Betriebsorganisation für Ingenieure - Hans-Peter Wiendahl - E-Book

Betriebsorganisation für Ingenieure E-Book

Hans-Peter Wiendahl

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Beschreibung

Grundlagen zum Management von Produktionsunternehmen

Die Gliederung des Buches erfolgt anhand der wesentlichen Gestaltungsbereiche eines Produktionsunternehmens:
- Organisation und Führung
- Produktentstehung
- Produktdatenmanagement
- Arbeitsplanung
- Logistische Produktionsmodellierung
- Produktionsplanung und -steuerung
- Qualitätsmanagement

Die vollständig überarbeitete 9. Auflage schildert die prinzipiellen Abläufe eines Produktionsbetriebes. Diese werden jeweils durch die vielfach rechnerunterstützten Methoden und Hilfsmittel unterstützt – die heute unter dem Aspekt Digitalisierung diskutiert werden. Zahlreiche anschauliche Bilder und praktische Beispiele machen das Buch wertvoll für den Praktiker.

So ist das Buch bestens geeignet für Studierende des Maschinenbaus, des Wirtschaftsingenieurwesens und der Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Produktion und Logistik sowie für Führungskräfte und Mitarbeiter in der Produktion sowie Softwareunternehmen.

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Hans-Peter WiendahlHans-Hermann Wiendahl

Betriebsorganisation für Ingenieure

9., vollständig überarbeitete Auflage

Mit 279 Abbildungen

Die Autoren:Dr.-Ing. Dr. h. c. mult. Hans-Peter Wiendahl, Universitätsprofessor a. D.Dr.-Ing. habil. Hans-Hermann Wiendahl,[email protected]

Alle in diesem Buch enthaltenen Informationen wurden nach bestem Wissen zusammengestellt und mit Sorgfalt geprüft und getestet. Dennoch sind Fehler nicht ganz auszuschließen. Aus diesem Grund sind die im vorliegenden Buch enthaltenen Informationen mit keiner Verpflichtung oder Garantie irgendeiner Art verbunden. Autoren und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und werden keine daraus folgende oder sonstige Haftung übernehmen, die auf irgendeine Art aus der Benutzung dieser Informationen – oder Teilen davon – entsteht.Ebenso wenig übernehmen Autoren und Verlag die Gewähr dafür, dass beschriebene Verfahren usw. frei von Schutzrechten Dritter sind. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt.Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdruckes und der Vervielfältigung des Buches, oder Teilen daraus, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) – auch nicht für Zwecke der Unterrichtsgestaltung – reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

© 2019 Carl Hanser Verlag Münchenwww.hanser-fachbuch.deLektorat: Dipl.-Ing. Volker HerzbergHerstellung: Björn GallingeCoverdesign: Marc Müller-Bremer, www.rebranding.de, MünchenTitelgrafik: Max KostopoulosCoverrealisation: Max KostopoulosSatz: Kösel Media GmbH, Krugzell

Print-ISBN:        978-3-446-44661-8E-Book-ISBN:   978-3-446-46061-4ePub-ISBN:       978-3-446-47114-6

Vorwort zur 9. Auflage

Seit der letzten Auflage 2014 verbreitet sich die Digitalisierung unaufhaltsam in allen Privat- und Geschäftsbereichen und hält insbesondere unter dem Stichwort „Industrie 4.0“ Einzug in die produzierende Wirtschaft. Und schon kündigt sich die Verbreitung der nächsten Innovation in Form der Künstlichen Intelligenz KI an. Zusätzlich sind in einem turbulenten Umfeld die Herausforderungen durch neue Wettbewerber mit disruptiven Geschäftsmodellen, chinesische Anbieter mit anspruchsvollen Produkten und Dienstleistungen, der demografische Wandel sowie die Verkehrs-, Klima- und Energiewende zu meistern. Hinzu treten eine wachsende Komplexität durch eine ungebremste Variantenvielfalt der Produkte, die stärkere Vernetzung in einer globalen Marktwirtschaft und sowie neue Bedrohungen in Form von Angriffen aus dem Internet.

Neben der mittlerweile etablierten Philosophie der schlanken Produktion, kombiniert mit modularen Produkten und Produktionsmitteln, transparenten Abläufen sowie sauberen und hellen Fabriken, gelten Innovations- und Wandlungsfähigkeit sowie motivierte Mitarbeiter als zunehmend wichtige Schlüsselfaktoren im heutigen Wettbewerbsumfeld.

Das Buch kann und will auf diese Entwicklungen und die Lösungsansätze dazu aber nicht eingehen. Behandelt wird vielmehr der Produktdurchlauf von der Entstehung und Herstellung bis zur Prüfung und Auslieferung. Aus Sicht des Produktionsmanagers eines mittleren Industrieunternehmens, das Investitions- und hochwertige variantenreiche Konsumgüter in kleinen bis mittleren Serien in einem globalen Markt anbietet, beschreibt es die Grundfunktionen eines Stückgüterherstellers. Die eingangs erwähnten Entwicklungen werden – soweit erforderlich – in den jeweiligen Kapiteln kurz angesprochen und auf weiterführende Literatur verwiesen

Für diese Auflage konnte ich die Mitarbeit meines Sohnes Hans-Hermann als Koautor gewinnen, der aufgrund seiner langjährigen Industrietätigkeit sowie Beratung, Lehre und Forschung am Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA), Stuttgart wertvolle Vorschläge eingebracht hat. Alle Kapitel wurden vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen vollständig überarbeitet. Darüber hinaus haben wir den Text durch eine stärkere Untergliederung mit dem Ziel der schnellen Les- und Merkbarkeit verbessert.

Für die Durchsicht des Manuskriptes danken die Autoren herzlich Herrn Dr.-Ing. Uwe Winkelhake von der IBM Deutschland, der durch seine profunde Kenntnis der Digitalisierung wichtige Hinweise geben konnte. Meinem Kollegen Prof. Dr.-Ing. Robert Schmitt vom WZL der RWTH Aachen danken wir ganz besonders für die sorgfältige Durchsicht und wertvollen Anregungen zum Kapitel 8 Qualitätsmanagement. Frau Ute Eckardt vom Hanser-Verlag hat auch diese Auflage wieder in professioneller Weise betreut, unterstützt von Frau Katrin Wulst, die uns durch die Feinheiten der Manuskriptformatierung geführt hat. Die Autoren bedauern es außerordentlich, dass der Hanser-Verlag den Standort Leipzig schließt und wir damit auch die bisherige Betreuung durch die Damen Eckardt und Wulst verlieren. Es war immer eine überaus angenehme Zusammenarbeit, die wir in guter Erinnerung behalten werden, vielen Dank! Für die abschließende Betreuung möchten wir Herrn Volker Herzberg danken.

Die anhaltende Nachfrage des Buches ist den Autoren Ansporn und Verpflichtung zur stetigen Aktualisierung und Verbesserung. Über Kritik und Hinweise an unsere E-Mail-Adresse freuen wir uns.

Stuttgart, im März 2019

Hans-Peter Wiendahl und Hans-Hermann Wiendahl

Vorwort zur 1. Auflage

In der industriellen Produktion der Bundesrepublik Deutschland haben sich tiefgreifende Umwälzungen vollzogen, die angesichts des international verschärften Wettbewerbs durch junge Industrienationen beschleunigt verlaufen. Kürzere Produktlebensdauer, hohe Lohnkosten, neue Produkte und Verfahren sowie sozialer und wirtschaftlicher Wandel zwingen alle Produktionsunternehmen zu laufenden Anpassungen und Verbesserungen des gesamten Unternehmensgeschehens. Für den Produktionsingenieur ist die Kenntnis der immer vielfältigeren Produktionstechnik allein nicht mehr ausreichend. Vielmehr gewinnen die organisatorischen, wirtschaftlichen, Führungsmäßigen und rechtlichen Aspekte seiner Tätigkeit zunehmend Bedeutung.

Das vorliegende Buch hat sich zum Ziel gesetzt, die grundlegenden organisatorischen Zusammenhänge des Betriebsgeschehens eines modernen Produktionsunternehmens des Maschinenbaus, der Fahrzeugtechnik und der Elektrotechnik auf der Basis eines praxisnahen, systemtechnischen Modells zu vermitteln. Leitgedanke ist dabei der Durchlauf der Produkte durch den Betrieb von der Produktplanung und -gestaltung über die Arbeitsplanung sowie Produktionssteuerung und Materialwirtschaft bis hin zur Qualitätssicherung. Einen zweiten Schwerpunkt bilden die Führungs- und Planungsprobleme, die die Einbindung der Produktion in das Unternehmen aus der Sicht des Managements verdeutlichen sollen. Den Abschluss bildet eine kurze Übersicht über die Arbeitsstättenverordnung und Mitbestimmung, die in der täglichen Arbeit von großer Bedeutung sind.

Die Ausführungen vermitteln den heute überwiegend praktizierten Stand der Technik. Bereits erkennbare Entwicklungen, wie z.B. das rechnerunterstützte Konstruieren (CAD) und Planen (CAP) oder neue Ansätze der Fertigungssteuerung (statistisch orientierte Auftragssteuerung) werden nur in ihren Grundzügen erläutert und die jeweils neueste Literatur zum Weiterstudium empfohlen. Die für den Ingenieur ebenso wesentlichen Fragen der industriellen Kostenrechnung und Wirtschaftlichkeitsrechnung werden in den von Warnecke/Bullinger/Hichert im selben Verlag erschienenen Büchern behandelt.

Die vorliegenden Ausführungen sind zum einen für Studierende der Fachrichtung Maschinenbau mit dem Schwerpunkt Produktionstechnik gedacht, zum anderen sollen solche Betriebspraktiker angesprochen werden, die eine konzentrierte, anwendungsorientierte Übersicht über den heutigen Stand der modernen Betriebsorganisation suchen.

Das Buch basiert auf meiner Vorlesung „Fabrikbetrieb“ an der Universität Hannover und wurde durch zahlreiche praktische Beispiele aus meiner Industrietätigkeit sowie aus Forschungsprojekten ergänzt.

Für die vielfältige Unterstützung, die ich bei der Erstellung des Buches erhielt, möchte ich herzlich danken. So den Herren Dipl.-Ing. W. Buchmann, Dipl.-Ing. B. Erdlenbruch, W. Lorenz und Dipl.-Ing. F. Nyhuis, die am Aufbau meiner Vorlesung mitgewirkt haben.

Danken möchte ich auch Herrn Honorarprofessor Dr.-Ing. Walter Geiger, Lehrbeauftragter für das Fach Qualitätslehre an der Universität Hannover, für die sorgfältige Durchsicht des Abschnitts Qualitätssicherung und die daraus resultierenden wertvollen Anregungen.

Frau M. Bernath und Fräulein M. Bruns und ihren Helfern danke ich für die Reinzeichnungen der vielen Bilder. Frau H. Meyer und Frau L. Sange haben sorgfältig das umfangreiche Manuskript geschrieben. Frau I. Sommerfeld und Herr D. Jeschke waren mir unermüdlich bei der Durchsicht und Korrektur des Manuskriptes behilflich.

Mit diesem Buch möchte ich auch das Andenken von Herrn Professor Dr.-Ing. Dr. mult. h.c. Herwart Opitz ehren, der mein langjähriger akademischer Lehrer an der Technischen Hochschule Aachen war. Schließlich gilt mein besonderer Dank Herrn Dipl.-Ing. ETH Otmar Hegi, Mitglied der Konzernleitung der Gebr. Sulzer AG in Winterthur, dem ich eine Fülle fachlicher und persönlicher Anregungen verdanke.

Hannover, im Frühjahr 1983

Hans-Peter Wiendahl

Inhaltsverzeichnis

Titelei

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Vorwort zur 9. Auflage

Vorwort zur 1. Auflage

1 Einführung

1.1 Randbedingungen der Produktion

1.2 Betrachtungsmöglichkeiten von Produktionsunternehmen

1.3 Das Unternehmen in seiner Umwelt

1.4 Die Unternehmensfunktionen

1.5 Literatur

2 Organisation des Industrieunternehmens

2.1 Begriffsabgrenzungen

2.2 Organisation des Gesamtunternehmens

2.2.1 Aufbauorganisation

2.2.2 Projektorganisation

2.2.3 Informelle Organisation

2.2.4 Unternehmensübergreifende Organisation

2.3 Organisation der Produktion

2.3.1 Klassische Fertigungsformen

2.3.2 Dezentrale Fertigungsformen

2.3.3 Automatisierte Fertigungskonzepte

2.3.4 Montageformen

2.3.5 Mitarbeiterorientierung

2.3.6 Produktionssysteme

2.3.7 Digitalisierung der Produktion

2.4 Unternehmensplanung

2.4.1 Übersicht

2.4.2 Unternehmensgrundsätze

2.4.3 Langfristplanung

2.4.4 Mittelfristige Planung

2.4.4.1 Absatzplan

2.4.4.2 Entwicklungsplan

2.4.4.3 Produktionsplan

2.4.4.4 Beschaffungsplan

2.4.4.5 Personalplan

2.4.4.6 Investitionsplan

2.4.4.7 Ergebnis- und Finanzplan

2.5 Unternehmensführung

2.5.1 Grundsätze und Aufgaben

2.5.2 Führungsethik

2.5.3 Führungsstil

2.5.4 Führungstechnik

2.6 Rechtliche Randbedingungen

2.6.1 Vorschriften zu gewerblichen Arbeitsstätten

2.6.2 Mitbestimmung

2.6.3 Umweltrecht

2.7 Literatur

3 Produktentstehung

3.1 Produktlebenszyklus

3.2 Produktplanung

3.2.1 Strategische Produktplanung

3.2.2 Operative Produktplanung

3.2.2.1 Überblick

3.2.2.2 Unternehmenspotenzialbestimmung

3.2.2.3 Suchfeldeingrenzung

3.2.2.4 Lösungsfindung Probleme und Produkte

3.2.2.5 Produktauswahl

3.2.2.6 Produktdefinition

3.3 Produktentwicklung

3.3.1 Vorgehen nach VDI

3.3.2 Agile Methoden

3.4 Organisation der Konstruktion

3.4.1 Konstruktionsarten

3.4.2 Organisatorische Abläufe

3.4.3 Änderungswesen

3.5 Rechnereinsatz in Entwicklung und Konstruktion

3.6 Literatur

4 Produktdatenmanagement

4.1 Grunddatenübersicht

4.2 Erzeugnisstruktur

4.3 Zeichnungen

4.3.1 Zeichnungstypen und Zeichnungssysteme

4.3.2 Zeichnungsinhalt

4.4 Stücklisten

4.4.1 Inhalt und Aufbau von Stücklisten

4.4.2 Stücklistenformen

4.4.3 Verwendungsnachweis

4.4.4 Artikelstamm

4.5 Nummernsysteme

4.5.1 Arten und Struktur von Nummernsystemen

4.5.2 Sachnummerung

4.6 Gruppentechnologie und Klassifikationssysteme

4.7 Sachmerkmalleisten

4.8 Clusteranalyse

4.9 Speicherung und Nutzung betrieblicher Daten

4.9.1 Datenstrukturen

4.9.2 Client Server-Systeme und Data Warehouse

4.9.3 Modellierung technischer Objekte

4.10 Literatur

5 Arbeitsplanung

5.1 Der Arbeitsplan

5.1.1 Auftragsunabhängige Arbeitsplandaten

5.1.2 Auftragsabhängige Arbeitsplandaten

5.2 Stücklistenverarbeitung

5.3 Arbeitsplanerstellung

5.3.1 Übersicht

5.3.2 Unterlagenprüfung

5.3.3 Rohmaterialbestimmung

5.3.4 Arbeitsvorgangsfolgeermittlung

5.3.5 Fertigungsmittelzuordnung

5.3.6 Vorgabezeitermittlung

5.3.7 Dokumentation

5.4 NC-Programmierung

5.5 Fertigungshilfsmittelplanung

5.6 Rechnereinsatz in der Arbeitsplanung

5.7 Langfristige Aufgaben

5.7.1 Methodenentwicklung

5.7.2 Technologieplanung der Produktion

5.7.3 Fabrikplanung

5.7.3.1 Planungsfelder

5.7.3.2 Planungsgrundsätze

5.7.3.3 Planungsphasen

5.7.3.4 Arbeitsplatzgestaltung

5.8 Literatur

6 Logistische Produktionsmodellierung

6.1 Abgrenzung von Logistik, Materialwirtschaft und PPS

6.2 Logistisches Zielsystem

6.3 Auftragsabwicklung

6.3.1 Bevorratungsstrategie

6.3.2 Abwicklung Herstellaufträge

6.4 Logistische Wirkmodelle

6.4.1 Produktionsmodell

6.4.2 Fertigungsmodell

6.4.2.1 Trichtermodell und Durchlaufdiagramm

6.4.2.2 Bestand und Reichweite

6.4.2.3 Auslastung

6.4.2.4 Durchlaufzeit

6.4.2.5 Terminabweichung, Rückstand und Termintreue

6.4.3 Produktionskennlinien

6.4.4 Lagermodell

6.4.5 Montagemodell

6.5 Literatur

7 Produktionsplanung und -steuerung

7.1 Übersicht

7.2 Produktionsprogrammplanung

7.2.1 Programmplanung Vorratsaufträge

7.2.2 Programmplanung Kundenaufträge

7.3 Materialwirtschaft

7.3.1 Übersicht Materialbedarfsrechnung

7.3.2 Materialbedarfsermittlung

7.3.3 Bruttobedarfsermittlung

7.3.4 Nettobedarfsermittlung

7.3.5 Beschaffungsplanung und -durchführung

7.3.6 Lagerplanung und -führung

7.3.7 Entsorgungsplanung und -durchführung

7.3.8 Bestandsplanung

7.3.9 Bestandsermittlung

7.3.10 Auftragserzeugung

7.4 Termin- und Kapazitätsplanung

7.4.1 Übersicht Termin- und Kapazitätsplanung

7.4.2 Einzelfunktionen

7.4.3 Planungsansätze

7.5 Produktionssteuerung

7.5.1 Übersicht Produktionssteuerung

7.5.2 Auftragsveranlassung

7.5.3 Auftragsdurchsetzung

7.6 Steuerungsverfahren

7.6.1 Leitstand

7.6.2 Optimized Production Technology (OPT)

7.6.3 Belastungsorientierte Auftragsfreigabe (BOA)

7.6.4 Fortschrittszahlensteuerung

7.6.5 Kanban-Steuerung

7.7 Gestaltung der Fertigungssteuerung

7.8 Produktionscontrolling

7.8.1 PPS-Regelkreis

7.8.2 Operatives Controlling

7.8.3 Erfolgscontrolling

7.8.4 Logistisches Benchmarking

7.9 Literatur

8 Qualitätsmanagement

8.1 Einleitung

8.2 Grundbegriffe

8.2.1 Qualitätsmanagement

8.2.2 QM-System

8.2.3 QM-Elemente

8.3 Aufgaben des Qualitätsmanagements

8.3.1 Qualitätspolitik und -ziele

8.3.2 Qualitätsplanung

8.3.3 Qualitätssteuerung

8.3.4 Qualitätssicherung

8.3.5 Qualitätsverbesserung

8.4 Dokumentation und Audits

8.4.1 Dokumentierte Information

8.4.2 Qualitätsaudit

8.5 Werkzeuge des Qualitätsmanagements

8.6 Methoden des Qualitätsmanagements

8.6.1 Quality Function Deployment (QFD)

8.6.2 Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA)

8.6.3 Statistische Prozessregelung (SPC)

8.6.4 Six Sigma

8.7 Qualitätsbezogene Kosten

8.8 Erweiterte Aspekte des Qualitätsmanagements

8.8.1 Exzellenzmodelle

8.8.2 Kennzahlen

8.8.3 Produktverfolgung

8.9 Literatur

1Einführung

Jedes Produktionsunternehmen befindet sich in einem ständigen Wandel, den die seit den 1990er-Jahren zunehmende Globalisierung weiter beschleunigt. Offensichtlich wird dies vor allem an der ständigen Verkürzung der Lebensdauer der Produkte am Markt. Dem Wettbewerbsdruck durch fernöstliche Unternehmen (hier insbesondere China) und zunehmend auch osteuropäische Anbieter begegneten die deutschen Unternehmen zum einen durch die Verlagerung von Teilen ihrer Produktion in Niedriglohnländer und Aufbau von Produktionsnetzen, zum anderen durch unterschiedliche methodische Ansätze und organisatorische Maßnahmen. CIM (Computer Integrated Manufacturing), JIT (Just in Time), TQM (Total Quality Management) und LP (Lean Production) sowie GPS (Ganzheitliche Produktionssysteme) sind heute Stand der Technik.

Seit Mitte der 2010er Jahre entwickelt sich die umfassende Digitalisierung der Produktion unter dem Stichwort Industrie 4.0 zum beherrschenden Thema. In deren Mittelpunkt steht die digital vernetzte Wertschöpfung vom Produktentwurf über die Produktions- und Fabrikgestaltung bis hin zum Fabrikbetrieb [ReiG17, VBH17]. Selbst für KMU ist das Thema mittlerweile nicht mehr zu vernachlässigen. Eins haben jedoch insbesondere alle Konzepte seit Beginn der 1990er Jahre gemeinsam: die Ausrichtung des gesamten Unternehmens auf den Kunden und die konsequente Vermeidung von Verschwendung nach dem Vorbild des Toyota Produktionssystems [Spa03; Erl10].

1.1Randbedingungen der Produktion

Daneben bestimmen jedoch weitere Randbedingungen die zukünftige Ausrichtung der Produktionsbetriebe, die Bild 1.1 zusammenfasst:

       Zur Erfüllung der Kundenwünsche müssen Unternehmen zunächst funktional ausgereifte Produkte mit einer hohen Qualität zu wettbewerbsfähigen Preisen anbieten. Hierzu zählen neben physischen Erzeugnissen zunehmend auch zugehörige oder eigenständige Dienstleistungen [BuSc06].

       Generell sind kurze Lieferzeiten und hohe Liefertermintreue trotz gestiegener Komplexität und einer stetigen Ausweitung der Variantenvielfalt sicherzustellen. Zur Realisierung dieser Produktmerkmale sind die vorhandenen Ressourcen effektiv zu nutzen und weitere Randbedingungen zu beachten. So stehen der Produktion permanent neue Verfahren und Prozesse zur Verfügung wie beispielsweise der 3D-Druck. Hinzu kommt die stetig fortschreitende Automatisierung der Werkzeugmaschinen mit ihren Nebenprozessen wie Werkstück- und Werkzeugwechsel sowie eine möglichst prozessintegrierte Qualitätsprüfung. Die Verknüpfung verschiedener Fertigungsprozesse in einer Linie oder einzigen Maschine mit dem Ziel der Komplettbearbeitung von Werkstücken ist eine weitere wichtige Entwicklungslinie der Produktionstechnik.

       Neben diesen technischen Randbedingungen sind die Belange der Mitarbeiter von großer Bedeutung. Unter dem Stichwort Dezentralisierung bzw. Segmentierung der Produktion ist die Arbeitsorganisation heute geprägt durch die stärkere Delegation von Kompetenz und Verantwortung und die Gliederung in weitgehend autonome Arbeitsgruppen, die ihre engere Arbeitsumgebung möglichst selbst gestalten. Als relativ neue Herausforderung gilt der sogenannte demografische Wandel, der die Aufmerksamkeit auf eine alters- und alternsgerechte Arbeitsgestaltung lenkt. Gleichzeitig tritt bald eine neue Generation von Mitarbeitern in die Unternehmen ein, die als Digital Natives (etwa: digitale Ureinwohner) bezeichnet werden. Sie wachsen in der digitalen Welt mit Smartphone und Apps auf und bringen neue Verhaltensmuster und Erwartungen mit.

       Ökologische Forderungen zielen auf einen möglichst geringen Schadstoffausstoß der Fabrik, den rationellen Energieeinsatz der Prozesse und Gebäude sowie weitgehend geschlossene Material- und Hilfsstoffkreisläufe innerhalb und außerhalb der Fabrik [Neu13].

       Zahlreiche Gesetze und Vorschriften ergänzen diese Randbedingungen. Sie betreffen hauptsächlich die Gestaltung der Arbeitsplätze, die Arbeitssicherheit, Umweltschutzmaßnahmen sowie die Mitbestimmung der Mitarbeiter.

Bild 1.1Randbedingungen und Zielfelder eines Produktionsunternehmens

Diesen Bedingungen müssen sich die Produktionsbetriebe mit ihren Betriebsmitteln sowie der inner- und außerbetriebliche Logistik, Ablauforganisation und Gebäude ständig anpassen. Dabei sind im Wesentlichen vier Zielfelder zu beachten:

       Zuverlässige Qualität ist die Grundvoraussetzung sämtlicher Aktivitäten. Die Produkte unterliegen durch die scharfe Produkthaftung hohen Ansprüchen. Die Qualität aller technologischen Prozesse sichert geringe Ausschussraten und Störverluste und die logistische Qualität bezieht sich primär auf die Liefertreue und Lieferzeit sowohl der Lieferanten als auch der eigenen Produktion.

       Darüber hinaus ist die Wirtschaftlichkeit der Produktion zentral. Es gilt, Teile, Baugruppen und Erzeugnisse unter Vermeidung jeglicher nicht wertschöpfender Tätigkeiten in möglichst kurzer Zeit und mit möglichst niedrigen Beständen herzustellen, wobei die vorhandenen Einrichtungen und das Personal bestmöglich zu nutzen sind. Als zentraler Ansatz hierfür gilt heute die Schlanke Produktion (engl. Lean Production).

       Wegen der raschen Veränderungen des Marktbedarfs, der Produkte und der Produktionstechnik ist jedoch auf eine möglichst hohe Flexibilität der Einrichtungen und Abläufe zu achten. Diese bezieht sich zum einen auf die Möglichkeit einer raschen Anpassung an die schwankende Nachfrage bezüglich der Menge und Zusammensetzung der Produkte. Zum anderen sollte eine schnelle Umstellung auf ein verändertes Fertigungsverfahren oder auf eine andere Fertigungsorganisation dadurch erleichtert werden, dass die Betriebsmittel und die Ver- und Entsorgungseinrichtungen ohne großen Aufwand räumlich neu anzuordnen sind. Hierfür hat sich der Begriff der Wandlungsfähigkeit etabliert [WieP14].

       Schließlich ist die Attraktivität der Fabrik ständig durch eine motivierende Arbeitsorganisation und -umgebung sowie eine gesundheitserhaltende körperliche und mentale Belastung zu verbessern.

Für den Unternehmenserfolg sind demnach neben innovativen Produkten und der Beherrschung der vielfältigen Produktionstechniken vor allem die organisatorischen, logistischen und wirtschaftlichen Aspekte von Bedeutung. Ziel einer Darstellung der modernen Betriebsorganisation muss es daher sein, die komplexen Zusammenhänge des Betriebsablaufs anhand einfacher systemtechnischer Grundmodelle zu vermitteln, ohne dabei den notwendigen Praxisbezug aus dem Auge zu verlieren.

1.2Betrachtungsmöglichkeiten von Produktionsunternehmen

Besichtigt man einen Produktionsbetrieb, fällt zunächst die Komplexität der Vorgänge auf. Es werden Rohmaterial, halbfertige und fertige Werkstücke transportiert, auf Maschinen sind Werkstücke in Arbeit, in Konstruktionsbüros werden Produkte gestaltet, in anderen Büros erfolgen Planungsdialoge am Bildschirm, Besprechungen werden abgehalten, und ab und zu verlassen fertige Produkte das Werk. Wie lässt sich nun eine Ordnung in dieses scheinbar planlose Geschehen bringen?

Bild 1.2Betrachtungsaspekte von Produktionsunternehmen

Da mehrdimensionale Beziehungen in größeren Systemen schwierig darstellbar sind, besteht der Grundsatz einer systematischen Vorgehensweise darin, zunächst in diesem System einzelne Aspekte und ihre Einflüsse zu untersuchen und sie nur soweit wie nötig miteinander zu kombinieren. Bild 1.2 führt die wichtigsten Aspekte auf, nach denen Produktionsbetriebe üblicherweise betrachtet werden. Die Reihenfolge beginnt dabei von außen und führt in das Unternehmen hinein:

Volkswirtschaftlich gesehen ist ein Produktionsbetrieb eine leistungserbringende, gewinnorientierte Betriebseinheit, die aus Rohstoffen und Hilfsgütern mit Hilfe von Menschen, Energie und Kapital Fertigerzeugnisse herstellt. Sie ist Bestandteil einer bestimmten Branche, z. B. Werkzeugmaschinen, Kraftfahrzeuge oder elektrische Ausrüstungen.

Betriebswirtschaftlich steht die Frage im Vordergrund, welchen Gewinn das Unternehmen mit dem von den Eigentümern in das Unternehmen investierten Kapital erwirtschaftet hat bzw. voraussichtlich erzielen wird. Den Vergleichsmaßstab liefert hier das in Aktien, Rentenpapieren oder öffentlichen Anleihen angelegte Geld. Wichtige betriebswirtschaftliche Kennzahlen sind Produktivität (= Produktionsleistung/Einsatz), Wirtschaftlichkeit (= Ertrag/Kosten) und Rentabilität (= Gewinn/eingesetztes Kapital) [Wöh13].

Die aus der Sicht der Absatzwirtschaft (heute Marketing genannt) wesentliche Fragestellung ist demgegenüber wieder ganz anders ausgerichtet. Hier interessiert primär: In welchen Märkten (branchen- oder regionalbezogen) ist das Unternehmen tätig? Wie groß sind dort seine Marktanteile? Welche Chancen und Risiken bergen diese Märkte in sich?

Ein Aspekt, der dem Ingenieur besonders naheliegt, ist die konstruktionstechnische Betrachtung nach Funktion, Leistung, Wirkungsgrad und technischer Verwirklichung der vom Unternehmen angebotenen Produkte. Hier interessieren in erster Linie das physikalisch-technische Geschehen im Produkt und seine stoffliche Gestaltung in Form von Werkstücken und Baugruppen. Zusätzlich sind Fragen der Wiederverwendung und Wiederverwertung zu berücksichtigen [PaBe13].

Mehr denn je steht der Mensch mit seiner Qualifikation und Motivation im Mittelpunkt. Aus diesem Grund hat die arbeitswissenschaftliche Betrachtung unter dem Begriff „Humanisierung und Rationalisierung des Arbeitslebens“ bei der Gestaltung und der Führung von Produktionsbetrieben zunehmende Bedeutung erlangt. Ursprünglich aus der ingenieurwissenschaftlichen Sicht entstanden, umfasst die Arbeitswissenschaft heute alle Aspekte des Menschen am Arbeitsplatz und bemüht sich verstärkt auch um medizinische, physiologische, psychologische und soziologische Fragen. Die Arbeitswissenschaft übernimmt damit eine übergreifende Aufgabe, die die Erkenntnisse der genannten Disziplinen hinsichtlich ihrer arbeitsbezogenen Relevanz unter Gestaltungsgesichtspunkten bewertet, auswählt und in eine praxisorientierte Form umsetzt [Luc10].

Wegen der bereits erwähnten Randbedingungen ist die Frage nach der wirtschaftlichen Herstellung der Produkte von großer Bedeutung für das Überleben des Unternehmens. Die Produktionstechnik beschäftigt sich daher mit technologischen Fragen der Formgebung von Material bei möglichst geringem Materialverlust, niedrigem Energieeinsatz und geringstmöglicher Umweltbelastung [Spu94]. Dabei ist die zu erzeugende Produktqualität ein wichtiges Kriterium [Schm10]. Zur Produktionstechnik zählen aber auch innerbetriebliche Handhabung, Transport und Lagerung, die unter dem Begriff Materialflusstechnik oder auch Intralogistik behandelt werden. Wird die Betrachtung auf den gesamten Materialfluss vom Lieferanten bis zum Kunden ausgedehnt, spricht man von der Unternehmenslogistik [Arn08, Gud05, Wil05]. Die Einbeziehung der Vorlieferanten und der Kunden bis zum Endverbraucher führt zur Supply Chain (engl. Lieferkette) [CoGa04, Koe18, Schö16]. Die letzten beiden Fragen werden auch oft der anschließend erläuterten betriebswissenschaftlichen Fragestellung zugeordnet.

Ein so komplexes Unternehmen, wie es ein Produktionsbetrieb darstellt, kann nicht ohne Planung und Organisation ablaufen. In einem Betrieb mit z. B. 1000 Mitarbeitern, der Produkte in Einzelfertigung herstellt, sind etwa 3000 Aufträge im Auftragsbestand, die je zwischen 1000 und 10 000 unterschiedliche Einzelteile beinhalten. Allein die Menge der dadurch notwendigen Zeichnungen, Stücklisten und Arbeitspapiere für die Produktion ist ohne Systematik und Organisation sowie den Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung nicht mehr zuverlässig zu beherrschen, sodass diesem Gebiet für die Steuerung des gesamten Betriebsgeschehens besondere Bedeutung zukommt [Dan01, Gei97, REFA91, Schö11]. Alle damit zusammenhängenden Fragen werden im Rahmen der sogenannten Betriebswissenschaft (auch Betriebsorganisation oder Produktionssystematik genannt) behandelt und betrachten den Produktionsbetrieb unter dem Aspekt der Unternehmensführung [Eve02, GaFi99].

Schließlich gewinnt die informationstechnische Durchdringung und Digitalisierung des Betriebsgeschehens weiter an Bedeutung. Sie erfuhr seit Mitte der 2010er Jahre eine dramatische Beschleunigung, die auf der exponentiellen Leistungssteigerung der Informationstechnologie bezüglich Rechenleistung, Speichergröße und Datenübertragung beruht. Bild 1.3 illustriert die wesentlichen Entwicklungsschritte [Win17]: Sie beginnen mit den Großrechnern Anfang der 1960er Jahre, setzen sich fort über Client-Server-Lösungen und PCs in den 1980ern bis hin in die 1990er Jahre zum Worldwide Web. Seitdem fließen Soziale Medien, mobile Anwendungen über Smartphone, die neue Cloud-Technologie sowie enorm leistungsstarke Lösungen zur Verarbeitung großer Datenmengen (Big Data) und deren Interpretation (Analytics) zusammen. Dies führt zu völlig neuen Geschäftsmodellen, die ganze Branchen wie z. B. den Versandhandel, den Tourismus, die Automobilindustrie oder die Unterhaltungsindustrie umwälzen. Aber auch die für Deutschland so wichtige produzierende Industrie wird jetzt unaufhaltsam von der Digitalisierungswelle erfasst und steht damit gänzlich neuen Herausforderungen bezüglich ihrer Geschäftsmodelle und -prozesse gegenüber.

Bild 1.3Evolution der Informationstechnologie (nach U. Winkelhake)

Im Rahmen dieses Buches liegt der Schwerpunkt auf dem betriebswissenschaftlichen Aspekt der Produktion. Betrachtet werden die Informationsflüsse in Unternehmen der Stückgüterindustrie von der Anfrage bis zum Versand und die damit verbundenen Materialflüsse. Die Unternehmensplanung und -organisation sowie die Produktentstehung sind vorab so weit erläutert, dass die Gesamtzusammenhänge des Betriebs eines Produktionsunternehmens verständlich werden.

1.3Das Unternehmen in seiner Umwelt

Will man eine komplexe Aufgabe lösen, wie z. B. eine Produktionsanlage bauen, ein Unternehmen reorganisieren oder eine Fabrik betreiben, ist es unerlässlich, sich die Einflüsse vor Augen zu führen, denen diese Aufgabe unterliegt.

Dazu werden zunächst die Randbedingungen betrachtet, die den Standort „Bundesrepublik Deutschland“ bestimmen. Ein Blick auf die Außenhandelsstatistik (volkswirtschaftliche Betrachtungsweise) zeigt, dass die Bundesrepublik ein in großem Maße importierender und exportierender Staat ist. Nahrungsmittel, Rohwaren, Halbwaren, Vorerzeugnisse und Fertigwaren bestimmen die Einfuhr; Vorerzeugnisse und Fertigwaren bestimmen die Ausfuhr [Des16]. Bild 1.4 ordnet die wichtigsten Wirtschaftszweige nach den Beschäftigtenzahlen [VDMA16]. Beim Umsatz ist der Kraftfahrzeugbau führend, gefolgt vom Maschinenbau, der Elektroindustrie, dem Ernährungsgewerbe und der chemischen Industrie. Weitere wichtige Branchen sind die Pharmaindustrie mit 106 Tsd. Beschäftigten und 106 Mrd. € Umsatz sowie die Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren mit 326 Tsd. Beschäftigten und 67 Mrd. € Umsatz.

Bemerkenswert ist die Verteilung der rund 257 000 Betriebe des verarbeitenden Gewerbes Deutschlands mit rund 6,6 Mio. Beschäftigten nach ihrer Größe: Knapp 91 % gehören zur Gruppe der kleinen Betriebe (unter 50 Beschäftigte), 6,7 % sind mittlere Betriebe (50 bis 249 Beschäftigte) und nur knapp 1,7 % gelten mit 250 oder mehr Beschäftigten als Großbetriebe. In den kleinen Betrieben waren 45 %, in den mittleren 26 % und in den Großbetrieben 29 % aller Beschäftigten tätig [DES16]. Diese Zahlen erklären die große Bedeutung des Mittelstandes für die deutsche Volkswirtschaft.

Bild 1.4Ausgewählte Daten der bedeutendsten Wirtschaftszweige der Bundesrepublik Deutschland 2016 (Werte: Statistisches Jahrbuch, VDMA)

Nach dieser kurzen volkswirtschaftlichen Betrachtung der Produktionsbetriebe wird nun das einzelne Unternehmen mit seinem Umfeld näher betrachtet: Stark vereinfacht lässt sich entsprechend Bild 1.5 ein engeres und ein weiteres Umfeld ausmachen.

Bild 1.5Das Unternehmen im engeren und im weiteren Umfeld

Das engere Umfeld ist durch die Gruppen (auch Stakeholder genannt) bestimmt, mit denen das Unternehmen in einer dauernden direkten Wechselbeziehung steht:

       Dies ist in erster Linie der Absatzmarkt mit seinen Kunden und Wettbewerbern, denen das Unternehmen in der Werbung, in Form von Konkurrenzangeboten und auf Messen dauernd begegnet.

       Als Zweites sind die Mitarbeiter des Unternehmens zu nennen, ohne die der ganze Betrieb eine leblose Ansammlung von Gebäuden und Betriebsmitteln wäre.

       Die Lieferanten bilden die dritte wichtige Gruppe. Mit ihnen arbeitet das Unternehmen im Beschaffungsmarkt zusammen, aufgrund der verringerten Fertigungstiefe der Unternehmen gewinnt diese an Bedeutung. Beispielsweise hat ein Automobilhersteller etwa 1000 Zulieferfirmen; diese müssen ausgewählt, koordiniert und kontrolliert werden, um zuverlässig das eigene Produkt liefern zu können. Dabei sind die Qualität, der Preis und die Termintreue der eingekauften Erzeugnisse kaufentscheidend.

       Die vierte wichtige Gruppe stellt die Geldgeber dar, unterteilt nach den Eigentümern (Personen und Aktionäre) für das Eigenkapital und den Kapitalgebern – meist Banken – für das Fremdkapital. Sie erwarten eine angemessene Verzinsung ihres eingesetzten Kapitals und eine Wertsteigerung des Unternehmens.

       Schließlich steht das Unternehmen nicht isoliert in einer Stadt oder Gemeinde, sondern ist eingebettet in die Region als Arbeitgeber und Steuerzahler. Es hat entsprechend seiner Größe bestimmte Pflichten, aber auch Vorteile.

Dem engeren Umfeld ist das weitere Umfeld überlagert. Dieses ist vom einzelnen Unternehmen nicht mehr direkt beeinflussbar ist und umfasst folgende Aspekte:

       Das Feld der Politik mit der hier besonders zu beachtenden Steuer- und Wirtschaftsgesetzgebung sowie Währungs- und Kreditpolitik,

       der Sozialbereich mit Arbeitszeit- und Arbeitsschutzbestimmungen sowie Mitbestimmung,

       die Technik mit neuen Produkten, Technologien und Verfahren und

       schließlich die allgemeinen Trends im öffentlichen Leben, der Bevölkerung und der gängigen Lebenseinstellung, die durchaus ein einzelnes Unternehmen beeinflussen können.

Generell ist festzustellen, dass die Globalisierung der Weltwirtschaft und die Digitalisierung die Entwicklung in den genannten Feldern stark beschleunigt hat und vielfach durch den Begriff ‚Turbulentes Umfeld‘ charakterisiert wird.

Auf diese direkten und indirekten Einflüsse muss das Unternehmen angemessen reagieren und möglichst vorausschauend handeln. Daraus ergibt sich, dass es niemals zu einem Beharrungszustand kommen kann, sondern dass nur eins gewiss ist: die dauernde Veränderung. Manche dieser Einflüsse treffen den hier besonders interessierenden Produktionsbereich stark, manche weniger. Um z. B. die Bedeutung einer nachhaltigen Wechselkursveränderung auf einen Produktionsstandort abschätzen zu können, müssen zunächst die grundlegenden Zusammenhänge in einem Produktionsbetrieb bekannt sein. Anschließend wird erläutert, welche Methoden und Hilfsmittel einer rationellen Unternehmensführung heute zur Verfügung stehen.

1.4Die Unternehmensfunktionen

Zur Behandlung eines so komplexen Gebildes wie eines Produktionsunternehmens hat sich die Systemtheorie (auch Systemtechnik genannt) bewährt. Hierunter versteht man allgemein die Theorie der Beziehungen zwischen den Elementen eines Systems, der Beziehung zwischen Struktur und Funktion von Systemen und der Beziehungen zwischen Teilsystemen und Gesamtsystem [Rop99]. Stark vereinfacht ausgedrückt arbeitet die Systemtheorie mit abstrakten Modellen, die nach folgenden Regeln aufgebaut sind:

       Ein System besteht aus einer Menge von Elementen und einer Menge von Beziehungen (Relationen), die zwischen diesen Elementen herrschen.

       Eine Struktur besteht aus einer Gruppe von Elementen, die über Beziehungen verknüpft sind.

       Jedes System kann in Subsysteme niederer Ordnung zerlegt werden.

       Elemente, die nach einer anderen Beziehung zusammengefasst werden, heißen Teilsysteme.

       Jedes Element, jedes Subsystem und das gesamte System kann mit einer Systemgrenze abgegrenzt und durch Input (Eingang), Output (Ausgang) und eine Funktion beschrieben werden (sogenannte Black-Box-Darstellung). Hat das System als Ganzes keine Eingangs- und Ausgangsgrößen, spricht man von einem geschlossenen System; sonst handelt es sich um offene Systeme.

Bild 1.6 stellt diese grundlegenden Begriffe in einem allgemeingültigen Zusammenhang dar, wobei es sich in diesem Fall um ein geschlossenes System handelt.

Bild 1.6Grundbegriffe zur Systemdefinition (nach G. Ropohl)

Wendet man die Systemtechnik auf ein Produktionsunternehmen an, stellen die Elemente die einzelnen Funktionen dar, die zur Erzeugung von Produkten erforderlich sind. Die Beziehungen zwischen diesen Elementen werden durch die Grundgrößen Material, Energie, Information, Kapital und menschliche Arbeitskraft hergestellt. Die Energiebeziehungen werden im Folgenden vernachlässigt, da hier keine technischen Prozesse untersucht werden. Auch die Geldflüsse bleiben außen vor. Material- und Informationsfluss sind demnach hier die prägenden Beziehungen. Ausgehend von der Black-Box-Darstellung (Grundmodell), erfolgt der Modell-Aufbau in fünf Schritten (Bild 1.7):

1.      Die Konkretisierung der Ein- und Ausgangsgrößen sowie der Gesamtfunktion ist mit „Produktion industrieller Erzeugnisse, die zum Absatz bestimmt sind“ umschrieben.

2.      Die drei Subsysteme 1. Ordnung Beschaffung, Produktion und Distribution realisieren die Funktion des Gesamtsystems.

3.      Ihrerseits bestehen diese Subsysteme wiederum aus den Subsystemen 2. Ordnung. Die zunächst ungewöhnlich erscheinende Unterordnung der Konstruktion unter den Oberbegriff Produktion ist durch die hier gewählte Betrachtung des Informationsflusses als Beziehungsgröße begründet und darf nicht mit der organisatorischen Gliederung in Abteilungen verwechselt werden; auf diese wird noch gesondert eingegangen.

4.      Die Produktion selbst ist noch einmal in Subsysteme 3. Ordnung zu unterteilen. Hier sind dies Konstruktion, Arbeitsvorbereitung, Fertigung und Montage mit ihren wichtigsten Funktionen.

5.      Sämtliche Subsysteme sind mit Hilfe übergeordneter Systeme der Steuerung, Gestaltung, Führung und Kontrolle im Sinne der Gesamtzielsetzung einer wirtschaftlichen Leistungserbringung den bereits geschilderten Einflussgrößen des engeren und weiteren Umfeldes anzupassen (Schritt 5).

Bild 1.7Schrittweiser Modellaufbau eines Produktionsunternehmens

Bild 1.8 konkretisiert das aus den vorhergehenden Schritten entwickelte Modell als Ganzes:

       Der abstrakte Begriff „System-Führung“ wird so zur Unternehmensführung.

       Die Prozessgestaltung beschäftigt sich konkret mit den Methoden und Hilfsmitteln zur Gestaltung der Prozesse für Beschaffung, Konstruktion, Arbeitsvorbereitung, Fertigung, Montage und Distribution.

       Die Prozesssteuerung beschäftigt sich hauptsächlich mit der inner- und überbetrieblichen Planung und Steuerung der Auftragstermine und -mengen sowie der Kapazitäten.

       Schließlich erstreckt sich das Controlling konkret auf die Überwachung der erzeugten Produkte im Rahmen des Qualitätsmanagements, auf die Überprüfung der Produktion bezüglich ökologischer Fragen durch das Umweltmanagement sowie auf das wirtschaftliche Ergebnis des gesamten Unternehmens.

Dieses Modell betrachtet das gesamte Personalwesen mit Lohn- und Gehaltsfindung, Leistungsbeurteilung und Ausbildung sowie das Rechts- und Patentwesen und die Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) nicht. Auch Demontage- und Recyclingprozesse von Produkten sind vernachlässigt, da diese häufig spezielle Demontagefabriken durchführen.

Bild 1.8Systemtechnisches Modell eines Produktionsunternehmens

Das Modell zeigt nur diejenigen Bereiche die der Material- und Informationsfluss unmittelbar berührt; es bildet die Grundlage für die weiteren Betrachtungen.

Vor der Beschreibung der Unternehmensaufgaben im Erzeugnisdurchlauf, sind zunächst die Organisationsformen des gesamten Unternehmens sowie im Besonderen die der Fertigung und Montage zu erläutern, da sie den betrieblichen Ablauf wesentlich prägen.

1.5Literatur

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[Wil05] Wildemann, H.: Logistik-Prozess-Management. 3. Aufl., München 2005

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2Organisation des Industrieunternehmens

Organisation ist ein vielschichtiger Begriff, der in Bezug auf ein Industrieunternehmen wie folgt definiert werden kann: Organisation ist ein System von dauerhaften Regelungen, welche die Aufgabenbereiche der Aufgabenträger festlegen und die optimale Aufgabenerfüllung gewährleisten. Allgemein ist die Organisation jedes Unternehmens durch vier Faktoren gekennzeichnet [Spu94, Sch92]:

       Die Organisation dient als Instrument zur Erreichung bestimmter Ziele, die wiederum Merkmal der Organisation sind (Zielorientierung).

       Die Organisation besteht aus Elementen, zwischen denen Beziehungen bestehen, die die Organisation regeln muss (Koordination).

       Die Organisation eines Unternehmens hat für einen bestimmten Zeitraum Bestand (Kontinuität).

       Den Elementen der Organisation, die aus Menschen und Sachmitteln bestehen, werden unterschiedliche Teilaufgaben zugeordnet, die der Erreichung von Zielen dienen (Arbeitsteilung).

Aufbauend auf den Grundbegriffen behandelt das Kapitel zunächst die Organisation des Gesamtunternehmens sowie detailliert die der Produktion. Anschließend erfolgt die Erläuterung der lang-, mittel- und kurzfristigen Unternehmensplanung, der Unternehmensführung mit Führungsaufgaben, -ethik, und -technik sowie der rechtlichen Rahmenbedingungen von Produktionsunternehmen.

2.1Begriffsabgrenzungen

Der Begriff Organisation steht in engem Zusammenhang mit den Begriffen Planung und Führung, ist jedoch von diesen streng zu unterscheiden.

Unter Planung versteht man das gedankliche Durchdringen eines zukünftigen Geschehens mit dem Ziel, diejenigen Entscheidungen vorzubereiten und zu treffen, die zur Erreichung des gewünschten Zustandes notwendig sind. Der gewünschte Zustand wird unter Beachtung denkbarer Entwicklungen, die u. a. mit Hilfe von Prognoseverfahren ermittelt werden, als Zielsetzung definiert. Hauptmerkmal der Planung ist demnach die Zukunftsbezogenheit sowie das im Gegensatz zur Improvisation rationale, nachvollziehbare Vorgehen. Die Unternehmensorganisation selbst kann auch Objekt der Planung sein, z. B. bei Umstrukturierungsmaßnahmen. Zur Erreichung ihrer Ziele bedient sich ein Unternehmen der Unternehmensplanung.

Die Führung befasst sich demgegenüber mit dem Menschen in der Organisation, seinen Bedürfnissen, seiner Motivation sowie seiner Leistung und Entlohnung. Grundlage hierfür ist ein einheitliches Führungskonzept. Es definiert, in welcher Weise die Unternehmensführung Kompetenzen und Verantwortung im Rahmen der Aufbau- und Ablauforganisation an die untergeordneten Organisationseinheiten bis zur Stelle delegiert. Zum Bereich der Führung im weiteren Sinne gehören auch die Weiterbildung sowie ein Beurteilungssystem als Grundlage einer gerechten Entlohnung und Beförderung.

Die formale Gestaltung der Organisation wird zum einen durch gesetzliche Vorschriften bestimmt und findet ihren Ausdruck in der Rechtsform des Unternehmens, wie z. B. Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), Aktiengesellschaft (AG) oder Kommanditgesellschaft (KG), um nur einige wichtige zu nennen. Unabhängig von der Rechtsform ist zum anderen die innere Organisation des Unternehmens zu sehen, die als Aufbauorganisation und Ablauforganisation beschrieben wird. Beide Begriffe können sowohl den Vorgang des Organisierens als auch das Resultat beschreiben, wobei die heutige Wirtschaft Organisation eher als stetigen Veränderungsprozess (z. B. die Selbstorganisation einer Arbeitsgruppe) denn als feststehendes Ergebnis versteht.

Die Aufbauorganisation des Unternehmens legt die hierarchische Gliederung in sogenannte Organisationseinheiten mit unterschiedlichem Umfang fest, wie z. B. Werk, Hauptabteilung, Abteilung, Meisterbereich, Arbeitsgruppe. Die Darstellung der Aufbauorganisation erfolgt im sogenannten Organisationsplan, auch Organisationsschema oder Organigramm genannt. Die von der jeweiligen Organisationseinheit zu erfüllende Aufgabe wird in Funktions- oder Aufgabenbeschreibungen festgelegt. Sofern sich die Aufgabenbeschreibung auf eine Person bezieht, spricht man von einer Stellenbeschreibung. Sie bestimmt den Aufgaben- und Verantwortungsumfang sowie die der Stelle zugeordneten Kompetenzen, z. B. hinsichtlich der Höhe der zu genehmigenden Investitionen, auswärtiger Bestellungen oder der Einstellung von Mitarbeitern.

Die Ablauforganisation regelt demgegenüber den grundsätzlichen Ablauf der normalen Geschäftsvorfälle, um ein rationelles und einheitliches Vorgehen sicherzustellen. Beispiele sind Bestellungen, Fakturierung, Zeichnungserstellung, Personaleinstellung usw. Vorschriften, Handbücher und Organisationsanweisungen legen die daraus resultierenden Ablaufbeschreibungen fest. Vielfach werden hierfür die Begriffe Workflow und Geschäftsprozess verwendet. Darunter versteht man eine Folge von Arbeitsschritten, die zur Erfüllung einer Aufgabe notwendig sind. Sie kann durch ein Workflow-Management-System unterstützt werden, das die notwendigen Daten bereitstellt und nach bestimmten Vorschriften an den jeweils nächsten Bearbeiter weiterleitet, was aufwendige Dokumente vermeidet. Einen Themenüberblick bietet z. B. [Ric04].

Aufbau- und Ablauforganisation werden vielfach als voneinander getrennte Begriffe behandelt. In Wirklichkeit sind sie untrennbar miteinander verknüpft und stellen lediglich zwei Betrachtungsweisen einer Organisation dar. Bild 2.1 verdeutlicht diesen Sachverhalt. Angedeutet ist eine hierarchische Aufbauorganisation, die von der Geschäftsführung über die Hauptabteilungsleiter und Abteilungsleiter bis zu den einzelnen Stellen reicht. Die Ablauforganisation für die hier beispielhaft genannten Geschäftsprozesse A (Auftragsabwicklung) und B (Einstellung eines Abteilungsleiters) verkettet die Tätigkeiten zur Erfüllung dieser Aufgaben und verbindet so die im Organisationsschema beschriebenen Stellen logisch miteinander.

Bild 2.1Geschäftsprozesse in einer Organisation

2.2Organisation des Gesamtunternehmens

Für das Verständnis eines Unternehmens ist die Kenntnis der Aufbauorganisation von besonderer Bedeutung. Die wesentlichen Erscheinungsformen sind daher im Folgenden knapp erläutert.

2.2.1Aufbauorganisation

Die Aufbauorganisation wird bestimmt durch die Art, wie die Aufgaben, die zum Funktionieren des Unternehmens erforderlich sind, auf die einzelnen Instanzen und Stellen verteilt sind. Eine Stelle ist die kleinste organisatorische Einheit eines Unternehmens und umfasst den Aufgabenbereich einer Person. Eine Instanz leitet untergeordnete Stellen und hat das Weisungs- und Entscheidungsrecht, wie z. B. die Fabrikleitung. Mehrere Personen mit den gleichen Aufgaben bilden zusammen mit ihrem Leiter eine Abteilung. Unterscheidet man die Abteilungen nach Art der Aufgabenerteilung, so lassen sie sich nach Linien- und Stabsfunktionen unterscheiden:

       Linienabteilungen leiten Aufgaben ein, planen, führen Aufgaben durch und kontrollieren das Arbeitsergebnis. Die Linie trägt damit eine Handlungs- und Entscheidungsverantwortung. Man spricht dann auch von einer direkten Funktion oder Kernfunktion im Sinn einer Wertschöpfung. Hierzu müssen ihre Stelleninhaber mit den notwendigen Rechten und Anordnungsbefugnissen ausgestattet sein, die als Kompetenz bezeichnet werden.

       Stabsabteilungen haben demgegenüber eine beratende und unterstützende Funktion; sie planen, organisieren, informieren und stellen Dienstleistungen bereit. Ihre Hauptaufgabe besteht in der Aufbereitung komplexer Probleme, im Erarbeiten von Lösungsvorschlägen und Vorbereiten der Entscheidungen zur Durchsetzung einer bestimmten Lösung. Stäbe haben demnach eine Informations- und Beratungsverantwortung. Typische Dienstleistungen sind demgegenüber der Betrieb des Rechenzentrums oder juristische Beratung. Man benutzt den Begriff Stab kaum noch, stattdessen spricht man besser von indirekten Funktionen oder Supportfunktionen.

Neben dieser Betrachtung direkt – indirekt prägt primär die Art der Verknüpfung der Funktionen die Form der Aufbauorganisation, (Bild 2.2). Die aus den Vorstellungen von F. W. Taylor entwickelte funktionale Organisation (Bild 2.2 a) fasst unter der Unternehmensleitung sämtliche Aufgaben für alle Produkte nach ihrer Funktion zusammen, also z. B. Vertrieb, Forschung und Entwicklung, Produktion und Service. Diese werden durch zentrale Stabsabteilungen wie Planung, Finanz- und Rechnungswesen, Personalwesen, Informationstechnologie usw. unterstützt.

Mit zunehmender Ausdehnung auf verschiedene Regionen und Märkte sowie im Zuge der Wandlung vom Verkäufer- zum Käufermarkt bildeten viele Unternehmen etwa Anfang der 1960er-Jahre Teilbereiche, die als Sparten, Divisionen oder Geschäftsbereiche bezeichnet werden. Die betrieblichen Leistungssysteme sind dabei eindimensional nach Objekten oder Verrichtungen organisiert. Eine mehrdimensionale Organisation liegt bei einer Überlagerung der Gliederungen vor.

Eine Spartenorganisation nach Objekten findet sich z. B. bei einem Automobilunternehmen, welches sich nach unterschiedlichen Fahrzeugtypen gliedert. Jeder Sparte steht ein Leiter vor (häufig Markenvorstand genannt), der direkt an die Unternehmensführung berichtet. Es kann auch die Art der Fertigung als Gliederungskriterium gelten, z. B. Serien- und Kundenfertigung, oder eine regionale Gliederung z. B. Europa, Asien, Amerika, oder bestimmte Abnehmergruppen bestimmend für eine Sparte sein, z. B. Haushalt, Industrie, Behörden. In einer derartigen Organisation sorgt ein Zentralstab für die Beratung der Sparten und der Unternehmensleitung. Häufig ist es aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoll, in einer derartigen Spartenorganisation bestimmte Funktionen, wie z. B. Personalwesen, Einkauf, Datenverarbeitung usw., gemeinsam zu nutzen und nur die spartenspezifischen Funktionen in der Sparte zu belassen.

In diesem Fall entsteht die Matrix-Organisation (Bild 2.2 b). Ein Objektleiter ist hier z. B. ein Geschäftsbereichsverantwortlicher mit der Aufgabe, sein Geschäftsfeld mit einer eigenen Entwicklungs- und Verkaufsabteilung in Abstimmung mit dem Funktionsleiter Produktion, der auch die Fertigung der übrigen Produkte koordiniert, am Markt zu bearbeiten. Dabei entstehen zwangsläufig Interessenkonflikte, die sich in den sogenannten Kompetenzschnittpunkten bemerkbar machen.

Bild 2.2Grundformen der Aufbauorganisation

Deshalb muss eine Geschäftsordnung festgelegen, welche Freiheitsgrade des Entscheides für die beteiligten Entscheidungsträger existieren. Bild 2.3 unterscheidet 5 Fälle:

1.      Im Fall 1 entscheidet der Funktionsleiter; der Objektleiter wird lediglich informiert. Dies könnte z. B. die Anschaffung einer für alle Produkte genutzten Betriebseinrichtung sein.

2.      Fall 2 setzt bereits eine Rücksprache des Funktionsleiters mit dem Objektleiter vor der Entscheidung voraus, z. B. bei der Ernennung eines Baustellenleiters für eine vom Betrieb zu montierende Anlage für einen bestimmten Produktionsbereich. Ist der Produktleiter nicht einverstanden, kann er ein Überdenken des Entscheides verlangen, die sogenannte Wiedererwägung.

3.      Im Fall 3 handelt es sich um eine gemeinsam von Objekt- und Funktionsleiter zu treffende Entscheidung, beispielsweise die Festlegung der Vertragskonditionen eines Abteilungsleiters, die der Produktleiter mit dem Personalleiter durchführt.

4.      Im Fall 4 ist die Entscheidungsverantwortung spiegelbildlich zu Fall 2. Dies könnte die Preisgestaltung für ein Angebot durch den Produktleiter sein, wozu vor Angebotsabgabe die kaufmännische Abteilung zu hören ist.

5.      Im Fall 5 ist die Entscheidungsverantwortung spiegelbildlich zu Fall 1. Dies wäre beispielsweise die Entscheidung über die Annahme eines Auftrages, über die der Betriebsleiter informiert wird.

Bild 2.3Freiheitsgrade der Entscheidung in der Matrixorganisation

Für den Fall, dass die sich im Kompetenzschnittpunkt treffenden Entscheidungsträger keine Einigung erzielen können, ist die Entscheidungsinstanz der nächste gemeinsame disziplinarische Vorgesetzte.

Um die Schwächen einer funktionalen Organisationsform auszugleichen, wird häufig das Produktmanagement eingesetzt. Der sogenannte Produktmanager betreut ein Produkt oder eine Produktgruppe über alle Funktionen von der Entwicklung bis zum Vertrieb (Querschnittsfunktion). Der Regionalmanager arbeitet nach demselben Prinzip, nur dass er an Stelle eines Produktes eine Region betreut. Beide Formen versuchen, die Vorteile von Sparten- und Funktionsorganisation miteinander zu verbinden.

Seit Beginn der 1990er-Jahre tritt infolge der Globalisierung der Märkte die Ausrichtung auf den Kunden gegenüber der innerbetrieblichen Optimierung immer stärker in den Vordergrund der Unternehmensorganisation. Generell strebt man die Erhöhung der Reaktionsfähigkeit auf Kundenwünsche durch Verringerung der innerbetrieblichen Komplexität an. Hierzu trägt die Bildung weitgehend autonomer Gruppen mit geringer Leistungsverflechtung und die sofortige Erkennbarkeit von Prozessstörungen durch räumliche Transparenz bei. In diesem Zusammenhang hat die bereits erwähnte Orientierung der Aufbau- und Ablauforganisation nach Geschäftsprozessen große Bedeutung erlangt (Bild 2.2 c). Diese Prozessorientierung beinhaltet aus organisatorischer Sicht das sogenannte Reengineering und die Prozessorganisation.

Das Reengineering soll die Unternehmensabläufe radikal verbessern. Dazu werden Idealgeschäftsprozesse entworfen, die aus unternehmens- bzw. geschäftsbereichsstrategisch neu definierten Zielen abgeleitet sind. Die bestehenden Aufbaustrukturen werden dabei weitgehend abgeschafft. Ergebnis soll eine tief greifende prozessorientierte Reorganisation des Unternehmens sein [HC03].

Die als Prozessorganisation bezeichnete Gestaltungsmethode definiert Stellen, Abteilungen und Bereiche „bottom-up“ auf Basis der einzelnen in einer Ist-Analyse identifizierten Aktivitäten. Die konsequente Orientierung der Gestaltung am Prozessfortschritt ermöglicht eine entsprechende Umsetzung des Material- und Informationsflusses in eine Aufbaustruktur. Grundlage für den Aufbau einer derartigen Organisation ist die Identifikation der für den Geschäftserfolg wichtigsten Prozesse. Diese heißen uneinheitlich „Geschäftsprozesse“, „Unternehmensprozesse“ oder „Leistungsprozesse“. Die prozessorientierte Unternehmensorganisation besteht demnach aus den Kernprozessen und Supportprozessen (Bild 2.2 c):

       Die Kernprozesse umfassen die Markterschließung (Marktanalyse bis Produktspezifikation), die Produktentwicklung (Produktidee bis Serienreife), die Auftragsgewinnung (Kundenkontakt bis Auftragserteilung), die Auftragserfüllung (Auftragseingang bis Fakturierung) und den Produktservice.

       Die Supportprozesse übernehmen weitgehend Aufgaben der bisher üblichen Stabsabteilungen.

Die Organisationsform eines Unternehmens bedarf der ständigen Überprüfung und Anpassung. Spätestens nach 2 bis 5 Jahren ist eine Neuorientierung an gewandelte Verhältnisse erforderlich. Oft erfordert auch die Änderung des Produktprogramms, die Erschließung oder Aufgabe von Märkten oder eine Änderung in den Eigentumsverhältnissen eine neue Organisationsform.

2.2.2Projektorganisation

Neben den ständigen und in gewisser Weise auch routinemäßigen Aufgaben eines Unternehmens treten immer wieder einmalige und neuartige Aufgaben auf. Deren Lösung kann nur unzureichend im Rahmen der bestehenden Organisation erfolgen, weil keine eindeutige Verantwortung und Kompetenz besteht. Derartige Aufgaben löst man mit Hilfe der sogenannten Projektorganisation, auch Projektmanagement genannt, das dann eine temporäre Leitungsstelle darstellt. Als Projekte bezeichnet DIN 69901 komplexe Vorhaben, die durch folgende Kriterien gekennzeichnet sind [DIN69901]:

       Zielvorgabe durch Beschreibung der Aufgabe oder des Objektes;

       personelle, sachliche, finanzielle und zeitliche Abgrenzung gegenüber anderen Vorhaben;

       Beteiligung mehrerer Organisationseinheiten, die in einer projektspezifischen Organisation zusammengefasst sind;

       Einmaligkeit der Bedingungen.

Typische Projekte in Industrieunternehmen sind Innovationen in Technik, Markt und der eigenen Organisation, der Neu- oder Umbau einer Fabrik, die Einführung einer Software sowie Aufgaben, die durch unvorhergesehene Ereignisse bedeutende Auswirkungen für das ganze Unternehmen haben. Hierzu zählen beispielsweise der Ausfall wesentlicher Betriebsanlagen oder ganzer Betriebsteile (z. B. durch einen Brand) oder das Schließen eines regionalen Marktes (z. B. durch Verhängung von Einfuhrsperren). In diesen Fällen spricht man auch von Krisenmanagement und Krisenstäben.

Bild 2.4 a verdeutlicht diese Projekteinbindung in eine Linien-Organisation. Der Projektleiter stellt sein Projektteam aus mehreren Organisationseinheiten zusammen. Er hat in Bezug auf das Projekt unmittelbare fachliche Weisungsbefugnis gegenüber den Teammitgliedern. Er selbst berichtet für die Dauer des Projektes meist unmittelbar an die Geschäftsführung; die Mitglieder der Projektgruppe bleiben disziplinarisch ihren Vorgesetzten in der Unternehmensorganisation unterstellt. Bei sehr vielen und regelmäßig erforderlichen Projekten wie z. B. in der Produktentwicklung, richten große Firmen auch einen Ressourcenpool ein, Bild 2.4 b. Er besteht aus Fachpersonal z. B. für IT-Projekte, freien Flächen, einer Infrastruktur mit schneller Netzverbindung und Services z. B. für den Prototypenbau. Die Geschäftsbereichsleiter oder auch die Geschäftsführung setzen die Projekte auf. Der Projektleiter stellt sein Team aus wenigen Mitarbeitern aus dem Bereich des Auftraggebers zusammen, ergänzt es aus dem Pool, „mietet“ Flächen und Services für die Projektlaufzeit und nutzt auch temporär externe Dienste, z. B. für die Erstellung eines Intranetauftritts.

Zur Verkürzung der Projektlaufzeiten finden zunehmend sogenannte agile Methoden und Vorgehensweisen Anwendung, um in bereichsübergreifend arbeitenden Teams schnelle Projekterfolge zu erzielen [Win17]. Hier sind Design Thinking und Scrum bekannte Verfahren, auf die Abschnitt 3.3.2 näher eingeht.

Bild 2.4Projektmanagement in verschiedenen Organisationsstrukturen

Der typische Ablauf eines Projektes ist Bild 2.5 am Beispiel der Einführung einer Standardsoftware zum Auftragsmanagement dargestellt [WieH11]. Sie ist nach Konzept- und Umsetzungsphasen gegliedert und wird vom Projektmanagement begleitet:

       In den Konzeptphasen werden gemeinsam mit den Nutzern die Strategie und das Grobkonzept formuliert und danach das Organisationskonzept mit den zugehörigen Geschäftsprozessen sowie die Anwendungssoftware bestimmt.

       Die Umsetzungsphasen umfassen die Anpassung der Aufbau- und Ablauforganisation und die Softwareeinführung mit Testbetrieb. Im Hochlauf wird die Anwendung stufenweise oder vollständig produktiv geschaltet.

Bei großen Projekten hat sich eine Projektorganisation als zweckmäßig erwiesen, bei der zwischen fachlicher Projektleitung und Prozessbegleitung unterschieden wird, Bild 2.5 rechts:

       Fachlich stehen Sachthemen sowie die Projektorganisation und Fachmethodik im Vordergrund, diese verantwortet der fachliche Projektleiter.

       Der Prozessbegleiter sorgt demgegenüber für die Einhaltung der vereinbarten Spielregeln im Team sowie die konsequente Nutzung der Methoden und Werkzeuge mit Blick auf die sozialen Belange der Betroffenen und Beteiligten. Offene und versteckte Widerstände entstehen meist aus der Ungewissheit über die eigene Rolle nach der Projektrealisierung und müssen durch frühzeitige Beteiligung und Information aufgefangen werden, vgl. auch Abschnitt 2.5.4.

Der geschilderte Projektablauf verläuft dabei keineswegs linear in den angegebenen Phasen; vielmehr sind häufig Rücksprünge und mehrmaliges Durchlaufen einer Phase in verschiedenen Konkretisierungsstufen notwendig.

Bild 2.5Projektphasen und -aspekte zur Einführung von Standardsoftware (H.-H. Wiendahl, H. R. Schübel)

Bei komplexen Projekten hat sich eine Projektorganisation als zweckmäßig erwiesen, bei der zwischen dem Projekt- oder Planungsteam und der Entscheidungsinstanz noch ein Beratungs- oder Koordinierungsgremium zwischengeschaltet ist, welches häufig als Lenkungsausschuss bezeichnet wird (Bild 2.6). Bei starken Interessenkonflikten ist der bereits beschriebene neutrale Coach (Prozessbegleiter) zu empfehlen, der die Verhaltensregeln formuliert, Sitzungen moderiert und die Einhaltung der Verhaltensregeln sicherstellt und so auch das erforderliche Change Management unterstützt. Wesentlich ist auch ein „Projektpate“ in der Geschäftsführung, den der Projektleiter informell ansprechen kann.

Bild 2.6Gegenüberstellung Unternehmensorganisation und Projektorganisation

Hierbei hat sich folgende Aufgabenteilung bewährt:

       Das Projektteam präzisiert die vom Auftraggeber gestellte Aufgabe in Form einer Situationsanalyse und einer Zielformulierung, erarbeitet alternative Lösungen und bereitet die Bewertung vor.

       Der Lenkungsausschuss, auch Steuerkreis genannt, berät und koordiniert das Team, überprüft die Aufgabenerfüllung der erarbeiteten Lösungen, führt die Bewertung durch und schlägt eine Lösung vor.

       Die Entscheidungsinstanz stimmt entweder der vorgeschlagenen Lösung zu oder lehnt sie ab und löst damit eine erneute Lösungssuche mit modifizierter Aufgabenstellung aus. Nach der Entscheidung besteht ihre wichtigste Aufgabe in der Unterstützung des Projektleiters bei der Durchsetzung der entschiedenen Lösung.

Das Projekt wird auf der Entscheidungsebene manchmal durch externe Stellen unterstützt, z. B. durch Juroren bei einem öffentlichen Projekt oder Fachberater mit entsprechender Expertise. Dem Lenkungsausschuss helfen manchmal Sachverständige z. B. für Brandschutz und im Projektteam wirken auch zentrale Stäbe mit, z. B. bei der Auftragsvergabe von Gewerken.

2.2.3Informelle Organisation

Bei neueren Organisationsformen hat die Beachtung der menschlichen Beziehungen eine hohe Bedeutung. Sie besitzt in international aufgestellten Unternehmen eine zusätzliche kulturelle Komponente. Man spricht im Gegensatz zur formalen Organisation in diesem Zusammenhang von der informellen Organisation. Als informell gilt eine Organisation, wenn sich das Verhalten ihrer Mitglieder an persönlichen Wünschen und Erwartungen orientiert, wenn die Beziehungen auf den durch Herkunft und außerbetriebliche Rollen beeinflussten Sympathien und Gemeinsamkeiten basieren und wenn die Organisation spontan entsteht.

Wegen der komplexer werdenden Zusammenhänge und der zunehmenden Kommunikationsmöglichkeiten durch vernetzte und mobile Arbeitsplätze in Industrieunternehmen ist die informelle Organisation von großer Bedeutung. Mit Hilfe des sogenannten Verhaltenstrainings und der Gruppendynamik wird sie in vielen Unternehmen bereits gezielt zur Verbesserung des Betriebsklimas eingesetzt. Mit der wissenschaftlichen Durchdringung dieses Bereichs beschäftigen sich speziell die Organisationspsychologie, „(. . .) die das Erleben und Verhalten von Personen in Organisationen zu beschreiben, zu prognostizieren und zu kontrollieren (beeinflussen) sucht“ [Ros11], und die Organisationssoziologie [Abr09]. Die Auswirkungen heutiger sozialer Netzwerke wie Facebook, YouTube, LinkedIn usw. auf die informelle Organisation gewinnen mit dem Eintreten der Digital Natives in die Arbeitswelt eine immer größere Bedeutung, sodass viele Unternehmen sie bereits zur proaktiven Kommunikation sowohl intern als auch mit der Öffentlichkeit nutzen.

2.2.4Unternehmensübergreifende Organisation

Unter der unternehmensübergreifenden Organisation in Form von Unternehmenszusammenschlüssen versteht man die völlige oder nur auf bestimmte Gebiete beschränkte Zusammenfassung mehrerer rechtlich selbstständiger Unternehmen zur Verwirklichung unterschiedlicher wirtschaftlicher Zielsetzungen. Dabei wird je nach dem Grad der Einschränkung der wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit zwischen Kooperation und Konzentration unterschieden [War93] (Bild 2.7).

Bild 2.7Formen von Unternehmenszusammenschlüssen

Kooperation

Bei der Kooperation bleibt die wirtschaftliche und rechtliche Selbstständigkeit der Beteiligten erhalten. Verträge legen die Verpflichtung zur betrieblichen Zusammenarbeit fest; sie haben meist nur bis zur Verwirklichung des gemeinsam vereinbarten Zieles Gültigkeit (z. B. Arbeitsgemeinschaft bei größeren Bauvorhaben oder gemeinsame Rationalisierungsmaßnahmen). Das Spektrum der Kooperationen reicht von losen Vereinbarungen, z. B. für einmalige Hilfeleistungen, bis zum Joint Venture.

Das Joint Venture erreicht den höchsten Grad der organisatorischen Einbindung und Bedeutung für die (globale) Aktivität der jeweiligen Partner. Eine wichtige Kooperationsform ist das (Bank-)Konsortium. So können sich mehrere Banken zu einem Kreditkonsortium zusammenschließen, um einen Großkredit gewähren zu können. Beim Equity Joint Venture wird eine gemeinsame Kapitalgesellschaft gegründet.

Der Begriff Virtuelles Unternehmen (VU) wurde in Anlehnung an die virtuelle Speichertechnik in der Informatik geprägt: So wie virtuelle Speicher zusätzliche Ressourcen (Hauptspeichererweiterungen) unnötig machen, indem man die Informationen geschickt zwischen dem vorhandenen Hauptspeicher und speziellen Bereichen auf Festplatten steuert, will man bei VU den Aufbau zusätzlicher Institutionen vermeiden. Ein VU besteht demnach aus einem Netzwerk von Betrieben, die sich kurzfristig zusammenschließen, um eine sich bietende Wettbewerbschance zu nutzen. Da der Erwerb des notwendigen Know-hows durch Übernahmen oder Fusionen teuer sowie risikoreich und der interne Aufbau zu zeitaufwendig und in stark innovierenden Märkten z. T. unmöglich ist, bleibt den Betrieben nur die Kooperation mit anderen Unternehmen. In einem VU teilen die Partner Kosten, Risiken und Wissen. Sie treten gemeinsam auf den nationalen und globalen Märkten auf, wobei jeder Partner seine „komparativen Vorteile“ einbringt. Ein entscheidender Erfolgsfaktor ist hierbei eine hoch entwickelte Informationsinfrastruktur, welche die verteilten Partnerunternehmen auch über große Entfernungen zusammenbindet [MGE98, SMG98].

Interessengemeinschaft

Sie reicht vom Erfahrungsaustausch bis zur engen wirtschaftlicher Zusammenarbeit, zum Teil mit Gewinnzusammenführung. Oft ist sie das Durchgangsstadium zu einer stärkeren Bindung. Sie ist in vielen Fällen eine Gewinn- und Verlustgemeinschaft.

Konzentration

Bei den Konzentrationen erfolgt eine Zusammenfassung mehrerer Unternehmen unter zentraler Leitung. Die wirtschaftliche und/oder rechtliche Selbstständigkeit geht dabei ganz oder teilweise verloren. Der Zusammenschluss erfolgt auf Dauer. Man unterscheidet je nach der Produktionsstufe der zusammengeschlossenen Unternehmen den horizontalen Zusammenschluss und den vertikalen Zusammenschluss. Konzentrationen werden ebenso wie Kartelle in Deutschland vom Kartellamt in Berlin überwacht.

Bei Kartellen handelt es sich um vertragliche Zusammenschlüsse von Unternehmen der gleichen Art hinsichtlich Branche und Produktionsstufe (horizontaler Zusammenschluss) unter Beibehaltung ihrer kapitalmäßigen und rechtlichen Selbstständigkeit. Durch Vertrag verlieren die Unternehmen jedoch einen Teil ihrer wirtschaftlichen Selbstständigkeit. Kartelle sind genehmigungspflichtig, da ein einheitliches Verhalten der Unternehmen am Markt den Wettbewerb zwischen ihnen völlig oder teilweise ausschaltet.

DasSyndikat ist die stärkste Form des Kartellzusammenschlusses. Der Verkauf und/oder der Einkauf der zusammengeschlossenen Unternehmen werden gemeinschaftlich abgewickelt und oft einer besonderen Gesellschaft – meist einer GmbH – übertragen.

Konzerne bestehen aus mehreren Unternehmen, die rechtlich selbstständig bleiben, aber wirtschaftlich ihre Selbstständigkeit völlig verlieren. Der vertikale Zusammenschluss ist hier vorherrschend. Die gesamte Geschäftsführung steht unter einheitlicher Leitung. Die Aktiengesellschaft ist die am besten geeignete Form zur Konzernbildung. Die gegenseitige Bindung erfolgt durch Aktienaustausch:

       Eine Aktiengesellschaft besitzt die Mehrheit anderer kleiner Aktiengesellschaften (Mutter-Tochter-Gesellschaft).

       Die Aktien werden gleichmäßig ausgetauscht (Schwestergesellschaften).

       Es werden alle oder die Mehrheit der Aktien der beteiligten Unternehmen einer Dachgesellschaft (Holding-Company) übertragen. Sie gibt dafür eigene Aktien aus und tritt damit auch an den Kapitalmarkt.

Ein Trust hebt auch die rechtliche Selbstständigkeit auf; es handelt sich also um eine einzige Großunternehmung. Eine Verschmelzung geschieht durch Aufnahme (Verlust eines Firmennamens) oder durch Neubildung (Verlust beider Firmennamen, neue Namensgebung).

Generell gewinnt die unternehmensübergreifende Organisation künftig weiter an Bedeutung: Unternehmen sind zunehmend gezwungen, sich auf dem Weltmarkt zu positionieren und müssen hierfür schnelle und kostengünstige Wege finden. Insbesondere Zusammenschlüsse über Landesgrenzen hinweg unter Berücksichtigung unterschiedlicher rechtlicher und wirtschaftlicher Grundlagen müssen dabei organisiert werden.

Nach dieser kurzen Übersicht über die Gesamtorganisation eines Unternehmens wird die Organisation der Produktion näher betrachtet. Sie ist von großem Interesse für den organisierenden Ingenieur und spielt eine besondere Rolle hinsichtlich der Produktionsstrategie der Unternehmen.

2.3Organisation der Produktion

Die Produktion wird klassischerweise in Fertigung (genauer: Teilefertigung) und Montage unterteilt; deshalb beschreibt dieser Abschnitt zunächst diese Organisationsformen. Darauf aufbauend erfolgt eine Erläuterung der Aspekte Mitarbeiterorientierung, Produktionssysteme und Digitalisierung. Sie haben sich heute als übergreifende Gestaltungsregeln in der Praxis durchgesetzt und sind deshalb für das Grundverständnis von Produktionsorganisationen erforderlich.

2.3.1Klassische Fertigungsformen

Im Laufe der industriellen Entwicklung haben sich mit der zunehmenden Stückzahl und Vielfalt der Erzeugnisse eine Fülle von Organisationsformen der Fertigung herausgebildet, die durch verschiedene Einflüsse eines Unternehmens geprägt sind (Bild 2.8).

Bild 2.8Einflussfaktoren auf die Organisationsform der Produktion (nach Vollmer, IPA Stuttgart)

Entscheidend sind dabei die strategischen Zielvorgaben, mit denen gegenüber dem Markt und den Kunden im Vergleich zur Konkurrenz eine Differenzierung erreicht werden soll. Die wichtigsten Anforderungen sind hier die Zielkosten, Qualität, Lieferzeit, sowie die erforderliche Flexibilität bei Veränderungen des Marktes (sog. Wandlungsfähigkeit) und der angebotenen Produkte sowie die Beachtung ökologischer Standards und Soziabilität im Sinne der Einfügung der Produktion in die örtliche Gemeinschaft.

Anforderungen aus den Gegebenheiten im Unternehmen selbst kommen aus dem Personalbereich mit Qualifikation, Kapazität und Entgeltsystem der Beschäftigten, den Erfordernissen der einzusetzenden Technologie und schließlich aus der Notwendigkeit, wirtschaftlich fertigen zu müssen, um die angestrebte Gewinnmarge zu erreichen.

Die technologischen Einflüsse stammen aus der konstruktiven Gestaltung der Einzelteile. Die geometrische Form der Teile und Erzeugnisse mit ihren Abmessungen und Toleranzen, der verwendete Werkstoff und die bearbeitungstechnische Ähnlichkeitsgrad untereinander bestimmen diese im Wesentlichen.

Aus den Merkmalsgruppen Strategie und Technologie ergeben sich schließlich aus Kostensicht die wirtschaftlichen Einflussgrößen:

       Deren Wichtigste ist die Losgröße der Fertigungsaufträge: Hierunter versteht man eine Anzahl gleicher Werkstücke, Baugruppen oder Erzeugnisse, die mit derselben Einrichtung und denselben Werkzeugen auf einer oder mehreren Bearbeitungsmaschinen in einem sogenannten Los hergestellt werden. Dabei versucht man, in optimalen Losgrößen zu fertigen. Diese bestimmen sich durch die Minimierung der Summe der Kosten, die zur Einrichtung der Maschine für ein Werkstück erforderlich sind und der Kosten für die Lagerhaltung und Kapitalbindung (s. auch Abschnitt 7.3.10).

       Weiterhin stellt sich jedem Unternehmen dauernd die Frage, ob es wirtschaftlicher ist, ein Teil oder eine Gruppe selbst zu fertigen oder zu kaufen (Make-or-Buy Strategie, s. auch Abschnitt 7.3.5), woraus sich die sogenannte Fertigungstiefe ergibt. Sie reicht von Unternehmen, die bis auf Normteile alles selbst herstellen, bis zu reinen Montageunternehmen, die zugekaufte Bauteile lediglich auftragsspezifisch zusammenbauen. Die Konzentration auf die Kernkompetenzen führt zum sogenannten Outsourcing, also der Fremdvergabe von unrentablen Tätigkeiten an externe Spezialisten.

Eine für die Organisationsform wichtige Einflussgröße ist ferner der sogenannte Wiederholcharakter oder Stückzahlcharakter einer Fertigung. Allgemein wird hier zunächst zwischen Einzelfertigung und Wiederholfertigung unterschieden:

       Die Einzelfertigung stellt Stückzahl eins her. Kommt dieses Produkt nur ein einziges Mal zum Verkauf (z. B. eine Versuchsanlage), spricht man auch von einer Einmalfertigung oder Unikatfertigung.

       Bei einer Wiederholung eines Auftrages, bei dem die für den ersten Auftrag gefertigten Zeichnungen, Arbeitspläne und Betriebsmittel überwiegend noch genutzt werden können, spricht man von einer Wiederholfertigung.

Die Wiederholfertigung wird wiederum feiner unterteilt:

       Die Mehrfachfertigung charakterisiert den Fall, dass das gleiche Teil oder Erzeugnis mehrfach unmittelbar hintereinander entsteht.

       Handelt es sich um ähnliche Erzeugnisse, also Varianten desselben Grundtyps, spricht man von einer Sorten- oder Variantenfertigung.

       Bei größeren Stückzahlen derselben Komponente ist der Begriff Serienfertigung üblich.

       Bei praktisch ununterbrochener Fertigung identischer Teile und Erzeugnisse über lange Zeiträume handelt es sich um die sogenannte Massenfertigung.

Diese Erscheinungsformen der Fertigung nennt man auch Fertigungstypen. Demgegenüber wird die räumliche Anordnung der Betriebsmittel zueinander, die Art des Durchlaufs der Werkstücke durch die Fertigung und die Einbindung des Menschen als Organisationstyp der Fertigung oder auch Fertigungsprinzip bezeichnet.

Unter Beachtung der geschilderten Randbedingungen entwickeln sich im Rahmen der Produktionsgestaltung und Fabrikplanung die Organisationseinheiten mit ihrem Vernetzungsgrad sowie ihrer Anordnung und Dimension. Einzelheiten dazu behandelt Abschnitt 5.7.3.

In der industriellen Praxis existiert eine nahezu unüberschaubare Vielfalt an Fertigungsprinzipien, nach denen die wesentlichen Systemkomponenten Werkstück, Mensch und Betriebsmittel einander zugeordnet sind, um den geschilderten Einflussfaktoren gerecht zu werden. Jedes reale Fertigungssystem lässt sich jedoch durch seine Bewegungsstruktur, seine räumliche Struktur sowie seine zeitliche und organisatorische Struktur beschreiben. Die Beweglichkeit oder Transportierbarkeit des Werkstückes kann infolge seiner Größe oder seines Gewichtes eingeschränkt sein, wie Beispiele aus dem Schwermaschinenbau, Stahl- und Schiffbau zeigen. Demgegenüber ist die Beweglichkeit des Menschen einerseits physiologisch bedingt eingeschränkt, und anderseits aber auch durch fehlende Qualifikation im Sinn eines Einsatzes an einem anderen Arbeitsplatz. Die Umsetzung eines Betriebsmittels wird durch sein Gewicht und seine Größe, aber auch durch besondere Anforderungen, wie z. B. Sonderfundamentierungen oder Emissionsschutzmaßnahmen, behindert.

Eine praxisnahe Einteilung der Organisationstypen ergibt sich, wenn man die räumliche Struktur von Fertigungsprinzipien betrachtet. Bild 2.9 führt die in der Industrie wesentlichen Fertigungsprinzipien nach ihrem Ordnungskriterium, den gebräuchlichen Bezeichnungen und ihrer räumlichen Struktur jeweils mit einigen Beispielen auf. Da die Fertigung nach dem Verrichtungsprinzip und die Fertigung nach dem Fließprinzip (auch Flussprinzip genannt) die weitaus häufigsten Organisationsformen darstellen, werden sie zuerst behandelt.

Bild 2.9Räumliche Struktur industrieller Fertigungsprinzipien

Die Fertigung nach dem Verrichtungsprinzip, auch funktionale Fertigung oder Werkstattfertigung genannt, ordnet die Arbeitsplätze nach den Bearbeitungsverfahren an (Bild 2.10 links). Die Werkstücke werden einzeln oder in Losen von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz transportiert. Das Verrichtungsprinzip besitzt den großen Vorteil der flexiblen Anpassung an unterschiedliche Werkstücke und deren Bearbeitungsfolgen. Nachteilig ist jedoch die lange Durchlaufzeit. Bild 2.10 rechts verdeutlicht dies anhand der zeitlichen Struktur des Durchlaufs eines Auftrags mit drei gleichen Werkstücken: Das einzelne Teil muss vor und nach jeder Bearbeitung warten, bis alle Teile des Loses bearbeitet sind. Das gesamte Los wandert erst dann zur nächsten Maschine und muss dort wieder warten, bis die in der Warteschlange vor ihm liegenden Aufträge abgearbeitet sind.

Bild 2.10Räumliche und zeitliche Struktur der Werkstattfertigung

Zur zahlenmäßigen Untermauerung des oben genannten Nachteils zeigt Bild 2.11 das Ergebnis einer Durchlaufzeitanalyse in einer Werkstattfertigung, wie sie in dieser und ähnlicher Form bis heute regelmäßig bestätigt wird [SK73]. In diesem konkreten Fall wurden die Werkstücke nur während 10 % der gesamten Durchlaufzeit bearbeitet, wobei in der Praxis oft ein noch niedrigerer Bearbeitungszeitanteil besteht.

Bild 2.11Aufteilung der Arbeitsvorgangs-Durchlaufzeit in einem metallverarbeitenden Betrieb (Stommel/Kunz)

Im Gegensatz zum Verrichtungsprinzip ist bei der Fließfertigung (durch Henry Ford in den USA eingeführt) die Fertigung nach den Arbeitsfolgen des Erzeugnisses aufgebaut und wird daher auch Erzeugnisprinzip oder Fließprinzip genannt (Bild 2.12 links). Bei dieser Fertigungsform ist die Durchlaufzeit der Teile sehr kurz, weil die Werkstücke nach einer Bearbeitungsoperation direkt zur nächsten Arbeitsstation transportiert werden und nicht auf die Fertigstellung anderer Teile warten müssen. Bild 2.12 rechts verdeutlicht den Ablauf anhand der Zeitstruktur einer Fließfertigung, deren einzelne Arbeitsstationen durch Pufferstrecken so miteinander verkettet sind, dass bei kleineren Störungen an einer einzelnen Arbeitsstation nicht sofort die ganze Anlage steht. Man bezeichnet diese Struktur als lose oder elastische Verkettung im Gegensatz zur starren Verkettung, die keine Zwischenpuffer zur vorübergehenden Aufnahme von Werkstücken enthält. Der Nachteil der Fließfertigung besteht darin, dass nicht alle Stationen gleich hoch ausgelastet sind und wegen der Einrichtung auf ein bestimmtes Werkstück die Anlage bei technischen Änderungen der Werkstücke meist nur mit großem Aufwand umzurüsten ist. Weiterhin wird die Fertigung der Teile dann teuer, wenn bei fehlendem Bedarf keine wirtschaftliche Auslastung der Betriebseinrichtungen möglich ist.

Bild 2.12Räumliche und zeitliche Struktur der Fließfertigung