Backstreet Girl - Jennie Hermann - E-Book

Backstreet Girl E-Book

Jennie Hermann

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Beschreibung

Fantum ist eine sonderbare, wunderbare, manchmal erschreckende Sucht, die sich in allen Populärkulturen industrialisierter Gesellschaften findet. Sie führt dazu, dass Menschen sich verändern, sich selbst nicht wieder erkennen, wie besessen reagieren oder sich gar selbst aufgeben. In diesem Buch geht es um Fans von Popstars, die über ihr eigenes Fantum ein Buch geschrieben haben - wie die Autorin einst selbst, deren Fan-Buch "Backstreet Girl" Teil dieser Arbeit ist. "Ein Buch von einem Fan über die BACKSTREET BOYS in unserer Gazette?! Ja, warum denn nicht?! Über die BACKSTREET BOYS kann man zwar deutlich streiten, ist ja aber eine reine Einstellungssache und somit kaum diskutierbar. Das Buch ist in drei Teile aufgeteilt: Tagebuch, Fantum und Interviews. Erster Teil liest sich wirklich Gänsehaut-mäßig. Wenn man selber Fan von etwas ist, seien es Bands, Musiker oder im Sport, dann kann man richtig mitfiebern, wie nah Jennie ihrem Objekt der Begierde gekommen ist. In diesem Fall ist dies Kevin, eins der Goldkehlchen der BACKSTREET BOYS. Jennie wagt sich mit diesem Buch das erste Mal auf das schriftstellerische Parkett. Was ihr auch sehr gut gelingt, weil sie einen einfach fesseln kann. Demgegenüber stehen im Abschnitt Fantum die Analysen des Fan-Daseins im Vordergrund. Das komplette Buch wurde zunächst als Diplomarbeit erstellt. Daher auch der wissenschaftliche Schreibstil dieses Teils, der deutlich weniger dramatisch zu lesen ist. Im letzten Teil, den Interviews, werden andere Fan-Autoren befragt, wie und warum sie zum Fan-Autor wurden. Neben weiteren, nicht relevanten, Musik Idolen wie PETER MAFFAY, TAKE THAT und PUR (???!), ist hier nur das Interview mit Christian Gasser interessant zu lesen. Dieser referiert über sein Buch: " Mein erster Sanyo - Bekenntnisse eines Pop-Besessenen" und seine Vorliebe für Stars wie IGGY POP und deren selbstzerstörerischen Lebensweisen. Daher insgesamt nur eingeschränkt empfehlenswert. Die Tagebuchgeschichte war aber geil! Es erinnerte mich förmlich an meine Starverehrung der SPICE GIRLS." Marky in: Pankerknacker

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Jennie Hermann

Backstreet Girl

Projektionsfläche Popstar –Wenn der Fan zum Schriftsteller wird

Bestandsaufnahme und analytische Untersuchungeiner literarischen Nischengattung

Die Autorin

Jennie Hermann, Jahrgang 1976, hatte bis zum Jahr 1996 noch kein Popkonzert live erlebt. Darüber hinaus war ihr jeglicher Fanatismus fremd. Doch dann kam der 19. Juni 1996, ein Tag, der ihr Leben veränderte: Ein Live-Auftritt der Backstreet Boys löste bei ihr eine langjährige, intensive Fan-Leidenschaft für die amerikanische Boygroup aus – insbesondere für einen der Jungs.

Sie besuchte daraufhin nicht nur zahlreiche Konzerte der erfolgreichen Band, sondern reiste ihnen hinterher und lernte sie persönlich kennen. Ihre Leidenschaft führte sie bis nach Amerika, an jenen Ort, nach dem sich die Backstreet Boys benannten, über London wieder zurück nach Deutschland zu diesem Buch.

Bereits während ihrer Fanzeit begann die ambitionierte Schreiberin ihre Geschichte – und gleichzeitig die vieler anderer junger Frauen jener Zeit – aufzuschreiben und immer wieder zu reflektieren.

Nach ihrer Ausbildung zur Industriekauffrau studierte sie Kulturwissenschaften an der Universität Hildesheim. Hier konnte sie sich neben Kunst, Theater und Medien intensiv mit Kreativem Schreiben und Fantum auseinandersetzen. Als sie ihre fast vergessene Leidenschaft während des Studiums wieder einholte, machte sie das Thema zu ihrer Diplomarbeit. Heute arbeitet Jennie Hermann im Bereich Public Relations und Marketing.

Das Buch ist eine überarbeitete Fassung ihrer Diplomarbeit „Projektionsfläche Popstar – Wenn der Fan zum Schriftsteller wird. Bestandsaufnahme und analytische Untersuchung einer literarischen Nischengattung“ aus dem Jahr 2006 an der Universität Hildesheim.

Für Christian, Bettina und Kevin

Wissenschaftliche Reihe, Band 4

Originalausgabe© 2009 Archiv der Jugendkulturen Verlag KG, BerlinAlle Rechte vorbehalten1. Auflage 2009

Herausgeber:Archiv der Jugendkulturen e.V.Fidicinstraße 3, D – 10965 BerlinTel.: 030 / 694 29 34; Fax: 030 / 691 30 16E-Mail:[email protected]

Vertrieb für den Buchhandel: Bugrim (www.bugrim.de)Auslieferung Schweiz: Kaktus (www.kaktus.net)Privatkunden und Mailorder: www.jugendkulturen.de

Umschlaggestaltung: Chris NowakGestaltung Innenteil: Conny AgelDruck: werbeproduktion bucher

ISBN Print: 978-3-940213-50-1ISBN E-Book: 978-3-940213-87-7

Das Berliner Archiv der Jugendkulturen e. V. existiert seit 1998 und sammelt – als bisher einzige Einrichtung dieser Art in Europa – vor allem authentische Zeugnisse aus den Jugendkulturen selbst (Fanzines, Flyer, Musik etc.), aber auch wissenschaftliche Arbeiten, Medienberichte etc., und stellt diese der interessierten Öffentlichkeit in seinen derzeit 300 m2 umfassenden Bibliotheksräumen kostenfrei zur Verfügung. Darüber hinaus betreibt das Archiv der Jugendkulturen auch eine umfangreiche eigene Jugendforschung, berät Kommunen, Institutionen, Vereine etc., bietet jährlich bundesweit rund 120 Schulprojekttage und Fortbildungen für Erwachsene an und publiziert eine eigene Zeitschrift – das Journal der Jugendkulturen – sowie eine Buchreihe mit sechs Titeln jährlich. Das Archiv der Jugendkulturen e. V. legt großen Wert auf eine enge Kooperation mit Angehörigen der verschiedensten Jugendkulturen und ist daher immer an entsprechenden Angeboten, Reaktionen und Material jeglicher Art interessiert. Die Mehrzahl der Archiv-MitarbeiterInnen arbeitet ehrenamtlich.

Schon mit einem Jahresbeitrag von 48 Euro können Sie die gemeinnützige Arbeit des Archiv der Jugendkulturen unterstützen, Teil eines kreativen Netzwerkes werden und sich zugleich eine umfassende Bibliothek zum Thema Jugendkulturen aufbauen. Denn als Vereinsmitglied erhalten Sie für Ihren Beitrag das Journal der Jugendkulturen sowie zwei Bücher Ihrer Wahl aus unserer Jahresproduktion kostenlos zugesandt.

Weitere Infos unter www.jugendkulturen.de

archiv

der jugenkulturen e.v.

INHALT

Einleitung

TAGEBUCH

Intro

We’ve got it going on

Just to be close to you

You’re the one for me

I live my life the way to keep you coming back to me

Don’t leave me hanging here forever

Nobody but you

I’m looking for a sign in the things you do (I wanna be with you)

I deserve a try honey, just once

There is nobody who can make me cry, nobody – but you

Everything I do is for you

‘Cause I’m holding on with a love so strong

Backstreet’s back, alright?!

I might break down and cry just like a child

Tell me why can’t I be there where you are

It’s not that I can’t live without you

Once we were lovers, just lovers we were – you and I, what a lie

Outro

FANTUM

Fantum – eine Annäherung an ein Phänomen

Der Fan von Popstars und Popmusik. Ein Typologisierungs-Versuch

Weiblicher und männlicher Fan – (k)ein Unterschied?

Fantum – eine Suche nach den Ursprüngen.Geschichtlicher Rückblick auf ein Phänomen

Der Fan als Schriftsteller

Das Schreiben als Akt des individuellen Fanausdrucks

Bücher von Fan-Autoren

Auswahl der Bücher von Fan-Autoren

Der Auslöser – wie und warum Fan-Autoren zu Fans wurden

Fan-Autorentypen

Analyse der Bücher von Fan-Autoren

Allgemeine Charakteristika der ausgewählten Fan-Texte

Aufbau und Struktur der Fan-Texte

Autobiografie und Tagebuch – ein Exkurs

Inhaltliche Aspekte der Bücher von Fan-Autoren

Sprache und Stil in Büchern von Fan-Autoren

Sonderform des fanspezifischen Schreibens – Fanfiction

Zielgruppen von Fan-Autoren

Typologie der Fan-Autoren

Fazit und Ausblick

INTERVIEWS

Elf Autoren über ihr Fantum und ihre Texte

Dagmar Vogt

Rosi Kieffer

Reni Kieffer

Yvonne Zarski

Ingrid Klages

Frederic Laudenklos

Claudia Zantopp

Christian Gasser

Caroline Sullivan

Frank Schäfer

Kerstin Grether

Die „andere Seite“. Interview mit einem erfolgreichen Musiker

ANHANG

Literatur- und Quellenverzeichnis

Thank Yous

EINLEITUNG

Fantum ist eine sonderbare, wunderbare, manchmal erschreckende Sucht.

Fantum ist eine sonderbare, wunderbare, manchmal erschreckende Sucht, die sich in allen Populärkulturen industrialisierter Gesellschaften findet. Sie führt dazu, dass Menschen sich verändern, sich selbst nicht wieder erkennen, wie besessen reagieren oder sich gar selbst aufgeben. Sind Fans besessen? Oder werden sie vielmehr besessen – zum Beispiel von Popstars oder Popmusik?

In diesem Buch geht es um Fans von Popstars und Popmusik, die über ihr eigenes Fantum ein Buch veröffentlicht haben. Zwei Bereiche der Kulturwissenschaften – die Populärkultur und die Literatur – treffen sich hierbei in einer kleinen, bisher wissenschaftlich unbeachtet gebliebenen literarischen Nischengattung. Die dazu zählenden Bücher sind hier Untersuchungsgegenstand und sollen dabei helfen, das Phänomen Fantum weiter zu erfassen und zu durchleuchten.

Für den Ausgangspunkt der wissenschaftlichen Analyse nutzte ich als methodisches Vorgehen im Sinne der Cultural Studies meine eigenen Erfahrungen1. Vor 13 Jahren wurde ich unvorhergesehen Fan der amerikanischen Boygroup Backstreet Boys und erlebte eine Fan-Karriere mit allen Höhen und Tiefen. Die Idee, aus diesen Erfahrungen ein Buch zu machen, entstand sehr bald. Doch erst durch Seminare im Rahmen des Studiums, in denen ich mich mit Kreativem Schreiben, dem Literaturmarkt, dem Thema „Autobiografie“ und dem Fantum beschäftigte, nahm das Wunschprojekt Form an.

Mein Manuskript war als Rohfassung fertig gestellt, als ich mich entschloss, das Thema zu meiner Diplomarbeit zu machen. Ich begann mit der Recherche nach Büchern ähnlicher Art und stieß auf eine kleine, versteckte Anzahl an Veröffentlichungen, mit denen Fans über die letzten Jahrzehnte als Schriftsteller auf den Büchermarkt getreten waren.

Um die Auswahl der Bücher einzugrenzen, beschränkte ich mich auf Bücher des deutschen Buchmarktes. Insgesamt wählte ich 14 Veröffentlichungen für die Analyse aus. Neben Texten deutscher Fan-Autoren befinden sich darunter auch ein Text eines schweizer Autors und zwei Übersetzungen amerikanischer Autorinnen. Die eigenen Fan-Erinnerungen stehen als Einführung und Beispiel am Anfang dieses Buches und sind ebenfalls Bestandteil der Analyse.

Im zweiten, wissenschaftlichen Teil begleiteten mich Grundfragen wie: Was sind es für Fans, die Bücher schreiben, und was hat das Schreiben für eine Bedeutung für sie? Wie unterscheiden sich die Bücher dieser Nischengattung und wie behaupten sie sich auf dem Büchermarkt? Ziel war es, herauszufinden, wie Fans sich schreibend mit ihrem Fantum beschäftigen und wie sie ihre Erfahrungen und Gedanken literarisch umsetzen.

Zunächst wird das Phänomen Fantum vorgestellt. Außerdem werden Begriffe, Eigenschaften und Geschichte des Fantums und Unterschiede innerhalb der Fans von Popstars und Popmusik thematisiert.

Die Analyse beschäftigt sich mit Fan-Autoren, ihrem Fantum und ihrem Schreiben. Es werden allgemeine Charakteristika von Fan-Texten aufgezeigt, auf Bezüge zur Autobiografie und zum Tagebuch eingegangen und der Textinhalt auf fanspezifische Merkmale hin untersucht. Entstanden ist keine rein klassische Analyse, vielmehr filtert die Untersuchung Auffälligkeiten und Charakteristika der Nischengattung heraus. Mit den gewonnenen Erkenntnissen wurde eine erste Typologie von Fan-Autoren erstellt.

Ausführliche Interviews, die ich mit elf Autoren und einem Musiker geführt habe, ergänzen die Arbeit im dritten Teil.

Fantum ist ein komplexes Phänomen. Es betrifft viele Bereiche wie zum Beispiel die Soziologie, Psychologie, Semiotik, Medienkunde und Kommunikationswissenschaft. Dementsprechend lieferte mir Fachliteratur aus vielen dieser Bereiche Ansätze und Erklärungen. Trotz der zunehmend positiven Bewertung des Fantums in der Wissenschaft ist das Negativ-Klischee vom unkritischen Fan, der weitgehend gedankenlos konsumiert, zumindest in den Medien immer noch weit verbreitet. Mit dieser Veröffentlichung versuche ich dieses Klischee weiter aufzulösen und bestehende Sichtweisen zu verändern. Neu ist dabei der Analysegegenstand, das heißt die veröffentlichten Bücher von Fans als auch den Fan als Schriftsteller zu betrachten.

Die untersuchte Nischengattung ist bislang weder theoretisch noch empirisch bearbeitet worden, deshalb haben viele Ausführungen heuristischen Charakter. Darüber hinaus erhebt die Veröffentlichung keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Allgemeingültigkeit. Vielmehr soll sie eine Einführung in die Nischengattung der Bücher von Fan-Autoren sein und einen ersten Überblick geben.

Fakt ist: Das Phänomen Fantum hat Aufmerksamkeit verdient. Es ist nicht nur ein aktuelles Jugendthema, sondern bewegt, verwundert und fasziniert seit langem viele Menschen in den unterschiedlichsten Altersklassen. Eine Sucht und Sehnsucht, die uns auch in Zukunft begleiten wird.

Jennie Hermann, Braunschweig, März 2009

1 Vgl. Lutter 2002, S. 21

Tagebuch

Intro

Die Backstreet Boys – Ende der 90er Jahre kannte sie jeder. An dieser Boyband kam niemand vorbei. Nick, AJ, Brian, Kevin und Howie waren die Lieblinge von Millionen von Mädchen, Müttern und sogar etlichen Jungs. Allein in Deutschland füllten sie Stadien mit über 30.000 Zuschauern.

Während die Backstreet Boys 1995 noch in weiten Basketball-Shirts und Baggy-Jeans als Vorband von DJ Bobo performten, lösten sie kurze Zeit später mit ihrer ersten eigenen Deutschland-Tournee eine flächendeckende Hysterie aus. Ihre Songs schossen in die Charts, die Jugendzeitschriften quollen über von Postern und Berichten, ihre Konzerte waren ausverkauft, die Hotels, in denen sie übernachteten, belagert. Alle waren verrückt nach den fünf Amerikanern.

Die Backstreet Boys tourten um die ganze Welt. Sie veröffentlichten sechs Alben und eine Best-Off-Compilation, die sich bis heute weltweit über 100 Millionen Mal verkauften.

Im Jahre 2000 verschwand die Boyband plötzlich von der Bildfläche. Dem Streit mit dem Management folgten Herz- und Alkoholprobleme. Die Backstreet Boys waren ausgebrannt. Sie hatten sich eine Pause verdient, mussten neue Kraft schöpfen und ihre eigenen Wege gehen.

Der einstige Publikumsliebling Nick floppte 2002 mit seinem Soloalbum und schaffte es danach nur noch, als Boyfriend von Paris Hilton Schlagzeilen zu machen. Leadsänger Brian heiratete, wurde Vater und widmete sich der christlichen Musik. Kevin heiratete ebenfalls und spielte zwischenzeitlich im Londoner Musical „Chicago“ mit. AJ machte einen Entzug wegen seiner Drogen- und Alkoholsucht. Um Howie blieb es ruhig.

Im Sommer 2005 wollten die Backstreet Boys es noch einmal allen zeigen. Mit einem neuen Album im Gepäck tourten sie erneut um den Globus. Doch das Comeback funktionierte nur mittelmäßig. Album und Singleauskopplung stiegen zwar in die Charts, aber die Konzerthallen füllten sich nur noch zur Hälfte. Die treuen Fans waren trotzdem überglücklich, die Jungs wiederzusehen, und feierten sie ohrenbetäubend. Woher ich das weiß? Ich war dabei – von Anfang an – und zwar ganz nah.

Vor fast zehn Jahren, als alles begann, hatten Boybands für mich keine Bedeutung. Ich hatte seit einem Jahr mein Abitur in der Tasche und wollte Industriekauffrau werden. Zusammengecastete Popgruppen, die auf der Bühne zappelten, fand ich lächerlich. Gut, als Zwölfjährige stand ich auf Patrick Swayze und Michael Jackson, aber mein Fantum beschränkte sich auf ein paar Poster an den Wänden. Meine kleine Schwester war da anders. Sie weinte vor dem Fernseher, wenn Take That, die erfolgreiche britische Vorgänger-Boygroup der Backstreet Boys, auftrat. Ich beäugte sie ungläubig.

Als Take That sich auflöste und damit eine Welle von Selbstmordgedanken bei jungen Mädchen lostrat, hielt ich das für übertriebenen Kinderkram. Ich fasste mich an den Kopf, wenn ich schreiende Fans im Fernsehen sah. Wie konnte man, um Himmels willen, beim Anblick eines hampelnden Milchgesichtes die Fassung verlieren? Wofür diese künstliche Aufregung? Das war doch nicht normal.

Was mir nicht bewusst war, war, dass man auch mit einem gewissen Alter nicht automatisch immun gegen diese besondere „Krankheit“ ist. Es gibt auch keinen speziellen Impfstoff dagegen. Obwohl ich mit meinen 20 Jahren weit über dem Durchschnittsalter eines BSB-Fans lag, infizierte ich mich am 13. Juni 1996 mit dem BSB-Fieber. Ich war nicht auf die Schnelligkeit vorbereitet, mit der sich das Fieber in mir ausbreitete. Es durchströmte mich, es bestimmte mich, es machte mich zu einem anderen Menschen.

Was ich in sieben Fieber-Jahren erlebt habe, erzähle ich in diesem Buch. Die Namen einiger Personen habe ich dabei aus Rücksicht verändert.

Das Buch beschreibt, wie mich die Welt einer Boygroup beeindruckt und aufgesogen hat. Es beschreibt aber auch, wie ich mich von meiner Faszination wieder befreit habe.

Die Geschichte ist für all diejenigen, die Ähnliches erlebt haben. Sie ist für diejenigen, die wissen wollen, wie es ist, einen Star zu „lieben“. Und sie ist für diejenigen, die diese Art von Liebe überhaupt nicht nachvollziehen können.

Bevor ich anfing zu schreiben, begann ich, alles herauszukramen, was sich in meiner Backstreet-Boys-Zeit angesammelt hatte. Ich baute mir einen Schreibplatz voller Erinnerungen, pinnte Fotos an die Wände, hörte BSB-Musik, schaute BSB-Videos, blätterte stundenlang in Zeitungsartikeln und begutachtete Konzertkarten und Dinge, die mein Backstreet Boy angefasst hatte und die ich aus diesem Grund nie hatte wegwerfen können.

Ich ließ mich noch einmal in die schönste und zugleich schlimmste Zeit meiner postpubertären Phase fallen.

Klar, dass ich meine Tagebücher mit anderen Augen las. Trotzdem sah ich alles genau wie damals vor mir. Es fing ganz harmlos an …

We’ve got it goin’ on

Braunschweig, 13. Juni 1996

Was für ein warmer, sonniger Frühjahrstag! Gegen 17.00 Uhr ruft mich meine Freundin Bettina an und verkündet, dass die Backstreet Boys in der Stadt seien. „Bitte wer?“ frage ich und überlege, wen sie meint. „Die sind echt süß“, schwärmt Bettina, „von denen ist doch das Video, das jeden Tag auf MTV läuft!“

Vergeblich versuche ich ihr zu erklären, dass ich diesen TV-Kanal nicht empfangen kann. Aber meine Freundin lässt nicht locker.

„Die sind total berühmt, lass uns doch mal hingucken!“

Berühmte Stars in Braunschweig? Eigentlich eine Seltenheit … Letztendlich willige ich ein, mit ihr an den Ort zu fahren, an dem die besagte Band ihr Konzert geben soll.

Ich interessiere mich eigentlich nicht für Popstars. Die letzte Bravo habe ich vor vielleicht vier Jahren gelesen … Mehr Zeit zum Überlegen bleibt mir nicht, Betty steht mit ihrem goldmetallfarbenen Golf II schon vor meiner Haustür. Ja, ich habe jetzt eine eigene Haustür! Seit ein paar Tagen wohne ich in meiner ersten eigenen Wohnung. Zu Hause wird es wegen meinen jüngeren Schwestern eng. Die werden immer größer und brauchen dementsprechend größere Zimmer. Außerdem beginnt meine kaufmännische Ausbildung bald und ich sollte langsam erwachsen werden (denken zumindest meine Eltern).

An der Eissporthalle ist die Hölle los. Vor dem Eingang hat das Rote Kreuz sein Areal durch eine Absperrung markiert und dahinter seine Zelte aufgeschlagen.

Das Konzert ist ausverkauft, deshalb gesellen wir uns zu den vielen jungen Mädchen und denen, die aussehen wie wartende Eltern. Was sich in der Halle abspielt, können wir nicht sehen. Dafür staunen wir über die gestressten Sanitäter, die vor uns ständig neue Bahren anliefern. 10- bis 14-jährige Mädchen mit schweißnassen Haaren liegen darauf. Mit dem Handrücken halten sie sich die Stirn. Bleich sind sie, die aufgestellten Knie schwanken kraftlos hin und her. Weitere Sanitäter versorgen sie mit Wasser, Decken und gutem Zureden. Vereinzelt gibt es eine Backpfeife. Ich traue meinen Augen kaum. Noch weniger meinen Ohren. Wie ein Windzug schriller Schreie, überdrehter Bässe und vereinzelter Töne heult es aus den Ritzen des Gebäudes. Und wenn die Musik von Zeit zu Zeit mit einem Paukenschlag verstummt, steigt der schreiende Geräuschpegel um das Doppelte. Was spielt sich im Innern dieser Halle ab?

Ich hatte ja schon Einiges gesehen, aber so etwas noch nicht. Ist das ein Scherz oder ist das ernst gemeint? Ist das ein normaler Zustand oder eine Ausnahme? Ich musste es herausfinden.

Mit einem Mal läuft ein Schwung Mädchen los. Bettina und ich rennen ohne nachzudenken hinter ihnen her, Richtung Hinterausgang der Eishalle. Ein Bild für die Götter. Wie von der Leine gelassene Pittbullterrier jagen wir und – sind zu spät. Der Polizeibus fährt an uns vorbei. Wir sehen nur noch, wie das Blaulicht auf der Straße immer kleiner wird. Wo wollen die Backstreet Boys hin?

Es ist kein Zufall, dass eines der Mädchen weiß, in welchem Hotel die Band wohnt. Woher soll ich auch wissen, dass das zur Taktik eines Boygroup-Managements gehört, um eine Band bekannt zu machen.

Bettina und ich haben Blut geleckt und nur eins im Kopf: Hinterher! Triumphierend eilen wir zu ihrem Auto. Außer uns hat niemand einen Führerschein, geschweige denn ein Auto. Wir knallen die Türen zu, bevor uns jemand ums Mitnehmen bitten kann, und geben Gas. Auf der Fahrt halten wir kurz inne: Was tun wir hier? Wir verfolgen die Backstreet Boys – eine Band, die zumindest ich nicht mal kenne. Aber wem so viele Mädchen hinterher schreien, der muss doch irgendwie toll sein. Und wir wollen wissen wie toll. Scheiß auf das Erwachsensein.

Die Backstreet Boys übernachten im Hotel Holiday Inn. Bingo! Das Hotel liegt direkt gegenüber meiner neuen Wohnung. Die Jungs könnten nachts heimlich zu mir herüberkommen, ja, eigentlich könnten sie gleich bei mir übernachten und sich das Hotel sparen. Es würde niemand erfahren. Betty und ich würden dichthalten und eine super Privatparty feiern. Welch unsagbare Vorstellung!

Vor dem Hoteleingang haben sich zu unserer Enttäuschung bereits etliche Teenies postiert. Sie stieren die Hotelwand hoch, danach lechzend, dass sich einer der „Hinterstraßen Jungs“ endlich aus dem Fenster hängt. Die können lange warten, denke ich abfällig. Mir vergeht unmittelbar die Lust, hier wie bestellt und nicht abgeholt herumzustehen. Dafür bin ich wirklich zu alt. Die Backstreet Boys würden doch niemals …

Doch – sie tun es. Einer von ihnen lehnt sich plötzlich aus dem Fenster im zweiten Stock, winkt und ruft:

„Hello!“

Ein Zweiter stützt sich über ihn und grüßt uns ebenfalls. Die beiden sind also der Grund, warum alle Mädchen so schreien? Die sehen doch ganz normal aus!

13. Juni 1996: Hotel Holiday Inn in Braunschweig. Das Warten hat sich gelohnt. Ein Backstreet Boy lässt sich blicken.

Ein Mädchen neben uns singt einen Backstreet-Boys-Song. Ungläubig gucke ich sie an. Bettina grinst. Der Rest der Mädchen stimmt in den Gesang mit ein. Und dann passiert das Unglaubliche: Ich singe auch. Ich singe einfach mit, obwohl ich den Text gar nicht kenne. Bin ich von allen guten Geistern verlassen? Bettina jedenfalls scheint mein Verhalten nicht zu verwundern. Sie findet das Ganze völlig normal. Also ist es normal. Sie ist schließlich ein Jahr älter als ich.

Einer der Backstreet Boys lobt unseren Gesang:

„Beautiful, beautiful!“

Doch dann schließt sich das Fenster. Wir gaffen weiter, unsere Köpfe in die Nacken gekippt.

Es fängt an zu dämmern, doch das ist für uns kein Grund, nach Hause zu gehen. Im Gegenteil: Wir rühren uns nicht von der Stelle. Dafür wird ein anderes Mädchen ungeduldig. Weil es uns nicht erlaubt ist, in das Hotel zu gehen, versucht sie, das Fallrohr an der Hotelmauer hochzuklettern. Es wird gefährlich. Ich kombiniere: Fan sein bedeutet nicht nur, bei der Anwesenheit seiner Boygroup hemmungslos herumzuschreien, man riskiert dazu auch noch Kopf und Kragen. Das geht zu weit!

Wie wir so dastehen, fühle ich irgendetwas zwischen Peinlichkeit und Faszination. Was ist nur los mit mir? Bin ich schon infiziert? Etwa mit dem BSB-Fieber?

Einen Tag später finde ich mich am Kiosk um die Ecke wieder – ich kaufe eine Bravo. Danach führt mein Weg direkt zur Konzertkasse. Ich besorge mir zwei Karten für das nächste Konzert der Backstreet Boys in unserer Nähe. Es findet fünf Tage später in Hannover statt.

Just to be close to you

Hannover, 19. Juni 1996

Endlich ist er da, der große Tag. Die Sonne strahlt. Mein berufsvorbereitender EDV-Unterricht ist gähnend langweilig, so dass ich mittags einfach verschwinde. Bettina und ich müssen rechtzeitig in Hannover sein.

Gegen 14.00 Uhr steigen wir frisch geduscht in Bettinas Golf. Vier Stunden sind es noch bis zum Einlass. Das muss reichen.

Im Partnerlook fühlen wir uns einfach umwerfend. Dabei haben wir nur weiße, leicht taillierte T-Shirts und einfache schwarze Karotten-Hosen an. Ja, wir schreiben das Jahr 1996, da ist die Mode noch harmlos. Es gibt noch keine bauchfreien Tops, keinen Glitzerkram, keine offensiven Stiefel mit Pfennigabsatz, und trotzdem sind wir überzeugt, das passende Outfit für die erste Reihe zu tragen.

Als wir an der Eilenriedehalle in Hannover ankommen, wird klar, wie ahnungslos wir sind.

„Ach du Sch…!“, stöhnt Bettina beim Anblick der hundert lärmenden kleinen Schreihälse. Sie scheinen schon seit Stunden dort zu stehen, und wir verstehen endlich, warum es Mädchen gibt, die vor Konzerthallen übernachten.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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