Bergkristall - Folge 259 - Marianne Burger - E-Book

Bergkristall - Folge 259 E-Book

Marianne Burger

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Beschreibung

"Ich habe nichts gegen dich persönlich, Roswitha", beginnt der alte Fürholzer und sieht die junge Sennerin traurig an. "Mich stört es auch net, dass du arm bist und dass deine Mutter net verheiratet war ..." Anton Fürholzer wischt sich den Schweiß von der Stirn. Seine nächsten Worte werden das Lebensglück seines einzigen Sohnes zerstören, das weiß er. Dennoch darf er nicht länger schweigen.

Hoch aufgerichtet steht Markus vor ihm, schützend den Arm um seine Liebste gelegt, die sich an ihn schmiegt und den alten Bauern bang aus ihren schönen, rehbraunen Augen anblickt. Es sind Magdalens Augen, die Augen ihrer Mutter - jener Frau, die Anton Fürholzer vor langer Zeit verraten hat, um eine reiche Hoftochter zu heiraten.

"Ich kann euch den Segen zu eurer Hochzeit wirklich net geben", beginnt der Fürholzer-Bauer schweren Herzens. "Denn der Markus ist dein Halbbruder, Roswitha."

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Inhalt

Cover

Impressum

Sie durften einander nicht lieben

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Bastei Verlag/von Sarosdy

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-2903-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Sie durften einander nicht lieben

Roman um das Geheimnis einer jungen Sennerin

Von Marianne Burger

„Ich habe nichts gegen dich persönlich, Roswitha“, beginnt der alte Fürholzer und sieht die junge Sennerin traurig an. „Mich stört es auch net, dass du arm bist und dass deine Mutter net verheiratet war …“ Anton Fürholzer wischt sich den Schweiß von der Stirn. Seine nächsten Worte werden das Lebensglück seines einzigen Sohnes zerstören, das weiß er. Dennoch darf er nicht länger schweigen.

Hoch aufgerichtet steht Markus vor ihm, schützend den Arm um seine Liebste gelegt, die sich an ihn schmiegt und den alten Bauern bang aus ihren schönen, rehbraunen Augen anblickt. Es sind Magdalens Augen, die Augen ihrer Mutter – jener Frau, die Anton Fürholzer vor langer Zeit verraten hat, um eine reiche Hoftochter zu heiraten.

„Ich kann euch den Segen zu eurer Hochzeit wirklich net geben“, beginnt der Fürholzer-Bauer schweren Herzens. „Denn der Markus ist dein Halbbruder, Roswitha.“

Auf dem Fürholzer-Hof herrschte schon rege Geschäftigkeit, als es sechs Uhr schlug. Knechte und Mägde versorgten das Vieh, während Ursel, die Hoftochter, in der Küche wirtschaftete.

Der Fürholzer-Bauer aber war dabei, die Haflinger vor den Leiterwagen zu spannen. Markus, sein Ältester, ging ihm dabei zur Hand. Wohlgefällig musterte Anton Fürholzer seinen Buben. Markus war ein sauberer Bursch, groß und breitschultrig.

„So, das hätten wir“, sagte Markus jetzt.

Vater und Sohn gingen ins Haus und setzten sich ans Kopfende des langen Tisches.

„Wir fahren heut rauf zur Gamsleiten“, verkündete Anton Fürholzer nach dem Frühstück. „Wenn wir uns ranhalten, haben wir bis zum Abend das Heu runtergebracht. Hast du uns schon eine Brotzeit zum Mitnehmen gerichtet, Ursel?“

Das Madel nickte und holte den großen Henkelkorb herbei.

„Zum Nachtmahl richte ich dann einen Erdäpfelsalat“, sagte Ursel. „Gelt, du hast doch nix dagegen, Vater, wenn ich hernach auf einen Sprung zum Nachbarn geh?“

Der Bauer schmunzelte. „Geh nur, Madel, du hast ja deinen Schatz die ganze Woche lang net gesehen!“

Seit Weihnachten war Ursel mit Peter Anzenberger, dem Nachbarssohn, verlobt. Sie wollten im Herbst heiraten. Eigentlich hatte es schon immer festgestanden, dass aus den beiden einmal ein Paar werden sollte. Das war sozusagen beschlossene Sache zwischen dem Fürholzer und seinem alten Spezi Dominik Anzenberger.

Um seinen Ältesten machte sich Anton Fürholzer unterdessen Sorgen. Markus war der Hoferbe, und so allmählich wurde es Zeit, dass er sich nach einer Bäuerin umschaute.

Der Fürholzer nutzte die Gelegenheit, ein Wort mit seinem Sohn zu reden, nachdem das Gesinde hinausgegangen war.

„So langsam solltest du dich jetzt nach einer passenden Hochzeiterin umschauen, Markus“, sagte er und klopfte seine Pfeife aus. „Alt genug bist du nun. Eine tüchtige junge Frau gehört auf den Hof, und ich möchte gern noch ein Enkelkindl auf dem Arm wiegen, bevor unser Herrgott mich von dieser Welt abberuft.“

„Aber Vater, wie kannst du denn ans Sterben denken?“, erwiderte Markus kopfschüttelnd. „Du bist doch erst sechsundfünfzig geworden.“

„Keiner weiß, wann sein Stündlein schlägt, Bub. Deine Mutter war ja auch erst achtundvierzig, als sie starb. Mei, das ist jetzt schon bald acht Jahre her!“

Anton Fürholzer seufzte leise. Große Trauer hatte er nicht empfinden können, als seine Franzi gestorben war.

Seine große Jugendliebe war die Magdalen gewesen, ein bildschönes, aber bettelarmes Madl. Sein Vater hatte nichts davon hören wollen, dass er die Betteldirn heiraten wollte. Der Vater hatte ihn enterben und vom Hof jagen wollen, wenn er die Magdalen zur Frau nahm! Schließlich hatte sich Anton schweren Herzens dem Willen seines Vaters gebeugt und die Franzi geheiratet.

„Markus, tu mir den Gefallen und schau dich nach einer Hochzeiterin um!“, sagte der Fürholzer jetzt aus seinen Gedanken heraus. „Und damit du es gleich weißt: Ich werd ganz gewiss net darauf schauen, wer und was das Madel ist, das du mir als Schwiegertochter ins Haus bringst. Aufs Geld brauchen wir net zu sehen, wir haben selbst genug. Die Hauptsache ist doch, dass ein Dirndl brav und anständig ist und dass es schaffen kann.“

„Und die wahre Liebe muss es sein, Vater“, fügte Markus ernst hinzu. „Für mich ist das nämlich das Wichtigste. Eben deswegen hab ich bisher noch net ans Heiraten gedacht, weil ich nämlich hier in Dobling keine einzige wüsste, die ich mir als meine Bäuerin vorstellen könnte.“

„Es muss ja net gerade eine aus Dobling sein“, brummte Anton. „Sieh dich doch ein bisserl um in der Gegend!“

„Das wird sich finden“, erwiderte Markus leichthin und folgte dem Vater hinaus in den Hof.

Anton stieg auf den Wagen und griff nach den Zügeln.

„Schaust du nachher ein bisserl nach dem Rechten droben auf der Alm?“, rief er Markus zu.

Die Kirner-Alm droben unterm Doblinger Joch war Gemeindebesitz. Sämtliche Bauern von Dobling hatten ihre Kühe den Sommer über dort auf der Alm stehen.

„Behüt dich derweil, Ursel!“, sagte Markus zu seiner Schwester, als er sich zum Gehen anschickte. „Ich bin bald wieder zurück. Ich werd mich net lang aufhalten droben auf der Alm.“

Ursel lachte leise.

„Wer weiß, vielleicht bleibst du ja doch ein bisserl länger da“, erwiderte sie mit einem schelmischen Lächeln.

„Wie meinst du das?“, fragte Markus verblüfft.

„Der Bürgermeister hat heuer eine neue Sennerin eingestellt“, erklärte sie. „Weil ja der alte Sepp mit seiner Gicht nimmer Senn sein kann. Da könnte es doch sein, dass dir die Sennerin gefällt.“

„Jetzt red du net auch noch so einen Schmarren!“, brummte Markus unwirsch.

Er stapfte hinaus und marschierte mit langen Schritten den Pfad zur Kirner-Alm hinauf. Mit seinen langen Beinen bewältigte Markus den beschwerlichen Weg ziemlich schnell. Ein bisserl neugierig auf die neue Sennerin war er schließlich doch, als er das letzte Stück Weg unter die Füße nahm und schließlich an die Hüttentür pochte.

„Herein!“, rief eine helle Stimme von drinnen.

Markus trat in die Hütte und nahm seinen Rückentragkorb, die Kraxe, ab. Er bekam kein einziges Wort heraus, als er das Dirndl erblickte, das am Herd stand und eifrig in einer großen Pfanne rührte.

Die Sennerin war das schönste Dirndl, das Markus je gesehen hatte: rank und schlank gewachsen, aber nicht zu dünn, sondern wohlgerundet überall da, wo es sein musste. Ihre Haut war weiß wie Milch und ihre Lippen rot wie Blut. Wunderschöne braune Augen – von langen, seidigen Wimpern umrahmt – blickten ihn an, und ihr Haar schimmerte kastanienbraun.

Herrgott, ist das Madel schön!, ging es Markus durch den Sinn. Noch immer sagte er nichts.

„Grüß dich“, hörte er das Madel sagen. „Ich bin die Roswitha und seit vierzehn Tagen hier heroben. Und wer bist du?“

Markus musste sich erst einmal räuspern, weil ihm die Kehle eng war.

„Ich bin der Markus Fürholzer. Die Butter soll ich abtragen, und ich muss nach unseren Kühen schauen. Hat die Scheckin schon ihr Kalb gekriegt?“

„Grüß dich, Markus.“

Roswitha bot ihm die Hand. Markus hatte ihr auf den ersten Blick gefallen; aber als er seinen Namen nannte, dachte sie traurig: Der ist freilich net für dich gewachsen.

„Vorgestern hat sie gekalbt, die Scheckin“, sagte Roswitha jetzt und entzog ihm schnell ihre Hand, die er immer noch festhielt. „Ein gesundes Stierkalb hat sie geboren. Willst du es dir anschauen, Markus?“

Er nickte stumm und folgte ihr nach draußen.

Wie verzaubert sah er das Dirndl an, das leichtfüßig vor ihm her schritt. Mich hat’s erwischt, dachte Markus wie benommen. Also gibt es doch die Liebe auf den ersten Blick!

Markus betrachtete geistesabwesend das Stierkalb und sagte nichts.

„Gefällt’s dir denn net?“, fragte Roswitha daher besorgt.

„Ja, ja, freilich“, murmelte er und wandte sich ab, um sich die anderen Kühe anzuschauen, die friedlich auf der Alm weideten.

„Die sind alle pumperlgesund“, sagte Roswitha stolz. „Und bis jetzt hat sich auch noch kein Stück Vieh verirrt, droben am Berg. Aber wenn ich einmal ein Tier suchen muss, dann wird mir der Jäger helfen, das hat er mir versprochen. Er ist ein freundlicher Mensch, der Damian.“

Eifersucht regte sich im Herzen des Burschen, als die Sennerin so freundlich vom Damian Kinagl sprach.

„Kehrt der Jäger des Öfteren bei dir ein?“, fragte er rau.

„Schon, alle zwei oder drei Tage“, erwiderte Roswitha unbefangen, „wenn er halt hier in der Nähe einen Pirschgang macht. Der Damian meint, dass ihm mein Kaiserschmarren

gar so gut schmecken würde.“

„Würdest du mir denn auch einen Schmarren zubereiten, Roswitha?“, fragte Markus schnell.

„Aber freilich, Markus, gern“, erwiderte sie. „Setz dich solange auf die Bank vor der Hütte.“

„Ich möcht aber viel lieber zuschauen, wenn du den Schmarren richtest“, gestand er ehrlich.

Unter seinem Blick wurde sie rot. Stumm wandte sie sich ab und eilte in die Sennhütte. Während sie sich die Hände wusch und den Teig anrührte, spürte sie ständig seine Blicke, die sie nicht losließen.

Er soll mich net so anschauen, dachte sie und hatte plötzlich arges Herzklopfen. Vielleicht denkt der Markus, dass er mit mir ein Gspusi anfangen kann. Aber dafür bin ich net zu haben.

Als Roswitha wenig später die dampfende Pfanne auf den Tisch stellte, sah Markus das Dirndl an.

„Du hast dir so viel Mühe gemacht meinetwegen, Roswitha“, sagte er. „Vergelts Gott.“

„Ist gern geschehen“, erwiderte sie leise. „Lass es dir schmecken!“

Markus griff zum Löffel und kostete.

„Mei, das ist was Feines!“, sagte er dann. „Kein Wunder, dass der Damian Kinagl so oft zu dir kommt. Doch wenn ich dich so anschaue, Madel, kann ich mir denken, dass der Jäger net bloß wegen deinem guten Kaiserschmarren bei dir einkehrt.“

Wieder wurde das Dirndl rot.

„Wenn du denkst, dass ich ein Gspusi mit dem Damian hab, dann irrst du dich, Markus“, erwiderte sie leise und wich dabei seinem Blick nicht aus. „Der Jäger hat mir freilich eingestanden, dass er mich gern mag, und er ist ja ein guter und freundlicher Mensch. Aber ich hab ihm gleich gesagt, dass ich für eine Liebschaft net zu haben bin. Daraufhin hat der Damian vom Heiraten geredet. Aber dazu gehören allemal zwei, das hab ich ihm klargemacht, in aller Freundschaft. Ohne richtig verliebt zu sein heirate ich net.“

Markus legte den Löffel aus der Hand.

„Genau so denk ich auch, Madel“, sagte er ernsthaft. „Weißt du was? Ich bin achtundzwanzig, und bis auf den heutigen Tag hab ich niemals ernsthaft ans Heiraten gedacht. Eben darum, weil ich auch der Überzeugung bin, dass die richtige Liebe dazugehört. Sogar mein Vater hat mir schon ins Gewissen geredet, dass es an der Zeit wäre, ans Heiraten zu denken.“

„Ach, wirklich?“, fragte Roswitha.

„Ja. Er hat auch gesagt, dass er nix dagegen hätte, wenn meine Hochzeiterin ein armes Dirndl wäre. Und jetzt sag ich dir ganz ehrlich, Roswitha, dass es mich erwischt hat. Dich möchte ich zu meiner Bäuerin machen. Und das meine ich ernst.“

Der Blick aus ihren schönen braunen Augen verdunkelte sich jäh – sie senkte den Kopf und schwieg.

„Warum sagst du nix?“, drängte Markus. „Bin ich dir etwa zuwider?“

„Das net“, flüsterte das Dirndl. „Aber schau, das kann net angehen, Markus. Du bist ein reicher Hoferbe, und ich …“

„Aber gerade eben hab ich dir doch gesagt, dass mein Vater da ganz vernünftige Ansichten hat“, fiel er ihr ins Wort. „Freilich wirst du mich jetzt wohl für narrisch halten, weil ich dir so Hals über Kopf einen Antrag mache, obwohl wir uns heute das erste Mal sehen.“

„Na ja, gerechnet habe ich damit wirklich net!“, sagte das Madel mit einem süßen Lächeln.

„Aber mein Herz sagt mir, dass du die Richtige für mich bist, Roswitha“, fuhr Markus fort. „Schau, jetzt werden wir uns ja öfters sehen, wenn ich am Samstag heraufkomm zum Butterabtragen. Wir werden uns besser kennenlernen, und hernach findet sich dann schon alles Weitere ganz von selbst.“

Sie sah ihn lange an, als wolle sie bis auf den Grund seiner Seele schauen.

„Markus, mir ist es genauso ergangen wie dir“, sagte sie dann leise. „Gleich auf den ersten Blick hast du mir arg gut gefallen. Aber jetzt muss ich dir was erzählen – hör mir zu!“

Er nickte stumm.

„Es ist ja net bloß so, dass ich ein bettelarmes Madel bin. Ich bin eine Waise und ein uneheliches Kind obendrein, das musst du wissen“, begann Roswitha mit leiser Stimme. „Meine Mutter – Gott hab sie selig – war eine arme Magd. Ein reicher Bauernsohn hat sich in sie verliebt und ihr die Treue geschworen. Sie hat ihm vertraut und sich ihm hingegeben. Und dann hat er ihr gesagt, dass er sie net heiraten könnte, weil sein Vater ihn hinauswerfen würde, wenn er net das Madel zur Frau nimmt, das er ihm ausgesucht hat.“

„Wie schrecklich!“, murmelte Markus.

„Da hat mein Mutterl stillschweigend ihr Bündel zusammengeschnürt und ist fortgegangen nach Steinbach, ins Kloster der barmherzigen Schwestern“, erzählte Roswitha weiter. „Dort hat sie als Küchenmagd geschafft, und dort im Kloster bin ich dann zur Welt gekommen. Etliche Tage nach meiner Geburt ist meine Mutter gestorben.“

„Das tut mir leid, Madel!“, sagte Markus ergriffen.

Roswitha wischte sich über die Augen.