Bergkristall - Folge 284 - Claudia Donath - E-Book

Bergkristall - Folge 284 E-Book

Claudia Donath

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Beschreibung

Das beschauliche Kloster St. Ägid und seine Nonnen sind Barbaras Heimat und Familie, seit sie als Säugling auf den Klosterstufen abgelegt wurde. Mittlerweile ist aus dem kleinen Waisenmädchen eine schöne, kluge Frau von bald einundzwanzig Jahren geworden, die mit viel Geschick als Wirtschaftsleiterin das Kloster führt.

Als Barbaras Geburtstag naht, verhält sich Äbtissin Raimunda zunehmend eigenartig, und auch die geheimnisvollen Andeutungen aus den Reihen der Schwestern beunruhigen die junge Frau zutiefst.

Und da ist noch jemand, der Barbara bisher unbekanntes Herzklopfen bereitet: Roland Wilding, ein junger Historiker, der zu Studienzwecken das Kloster besucht und von der ersten Begegnung an behutsam um "das Klostermädchen" wirbt ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Das Mädchen aus dem Kloster

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Bastei Verlag/Anne von Sarosdy

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-4671-8

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Das Mädchen aus dem Kloster

Roman um eine Waise und ein altes Geheimnis

Von Claudia Donath

Das beschauliche Kloster St. Ägid und seine Nonnen sind Barbaras Heimat und Familie, seit sie als Säugling auf den Klosterstufen abgelegt wurde. Mittlerweile ist aus dem kleinen Waisenmädchen eine schöne, kluge Frau von bald einundzwanzig Jahren geworden, die mit viel Geschick als Wirtschaftsleiterin das Kloster führt.

Als Barbaras Geburtstag naht, verhält sich Äbtissin Raimunda zunehmend eigenartig, und auch die geheimnisvollen Andeutungen aus den Reihen der Schwestern beunruhigen die junge Frau zutiefst.

Und da ist noch jemand, der Barbara bisher unbekanntes Herzklopfen bereitet: Roland Wilding, ein junger Historiker, der zu Studienzwecken das Kloster besucht und von der ersten Begegnung an behutsam um „das Klostermädchen“ wirbt …

Sie kniete vor dem Seitenaltar des heiligen Ägidius, der dem Benediktinerinnen- Kloster den Namen gegeben hatte. Sie war allein in der Kirche. Ein Strahl der Vormittagssonne traf auf ihr rotbraun schimmerndes Haar. Die Augen des Mädchens waren geschlossen.

Barbara Mannhardt hatte sich in ihr Gebet vertieft, sodass sie die leisen Schritte von Schwester Gertraudis überhörte. Die Nonne blieb drei Schritte hinter Barbara stehen und wartete, bis das Mädchen sein Gebet beendete, sich bekreuzigte und aufstand.

Sie lächelte Barbara zu, als diese sich umdrehte und langsam die Stufen des Seitenaltars herunterschritt. Dann flüsterte sie dem Mädchen etwas zu, bevor sie gemeinsam das barocke Gotteshaus verließen und den großen Klosterhof überquerten, vorbei an alten Kastanien, Linden und Buchen.

Sie sprachen nicht miteinander, denn in St. Ägid war es nicht üblich, sich zu unterhalten, wenn Schwester Gertraudis jemanden zur Äbtissin bringen sollte.

Barbaras Herz klopfte schneller als sonst. Sie war sich keinerlei Schuld bewusst. Trotzdem war es für sie ungewöhnlich, gleich am Montagmorgen vor dem Geschäftszimmer der Äbtissin Raimunda von Hohenwart warten zu müssen.

Schwester Gertraudis verschwand hinter den gepolsterten Doppeltüren, die jeden Laut abschirmten.

Unruhig lief Barbara hin und her. Solange sie denken konnte, lebte sie in diesem Kloster. Sie war als Baby vor den Stufen des Waisenhauses gefunden worden, das zum Kloster gehörte. St. Ägid war ihre Heimat, und die Schwestern waren ihre Familie. Barbara kannte es nicht anders, und sie fühlte sich glücklich und zufrieden dabei.

Endlich öffnete sich die Tür des Geschäftszimmers. Mit einer leichten, sehr vornehm wirkenden Handbewegung bedeutete Schwester Gertraudis, dass das Mädchen eintreten sollte. Sie selbst blieb draußen.

„Gruß Gott, Ehrwürdige Mutter“, sagte Barbara und blieb, wie es üblich war, neben der Tür stehen.

Die Äbtissin saß in einem hohen Sessel, der hinter einem mächtigen Schreibtisch stand. Bücherregale zogen sich an drei Wänden des hohen, holzgetäfelten Raumes entlang. An der vierten Seite des Raumes gab es eine kleine Sitzgruppe.

„Komm her, mein Kind“, sagte die Äbtissin und deutete auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch. „Du bist überrascht, dass ich dich aus der Kirche rufen ließ?“

„Ja, Ehrwürdige Mutter.“

Um den schmallippigen Mund der Äbtissin spielte ein kaum merkliches Lächeln. Sie war eine hochgewachsene Frau um die Fünfzig.

Barbara blieb vor dem Schreibtisch stehen.

„Setz dich, mein Kind. Wir haben heute etwas länger miteinander zu reden als sonst.“ Raimunda von Hohenwart ließ das Mädchen bei diesen Worten keinen Moment aus den Augen.

Barbara ließ sich auf dem Besucherstuhl nieder. Erwartungsvoll und fragend blickte sie dabei die Äbtissin an.

„Du bist jetzt mehr als zwanzig Jahre bei uns, Barbara. Auch ohne den Schleier genommen zu haben, bist du fest in unserer Gemeinschaft verwurzelt. Wir alle mögen dich und können uns das Kloster ohne dich gar nicht mehr vorstellen. Hast du dich noch mal geprüft, ob du nicht doch als Novizin bei uns eintreten willst? Du weißt, du kannst dich dann immer noch gegen den Schleier entscheiden, wenn du die ewigen Gelübde nicht ablegen möchtest oder nicht ablegen kannst, weil du dich der klösterlichen Abgeschiedenheit nicht gewachsen fühlst.“

„Ich bete jeden Tag zum heiligen Ägidius, Ehrwürdige Mutter.“

Jetzt lächelte die Äbtissin. „Und, Barbara? Hat dir der Heilige geantwortet?“

Barbara schüttelte den Kopf. Die Äbtissin erhob sich und kam um den Schreibtisch herum. Sie tippte Barbara leicht auf die Schulter, worauf das Mädchen sofort aufstand und zusammen mit der Äbtissin ans Fenster trat.

Mit einer mütterlichen Bewegung legte ihr die Äbtissin den Arm auf die Schulter. Das war eine hohe Auszeichnung für Barbara, denn solche Vertraulichkeiten gab es bei Raimunda von Hohenwart nur äußerst selten.

„Es ist schön bei uns, nicht wahr, Barbara?“

„Ja, sehr schön, Ehrwürdige Mutter“, erwiderte das Mädchen leise.

„Ich habe eine große Aufgabe für dich“, fuhr die Äbtissin fort. „Gestern war die Sitzung des Konvents. Schwester Philomena ist in der vergangenen Woche sechsundsiebzig geworden. Sie hat den Konvent gebeten, von ihren Pflichten als Leiterin unseres Wirtschaftsressorts entbunden zu werden. Der Konvent hat ihrer Bitte entsprochen. Und wir haben gleich die Nachfolgerin von Schwester Philomena gewählt. Übrigens einstimmig, obwohl ich dir das gar nicht sagen dürfte. Und die Wahl ist auf dich gefallen, Barbara.“

Die Äbtissin spürte, wie das Mädchen zitterte.

„Das kann ich nicht, Ehrwürdige Mutter. Ich bin viel zu jung. Und ich bin auch keine Nonne.“

„Das ist in diesem Fall vielleicht sogar ein Vorzug. Du kannst mit unseren Lieferanten viel freier und besser verhandeln, als Schwester Philomena das vermochte. Sie wird dir natürlich anfangs zur Seite stehen. Oder willst du mir eine Absage erteilen?“

„Ehrwürdige Mutter, ich …“ Barbara stockte.

Die Äbtissin strich ihrem Schützling über das Haar. Sie hing mit besonderer Liebe an Barbara, auch wenn sie das meistens sehr gut zu verbergen wusste.

Sie war es nämlich gewesen, die das Baby vor der Tür des Waisenhauses gefunden hatte. Damals war sie noch Schwester Raimunda gewesen. Und den versiegelten Brief, den man in der Kleidung des Kindes fand, hatte sie selbstverständlich der damaligen Äbtissin ausgehändigt.

Sie wusste nicht, was in dem Brief stand, der erst am einundzwanzigsten Geburtstag Barbaras geöffnet werden sollte. Auf dem Umschlag standen lediglich der Name des Kindes und der Geburtstag. Weitere Angaben fehlten.

Barbara Mannhardt, geboren am 26. August. Dass das Kind Mannhardt hieß, geriet schnell in Vergessenheit. Auch bei Barbara selbst, die in der klostereigenen Schule immer nur beim Vornamen von den Lehrkräften gerufen wurde.

Die Schule war vor zwei Jahren aufgelöst worden, weil es in Ägidienberg und seiner Umgebung nicht mehr genügend Kinder gab, um die Klassenzimmer zu füllen.

„Du wirst unsere Wirtschaftsleiterin sein. Und du wirst deine Arbeit so ausführen, wie du immer alles ausgeführt hast, was wir dir aufgetragen haben. Oder bist du kleinmütig?“

Barbara schüttelte den Kopf. „Ich werde mich bemühen, aber die Verantwortung ist so ungeheuer groß.“

„Hast du Angst vor dem vielen Geld, das du zu verwalten hast?“

„Ein bisserl, Ehrwürdige Mutter.“

„Das brauchst du nicht. Du bekommst natürlich eine Vollmacht für die Konten des Klosters. Bis zu einem Betrag von zehntausend Euro bist du allein unterschriftsberechtigt. Wir werden die Formalitäten dafür gleich heute Nachmittag erledigen. Bei größeren Beträgen zeichnest du mit mir oder mit Schwester Philomena gemeinsam ab, die natürlich die Prokura behalten wird, solange sie bei uns lebt. Gibst du mir jetzt deine Antwort oder brauchst du Bedenkzeit?“

„Bedenkzeit wäre nur eine Flucht. Nein, wenn Sie, Ehrwürdige Mutter, wenn der ganze Konvent mir zutraut, dass ich die Arbeit machen kann, dann nehme ich an.“

„Ich habe es nicht anders von dir erwartet, Bärbel.“ Wenn die Äbtissin gerührt war, sagte sie Bärbel zu ihrem Schützling. Und in solchen Augenblicken war sie für das Mädchen wie eine Mutter.

Raimunda von Hohenwart küsste die künftige Wirtschaftsleiterin auf die Stirn und sagte leise: „Wir werden alle für dich beten, dass die Last nicht zu schwer für dich wird, die du von heute an für uns alle zu tragen hast. Und im erweiterten Konvent wirst du von jetzt an Sitz und Stimme haben. Nur in Sachen von Glaubensfragen und Ordensregeln wird dir der Zutritt zum engsten Kreis unseres Klosters versperrt bleiben. Noch versperrt, Bärbel, bis du dich vielleicht eines Tages entschließen kannst, endgültig in unseren Orden einzutreten.“

Barbara schaute auf den Boden. Sie konnte der Äbtissin jetzt nicht in die Augen sehen, weil die Ehrwürdige Mutter sonst erkennen würde, dass Barbara nicht für ein Nonnendasein bestimmt war.

***

Eine Woche später saß der reiche Sägewerksbesitzer Viktor Reinholzer mit seiner Frau und dem erwachsenen Sohn beim Kaffee und setzte eine geheimnisvolle Miene auf. Durch welche Umstände er erfahren hatte, dass zum ersten Mal eine „Weltliche“ als Leiterin des Wirtschaftsressorts im Kloster eingesetzt worden war, blieb sein Geheimnis. Jedenfalls nahm er das Ereignis zum Anlass, um mit seinem Sohn Helmuth „mal ein ernstes Wörterl“ zu sprechen.

„Du kennst doch die Barbara“, sagte er gleichmütig und hielt dabei seiner Frau die leere Tasse zum Nachfüllen entgegen.

Seine Frau Ottilie hatte noch nie etwas zu sagen gehabt. Sie hatte ihrem Mann den Sohn und Erben geboren, versah das Hauswesen in aller Bescheidenheit und bemühte sich außerdem, ihrem Herrn und Meister alle Wünsche von den Augen abzulesen.

Die Bezeichnung „Herr und Meister“ stammte vom Reinholzer selbst, dem es nicht immer leichtfiel, nur ein gewöhnlicher Sägewerksbesitzer zu sein.

Helmuth Reinholzer reagierte nicht, als sein Vater ihn nach der Barbara fragte. Der Reinholzer musste ihn erst in die Seite stoßen, ehe der Helmuth aufschaute.

„Hast was gesagt, Vater?“, fragte er muffig und unwirsch zugleich, denn gerade beim Kuchenessen ließ er sich nicht gern stören.

„Ich hab dich was gefragt, Helmuth!“

„Was denn?“ Helmuth kaute ungeniert weiter, wobei er bereits nach einem neuen Stück Kuchen Ausschau hielt.

„Jetzt hör aber mal auf mit der verdammten Fresserei“, fuhr der Reinholzer ihn an. „Man könnte ja auf den Gedanken kommen, dass du sonst weiter nix im Kopf hast.“

„Wen soll ich denn im Kopf haben?“

„Die Barbara, zum Beispiel.“

„Was für eine Barbara?“, fragte Helmuth verständnislos.

„Wovon red ich denn die ganze Zeit? Hast du überhaupt net zugehört?“

Helmuth war ehrlich. „Nein, hab ich net. Beim Kaffeetrinken mach ich mir’s gemütlich. Da will ich nix hören von der Politik und solchen Sachen.“

„Ich meine die Barbara vom Kloster! Das Klostermädchen, wie sie überall im Dorf genannt wird. Was hat denn die Barbara mit Politik zu tun?“

Helmuth nickte. „Freilich kenn ich die. Die passt eh net ins Kloster. Die ist viel zu hübsch für die Betschwestern.“

Der Reinholzer atmete auf. „Na endlich, wenigstens hast du schon entdeckt, dass die Barbara ein hübsches Madel ist.“

„Schön ist sie schon, aber da“, sein Sohn machte die bekannte Bewegung des Geldzählens mit Daumen und Zeigefinger, „da hat’s nix drauf, verstehst? Und außerdem ist sie ein Findling.“

„Also kennst du sie net weiter?“

Helmuth schüttelte den Kopf, goss sich die siebente oder achte Tasse Kaffee ein und legte sich noch ein Stück Kuchen auf den Teller.

„Geh zu, Vater“, sagte er überlegen. „Von der will doch keiner von uns Burschen etwas. Was bringt die denn schon mal mit, wenn ein Mannsbild sie wirklich in sein Haus holt? Gut beten kann s’ halt, und zu wirtschaften versteht s’ vielleicht auch. Aber sonst?“ Er lächelte abfällig. „Ich kann mir net vorstellen, dass es Freude macht, mit so einer in die Bettstatt zu kriechen.“

Zum ersten Mal ergriff Helmuths Mutter das Wort.

„So was sagt man net! Das gehört sich net! Jedenfalls ist die Barbara ein anständiges Madel.“

„Zu anständig, Mutter. Bei der tät ich ja einschlafen, wenn ich mit ihr zum Tanzen gehen müsste.“

„Trotzdem wirst du’s versuchen“, trumpfte sein Vater auf. Er sah nicht so aus, als ob er sich von dieser Entscheidung abbringen lassen wollte. „Was meinst denn, du Depp“, sagte er zu seinem Sohn, „weshalb ich ausgerechnet heute hier mit euch zusammenhock, wo ich doch längst beim Breitsamer sein müsste, der mir seinen Wald verkaufen will?“

„Der Wald vom Breitsamer ist dir sicher. Der ist froh, wenn du ihm morgen die Tausender auf den Tisch blätterst.“

Der Reinholzer haute mit der Faust auf den Tisch, sodass der Kaffee überschwappte.

„Jetzt ist’s aber genug, verstehst mich, Bub? Ich habe mich entschlossen … das heißt: Mir wär’s recht, wenn du dich an die besagte Barbara vom Kloster so ein bisserl ranmachen tätest.“

„Spinnst jetzt, Vater?“

Der Reinholzer holte aus. Es sah so aus, als wollte er seinem Sohn handgreiflich zu Leibe rücken.

„Du, gell, so kannst mit deinen Spezeln reden, aber nicht mit deinem Vater! Wo wärst denn heute, wenn ich net gewesen wäre? Wo denn?“

Der Helmuth kicherte. Er fand die Frage seines Vaters nur belustigend.