Bezahlt um zu entscheiden - Dagmar Säger - E-Book

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Dagmar Säger

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Beschreibung

Wer in einer leitenden Position Dinge vorantreiben will, muss den Mut haben Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu tragen. Dagmar Säger schildert typische Stolpersteine, über die so mancher Chef fällt. Sie macht Führungskräften Mut, sich dennoch konsequent zu verhalten. Denn wer den Chefsessel bezieht, muss sich seiner Rolle und Verantwortung bewusst sein. Dagmar Säger empfiehlt kooperative Konsequenz im Umgang mit Mitarbeitern - wer nämlich das Wissen und die Fähigkeiten seiner Mitarbeiter erkennt und zielsicher nutzt, ist langfristig nicht nur der erfolgreichere, sondern auch der bessere Chef.

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Seitenzahl: 274

Veröffentlichungsjahr: 2005

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Bezahlt um zu entscheiden

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Bezahlt um zu entscheiden

Besser unbeliebt führen als unentschlossen leiten

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:[email protected]

3. Auflage 2012 © 2004 by Redline Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH Nymphenburger Straße 86 D-80636 München Tel.: 089 651285-0 Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Satz: mi, M. Zech Druck: Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN Print 978-3-86881-466-8 ISBN E-Book (PDF) 978-3-86414-139-3

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter www.redline-verlag.de Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unterwww.muenchner-verlagsgruppe.de

INHALT

Vorwort und Danksagungen1.„Verräter“Wie der Kollege, der zum Vorgesetzten wird, den anschließenden Survival-Trip überleben kann 2.„Na gut. Ich mach das schon ...“Warum der Chef scheitern wird, wenn er sowieso immer alles am besten und schnellsten selbst erledigt 3.„Storm oder Brain“Von der hohen Kunst, Themen ziel- und zeitgerecht zu besprechen 4.Familie Kuschel?Warum die Sucht nach guter Stimmung nicht Produktivität und Erfolg garantiert 5.„Da lang! Oder da?“Warum unbeliebte Entscheidungen den längeren Atem brauchen 6.„Erwischt!“Von der hohen Kunst der Motivation 7.„Wie sag’ ich’s bloß?“Von der alltäglichen Herausforderung, Mitarbeitergespräche zu führen 8.Drama im DreieckWarum Streitigkeiten zwischen Mitarbeitern früher oder später Chefsache sind – am besten früher 9.Der Widerspenstigen ZähmungWarum es sich lohnt, die Angst vor Widerstand zu besiegen 10.„Von Mannweibern und Weicheiern“Wie Sie das Beste aus beiden Welten auf die Bühne bringen 11.Mittendrin und voll danebenVon der notwendigen Balance zwischen Empathie und Distanz 12.Gemeinsam sind wir starkWarum Seilschaften und Wettbewerbsabsprachen sich auszahlen 13.Für den eiligen LeserWeiterführende LiteraturStichwortverzeichnis

VORWORT

„Anfangen“, antworteten Teilnehmer eines Führungsseminars auf meine Frage, was sie tun könnten, um das gerade Erfahrene in die Tat umzusetzen. „Einfach anfangen“, sagen viele, wenn sie vor einem Neubeginn als Führungskraft stehen. In meinen zahlreichen Seminaren und Beratungen stoße ich immer wieder auf die Stolpersteine, die dabei im Weg liegen. Einer der größten ist fehlender Mut. Mut, gewohntes Verhalten zu verändern und vor allem Mut, sich mit den Kollegen und Mitarbeitern auseinander zu setzen und sich möglicher Ablehnung auszusetzen.

Ganz lebendig ist mir noch meine eigene Zeit als Chefin im Gedächtnis. Wie oft habe ich mich zurückgezogen – gekniffen –, um mich nicht unbeliebt zu machen! Wie oft beobachtete ich auch bei Kollegen, dass sie wichtige unangenehme Gespräche oder Entscheidungen nicht anpackten, weil sie es nicht allen recht machen konnten. Bei allen beliebt waren wir wohl trotzdem nicht. Und dazu noch schwer überlastet und nicht immer so erfolgreich, wie wir es uns wünschten. Was ich daraus gelernt habe? Man braucht Mut, um eine gute und erfolgreiche Führungskraft zu sein. Führungsmut.

Unterstützung bekommt man dafür nicht unbedingt von Mitarbeitern oder eigenen Vorgesetzten. Wie wichtig es ist, ein gut funktionierendes Führungsteam um sich zu wissen, höre ich immer öfter von meinen Kunden. Die Zusammenarbeit im Netzwerk bildet ein Gegengewicht zur Einsamkeit in der Führungsposition. Die Nachfrage nach entsprechenden Workshops steigt, und so bin ich inzwischen häufiger in Sachen Führungsteams unterwegs als in Sachen Mitarbeiterteams. Diesem offensichtlichen Bedürfnis nach Hilfe bei der Bildung von internen Führungsnetzwerken habe ich in der zweiten Auflage Rechnung getragen und das Buch um ein Kapitel über Zusammenarbeit und Teambildung auf der Führungsebene erweitert.

Seit Langem schon nehme ich mit großem Interesse alle Erfahrungsberichte auf, die mit Führungsmut – oder dessen Fehlen – zu tun haben. Seminarteilnehmer erzählen aus ihrer Sicht als Mitarbeiter, Chefs in der Beratung schildern entsprechende Situationen aus der gegenüberliegenden Perspektive. Die Beispiele in diesem Buch sind echt. Wenn Sie sich darin wiederzuerkennen glauben: Das ist beabsichtigt. Wenn Sie allerdings Ihren Namen in den Beispielen finden oder den Namen einer Person, die Sie kennen: Das ist nicht beabsichtigt, sondern ein Zufall. Denn selbstverständlich sind alle Namen in diesem Buch frei erfunden. Sie werden feststellen, dass ich alle Gegebenheiten der realen Beispiele so bearbeitet habe, dass sie neutral und allgemein verständlich daherkommen.

Dieses Buch entspringt den Erfahrungen aus meiner Beratungstätigkeit und ist für die tägliche Anwendung in Ihrem beruflichen Umfeld gemacht – aus der Praxis für die Praxis also. Die vielen konkreten Beispiele zeigen Ihnen, wie Sie sich in konkreten Situationen verhalten können, um Ihrer Führungsrolle gerecht zu werden. Wo es mir notwendig erschien, habe ich verschiedene Werkzeugkästen geöffnet: Theoretische Hintergrundinformationen erkennen Sie am , Checklisten für verschiedene Gelegenheiten sind mit © gekennzeichnet und unter finden Sie konkrete Methoden für wirksames Führungsverhalten.

Die sprachlich Korrekten mögen mir verzeihen: Aus Gründen der Einfachheit und Lesbarkeit habe ich darauf verzichtet, immer die männliche und die weibliche Bezeichnung zu benutzen. Wenn vom Chef oder dem Vorgesetzten die Rede ist, meine ich selbstverständlich auch die Chefin und die Vorgesetzte.

Nun wünsche ich Ihnen viele Ahas beim Lesen. Räumen Sie die Stolpersteine aus dem Weg! Am Schluss übrigens gibt es noch eine Zusammenfassung für die ganz Eiligen. Sie können anfangen!

Hamburg im Juni 2005

Dagmar Säger

DANKSAGUNGEN

Ich möchte an dieser Stelle allen danken, die mich während der Zeit des Schreibens unterstützt haben, besonders aber Oliver Gorus, meinem geduldig motivierenden Agenten, sowie Martina Nehls und Jürgen Dege für ihr freundschaftlich-kritisches Feedback zu Form und Inhalt.

In all den Jahren, in denen ich mich mit Führen, Kommunikation, Motivation und all den damit verbundenen Themen beschäftige, haben viele Bücher, Artikel, Seminare und Fortbildungen meine praktischen Erfahrungen gestützt. Und so wird dieses Buch aus meinen Erfahrungen als Führungskraft, Trainerin und Coach ebenso gespeist wie aus vielfältigem Lesestoff. Heute kann ich nicht mehr sagen, von wem ich diese oder jene Anregung erhalten habe. Ich weiß nicht mehr, in welchem Zusammenhang mir eine Anekdote, eine Theorie oder ein Merksatz begegnet sind.

Darum möchte ich mich hier bei allen bedanken, von denen ich lernen durfte, und um Verständnis bitten, falls jemand hier seine Gedanken in der einen oder anderen Form wiederfindet. Jede Begegnung, jedes Buch ist ein Mosaikstein am Bild meiner privaten und professionellen Person und meines aktiven Wissens. Ich weiß das sehr zu schätzen! Aus ihnen ziehe ich – vermischt mit eigenen Erkenntnissen und Konzepten – immer wieder neue Inspiration für meine Arbeit. Sie sind herzlich dazu eingeladen, das selbst mit diesem Buch zu machen!

Herzlichen Dank an alle Leser der ersten Auflage dieses Buches, die mir so zahlreich wertvolles Feedback und Erfahrungsberichte zukommen ließen. Über Ihr Feedback und Ihre Anregungen freue ich mich auch weiterhin: Schreiben Sie mir unter [email protected] und besuchen Sie mich auch gern auf meiner Website www.dagmarsaeger.de.

„VERRÄTER!“

Wie der Kollege, der zum Vorgesetzten wird, den anschließenden Survival-Trip überleben kann.

Bewährungsprobe

Bernd ist Verkäufer. Nicht der beste Verkäufer im Vertriebsteam des internationalen Dienstleistungskonzerns, aber er hat gezeigt, dass er ein guter Planer ist. Und in Besprechungen und bei internen Präsentationen ist er durch sein sachliches und kompetentes Auftreten immer wieder positiv aufgefallen. Die Verantwortlichen trauen ihm außerdem ohne weiteres zu, gut mit Menschen umgehen zu können.Als nun sein Vorgesetzter geht, ist es soweit: Er bewirbt sich auf die frei gewordene Stelle, und er bekommt sie. Er ist der neue regionale Verkaufsleiter. In dieser Funktion ist er verantwortlich für das Ergebnis seiner Region und die sieben Verkäufer – seine ehemaligen Kollegen.Zunächst einmal wird natürlich gefeiert! Beim ersten Monatsmeeting gibt Bernd ein Glas Sekt aus. Ansonsten verläuft das Treffen wie gewohnt: Die aktuellen Zahlen werden besprochen und man geht mit der Zielplanung für den nächsten Monat auseinander.Während der nun folgenden Wochen verfliegt die Euphorie. Ernüchtert muss Bernd feststellen, dass die Tages- und Wochenberichte nur schleppend oder auch gar nicht bei ihm eingehen.Er fragt bei einem der Säumigen nach: „Karl, was ist mit dem Wochenbericht? Der soll mir doch immer bis Montagmittag vorliegen.“ Die ausweichende Antwort: „Mann, du weißt doch, wie das ist: Ich hatte einfach keine Zeit dafür.“Ein anderer Kollege antwortet ihm: „Ach, was willst du denn mit den Berichten? Die machen doch nur Arbeit und bringen nichts.“ Und ein Dritter bemerkt forsch: „Du hast doch früher auch immer darüber gestöhnt, dass wir so viel Papierarbeit zu machen haben. Und nun stellst ausgerechnet du dich so an, wenn der Bericht mal nicht pünktlich ist!“Als Bernd schließlich die unter Murren abgegebenen Berichte sichtet, stellt er fest, dass die Anzahl der täglichen Kundenbesuche geringer ist als in den Vormonaten. Die Vorgaben werden verfehlt. Und nicht nur das: Auch die Umsatzkurve steigt nicht wie geplant. Das hatte Bernd sich anders vorgestellt ...

Rollenverhalten

Wenn sich mit Titel und Verantwortung die Rolle ändert, zieht das nicht automatisch ein rollengerechtes Verhalten nach sich: Weder bei dem Beförderten noch bei seinen Mitarbeitern. Die äußere Rolle ist ein Schuh, den Sie selbst sich nehmen, anziehen und zubinden müssen. Bleiben Sie passiv, dann steht der Schuh noch im Schrank, und man tritt Ihnen auf die Füße.

Im obigen Beispiel ist das tatsächliche Rollenverhalten eher wie bei einem Klassensprecher, der vom Lehrer die Aufgabe bekommen hat, mal kurz die Aufsicht zu führen, bis er wieder zurück ist. Bernd wird in seiner Funktion als Führungskraft nicht ernst genommen. Alle machen, was sie wollen – und rechnen nicht mit ernsthaften Konsequenzen, nach dem Motto: „Er ist doch einer von uns!“

Keiner kann – und keiner will – sich vorstellen, dass Bernd tatsächlich auch die unangenehmen Aufgaben seines neuen Postens übernimmt. Er wird sich doch wohl nicht wirklich konsequent gegenüber seinen ehemaligen Kollegen verhalten und womöglich noch ihre Bequemlichkeit stören!

Was hier fehlt, ist ein klarer Schnitt und ein Neuanfang mit neu verteilten Rollen. Bernd muss sichtbar und unmissverständlich seine Position einnehmen, um Missverständnisse und Unsicherheiten zu vermeiden.

Das kennt doch jede Führungskraft! Der erste Schritt ist getan: Endlich hat man die ersehnte (oder erkämpfte) Stelle mitsamt der damit verbundenen Führungsverantwortung ergattert! Doch bald beginnt der Alltag. Der Rollenwechsel muss nun zunächst im eigenen Bewusstsein und dann nach außen hin vollzogen werden.

Gut hat es derjenige, der dafür das Unternehmen gewechselt hat. Er steht zwar vor der Aufgabe, sich in eine neue Unternehmenskultur und unbekannte Strukturen einzuarbeiten, und muss seine Position durch ein eindeutiges Rollenverhalten klar machen, aber er hat mit dem Firmenwechsel auch das Bild hinter sich gelassen, das seine Kollegen und Mitarbeiter sich von ihm gemacht hatten. Der neue Chef wird ohne Altlasten in seiner Rolle eher akzeptiert. So fällt es ihm auch selbst viel leichter, sich mit der neuen Führungsverantwortung zu identifizieren. Dafür hat er womöglich andere Probleme, denn er ist schließlich „keiner von uns!“, aber das steht auf einem anderen Blatt.

Noch erträglich ist es, wenn der neue Vorgesetzte im eigenen Unternehmen eine andere Abteilung übernimmt. So ist vielleicht sein Name bekannt, und es gibt sicher das eine oder andere Gerücht – aber es gibt keine gemeinsame Geschichte mit den Mitarbeitern. Die Distanz ist immer noch groß genug, um nicht in persönlich-moralische Diskussionen verwickelt zu werden.

Die größte Herausforderung ist deshalb der Rollenwechsel innerhalb des Kollegenkreises. Moralische Erpressung und aufgekündigte Freundschaften sind nur zwei Folgen, mit denen der neue Vorgesetzte rechnen muss. Sich Respekt und Akzeptanz zu verschaffen erfordert weitaus mehr Anstrengung und Mut als in den zuvor genannten Fällen. Und es kann länger dauern.

Was passiert da unter der Oberfläche bei den Mitarbeitern und beim neuen Chef?

Motive der Mitarbeiter

Erst einmal abwarten

Die Mitarbeiter sind in der ersten Zeit unsicher, wie sich die Situation für sie entwickeln wird. Da ist einerseits ein neuer Chef, an den sie sich gewöhnen müssen. Andererseits kennen sie ihn als Kollegen. Keine Ahnung, wie er sich als Chef aufführen wird. Ein neuer Chef, der von außen kommt, kann den Respekt seiner Mitarbeiter verlieren – der neue Chef, der aus den eigenen Reihen aufsteigt, muss sich den Respekt seiner Ex-Kollegen erst erarbeiten.

Man wartet vielleicht erst einmal ab. Versucht, sich etwas bequemer im Job einzurichten. Die Grenzen werden ausgelotet. Wie weit kann man gehen? Wann und wie reagiert der neu gekürte Chef? Auf welchen Führungsstil muss man sich einstellen?

Als weiterer Stolperstein kommt womöglich noch der Neidfaktor hinzu. War der Neue wirklich der Einzige, der den Führungsposten verdient hat? Einerseits ist er noch so halb „einer von uns“, andererseits verdient er jetzt deutlich mehr ... das muss erst mal verdaut werden!

Je länger die neue Führungskraft sich nicht klar zur Führungsrolle bekennt, umso mehr läuft die Abteilung aus dem Ruder. Das Ergebnis: Stagnation. Beide Seiten schleichen umeinander herum. In unserem Beispiel verschlechtern sich sogar die Leistung und das Ergebnis der Abteilung.

Motive des neuen Chefs

Freundschaft oder Karriere

Bernd aus unserem Beispiel möchte nicht den „Boss raushängen lassen“. Er will seine ehemaligen Kollegen nicht vor den Kopf stoßen. Sie kennen sich doch alle schon so lange und haben gemeinsam auch mal über seinen Vorgänger geschimpft. Mit zwei Kollegen verbindet ihn sogar eine private Freundschaft. Nun will er alles besser machen. Im Hinterkopf rumoren die vermeintlichen Erwartungen der Kollegen. Er spricht davon, „Primus inter pares“ sein zu wollen. Was er anstrebt, ist ein harmonisches Miteinander im Sinne von flachen Hierarchien. Seinen Vorgesetzten gegenüber muss er aber auch beweisen, dass er der Richtige für diese Position ist. Sie erwarten ständig bessere Ergebnisse.

Sein Erfolg hängt vom Erfolg seiner Mitarbeiter ab. Er ist darauf angewiesen, dass sie mitziehen. Dabei denkt Bernd zunächst, dass ihn die Kollegen bestimmt nicht hängen lassen werden. Er setzt auf die jahrelang erprobte Kollegensolidarität. Schließlich kennt man sich ja schon lange und gut.

Gleichzeitig trägt er die Verantwortung für das Ergebnis, muss Ziele setzen, organisieren und kontrollieren. Was für eine Enttäuschung, als er feststellt, dass ihm die lieben Kollegen in den Rücken fallen!

Hilfsbereitschaft

Ähnlich geht es Susanne. Die frisch gekürte Leiterin der Presseabteilung war zuvor Texterin im Team des Marketing Service. Nun ist sie verantwortlich für Werbung und PR mit allen zugehörigen Teams. Natürlich fühlt sie sich ihren vertrauten Kolleginnen aus dem Marketing Service näher als den Mitarbeitern der anderen Teams. Mit fatalen Folgen. In der ersten Zeit kommen die ehemaligen Kolleginnen sehr oft zu Susanne, wenn ein Projekt unter Zeitdruck gerät, und bitten sie um Hilfe. „Susanne, ich schaffe das nicht bis Montag. Kannst du nicht mal für mich mit dem Drucker sprechen? Und wenn du mir bei dem Text noch etwas helfen könntest ...“ Genau so war es ja auch früher schon: Sie teilen sich die Arbeit. (Wie Sie mit dieser Form der Belastung umgehen können, erfahren Sie im 2. Kapitel.) Später bricht ein lange schwelender Konflikt aus und zwei Kolleginnen äußern den Wunsch nach einem Einzelbüro. Sie sind sicher, dass sie es bekommen, denn sie haben ja von früher her noch ein gutes Verhältnis zu ihrer Chefin. „Du machst das schon. Du weißt ja, wie blöd die Zusammenarbeit mit Monika ist. Sie stört dauernd und telefoniert endlos.“Der zwischen alter Solidarität und neuer Aufgabe schwankenden Susanne fällt es schwer, Nein zu sagen. „Okay, ich werde mal sehen, was sich machen lässt.“ Und sie beginnt zu rotieren. Gibt es einen Raum? Wenn ja, wo? Wie kann sie das organisieren?Sie hat sich in die Falle locken lassen. Die Quittung erhält sie prompt: Als andere Teams davon hören, fühlen sie sich jetzt natürlich ungerecht behandelt. „Die kennst du noch von früher und darum bekommen sie eine Extrawurst gebraten. Was würdest du denn sagen, wenn wir alle Einzelbüros haben wollten?“

Tapferkeit vor dem Feind

Eine wahre Geschichte. Wenn Susanne ihr Verhalten nicht ändert, wird sie an ihrer neuen Aufgabe scheitern. Ihre Kolleginnen nehmen sie in ihrer neuen Rolle gar nicht wahr. Sie sind auch weit davon entfernt, sie als Vorgesetzte zu sehen und als solche ernst zu nehmen. Sie versuchen, für sich das Beste aus der Situation herauszuholen. Wie Bernd traut sich auch Susanne nicht, ihre ehemaligen Kolleginnen mit der unangenehmen Wahrheit zu konfrontieren, dass sich die Lage ganz entscheidend geändert hat. Beide drücken sich davor, zu akzeptieren, dass sie nicht mehr die „Alten“ sind.

Der Wechsel der Rolle, die neue Perspektive löst Angst aus. Vermeiden, verdrängen, ignorieren – es hilft alles nichts. Es muss gehandelt werden! Und zwar mit dem Risiko, sich unbeliebt zu machen. Und wer ist schon gern unbeliebt? Hinzu kommt die Befürchtung, nun nicht mehr im Team eingebettet zu sein, sondern ganz allein dazustehen. Die alten Gesetze gelten nicht mehr.

Ein echtes Dilemma: Freundschaft oder Karriere? Ich selbst habe erlebt, dass Freunde mir den Vorwurf machten, ich hätte die Seiten gewechselt und sei damit zur Verräterin geworden. Können Sie sich das vorstellen? – Nun ja. Es stimmt ja auch: Wenn Sie sich für den Sprung in die Führungsposition entschieden haben, haben Sie die Seiten gewechselt. Sie haben eine klare und folgenschwere Entscheidung getroffen. Nun gilt es, dazu zu stehen, mutig zu sein.

Was ist in der Abteilung zu tun?

Frischer Wind

Lieber abwarten und beobachten und dann vorsichtig Neues einbringen? Oder am ersten Tag die Fenster aufreißen und frischen Wind durch die Abteilung fahren lassen? Wenn Sie mutig sind, machen Sie das Letztere!

Sorgen Sie dafür, dass man sofort spürt, dass ein neuer Chef da ist. Aber hüten Sie sich unbedingt vor blindem Aktionismus. Es geht darum, Akzente zu setzen, nicht darum, nur um der Bewegung willen etwas zu unternehmen, das langfristig keinen Sinn macht.

Die erste wichtige Aktion nach der offiziellen Ernennung zum Chef ist das Einführen neuer Gesetze. Verabschieden Sie sich von Ihrer alten Rolle als Kollege oder Kollegin und begrüßen Sie sich und Ihre Mitarbeiter in der neuen Rolle als Vorgesetze/r.

Das bedarf einer gründlichen Vorbereitung.

Vorarbeit leisten

 

 Checkliste für den Amtsantritt:

Wie verstehen Sie Ihre Rolle als Führungskraft? Welche Prinzipien gelten unter Ihrer Leitung? Welche neuen Regeln werden ab sofort eingeführt? Worauf legen Sie in der Zusammenarbeit besonderen Wert? Wie genau wird sich der Rollenwechsel auf die Zusammenarbeit mit den ehemaligen Kollegen auswirken? Was erwarten Sie von Ihren Mitarbeitern? Was können Ihre Mitarbeiter von Ihnen erwarten? Was wird sich in der Abteilung unter Ihrer Führung verändern? Beschreiben Sie Ihre Vision. Welche neuen Chancen bieten sich für die Kollegen? Welche Vereinbarungen wollen Sie über die zukünftige Zusammenarbeit mit den Kollegen treffen? Welche Widerstände erwarten Sie?

Veranstalten Sie ein Ritual!

Bestimmen und kommunizieren Sie einen Termin, an dem das Ritual – das „Kick-Off-Meeting“ der neuen Abteilungsstruktur – stattfinden soll. Warten Sie nicht zu lange damit. Der erste Tag Ihrer neuen Tätigkeit ist der beste Zeitpunkt.

Planen Sie den Ablauf der Veranstaltung. Bereiten Sie Ihre Rede vor. Machen Sie sich Notizen. Organisieren Sie einen angemessenen Rahmen. Buchen Sie das schönste Konferenzzimmer, sorgen Sie für Getränke und einen kleinen Imbiss. Nach Ihrer Rede wird das Ereignis gefeiert: nicht nur Ihre Beförderung, sondern auch die vielen Chancen, die sich dadurch für die Abteilung und die Mitarbeiter ergeben.

Mutig geführt

Für Bernd und Susanne ist der Zug noch nicht abgefahren. Sie haben zwar versäumt, gleich zu Beginn Klartext zu denken und zu reden, aber sie holen das nach. Beide führen Einzelgespräche mit ihren Mitarbeitern und ins-tallieren außerdem vor versammelter Mannschaft neue Regeln. Es ist egal, was Sie zuerst machen. Hauptsache, Sie machen beides!

Starten Sie mit einem formellen Ritual, indem Sie zum Beispiel eine Abteilungsbesprechung als Kick-off gestalten. Führen Sie Einzelgespräche mit den Mitarbeitern. Klären Sie die Rollen. Erläutern Sie Ihre Ziele und Führungsgrundsätze. Formulieren Sie Erwartungen an die Mitarbeiter.

Grundsatzrede

Bernd beschließt, das nächste Verkaufsmeeting zu nutzen, um Klarheit zu schaffen. Er nimmt die schlampigen Berichte und die schlechten Ergebnisse zum Anlass, eine Kurskorrektur vorzunehmen. „Mir ist aufgefallen, dass in den letzten Monaten Besuchsberichte, Besuchsfrequenzen und Umsatzzahlen unter den Erwartungen zurückgeblieben sind. Bevor ich mit euch darüber spreche, warum das so ist, möchte ich heute zunächst die Gelegenheit nutzen, über unsere zukünftige Zusammenarbeit zu sprechen. Dass ich das bisher nicht getan habe, hat wohl zu einigen Missverständnissen geführt.“ Bernd hat sich gut vorbereitet (siehe Checkliste oben) und erläutert seine Grundsätze und Erwartungen.„Mit meiner neuen Aufgabe als Verkaufsleiter habe ich auch eine neue Rolle hier im Team übernommen. Ich trage Verantwortung für die Ergebnisse dieser Abteilung. Und ich werde dafür sorgen, dass die Ergebnisse so gut bleiben wie bisher und sogar noch besser werden.“„Na ja, so schlecht waren wir ja auch gar nicht.“ Ein Verkäufer fühlt sich offensichtlich auf den Schlips getreten.„Das stimmt. Aber nach den aktuellen Zielvorgaben müssen wir noch besser werden. Dafür ist auch eine gute Organisation notwendig. Ich erwarte von euch, dass ihr euch an die Regeln haltet. Erst einmal bleiben alle bestehenden Anordnungen zum Beispiel für Berichte und Ähnliches in Kraft. Allerdings werde ich sicher einiges ändern. Das bespreche ich dann mit euch und danach werden neue Regeln eingeführt.“ Bernd nimmt die Gelegenheit wahr, seine Erwartung an die ehemaligen Kollegen zu formulieren.Und er erklärt, was die Kollegen von ihm erwarten können. „Ich kenne euren Job ja aus eigener Anschauung recht gut. Deshalb werde ich im Auge behalten, dass ihr nur wirklich notwendige und sinnvolle Reports anfertigen müsst.“Im weiteren Verlauf der Besprechung werden noch weitere Details der zukünftigen Zusammenarbeit und Bernds Pläne für Veränderungen angesprochen.Daraufhin entwickelt sich eine Diskussion, die zu der Vereinbarung führt, dass Bernd bis zum nächsten Monatsmeeting mit jedem Kollegen ein Vier-Augen-Gespräch über Ziele und individuelle Zusammenarbeit führen wird.

Das ist mit Sicherheit kein einfaches Meeting für alle Beteiligten. Der neue Chef präsentiert sich als Chef. Die ehemaligen Kollegen müssen akzeptieren, dass sie von ihm mindestens so gefordert werden, wie von seinem Vorgänger. Der Neue tut gut daran, Verständnis für die vorhandenen Emotionen zu zeigen und dennoch hart in der Sache zu bleiben.

Einzelgespräche

Susanne führt zunächst Einzelgespräche mit ihren ehemaligen Kolleginnen. Sie spricht mit ihnen über ihren Rollenwechsel und die damit verbundenen Veränderungen in der gegenseitigen Arbeitsbeziehung. Dabei berücksichtigt sie auch mögliche Befürchtungen und Erwartungen ihrer Gesprächspartner. Susanne macht unmissverständlich klar, dass sie trotz der alten Verbundenheit mit Einzelnen großen Wert darauf legt, keine Abteilung zu bevorzugen. Aus diesem Grund lehnt sie auch die Forderung nach Einzelbüros für Marketing Services ab. Die Konflikte zwischen den Mitarbeiterinnen sollen anders gelöst werden (Anregungen für den Umgang mit Konflikten finden Sie in Kapitel 8).

Nachdem Susanne sich auf diese Weise von ihrer alten Rolle in der Beziehung zu den Kolleginnen verabschiedet hat, kann sie den nächsten Schritt in Angriff nehmen: die klärende Besprechung mit der gesamten Abteilung. Auch dafür bereitet sie sich nach dem Muster der Checkliste vor und startet mit einem formellen Ritual in die neue Ära der Zusammenarbeit.

Eine neue Ära der Zusammenarbeit

„Ich habe ja bereits mit jedem von euch ein Vier-Augen-Gespräch geführt. Heute habe ich alle eingeladen, um über unsere Zusammenarbeit und über die gegenseitigen Erwartungen zu sprechen.“Susanne erläutert nun die zukünftigen Ziele der Abteilung und ihr Verständnis der Führungsrolle. „Mein Ziel ist es, die Presseabteilung nach innen und außen als homogenes Team zu präsentieren. Wir werden gute Arbeit leisten, den internen Service verbessern und Erfolge mit unseren Werbemaßnahmen haben. Dafür brauchen wir eine funktionierende Kommunikation untereinander.“ Nun werden regelmäßige Besprechungen und andere turnusmäßige Verpflichtungen der Mitarbeiter angekündigt und verbindlich vereinbart.„Als neue Chefin liegt mir viel daran, dass wir offen miteinander umgehen. In diesem Zusammenhang ist es mir wichtig, dass alle wissen, was ich erwarte und worauf ich besonderen Wert lege.“ Susanne erläutert ihre Vorstellungen und Grundsätze der zukünftigen Führung der Abteilung. Sie geht auch auf Bewertungskriterien ein und macht deutlich, dass es ihr Anliegen ist, Leistung messbar zu machen.Am Ende fragt sie die Mitarbeiter nach ihren Wünschen und Erwartungen an ihre neue Chefin und geht auf die Äußerungen direkt ein, indem sie zum Beispiel begründet, warum sie einen Wunsch nicht erfüllen kann oder will. Eine andere Wortmeldung nimmt sie als Anregung auf und verspricht, beim nächsten Meeting darauf einzugehen.Schließlich fasst Susanne die wichtigsten Punkte und Vereinbarungen zusammen und lädt alle zu einem vorbereiteten Imbiss ein. Nun wird auf den Neuanfang angestoßen!

Inszenierter Rollenwechsel

Einzelgespräche und eine Abteilungsbesprechung mit anschließender Feier bedeuten einen großen Zeitaufwand. Der zahlt sich aus. Es herrscht Klarheit über die zukünftige Linie und den Führungsstil. Jeder weiß, was er zu erwarten hat. Die neue Chefin hat sich deutlich von der Kollegen-rolle distanziert und sich zu ihrer Führungsrolle bekannt. Die Arbeit kann ohne große Störungen weitergehen.

Das geschilderte Vorgehen zeigt einen konsequenten Weg: Der ehemalige Kollege lässt sich als Chef nicht manipulieren oder erpressen. Das führt zunächst zu enttäuschten, beleidigten und sogar feindseligen Reaktionen der Mitarbeiter. Derlei Widerstände sind vorprogrammiert und völlig normal (Übrigens: Wie Sie mit den zu erwartenden Widerständen umgehen können, erfahren Sie in Kapitel 9).

Wenn Sie den Rollenwechsel aktiv inszenieren und verkünden, wenn Sie mit den Folgen für die Zusammenarbeit offen umgehen, dann wird Ihr „Verrat“ nur für kurze Zeit die Gemüter erhitzen. Bei konsequentem Verhalten werden sich die Mitarbeiter schnell daran gewöhnen und sich so verhalten, wie sie es bei jedem Wechsel des Vorgesetzten tun würden. Sie werden Sie ganz neu kennen lernen und Ihre klar sichtbare Rolle schnell akzeptieren. Der Blick ist jetzt nach vorne und auf die gemeinsamen Aufgaben gerichtet und die Konstellationen der Vergangenheit verlieren schnell an Bedeutung.

Was ist außerhalb der Abteilung zu tun?

Suchen Sie nach neuen Allianzen. Das Netzwerk, das Sie nun aufbauen, spinnt sich nicht mehr nur unter den ehemaligen Kollegen, sondern auch zwischen Ihnen und anderen Führungskräften. Nehmen Sie Kontakt mit anderen Abteilungsleitern auf.

Neue Allianzen schmieden

 Checkliste für den Eintritt ins Führungsteam

Wie schätzen Sie die aktuelle Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen und Bereichen ein? Was gefällt Ihnen, was könnte besser sein? Was erwarten die Führungskollegen möglicherweise von Ihnen? Was erwarten Sie von den Führungskollegen? Was möchten Sie verändern? Welche Vereinbarungen möchten Sie mit den Führungskollegen treffen?

Die anderen Führungskräfte sind nun Ihre neuen Kollegen. Bisher haben diese Sie als Mitarbeiter einer anderen Abteilung gesehen. Vielleicht kennen einige Sie noch gar nicht. Auf jeden Fall kennt keiner von ihnen Sie in Ihrer neuen Rolle. Stellen Sie sich und Ihre Pläne vor. Sprechen Sie über die zukünftige Zusammenarbeit. Das schafft Vertrauen, dient Ihrem Selbstmarketing und macht unmissverständlich klar, dass Sie ab jetzt in der Führungsriege mitmischen.

Eintritt in die Rührungsriege

Karl ist der neue Chef der EDV-Abteilung. Da er in der Vergangenheit vorwiegend an der Weiterentwicklung von Programmen gearbeitet hat, ist er nur wenigen Kollegen bekannt. Zunächst plant er Gesprächstermine mit den Führungskräften jener Abteilungen, die am meisten Kontakt mit der EDV haben und ihre Dienstleistung oft in Anspruch nehmen. Dazu gehören die Chefs des Customer Service, der Buchhaltung und der Logistik. Das erste Gespräch findet mit Werner Klages, dem Leiter der Logistik, statt.„Guten Tag Herr Klages. Wir haben ja bisher wenig Kontakt miteinander gehabt. Das wird sich nun ändern, und ich möchte gern mit Ihnen darüber sprechen, welche Pläne ich für die Arbeit der EDV habe und wie die Zusammenarbeit mit der Logistik-Abteilung optimiert werden kann.“ Karl erörtert nun die von ihm ins Auge gefassten Veränderungen in Organisation und Service der EDV-Abteilung. Und er fragt Herrn Klages nach seinen Wünschen.„Nachdem ich Ihnen nun meine Vorstellungen geschildert habe, interessiert es mich zu erfahren, was Sie sich von mir wünschen.“ Herr Klages ist angetan davon, dass Karl sich so kooperativ zeigt. Er erläutert seine Vorstellungen und hat auch einige Anmerkungen zu aktuellen Problemen.Am Ende des Treffens bedankt sich Karl: „Vielen Dank für das kooperative Gespräch. Ich werde über Ihre Anregungen nachdenken und Ihnen berichten, wie es nun weitergeht. Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit mit Ihnen und zwischen unseren beiden Abteilungen.“ Er geht auch noch darauf ein, dass er mit allen Abteilungsleitern des Hauses ähnliche Gespräche führen wird. Damit empfiehlt er sich als kommunikativer, ernst zu nehmender Partner.

Wenn Karl nach all diesen Antrittsbesuchen zum ersten Mal an einem gemeinsamen Meeting der Führungskräfte teilnimmt, wird es den Anwesenden schwer fallen, in ihm noch den ehemaligen Mitarbeiter zu sehen. Selbstbewusst hat er sich in seiner Führungsrolle präsentiert.

Fazit

Bei jeder Übernahme einer Führungsposition ist es wichtig, zu Beginn die Zusammenarbeit klar zu regeln. Beim Wechsel aus dem Kollegenkreis muss zusätzlich unbedingt der Rollenwechsel thematisiert werden.

Selbstmarketing gehört auch dazu. Wenn ein Mitarbeiter Chef wird, muss er sich in seiner neuen Rolle im Führungskreis vorstellen und profilieren. Hier sitzen die neuen Kollegen! (Wie Sie das Netzwerk auf gleicher Ebene wirksam knüpfen und nutzen, erfahren Sie in Kapitel 12.)

Klare Absprachen und Vereinbarungen – mit Verständnis für die Emotionen aller Beteiligten – erleichtern den Einstieg in die neue Rolle.

Und sollten Sie von den ehemaligen Kollegen auf „gemeinsame Leichen im Keller“ angesprochen werden, antworten Sie: „Das war gestern. Lasst uns in die Zukunft schauen und daran denken, wie wir die gemeinsamen Aufgaben bewältigen. Dass wir uns so gut kennen, ist dabei sicher von Vorteil!“

Na, wenn Sie es sagen, muss es stimmen – Sie sind der Chef!

„NA GUT. ICH MACH’ DAS SCHON ...“

Warum der Chef scheitern wird, wenn er sowieso alles immer am besten und schnellsten selbst erledigt.

Beschwerdemanagement

Und ständig klingelt das Telefon. Hartmut Mahler, Mitarbeiter der Abteilung Auftragsannahme und Kundenservice bei einem Großhändler für Tierarzneimittel, ist genervt. Kunden rufen an und geben ihre Bestellungen durch. Das ist Routine. Natürlich sind auch Tierärzte oder Tierbesitzer am Apparat, die Fragen zur Zusammensetzung oder Dosierung der Arzneimittel haben. Oder eben der Tierarzt, der sich maßlos darüber ärgert, dass er einen Termin zur Impfung gemacht hat, der Impfstoff jedoch nicht zum vereinbarten – oder erwarteten – Zeitpunkt geliefert wurde. Der Termin ist da, nur der Impfstoff nicht ...... und nun ist er am Telefon. Wütend. „Wissen Sie eigentlich, was das für mich bedeutet? Ich habe den Impfstoff schon vor Wochen bei Ihnen bestellt. Und da ich ja weiß, wie langsam Sie immer liefern, habe ich den Termin mit meinem Kunden extra erst jetzt angesetzt. Und nun ist die Lieferung immer noch nicht da. Das ist eine heillose Schlamperei. Was soll ich denn meinem Kunden sagen?“Er ist nicht zu beruhigen. Eigentlich hat Hartmut durchaus Verständnis für die unangenehme Lage des Kunden: „Das tut mir Leid, Herr Jürgens. Ich kann verstehen, dass das für sie eine sehr unangenehme Situation ist. Ich möchte Ihnen ja gern helfen. Die Bestellung ist hier im Computer verbucht und müsste längst bei Ihnen sein. Ich werde das überprüfen und mich darum kümmern, dass Sie die Ware so schnell wie möglich bekommen.“Der Tierarzt tobt weiter: „Ich verlange, dass Sie unverzüglich dafür sorgen, dass der Impfstoff noch heute bei mir in der Praxis ist. Wenn nicht, dann mache ich Sie für meinen Verdienstausfall verantwortlich. Glauben Sie nicht, dass Sie so davonkommen! Was machen Sie eigentlich den ganzen Tag, wenn Sie noch nicht einmal das geregelt bekommen? Sie haben sich wohl gedacht, dass Sie einen so kleinen Kunden wie mich nicht besonders beachten müssen, was? Aber von Ihrem Unternehmen kann man ja nichts anderes erwarten. So unzuverlässig und arrogant wie die Mitarbeiter sind! Ich bestelle nie wieder bei Ihnen!“Hartmut fühlt sich langsam unwohl. Er ist schließlich nicht verantwortlich für den Fehler, wenn es denn ein Fehler war.Jedenfalls braucht er sich das nun auch nicht bieten lassen, persönlich möchte er nicht angegriffen werden. Nein, so kann man mit ihm nicht reden.„Herr Jürgens, das Beste ist, ich verbinde Sie mal mit meiner Chefin. Vielleicht kann sie Ihnen weiter helfen.“Hartmut will sich so schnell wie möglich aus dieser unangenehmen Situation befreien und verbindet einfach weiter: „Frau Wiese, ich habe hier so einen Kunden, der meckert. Ich komme mit ihm nicht weiter. Können Sie mal mit ihm sprechen?“Sabine Wiese, an derartige Vorfälle gewöhnt und besonders geschickt in schwierigen Gesprächen,antwortet: „Klar doch! Stellen Sie ihn mir durch. Ich kriege das schon hin.“Erleichtert lehnt sich Hartmut zurück. Den Ärger ist er nun los. Sollen sich doch andere damit herumschlagen!

Nach oben delegieren

Kommt Ihnen das irgendwie bekannt vor? Offenbar fällt es vielen Mitarbeitern – im Gegensatz zu ihren Chefs – durchaus leicht, Aufgaben zu delegieren. Nach oben zu delegieren. Spannend zu sehen, wie freudig und geschmeichelt die Vorgesetzten in diesen Fällen die ihnen von ihren Mitarbeitern (rück-)übertragenen Aufgaben übernehmen und so schnell wie möglich erledigen: pflichtbewusst und verantwortungsvoll, oder?

Dass dies für das Unternehmen effizient sei, wird keiner behaupten; und es ist auf Dauer auch nicht gut für das Ansehen des Vorgesetzten. Trotzdem kommt es oft genug vor, dass sich die Richtung des Delegierens unbemerkt umkehrt. Was steckt dahinter?

Motive der Mitarbeiter

Jeder macht es sich gerne leicht und geht den Weg des geringsten Widerstandes. Das ist auch eigentlich ganz richtig so, ein Überlebenstrieb, der hilft, Kraft zu sparen. Wenn ein Mensch merkt, dass es ein Leichtes ist, Verantwortung oder Arbeit abzugeben, wird er das tun. Und Mitarbeiter sind eben auch nur Menschen! Sie wissen, dass ihr Chef sich der schwierigen Fälle gerne annimmt. Und darum sind sie ganz erleichtert, dass sie sich nicht mehr mit dem meckernden Tierarzt, dem unzuverlässigen Lieferanten oder den Lösungen für technische oder organisatorische Schwierigkeiten herumschlagen müssen. Wunderbar!

Sie gehen wieder zu ihren Routineaufgaben zurück und müssen sich nicht den Kopf zerbrechen. Geschweige denn Verantwortung übernehmen. „Verantwortung? Das ist doch Chefsache“, sagen sie sich.

Im einleitenden Beispiel ist es das Abschieben unangenehmer Gefühle, das den Mitarbeiter dazu bewegt, die Chefin einzuschalten. „Ich muss mich doch nicht so anbrüllen lassen. Machen Sie ihm das mal klar!“ Hier läuft der Junge zur großen Schwester und bittet sie, sich für ihn zu prügeln. Dahinter steht mangelndes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und das Vertrauen, dass die große Schwester es schon richten wird.

Und die richtet es ja auch ...

Motive des Chefs

Eitelkeit

Sabine hat sofort reagiert und das Gewünschte erledigt. Sie hat das Gespräch übernommen, den Kunden beschwichtigt und ihm eine gute Lösung angeboten. Dann kümmert sie sich noch persönlich darum, dass die Ware per Express ausgeliefert wird. Als alles erledigt ist, geht sie zu Hartmut und berichtet ihm, was sie getan hat.

Klingt das nicht ein wenig nach dem eifrigen Wunsch, etwas gut zu machen? Denn bei ihr angekommen sind nicht die oben beschriebenen Motive des Mitarbeiters, sondern Streicheleinheiten und Schmeicheleien. Ein Fest für die Eitelkeit:

Ich kann ja so gut mit schwierigen und verärgerten Kunden umgehen. Und meine Mitarbeiter wissen das zu schätzen. Ich bin gut! Ich bin eben ein gutes Vorbild. Keiner hier erledigt dringende Aufgaben so schnell und effektiv wie ich. Das wissen meine Mitarbeiter auch. Ich bin gut! Ich bin hier die große Problemlöserin. Wenn es mich nicht gäbe, würde alles zusammenbrechen. Schön, dass meine Mitarbeiter das in Anspruch nehmen. Ich bin gut!

Es gibt zwar genügend anderes zu tun, aber diese erlebte Anerkennung der eigenen Fähigkeiten motiviert natürlich ganz ungemein dazu, den Beweis anzutreten, dass man jederzeit wieder herausragende Leistungen erbringen kann. Geschmeichelt machen sich täglich überall Vorgesetzte mit Elan daran, die Aufgaben ihrer Mitarbeiter zu erledigen. Allerdings wundern sie sich auch täglich darüber, dass ihr Schreibtisch nie leerer zu werden scheint. Und sie fühlen sich ständig überlastet. Unentbehrlich sind sie. Das schmeichelt und liefert die ehrenwerte Entschuldigung, warum sie immer zu wenig Zeit für Familie und Freunde haben.

Leider haben sie auch zu wenig Zeit für strategische Führungsaufgaben. Und das ist eine böse Falle mit einem verlockenden Köder! Denn jeder tut gern, was er besonders gut kann. Das beruhigt, gibt das Gefühl, viel gearbeitet zu haben und hilft, sich vor unangenehmer Arbeit – in diesem Fall Führungsaufgaben – zu drücken.