Begegnung mit Gammla - Rolf W. Meyer - E-Book

Begegnung mit Gammla E-Book

Rolf W. Meyer

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Beschreibung

Wer hat nicht schon einmal davon geträumt, einen Neanderthaler kennen zu lernen. Für den Großstadtbewohner Johann Feldhof erfüllt sich eines Tages dieser Wunsch. Während einer Wanderung durch das verschneite Neandertal kommt es für ihn zu einer unerwarteten Begegnung mit der alten Neanderthalerin Gammla. Auf einer Zeitreise mit ihr in die Altsteinzeit erlebt Johann Feldhof das Alltagsleben des Clans von Gammla während der letzten Eiszeit. Er ist beeindruckt von den sozialen und kulturellen Fähigkeiten dieser Frühzeitmenschen. Über eine Zeitschleuse gelangt die Neanderthalerin Gammla ihrerseits mit dem modernen Menschen Johann Feldhof in dessen Erlebniswelt im Informationszeitalter. Sie wird Augenzeugin eines von Technik und Ruhelosigkeit geprägten Großstadtlebens. Das Buch beschreibt informativ, humorvoll und unterhaltsam die Erfahrungen und Empfindungen dieser beiden von Grund auf so unterschiedlichen Menschen in einer für sie jeweils fremden Welt. Es gibt auch eine Antwort darauf, warum die Neanderthaler ausgestorben sind. Seit der Begegnung mit Gammla beschäftigt Johann Feldhof die Frage: "Wird es überhaupt eine Zukunft für den modernen Menschen geben?" Für den Leser, der noch mehr über die physischen und kulturellen Besonderheiten der Neanderthaler, ihre Lebensbedingungen und die Ursache für ihr Aussterben erfahren möchte, finden sich dazu im Anhang des Buches entsprechende Sachinformationen.

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Rolf W. Meyer

Begegnung mit Gammla

oder

Eine Zeitreise mit Faustkeil und Smartphone

Inhalt

Impressum

Ein unerwartetes Zusammentreffen

Der Clan der Neanderthaler

Tagesablauf in der Eiszeit

Eine Bisonjagd setzt Kooperation voraus

Ein neuer Lagerplatz muss gefunden werden

Die Aussicht auf Jagdbeute setzt Kräfte frei

Der Glaube an ein Jenseits

Der Sprung in die Moderne

Die „Was-Wann-Wo“-Strategie

Das Smartphone – Wegweiser im Informationszeitalter

Die Jagd auf Tiefkühlkost

Ein hoher Preis für die kulturelle Evolution

Warum die Neanderthaler verschwunden sind

Der Neanderthaler in uns

Anmerkungen

Zitate

Zur Person

Veröffentlichungen (Auswahl)

Ausblick

Kurzbeschreibung

Eventuelle Ähnlichkeiten von Namen und beschriebenen Verhaltensweisen im Buch mit lebenden Personen sind rein zufällig.

Die wissenschaftliche Bezeichnung „Neanderthaler“ (Homo sapiens neanderthalensis) wird mit „th“ geschrieben, da im 19. Jahrhundert die Schreibweise „Thal“ benutzt wurde. Die damalige taxonomische Kennzeichnung für diesen 1856 entdeckten Fund im historischen Neanderthal bleibt unverändert. Da aber zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Rahmen der ersten deutschen Rechtschreibreform aus dem „Thal“ das „h“ wieder entfernt wurde, schreibt man seitdem „Neandertal“.

Die deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Rolf W. Meyer

„Begegnung mit Gammla oder Eine Zeitreise mit Faustkeil und Smartphone“

Gestaltung, Umschlag und Satz: Oliver Iserloh, Düsseldorf

Umschlagphoto: www.fotolia.de, Copyright für die Abbildung der Neanderthalerin: Neanderthal Museum, Mettmann

1. Auflage 2014

© 2014

Rolf W. Meyer

Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

ISBN 978-3-8442-8661-8

1.

Ein unerwartetes Zusammentreffen

Als Johann Feldhof, Bewohner einer Großstadt und Schulleiter eines Gymnasiums, an einem Morgen aufwacht, kann er noch nicht ahnen, dass es für ihn ein ganz besonderer Tag werden sollte. Er hat sich wie gewohnt nach dem Aufstehen rasiert, geduscht und angezogen. Dann geht er nach unten zum Esszimmerbereich, wo seine Frau Roswitha schon das Frühstück vorbereitet hat. Er schaltet das Radio ein, um den Wetterbericht zu hören. Plötzlich sagt er zu seiner Frau: „Hoffentlich gibt es nicht noch mehr Schnee, denn ich will mich heute im Freien auf einer Wanderung noch sportlich betätigen.“ „Wo willst du denn wandern?“, fragt seine Frau interessiert. „Ich habe an das Neandertal gedacht“, antwortet er. Er blickt in das Gesicht seiner Frau. „Weißt du eigentlich, dass ich mir schon immer gewünscht habe, einem Neanderthaler zu begegnen? Ihre Lebensweise und ihre Fähigkeiten haben mich schon immer fasziniert.“ „Meinst du denn, dass du diesen Herausforderungen während der Eiszeit überhaupt gewachsen gewesen wärst?“, entgegnet Roswitha mit verschmitztem Lächeln. „Du bist doch froh darüber, dass du einer geregelten Berufstätigkeit nachgehen kannst.“ Die Reaktion ihres Mannes wartet sie gar nicht erst ab. „Wir frühstücken jetzt erst einmal gemeinsam“, äußert sie, „und dann kannst du im Schnee eine ausgiebige Wanderung unternehmen.“ Lachend fügt sie hinzu: „Vielleicht triffst du ja auf einen Sozialverband von Neanderthalern. Aber sei nicht zu aufdringlich. Halte dich zurück. Die ‚Jagdbeute’ und Getränke für deinen Rucksack stelle ich nach dem Frühstück zusammen.“ Dankbar wirft Johann ihr einen Blick zu.

Als der fünfundvierzigjährige Johann Feldhof an diesem Wintertag am späten Vormittag durch das verschneite Neandertal wandert, entdeckt er auf einmal vor einer Felswand eine alte Frau, die in Tierfelle eingehüllt ist und auf einem Baumstumpf sitzt. Ihre Füße sind mit Felllappen umwickelt, um sie gegen die Kälte zu schützen. Ihr langes, silbrig glänzendes Haar hat sie seitlich zu einem Zopf geflochten und mit Lederstreifen umwickelt. Vorsichtig nähert sich Johann Feldhof der Frau, deren Blick auf den Boden gerichtet ist. Vor ihr im Schnee sind die Umrisse eines Tierkörpers eingezeichnet worden. Es handelt sich um ein Mammut. Die Neugierde des Lehrers für Naturwissenschaften und Latein wird immer größer. Die Frau dreht langsam ihren Kopf in seine Richtung, fixiert dann sein Gesicht und lächelt ihn schließlich an, wobei ihre stark abgenutzten Zähne zum Vorschein kommen. Mit einer Handbewegung deutet sie an, dass er sich zu ihr setzen soll. Johann Feldhof spürt seine innere Anspannung. Er kommt aber ihrer Aufforderung nach und nimmt seinen Rucksack vom Rücken. Er entscheidet sich für einen Sitzplatz der Frau genau gegenüber auf dem Schneeboden. Um einer Unterkühlung vorzubeugen und seine Treckinghose zu schonen, benutzt er seinen Rucksack als Sitzunterlage.

Für einige Zeit sitzen sie sich stumm gegenüber und blicken sich nur an. Auffallend ist, dass in dem Gesicht der Frau keine Wangengruben erkennbar sind. Ungewöhnlich sind auch ihre starken Überaugenwülste, die großen Augäpfel und ihre breite Nase. Außerdem besitzt sie eine fliehende Stirn und kein nach vorn ausgerichtetes Kinn. Johann Feldhof schießt ein Gedanke durch den Kopf, wobei sein Pulsschlag spürbar ansteigt. „Sollte es sich bei diesem Menschen tatsächlich um eine Neanderthalerin handeln?“, fragt er sich. „Das wäre ja eine Sensation.“1

„Ich bin Gammla“, hört er plötzlich die Stimme der Frau. „Die Mitglieder meiner Großfamilie nennen mich ‚Die etwas voraussehen kann’, weil ich aus meinen Beobachtungen in der Natur Erkenntnisse gewinne. Schon seit vielen Wildwechseln lebt mein Clan größtenteils in einer offenen Landschaft, in der kurze, warme Sommer und kalte Winter herrschen. Das Leben für mich und meinen Clan ist sehr hart und entbehrungsreich. Um überleben zu können müssen wir jagen und sammeln. Immer wieder verändern sich für uns die Lebensbedingungen. Daher ist es wichtig, dass wir uns alle anstrengen und gemeinsam versuchen, die Herausforderungen in unserer Umgebung zu bewältigen.“ Sie unterbricht ihre Ausführung, um sich mit der linken Hand das Gesicht zu reiben.

Dies gibt Johann Feldhof die Möglichkeit, sich gegenüber der frühzeitlichen Mitmenschin bekannt zu machen. Er richtet seinen Oberkörper auf und verbeugt sich leicht: „Mein Name ist Johann Feldhof. Aber du kannst mich Johann nennen.“, beginnt er etwas unbeholfen in seiner Art. „Vom Beruf her bin ich Lehrer und Leiter eines Gymnasiums in einer Großstadt, in der ich auch mit meiner Familie in einem Eigenheim wohne. Um zu meiner Arbeitsstelle zu kommen, kann ich mich mit meinem Auto stellenweise nur im Schritttempo im täglichen Verkehrsstau dorthin bewegen. Das kostet Zeit und Nerven.“

Gammla schaut ihn verständnislos an. In diesem Augenblick wird dem Großstadtmenschen bewusst, wie unüberlegt er sich gegenüber Gammla geäußert hat. Wie soll die Neanderthalerin die Ausführungen von ihm begreifen können. Gammla ist ja in einer ganz anderen Erlebniswelt groß geworden. Dass aber die Frühzeitfrau sprechen kann, ist für ihn ein Glücksfall. Denn nun bietet sich die Gelegenheit, durch gezielte Fragen an Gammla mehr aus dem Leben der Neander­thaler zu erfahren. Und das war doch schon immer sein großer Wunsch gewesen.

Johann spürt die Kälte, die an seinen Beinen hoch kriecht. Er steht auf, um einige Bewegungsübungen auszuführen. Während er zwei Tas­sen von heißem Tee zu sich nimmt, denkt er mit Schrecken daran, dass er zu Hause noch Klausuren zu korrigieren hat. Er versucht diesen Gedanken zu verdrängen. Für ihn ist es im Moment wichtiger, mit Gammla im Gespräch zu bleiben. Johann geht im Schnee unruhig auf und ab. Die Neanderthalerin sitzt derweil regungslos auf dem Baumstumpf.

Als Johann sich wieder zu Gammla gesetzt hat, blickt sie ihn auf einmal herausfordernd an. Dann erhebt sie sich und sagt: „Du musst mit mir kommen, um meine Großfamilie kennen zu lernen.“ Diese Aufforderung kommt für den Großstadtmenschen völlig überraschend. Er sieht Gammla ungläubig an. Aber auf einmal wird ihm bewusst, dass er die einmalige Chance hat das zu erleben, wovon er schon immer geträumt hatte, nämlich am Leben der Neanderthaler teilnehmen zu können. Wenn auch nur für eine kurze Zeit. Johann signalisiert der Gesprächspartnerin seine Bereitschaft, mit ihr die Zeitreise in die Vergangenheit zu unternehmen. Über mögliche Risiken macht er sich in diesem Moment keine Gedanken. „Ich finde es aufregend und spannend, deinen Clan kennen zu lernen“, äußert er sich gut gelaunt. „Auch ich möchte dir meine Familie vorstellen und zeigen, in welcher Umgebung wir leben. Du sollst Gast in meinem Haus sein.“ Dabei untermauert Johann seine Ausführung durch Mimik und Gestik. Gammla scheint ihn verstanden zu haben, denn sie nickt ihm zustimmend zu. Johann fährt in seiner Ausführung fort: „ Ich schlage daher vor, dass wir nach unserem Aufenthalt in deiner Großfamilie eine Zeitreise in die Zukunft unternehmen.“ Dann sagt er zu sich selbst: „Eiszeitalter versus Informationszeitalter.“ Ein Schmunzeln zeigt sich in seinem Gesicht.

Ohne dass Gammla ihm groß Beachtung schenkt, hat Johann sein Smartphone aus der Jackentasche herausgeholt und sendet Roswitha eine SMS: „Mein Liebes, ich werde heute etwas später nach Hause kommen. Gruß, Jo“

2.

Der Clan der Neanderthaler

Durch eine Zeitschleuse sind Gammla und Johann in ein Kaltsteppengebiet während der letzten Eiszeit gelangt, in dem der Clan von Gammla lebt.2 Eisiger Wind schlägt ihnen entgegen und Johann bereitet es große Schwierigkeiten, Gammla auf dem vom Schnee bedeckten Untergrund folgen zu können. Plötzlich bleibt die Neanderthalerin stehen und zeigt in eine bestimmte Richtung. Von weitem erkennt man zeltähnliche Behausungen. „Dort wohnt meine Großfamilie“, ruft Gammla ihrem Begleiter zu und beginnt sich schneller vorwärts zu bewegen. Johann fällt das Atmen immer schwerer und jeder Schritt wird für ihn zur Qual. So hat er sich seinen Ausflug in die Eiszeit nicht vorgestellt. Schon bald sind die Umrisse einiger Neanderthaler zu erkennen.

Gammla hält für einen Moment inne und dreht sich nach Johann um, der froh über diese Unterbrechung ist. „Es ist nicht mehr weit. Ich kann es kaum abwarten, wieder bei meiner Familie zu sein“, hört er ihre Stimme. „Hauptsache, ich kann mich bald am Lagerfeuer aufwärmen“, denkt Johann bei sich, dem die Kälte ziemlich zusetzt. Sehnsüchtig hat er das Kaminfeuer in seinem Eigenheim vor Augen. Er versucht die letzten Kräfte zu mobilisieren, um den Anschluss an Gammla nicht zu verlieren.

Nachdem sie den Lagerplatz des Neanderthalerclans erreicht haben, werden sie mit großem Jubel begrüßt. Johann ist tief bewegt. Als Gammla ihm auch noch ihre Familienmitglieder vorstellt, ist es für den Großstadtmenschen ein besonderes Erlebnis. Er kann es kaum fassen, Neanderthalern gegenüber zu stehen. Mit einem kraftvollen Händedruck nehmen sie Kontakt zu Gammla’s Begleiter auf, nachdem sie ihre anfängliche Scheu überwunden haben.

Der Clan besteht aus 22 Mitgliedern, wobei das Geschlechter­verhältnis auffallend ist, nämlich 10 männliche und 12 weibliche Mitglieder unterschiedlichen Alters. Ursprünglich hatten sich zwei Familien zusammengeschlossen, um bessere Überlebenschancen zu haben. Johann hofft, sehr viel über die Neanderthaler und von den Neander­thalern lernen zu können. Vor allem aber möchte er viel aus dem Leben von Gammla erfahren.