Beweise, daß es böse ist - Donna Leon - E-Book

Beweise, daß es böse ist E-Book

Donna Leon

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Beschreibung

Als die 83jährige Maria Grazia Battestini ermordet in ihrer Wohnung aufgefunden wird, tragen nicht nur die Gondeln keine Trauer: Familie und Freunde gibt es keine, und die Nachbarn sind regelrecht erleichtert, als der Fernseher nicht mehr durch die Calli dröhnt. Nur Brunetti gibt keine Ruhe, bis er weiß, was sich hinter dem Tod der alten Frau verbirgt.

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Seitenzahl: 338

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Donna Leon

Beweise, daß es böse ist

Commissario Brunettis dreizehnter Fall

Roman Aus dem Amerikanischen von

Titel des Originals:

›Doctored Evidence‹

Die deutsche Erstausgabe erschien 2005

im Diogenes Verlag

Das Motto aus: Mozart, Così fan tutte,

in der Übersetzung von Hermann Levi,

Breitkopf und Härtel, Leipzig 1898

Umschlagfoto von

Gabriele Crozzoli (Ausschnitt)

aus ›Pavimenti a Venezia/The Floors of Venice‹,

Edizione Grafiche Vianello srl./

Vianello Libri, Treviso 1999

Für Alan Curtis

Alle Rechte vorbehalten

Copyright © 2012

Diogenes Verlag AG Zürich

www.diogenes.ch

ISBN Buchausgabe 978 3 257 23581 4 (7. Auflage)

ISBN E-Book 978 3 257 60073 5

Die grauen Zahlen im Text entsprechen den Seitenzahlen der im Impressum genannten Buchausgabe.

Signor dottore, Che si può far?

Ach ja, Herr Doktor, was raten Sie?

[7] 1

Sie war ein altes Ekel, und er haßte sie. Da er Arzt war und sie seine Patientin, drückte dieser Haß auf sein Gewissen, wenn auch nicht so schwer, daß er sie darum weniger gehaßt hätte. Wer so boshaft, habgierig und zänkisch war wie Maria Grazia Battestini – die zudem unentwegt über ihre Beschwerden klagte und über die wenigen Menschen, die ihre Gesellschaft noch ertrugen –, für den fand schließlich niemand, nicht einmal die großmütigste Seele, mehr ein gutes Wort. Der Pfarrer hatte sie schon lange aufgegeben, und ihre Nachbarn äußerten sich ablehnend, ja manchmal unverhohlen feindselig über sie. Ihre Familie blieb nur noch um der Erbschaft willen mit ihr in Kontakt. Er aber war Arzt und mithin zu seiner allwöchentlichen Visite verpflichtet, die sich freilich inzwischen auf eine flüchtige Erkundigung nach ihrem Befinden beschränkte und auf das rasche Messen von Puls und Blutdruck. In den fünf Jahren, die er nun schon zu ihr kam, war sie ihm so zuwider geworden, daß er es irgendwann aufgab, gegen seine Enttäuschung über das Ausbleiben jeglicher Krankheitssymptome anzukämpfen. Sie war mittlerweile über achtzig; nach Aussehen und Gebaren hätte man ihr gut und gern zehn Jahre mehr gegeben, und doch würde sie ihn, ja sie alle miteinander überleben.

Er hatte einen Schlüssel und war es gewohnt, sich selbst einzulassen. Das Haus, ein dreistöckiges Gebäude, gehörte ihr allein. Und obwohl nur mehr ein Teil der zweiten Etage bewohnt war, erhielt sie in ihrer Bosheit und Raffgier die [8] Fiktion aufrecht, sie würde alle Räumlichkeiten nutzen, bloß um zu verhindern, daß die Tochter ihrer Schwester Santina im Stockwerk über oder unter ihr einzog. Er hätte nicht sagen können, wie oft sie in den Jahren seit dem Tod ihres Sohnes wüste Beschimpfungen gegen ihre Schwester ausgestoßen und ihm beteuert hatte, welche Genugtuung es ihr bereite, die Ansprüche ihrer Familie auf das Haus zu vereiteln. Die Gehässigkeit, mit der sie von ihrer Schwester sprach, hatte seit der gemeinsamen Kindheit ständig neue Nahrung bekommen.

Er drehte den Schlüssel nach rechts, und weil venezianische Türen die Eigenart haben, nicht gleich beim ersten Versuch nachzugeben, zog er unwillkürlich die Klinke an. Dann stieß er die Tür auf und betrat den schummrigen Hausflur. Kein Sonnenstrahl durchdrang die verkrustete Schmutz- und Fettschicht, die sich jahrzehntelang auf den beiden schmalen Fenstern über dem Eingang abgelagert hatte. Dem Doktor fiel die schlechte Beleuchtung schon gar nicht mehr auf, und da Signora Battestini es seit Jahren nicht mehr die Treppe hinunter schaffte, würden die Fenster wohl auf absehbare Zeit ungeputzt bleiben. Die Feuchtigkeit, die in den Mauern nistete, hatte die Stromleitungen angegriffen, aber sie weigerte sich, einen Elektriker zu bezahlen, und so hatte er es sich abgewöhnt, den Lichtschalter zu betätigen.

Beschwingten Schrittes machte er sich auf den Weg nach oben. Für den heutigen Vormittag war dies sein letzter Hausbesuch; sobald er die alte Schreckschraube versorgt hatte, würde er sich einen Aperitif genehmigen und anschließend zum Mittagessen gehen. Er mußte erst wieder [9] um fünf zur Sprechstunde in seine Praxis und war froh, daß ihm die Klagen seiner Patienten und der Anblick ihrer verbrauchten, aufgedunsenen Körper solange erspart bleiben würden.

Auf dem zweiten Treppenabsatz fiel ihm unversehens die neue Haushaltshilfe ein – wohl eine Rumänin, so jedenfalls hatte er die Alte verstanden, und es blieb ja keine lange genug, als daß er sich ihren Namen hätte merken können –, aber nun hoffte er, die neue würde eine Ausnahme machen. Seit ihrer Ankunft war die alte Xanthippe zumindest immer gewaschen und stank nicht mehr nach Urin. Im Lauf der Jahre hatte er die Mädchen kommen und gehen sehen; kommen, weil die Aussicht auf Arbeit und Lohn sie anlockte, auch wenn sie dafür eine Signora Battestini sauberhalten und füttern und ihre unablässigen Beschimpfungen ertragen mußten; gehen, weil eine jede irgendwann so ausgelaugt war, daß selbst die bitterste Not nicht so schwer wog wie die boshaften Attacken der Alten.

Als wohlerzogener Mensch klopfte er an der Wohnungstür; eine Artigkeit, die sich eigentlich erübrigte, da der plärrende Fernseher, der bis auf die Straße hinaus zu hören war, sein Pochen gewiß übertönte: Selbst die jüngeren Ohren der Rumänin – wie hieß sie doch gleich? – bemerkten sein Kommen nur selten.

Er nahm den zweiten Schlüssel, drehte ihn zweimal im Schloß und betrat die Wohnung. Wenigstens war es jetzt reinlich hier. Einmal, ungefähr ein Jahr nach dem Tod ihres Sohnes, hatte sich über eine Woche lang niemand blicken lassen, und die alte Frau war ganz auf sich allein gestellt. Er erinnerte sich bis heute an den Gestank, der ihm [10] entgegenschlug, als er beim nächsten seiner damals vierzehntägigen Besuche die Tür aufgesperrt hatte und in der Küche einen Tisch voller Schüsseln und Teller mit verdorbenen Speisen fand, die in der brütenden Julihitze vor sich hin faulten. Und an den Anblick des von Fettwülsten gepanzerten Körpers der Alten, wie sie nackt und mit Essensresten besudelt in einem Sessel vor dem ewig plärrenden Fernseher hockte. Damals war sie, vollkommen dehydriert und geistig verwirrt, im Krankenhaus gelandet, wo man ihrer freilich schon nach drei Tagen überdrüssig wurde und sie, ihrem eigenen Wunsch gemäß, nur zu gern nach Hause entließ. Dann war die Ukrainerin gekommen, die einen knappen Monat später mitsamt einem silbernen Serviertablett verschwand, und seine Visiten wurden auf einmal pro Woche erhöht. Ansonsten hatte sich nichts verändert: Das Herz der Alten schlug weiter, ihre Lunge sog unverdrossen die stickige Wohnungsluft ein, und die Fettwülste wurden immer dicker.

Der Tisch am Eingang, auf dem er seine Tasche abstellte, war erfreulich sauber, ein sicheres Zeichen dafür, daß die Rumänin immer noch da war. Er nahm das Stethoskop, hakte es hinter die Ohren und ging ins Wohnzimmer.

Wäre der Fernseher nicht gelaufen, hätte er das Geräusch vermutlich schon vom Flur aus gehört. Aber auf dem Bildschirm verlas die mehrfach geliftete Blondine mit den Shirley-Temple-Locken gerade den Verkehrsbericht, warnte die Autofahrer im Veneto vor den zu erwartenden Behinderungen durch traffico intenso auf der A4 und übertönte das emsige Summen der Fliegen, die geschäftig den Kopf der Alten umschwirrten.

[11] An den Anblick toter Greise war er gewöhnt, nur ging das Sterben im hohen Alter normalerweise gesitteter vonstatten als hier. Alte Menschen scheiden leise aus der Welt oder qualvoll, je nachdem, aber weil sie den Tod kaum noch als Bedrohung empfinden, widersetzen sich ihm die wenigsten mit Gewalt. Das hatte auch sie nicht getan.

Wer immer sie getötet hatte, mußte sie völlig überrumpelt haben, denn die leere Tasse und die Fernbedienung auf dem Tisch neben ihr waren unversehrt geblieben. Die Fliegen kreisten rastlos zwischen einer Schale mit frischen Feigen und Signora Battestinis Kopf. Die Arme der Toten waren nach vorne ausgestreckt, die linke Wange berührte den Boden. Die Wunde am Hinterkopf erinnerte ihn an einen Fußball, den der Hund seines Sohnes einmal so zerbissen hatte, daß zur Hälfte die Luft entwich. Im Gegensatz zum Kopf der Alten hatte die Hülle jedoch keinen Schaden genommen; nichts war ausgelaufen.

Er blieb in der Tür stehen und ließ den Blick suchend durch den Raum schweifen. Allein er war so benommen, daß er nicht recht wußte, wonach. Vielleicht nach dem Leichnam der Rumänin; vielleicht fürchtete er auch, daß plötzlich aus einem anderen Zimmer der Mörder auftauchen könnte. Doch nein, dem war, wie ihm die Fliegen verrieten, reichlich Zeit zur Flucht geblieben. Endlich drang der Klang einer menschlichen Stimme in sein Bewußtsein, und er schaute auf, aber alles, was er erfuhr, war, daß sich auf der A3 unweit von Cosenza ein Unfall mit einem Laster ereignet hatte.

Er durchquerte das Zimmer und stellte den Fernseher ab. Die Stille, die nun den Raum erfüllte, war weder [12] gedämpft noch pietätvoll. Er überlegte, ob er in den anderen Zimmern nach der Rumänin suchen sollte, um ihr, sofern sie noch am Leben war, Beistand zu leisten. Statt dessen ging er zurück in den Flur, nahm das telefonino aus seiner Tasche, wählte die 113 und meldete einen Mord in Cannaregio.

Die Polizei hatte wenig Mühe, das Haus zu finden, denn der Arzt hatte am Telefon erklärt, die Wohnung des Opfers befände sich am Anfang der calle rechts vom Palazzo del Cammello. Geschmeidig legte die Barkasse am Südufer des Canale della Madonna an. Zwei uniformierte Beamte sprangen ans Ufer, von denen einer sich gleich wieder zum Boot hinunterbeugte und den drei Kriminaltechnikern beim Entladen ihrer Ausrüstung half.

Inzwischen war es fast eins geworden. Den Männern rann der Schweiß von der Stirn, und bald klebten ihnen die Jacken am Leib. Während sie über die Hitze fluchten und sich ein ums andere Mal den Schweiß abtrockneten, schleppten vier von den fünfen die Ausrüstung zur Calle Tintoretto und weiter bis zu dem Haus, vor dem ein hochgewachsener, schlanker Mann sie erwartete.

»Dottor Carlotti?« fragte der Uniformierte, der beim Entladen des Bootes nicht mit angefaßt hatte.

»Ja.«

»Sie haben uns angerufen?« Beide Männer wußten, daß die Frage überflüssig war.

»Ja.«

»Können Sie mir Näheres sagen? Warum waren Sie hier?«

»Ich wollte zu einer Patientin – ich besuche sie einmal die [13] Woche –, Maria Grazia Battestini, und als ich in die Wohnung ging, fand ich sie am Boden. Tot.«

»Sie haben einen Schlüssel?« Die Frage klang ganz unbeteiligt, und doch war der Argwohn dahinter spürbar.

»Ja, schon seit ein paar Jahren. Wie ich von vielen meiner Patienten Schlüssel habe«, sagte Carlotti und stockte beklommen, als ihm klar wurde, daß der Nachsatz in den Ohren eines Polizisten wohl wie eine Rechtfertigung klang.

»Würden Sie mir genau schildern, was Sie vorgefunden haben?« fragte der Uniformierte.

Seine Kollegen hatten unterdessen ihre Gerätschaften im Hausflur deponiert und schickten sich an, die restlichen Sachen vom Boot zu holen.

»Sie ist tot. Ermordet.«

»Wieso sind Sie so sicher, daß es Mord war?«

»Weil ich die Leiche gesehen habe«, versetzte Carlotti und ließ es dabei bewenden.

»Haben Sie auch eine Ahnung, wer sie ermordet haben könnte, Dottore?«

»Nein, was den Täter angeht – also über ihn weiß ich natürlich nichts«, sagte der Arzt mit Nachdruck. Aber was empört klingen sollte, wirkte nur angespannt.

»Ihn?«

»Was?« fragte Carlotti.

»Sie sagten ›ihn‹, Dottore. Ich wüßte gern, wieso Sie glauben, daß ein Mann die Tat begangen hat.«

Carlotti setzte zu einer Entgegnung an, doch die verbindlichen Worte, die er zu formen suchte, entglitten ihm, und statt dessen erklärte er unwirsch: »Schauen Sie sich ihren Kopf an, und dann sagen Sie mir, das hätte eine Frau getan.«

[14] Er war selbst verwundert über seinen Zorn oder vielmehr die Wucht, mit der er sich entlud. Dabei waren es nicht die Fragen des Polizisten, die ihn wütend machten, sondern der Umstand, daß er sich dadurch verunsichern ließ. Er hatte doch nichts Unrechtes getan, hatte nur zufällig den Leichnam der alten Frau entdeckt, und trotzdem flößte jede Berührung mit der Obrigkeit ihm Furcht ein und die Gewißheit, daß man ihm etwas anhängen würde. Zu was für Memmen wir uns entwickelt haben, schoß es ihm durch den Kopf, aber dann fragte der Polizist: »Wo ist sie?«

»Im zweiten Stock.«

»Haben Sie die Tür offengelassen?«

»Ja.«

Der Polizist betrat den Flur, wohin die anderen sich vor der Sonne geflüchtet hatten, und wies mit dem Kinn nach oben. An den Arzt gewandt, sagte er: »Sie kommen bitte mit rauf.«

Carlotti folgte den Beamten, entschlossen, sowenig wie möglich zu sagen und sich vor allem nicht einschüchtern zu lassen. Er war mit dem Tod vertraut, und der Anblick der Leiche, so schrecklich sie auch zugerichtet war, hatte ihn weniger verstört als seine instinktive Scheu vor irgendwelchen Unannehmlichkeiten mit der Polizei.

Oben angelangt, betraten die Polizisten die Wohnung, ohne anzuklopfen; der Arzt wartete lieber draußen auf dem Treppenabsatz. Zum erstenmal seit fünfzehn Jahren überfiel ihn ein so starkes Verlangen nach einer Zigarette, daß er spürte, wie sein Herzschlag sich beschleunigte.

Er hörte die Beamten in der Wohnung umhergehen und verstand, was sie einander zuriefen, obwohl er gar nicht [15] versuchte zu lauschen. Die Stimmen wurden leiser, als die Männer ins nächste Zimmer vorrückten, dorthin, wo die Leiche lag. Carlotti trat ans Fenster und lehnte sich achtlos an den schmutzstarrenden Sims. Er fragte sich, wozu er hier eigentlich noch gebraucht wurde, und nur sein Widerwille, die Wohnung noch einmal zu betreten, hielt ihn davon ab, Bescheid zu sagen, man könne ihn, wenn nötig, in seiner Praxis erreichen.

Nach einer Weile kam der Uniformierte, der mit ihm gesprochen hatte, auf den Flur hinaus. In der plastikbehandschuhten Hand schwenkte er einige Papiere. »Hatte die Signora jemanden bei sich wohnen?« fragte er.

»Ja.«

»Wen?«

»Eine Haushaltshilfe. Ich weiß nicht, wie sie heißt, aber ich glaube, sie stammt aus Rumänien.«

Der Polizist hielt ihm ein Blatt unter die Nase. Es war ein handschriftlich ausgefülltes Formular, und die Frau mit dem runden Gesicht auf dem Paßfoto in der linken unteren Ecke mochte die Rumänin sein. »Ist das die Frau?« fragte der Beamte.

»Ich glaube schon«, antwortete Dottor Carlotti.

»Florinda Ghiorghiu«, las der Polizist von dem Formular ab, und da fiel es auch dem Arzt wieder ein.

»Ja, Flori«, bestätigte er und fragte gespannt: »Ist sie da drin?« Hoffentlich kam es der Polizei nicht seltsam vor, daß er nicht nach ihr gesucht hatte, und hoffentlich hatten sie jetzt nicht auch ihren Leichnam gefunden.

»Kaum«, antwortete der Polizist merklich gereizt. »Von ihr fehlt jede Spur, aber die Wohnung ist völlig verwüstet. [16] Jemand hat alles durchwühlt und bestimmt alles Wertvolle mitgehen lassen.«

»Sie glauben…« hob Carlotti an, doch der Polizist fiel ihm ins Wort.

»Ja, natürlich!« konterte er so heftig, daß der Arzt erschrocken zurückwich. »Die aus den Ostblockstaaten sind doch alle gleich. Lauter Geschmeiß.« Bevor Carlotti etwas einwenden konnte, hatte der Polizist sich so in Rage geredet, daß er die Worte förmlich ausspie. »In der Küche liegt eine blutverschmierte Schürze. Klarer Fall: Die Rumänin hat sie umgebracht.« Und dann, wie in einem Nachruf auf Maria Grazia Battestini, den Dottor Carlotti ihr wahrscheinlich nicht gewährt hätte, seufzte er noch: »Arme alte Frau.«

[17] 2

Der Beamte, der die Ermittlungen leitete, Tenente Scarpa, entließ Dottor Carlotti mit der Weisung, er dürfe ohne polizeiliche Erlaubnis die Stadt nicht verlassen. Scarpas Ton verriet dabei einen so unmißverständlichen Schuldverdacht, daß Carlotti der Protest auf den Lippen erstarb und er wortlos verschwand.

Als nächstes erschien Dottor Ettore Rizzardi, medico legale der Stadt Venedig, dem es oblag, das Opfer für tot zu erklären und erste Angaben zur mutmaßlichen Tatzeit zu machen. Nüchtern, wenn auch mit übertriebener Höflichkeit gegen Tenente Scarpa, konstatierte Rizzardi, daß Signora Battestini offenbar an mehreren Schlägen auf den Kopf gestorben sei, ein Befund, den, so meinte er, die Obduktion bestätigen würde. Weiter befand Dr. Rizzardi, nachdem er die Temperatur der Leiche gemessen hatte, der Tod sei, ungeachtet der Fliegen, wahrscheinlich vor zwei bis vier Stunden eingetreten, also irgendwann zwischen zehn und zwölf Uhr morgens. Und nach einem Blick auf Scarpas abschätzige Miene setzte der Gerichtsmediziner hinzu, daß er nach der Obduktion präzisere Angaben machen könne, es aber für höchst unwahrscheinlich halte, daß die Frau länger als vier Stunden tot sei. Zur Mordwaffe wollte Rizzardi vorerst nicht mehr sagen, als daß es sich um einen schweren Gegenstand mit gekerbten oder kantigen Ecken handle, vielleicht aus Metall, vielleicht auch aus Holz. Er traf diese Aussage ohne Kenntnis der blutverschmierten Bronzestatue des [18] unlängst seliggesprochenen Padre Pio, die in einer durchsichtigen Plastiktüte auf den Abtransport ins Labor wartete, wo man sie auf Fingerabdrücke untersuchen würde.

Nachdem der Leichnam äußerlich begutachtet und fotografiert worden war, ließ Scarpa ihn zur Obduktion ins Ospedale Civile bringen und mahnte Rizzardi zur Eile. Die Kriminaltechniker wies er an, sich die Wohnung vorzunehmen, auch wenn das, nach dem wüsten Durcheinander zu schließen, schon andere besorgt hatten. Er selbst machte sich nach Rizzardis stummem Abgang in dem Hinterzimmer auf Spurensuche, das offenbar Florinda Ghiorghiu als Schlafraum gedient hatte. Während im Wohnzimmer das Oberste zuunterst gekehrt war, hatte dieses triste Gelaß, kaum größer als eine Besenkammer, den Täter offenbar nicht interessiert. Die Einrichtung beschränkte sich auf ein schmales Bett und ein Regal mit einem abgewetzten Vorhang, der ursprünglich wohl als Tischtuch gedient hatte. Dahinter fand Scarpa zwei zusammengefaltete Blusen und zweimal Unterwäsche zum Wechseln. Ein Paar schwarze Turnschuhe standen ordentlich nebeneinander am Boden. Auf dem Fenstersims über dem Bett entdeckte er ein Foto von drei kleinen Kindern in einem billigen Papprahmen und ein Buch, das er nicht weiter beachtete. Ein kartonierter Ordner enthielt Fotokopien von Personalpapieren: die ersten beiden Seiten von Florinda Ghiorghius rumänischem Paß sowie Duplikate ihrer italienischen Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis. Laut Ausweis war sie 1953 geboren und von Beruf »Haushaltshilfe«. Beigefügt war eine nur zur Hälfte entwertete Rückfahrkarte zweiter Klasse für die Strecke Bukarest – Venedig. Da sich in dem Raum weder [19] Tisch noch Stuhl befand, war die Durchsuchung hiermit abgeschlossen.

Tenente Scarpa zückte sein telefonino, erfragte bei der Questura die Nummer der Grenzpolizei in Villa Opicina und meldete sich dort mit Namen und Dienstgrad. Dann schilderte er in knappen Worten den Mord und erkundigte sich, wann der nächste Zug aus Venedig die Grenze passieren würde. Möglicherweise sitze die Tatverdächtige in ebendiesem Zug, erklärte er und wies nachdrücklich darauf hin, daß es sich bei der Gesuchten um eine Rumänin handle, die man, falls ihr die Flucht in ihr Heimatland gelänge, schwerlich wieder ausliefern würde, weshalb man sie unter allen Umständen noch vor der Grenze abfangen müsse.

Nachdem er versprochen hatte, den Kollegen ihr Foto durchzufaxen, sobald er wieder in der Questura war, unterstrich der Tenente noch einmal die Brutalität des Verbrechens und legte auf.

Die weitere Spurensuche am Tatort überließ Scarpa den Kriminaltechnikern und befahl dem Bootsmann, ihn zur Questura zurückzubringen, von wo er Florinda Ghiorghius Ausweis an die Grenzpolizei faxte. Das Foto würde hoffentlich erkennbar in Villa Opicina ankommen. Anschließend begab Tenente Scarpa sich zu seinem Vorgesetzten, Vice-Questore Giuseppe Patta, um ihm zu melden, wie zügig Gewaltverbrechen in seiner Stadt verfolgt würden.

Als das Fax in Villa Opicina eintraf, telefonierte der diensthabende Offizier der Grenzpolizei, Capitano Luca Peppito, bereits mit dem capostazione der Bahnstation und wies ihn an, den Zagreb-Express aufzuhalten, damit er und seine Männer den Zug nach einer heimtückischen [20] Mörderin durchsuchen könnten, die im Begriff sei, außer Landes zu fliehen. Peppito legte den Hörer auf, vergewisserte sich, daß seine Pistole geladen war, und ging hinunter, um seine Männer zusammenzutrommeln.

Zwanzig Minuten später lief der Intercity nach Zagreb in den Grenzbahnhof ein, wo normalerweise nur ein kurzer Halt für Lokomotivenwechsel und Paßkontrolle vorgesehen war. Dagegen geriet die Zollkontrolle zwischen diesen beiden Kleindarstellern auf der Bühne des vereinten Europas in den letzten Jahren mehr und mehr zur bloßen Formsache; ab und zu kassierte man noch die Gebühr für eine Stange Zigaretten oder eine Flasche Grappa, deren Ein- bzw. Ausfuhr indes keines der beteiligten Länder mehr um seinen wirtschaftlichen Fortbestand bangen ließ.

Peppito hatte seine Männer an beiden Enden des Zuges postiert und hielt zusätzlich eine Doppelstreife am Bahnhofseingang in Bereitschaft; allen war eingeschärft worden, daß sie keinen weiblichen Passagier ohne gründliche Überprüfung der Papiere durchlassen dürften.

Drei Männer stiegen in den letzten Wagen ein und arbeiteten sich nach vorne vor. Abteil für Abteil kontrollierten sie systematisch jeden Fahrgast und ließen auch die Toiletten nicht aus, während Peppito ihnen von der Zugspitze her mit zwei Beamten entgegenrückte.

Peppitos Sergente war es, der die Gesuchte auf einem Fensterplatz eines Zweite-Klasse-Abteils entdeckte, gleich im ersten Wagen hinter der Lokomotive. Fast hätte er sie übersehen, weil sie, den Kopf ans Fenster gelehnt, schlief oder sich schlafend stellte. Aber das breitflächige, slawische Gesicht fiel ihm doch auf, ebenso wie die gedrungene, [21] muskulöse Statur, die man bei osteuropäischen Frauen weit häufiger antrifft als im Westen. Außer ihr saßen noch zwei Reisende im Abteil, ein beleibter Mann mit rotem Kopf, der eine deutschsprachige Zeitung las, und ein älterer Herr, der über einem Worträtsel in der Settimana Enigmistica brütete. Peppito schob die Tür so schwungvoll zurück, daß sie gegen den Rahmen krachte, was die Schlafende erschrocken auffahren ließ. Verwirrt blickte sie um sich. Die beiden Männer sahen zu den uniformierten Beamten hoch. »Sì?« fragte der ältere leicht gereizt.

»Signori, verlassen Sie das Abteil«, befahl Peppito, und um jedem Einwand zuvorzukommen, strich er mit der Rechten über den Schaft seiner Pistole. Das genügte, und die Männer räumten unverzüglich das Feld, ja versuchten nicht einmal, ihre Koffer mitzunehmen. Offenbar in dem Glauben, der Befehl gelte auch für sie, erhob sich die Frau am Fenster.

Doch als sie sich an Peppito vorbeizwängen wollte, packte der sie mit festem Griff am linken Unterarm. »Papiere, Signora!« verlangte er herrisch.

Sie sah unter flatternden Lidern zu ihm auf. »Cosa?« fragte sie ängstlich.

»Documenti!« wiederholte er lauter.

Sie lächelte nervös; eigentlich verzog sie nur beschwichtigend die Gesichtsmuskeln, zum Zeichen, wie harmlos und gutwillig sie sei. Aber er sah wohl, daß ihr Blick den Gang entlang und zur Waggontür huschte. »Sì, sì, Signore. Momento. Momento«, stammelte sie mit so schwerem Akzent, daß die Worte fast unverständlich waren.

In ihrer rechten Hand baumelte eine Plastiktüte. »La [22]borsa«, sagte Peppito und zeigte auf die Tüte, die von Billa und eigentlich für Lebensmittel bestimmt war.

Auf seine Geste hin ließ sie die Tüte hastig hinter dem Rücken verschwinden. »Mia, mia«, beteuerte sie ihr Eigentumsrecht, aber ihre Körpersprache verriet Angst.

Sie machte eine Kehrtwendung, doch Peppito war ein kräftiger Mann, dem es mühelos gelang, sie wieder zu sich herzudrehen. Dann ließ er ihren Arm los und entwand ihr die Tüte. Die aber enthielt nichts außer zwei reifen Pfirsichen und einer Geldbörse. Peppito nahm die Börse heraus und ließ die Tüte fallen. Forschend sah er die Frau an, deren Gesicht so weiß geworden war wie ihr Haaransatz. Als er das kleine Plastikportemonnaie aufmachte, quollen ihm die Hunderteuronoten nur so entgegen.

Einer seiner Männer war unterwegs, um den Kollegen zu melden, daß man die Gesuchte dingfest gemacht habe, und der andere erklärte den beiden Fahrgästen draußen im Gang, sobald die Frau aus dem Zug geschafft sei, könnten sie in ihr Abteil zurück.

Peppito ließ die Geldbörse zuschnappen und wollte sie in seine Jackentasche stecken. Die Frau fiel ihm in den Arm, aber Peppito schlug ihre Hand weg und rief den Männern im Gang etwas zu. Er stand lässig vorgebeugt in der offenen Abteiltür, und als die Frau sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen ihn warf, taumelte er auf den Gang hinaus, wo er die Balance verlor und zur Seite fiel. Die Frau nützte ihre Chance, schlüpfte an ihm vorbei und lief auf die offene Waggontür zu. Peppito rappelte sich fluchend wieder hoch, aber da war sie schon die Stufen hinunter und rannte neben dem Zug den Bahnsteig entlang.

[23] Peppito und sein Sergente setzten ihr nach und sprangen, die Pistole im Anschlag, auf den Perron. Die Frau, die schon an der Lokomotive vorbei war, wandte im Laufen den Kopf zurück. Beim Anblick der Waffen stieß sie einen Schreckensschrei aus und wechselte vom Bahnsteig ins Gleisbett hinunter. Von fern ließ sich, sofern man nicht vor lauter Angst wie betäubt war, das Herannahen eines Güterzuges vernehmen, der von Ungarn kommend südwärts fuhr.

Die Grenzer und ihre lauten Rufe folgten der Fliehenden. Sie hob den Kopf, sah den Zug, schaute zurück, um die Entfernung zwischen sich und ihren Verfolgern abzuschätzen, und beschloß, der Gefahr zu trotzen. Sich hart neben den Gleisen haltend, hastete sie ein Stück weiter vorwärts, schlug dann unvermittelt einen Haken und sprang nur wenige Meter vor dem nahenden Zug nach links. Die Grenzer schrien auf, und der Pfiff der Lokomotive ertönte im selben Moment, da das Kreischen der Bremsen die Luft zerriß. Vielleicht war es der gellende Lärm, der die Frau ins Straucheln brachte; vielleicht setzte sie auch nur den Fuß auf die Schiene statt in den Schotter. Jedenfalls fiel sie, aus welchem Grund auch immer, auf die Knie, raffte sich indes sofort wieder auf und machte einen Satz nach vorn. Zu spät, wie die Grenzer aus der größeren Entfernung vorausgesehen hatten; im nächsten Moment wurde sie von der Lokomotive erfaßt.

Peppito sprach nie wieder über das, was dann geschah, wenigstens nicht, nachdem er es an diesem Nachmittag in seinem Bericht festgehalten hatte. Genausowenig wie der Beamte in seiner Begleitung oder die Besatzung des [24] Güterzuges, obgleich einer von denen so etwas schon einmal erlebt hatte, drei Jahre zuvor, unweit von Budapest.

Die Zeitungen berichteten später, in der Tasche der Frau seien siebenhundert Euro sichergestellt worden. Signora Battestinis Nichte sagte aus, sie habe tags zuvor, ausgestattet mit der entsprechenden Vollmacht, die Pension der Tante beim Postamt abgeholt und ihr nach Hause gebracht: siebenhundertzwölf Euro.

So, wie die Leiche der Rumänin zugerichtet war, sah man davon ab, sie nach Blutspuren von Signora Battestini zu untersuchen. Einer ihrer Mitreisenden sagte aus, sie habe sehr verstört gewirkt, als sie in Venedig zugestiegen sei, sich aber merklich beruhigt, je weiter der Zug sich von der Lagunenstadt entfernte. Und der zweite wußte zu berichten, daß sie die Plastiktüte nicht aus der Hand gelassen und sogar zur Toilette mitgenommen habe.

In Ermangelung anderer Verdächtiger erklärte man die Tote aus dem Zug für die mutmaßliche Mörderin und kam überein, die Tatkraft der Polizei nicht weiter mit überflüssigen Ermittlungen zu vergeuden. Nach offizieller Lesart war der Fall damit nicht abgeschlossen, sondern nur auf Eis gelegt: Wenn man den Dingen ihren Lauf ließ, würde er ganz von allein in Vergessenheit geraten und mit der Zeit ebenso zu Makulatur werden wie die Schlagzeilen, die der Mord und die Flucht der Rumänin vorerst noch machten.

Die Behörden bemühten sich immerhin, das für den Mord an Maria Grazia Battestini relevante Material aus ihrem Umfeld zusammenzutragen. Ihre Nichte sagte aus, die Rumänin, die sie nur als Flori gekannt habe, sei zum Zeitpunkt des Verbrechens vier Monate bei ihrer Tante [25] gewesen. Nein, die Nichte hatte sie nicht eingestellt: Dafür war die Anwältin ihrer Tante zuständig. Wie sich herausstellte, betreute Dottoressa Roberta Marieschi eine ganze Reihe von Senioren als Rechtsbeistand und beschaffte ihnen bei Bedarf gern auch Haushaltshilfen oder Zugehfrauen, vornehmlich aus Rumänien, wo sie mit verschiedenen Wohlfahrtsorganisationen zusammenarbeitete.

Dottoressa Marieschi wußte nicht mehr über Florinda Ghiorghiu als was in ihrem Paß stand, von dem auch sie eine Kopie verwahrte. Das Original wurde in einem Leibgürtel sichergestellt, den die Rumänin um die Taille trug, und erwies sich, sobald man das Dokument gereinigt und untersucht hatte, als Fälschung, und nicht einmal eine besonders gute. Dem Polizisten, der Dottoressa Marieschi dazu befragte, antwortete sie, es sei nicht ihre Aufgabe, die Gültigkeit eines von der Einwanderungsbehörde für echt befundenen Passes nachzuprüfen. Sie kümmere sich nur darum, für die Inhaberin besagten Passes – den die Einwanderungsbehörde für echt befunden hat,wie sie genüßlich wiederholte – unter ihren Klienten einen geeigneten Arbeitgeber zu finden.

Florinda Ghiorghiu habe sie nur einmal getroffen, vor vier Monaten, als sie die Frau zu Signora Battestini gebracht und die beiden miteinander bekannt gemacht habe. Danach habe es keinen Kontakt mehr gegeben. Ja, Signora Battestini hatte sich über die Rumänin beschwert, aber Signora Battestini beschwerte sich immer über die Hilfen, die man ihr schickte.

Da der Fall offiziell noch nicht abgeschlossen war, erhielt die Nichte auch keine Antwort auf ihre wiederholte [26] Frage, wie lange die Wohnung ihrer Tante erkennungsdienstlich behandelt und wann sie wieder freigegeben werde. Irgendwann wurde sie die Warterei leid und wandte sich an Dottoressa Marieschi, die ihr versicherte, aus dem Testament ihrer Tante gehe einwandfrei hervor, daß sie als Alleinerbin über das gesamte Haus verfügen könne. Eine Woche nach Signora Battestinis Tod trafen sich die beiden Frauen, um ausführlich über die Rechtslage zu beraten. Von der Anwältin ermutigt, begab sich die Nichte tags darauf in die Wohnung und veranstaltete ein Großreinemachen. Was immer ihr wertvoll oder wichtig erschien, wanderte, in Kartons verpackt, auf den Dachboden. Ausrangierte Kleider und nutzlosen Kleinkram stopfte sie in große Plastikmüllsäcke, die vor der Haustür abgestellt wurden. Schon am nächsten Tag rückten die Maler an, denn Dottoressa Marieschi hatte die Erbin davon überzeugt, daß sie ein lukratives Geschäft machen könne, wenn sie die Wohnung renoviert und neu eingerichtet in wöchentlichem Turnus an Touristen vermietete. Um geeignete Abnehmer wollte die Anwältin sich gerne kümmern, und nein, wenn die Verträge mündlich geschlossen würden und die Zahlungen in bar erfolgten, sah sie keinen Grund, diese Einkünfte dem Finanzamt zu melden. Nach einer weiteren Konsultation mit Dottoressa Marieschi, die ihr eine sagenhafte Rendite in Aussicht stellte, fand sich die Nichte bereit, auch die übrigen Wohnungen des Hauses zu renovieren.

So viel zum Stand der Dinge knapp drei Wochen nach dem Tod von Maria Grazia Battestini. Ihre irdischen Güter waren auf den Dachboden verbannt, lieblos in Kartons [27]

[28] 3

Eigentlich waren alle Beteiligten mit der Situation zufrieden: die Polizei, die den Fall zwar nicht aufgeklärt, aber doch so gut wie ad acta gelegt hatte; Signora Battestinis Nichte, Graziella Simionato, der sich mit dem Erbe eine ebenso bequeme wie willkommene neue Erwerbsquelle erschloß; und nicht zuletzt Roberta Marieschi, die sich zu dem eleganten Schachzug gratulierte, mit dem es ihr gelungen war, die Familie Battestini weiterhin an ihre Kanzlei zu binden. Zweifellos wäre auch alles so geblieben, wenn nicht der mächtige Hausgott Venedigs, ja aller Städte und Gemeinwesen, dazwischengefunkt hätte: der Klatsch.

Am Spätnachmittag des dritten Sonntags im Augustgingen im zweiten Stock eines Hauses am Canale della Misericordia, nicht weit vom Palazzo del Cammello, die Fensterläden auf. Assunta Gismondi, die Wohnungsinhaberin, lebte von Geburt an in Venedig, auch wenn die gelernte Grafikdesignerin inzwischen hauptsächlich für ein Architekturbüro in Mailand arbeitete. Als sie die Läden zurückgeschlagen hatte, um die dumpfige Luft aus der Wohnung zu vertreiben, und ihr Blick sich aus jahrelanger Gewohnheit auf die Fenster jenseits des Kanals richtete, sah sie überrascht, aber sicher nicht enttäuscht, daß drüben im zweiten Stock die Läden geschlossen waren.

Signora Gismondi packte den Koffer aus, hängte ein paar Kleidungsstücke auf und stopfte andere in die Waschmaschine. Sie schaute die Post durch, die sich während ihres [29] dreiwöchigen Londonaufenthalts angesammelt hatte, und las die eingegangenen Faxe. Den Computer schaltete sie gar nicht erst ein; dank des regen E-Mail-Verkehrs mit ihrem Liebsten und auch mit der Firma, der sie ihren Fortbildungskurs verdankte, hielt sich ihre Neugier auf irgendwelche neuen Nachrichten, die in ihrer Abwesenheit auf dem heimischen PC eingegangen waren, in Grenzen. Statt dessen nahm sie ihre Einkaufstasche und machte sich auf den Weg ins Billa an der Strada Nuova, dem einzigen Laden, in dem auch sonntags um diese Zeit noch alle nötigen Zutaten für eine frisch zubereitete Mahlzeit zu bekommen waren. Der Gedanke an einen weiteren Abend im Restaurant erfüllte sie mit Grauen. Lieber wollte sie zu Hause mit Pasta aglioolio e peperoncini vorliebnehmen, als noch einmal allein unter lauter Fremden zu speisen.

Das Billa an der Strada Nuova hatte tatsächlich noch offen, und Signora Gismondi konnte ihre Tasche nicht nur mit frischen Tomaten, Auberginen, Knoblauch und Salat füllen, sondern bekam auch zum erstenmal seit drei Wochen anständiges Obst und würzigen Käse, ohne für winzige Portionen gleich einen ganzen Wochenlohn hinblättern zu müssen. Daheim in ihrer Küche gab sie Olivenöl in eine Pfanne, hackte erst zwei, dann drei, dann vier Knoblauchzehen klein, ließ sie auf niedriger Flamme anbraten und sog mit einer tiefen, ja fast schon andächtigen Freude den Duft in die Nase, froh, wieder zu Hause zu sein, umgeben von den Dingen, Gerüchen und Bildern, die ihr ans Herz gewachsen waren.

Eine halbe Stunde später rief ihr Geliebter an, immer noch aus Argentinien, wo sich, wie er sagte, die Lage [30] zusehends verschlechterte. Aber in etwa einer Woche versprach er zurück zu sein und für mindestens drei Tage von Rom herüberzufliegen. Nein, seiner Frau gegenüber würde er eine Geschäftsreise nach Turin vorschützen; ihr wäre es sowieso egal. Nach dem Telefonat setzte Assunta sich an den Küchentisch und aß einen Teller Pasta mit Tomatensauce und gegrillten Auberginen und hinterher noch zwei Pfirsiche. Dazu trank sie eine halbe Flasche Cabernet Sauvignon. Als ihr Blick durchs Fenster auf das Nachbarhaus fiel, schickte sie ein Stoßgebet zum Himmel und gelobte, sich nie wieder etwas vom Leben zu erbitten, falls sie dieses eine Mal erhört würde und die Läden drüben für immer geschlossen blieben.

Am nächsten Morgen machte sie auf dem Weg zu ihrer Lieblingsbar und einem Frühstück aus Kaffee und Brioche beim Zeitungsladen halt.

»Guten Morgen, Signora«, begrüßte sie der Mann hinter der Theke. »Sie habe ich ja schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen. Waren Sie im Urlaub?«

»Nein, auf Dienstreise. In London.«

»Und, hat es Ihnen gefallen?« fragte er in einem Ton, der dieser Möglichkeit kaum eine Chance gab.

Sie griff nach dem Gazzettino, der in fetten Schlagzeilen von politischem Bankrott, Umweltkatastrophen und einem Verbrechen aus Leidenschaft in der Lombardei berichtete. Wie schön, wieder zu Hause zu sein. Auf die Frage des Zeitungshändlers antwortete Assunta mit einem verspäteten Schulterzucken, das soviel hieß wie: Wem gefällt es schon zu arbeiten, egal in welcher Stadt oder welchem Land.

[31] »Es war ganz nett«, sagte sie schließlich ausweichend. »Aber es ist schön, wieder zu Hause zu sein. Und bei Ihnen? Gibt’s was Neues?«

»Dann haben Sie es noch gar nicht gehört?« fragte er und strahlte vor Freude, weil er ihr die Schreckensnachricht als erster übermitteln durfte.

»Nein? Was denn?«

»Die Battestini, Ihre Nachbarin von gegenüber. Sie wissen von nichts?«

Ihr fielen die Fensterläden ein, und sie unterdrückte verschämt eine leise aufkeimende Hoffnung. »Nein. Ich weiß gar nichts. Was ist denn geschehen?« Sie legte die Zeitung auf die Theke und beugte sich zu ihm hinüber.

»Sie ist tot. Ermordet«, sagte er, andächtig das letzte Wort liebkosend.

Signora Gismondi verschlug es die Sprache. »Nein!« keuchte sie fassungslos. »Wie ist das passiert? Wann?«

»Vor ungefähr drei Wochen. Der Arzt, Sie wissen schon, der Doktor, der bei den alten Leuten Hausbesuche macht, also der hat sie gefunden. Mit eingeschlagenem Schädel.« Er hielt inne, um die Wirkung seiner Worte abzuschätzen, und da sie ihm angemessen schien, fuhr er fort: »Mein Cousin kennt einen der Polizisten, die zum Tatort gerufen wurden, und der meinte, wer immer es getan hat, muß sie wirklich gehaßt haben. Zumindest behauptet mein Cousin, daß er das gesagt hat.«

Der Zeitungshändler musterte seine Zuhörerin. »Aber das hat sie ja wohl auch, hm? Die Alte gehaßt, meine ich.«

»Was?« fragte Signora Gismondi, die sich, noch ganz benommen von der unerwarteten Nachricht, auf seine [32] rätselhafte Bemerkung keinen Reim machen konnte. »Wer? Ich weiß nicht, wen Sie meinen.«

»Na, die Rumänin. Die war’s doch, die hat sie umgebracht.« Er weidete sich an ihrer Verwirrung und ging zum zweiten, noch spannenderen Akt seines Dramas über. »Ja, ja, sie hat noch versucht, außer Landes zu fliehen, wurde aber im Zug nach Rumänien geschnappt.«

Signora Gismondi war plötzlich blaß geworden, doch das war erst recht nach seinem Geschmack. »Oben an der Grenze hat man sie abgefangen. Ich glaube in Villa Opicina. Ganz abgebrüht saß sie da im Zug, nachdem sie nur wenige Stunden zuvor die alte Frau erschlagen hatte. Von den Grenzern hat sie auch einen angefallen und wollte ihn unter einen fahrenden Zug stoßen, aber der Mann konnte sich zum Glück gerade noch retten, und statt dessen hat es sie erwischt.« Er sah ihr entgeistertes Gesicht und ergänzte, wohl mehr aus Respekt vor seinen Quellen: »So stand es jedenfalls in den Zeitungen, und so hab ich’s auch von den Leuten gehört.«

»Wen hat’s erwischt? Flori?«

»Hieß sie so, die Rumänin?« fragte er. Daß seine Kundin den Namen dieser Mörderin kannte, machte ihn mißtrauisch.

»Ja«, sagte Signora Gismondi. »Was ist mit ihr passiert?«

Die Frage schien ihn zu verblüffen. War es denn nicht sonnenklar, was passierte, wenn jemand von einem Zug überfahren wurde? »Ich hab’s Ihnen doch gesagt, Signora«, versetzte er ungeduldig. »Sie ist unter den Zug geraten. Dort oben in Villa Opicina oder wo immer es war.« Der Mann war nicht besonders helle und hatte wenig Phantasie, [33] weshalb diese Schilderung ihn nicht weiter berührte. Für ihn waren es nur Worte, und während er sie aussprach, sah er weder die Stahlräder vor sich, die, eine gewaltige Reibung erzeugend, über eisenblanke Schienen donnerten, noch konnte er sich ausmalen, was geschah, wenn ein Etwas, ein Jemand dazwischen zermalmt wurde.

Signora Gismondi stützte sich wie haltsuchend mit einer Hand auf den Zeitungsstapel. »Sie ist also tot?« fragte sie, als hätte der Mann gar nichts gesagt.

»Ja, sicher«, antwortete er ungehalten. Wie konnte man nur so begriffsstutzig sein? »Aber die arme alte Frau auch«, stieß er so entrüstet hervor, daß sie es im Ohr behielt.

»Natürlich«, sagte sie leise. »Grauenhaft, einfach grauenhaft.« Sie kramte ein paar Münzen aus der Tasche, legte sie auf die Theke, vergaß die Zeitung mitzunehmen und schwor sich, als sie den Laden verließ, ihn nie wieder zu betreten. Arme alte Frau. Arme alte Frau.

Sie verzichtete auf das Frühstück und kehrte auf dem schnellsten Weg in ihre Wohnung zurück, wo sie sich ins Internet einwählte und, obwohl sie das noch nie gemacht hatte, ja nicht einmal wußte, ob es überhaupt ging, den Gazzettino vom Tag nach ihrer Abreise aufrief. Jetzt bereute sie es, daß sie sich in London so konsequent abgeschottet hatte: keine Zeitungen und keine Nachrichten von daheim, kein Kontakt zu anderen Italienern. Es war fast, als hätten diese letzten drei Wochen in der Heimat gar nicht stattgefunden. Auch wenn der Gazzettino ihr im Nu das Gegenteil bewies.

Sie las nur die Artikel, die sich mit dem Mord an Signora Battestini befaßten, und während die täglichen Ausgaben [34] über ihren Bildschirm wanderten, nahm die Geschichte nach und nach Gestalt an. Im wesentlichen deckten sich die Berichte mit der Schilderung des Zeitungshändlers: Alte Frau von ihrem Arzt tot aufgefunden, rumänisches Hausmädchen verschwunden, Express an der Grenze aufgehalten, Fluchtversuch mit Todesfolge. Falsche Papiere, eine Frau dieses Namens existierte nicht, Familie untröstlich über Ermordung ihrer Lieblingstante, Opfer in aller Stille beigesetzt.

Assunta Gismondi schaltete den Computer aus und starrte ratlos auf den schwarzen Bildschirm, bis sie das leid wurde und sich den Büchern zukehrte, die eine Wand ihres Arbeitszimmers säumten. Erst las sie die Namen der Dichter auf dem obersten Regal: Aristoteles, Platon, Aischylos, Euripides, Plutarch, Homer, dann schweifte ihr Blick zum Fenster und suchte nach den geschlossenen Läden auf der anderen Seite des Kanals.

Entschlossen griff sie zum Telefon, das rechts neben ihrem Computer stand, wählte die 113 und verlangte die Polizei.

Als sie eine halbe Stunde später die Questura betrat, ärgerte sie sich immer noch über ihre Naivität, die sie hatte glauben lassen, man würde jemanden zu ihr nach Hause schicken. Sie erfülle nur ihre staatsbürgerliche Pflicht, wenn sie Informationen von großer Wichtigkeit an die Polizei weitergab, hatte der gelangweilte Beamte, der sich weigerte, seinen Namen preiszugeben, sie belehrt; natürlich müsse sie ihre Aussage in der Questura machen. Hätte sie diesem aufgeblasenen Menschen nicht ihren Namen angegeben, wäre die [35] Versuchung groß gewesen, das Ganze auf sich beruhen und die Sorge der Polizei zu überlassen. Doch sie wußte nur zu gut, daß man sich dort keineswegs Sorgen machen und keinen Gedanken daran verschwenden würde (vorausgesetzt, diese Bürokraten dachten überhaupt), ihre einmal gefaßte Meinung zu revidieren, um dann mühselig neue Erkenntnisse zu sammeln.

Sie wandte sich nach rechts zu einem Schalter, hinter dem ein uniformierter Beamter saß. »Ich habe vor einer halben Stunde angerufen«, begann sie, »weil ich eine Aussage machen möchte. Es hieß, ich müßte persönlich vorbeikommen – also, hier bin ich.« Der Mann blieb ungerührt, und so fuhr sie fort: »Ich möchte jemanden sprechen, der für den Mord von vor drei Wochen zuständig ist.«

Der Mann besann sich so lange, als wäre er Sheriff in Dodge City und müsse erst überlegen, welchen Mord sie wohl meinte. »Geht es um die Battestini?« fragte er schließlich.

»Ja.«

»Dafür wäre Tenente Scarpa zuständig«, erklärte der Polizist.

»Kann ich ihn sprechen?«

»Ich frage mal, ob er da ist«, sagte der Polizist und griff zum Telefon. Er kehrte ihr den Rücken zu und sprach so leise in den Hörer, daß Signora Gismondi schon argwöhnte, er und dieser Tenente verabredeten womöglich, wie man sie dazu bringen könnte, ihre Beteiligung an dem Mord zu gestehen. Doch obwohl sie ziemlich lange warten mußte, kam der Mann schließlich aus seinem engen Kabuff hervor, wies auf den hinteren Teil des Gebäudes und sagte: »Dort [36] den Gang entlang, Signora. Dann rechts um die Ecke und gleich die zweite Tür links. Der Tenente erwartet Sie.« Damit kehrte er in seine Kabine zurück und schloß die Tür hinter sich.

Überrascht, daß sie so ganz ohne Begleitung in der Questura herumspazieren durfte, machte Signora Gismondi sich auf den Weg. Hatten die hier denn noch nie von den Roten Brigaden gehört?

Sie fand die angegebene Tür, klopfte und wurde hereingerufen. Ein Mann etwa ihres Alters saß hinter einem metallenen Schreibtisch in einem Zimmer, das kaum geräumiger war als die Schalterkabine am Eingang. Der Tenente, der im Stehen sicher mindestens einen Kopf größer war als sie, hatte dunkles Haar und Augen, die aussahen, als beschränke sich ihre Wahrnehmung strikt auf die Oberfläche der Dinge. Er war in Uniform, und der Raum faßte nur seinen Schreibtisch mit einem Sessel dahinter und zwei Stühlen ohne Armlehne davor.

»Tenente Scarpa?« fragte sie.

Er sah zu ihr auf, nickte und wandte sich dann wieder den Papieren auf dem Schreibtisch zu.

Sie nannte Namen und Adresse und fragte: »Leiten Sie die Ermittlungen im Mordfall Battestini?«

»Das war mein Fall, ja.« Er hob abermals den Kopf, wies auf einen der Stühle und sagte: »Bitte nehmen Sie Platz.«

Ein Schritt brachte sie zu dem von ihm bezeichneten Stuhl, der, wie sie freilich erst im Sitzen bemerkte, so ausgerichtet war, daß die Sonne ihr voll ins Gesicht schien. Entschlossen stand sie auf, rückte den Stuhl von Schreibtisch und Fenster weg und setzte sich wieder hin.

[37] Signora Gismondi hatte keine unmittelbare Erfahrung im Umgang mit der Polizei, aber sie war sechs Jahre mit einem sehr faulen und ebenso gewalttätigen Mann verheiratet gewesen, und nun versetzte sie sich einfach in diese Zeit und Lage zurück und verhielt sich entsprechend. »Sie sagten, es war Ihr Fall, Tenente«, begann sie leise. »Heißt das, die Ermittlungen werden von jemand anderem weitergeführt?« Wenn das so war, warum hatte man sie dann überhaupt erst zu ihm geschickt?

Er las angelegentlich seinen Text zu Ende und legte das Blatt beiseite, bevor er zu ihr aufsah. »Nein.«

Sie wartete auf eine Erklärung. Als die ausblieb, hakte sie nach: »Heißt das, die Ermittlungen sind abgeschlossen?«

Er ließ sich reichlich Zeit, bevor er abermals verneinte.

»Darf ich fragen, was es dann zu bedeuten hat?« So, wie sie das sagte, klang es weder ungehalten noch frustriert.

»Daß die Ermittlungen derzeit nicht aktiv betrieben werden.«

Die malträtierten Vokale und der Akzent, der bei seiner ersten längeren Antwort hörbar wurde, verrieten Signora Gismondi, daß sie es mit einem Süditaliener, wohl einem Sizilianer zu tun hatte. Mit gespieltem Gleichmut fragte sie: »An wen könnte ich mich denn wenden, wenn ich eine Aussage machen möchte?«

»Falls die Ermittlungen noch liefen, dann wäre ich zuständig.« Er überließ es ihr, die richtigen Schlüsse aus seiner Antwort zu ziehen, und wandte sich wieder seinen Akten zu. Auch wenn er sie nicht direkt aufforderte zu gehen, hätte er kaum deutlicher machen können, wie wenig ihn ihr Beitrag interessierte.

[38] Einen Moment lang schwankte sie. Mit ihrer Aussage würde sie sich nur Scherereien einhandeln, ja wenn man ihr nicht glaubte, womöglich noch Schlimmeres. Warum stand sie also nicht einfach auf und vergaß die ganze Angelegenheit samt diesem Mann mit den teilnahmslosen Augen?

»Ich habe im Gazzettino