Beziehungskompetenz im  Beruf - Vera Heim - E-Book

Beziehungskompetenz im Beruf E-Book

Vera Heim

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Beschreibung

Ziele und Projekte alleine umzusetzen, ist heute kaum mehr möglich. Dagegen entstehen oft unerwartete Chancen, wenn Menschen sich zusammentun und an einem Strang ziehen. Entscheidend ist dabei, Individualität produktiv zu nutzen und Prozesse einfühlsam zu steuern. Denn aus wertschätzenden Verbindungen entsteht Motivation. Inhalte: - Das Gehirn ist auf Beziehung ausgelegt: Warum Wertschätzung und Empathie so wichtig sind - Mit Worten Brücken bauen: Wie Sie eine empathische Grundhaltung einnehmen und gewaltfrei kommunizieren - Schwierige Situationen konstruktiv lösen: Wie Sie Antipathien überwinden und Beziehungen wieder ins Lot bringen - Gelingende Beziehungen gestalten: Wie jede:r Einzelne ein neues Miteinander in Familie, Unternehmen und Gesellschaft schaffen kann

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Seitenzahl: 128

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[2]Inhalt

Hinweis zum UrheberrechtImpressumVorwortBeziehung als LebenselixierGemeinsam statt einsamBeziehung motiviertDas mitfühlende GehirnEmpathie als Grundvoraussetzung für BeziehungWie wir in Gesprächen Brücken bauenDie fünf Schlüsselfaktoren der EmpathieDas Modell der Gewaltfreien KommunikationMit Sprache Türen öffnenEigenverantwortung und Initiative fördernBrücken bauen in herausfordernden SituationenDas Fundament: WohlwollenSelbsteinfühlung bei AntipathienMit dem Empathie-Scan hinter die Fassade schauenMit Quick-Empathie Meetings verbessernVeränderungsprozesse unterstützenBeziehungen ins Lot bringenDas Ja hinter einem Nein hörenWenn der andere schweigt – Kontakt herstellenGrenzen im Kopf überwindenBrücken bauen in Unternehmen und GesellschaftDie Fülle der MöglichkeitenWertschätzung im privaten UmfeldEinfluss nehmen am ArbeitsplatzGesellschaftlich wirksam handelnLiteraturStichwortverzeichnisDie AutorinnenWeitere LiteraturDank
[1]

Hinweis zum Urheberrecht:

Alle Inhalte dieses eBooks sind urheberrechtlich geschützt.

Bitte respektieren Sie die Rechte der Autorinnen und Autoren, indem sie keine ungenehmigten Kopien in Umlauf bringen.

Dafür vielen Dank!

Haufe Lexware GmbH & Co KG

[122]Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Print:ISBN: 978-3-648-15750-3Bestell-Nr.: 10717-0002ePub:ISBN: 978-3-648-15751-0Bestell-Nr.: 10717-0101ePDF:ISBN: 978-3-648-15752-7Bestell-Nr.: 10717-0151

Vera Heim, Gabriele Lindemann

Beziehungskompetenz im Beruf – Brücken bauen mit Empathie und Gewaltfreier Kommunikation

2. Auflage 2021

© 2021, Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Munzinger Straße 9, 79111 Freiburg

www.haufe.de

[email protected]

Produktmanagement: Jürgen Fischer

Bildnachweis (Cover): Neustockimages, simonmasters (alle iStock by Getty Images), Bildbearbeitung: Simone Kienle

Grafiken: Ina Liesefeld

Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe (einschließlich Mikrokopie) sowie der Auswertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen, vorbehalten.

[4]Vorwort

Viele Menschen möchten heutzutage an Arbeitsstrukturen mitgestalten. Dies zeigt die Bewegung hin zu neuen Organisationsformen, in denen Wertschätzung, Sinn und Augenhöhe größere Bedeutung haben. Dies geschieht nicht von alleine. Erkennen Sie die Einflussmöglichkeiten in sich selbst und packen Sie sie beim Schopf! Mit Beziehungskompetenz könnte unsere (Arbeits-)Welt schon heute so blühen und gedeihen, wie wir sie morgen gerne erleben möchten.

Hier teilen wir mit Ihnen die wirksamsten Schlüssel zur Lebensqualität, privat und am Arbeitsplatz, die sich für uns seit vielen Jahren als Beraterinnen und Trainerinnen bewährt haben: durch die Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg kommen wir mit unserer Menschlichkeit in Kontakt. Dies fördert ein wertschätzendes Miteinander und wirksame persönliche Entwicklung. Begleitend setzen wir uns seit einem Jahrzehnt mit der Interpersonalen Neurobiologie auseinander. Durch unsere Vereinfachung einer komplexen Materie lernen Sie, sich selbst und andere besser zu verstehen. Auch wenn sich die Gehirnforschung ständig weiterentwickelt, gewinnen Sie hier schon einen umfangreichen Einblick, was Menschen im Zusammenleben antreibt. Sie können nachvollziehen, weshalb das Einbeziehen der emotionalen Ebene unabdingbar ist, um sich nachhaltig persönlich zu entwickeln.

Vera Heim und Gabriele Lindemann

P.S.: Wir sprechen Sie gleichzeitig als Leser und Leserin an, auch wenn wir weitgehend die männliche Form verwenden.

[5]Beziehung als Lebenselixier

Einen Großteil unseres Lebens verbringen wir am Arbeitsplatz. Damit wir uns dort wohlfühlen und die Arbeit leicht von der Hand geht, brauchen wir die Kooperation aller Beteiligten.

In diesem Kapitel erfahren Sie,

warum klare und wertschätzende Beziehungen zwischen Menschen unabdingbar für erfolgreiche Kooperation sind,wie sich Bindung und Beziehung auf unsere Motivation auswirken,warum unser Gehirn – und damit unser Denken, Fühlen und Handeln – auf Beziehung ausgelegt ist und was sich dort abspielt undwelche Rolle Empathie für die Beziehungskompetenz spielt.

[6]Gemeinsam statt einsam

In welchen Situationen erleben Sie den meisten Spaß bei Ihrer Arbeit? Wenn Sie Umsatzzahlen sehen, den monatlichen Betrag auf Ihrem Konto? Oder fallen Ihnen zuerst Gespräche mit Kunden, der Chefin oder Kollegen ein? Möglicherweise kennen Sie Arbeitsphasen, in denen Sie im Alleingang so richtig in Fluss kommen. Und gleichzeitig – wäre es nicht unbefriedigend, wenn Sie überwiegend allein vor sich hin werkelten?

Wie sieht es aus, wenn Sie in einem Projekt auf Widerstand stoßen? Leicht ist man dann verführt, die Ritterrüstung anzulegen und die eigene Sache durchzufechten. Doch im Kampf-oder Verteidigungsmodus verlieren wir den Kontakt zu uns selbst und zu anderen. Um uns zu schützen, signalisieren wir das Gegenteil von dem, was wir brauchen. Wir wünschen uns Unterstützung und Miteinander und bewirken mit unseren Urteilen und Forderungen bei anderen Trennung und Ablehnung. Wenn es in der Gemeinschaft nicht klappt, dann entscheiden wir uns vielleicht, die Sache alleine zu stemmen. Doch alleine Großes zu bewegen, ist nur beschränkt möglich, zehrt an den Kräften und wir laufen Gefahr auszubrennen. Wie wäre es denn, wenn es uns gelingen würde, Einfluss zu nehmen und Menschen zur Kooperation zu gewinnen? Wenn wir ein Nein als Chance zur Verbindung nutzen könnten und alle miteinander an einem Strang ziehen würden?

[7]Was ist Beziehungskompetenz?

In der Arbeitswelt wird Fachkompetenz vorausgesetzt. Doch um seine Arbeit gut zu machen, spielen auch andere Faktoren eine Rolle. Hier ist Beziehungskompetenz gefragt: Es geht z. B. darum,

Menschen für ein Vorhaben zu begeistern – etwas miteinander zu bewegen und voranzukommen statt gegeneinander zu kämpfen,Individualität als Chance zu erkennen und bei der Teamarbeit zu nutzen,Fähigkeiten zu aktivieren, die in unserer menschlichen Natur liegen – Einfühlung und Fürsorge wiederzuentdecken und dadurch die Anliegen aller im Blick zu behalten.

Das heißt auch, dass wir uns der Auswirkung unseres Handelns auf unser Umfeld bewusster werden und den Blick öffnen für neue Wege, die den größten Spaß bedeuten und die stärkste Motivation im Tun. Mit der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg können wir durch eine wertschätzende Haltung den Boden für dieses Miteinander schaffen und uns und andere zum gemeinsamen Handeln bewegen.

Beziehungskompetenz bedeutet, Prozesse einfühlsam und zugleich handlungsorientiert zu steuern, das Individuum genauso wie die Gemeinschaft im Auge zu behalten und mit einer verbindenden Sprache Menschen zum Miteinander zu bewegen.

[8]Aufgrund der demografischen Entwicklung werden in den kommenden Generationen die heimischen Fachkräfte knapp sein. Ein Grund mehr, sich schon heute auf Führung vorzubereiten, die die Anliegen nach Einbeziehen, Mitgestaltung und Individualität berücksichtigt.

Wozu Beziehungskompetenz?

Kunden beraten, gemeinsame Ziele vereinbaren, Projekte koordinieren, Aufgaben delegieren, Menschen betreuen oder zwischen Parteien vermitteln – im Beruf ist die Fähigkeit gefragt, das Gegenüber zu verstehen und Beziehungen zu pflegen. Je besser es Ihnen gelingt, mit anderen in einen verbindenden Kontakt zu treten, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie gemeinsam mit Ihnen an einem Strang ziehen. Denn, Hand aufs Herz: Was bedeutet es für Ihr eigenes Bestreben, Ihr Bestes zu geben, wenn Sie wirklich darauf vertrauen können, dass Ihre Anliegen zählen? Und wenn Sie erleben, als Mitwirkender Bedeutung zu haben?

Gerade dann, wenn Beziehungen nicht so funktionieren, wie wir uns das wünschen, brauchen wir die Fähigkeit, Brücken zu bauen. Menschen sind keine Maschinen, ihr Verhalten lässt sich nicht durch Pläne und Anreize steuern. Einen Knopf zu drücken und das gewünschte Ergebnis zu erhalten, funktioniert (manchmal) bei einem Automaten, nicht aber bei Mitarbeitenden. Wollen wir stabile Brücken bauen, dann hilft uns das Verständnis, wie Menschen »funktionieren«. Deshalb werfen wir im folgen[9]den Kapitel einen Blick auf Forschungsergebnisse aus Psychologie und Hirnforschung.

Beziehung motiviert

So angenehm und wohltuend es ist, mit anderen Menschen in Kontakt zu sein, so herausfordernd kann es auch sein. Besonders wenn wir unter Stress stehen, werden wir manchmal von unserem eigenen Verhalten überrascht oder können das Verhalten anderer nicht verstehen. Was läuft dann im Gehirn eines Menschen ab? Was stresst und was motiviert ihn? Was lässt ihn einfühlsam sein und was hindert ihn daran? Welche Bedeutung haben Beziehungen für den Menschen und was lässt ihn diese erfolgreich gestalten? Fragen, die nicht nur uns im Alltag beschäftigen, sondern auch Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen.

Die Sicht der Interpersonalen Neurobiologie (IPNB)

Ärztinnen, Neurobiologen, Psychologen, Mathematikerinnen, Biologinnen, Physiker, Philosophen und Ethologinnen forschen, experimentieren und versuchen, Theorien wissenschaftlich zu untermauern. Keine der Disziplinen wird die Antwort allein finden. Es benötigt die Perspektive aller Wissenschaften, um die Komplexität des Menschen zu verstehen. Die Interpersonale Neurobiologie (IPNB) hat sich zur Aufgabe gemacht, viele verschiedene Sichtweisen zusammenzubringen und ein möglichst [10]ganzheitliches Verständnis des Wunders »Mensch« zu schaffen. Die IPNB geht davon aus, dass unser Gehirn ein »soziales« Organ ist, das sich aufgrund zwischenmenschlicher Erfahrungen formt und entwickelt. Deshalb wird der (Ver-)Bindung zwischen Menschen und ihrer Wirkungen aufeinander eine besondere Bedeutung zugemessen. Wir tragen im Folgenden die uns wichtigen Informationen aus der Forschung der IPNB für Sie zusammen und vermitteln diese so anschaulich wie möglich, ohne den Inhalt zu verfälschen. Dabei gilt: Was wir heute wissen, kann morgen vielleicht anders interpretiert werden, da die Forschung rasch voranschreitet. Wir zeigen in diesem Taschen-Guide Mut zur Lücke und verweisen für ein vertieftes Studium der IPNB auf die Literaturliste am Ende dieses Buches.

Das Leben strebt nach Verbindung

Vereinen sich Samen- und Eizelle, entsteht daraus Leben. Eingebettet in die Sicherheit des Mutterleibs wächst das Baby in Verbindung mit seiner Mutter heran. Wie sonst nie mehr im Leben, ist für alles gesorgt: Wärme, Nahrung, Atmung und Geborgenheit. Im Bauch der Mutter macht das Baby in der Regel eine erste wichtige Erfahrung, was es bedeutet in einer sicheren (Ver-)Bindung zu sein. Mit der Geburt kommt es zu einer ersten einschneidenden Trennung im Leben eines Menschen. Der Säugling braucht jetzt auch andere Menschen, die seine Zeichen verstehen und ihm Nahrung, Liebe und Fürsorge geben. Das ist der Moment, in dem auf einer neuen Ebene eine tiefe Verbindung zwischen Mutter (oder einer anderen Bindungsperson) und Kind [11]entsteht. Damit diese überlebensnotwendige Verbindung erfolgreich entstehen kann, hat sich die Natur einiges »ausgedacht«.

Neurobiologischer »Klebstoff«

Mit dem ersten Atemzug beginnt das Baby eine spannende Entdeckungsreise. Mit seinen Sinnen entdeckt es seine Mutter. Es erfährt, wie sie riecht, schmeckt, wie es sich in ihren Armen anfühlt und wie sie aussieht, wenn sie lächelt oder besorgt ist. Fühlt sich das Baby unwohl, signalisiert es das mit Weinen. Seine Mutter versucht herauszufinden, was es braucht, und wird ihr Möglichstes tun, damit es dem Baby wieder gutgeht. Dieser Prozess wird im Gehirn durch den Neurotransmitter Dopamin unterstützt. Gelingt es der Mutter, das Kind zu beruhigen, sorgen endogene Opioide, die auch körpereigenes Morphin genannt werden, dafür, dass sich bei Mutter und Kind Zufriedenheit und Entspannung ausbreiten. Durch den liebevollen Blickkontakt zwischen Mutter und Kind beginnt das Bindungshormon Oxytocin zu fließen. Je mehr angenehme Erfahrungen mit einer Bindungsperson gemacht werden können, desto stärker und sicherer wird die Bindung.

Dieser neurobiologische »Klebstoff«, der Menschen miteinander verbindet, ist auch aus evolutionärer Sicht sinnvoll. Als unsere Vorfahren sich noch in Stämmen organisierten und gemeinsam durch die Steppe zogen, war das Überleben nur im Verbund einer Gruppe gesichert. Der Ausschluss aus der Gruppe bedeutete ein Todesurteil. Die Fähigkeit, in Verbindung zu treten, sich in andere einzufühlen und zu verstehen, was andere brauchen, war dabei genauso überlebensnotwendig wie Stammesmitglieder, die für [12]einen sorgten. Das dadurch entstehende wechselseitige Miteinander hat also Abertausenden von Generationen unserer Spezies das Überleben gesichert und dazu beigetragen, dass es uns heute gibt.

Auch heute lässt sich aus Gemeinschaftsverbünden ableiten, welche wichtige Rolle Zugehörigkeit und Verbundenheit spielen, um seelisch ausgeglichen zu sein – auch wenn keine Todesängste mehr zu befürchten sind in Partnerschaft, Familie, Freundeskreis, Vereins- und Gemeindeleben. Dass wir einen Großteil unserer Lebenszeit am Arbeitsplatz verbringen, macht deutlich: Gemeinschaft und Zugehörigkeit sind auch dort unabdingbar. Wen wundert es dann, dass mangelnde Resonanz, Schweigen, ungeklärte Spannungen oder Ausgrenzung wehtun? Dadurch wird die gleiche Hirnregion aktiviert wie bei körperlichem Schmerz. Nicht selten führen deshalb anhaltende Konflikte am Arbeitsplatz zu Krankheit und Arbeitsausfällen.

Menschen sehnen sich nach Bindungserlebnissen. Die meisten leiden darunter, wenn sie länger ohne andere Menschen auskommen müssen. Wer am Arbeitsplatz, mit Freunden oder in der Familie wenig Möglichkeit für Verbindung hat, sucht oft unbewusst Kontakt mit anderen. Auch durch Auseinandersetzung und Streit, bis zu Gerichtsprozessen oder durch Krankheit wird Aufmerksamkeit und Begegnung erlebt.

Bindungserlebnisse als Startkapital

Obwohl die wechselseitige Abhängigkeit von Menschen logisch erscheint, ist diese Sichtweise in der Wissenschaft noch verhältnismäßig jung. Einer der Vorreiter war der britische Kinderpsychiater und Psychoanalytiker John Bowlby. Er begründete [13]Ende der 1950er Jahre unter Mitarbeit von James Robertson und Mary Ainsworth die Bindungstheorie, die besagt: Die Qualität und Quantität unserer frühesten Bindungserfahrungen beeinflusst die Entwicklung unseres Gehirns und damit einerseits unsere Möglichkeiten, die eigenen Emotionen zu steuern, und andererseits, mit anderen Menschen gelingende Beziehungen aufzubauen. Die Bindungstheorie unterscheidet drei organisierte Bindungstypen (sicher, unsicher-vermeidend, unsicher-ambivalent) und einen desorganisierten Bindungstyp. Es handelt sich dabei um Stereotype, die selten in Reinform erlebt werden, weil Kinder mit verschiedenen Menschen unterschiedliche Bindungserfahrungen machen. Gleichzeitig veranschaulichen die Bindungstypen, wie das Umfeld, in das Menschen geboren werden, ihre innere Landkarte prägt – und damit die Art und Weise, wie sie die Welt erleben. Die frühen Bindungserfahrungen beeinflussen also maßgeblich, wie Menschen später im Leben in Beziehung treten und Stresssituationen managen.

Bindungstyp »sichere Bindung«

Stellen Sie sich vor, Sie erfahren im Alltag Sicherheit. Andere Menschen begegnen Ihnen mit Präsenz und hören Ihnen zu. Sie können mit Leichtigkeit zu anderen in Verbindung treten, aber es gibt auch Raum für Rückzug. Sie haben das innere Vertrauen, dass Probleme gelöst werden können und dass auf alltägliche Verletzungen eine einfühlsame Wiedergutmachung folgt. Menschen, die in einem solchen Umfeld aufgewachsen sind und sichere Bindung in Ihrer Familie erlebt haben, ent[14]wickeln ein gesundes Selbstbild, sind kreativ, fürsorglich und können Probleme selbst lösen. Sie wissen, wie sie ihren eigenen Stress regulieren und den Überblick bewahren können. Es fällt ihnen leicht, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten – auch dann, wenn es vielleicht emotional schwierig wird. Sind das nicht auch Fähigkeiten, die Sie sich selbst wünschen? Wie wäre es, in einem Umfeld zu arbeiten, in dem Kolleginnen oder Kollegen, Mitarbeitende und Vorgesetzte diese Fähigkeiten mitbringen? Viele entspannt es, wenn sie an Menschen denken, mit denen sie eine sichere Bindung erlebt haben. Der Gedanke beruhigt das Nervensystem, bringt sie in ein inneres Gleichgewicht und weckt Vertrauen und Zuversicht. Die folgende Übung kann im Alltag hilfreich sein, vor allem, wenn Sie gestresst sind.

Übung: Meine sichere Bindung

Mit wem erleben Sie im Alltag sichere Bindung? Wer ist in Ihrer Gegenwart präsent und hört Ihnen aufmerksam zu? Wer vermittelt Ihnen Vertrauen und die Zuversicht, dass Probleme gelöst werden können und dass Sie als Mensch zählen? Wer nimmt nach einem Streit wieder den Kontakt mit Ihnen auf? Oder bei wem fällt es Ihnen leicht, dies selbst zu tun? Wenn Ihnen spontan gerade niemand einfallen sollte, dann blicken Sie zurück in Ihre Vergangenheit. Gab es dort vielleicht einen Freund, eine Tante oder einen Lehrer, mit dem Sie das erlebt haben? Denken Sie nun an die Person, über die Sie sich bei diesem Rückblick am meisten freuen. Welche Bilder tauchen vor Ihrem inneren Auge auf? Erinnern Sie sich an gemeinsame Erlebnisse, den Geruch dabei, den Klang der Stimme oder eine Melodie, die noch heute das Gefühl der Wärme in Ihnen aufsteigen lassen? Nehmen Sie einen tiefen Atemzug und forschen Sie nach.

Wie geht es Ihnen gerade jetzt in diesem Augenblick, da Sie an diese Person denken? Was macht Ihr Atem? Wie ist Ihr innerer Stresspegel? Sind Sie eher angespannt oder ruhig?

[15]