überdies die Vermutung, dass Politikerinnen und Politiker mit ihren Aufgaben überfordert sind.

Insbesondere Zuwanderungsthemen beschäftigen viele Bürger in Deutschland angesichts offensichtlicher Integrationsprobleme und von Parallelgesellschaften v.a. in den Großstädten. Sie lassen die Sorgen vor Spannungen mit Menschen aus anderen Kulturkreisen sowie in Bezug auf islamischen Extremismus und Terroranschläge stark anwachsen (z.B. auf Wochenmärkten; vgl. rnd.de).

Die innere Sicherheit und der Zusammenhalt in der Gesellschaft werden nach Ansicht vieler auch durch eine zunehmende Aggressivität im öffentlichen Raum (z.B. Messerattacken, Jugendkriminalität, Gewalt in Fußballstadien, Silvesterkrawalle) und im

Netz bedroht (Hassbotschaften, Fake News, fehlende Emphatie und Rücksichtnahme v.a. in sozialen Netzwerken).

Außerdem mangelt es oft an dem angemessenen Respekt gegenüber Beschäftigten im öffentlichen Personenverkehr, bei der Polizei, in den Schulen u.a. Hierbei geraten die Themen Beitrag von Medien zum Funktionieren der Demokratie, elterliche und schulische Erziehung oder Gendersprache und Anglomanie zusätzlich in den Fokus.

Der oftmals Stress auslösende Blick auf eine sich gefühlt ständig rasant ändernde Welt im Krisenmodus, die verrückt zu spielen scheint, verstärkt schon vorhandene Sorgen noch: die fragwürdige Formel des grenzenlosen Wachstums zumindest in der westlichen Hemisphäre, der noch genauer zu definierende Einfluss von Künstlicher Intelligenz, wachsende Cyber- und ausufernde organisierte Kriminalität.

Weitere Beunruhigung verursachen viele Fälle sexualisierter Gewalt in den Kirchen, die demographische Entwicklung in Deutschland und die immer deutlicher werdenden Folgen der Klimaerwärmung seit Beginn der Industrialisierung. Aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und zuletzt die Grausamkeiten des Nahost-Konflikts zwischen Israel und der palästinensischen Hamas werden das Vertrauen in den nationalen und internationalen Zusammenhalt und hinreichende Zukunftsaussichten ebenfalls nachhaltig erschüttert (vgl. rheingoldmarktforschung.de).

Ausgelöste Desillusionierungen können dann der Auslöser für einen Rückzug in eine selbstsüchtige Ego-Gesellschaft und bequeme Komfortzone ohne gesamtgesellschaftliche Teilhabe sein, weil nur noch dort Zukunftszuversicht möglich scheint, und für Krisenverdrängung als psychischen Schutzschild. Wenn überhaupt, informieren sich Teile der Bevölkerung in der Folge lediglich aus einer – oftmals zweifelhaften – Nachrichtenquelle.

Generell ist in Deutschland laut Reuters Institute Digital News Report die Bereitschaft, sich – manchmal schwer erträgliche – Nachrichten anzuhören, gesunken. Nur noch rund 50 Prozent der Befragten geben an, sich für Nachrichten zu interessieren; gleichzeitig vermeidet inzwischen jeder Zehnte Nachrichtensendungen und ignoriert alles Neue aus der Welt (z.B. von den Kriegsschauplätzen in der Ukraine und in Nahost).

Die Konzentration auf das Leben in einer ichbezogenen Kultur, quasi in einer „Zuschauerdemokratie“ (vgl. Wiebicke, Jürgen: Zu Fuß durch ein nervöses Land, S. 322), erscheint vielen Menschen also weitaus wichtiger zu sein, als fundiert über das gesellschaftliche Geschehen informiert zu sein (vgl. rheingoldmarktforschung.de).

Bedauerlicherweise verweigern sich also immer mehr der Notwendigkeit, sich die Wahrheit zuzumuten, ohne die man nicht versteht, was wirklich vor sich geht. Die Folge dieses Desinteresses, von politischer Apathie oder sogar allgemeiner Hoffnungslosigkeit ist schließlich, dass man sich immer weniger für öffentliche Angelegenheiten interessiert.

Das ist mehr als bedenklich, denn für das Gelingen von Demokratie ist eine gut informierte Gesellschaft unabdingbar, in der jeder Bürger, ob arm oder reich und solange er lebt, Mitverantwortung trägt und ein gutes Miteinander pflegt.

Wirtschaftliche und soziale Belastungen, coronabedingte Gründe, vielfältige Verunsicherungen, Gleichgültigkeit, Egomanie und Zukunftsängste haben nun dazu geführt, dass Verrohungen und Gewaltbereitschaft in der Bevölkung in den letzten beiden Jahren angestiegen sind.

Eine resignative Haltung führt darüber hinaus bei manchen Deutschen zu einem beständigen Gefühl der Erschöpfung, da sie an ihren psychischen Grenzen angelangt sind (vgl. Der Spiegel, Nr. 43/21.10.2023, S. 106).

Auch Depressionen haben (z.B. bei den niedersächsischen Bürgern) zugenommen: Nach den Daten der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) ist die Zahl der Patientinnen und Patienten mit wiederkehrenden Depressionen im Zeitraum von 2012 bis 2022 um 84 Prozent gestiegen.

Deutschlandweit lag der erschreckende Anstieg bei 67 Prozent. Die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage wegen psychischer Erkrankungen ist in den letzten beiden Jahren ebenfalls stark angestiegen (vgl. z.B. barmer.de).

Diese gesellschaftliche Entwicklung inmitten multipler Krisen auf der Erde hat nicht nur in Deutschland zuletzt Demokratie-Feinde vor allem aus dem rechtsextremistischen Spektrum auf den Plan gerufen, die reale oder gefühlte Zukunftsängste gern in ihrer Propaganda aufgreifen und nicht am Gemeinwohl orientiertes Verhalten verstärken.

Trotz der Komplexität anstehender Veränderungen suggerieren diese antidemokratischen Kräfte in einer ihnen eigenen postfaktischen sowie mit Halbwahrheiten und Fake News versehenen Gedanken- und Nachrichtenwelt, dass man die Zeit mit Hilfe von einfachen Antworten und Problemlösungen zurückdrehen könnte.

Indem außerdem behauptet wird, dass die verantwortlichen Politiker nicht wüssten, was die Menschen wirklich umtreibt und besorgt (vgl. rnd.de), entsteht ein Nährboden v.a. für Rechtspopulismus. Dieser trägt entscheidend zu einer schwindenden Wertschätzung der Demokratie bei und behindert einen problemlösenden Diskurs.

In der letzten Zeit ist die Befürchtung gewachsen, dass man aufgrund von Kontrollverlust hierzulande weder politisch noch emotional in der Lage sein werde, die vorhandenen Probleme zu lösen: „Deutschland ist nicht mehr auf Zack“ (zitiert nach Kristina Dunz, in: msn.com).

Erforderlich wäre eine „neue Aufbruchstimmung“: Die Regierungskoalition sollte in dieser Zeit der Verunsicherung erkennbarer gegensteuern, transparenter agieren und eine bessere Kommunikation mit den Bürgern pflegen.

So fiel z.B. die Kanzlerrede Ende November 2023 bezüglich des Verfassungsgerichtsurteils zum verfassungswidrigen Bundeshaushalt nur „formalistisch und formelhaft“ aus (Zitat Eva Quadbeck, in: Dewezet, 29.11.2023, S. 2), ohne dabei Fehler und das Einschlagen eines falschen Weges einzugestehen.

Aber auch die Bürger, die - krisenmüde geworden - mitunter eine wenig angemessene Haltung gegenüber ihren Bürgerpflichten oder der Umwelt an den Tag legen, tragen mit ihrem sozial- und umweltpolitischen Verhalten große Verantwortung für ein gutes Zusammenleben, den Umweltschutz und den Erhalt des demokratischen Staatswesens (vgl. Kitil, P.O.: Wider die Unvernunft, S. 44ff):

Dem Staat gehen nämlich pro Jahr geschätzt 100 Mrd. Euro durch Steuerhinterziehung verloren (vgl. boeckler.de), und nicht umweltgemäßes Verhalten bedroht immer stärker das Grundrecht auf Leben und Gesundheit (vgl. zdf.de).

Mithin gilt erneut: „Durch Deutschland muss ein Ruck gehen. Es muss mehr Miteinander und weniger Egoismus geben.“ (Roman Herzog in seiner wohl berühmtesten Rede als Bundespräsident am 26.4.1997).

Nach Jahren antwortete Herzog mit Resignation auf die Frage, warum bisher so wenig von diesem Ruck zu spüren sei, dass es uns immer noch zu gut gehe und dass das Volk sich zu wenig bewege (vgl. fr.de).

Auch heute bleibt das Gefühl, dass der Zusammenhalt der deutschen Gesellschaft, die von zu viel Individualismus geprägt wird, gefährdet ist.

Quasi als Beleg dafür sieht man hier ein Beispiel für Gedanken- und Respektlosigkeit gegenüber der Umwelt: beim Wandern entdeckter, illegal entsorgter Müll bei Wernigerode im Harz. (Foto des Autors, August 2023)

Laut Harald Welzer (vgl. Alles könnte anders sein. Eine Gesellschaftsutopie für freie Menschen, S. 25) haben wir nämlich „keinen Mangel an Wissen über den Zustand der Welt, aber Mangel an Willen, diesen Zustand zu verbessern.“