Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Was hat Judas eigentlich dazu bewogen, Jesus zu verraten? Und was ist aus dem Geld geworden, das man ihm dafür bezahlt hat? Warum musste Jesus sterben? Warum musste Goliath gleich zweimal sterben? Die großen Kriminalfälle der Bibel sind nicht nur Gegenstand des Kartenspiels Black Stories Bibel Edition, sie werfen auch Fragen auf. Fragen, die auf Spielkarten nicht umfassend beantwortet werden können. Dieser Ergänzungsband ist für alle gedacht, die tiefer eintauchen wollen in den Kampf zwischen Gut und Böse, Licht und Schatten, der sich durch die Bibel zieht. Für diejenigen, die die biblischen Black Stories im Religionsunterricht oder in der kirchlichen Jugendarbeit einsetzen wollen, gibt es erprobte Tipps aus der Praxis, inklusive eines Unterrichtsentwurfs und eines Predigtentwurfs. Ausgewählte Kunstwerke gewähren weitere Einblicke in die abgründigen Geschichten der Bibel.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 158
Veröffentlichungsjahr: 2021
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Für Edda und Isaak
Einführung
Kleine Ursache, große Wirkung
Das Drama
Zu spät
Störfall mit Spätfolgen
Tödlicher Anblick
Kurz vor der Familientragödie
Wer zu spät kommt...
Betrogen
Der Angeber
Rettendes Beweisstück
Verhängnisvoller Verlust
Trinkgefäß auf Abwegen
Steiler Aufstieg
Fataler Rückzieher
Die Todesschlucht
Tatort Tempel
Heimliches Geschäft
Die Zeichen stehen auf Krieg
Tödlicher Sprachfehler
Das Versäumnis
Gefährliche Kriegsbeute
Kopflos
Entkommen
Teures Brot
Vereitelte Mordpläne
Verstümmelte Leichen
Falsche Wahl
Haarige Angelegenheit
Der Mordbefehl
Tödlicher Wettstreit
Der Weinberg
Die Zugabe
Wer anderen einen Galgen baut
Geheimnisvolles Graffiti
Zu nah
Die Waffen einer Frau
Buche oder Fichte?
Letzte Mahlzeit
Blinder Passagier
Umweg mit Folgen
Rätselhafter Schweinetod
Heilung mit Todesfolge
Blutiger Nachtisch
Der Aufstand
Späte Einsicht
Armer Reicher
Die Wahl
Auf und davon
Spurlos verschwunden
Vertane Gelegenheit
Black Stories in der religionspädagogischen Praxis
Stundenentwurf für den Unterricht
Verkündigungsentwurf für den Jugendgottesdienst
Stichwortindex
Bildnachweis
Textnachweis
Was hat Judas eigentlich dazu bewogen, Jesus zu verraten? Und was ist aus dem Geld geworden, das man ihm dafür bezahlt hat? Warum musste Jesus sterben? Warum musste Goliath gleich zweimal sterben?
Die großen Kriminalfälle der Bibel sind nicht nur Gegenstand der Black Stories Bibel Edition, sie werfen auch Fragen auf. Fragen, die in den kurzen Erklärungen auf den Black Stories-Karten nicht beantwortet werden können – die aber doch interessant sind, wenn man sich einmal auf der kriminalistischen Spur befindet.
Wer die Hintergründe kennen will, braucht daher zusätzliche Informationen. Viele davon stehen in der Bibel – aber nicht alle. Darum habe ich als Ergänzung zur Black Stories Bibel Edition dieses Büchlein geschrieben: als Nachschlagewerk für die Hintergründe, aber auch mit weiterführenden Denkanstößen. Als Pfarrer interessiere ich mich nicht nur für die kriminalistischen Details der Fälle, sondern auch für das, was die Schwärze der Black Stories ausmacht: menschliche Abgründe und Schattenseiten, Verstrickung in Schuld und tragische Blindheit. Aber auch für den Hoffnungsschimmer, der auf manche dieser rabenschwarzen Geschichten fällt – und am Ende alles Dunkle überstrahlt.
Im Grunde durchziehen die Black Stories die Bibel ja wie ein roter Faden: Schon im Garten Eden kommt es zur ersten Black Story. Seit Evas Biss in die verbotene Frucht ist das Böse in der Welt – und bringt alles durcheinander. Es dauert gar nicht lange, da geschieht der erste Mord. Und bald schon hat sich das Böse derartig ausgebreitet, dass Gott die Schleusen des Himmels öffnet, auf dass die Sünde ausgerottet werde – ohne nachhaltigen Erfolg allerdings, wie sich zeigt. Im Gegenteil: Mit den technischen Fähigkeiten der Menschheit entwickeln sich auch Machtgier und Größenwahn.
So nimmt das Böse seinen Lauf durch die Zeit. Am Wegesrand bleiben seine Spuren: die Investruine von Babel, die Salzsäulen bei Sodom, die geheimnisvolle Schrift an der Wand des Königspalasts von Babylon und die Schweinekadaver im See Genezareth.
Doch parallel dazu wächst auch das Rettende: Im letzten Moment kann der Mord eines Vaters an seinem eigenen Sohn abgewendet werden. In letzter Minute gerettet werden auch die schöne Susanna, die schwangere Tamar, das Volk Israel auf seinem Weg durch die Wüste und David gleich mehrfach. Andere Black Stories enden zwar auf den ersten Blick tragisch, doch auf den zweiten Blick erwächst auch aus ihnen noch Gutes. Josef in der Grube, Jona im Bauch des Fisches, Jesus in der Gruft... am Ende behält das Gute die Oberhand.
Dieser Ergänzungsband zur Black Stories Bibel Edition ist für alle gedacht, die noch tiefer eintauchen wollen in den Kampf zwischen Gut und Böse, Licht und Schatten, der sich durch die Bibel zieht. Für diejenigen, die die biblischen Black Stories im Religionsunterricht oder in der kirchlichen Jugendarbeit einsetzen wollen, gibt es im Anhang außerdem noch erprobte Tipps aus der Praxis. Auch ein Stundenentwurf und ein Predigtentwurf werden hier bereitgestellt.
Aus rechtlichen Gründen können hier nur die Headlines der Black Stories zitiert werden, nicht aber die kompletten Texte der Spielkarten. Wer die Rätsel nutzen will, braucht also auf jeden Fall auch den „Urtext“: Black Stories Bibel Edition, moses-Verlag Kempen 2015.
Der Ergänzungsband bietet nicht nur Raum für ausführlichere Informationen, sondern auch für Illustrationen. Denn die Kriminalfälle der Bibel haben natürlich auch die Kunst inspiriert. Die ausgewählten Kunstwerke gewähren noch mal ganz eigene, vertiefende Einblicke in die Abgründe der Bibel.
Ein besonderer Dank geht an meinen Vater Albrecht Bartels. Als Lehrer war er an der Schule, die auch ich besuchte. In Vertretungsstunden beschäftigte er uns mit Black Stories. Die hießen damals zwar noch nicht so, waren aber nichts anderes. Ich habe diese Stunden geliebt. Es war also mein Vater, der mich auf die Spur gebracht hat – und der später mit kriminalistischem Scharfblick die Fehler aufgespürt hat, die sich in mein Manuskript eingeschlichen haben.
Den letzten orthografischen Schliff erhielt das Manuskript durch meine liebe Frau, Doris Hoffmann-Bartels. Ein großer Dank geht daher auch an sie, auch für die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Text.
Pirna, den Pfingsten 2021
Johannes Bartels
(1.Mose 3)
Johann Carl Loth, Adam und Eva
Der Anlass scheint so klein: Es geht lediglich um einen Apfel. Doch dass Adam und Eva sich über Gottes Verbot, den Apfel zu essen, hinwegsetzen, hat riesige Auswirkungen auf die Menschheit.
Das paradiesische Glück der ersten Menschen ist nur von kurzer Dauer. Wenn man die ersten Seiten der Bibel liest, dann hat man jedenfalls diesen Eindruck. Gerade erst hat die Geschichte der Menschheit begonnen – schon bekommt das Glück einen Knacks. Wo Vertrauen war, herrscht jetzt Misstrauen, wo die Menschen unbekümmert waren, herrscht jetzt Angst. Die Unschuld ist dahin.
Nicht nur die Beziehung zu Gott bekommt durch die Geschichte mit dem Apfel einen Knacks; auch die Beziehung der Menschen untereinander. Sie schieben sich nun gegenseitig die Schuld in die Schuhe. Adam redet sich damit heraus, dass Eva ihm von dem Apfel gegeben habe. Und die schiebt den schwarzen Peter weiter an die Schlange. Von nun an herrscht Feindschaft zwischen dem Menschen und der Schlange. Der Mensch wird der Schlange den Kopf zertreten und die Schlange wird ihn in die Ferse beißen. (1.Mose 3,15) Auch die Beziehung zwischen Mensch und Natur ist also betroffen.
War das eigentlich nötig? Warum hat Gott denn diese eine Frucht überhaupt verboten? Warum hat er nicht alles, was wächst, freigegeben?
Diese Frage lässt sich noch einigermaßen leicht beantworten: Nicht alles, was wächst, ist gut für den Menschen. Der Fliegenpilz etwa ist zwar schön anzusehen, aber man sollte doch lieber die Finger davon lassen.
Na gut. Aber warum hat Gott den Menschen dann die Möglichkeit gegeben, seinem Verbot zum Trotz von der verbotenen Frucht zu naschen? Hätte er nicht einen großen Zaun um den Baum errichten können? Oder, noch besser, dafür sorgen können, dass der Mensch gar nicht erst das Verlangen nach dieser Frucht verspürt? Mit anderen Worten: Wenn Gott allmächtig ist, warum lässt er dann zu, dass böse Dinge geschehen? Hätte er es nicht so einrichten können, dass es gar nicht erst zu den Black Stories dieser Welt kommt? Dann gäbe es zwar nicht das gleichnamige Ratespiel, dafür aber lebten wir in einer Welt des Friedens und der Harmonie.
Aber eben auch in einer Welt der Unfreiheit. Es wäre nur um den Preis der Willensfreiheit möglich gewesen, den Menschen komplett vor dem Bösen zu bewahren. Wir wären Marionetten, unfähig, eigene Wege zu gehen, eigene Entscheidungen zu treffen. Wir könnten uns weder für das Böse entscheiden – noch für das Gute. Gut und Böse wären Wörter ohne Sinn.
Das Gute gibt es nur um den Preis des Bösen.
Die Bibel bringt mit dieser ersten aller Black Stories zum Ausdruck: Gott wollte keine Marionetten. Er wollte Wesen nach seinem Ebenbild, und das heißt: freie, souveräne Wesen. Wesen, die zum Bösen fähig sind, aber eben auch zum Guten; zum Hass, aber eben auch zur Liebe.
Das hat zur Folge, dass die Welt, in der wir leben, nicht perfekt ist – weiß Gott nicht! Aber es ist doch eine Welt, in der auch das Gute seinen Platz hat. Es ist eine Weit, in der es neben unzähligen Black Stories auch so etwas wie White oder besser „Light Stories“ gibt: Geschichten des Lichts und der Hoffnung, der Bewahrung und der Heilung.
Ich jedenfalls möchte in keiner anderen Welt leben.
(1.Mose 4,1-16)
Kain erschlägt Abel Tizian, Kain und Abel
Kaum ist das Böse in der Welt, greift es um sich – und wird bald so mächtig, dass ein Bruder den anderen erschlägt. Da es bisher nach biblischer Zählung erst vier Menschen gibt, ist damit quasi ein Viertel der Menschheit ausgelöscht. Abel muss sterben. Sein Name deutet das bereits an, denn „Abel“ bedeutet so viel wie Hauch oder Vergänglichkeit.
Und warum das alles? Aus bloßem Neid! Das Problem ist so alt wie die Menschheit. Dem anderen geht es besser als mir. Er hat mehr Erfolg oder findet mehr Anerkennung. Er sieht besser aus oder hat mehr Glück. Sein Leben scheint einfach besser zu gelingen als meines.
Kain hat das – wie viele Menschen in der Bibel – auf Gott zurückgeführt. An Gottes Segen ist alles gelegen – das war der Grundsatz. Wenn es rund lief, dann lag das daran, dass Gott seinen Segen gegeben hatte – wenn nicht, dann lag es wohl daran, dass dieser göttliche Segen fehlte.
Warum schenkt Gott dem einen seinen Segen, während er ihn dem anderen verwehrt? Kain hatte doch eigentlich alles richtig gemacht. Er, der Landwirt, hatte Gott einen Teil seiner Ernte geopfert – genau wie sein Bruder, der Schäfer, einen Teil seiner Herde geopfert hatte. Doch während die Rauchsäule über Abels Altar senkrecht aufstieg, war das bei Kains Opfer nicht der Fall – so jedenfalls ist die gängige Erklärung für das Urteil, das dann gefällt wird: „Der Herr schaute wohlwollend auf Abel und sein Opfer. Doch Kain und sein Opferschaute er nicht wohlwollend an.“ (1. Mose 4,4b-5)
Die Bibel erklärt nicht, wie es dazu kam. Sie fällt kein Urteil darüber, ob es an Kain selbst lag oder nicht, ob sein Opfer vielleicht halbherziger war als das des Bruders. Es ist einfach so. Wie im richtigen Leben. Da gibt es auch nicht für alles eine Erklärung. Manchmal läuft es gut – ein anderes Mal nicht. Dem einen scheint alles zuzufallen – der andere tut sich schwer.
Man kann das ungerecht finden, doch das hilft nicht weiter. Erst recht hilft es nicht, dem anderen dafür böse zu sein. Er kann in der Regel nichts dafür. Genau das passiert hier: Kain ist seinem Bruder böse. Er kann es nicht ertragen, dass sein Bruder besser wegkommt als er.
Gott bleibt das nicht verborgen. Er warnt ihn noch – und er mutet ihm zu, dem Neid zu widerstehen. Die Sünde „lauert... an der Tür. Sie lockt dich, aber du darfst ihr nicht nachgeben!“ (1. Mose 4,7b) Der Mensch ist dem Bösen nicht ausgeliefert. Er kann seine Triebe beherrschen. Das unterscheidet ihn vom Tier.
Doch Kain findet nicht die Kraft dazu. Er lässt es zu, dass der Hass in ihm übermächtig wird. Das hat fatale Folgen...
Übrigens nicht nur für Abel, dem ersten Mordopfer der Bibel. Sondern auch für Kain selbst. Für seine Tat wird er verflucht. Die Erde, die er mit dem Blut des Bruders getränkt hat, verschließt sich ihm von nun an und verweigert ihm, dem Landwirt, den Ertrag. Kain ist zum rastlosen Leben im Land Nod, dem Land der Heimatlosen verdammt. (Das Wort Nod leitet sich vermutlich vom hebräischen Wort nad ab, das „ruhelos“ bzw. „umherwandern“ bedeutet.)
Immerhin: Auch dort steht er unter Gottes Schutz. Gott versieht ihn mit dem „Kainsmal“, das allen, die Hand an Kain legen wollen, siebenfache Rache androht. So geht das Leben für ihn weiter – trotz der schweren Schuld, die er auf sich geladen hat. Eine Black Story mit Hoffnungsperspektive!
(1.Mose 6-7)
Noahs Zeitgenossen realisieren, dass es zu spät ist. Karl Schorn, Die Sintflut
Das Tragische an der Sintflut ist, dass es eine Katastrophe mit Ansage ist. „Gott sah auf die Erde: Sie war durch und durch verdorben." (1. Mose 6,12) – und er beschließt ihre Vernichtung. Unaufhaltsam treiben die Menschen nun auf die Katastrophe zu – alle
bis auf Noah und seine Familie. Noah ist der einzige, der vor Gottes Augen bestehen kann und der deshalb eingeweiht wird in den tödlichen Plan. Auf Gottes Befehl hin baut er die Arche (= Kasten, von lat. arca) mitten auf das Land – zur Belustigung seiner Zeitgenossen, wie zu vermuten ist. Die Bibel schweigt darüber, wie die Menschen auf Noahs Bauprojekt reagieren. Doch man kann sich kaum vorstellen, dass sie sich diese Steilvorlage zum Spott entgehen lassen haben. Die Bibel berichtet auch nichts davon, dass Noah die Menschen gewarnt hätte. Es scheint, als arbeite er still vor sich hin und kümmere sich nicht um das Geschwätz um ihn herum.
Hätte die Geschichte einen anderen Ausgang genommen, wenn Noah die Menschen gewarnt hätte?
Das lässt sich natürlich nicht mehr klären. Doch es spricht manches dafür, dass wir uns inzwischen wieder in einer ähnlichen Lage befinden. Der Klimawandel lässt den Meeresspiegel steigen. Schon jetzt wissen manche Inselstaaten, dass sie untergehen werden. Schon jetzt fallen ganze Landstriche gigantischen Wirbelstürmen oder Überschwemmungen zum Opfer. Und das ist erst der Anfang.
Und, zieht die Menschheit Konsequenzen aus diesem Szenario? Klima-Experten meinen: Wir reagieren viel zu halbherzig! Noch viel mehr könnte – und müsste – getan werden, um Emissionen zu reduzieren und den Temperaturanstieg abzubremsen!
Steuern wir also – wie Noahs Zeitgenossen – auf das Ende zu?
Und wenn ja, werden auch wir die Chance zum Neuanfang bekommen?
Denn das ist ja das Schöne an der Geschichte von der Sintflut: dass am Ende der Regenbogen aufleuchtet, als Zeichen der Versöhnung und des Neuanfangs. „Solange die Erde besteht, werden nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“ (1. Mose 8,22)
Die Bibel redet hier sehr menschlich von Gott: Bereits zum zweiten Mal ändert sich hier sein Sinn. Erst bereut er, den Menschen geschaffen zu haben, weil er dessen Hang zum Bösen unterschätzt hat. Nun scheint er zu akzeptieren, dass es einfach so ist und dass sich das Böse nicht ausrotten lässt – jedenfalls nicht so, wie er es versucht hatte. Und trotzdem geht Gottes Geschichte mit der Menschheit weiter.
Es wird also zu weiteren Black Stories kommen. Doch die spannende Frage ist: Was wird Gott sich jetzt einfallen lassen, um das Böse zu bekämpfen? Eine Frage, die sich durch die Bibel zieht wie ein roter Faden.
(1.Mose 11,1-9)
Es sind große Pläne, die die Menschen schmieden: Sie wollen einen Turm bauen, der bis in den Himmel reicht.
Doch was eigentlich ist so schlimm daran? Warum will Gott das verhindern?
Die Antwort steckt in Vers 6: „Das ist erst der Anfang! In Zukunft wird man sie nicht mehr aufhalten können. Sie werden tun, was sie wollen.“ Gott fürchtet offenbar, dass nicht nur die Bauwerke der Menschen bis in den Himmel wachsen, sondern auch ihre Bosheit. Wer Wolkenkratzer baut, baut dann vermutlich auch andere Waffen als den Knüppel, mit dem Kain noch seinen Bruder erschlug. Je mehr Macht der Mensch hat, desto fataler sind die Folgen, wenn er seine Macht missbraucht.
Um dem einen Riegel vorzuschieben, erfindet Gott den Vorläufer des Cyberwar: Sabotage durch Manipulation der Software. Im Grunde ist die Sprachverwirrung nichts anderes als eine Infizierung der menschlichen Sprache mit einem Virus. Anders als bei der Sintflut wird diesmal das Leben der Menschen geschont – und trotzdem sind sie dazu gezwungen, ihre hochfliegenden Pläne aufzugeben.
Der Störfall von Babel macht aus dem begonnenen Turm eine Investruine. Pieter Bruegel d.Ä., Turmbau zu Babel
Die Folgen dieses urzeitlichen Störfalls bestehen bis heute. Nur mal ein Beispiel: 1999 verlor die NASA eine Hunderte Millionen Dollar teure Sonde, den Mars Climate Orbiter, weil die zuständigen Programmierer unterschiedliche mathematische „Sprachen“ verwendeten. Während einige Mitarbeiter mit englischen Meilen rechneten, benutzten andere das metrische System und rechneten also in Kilometern. So gerieten die Daten für die Flugbahn durcheinander, die Sonde kam dem Mars zu nahe und verglühte in seiner Atmosphäre. Manche spekulierten schon, der Orbiter sei von Außerirdischen abgefangen worden – bis man schließlich dem Missverständnis auf die Schliche kam. Für die NASA war das natürlich peinlich! So ein ehrgeiziges Projekt, und dann so ein idiotischer
Fehler! Aber das zeigt eben, was passieren kann, wenn Menschen unterschiedliche Sprachen sprechen.
Leider führt unser menschliches Sprachengewirr nicht nur dazu, dass die kriminellen Möglichkeiten eingeschränkt werden. Missverständnisse haben nicht selten auch Streit oder Krieg zur Folge.
Die Verwirrung der Sprache ist also wohl noch nicht der ganz große Wurf gewesen, wenn es darum geht, die Bosheit zu überwinden. Das ist auch der Grund, weshalb es nach der Sache mit dem Turmbau zu weiteren Black Stories kommt. Das Böse bleibt in der Welt, wenngleich seine Möglichkeiten (zunächst) eingeschränkt sind.
Übrigens gibt es in der Bibel an anderer Stelle eine Art Gegengeschichte zu der Geschichte vom Turmbau: die Pfingstgeschichte (Apostelgeschichte 2). Die Geschichte von der Verständigung der ersten Christen über alle sprachlichen und kulturellen Barrieren hinweg. Hier wird die Verwirrung der Sprachen für einen Moment wieder rückgängig gemacht. Menschen aus aller Herren Länder und aller Mütter Sprachen verstehen plötzlich, was der Fischer Petrus ihnen da predigt: die Gute Nachricht von Jesus Christus. Der Heilige Geist als universaler Dolmetscher!
(1.Mose 19,12-26)
Sodom und Gomorra – diese beiden Städte sind zum Inbegriff des sündigen Treibens der Menschen geworden. In Sodom und Gomorra geht es drunter und drüber! Kein Wunder, dass hier auch eine der düstersten Geschichten der Bibel spielt.
Die Black Story von Sodom und Gomorra, sie beginnt im Grunde schon, bevor es zu der überstürzten Flucht von Lot und seiner Familie kommt. Da hatte Gott schon längst beschlossen, die beiden Städte zu vernichten – als Strafe für ihre Bosheit. Zwei Engel sollen Lot, Abrahams Neffen, und seine Familie noch warnen und zur Flucht drängen.
Doch es kommt, wie es kommen musste, in Sodom jedenfalls: die beiden Engel, die äußerlich offenbar nicht als solche zu erkennen sind, werden beobachtet, wie sie Lots Haus in Sodom betreten – und sofort rotten sich die Männer der Stadt zusammen und fordern Lot auf, ihnen die beiden Fremden auszuliefem, damit sie sich an ihnen vergehen können. (Daher übrigens der – veraltete – Begriff „Sodomie“ für jede Form der Sexualität, die nicht der Fortpflanzung dient.)
Lot will die Fremden schützen und schlägt den Männern einen Kompromiss vor: Statt der beiden Männer will er lieber seine beiden minderjährigen Töchter herausgeben. Was, nebenbei gesagt, eine Menge über den Wert der Frau in dieser Zeit sagt. Doch der