Bergkristall - Folge 285 - Marianne Burger - E-Book

Bergkristall - Folge 285 E-Book

Marianne Burger

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Beschreibung

Dr. Veith, der alte Tierarzt von Unterbruck, stirbt plötzlich. In seinem Testament verfügt er, dass das Haus seiner Nichte Barbara Lukas gehören soll, unter der Bedingung, dass sie seine Praxis fortführt. Barbara, die gerade ihr Studium beendet hat, nimmt das Erbe mit Freuden an.
Doch schon bald muss sie erkennen, dass die Bauern ihr mit Misstrauen, ja, mit Feindseligkeit begegnen - Barbaras Praxis bleibt leer.

Dafür hat der Tierarzt Dr. Roland Heisner in der Nachbargemeinde umso mehr zu tun. Barbara ahnt nicht, dass Heisner sie überall schlechtmacht. Er will die unerwünschte Kollegin ruinieren, um selbst die Praxis Dr. Veiths übernehmen zu können.
Schon ist Barbara bereit aufzugeben, da lernt sie einen Mann kennen, der ihrem Leben eine unerwartete Wende gibt ...

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Seitenzahl: 139

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Inhalt

Cover

Impressum

Die Tierärztin von Bruck

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-4672-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Die Tierärztin von Bruck

Ein ergreifender Schicksalsroman aus den Bergen

Von Marianne Burger

Dr. Veith, der alte Tierarzt von Unterbruck, stirbt plötzlich. In seinem Testament verfügt er, dass das Haus seiner Nichte Barbara Lukas gehören soll, unter der Bedingung, dass sie seine Praxis fortführt. Barbara, die gerade ihr Studium beendet hat, nimmt das Erbe mit Freuden an.

Doch schon bald muss sie erkennen, dass die Bauern ihr mit Misstrauen, ja, mit Feindseligkeit begegnen – Barbaras Praxis bleibt leer.

Dafür hat der Tierarzt Dr. Roland Heisner in der Nachbargemeinde umso mehr zu tun. Barbara ahnt nicht, dass Heisner sie überall schlechtmacht. Er will die unerwünschte Kollegin ruinieren, um selbst die Praxis Dr. Veiths übernehmen zu können.

Schon ist Barbara bereit aufzugeben, da lernt sie einen Mann kennen, der ihrem Leben eine unerwartete Wende gibt …

Der alte Notar Dr. Steinbrink schaute sein Gegenüber mit einem wohlwollenden Lächeln an.

„So, damit wären nun alle Formalitäten erledigt. Jetzt gehört Ihnen das Haus Ihres verstorbenen Onkels. Ich finde es sehr richtig, dass Sie die Testamentsklausel akzeptiert haben. Sie werden Doktor Veiths würdige Nachfolgerin sein.“

Das blonde junge Mädchen seufzte unterdrückt. Mit unsicheren Händen strich sie ihren schwarzen Rock glatt.

„Mir wäre es lieber, Onkel Leopold lebte noch“, sagte sie leise.

Barbara Lukas hatte mit vierzehn Jahren beide Eltern verloren. Onkel Leopold, der Bruder ihrer Mutter, hatte sich ihrer angenommen. Barbara hatte den Onkel innig geliebt. Für sie war es ganz selbstverständlich gewesen, dass sie ihm nacheiferte und Tiermedizin studierte.

Onkel Leopold lebte in einem kleinen, idyllisch gelegenen Bergdorf. Er war Tierarzt, und er liebte seinen Beruf. Kein Wunder also, dass Barbara Lukas ebenfalls Tierärztin werden wollte.

Vor etlichen Monaten hatte sie ihre Examina mit Glanz bestanden. Barbara hatte noch für ein Jahr als Assistenzärztin an der Tierärztlichen Hochschule Hannover bleiben wollen, um ihr Wissen zu vervollständigen. Doch nun war ihr guter alter Onkel Leopold ganz plötzlich einem Herzschlag erlegen.

In seinem Testament hatte er verfügt, dass seiner geliebten Nichte Barbara sein Haus in Unterbruck gehören sollte; unter der Bedingung, dass sie seine Praxis weiterführte.

„Ich habe Angst, Doktor Steinbrink“, sagte Barbara aus ihrem Sinnen heraus. „Wird man mich in Unterbruck überhaupt akzeptieren? Erstens bin ich für die Bauern dort doch praktisch eine wildfremde Person. Zweitens komme ich frisch von der Universität – ich habe noch keine Erfahrung und …“

„Dann werden Sie halt jetzt in Unterbruck Erfahrungen sammeln“, fiel der Notar ihr in die Rede und lächelte ihr aufmunternd zu. „Ich bin fest davon überzeugt, dass Sie sich glänzend bewähren werden.“

Barbara erhob sich und reichte dem alten Herrn die Hand.

„Ihr Vertrauen ehrt mich, Herr Doktor. Ich werde mir Mühe geben, mein Bestes zu tun und Onkel Leopold nicht zu enttäuschen.“

Dr. Steinbrink geleitete sie höflich zur Tür und schaute ihr sinnend nach, als sie die Treppen hinunterschritt.

Barbara Lukas war sechsundzwanzig, doch sie sah jünger aus. Bildhübsch war sie, groß und schlank, eine wahre Augenweide. Kaum jemand würde bei ihrem Anblick auf den Gedanken kommen, dass dieses attraktive Geschöpf mit den leuchtend blauen Augen und dem goldblonden Haar ausgerechnet Tierärztin war!

„Tja, so ganz leicht wird sie es wohl nicht haben da in dem kleinen Nest“, murmelte der Notar vor sich hin. „Aber aller Anfang ist schwer, Sie wird es schon schaffen.“

Unterdessen fuhr die junge Tierärztin in ihrem kleinen Wagen bereits der neuen Heimat entgegen. Es erschien ihr wie ein gutes Omen, dass plötzlich die Sonne durch die Wolken brach.

Als sie nun von der Autobahn abbog und den Weg nach Unterbruck einschlug, überfiel sie wieder die Angst vor dem, was sie dort erwarten würde. War es wirklich richtig gewesen, dass sie das Vermächtnis des Onkels angenommen hatte?

„Hilf mir, Onkel Leopold!“, murmelte Barbara vor sich hin. „Ich will versuchen, dir eine würdige Nachfolgerin zu werden.“

Endlich tauchte hinter einer scharfen Kurve das Zwiebeltürmchen der Unterbrucker Kirche vor ihr auf. Barbara schaltete herunter und ließ den Wagen vor dem Haus des Bürgermeisters ausrollen.

Dominik Wiesleitner, der Bürgermeister, war ein massiger Mensch mit eisgrauem Haar und ebensolchem Bart. Er begrüßte das Fräulein Doktor Lukas, wie es sich ziemte, als neue Mitbürgerin seiner Gemeinde und wünschte ihr recht viel Glück zum Beginn ihrer Praxis.

Dass ihm dieser Wunsch keineswegs aus dem Herzen kam, merkte Barbara in ihrer Aufregung nicht. Dominik aber dachte bei sich: Es wird gewiss net lang dauern, dann verschwindet die Städtische wieder von hier. Zu der Hereingeschmeckten wird keiner von den Leuten hingehn, wenn ein Stück Vieh krank wird. Sie werden halt den netten Dr. Heisner aus Weilbach holen. Der hat ja auch schon oft für den alten Dr. Veith Vertretung gemacht.

Aber wohlweislich ließ er sich von diesen Gedanken nichts anmerken; vielmehr kredenzte er Barbara einen Obstler zum Einstand und gab ihr den Rat, sich bald einmal mit dem Dr. Heisner bekannt zu machen, der im Nachbarort als Tierarzt praktizierte und von dem ihr verstorbener Onkel große Stücke gehalten hatte.

Barbara bedankte sich für diesen Hinweis, dann verabschiedete sie sich und fuhr zum Haus des Onkels – nein, jetzt war es ja ihres!

Nandl, die alte Wirtschafterin, kam aus der Tür, als Barbara den Wagen beim Gartentor stoppte. Sie blieb noch einen Moment sitzen und schaute das Haus an, das sie so sehr liebte. Es war im alpenländischen Stil erbaut; rings um das obere Stockwerk herum zog sich ein Balkon. Endlich stieg die junge Frau aus und holte ihr Gepäck aus dem Kofferraum.

Nandl kam herbeigewieselt, gab Barbara die Hand und sagte feierlich: „Gott segne Ihren Eingang, Fräulein Doktor!“

Dann wollte sie sich mit den Koffern beladen, aber das ließ Barbara nicht zu. Sie selbst trug die Sachen ins Haus. Dann betrat sie die Praxisräume und blickte sich um. Dies alles war von nun an ihr Reich!

Nandl steckte den grauen Kopf zur Tür herein.

„Der Kaffee ist fertig, Fräulein Doktor. Einen Gugelhupf hab ich auch gebacken heut in der Früh. Der Herr Doktor, Gott hab ihn selig, hat ihn allweil so gern gemocht.“

Barbara folgte der Alten in die gemütliche Küche und nahm im Herrgottswinkel Platz. Sie ließ sich Kaffee und Kuchen schmecken und erkundigte sich dann: „Was ist eigentlich dieser Doktor Heisner für ein Mensch? Der Bürgermeister meinte, dass Onkel Leopold sehr viel von ihm gehalten hätte.“

„Ja freilich, genauso war‘s, Fräulein Doktor. Der Herr Doktor Heisner ist ein sehr netter Mensch, mit dem kranken Viechzeug versteht er umzugehen, und außerdem schaut er sakrisch fesch aus. Der tät pfeilqrad zu Ihnen passen.“

„Aber Nandl, willst du mich etwa verkuppeln, kaum, dass ich hier bin?“, fragte Barbara halb ärgerlich und halb amüsiert. „Das schlag dir nur gleich wieder aus dem Sinn!“

Nandl sagte nichts mehr, sie warf der hübschen jungen Frau einen verstohlenen Seitenblick zu.

Barbaras Gedanken aber waren in die Vergangenheit gewandert, zu jenem Mann, der sie bitter enttäuscht hatte. Für sie war Dieter die erste Liebe gewesen; sie hatte ihm blind vertraut. Doch er war ein Blender gewesen, ein notorischer Frauenheld. Als Barbara ihn endlich durchschaute, stürzte für sie eine Welt zusammen. Nie wieder würde sie einem Mann vertrauen können …

Das Telefon klingelte. Barbara schrak hoch und eilte zum Apparat. Hoffentlich beginnt meine Praxis nicht gleich mit einem komplizierten Fall, dachte sie.

Aber am anderen Ende der Leitung meldete sich eine angenehme Männerstimme:

„Spreche ich mit Fräulein Doktor Lukas? Mein Name ist Roland Heisner. Darf ich Ihnen nachträglich mein Beileid zum Tod Ihres Herrn Onkels aussprechen?“

„Danke, Herr Kollege“, murmelte Barbara.

„Es dürfte wohl angebracht sein, dass wir uns demnächst einmal zusammensetzen, Fräulein Lukas. Wäre es Ihnen recht, wenn ich morgen Nachmittag zu Ihnen käme?“

„Gewiss, Herr Heisner. Ich hoffe sehr auf eine gute Zusammenarbeit.“

„Das ist ganz in meinem Sinn, Fräulein Lukas. Also dann, bis morgen Nachmittag. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend.“

Sie konnte nicht ahnen, dass Roland in diesem Moment sehr ungute Gedanken und Gefühle gegen seine neue Kollegin hegte.

Roland hatte heimlich gehofft, dass der alte Leopold Veith eines Tages ihm seine Praxis übergeben würde. Doch eines Tages teilte Leopold Veith seinem jungen Kollegen freudestrahlend mit, dass die Nichte nun ihr Veterinärmedizinstudium beendet hatte. Vorerst aber wollte sie noch an der Tierärztlichen Hochschule bleiben.

Das konnte Roland nur recht sein. Der alte Dr. Veith würde bestimmt nicht ernstlich daran denken, dieses junge, unerfahrene Geschöpf als seine Nachfolgerin nach Unterbruck zu holen.

Er war total perplex gewesen, als der Bürgermeister von Unterbruck ihn am Tag nach Dr. Veiths Beerdigung anrief und ihm mitteilte, der Alte habe Haus und Praxis seiner jungen Nichte vermacht.

Für Roland war das eine herbe Enttäuschung. Er hatte sich schon an der Stelle des alten Dr. Veith gesehen und jetzt wurde nichts daraus!

Doch es war ja noch längst nicht aller Tage Abend, sagte sich Roland Heisner dann. Vielleicht blieb diese Barbara Lukas nicht lange hier in dem einsamen Nest.

Auf jeden Fall war Roland neugierig auf dieses Mädchen Barbara.

***

Am anderen Morgen erwachte Barbara sehr früh. Die Sonne schien hell zum Fenster herein, im Birnbaum am Gartenzaun zwitscherten die Vögel.

Barbara sprang aus den Federn, nahm ein Bad und schlüpfte in eine leichte Sommerbluse und Jeans. Ihr schulterlanges Haar fasste sie im Nacken zu einem lockeren Knoten zusammen. Barbara musterte sich kritisch im Spiegel und fand, dass diese Frisur sie ein wenig älter und würdiger erscheinen ließ.

Zum Frühstück tischte Nandl knusprige Semmeln, frische Butter, Honig und Eier auf. Barbara ließ es sich schmecken und lobte den ausgezeichneten Kaffee.

Die Alte strahlte übers ganze runzlige Gesicht. „Jetzt wird‘s aber bald Zeit, dass wer kimmt“, meinte sie dann und reichte Barbara die Morgenzeitung über den Tisch.

Auf der letzten Seite fand sich das Inserat, das Barbara hatte drucken lassen. Dort stand zu lesen, dass Dr. Barbara Lukas ab heute die tierärztliche Praxis des verstorbenen Dr. Veith übernahm.

Barbara ging nach dem Frühstück durchs ganze Haus, vom Dachboden bis zum Keller und setzte sich dann im Sprechzimmer des Onkels hinter den mächtigen Schreibtisch. Mit wachsender Ungeduld wartete sie, dass sich endlich jemand blicken ließ. Doch niemand erschien.

Es wurde Mittag. Nandl hatte Schweinsbraten und Knödel gekocht, aber Barbara verspürte keinen Appetit. Lustlos stocherte sie auf dem Teller herum und schob ihn endlich weg.

Schließlich stand sie auf und holte sich ein Lehrbuch aus ihrem Zimmer und setzte sich unter den alten Birnbaum. Aber sie vermochte sich nicht aufs Lesen zu konzentrieren. Sie wartete nur darauf, dass Nandl kam und ihr meldete, das Fräulein Doktor würde verlangt. Doch nichts dergleichen geschah.

Barbara wurde immer nervöser. Sie legte das Lehrbuch aus den Händen und lief ins Haus.

Ohne Umschweife sprach sie Nandl gegenüber aus, was ihr plötzlich in den Sinn gekommen war: „Sag mir ganz ehrlich, Nandl, könnte es vielleicht sein, dass die Bauern hier kein Zutrauen zu einem weiblichen Veterinär haben, noch dazu, wenn man grade erst von der Uni gekommen ist?“

Nandl schüttelte energisch den Kopf. „Mei, das dürfen Sie net denken, Fräulein Doktor! Ein jeder hier im Ort weiß doch, dass Sie die Nichte vom seligen Herrn Doktor Veith sind. Zum Herrn Doktor haben die Leut Vertrauen gehabt, und zu Ihnen werden sie es auch haben, wenn Sie erst einmal ein bisserl länger da sind.“

„Dein Wort in Gottes Ohr“, murmelte Barbara bedrückt.

Dann lief sie ins Ordinationszimmer und vertiefte sich in die Aufzeichnungen, die Onkel Leopold über seine Patienten gemacht hatte.

Als dann plötzlich die Türklingel anschlug, sprang die junge Veterinärin wie elektrisiert auf.

Im nächsten Moment betrat ein gut aussehender junger Mann das Sprechzimmer, reichte Barbara die Hand und sagte mit einem jungenhaften Lachen: „Grüß Gott, Kollegin! Mein Name ist Heisner, Roland Heisner. Es freut mich sehr, Sie endlich persönlich kennenzulernen.“

Barbara musterte Dr. Heisner verstohlen, während sie seinen Händedruck erwiderte. Barbara bot ihrem Gast einen Sessel an und holte des Onkels Geheimmedizin aus dem untersten Schreibtischfach – eine Flasche alten französischen Cognac.

Während Barbara einschenkte, fragte Roland höflich: „Darf ich rauchen, Fräulein Lukas?“

Barbara nickte lächelnd, lehnte jedoch ab, als Roland ihr sein Etui reichte.

„Nun denn, auf Ihr Wohl und auf eine blühende Praxis!“ Roland hob sein Glas.

„Danke, Herr Heisner. Leider wurde meine Hilfe heute noch nicht angefordert. Allmählich frage ich mich, ob die Menschen hier in Unterbruck vielleicht Vorurteile gegen eine Frau in diesem Beruf haben.“

„Aber, aber, verehrte Kollegin“, Roland erhob die Hände, „ganz bestimmt nicht! Es mag Zufall sein, dass ausgerechnet heute niemand den Tierarzt benötigt. Vielleicht haben Sie morgen schon alle Hände voll zu tun. Übrigens, wann immer Sie mich brauchen sollten, ein Anruf genügt.“

„Sehr liebenswürdig, Herr Kollege. Noch einen Cognac?“

„Danke, lieber nicht. Ich muss ja noch fahren.“

Bald darauf verabschiedete sich Roland und fuhr davon. Diese kleine Person sieht sehr attraktiv aus, dachte er bei sich. Es wird mir nicht schwerfallen, ihr den Hof zu machen. Wenn sie anbeißt und mich heiratet, dann habe ich es geschafft. Dann bin ich der Herr im Haus des alten Dr. Veith.

Roland pfiff vergnügt vor sich hin. Er fuhr nicht direkt nach Hause, sondern zum Haus des Bürgermeisters von Unterbruck.

Dominik Wiesleitner begrüßte den jungen Tierarzt mit respektvoller Verbeugung.

„Sie kommen grad wie gerufen, Herr Doktor! Eben wollte ich Sie anläuten, dass Sie einmal nach der Schecki schauen. Sie frisst nix und hat einen aufgeblähten Bauch.“

Roland zog die Brauen hoch. „Aber lieber Freund – jetzt haben Sie doch wieder einen Veterinär im Ort! Holen Sie das Fräulein Doktor Lukas!“

„Zu dem jungen Ding hab ich kein rechtes Zutrauen“, erklärte der Bürgermeister frei heraus. „Und wenn sie auch zehnmal die Nichte von unserem alten Doktor ist – aber sie ist doch grad erst frisch von der Schule gekommen und hat noch kein bisserl Erfahrung. Dafür ist mir mein wertvolles Zuchtvieh zu schad, dass das Fräulein Doktor Experimente anstellt. Und dass ich‘s nur gleich frei heraus sag, Herr Doktor. Genau wie ich denken auch alle anderen Bauern hier. Die Langhaarige wird bei uns net alt werden, darauf dürfen Sie Gift nehmen, Herr Doktor. Der Gunzenhofer hat erst gestern zu mir gesagt: Der Städtischen tät ich net mal meinen Kanari zur Behandlung geben.“

„Ja, warum haben Sie denn überhaupt erst Ja und Amen dazu gesagt, dass Fräulein Lukas hierherkam?“

„Der alte Doktor Veith hat es halt so bestimmt, dass das Madel die Praxis übernehmen soll, und dagegen konnte ich doch gar nix machen. Aber wenn sie merkt, dass keiner zu ihr kommt, wird sie bald wieder abdampfen.“

Roland tat, als müsse er nachdenken.

Dann sagte er nachdrücklich: „Wiesleitner, was Sie da eben gesagt haben, das möchte ich lieber nicht zur Kenntnis nehmen. Ich habe Fräulein Lukas soeben einen Besuch abgestattet und fand sie sehr nett und sympathisch. Über ihre beruflichen Qualitäten kann ich mir freilich kein Urteil erlauben. Nun ja, wenn Sie ausdrücklich wünschen, dass ich mir Ihre kranke Kuh anschauen soll, dann muss ich das wohl tun. Aber ich möchte keinen Ärger haben.“

„Fürchten Sie sich etwa vor der?“, spottete der Bürgermeister.

Roland schüttelte schweigend den Kopf, dann holte er seine Instrumententasche aus dem Wagen und folgte dem Wiesleitner in den Stall.

Bei der kranken Kuh stand Steffi, die Tochter des Bürgermeisters. Steffis Augen strahlten auf, als sie den jungen Doktor erblickte. Sie war schon lange in Roland Heisner verliebt, aber der schien es nicht zu merken – oder er wollte es nicht zur Kenntnis nehmen.

Roland gab Steffi die Hand; dann begann er, die kranke Schecki zu untersuchen.

„Ich fürchte, sie hat die Rindergrippe“, sagte er dann. „Das Tier muss isoliert werden, sonst stecken sich die anderen Kühe an. Ich lasse Ihnen ein Medikament da. Diese Krankheit ist heimtückisch und wird durch einen Virus verursacht. Erst vor Kurzem hat man ein wirksames Heilmittel entdeckt. Es wird aber erst ab Juli in den Handel kommen. Dann werde ich Ihre Kühe impfen, Wiesleitner.“

„O mei, wenn uns bloß die Schecki net eingeht!“, jammerte Steffi und kraulte die Kuh am Hals.

„Wir wollen das Beste hoffen.“

Roland kramte eine Flasche aus seiner großen Tasche und schärfte dem Wiesleitner ein, die Medizin genau nach Vorschrift anzuwenden.

Als sich Roland dann verabschieden wollte, sagte Steffi: „Trinken Sie doch eine Tasse Kaffee mit uns, Herr Doktor! Gugelhupf ist auch noch da.“

„Die Steffi ist eine erstklassige Köchin“, ließ sich der Bürgermeister vernehmen. Mit väterlichem Stolz schaute er seine hübsche Tochter an. „Wer dich einmal zur Frau bekommt, der kann sich schon gratulieren.“