BELIEVE - THANDO heißt Liebe - Sarina Grace Scott - E-Book
SONDERANGEBOT

BELIEVE - THANDO heißt Liebe E-Book

Sarina Grace Scott

0,0
5,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 5,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Eine Geschichte über eine Liebe, die stärker ist als der Tod, über die Macht der Träume und das, was man sehen kann, wenn man es sehen will – für alle Leser:innen von Cecilia Ahern & Guillaume Musso »Es ist nicht wichtig, was Jake will, Kay. Es ist nur wichtig, was du willst.« Kayleen ist verwirrt. Jake sieht unheimlich gut aus, er mag Danielle und er will mit ihr zusammen sein. Aber Kayleen hat Angst davor, sich auf eine neue Beziehung einzulassen, denn der Versuch mit Fußballstar Seb ist kläglich gescheitert. Jake ist zum ersten Mal in seinem Leben verliebt, aber ist seine Liebe stark genug, um Kayleen von einer gemeinsamen Zukunft zu überzeugen? Danny wird immer ein Teil von Kayleen sein und er ist bereit, das zu akzeptieren, wenn sie sich ihm und seiner Liebe öffnet. Danny ist eifersüchtig, aber er weiß, dass er Kayleen die Chance geben muss, sich neu zu verlieben. Genau wie er sich wieder verliebt hat. In Gillian. Und Danny ist jetzt Schutzengel. Diese Aufgabe bringt neue Herausforderungen, deshalb muss er lernen, sein altes und sein neues Leben zu vereinen. »Ich habe noch nie so eine emotionale, traurige aber dennoch schöne Liebesgeschichte gelesen. Mich hat selten so eine Geschichte so berührt wie diese.« ((Leserstimme auf Netgalley) »Ein letztes Mal dürfen wir mit Kayleen, Danny und den anderen auf eine gefühlvolle und schöne (Lese-)Reise gehen. Für mich war es wieder eine wunderschöne Reise.« ((Leserstimme auf Netgalley) »Sarina Grace Scott nimmt uns Leser auf eine wunderbare, wenn auch sehr emotionale Reise mit - eine Reise, die berührt und definitiv zum Nachdenken anregt..« ((Leserstimme auf Netgalley)  »Von Herzen kann ich euch die Believe Reihe der Autorin wirklich wärmstens ans Herz legen. Eine so gefühlvolle, tiefgründige und emotionale Reise.« ((Leserstimme auf Netgalley)  

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Mehr über unsere Autoren und Bücher: www.piper.de

 

Wenn Ihnen dieser Roman gefallen hat, schreiben Sie uns unter Nennung des Titels »BELIEVE - THANDO heißt Liebe« an [email protected], und wir empfehlen Ihnen gerne vergleichbare Bücher.

 

© Piper Verlag GmbH, München 2021

Redaktion: Cornelia Franke

Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München) mit abavo vlow (Buchloe)

Covergestaltung: Alexa Kim »A&K Buchcover«

Covermotiv: PNGTree

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich der Piper Verlag die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.

 

 

 

Inhalt

Inhaltsübersicht

Cover & Impressum

Motto

Widmung

Kapitel Eins

Kapitel Zwei

Kapitel Drei

Kapitel Vier

Kapitel Fünf

Kapitel Sechs

Kapitel Sieben

Kapitel Acht

Kapitel Neun

Kapitel Zehn

Kapitel Elf

Kapitel Zwölf

Kapitel Dreizehn

Kapitel Vierzehn

Kapitel Fünfzehn

Kapitel Sechzehn

Kapitel Siebzehn

Kapitel Achtzehn

Kapitel Neunzehn

Kapitel Zwanzig

Kapitel Einundzwanzig

Kapitel Zweiundzwanzig

Kapitel Dreiundzwanzig

Kapitel Vierundzwanzig

Kapitel Fünfundzwanzig

Kapitel Sechsundzwanzig

Kapitel Siebenundzwanzig

Kapitel Achtundzwanzig

Kapitel Neunundzwanzig

Kapitel Dreißig

Kapitel Einunddreißig

Kapitel Zweiunddreißig

Kapitel Dreiunddreißig

Kapitel Vierunddreißig

Kapitel Fünfunddreißig

Kapitel Sechsunddreißig

Kapitel Siebenunddreißig

Kapitel Achtunddreißig

Kapitel Neununddreißig

Kapitel Vierzig

Kapitel Einundvierzig

Kapitel Zweiundvierzig

Kapitel Dreiundvierzig

Kapitel Vierundvierzig

Kapitel Fünfundvierzig

Kapitel Sechsundvierzig

Kapitel Siebenundvierzig

Kapitel Achtundvierzig

Kapitel Neunundvierzig

Kapitel Fünfzig

Epilog

Danksagung

Buchnavigation

Inhaltsübersicht

Cover

Textanfang

Impressum

 

Erst, wenn du deinen Weg verlierst, weißt du, wo es hingeht.

Afrikanisches Sprichwort

 

Für alle die Lieben

Kapitel Eins

Kayleen

»Morgen«, murmelt Jake, als er gähnend in die Küche schlurft, und ich eilig Danielles Löffel zur Seite lege.

»Morgen, oh sorry, haben wir dich geweckt? Wir wollten gerade gehen.« Schnell krame ich meine Sachen zusammen und stehe auf.

»Jay!«, quakt Danielle fröhlich, während sie ihm ihren Plastiklöffel zeigt.

»Ach was, nein.« Jake winkt ab. »Bleib doch noch.« Er wendet sich wieder zu mir. »Möchtest du Kaffee?«

Besser nicht. Gestern Abend habe ich Danielle im Gästezimmer ins Bett gebracht, um selbst noch ein bisschen zu feiern. Irgendwann heute Morgen habe ich mich kurz neben sie gelegt und wollte eigentlich verschwinden, bevor Jake aufwacht. Jetzt steht er in scheinbar uralten Jogginghosen, einem ausgeblichenen Shirt mit ausgefransten Ärmeln und verstrubbelten Haaren in seiner Küche. Überall stapeln sich Bierflaschen, benutzte Gläser und Pizzakartons, auf dem Boden neben dem Kühlschrank ist ein Fleck, der aussieht, als hätte jemand einen Fruchtcocktail verschüttet. Ich hoffe zumindest, dass es von einem Cocktail ist. Die Geburtstagsparty war echt lustig, ich habe viele Leute kennengelernt und Danielle hat sich gefreut, im Mittelpunkt zu stehen. Alle fanden sie süß, haben mit ihr gespielt und Jake hat sie durch die Luft gewirbelt, bis ihr Babylachen den ganzen Raum erfüllt hat. Er hat das gemacht, was Dannys Job gewesen wäre. Danny hätte Danielle und mich auf diese Party begleiten und mit unserer Tochter herumalbern sollen. Er hätte mich geküsst, wir hätten getanzt und … aber Danny ist tot und Jake ist …

Ich sehe ihn wieder an. Jake ist hier. Er ist nett. Auch an einem verschlafenen Morgen, nach einer langen Party, sieht er unverschämt gut aus. Er ist zuvorkommend. Er liebt Danielle und sie vergöttert ihn. Extra für meine Tochter hat er das Gästezimmer in der unteren Etage der Wohnung hergerichtet, damit ich die Party genießen konnte. Seine Kollegen, die auf der Galaveranstaltung seiner Firma schon davon ausgegangen sind, dass ich seine Verlobte bin, haben lautstark verkündet, dass die nächste Party unsere Hochzeit sein wird. Mir war das furchtbar unangenehm und ich hätte am liebsten alles aufgeklärt, aber Jake hat nur den Arm um mich gelegt und mir mit kratziger Stimme ins Ohr geflüstert, dass er gerne noch ein bisschen länger mit mir verlobt bleiben möchte. Dabei haben seine Lippen meine Wange berührt und mich damit endgültig aus dem Konzept gebracht.

»Kay?« Jakes raue Stimme holt mich aus meinen Gedanken.

»Hm, was? Sorry.« Sofort schießt mir das Blut in die Wangen und Danielle zappelt auf meinem Schoß.

»Ob du Kaffee möchtest?« Diese Augen. Hat er eigentlich einen Waffenschein für diese Augen? Ich setze Danielle auf den Boden und reiche ihr den Plastiklöffel, mit dem sie zuvor gespielt hat.

»Ja, gerne«, murmele ich und Jake dreht sich grinsend um. Seine Arme sind braungebrannt, seine Füße barfuß und die Muskeln in seinem Armen spannen sich an, als er nach zwei Kaffeetassen aus dem Schrank angelt.

»Ich geh’ Danielle schnell wickeln.« Eilig schnappe ich mir meine Tochter und flüchte aus der Küche. Danielle quengelt, weil sie lieber bei Jake geblieben wäre, aber ich fühle mich unwohl in seiner Nähe. Erst, als die Tür zum Gästezimmer hinter mir ins Schloss fällt, bemerke ich, dass ich die Luft angehalten habe. Jake macht mich nervös. Immer wieder. Von innen lehne ich mich gegen die Tür und schließe kurz die Augen.

»Mommy!« Danielles Stimme holt mich zurück.

»Ja, Schatz. Wir müssen dich sauber machen.« Dabei habe ich sie gewickelt, bevor wir nach oben in die Küche gegangen sind. Immer wieder muss ich an Jakes Hände denken, die mich festgehalten haben. Ich setze Danielle aufs Bett und krame in der Tasche nach einer frischen Windel. Mit ihrem Äffchen, das sie überall dabeihaben will, legt sie sich auf den Rücken und strampelt mit den Beinen in der Luft. Warum muss ich immer wieder an diesen Kuss denken?

»Jay!«, quakt Danielle jetzt und streckt ihre nackten Füße in die Luft. Es hatte nichts zu bedeuten. Die Windel ist natürlich trocken, deshalb ziehe ich ihre Strumpfhose wieder hoch und stülpe ihr eine winzige Jeans über, die ich vorhin hier unten gelassen hatte. Gestern beim Tanzen war er so nah bei mir, dass ich seinen Atem in meinem Gesicht gespürt habe. Ich setze meine Tochter auf, stecke ihre Füßchen in die Turnschuhe und sie legt zärtlich ihre vom Frühstücksbrei klebrigen Hände an meine Wangen. In ihren Augen sehe ich Danny. Immer wieder. Er hat gesagt, ich soll es auf mich zukommen lassen. Es ist ihm schwergefallen, das weiß ich, aber vielleicht hat er ja recht. Schnell wische ich Danielles Finger ab und packe die Feuchttücher wieder weg, bevor ich sie auf den Arm nehme und seufzend aufstehe, weil ich mich nicht länger hier unten verstecken kann.

Oben in der Küche duftet es nach frischem Kaffee und Croissants. Jake dreht sich mit dem Brotkorb in den Händen und einem sexy Lächeln auf den Lippen um.

»Da bist du ja wieder.« Er stellt den Korb auf den Tisch. Mit Danielle auf dem Schoß setze ich mich hin und lasse meinen Blick über Jakes Rückansicht wandern. Breite Schultern. Starke Arme. Er ist größer als ich. Auch größer, als Danny es war? Das Shirt rutscht nach oben, als er im Regal nach zwei Gläsern greift, deshalb senke ich verlegen den Blick und reiche Danielle den Becher zu ihrem Löffel. Jake holt Orangensaft aus dem Kühlschrank, bevor er sich zu uns an den Tisch setzt und Kaffee einschenkt.

»Heiß, Dani. Pass auf.« Er schiebt seine Tasse weit genug weg, damit sie diese nicht mehr erreicht. »Brauchst du Zucker?«

Ich versinke in seinen Augen. »Ja bitte. Und Milch, wenn du hast.«

»Klar.« Er springt wieder auf. Danielle klopft in der Zwischenzeit mit dem Löffel auf den Tisch. »Vorsichtig, Süße.« Jake reicht mir die Milch und holt Zucker aus dem Regal über der Spüle, bevor er wieder Platz nimmt. »War ein sehr schöner Abend gestern, oder?« Unsere Hände berühren sich, als wir beide gleichzeitig nach den Croissants greifen, deshalb ziehe ich meine eilig zurück, aber er reicht mir den Brotkorb. »Hier, bitte.«

»Danke. Ja, es war schön.« Diese Augen sollten echt verboten werden. Ich nehme ein Croissant und angele nach der Schokoladencreme. »Dani, Schatz, schau mal, was Jake hat.«

»Ham jam, Mommy!«

Ich reiche ihr ein Stück Croissant mit Schokolade, während Jake uns über den Rand seiner Tasse hinweg beobachtet. »Weißt du, warum Sam und Shane so schnell verschwunden sind?«

»Nein, keine Ahnung.« Ich beiße in das Croissant und wische mir die Schokolade aus den Mundwinkeln.

»Schon komisch, dass Sam keinen Alkohol getrunken hat, oder?« Jake lehnt sich zurück. »Meinst du, sie ist wieder schwanger?«

Überrascht lasse ich die Hand sinken, mit der ich gerade nach meiner Tasse greifen wollte. Sam hatte vor ein paar Wochen eine heftige Virusinfektion und diese nicht richtig auskuriert. Zumindest ist das ihre Version der Geschichte, aber Jakes Erklärung klingt durchaus plausibel.

»Möglich, ja. Ich glaube, ich muss meiner Freundin nachher mal auf den Zahn fühlen.«

»Mommy. Ham!« Danielle verlangt mit schokoverschmierten Fingern nach mehr.

»Warte!« Jake stellt hastig seine Tasse ab und springt erneut auf. Danielle hat die Schokolade mittlerweile in ihren blonden Haaren verteilt und nicht nur die Mundwinkel, sondern auch die Nase beschmiert. Ich reiche ihr ein weiteres Stück Croissant und als Jake zurückkommt, hat er seine Kamera in der Hand.

»Dani! Sieh mal hier!« Danielle dreht den Kopf in seine Richtung und ihre Schokofinger grapschen nach dem Objektiv.

»Bleib so, Kay!«, sagt er, nachdem ich meine Tasse genommen habe. Er drückt wieder auf den Auslöser, bevor sein Gesicht hinter der Kamera auftaucht. »Du siehst toll aus.«

Ich spüre die Hitze in meinen Wangen und bin sicher rot bis zu den Ohren. »Hör auf damit, Jake!« Ich fühle mich alles andere als schön. Ich habe nicht geduscht, trage die gleichen Klamotten wie am Abend zuvor und kann nur hoffen, dass ich keinen zu schlimmen Mundgeruch habe.

»Doch, das tust du, Kay!« Er knipst noch ein Bild von Danielle, die sich nach dem Glas mit der Schokoladencreme streckt. »Komm mit, ich zeig’s dir.« Er hält mir seine Hand hin, wodurch Danielle seinen Arm mit Schokolade verschmiert. »Du kommst auch mit, Süße.« Jetzt nimmt er mir meine Tochter ab. »Zuerst waschen wir die Klebefinger und dann zeigen wir deiner Mommy, wie hübsch sie ist.« Er verschwindet aus der Küche und ich stelle die Tasse ab, um den beiden zu folgen.

»Was hast du vor?«, hake ich nach, während er sich im Bad mit meiner Tochter über das Waschbecken beugt. Sie kichert, weil er lustige Geräusche macht.

»Warum kannst du eigentlich so gut mit Kindern umgehen?« Jake greift nach einem Handtuch.

»Ich habe fünf Geschwister«, murmelt er mit einem gequälten Grinsen, nachdem er sich wieder zu mir umdreht. »Na ja, zumindest bin ich mit fünf Geschwistern aufgewachsen. Komm mit.« Ich folge ihm zu einem Zimmer am Ende des Flures, über das seine Kollegen gestern gemeckert haben, weil er abgeschlossen hatte. Jetzt weiß ich auch warum, denn sein Büro ist chaotisch. Überall Fotos. Einige Kameras sind aufgeschraubt und Magazine verteilen sich auf der Couch und auf dem Boden. Im Regal liegen Filmrollen und an der Wand neben der Tür hat er ein paar Bilder eingerahmt. Jake setzt Danielle auf den Boden und zieht sich seinen Stuhl an den Schreibtisch. »Meine äh … Geschwister haben fast alle eigene Kinder, da lernt man so einiges.« Er schaltet den PC ein und verkabelt seine Kamera.

»Wow. Dann bist du der Einzige, der noch …«

»Ich bin der Jüngste.« Jake zwinkert mir zu. »Ich habe noch Zeit.« Danielle hat seine Turnschuhe entdeckt und krabbelt quer durch das Büro. »Setz dich.« Er zieht einen Stuhl für mich heran, während auf dem Bildschirm erste Fotos von der Party erscheinen. Sam und Shane, die engumschlungen miteinander tanzen. Jake und Shane, die sich zuprosten. Danielle und ich, als ich sie gefüttert habe. Danielles große blaue Augen, als ihr Shane ein Spielzeug reicht. Jakes Kollegen bei einer Partie Billard im Untergeschoss. Ein Kumpel von Jake und Shane zusammen mit seiner Freundin. Danielle mit einem Lolli in der Hand. Sam und ich in der Küche. Jake und Matt bei einem Trinkspiel und mein Bruder, der mir einen Kuss auf die Wange drückt. Dann die Bilder von Danielles Schokofingern und ihrem verschmierten Gesicht. Ein Bild zeigt mich von der Seite und ein weiteres meine Augen. Dazwischen wieder Danielle, die sich das Schokocroissant in den Mund schiebt, und dann eines, auf dem ich mir die Haare aus dem Gesicht streiche, während sich die Sonne, die durchs Fenster scheint, in meinem Ring spiegelt.

»Du bist wunderschön, Kayleen.« Seine Stimme ist nur ein Flüstern, aber sie beschert mir eine Gänsehaut, während die sanften Berührungen seiner Hand mich vollends aus dem Konzept bringen.

»Ich …«, krächze ich, aber er schüttelt den Kopf und rutscht mit seinem Stuhl ein Stück näher, bevor er meine Wange berührt und liebevoll eine Haarsträhne hinter mein Ohr streicht. Weil seine Berührungen kleine Stromschläge über meine Haut schicken, halte ich angestrengt die Luft an. Jake zieht den Stuhl näher zu sich, bevor er seine Lippen auf meine presst und seine Zunge sanft um Einlass in meinen Mund bettelt. Oh Gott. Mit beiden Händen stütze ich mich auf seinen Knien ab und schließe die Augen. Jetzt lässt er seine Finger über meine Beine wandern und vertieft den Kuss mit einem leisen Seufzen. Ich spüre seine Wärme an meiner nackten Haut, als er die Bluse ein Stückchen nach oben schiebt, deshalb löse ich den Kuss.

Sofort lässt er mich los und sieht mich entschuldigend an. »Sorry, Kay.«

»Ich kann das nicht.« Schnell stehe ich auf, schnappe mir mein Baby und verlasse das Büro. Danielle fängt an zu weinen.

»Kay, bitte.« Jake folgt mir.

In der Küche hole ich Danielles Babytasche, werfe das Fläschchen und den Plastiklöffel unachtsam hinein. Jake greift nach meiner Hand.

»Kay, es tut mir leid, ich wollte dich nicht …«

»Was?« Ich entziehe ihm meine Hand und schultere die Tasche. »Was wolltest du nicht? Mich küssen?«

Mit einem nervösen Seufzen fährt er sich durch die Haare. »Doch, das schon.« Ein schiefes Grinsen liegt auf seinen Lippen, bevor er wieder ernst wird. »Ich wollte dich nicht erschrecken.«

»Ich muss jetzt los.« Energisch setze ich Danielle auf dem Küchentresen ab, um ihr die Jacke überzuziehen.

»Mommy! Nei-hein!« Sie weint immer noch.

»Schatz, wir müssen jetzt gehen.« Mit Danielle auf den Arm verlasse ich fluchtartig die Küche. Auf dem Weg nach unten verschleiern die Tränen meinen Blick, deshalb reiße ich blindlings die Wohnungstür auf, wobei hinter mir ein gerahmtes Bild zu Boden fällt und sich die Scherben überall im Flur verteilen. Ich werfe Jake einen entschuldigenden Blick zu, aber ich kann mich jetzt nicht damit beschäftigen.

»Kay, bitte, bleib noch. Ich …«

Schnell setze ich meine Tochter in den Kinderwagen, der vor der Tür geparkt ist, schubse die Tasche in die Ablage und ziehe Danielle ihre Mütze an. »Mommy! Jay! Kuss!«, trällert sie erneut und klatscht dabei freudig in ihre Hände.

»Kayleen, bitte.« Jake hat mich erreicht, die Scherben am Boden kümmern ihn nicht, als er nach meiner Hand greift. »Ich möchte dich wirklich zu nichts drängen, ich …« Zärtlich berührt er meine Wange. »Ich möchte mit dir zusammen sein.«

Fassungslos starre ich ihn an. Das geht nicht. Das kann nicht funktionieren. Ich … Tränen laufen mir über die Wangen.

»Ich kann das nicht, Jake.« Eilig schiebe ich den Kinderwagen zum Aufzug und Jake bleibt zurück. Als die Türen des Lifts geschlossen sind, lehne ich mich gegen die kalte Metallwand und schließe die Augen. In seinem Blick lag so viel Zärtlichkeit. Liebe. Sein Kuss war so unglaublich sanft und gleichzeitig fordernd. Seine Hände warm und vorsichtig. Ich schlucke wieder, aber der dicke Kloß, der sich in meiner Kehle gebildet hat, bleibt. Mit einem leisen Ping öffnen sich die Türen, deshalb hole ich tief Luft und bugsiere Danielles Wagen aus der Kabine.

»Alles in Ordnung, Miss?«, fragt eine ältere Dame mitfühlend, die gerade in ihre Wohnung gehen will.

Hastig wische ich mir über die Wangen. »Ja, alles ok.«

Das ist eine Lüge. Nichts ist ok. Ich habe Jake geküsst. Wieder. Ich habe es zugelassen. Wieder. Und ja, ich wollte es sogar, obwohl ich abgebrochen habe. Warum bin ich überhaupt über Nacht geblieben? Hätte ich nicht nach Hause gehen können? Nein, ich wollte in Jakes Nähe sein. Warum macht er mich so nervös? Nur Danny konnte das. Warum sieht dieser Mann so unverschämt gut aus? Seine starken Arme, die sanften Lippen und seine schönen Hände. Warum ist er nicht in Australien geblieben? Er hat gesagt, dass er mit mir zusammen sein will. Weinend betrachte ich meinen Verlobungsring, der in der kalten Novembersonne schimmert. Meint er das ernst? Nein, bestimmt nicht. Er ist ein Weiberheld, der die Frauen wechselt wie andere die Klamotten. Das funktioniert nicht. Entschlossen straffe ich die Schultern und schiebe Danielles Kinderwagen die Straße entlang. Mit Seb hat es auch nicht funktioniert.

Eine Stunde später erreiche ich durchgefroren das Haus von Sam und Shane. Das quietschende Tor weckt Danielle, die auf dem Weg eingenickt ist. Damit meine Freundin nicht merkt, dass ich geweint habe, wische ich mir erneut über die Wangen und atme tief durch, bevor ich auf die Klingel drücke. Es dauert einen Moment, bis Sam aufmacht.

»Kay!« Sie lässt mich den Wagen in den Flur schieben. »So früh schon ein Spaziergang?« Danielle reißt sich die Mütze vom Kopf. »Na, mein kleiner Engel, hattest du gestern Abend Spaß?« Sam löst Danielles Gurte und nimmt sie auf den Arm.

»Mommy! Jay! Kuss!« Danielle klatscht in die Hände und Sam dreht sich zu mir um, als ich gerade meine Jacke an die Garderobe hänge.

»Wirklich, Süße, das ist ja toll.« Sam streichelt grinsend über Danielles Pausbäckchen. »Dann sollten wir Mommy ein bisschen ausquetschen, nicht wahr?« Seufzend verdrehe ich die Augen und folge den beiden nach oben. In der Küche angekommen setzt sie Danielle auf den Boden und reicht ihr eine Stoffpuppe, während ich mich müde auf einen der Stühle sinken lasse.

»Wo ist Shane?«

»Einer von den vielen Schnäpsen war wohl schlecht«, antwortet Sam kichernd, während sie in ihrer kleinen Küche herumwerkelt, um Teewasser aufzustellen. »Er war die halbe Nacht im Bad und pennt jetzt.«

»Und dir geht es wieder besser?«

Mit zwei Teebeuteln in der Hand dreht sie sich zu mir um. »Du brauchst gar nicht vom Thema abzulenken, Kay.« Damit ich ihrem eindringlichen Blick ausweichen kann, greife ich nach der Zeitung auf dem Tisch, allerdings geht es wieder nur um die Steuerhinterziehung eines Abgeordneten, über die schon seit Tagen diskutiert wird.

»Mommy?« Danielle zieht sich an meinen Beinen hoch.

Froh über einen weiteren Aufschub, nehme ich meine Tochter auf den Schoß. »Komm her, Schatz.«

»Was ist passiert?«, will meine Freundin wissen.

»Nichts«, lüge ich, immer noch, ohne sie anzusehen.

»Nichts?« Sam setzt sich mit zwei Tassen zu mir an den Tisch und lehnt sich mit ihrem Becher zurück. Eine Weile beobachtet sie mich, wie ich meine Tochter beschäftige.

»Kay?«, fragt sie schließlich. Kein Entkommen. Danielle klopft munter auf dem Tisch und brabbelt etwas vor sich hin, deshalb schlucke ich und sehe meine Freundin endlich an.

»Ihr habt euch geküsst?«, hakt sie jetzt nach.

»Ja«, murmele ich, während ich mit den Fingern nach meinen Lippen taste, als würde diese Berührung Jakes Kuss zurückholen.

»Wann?«

»Heute Morgen.« Vielleicht hat sie mich nicht gehört. Schnell senke ich den Blick.

»Du hast bei ihm übernachtet?« Mist.

»Ja, im Gästezimmer, mit Danielle, weil ich sie nicht wecken wollte.« Ich nehme meine Tasse, um sie von Danielle wegzuschieben, damit sie sich nicht verbrennt. So, wie Jake es vorhin gemacht hat. »Jake kam in die Küche, als ich Danielle gefüttert habe.«

Schweigend, aber ohne mich aus den Augen zu lassen, trinkt Sam einen Schluck Tee. »Und dann?«

Danielle fängt an zu zappeln, deshalb setze ich sie auf den Boden und erzähle meiner Freundin von unserem gemeinsamen Frühstück, Jakes Fotos, wie er mich an sich gezogen hat und von seinem Kuss. Die Teetasse in meinen zitternden Händen ist mein letzter Halt.

»Das ist doch schön.« Sam stellt ihren Tee ab. »Hat dir der Kuss gefallen?« Erneut weiche ich ihrem Blick aus, finde diesmal aber keine Ablenkung. Ja. Danielle hat sich an der Küchentür hochgezogen und wackelt zurück zum Tisch, wo sie sich wieder auf den Po plumpsen lässt.

Jetzt drückt Sam meine Hand. »Machst du dir Gedanken wegen Danny?« Ich schlucke. Ja.

»Danny ist tot, Kay.«

Erneut steigen mir die Tränen in die Augen. »Ich weiß.« Wie könnte ich das vergessen. Sie steht auf, um nach der Box mit den Taschentüchern auf der Fensterbank zu greifen.

»Hier.« Jetzt setzt sie sich wieder zu mir. »Kay, auch wenn du nicht damit gerechnet hast, dich nach Danny und dem Desaster mit meinem Bruder jemals wieder zu verlieben, lässt Jake dich nicht kalt.« Sie sieht mich eindringlich an. »Hab ich recht?« Natürlich hat sie recht.

»Ich kann das nicht, Sam«, schluchze ich und wische mir mit dem Taschentuch über meine verquollenen Augen.

»Warum nicht?«

Statt einer Antwort putze ich mir die Nase.

»Ach, Süße. Jake wollte dich sicher nicht überfordern.«

»Er hat gesagt, dass er mit mir zusammen sein will.« Jetzt ist aus meiner Stimme ein verzweifeltes Schluchzen geworden.

»Und was hast du geantwortet?«

»Ich bin abgehauen.«

Hastig stehe ich auf und gehe zum Fenster. Mein Gesicht spiegelt sich in der Scheibe. Würde Danny jetzt hinter mir auftauchen? Würde er mich in seine Arme ziehen?

»Denkst du an Danny?«

Heiße Tränen rinnen über meine Wangen und ich schließe die Augen, bevor ich langsam nicke.

»Süße, was hat Danny zu dir gesagt, als du ihm von dem Kuss auf der Gala erzählt hast?« Sam taucht hinter mir auf und legt einen Arm um meine Schultern. Ihr Blick ruht auf mir und für einen kurzen Moment habe ich doch das Gefühl, es wäre Danny. Aber das kann nicht sein. Danny ist nicht hier, sondern meine beste Freundin.

»Er meinte, dass mein Leben weitergeht und ich mich nicht gegen meine Gefühle wehren soll.« Das klingt so gar nicht nach Danny und jetzt, wo ich seine Worte wiederhole, klingt es auch nicht nach mir. Erneut wische ich mir verzweifelt über die Augen.

Sam nickt. »Und was fühlst du?«

Seufzend umklammere ich die Arbeitsplatte. »Keine Ahnung.«

Kapitel Zwei

Danny

Ich hasse es, wenn Kayleen weint, deshalb drehe ich mich vom Fenster weg. Von ihrem Bett aus sieht Gillian mich liebevoll an. In ihren dunklen Augen spiegelt sich das Licht der Lampe. Jetzt steht sie auf und kommt auf mich zu.

»Sie ist unsicher, Danny. Sam hat recht, Jake lässt Kayleen nicht kalt, aber sie wehrt sich noch gegen ihre Gefühle.«

»Wegen mir? Weil ich sie so oft besuche?«, frage ich angespannt.

»Kayleen dachte immer, dass du der einzige Mann bist, den sie lieben wird. Das hat sich jetzt geändert und das macht ihr Angst.«

»Meine Mum meinte, ich soll Kayleen genügend Freiraum geben.« Verzweifelt fahre ich mit beiden Händen durch meine Haare. »So, wie während der Schwangerschaft, als ich mich nicht mehr so oft im Spiegel zeigen durfte.«

»Danny, es geht nicht darum, was du darfst oder sollst, du bist nicht mehr bei Kayleen, sondern hier.« Sanft greift sie nach meiner Hand, als würde sie mich festhalten wollen.

»Ich bin jetzt mit dir zusammen«, murmele ich.

Ein wunderschönes Lächeln legt sich auf ihr Gesicht. »Ja, dass auch, aber du solltest für dich und Kayleen einen Weg finden, der für euch beide funktioniert.« Sie stellt sich auf ihre Zehenspitzen und drückt mir einen Kuss auf die Lippen. »Sollte Kayleen nicht auch jemand anderen küssen dürfen?«

»Es fällt mir nur so verdammt schwer.« Ich berühre ihre Wange. »Und das ist dir gegenüber nicht fair, ich weiß.«

»In erster Linie ist es Kayleen gegenüber nicht fair. Sie hat ein Recht darauf, sich wieder zu verlieben.« Schnell drückt sie mir einen weiteren Kuss auf die Lippen. »So wie du auch.« Damit dreht sie sich um und huscht zur Tür. »Ich werde Jake einen Schubs geben, damit er zu ihr fährt.« Sie sieht mich über die Schulter hinweg an. »Kommst du mit?«

Ich schüttle den Kopf. »Nein.«

Schulterzuckend verlässt sie mein Zimmer.

Ich will, dass Kayleen glücklich ist. Aber ich will sie nicht an einen anderen Mann verlieren. Ist dieser Gedanke egoistisch? Wie würde Kayleen wohl reagieren, wenn sie mich mit Gillian zusammen sehen könnte? Wir haben uns geküsst. Mehrmals. Wir hatten Sex. Auch mehrmals. Kayleen fühlt sich bestimmt geborgen, wenn Jake sie festhält. Trotzdem will ich nicht beobachten, wenn er sie küsst, weil ich tief in mir drin immer noch der eifersüchtige Ex bin.

»So eine verdammte Scheiße!« Ich lasse mich rücklings auf mein Bett fallen.

»Was ist passiert?« Alan betritt mein Zimmer. »Sorry, ich habe geklopft, allerdings hast du …«

Ich winke ab und setze mich wieder auf.

»Also?« Er lässt sich in den Sessel fallen. »Was ist passiert?«

»Nichts.«

»Nichts?«

Verzweifelt raufe ich mir die Haare. »Ich muss einen guten Mittelweg finden, der für uns alle passt.«

»Für dich und Kayleen?«

Ich nicke. »Und für Gillian.«

»Für Gillian?«, fragt mein Schutzengel mit einem breiten Grinsen.

»Gibt es etwa auch Dinge, die du nicht schon weißt, bevor ich dir davon erzähle?«

»Die gibt es tatsächlich, Danny.« Er schlägt ein Bein über das andere und sieht mich auffordernd an. Das amüsierte Grinsen in seinem Gesicht lässt seine grünen Augen leuchten. »Zum Beispiel, was zwischen dir und anderen Schutzengeln passiert, wenn es mich nicht selbst betrifft.« Er verschränkt die Arme. »Also? Gibt es Neuigkeiten?« Ich spüre, wie mir das Blut in die Wangen schießt, deshalb senke ich den Blick.

»Wir ähm …« Ich stocke und räuspere mich. »Ich hab mit ihr geschlafen.«

»Großartig, und?«

»Was und? Willst du Details hören?«

Lachend winkt er ab. »Nein, natürlich nicht. Aber wirst du es wieder tun?«

Ich streiche mir durch die Haare. »Das hoffe ich doch.«

Jetzt kichert er wie ein kleiner Junge.

»Wenn du mit Claire zusammen bist, hast du dann Sue gegenüber ein schlechtes Gewissen?«

»Natürlich. Allerdings ist Sue mittlerweile mit Peter zusammen.« Mein Schutzengel mustert mich eindringlich. »Das Leben geht weiter, Danny, und jeder hat das Recht, sich wieder zu verlieben.«

»Hm.«

Alan lässt mich nicht aus den Augen. »Kayleen wird lernen, damit umzugehen und ihre Gefühle zuzulassen. Genau wie du.«

Wieder schießt mir diese eine Frage durch den Kopf, deshalb seufze ich genervt auf und stütze den Kopf in beiden Händen ab.

»Habe ich sie überfordert, weil ich sie immer wieder besucht habe? Weil Danielle mich sehen kann und Kayleen dadurch weiß, wenn ich da bin?«

Alan steht auf und setzt sich zu mir aufs Bett. »Das kann sein, aber sie braucht deine Besuche, deshalb darfst du auf keinen Fall damit aufhören.«

»Warum nicht?«

»Dann könnte sie denken, dass du mit ihrem neuen Leben nicht einverstanden bist.« Alan legt den Arm um meine Schultern. »Du musst ihr zeigen, dass es richtig ist, sich wieder zu verlieben und du nicht eifersüchtig bist, weil du selbst auch jemanden gefunden hast.« Er zwinkert mir zu. »Bist du in Gillian verliebt?«

»Keine Ahnung.« Ich zucke mit den Schultern. »Vielleicht.«

In ihrem Traum sitzt Kayleen mit angezogenen Beinen auf der Couch und hat ihren Kopf auf den Knien abgestützt, als wäre sie tief in Gedanken versunken, deshalb beobachte ich sie einen Moment, bevor ich das Wohnzimmer betrete.

»Danny?« Sofort bildet sich ein wunderschönes Lächeln auf ihren Lippen.

»Hallo Kay, wie geht es dir?« Mit Alans Worten im Kopf trete ich langsam näher.

»Müde«, murmelt sie. »Ich habe letzte Nacht schlecht geschlafen.«

»Ich weiß.« Ich setze mich neben sie und verschränke unsere Finger miteinander.

»Danny, ich …« Sie stockt. »Ich habe …«

Weil ich weiß, was sie sagen will, drücke ich ihre Hand. »Es ist in Ordnung, Kay.«

»Ich bin mir nicht sicher, ob ich …« Mit einem verzweifelten Atemzug bricht sie ab. »Ob ich Jake das geben kann, was er will.« In ihren Augen schimmern Tränen. »Jetzt meine ich.«

»Es ist nicht wichtig, was Jake will, Kay.« Liebevoll streiche ich über ihre Wange. »Es ist nur wichtig, was du willst.«

Sie schluckt. »Das weiß ich auch nicht.«

»Hast du mit Jake gesprochen?«

Kayleen nickt. »Er war heute Nachmittag hier.«

Wirklich? Was hat Gillian getan? Und warum habe ich das verpasst?

»Und?«

»Er hat sich entschuldigt und gesagt, dass er mir alle Zeit geben wird, die ich brauche. Aber er hat mich auch gebeten, nicht aus seinem Leben zu verschwinden, weil er gerne Zeit mit mir verbringt und er immer viel Spaß mit Danielle hat. Er möchte mich zum Essen einladen, damit wir uns besser kennenlernen können. Ganz zwanglos, hat er gesagt, und dann auch noch, dass er …« Die Worte sprudeln aus ihr heraus, weil sie alles sofort loswerden und mir nichts verschweigen will, deshalb hebe ich die Hand, um sie zu unterbrechen.

»Willst du das auch? Mit ihm befreundet sein? Mit ihm ausgehen? Ihn besser kennenlernen?«

Mit dem Ärmel ihres Pullovers wischt sie sich über ihr Gesicht und nickt vorsichtig. »Ich glaube schon.« Als sie mich wieder ansieht, ist ihr Blick unsicher und sie beißt sich auf die Lippe, als müsse sie sich für ihre nächste Aussage entschuldigen. »Ich bin gerne in seiner Nähe.« Wieder ein tiefer Atemzug. »Auch, wenn er mich meistens total aus dem Konzept bringt.« Jetzt schüttelt sie über sich selbst den Kopf. »Und das konntest eigentlich nur du.«

»Was denn?«

Ihre Hand zittert, als sie sanft meine Wange streichelt. »Wenn ich in deine Augen sehe, vergesse ich meinen Namen, Danny. Jedes Mal.« Verlegen senkt sie den Blick. »Jake schafft das auch.«

»Baby, ich glaube, das beruht auf Gegenseitigkeit.« Um ihren Kopf wieder anzuheben, lege ich meinen Zeigefinger unter ihr Kinn. »Du weißt gar nicht, was du mit deinen Augen anrichten kannst.«

Sie lächelt schüchtern. Und sexy. In meinem früheren Leben hätte ich sie jetzt in meine Arme gezogen, sie geküsst und wir hätten uns hier auf der Couch geliebt. Aber das geht nicht mehr. Ich bin jetzt ein Schutzengel und ich habe Gillian. Ich schlucke angestrengt. Kayleen hat Jake.

»Was hast du Jake gesagt?«, frage ich, nachdem ich wieder in meinem Zimmer bin und Gillian mich bereits erwartet.

»Was meinst du?« Sie setzt sich auf.

»Ich war gerade bei Kayleen.« Seufzend lasse ich mich neben sie auf mein Bett sinken.

»Ach so, na er hat überlegt, ob er zu voreilig war. Ob er sie mit dem Kuss überfordert hat.« Gillian lehnt ihren Kopf an meine Schulter, während ich lieber schweige, weil ich meine Eifersucht im Zaum halten will.

»Ich habe ihm, wie man so schön sagt, einen kleinen Tritt in den Allerwertesten verpasst, und ihn überzeugt, dass er Kayleen nicht alleine lassen darf, weil sie genauso verwirrt ist wie er.«

Ein gequältes Seufzen verlässt meine Lippen.

»Die beiden haben zusammen mit Danielle einen Spaziergang im Park gemacht. Er hat ihre Hand gehalten, ungefähr so.« Jetzt verschränkt sie ihre Finger mit meinen. »Er kann sich vorstellen, wie schwer es ihr fallen muss, sich auf jemand Neues einzulassen, trotzdem will er sie nicht verlieren.« Sie sieht mich eindringlich an. »Er will mit ihr zusammen sein. Als ein Freund.«

»Als Freund?« Skeptisch hebe ich die Brauen. Das geht doch gar nicht. Das kann nicht funktionieren. Jake ist …

Gillian lächelt. »Ja, Jake ist nicht der Schürzenjäger, für den du ihn hältst, Danny. Er will mit Kayleen befreundet sein, damit sich alles, was zwischen den beiden sein kann, langsam entwickelt.«

»Hm«, brumme ich und Gillian löst ihre Hand aus meiner, um auf meinen Schoß zu klettern. Eine Hand berührt meine Wange und sie lehnt sich zu mir, bis ihre Lippen fast auf meinen liegen. Ihre Finger schicken kleine Stromstöße durch meinen Körper und ich will sie am liebsten sofort küssen, sie auf dieses Bett werfen und …

»Tut mir leid, dass ich so doof bin«, murmele ich.

»Du bist nicht doof.« Gillian lächelt. »Ein bisschen verbohrt vielleicht.« Jetzt legt sie beide Hände in meinen Nacken. »Aber dafür unheimlich sexy.«

Kapitel Drei

Jake

»Hat sie dich auch geküsst?«, fragt Shane bei unserem nächsten Treffen zum wöchentlichen Fußballmatch, als ich ihm eine Flasche Bier in die Hand drücke. Mit einem breiten Grinsen lehnt er sich auf meiner Couch zurück und streckt die Füße aus. Ich kann nur nicken. »Und dann hat sie abgebrochen?«, hakt er neugierig nach.

Schnaufend lasse ich mich neben meinen besten Freund sinken. »Ja, ich glaube, es hat sie erschreckt, dass ich …« Das Bier zischt beim Aufdrehen der Flasche. »Ich war zu voreilig.«

»Hm, hm«, brummt Shane nur. »Aber ihr habt das geklärt?«

Dieses unbekannte Gefühl in meinem Magen müssen die Schmetterlinge auslösen, die eine Extrarunde drehen, weil ich an Kayleen denke. Während wir mit Danielle im Park waren, habe ich ihre Hand gehalten und es hat sich so gut angefühlt. So richtig. Als wäre ich genau an dem Ort, an dem ich sein sollte und mit den beiden Menschen zusammen, die ich immer gesucht habe, ohne zu wissen, dass ich überhaupt auf der Suche war.

»Ich habe ihr gesagt, dass sie sich Zeit lassen soll, und dass ich warten kann«, antworte ich endlich, worauf mein Kumpel lauthals anfängt zu lachen, während er sich mit dem Handrücken über die Lippen wischt.

»Kannst du das denn?«

Schnell greife ich nach einem Kissen und pfeffere es in seine Richtung. »Natürlich kann ich!« Kayleen ist eine besondere Frau. Schon bei unserem ersten Treffen hat sie mich fasziniert. Damals im Pub, als sie sich zu mir gesetzt hat, sah sie umwerfend aus. Das luftige Kleid, ihre langen blonden Haare und der süße kleine Babybauch, den ich erst beim zweiten Hinsehen bemerkt habe. Der funkelnde Diamantring an ihrer Hand hat meine Vermutung bestätigt, dass ich nie eine Chance bei ihr haben würde. In Australien wollte ich sie vergessen und habe mich deshalb mit verschiedenen Frauen eingelassen. Trotzdem ist sie mir nie aus dem Kopf gegangen. Und dann saß sie, als ich zum ersten Mal aus Sydney zurückgekommen bin, traurig und allein mit ihrem Baby am Flughafen. Ich wusste sofort, dass ich nicht zurück nach Australien gehen werde. Nicht für immer jedenfalls, sondern, dass ich bei Kayleen sein will. Jetzt habe ich sie geküsst. Zweimal. Ihre Lippen fühlen sich unglaublich weich an und ich will unbedingt mehr davon. Mehr von ihr. Aber Kayleen ist noch nicht bereit dazu, deshalb werde ich warten, bis sie mich lässt.

»Also seid ihr jetzt zusammen?« Shanes Stimme holt mich aus meinen Gedanken.

»Nein, wir sind Freunde.«

»Aha«, murmelt mein Kumpel. »Sam und ich wollten euch nämlich zum Essen einladen, aber wenn ihr euch nicht mehr ausstehen könnt, weil ihr geknutscht habt, wäre das nicht so prickelnd, deshalb wollte ich mal vorsichtig …«

»Ach halt die Klappe, McCreaven!« Ich werfe ein weiteres Kissen nach ihm. Ein Wiedersehen mit Kayleen, das Grinsen in meinem Gesicht schraubt sich weiter in Richtung meiner Ohren. »Wann?«

Shane beobachtet mich skeptisch, weil er mich wahrscheinlich noch nie so euphorisch erlebt hat, wenn es um ein simples Abendessen geht, dabei es geht um so viel mehr als das.

»Bist du nächstes Wochenende in der Stadt?«, fragt mein Kumpel.

»Na klar!« Ich proste ihm zu. Selbst wenn ich dafür Termine verschieben müsste, würde ich da sein.

Die Tage bis zum Essen bei Shane und Sam vergehen schleppend langsam. Immer wieder schwebt mein Finger über den Tasten des Telefons, weil ich Kayleen so gerne anrufen will. Ich will ihre sanfte Stimme hören. Ich will wissen, wie es ihr geht und was sie denkt. Aber ich halte mich an das, was ich ihr versprochen habe. Sie soll nicht das Gefühl haben, dass ich sie zu irgendetwas dränge. Stattdessen betrachte ich ihre Bilder in meiner Kartei. Ihre wunderschönen, tiefen Augen. Sie sind dunkelbraun, aber wenn die Sonne scheint, leuchten sie wie guter Whisky.

Mit einer Tasse Kaffee in der Hand lehne ich mich zurück. Wenn sie lächelt, bilden sich kleine Grübchen an den Mundwinkeln. Manchmal nagt sie nervös an ihrer Unterlippe und wenn sie kichert, hält sie sich ab und zu die Hand vor den Mund, als müsse sie ihr Lachen verstecken, dabei ist ihr Lachen einfach umwerfend und ansteckend. Ich stelle meine Tasse auf den Schreibtisch und berühre ihr Gesicht auf dem Bildschirm. Ihre Haut war so weich. Sie hat winzige Sommersprossen auf der Nase, deshalb frage ich mich, ob es im Sommer vielleicht mehr werden. Mein Blick schweift zum Fenster, wo Regentropfen gleichmäßig gegen die Scheibe trommeln und der Wind mit den kahlen Zweigen der Bäume spielt. Ein Bild in meiner Kartei zeigt Danielle und Kayleen zusammen auf meiner Party. Danielle hat große blaue Augen. Sie sind ganz anders als Kayleens, eher wie die ihres Vaters. Ich habe Fotos von ihm in Kayleens Wohnung gesehen. Er war ein gutaussehender Typ. Groß. Blond. Breite Schultern. Muskulöse Arme, die sich besitzergreifend um Kayleens zierlichen Körper legen. Danielle ähnelt ihm sehr. Nur ihre Nase, die hat sie von ihrer Mutter. Fällt es Kayleen schwer, ihn jeden Tag in ihrer Tochter zu sehen? Wie soll sie sich jemals neu verlieben, wenn er ihr durch Danielle so nah ist? Ein tiefes Seufzen verlässt meine Kehle.

Der Kaffee ist inzwischen kalt, ich trinke ihn trotzdem aus, bevor ich den Computer ausschalte und mir im Schlafzimmer meine Sporttasche schnappe. Ich muss ins Fitnessstudio und mich ablenken. Hier werde ich sonst nur depressiv.

»Hey Jake, auch mal wieder da?« Amanda, ein ausgesprochen hübsches Mädchen, steht am Empfang. Sie trägt hautenge Leggings und ein Tank Top, dass ihre Oberweite noch mehr zur Geltung bringt. Sie hat mir schon vor Monaten ihre Nummer gegeben, allerdings habe ich nie angerufen.

»Hi Am. Wie geht’s?« Ich reiche ihr meinen Mitgliedsausweis.

»Gut.« Sie spielt aufreizend mit ihrem Zopf und wirft mir eindeutige Blicke zu. »Ich hab um vier Feierabend.« Jetzt reicht sie mir die Karte zurück und zwinkert mir zu.

»Hm, schön für dich«, murmele ich abwesend, bevor ich schnell meine Tasche schultere, um zu den Umkleiden zu verschwinden. Früher hätte ich so ein Angebot nicht ausgeschlagen, aber da kannte ich Kayleen noch nicht. Jetzt will ich nur sie. Und das, obwohl wir uns nur geküsst haben.

Auf dem Rückweg nach Hause hole ich meinen Anzug aus der Reinigung ab. Das Mädchen hinter der Kasse kritzelt ihre Nummer auf den Kassenbon, aber ich werfe den Zettel draußen in den Müll. Zu Hause angekommen, lege ich die Schlüssel aufs Sideboard neben der Tür und hänge den Anzug an die Garderobe. Im oberen Stockwerk klingelt das Telefon, deshalb sprinte ich nach oben und erreiche atemlos das Wohnzimmer.

»Hallo?« Ich lasse mich über die Rückenlehne der Couch fallen.

»Hi Jake.«

»Kay!« Schnell setze ich mich auf. »Schön, dass du anrufst.«

»Störe ich? Du äh … klingst so abgehetzt.«

»Nein, natürlich nicht.« Ich kicke meine Schuhe von den Füßen. »Ich war beim Sport.«

»Ach so.« Sie räuspert sich. »Ähm, also wegen des Abendessens bei Sam und Shane.« Bestimmt kaut sie auf der Unterlippe. »Ich wollte dich fragen, ob du mich vielleicht abholen kannst, weil die U-Bahn dicht gemacht wird. Ich bringe Danielle abends zu Dad und Judy, dann bin ich schon in Notting Hill und könnte …«

»Natürlich kann ich dich abholen«, antworte ich grinsend. »Um halb sieben?«

»Gerne.« Sie klingt so erleichtert, wie ich mich fühle.

Am Samstag bin ich zum ersten Mal aufgeregt, als ich eine Frau abhole. Ich streiche mir durch die Haare und atme tief durch, bevor ich die Haustür erreiche. Bob und Judy kenne ich schon seit dem Studium, nervös bin ich trotzdem. Nachdem ich auf den Klingelknopf gedrückt habe, dauert es nicht lange, bis Kayleen mit einem schüchternen Lächeln öffnet. Sie trägt enge schwarze Jeans, ein helles Shirt und eine braune Strickjacke. Ihre Haare fallen offen über ihre Schultern und ihre Füße stecken in braunen Stiefeln.

»Hallo Kay.« Als ich mich zu ihr lehne, um ihre Wange zu küssen, steigt mir ihr berauschender Duft in die Nase. »Schön siehst du aus.«

»Danke.« Unsicher kaut sie auf ihrer Unterlippe. »Komm rein, ich hole meine Jacke.«

Als ich den Flur betrete und die Tür hinter mir schließe, tritt Judy mit Danielle auf dem Arm aus dem Wohnzimmer. Sofort strahlt die Kleine mich an und all meine Nervosität verfliegt. Ich begrüße Shanes Mum mit einem Küsschen auf die Wange und wende mich zu Danielle.

»Na Prinzessin, wie geht es dir? Wirst du heute bei deiner Grandma schlafen?«, frage ich mit einem sanften Kniff in Danielles Pausbäckchen.

»Jay!«, kichert sie, während sie aufgeregt in die Hände klatscht.

»Es ist schön, dass du Kayleen mitnehmen kannst. Die haben schon wieder die U-Bahn-Tunnel gesperrt. Die District Line fährt gar nicht und die Central Line nur bis South Kensington.«

»Ich weiß, hab davon gelesen.«

Kayleen hat ihre Jacke übergezogen. »Bis morgen, mein Schatz, sei schön brav.«

»Mommy. Jay. Kuss!« Danielle klatscht wieder.

Mit roten Wangen streichelt Kayleen über den blonden Haarschopf ihrer Tochter. »Musst du immer alles verraten, Süße.« Judy grinst nur. »Danke, Judy. Ich hole sie morgen früh wieder ab.«

»Keine Eile, Kayleen. Wir freuen uns, sie hier zu haben. Genießt euren Abend und grüßt Shane und Sam.«

Draußen spanne ich den Regenschirm über uns auf, um sie zu meinem Wagen zu begleiten.

»Neues Auto? Wo ist der Audi?« Kayleen streicht vorsichtig über die regennasse Oberfläche. »Schick.«

»Danke.« Ich halte ihr die Tür auf und lasse sie einsteigen, bevor ich zur rechten Seite sprinte und mich auf den Fahrersitz sinken lasse. Grinsend starte ich den Motor und fahre rückwärts aus der Einfahrt. »Der Audi war ein Leihwagen, den Jag habe ich vorgestern abgeholt.« Kayleen knetet nervös ihre Finger. Keiner von uns sagt ein Wort, deshalb drehe ich die Heizung auf und schalte das Radio ein, um die Stille zu überbrücken.

»Welche Musik hörst du?«

»Ich mag die irische Boyband, die gerade die Charts stürmt«, haucht sie schüchtern.

»Ja, die sind cool.«

»Das sagst du jetzt nur so.« Kayleen wirkt skeptisch.

»Nein, ich finde die wirklich gut«, antworte ich, während ich den Wagen auf eine andere Fahrspur lenke. »Sie sind aus Irland.«

Kayleen lacht. »Ach so, weil du auch aus Irland kommst, findest du die Band gut?«

»Na klar. Solidarität unter Landsleuten.« Ich zappe durch das Radioprogramm und finde tatsächlich einen ihrer Songs. »Ich habe die Fotos für das Album gemacht.«

»Wirklich? Für das neue?« Überrascht starrt Kayleen mich an.

»Ja, letzten Monat. Die Jungs sind echt super.« An einer Ampel beobachte ich sie aus den Augenwinkeln.

»Sam und ich waren auf dem Konzert. Es war toll.« Sie strahlt wie ein junges Mädchen, sieht dabei aber so unglaublich sexy aus, dass es mir ganz warm wird.

»Es wird nächstes Jahr wieder eine Tour geben, vielleicht bekomme ich Tickets und wir gehen zusammen hin?«

Kayleens Augen leuchten. »Ja, das könnten wir machen.«

Durch die U-Bahn-Sperrung sind mehr Autos unterwegs und in dem Viertel, in dem Shane und Sam wohnen, ist kein Parkplatz zu finden, deshalb drehe ich eine weitere Runde um den Wohnblock und wende mich schließlich seufzend zu Kayleen. »Sieht aus, als müssten wir laufen.«

»Ja, vermutlich«, antwortet sie mit einem sexy Lächeln, das meinen Herzschlag weiter beschleunigt. Ich parke den Wagen an einer der geschlossenen U-Bahn-Stationen zwei Blocks entfernt und hole den Regenschirm aus dem Kofferraum, bevor ich Kayleen auf der Beifahrerseite abhole.

»Oh, ein Gentleman.« Sie kichert.

Ich reiche ihr meine Hand. »Aber natürlich.«

Unter dem Regenschirm hakt sie sich bei mir unter. »Hast du schon etwas aus Shane herausbekommen?«

Im ersten Moment weiß ich nicht, was sie meint. »Wegen was?«

»Na, ob Sam schwanger ist. Sie sagt absolut nichts, allerdings es geht ihr schon besser als auf der Party.« Sie zuckt mit den Schultern. »Vielleicht war es wirklich ein Virus?«

»Ja, möglich. Shane rückt auch nichts raus.« Ehrlich gesagt, habe ich vergessen zu fragen, weil es bei unserem Treffen nur um Kayleen und mich ging. Oder um Fußball.

»Hm, vielleicht weihen sie uns heute Abend ein?« Ich werfe ihr einen Blick zu. »Wir könnten ihnen gemeinsam auf den Zahn fühlen?«

»Sehr gerne.«

»Hey, ihr zwei!« Sam öffnet uns die Tür. »Schön, dass ihr zusammen ankommt. Könnte ich mich dran gewöhnen.« Sie zwinkert Kayleen zu und ich stelle den Regenschirm in die Ecke, bevor ich die Haustür schließe.

»Warte, ich helfe dir.« Als ich Kayleens Jacke nehme, schenkt sie mir wieder dieses atemberaubende Lächeln, das ich bis in den südlichen Regionen meines Körpers spüre.

»Danke.«

»Das Essen ist auch gleich fertig.« Sam huscht zurück nach oben. Auf der Treppe lege ich meine Hand an Kayleens Rücken, und sie wirft mir einen Blick zu, ohne etwas zu sagen. In der Küche duftet es nach Tomatensoße.

»Was trinkt ihr?« Sam dreht sich zu uns um.

Kayleen grinst. »Wein?«

Ich ahne, was sie vorhat, deshalb gehe ich auf ihr Spiel ein. »Gerne ja. Ein Glas geht sicher.«

Sam reagiert nicht, sondern holt wortlos eine Flasche Rotwein aus dem Regal hinter der Tür und reicht sie an mich weiter.

»Machst du die auf? Gläser sind im Schrank im Wohnzimmer.« Sie dreht sich zu ihrer Fensterbank, um ein paar grüne Blätter abzuzupfen und diese in die Tomatensoße zu werfen. Mit einem Grinsen folge ich Kayleen ins Wohnzimmer, die schon zwei Gläser auf den Tisch gestellt hat und sich jetzt wieder zum Schrank umdreht. Als sie mir anschließend den Korkenzieher reicht, berühren sich unsere Hände und mich durchzuckt ein leichter Stromschlag.

»Danke.« Ihre Haut ist warm und weich, ihre Augen so unfassbar dunkel. Ich schlucke angespannt, weil sie so nah ist, dass ich ihr Gesicht berühren könnte. Ich könnte sie an mich ziehen, küssen und …

»Kannst du den Tisch …« Sams Blick wandert von ihrer Freundin zu mir und zurück zu Kayleen. »Störe ich?«

Kayleen entzieht mir ihre Hand. »Nein.« Eilig nimmt sie Sam die Teller ab. Mist. Der Moment ist vorbei, deshalb stelle ich die Flasche auf den Tisch.

»Ist Shane im Büro?« Besser verschwinde ich einen Moment, bevor Kayleen merkt, welche Wirkung sie auf mich hat.

»Ja!«, trällert Sam, die wieder in die Küche verschwindet, während Kayleen sich geschäftig dem Arrangieren der Teller widmet. Seufzend wende ich mich ab und schlurfe über den Flur, um meinen besten Freund zu suchen.

»Hey, da bist du ja endlich!« Shane setzt den Kopfhörer ab und begrüßt mich mit einem Handschlag.

»Ja, sorry. Wir mussten ziemlich weit weg parken und sind …«

Shanes Mundwinkel berühren förmlich seine Ohren und er schaltet wie nebenbei den Computer aus. »Dann seid ihr jetzt doch zusammen?«

»Nein. Die Central Line ist gesperrt.«

»Schade eigentlich. Ihr würdet super zusammenpassen.« Er klopft mir auf die Schulter. »Na los. Ich bin am Verhungern.«

Stimmt, schade eigentlich. Ich folge ihm zurück zu den Frauen. Kayleen hat den Tisch gedeckt und stellt zwei Weingläser zurück in den Schrank, wobei ich nicht verhindern kann, dass ich auf ihren Hintern starre, als sie sich zum obersten Fach streckt.