BIM im Bauunternehmen - Peter Scherer - E-Book

BIM im Bauunternehmen E-Book

Peter Scherer

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Beschreibung

Das praktische Anwenderhandbuch in der Neuauflage 2024. Langsam tut sich etwas in Sachen BIM: Immer mehr Ausschreibende fordern BIM-gestützte Planung und Ausführung sowie BIM-Modelle bei Vergaben. Neben der modellbasierten Ausschreibung und Abwicklung werden vermehrt auch qualitative Eignungskriterien wie BIM-Schlüsselpersonal, Referenzprojekte oder ein BIM-Konzept vorausgesetzt. Mit dem Anwenderhandbuch, welches erstmals 2020 erschienen ist, will der SBV vor allem KMU den Einstieg in die BIM-Thematik erleichtern. Das Handbuch dient dabei als Basis, um BIM strategisch und erfolgreich im eigenen Unternehmen anzuwenden. Aufbauend auf der Erstfassung wurde mit führenden Köpfen der Schweizer Baubranche die Entwicklungen der letzten Jahre berücksichtigt und die praxisnahen Anwendungsfälle überarbeitet. Das BIM-Handbuch ist als Taschenbuch und als eBook erhältlich

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Seitenzahl: 158

Veröffentlichungsjahr: 2024

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BIM im Bauunternehmen

Ein Anwenderhandbuch für die strategische BIM-Einführung im Bauunternehmen

Impressum

SBV Schweizerischer Baumeisterverband

Weinbergstrasse 49 / Postfach / 8042 Zü[email protected]

terra digital ag

Ahornweg 3 / 5504 [email protected]

CAMPUS SURSEE Bildungszentrum Bau AG

6210 Sursee / Postfach [email protected]

Autor

Peter Scherer / Andy Frei

Mitarbeit 2. Auflage

Moritz Lüscher / Markus Brun / Thomas Stocker

Herausgeber

SBV Schweizerischer Baumeisterverband Digitalisierung

Bezugsquelle

SBV Onlineshop: shop.baumeister.chArtikel-Nr.: 1160111

Layout und Gestaltung

Blueheart AG, [email protected]

ISBN

978-3-033-10337-5

Verlag

SBV Schweizerischer Baumeisterverband

© 2023 2. Auflage, SBV Schweizerischer Baumeisterverband

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk einschliesslich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ausserhalb ist ohne Zustimmung des Herausgebers unzulässig und strafbar. Das gilt besonders für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Mit dem Inhalt dieser Broschüre erteilen weder der SBV noch die Autorenschaft verbindliche Auskünfte. Die darin enthaltenen Informationen und Empfehlungen dienen ausschliesslich Informationszwecken. Hinsichtlich der inhaltlichen Richtigkeit, Genauigkeit, Aktualität, Zuverlässigkeit und Vollständigkeit dieser Informationen kann keine Gewährleistung übernommen werden. Der Herausgeber, in Rücksprache mit der Autorenschaft, behält sich ausdrücklich vor, jederzeit Inhalte ohne Ankündigungen ganz oder teilweise zu ändern, zu löschen oder zeitweise nicht mehr zu veröffentlichen. Haftungsansprüche gegen die Herausgeber und Autorenschaft wegen Schäden materieller oder immaterieller Art, welche aus der Nutzung bzw. Nichtnutzung der veröffentlichten Informationen und Empfehlungen entstanden sind, werden ausgeschlossen.

Vorwort

Die gesamte Baubranche ist für die Schweizer Volkswirtschaft von zentraler Bedeutung. Die Bauausgaben der Branche beliefen sich im Jahr 2022 auf knapp 68 Milliarden Franken, was nahezu 10% des Bruttoinlandproduktes entspricht. Das Bauhauptgewerbe allein beschäftigt in der Schweiz rund 91 200 Mitarbeitende, erschafft jährlich knapp 50 000 neue Wohnungen und erwirtschaftet über 20 Milliarden Franken. Doch das Schweizer Bauhauptgewerbe steht auch vor grossen Herausforderungen.

Sehr geehrte Vertreter des Bauhauptgewerbes, der Bauherren und Planenden, liebe Kolleginnen und Kollegen

Obwohl die Methode Building Information Modeling, kurz BIM, bereits seit Jahrzehnten als Begriff bekannt ist, fand sie bislang keine breite Anwendung bei Schweizer Bauprojekten. Nun tut sich aber etwas: Immer mehr Ausschreibende fordern BIM-gestützte Planung und Ausführung sowie BIM-Modelle bei Vergaben. Als Folge des Aktionsplans Digitale Schweiz, wonach alle bundesnahen Betriebe ab 2025 für Infrastrukturanlagen die BIM-Methode verpflichtend anwenden, wird die Anzahl öffentlicher BIM-Ausschreibungen in den nächsten Jahren deutlich zunehmen. Neben der modellbasierten Ausschreibung und Abwicklung werden vermehrt auch qualitative Eignungskriterien wie BIM-Schlüsselpersonal, Referenzprojekte oder ein BIM-Konzept vorausgesetzt.

Dies stellt unsere Branche auf zwei Ebenen vor Herausforderungen: Aufgrund fehlender Standards und mangelnder Kollaboration entlang der Projektphasen müssen die Rahmenbedingungen für die Unternehmen verbessert werden, um mit der BIM-Methode einen betrieblichen Mehrwert zu erzielen. Zudem fehlt es nach wie vor in vielen Unternehmen an den notwendigen personellen, organisatorischen und technischen Kompetenzen für die Realisierung von BIM-Projekten. Tatsache ist jedoch, dass früher oder später jeder und jede von uns mit der BIM-Methode konfrontiert werden wird. BIM erfordert dabei neue, prozessorientierte und integrative Denkweisen und Arbeitsmethoden. Die Anwendung der BIM-Methode unterstützt andere Zusammenarbeitsmodelle, bei denen die Ausführenden früher im Projekt eingebunden werden und stärkt somit deren Rolle und Einfluss. Das neue Merkblatt SIA 2065 soll diesbezüglich eine auf den schweizerischen Markt zugeschnittene, praxisbezogene Anwendungshilfe schaffen, um diesen Partnerschaftsmodellen den Einsatz zu erleichtern. Als Vertretung des Bauhauptgewerbes sind wir darum überzeugt, dass BIM eine grosse Chance für unsere Unternehmen darstellt. Nicht zuletzt wird uns der Effizienzgewinn, den BIM bei Bauprojekten ermöglicht, einen erheblichen Schritt Richtung nachhaltigeres Bauen erlauben.

Mit dem Anwenderhandbuch, welches in der Erstfassung 2020 erschienen ist, wollen wir vor allem KMU den Einstieg in die BIM-Thematik erleichtern. Das Handbuch dient ihnen als Basis, um BIM strategisch und erfolgreich im eigenen Unternehmen anzuwenden. Aufbauend auf der Erstfassung haben wir mit führenden Köpfen der Schweizer Baubranche die Entwicklungen der letzten Jahre berücksichtigt und die praxisnahen Anwendungsfälle überarbeitet. Wir hoffen, dass wir Ihnen damit wertvolle Einblicke in die BIM-basierte Arbeitsweise geben können und wünschen Ihnen viel Erfolg bei Ihren künftigen BIM-Projekten.

Mein Dank gilt allen Autoren, die ihr umfangreiches Fachwissen und ihre praktische Erfahrung in dieses Handbuch eingebracht haben. Sie helfen mit, die Zukunft der Schweizer Bauwirtschaft zu gestalten.

Zürich, im Januar 2024

Bernhard Salzmann, Direktor Schweizerischer Baumeisterverband SBV

Inhalt

Kurz zusammengefasst

Einleitung

Grundsätze

Eine Frage der Werte

Das Wichtigste in Kürze

1. Strategie zur BIM-Einführung

1.1. Grundlagen zur strategischen BIM-Einführung

1.2. Allgemeine strategische Entwicklung

1.3. Beispiele von strategischen Ausrichtungen zur BIM-Einführung

1.4. Restrisiken einschätzen

2. BIM-Einführung im Bauunternehmen

2.1. Einleitung

2.2. Ein Team für die BIM-Einführung

2.3. Messbare Ziele definieren

2.4. BIM-Anwendungsfälle – der Weg zum Ziel

2.5. Anwendungsfälle auswählen

2.6. Umsetzung

2.7. Wirkungen messbar machen

2.8. Veränderungen brauchen Zeit

2.9. Erfolge und Misserfolge

2.10. Erfolgskontrolle

3. Mehrwert in der Ausführung

3.1. Nutzen für den Baumeister

3.1.1. Warum Anwendungsfälle?

3.1.2. Erläuterungen zu den Beschreibungen der Anwendungsfälle

3.2. Zusammenarbeit

3.2.1. Übersicht

3.2.2. Grundlagen

3.2.3. Grundlagen im Projekt

3.2.4. Grundlagen in der eigenen Unternehmung

3.3. Technologische Voraussetzungen

3.3.1. Kategorien der Software-Werkzeuge und deren Eigenschaften

3.3.2. Kategorien der Hardware-Werkzeuge und deren Eigenschaften

3.4. Anwendungsfälle

3.4.1. Fertigungskonzepte

3.4.2. Lieferketten

3.4.3. Ressourcenoptimierung

3.4.4. Etappierung, Arbeitspakete

3.4.5. Arbeitssicherheit

3.4.6. Baustelleninventar

3.4.7. Bauablaufsimulation

3.4.8. Abstecken, Anzeichnen und Dokumentieren

3.4.9. Baumaschinensteuerung

3.4.10. Bewehrungsverlegung

3.4.11. Baufortschrittskontrolle, Dokumentation

3.4.12. Qualitätskontrolle Ausführung

4. Grundlagen kennenlernen

4.1. Was wird unter Building Information Modeling verstanden?

4.1.1. Allgemein

4.1.2. Kunden- und Projektziele

4.1.3. Zusammenarbeit

4.1.4. Prozesse

4.1.5. Technologien, digitale Bauwerksmodelle

4.2. Was sind die Treiber der Digitalisierung?

4.3. Schluss mit der rollenden Planung

4.4. Welcher Nutzen entsteht für den Baumeister?

4.4.1. Allgemein

4.4.2. Konkrete Anwendungen

4.5. Was wird unter Digitalisierung verstanden?

4.6. Was wird unter der digitalen Transformation verstanden?

4.7. Was ist der Unterschied zwischen der Digitalisierung, der digitalen Transformation und der BIM-Methode?

4.8. Wie ist der Stand der Anwendung der BIM-Methode in der Schweiz und international?

4.8.1. Staatlich getrieben

4.8.2. Wirtschaftlich getrieben

4.8.3. Schweiz

4.8.4. Interessenverbände

4.9. Gibt es bereits Normen zur BIM-Methode?

Kurz zusammengefasst

Der Neubau einer Schulanlage, die Sanierung einer Wohnüberbauung oder der Ausbau des Strassennetzes – Bauen bedeutet Fortschritt für eine Gesellschaft.

Jeder Fortschritt bringt jedoch Herausforderungen mit sich – der Wandel ist an und für sich nichts Neues. Die Attraktivität einer ganzen Branche, ihre Konkurrenzfähigkeit und ihr haushälterischer Umgang mit Ressourcen werden für die Gewinnung von künftigen Fach- und Führungskräften immer wichtiger. Speziell der Umgang mit personellen und materiellen Ressourcen ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, der sich die Baubranche als wichtiger Eckpfeiler der Schweizer Wirtschaft nicht entziehen kann. Die Nutzung zeitgemässer, digitaler Möglichkeiten kann einen wesentlichen Beitrag leisten, um sowohl die Attraktivität zu steigern als auch haushälterisch mit Ressourcen umzugehen. Dies erfordert jedoch eine fundierte Auseinandersetzung mit den Potenzialen digitaler Methoden und Technologien.

«Nichts ist so beständig wie der Wandel.»

Heraklit

Die Chancen, die mit digitalen Methoden wie dem Building Information Modeling (BIM) geboten werden, können in den kommenden Jahren sinnvoll genutzt werden, um die anstehenden Herausforderungen als Branche anzugehen. Dabei stehen neue technische Möglichkeiten – etwa die Nutzung eines digitalen Ausführungsmodells auf der Baustelle – bereits heute zur Verfügung und können jetzt bereits genutzt werden. Der BIM-Einführung im Bauunternehmen steht nichts im Weg, sie soll aber gut und auch strategisch überlegt sein. Welche Ziele sollen mit der BIM-Methode im Projekt erreicht werden? Welchen Mehrwert will ein Bauunternehmen für sich selbst generieren? Wo soll die Organisation in fünf oder zehn Jahren stehen? All dies sind Fragen, die im Zusammenhang mit der strategischen BIM-Einführung aufgegriffen und beantwortet werden sollten.

Neben den obigen Fragestellungen steht aber auch das Sammeln von Erfahrungen im Umgang mit BIM im Zentrum. Dabei gilt es, möglichst schnell anhand reeller Pilotprojekte Teilaspekte zu testen, und diese laufend weiterzuentwickeln. Theoretische Trockenübungen sind dabei wenig hilfreich.

Digitale Technologien bieten vor allem kleinen und mittelgrossen Unternehmungen (KMU) die Chance, sich neu im Markt zu positionieren und damit auch als Arbeitgeber attraktiver zu werden. Das notwendige Überdenken der heutigen Missstände – wie etwa der rollenden Planung – geht einher mit der Nutzung der BIM-Methode. Denn selbst die besten digitalen Bauwerksmodelle verlieren an Wert, wenn ihre Grundlagen während der Ausführung wieder angepasst werden. Die Verbindlichkeit und die Stabilität der Prozesse müssen verbessert werden. Dazu sind einfache, aber effektive Veränderungen notwendig. Ein gelebter, kontinuierlicher Verbesserungsprozess ist nur ein Teil dieser Veränderung, die zugleich eine kulturelle Herausforderung darstellt.

«Digitales Bauen» kurz erklärt

In den vergangenen Jahren sind nicht nur die Kosten für Baumaterialien gestiegen, sondern auch die Anforderungen an den Brandschutz, die Akustik und den Umweltschutz. Jedes Projekt beinhaltet eine steigende Anzahl an Beteiligten. Zudem ist die Menge an Plänen, Tabellen und Dokumenten förmlich explodiert. Es ist daher unwahrscheinlich, dass alle Beteiligten über das gleiche Wissen und die gleichen Grundlagen verfügen. Diese Problematik wird zusätzlich durch den Fachkräftemangel verschärft. Angesichts der wachsenden Verdichtung unserer Gesellschaft ist ein effektiver Umgang mit materiellen und personellen Ressourcen von entscheidender Bedeutung. Hier kommt die Digitalisierung ins Spiel, da das digitale Bauen in den genannten Bereichen Abhilfe schaffen und zu neuen Arbeitsweisen anregen kann. Doch wie genau funktioniert das?

Beim Neubau eines Spitalprojekts lassen sich keine direkten Vergleiche mit einem Umbau eines Gewerbeobjekts ziehen. Daher ist es für jedes Projekt unerlässlich, zunächst die Arbeitsschritte zu definieren, die digital optimiert werden müssen. Um eine digitale Zusammenarbeit – oft als BIM bezeichnet – zu ermöglichen, müssen manuelle Arbeitsabläufe automatisiert werden. Hierfür benötigen wir fachlich korrekte und verlässliche Informationen, die maschinenlesbar aufbereitet werden. Das ermöglicht einen automatisierten Austausch, einen Abgleich und eine Qualitätssicherung der Grundlagen.

Maschinenlesbare Informationen verändern die Projektabwicklung

Wer mit analogen Planunterlagen arbeitet, muss die Informationen meist mühsam aus den vorgelagerten Arbeitsschritten übertragen und kontrollieren. Das führt beim Übertragen oder bei Anpassungen zwangsläufig zu Zeitverlust und Missverständnissen. Denn auch bei noch so sorgfältiger Arbeit: Fehler passieren immer und zunehmend dann, wenn Menschen stark belastet sind und unter Zeitdruck stehen. Zudem verliert man schnell den Überblick, da die relevanten Informationen oft nur punktuell zur Verfügung stehen und nur mit den am aktuellen Arbeitsschritt Beteiligten geteilt werden. Oft fehlt ganz einfach eine gemeinsame Informationsbasis – ein Ort, an welchem die aktuellen Unterlagen zur Verfügung stehen. Wenn wir so weiterarbeiten, können wir die anstehenden Herausforderungen kaum meistern. Die Fehler verursachen Leerläufe und Verschwendungen mit negativen Folgen für das Berufsbild, die Baubranche und letztlich für unsere Gesellschaft. Maschinenlesbare Informationen, die an einem zentralen Ort zu einem dreidimensionalen digitalen Bauwerksmodell verknüpft und für alle zugänglich sind, bieten eine optimale Ausgangslage für eine transparentere und damit bessere Zusammenarbeit. Diese Art der Informationen kann schnell und umfassend ausgewertet und beurteilt werden. Sie gewährleistet Transparenz in der Planung und in der Ausführung, wovon alle Disziplinen profitieren. So schafft zum Beispiel eine 3D-Darstellung ein gemeinsames Verständnis für das Projekt. Es dient als Basis für das weitere Vorgehen wie etwa für die Mengenermittlung oder die Arbeitsvorbereitung.

Integriert zusammenarbeiten, die innere Haltung zählt

Die Zusammenarbeit in Bauprojekten ist oft geprägt von Unklarheiten und Unsicherheiten. «Das haben wir schon immer so gemacht!», hört man zwar oft, was aber keine Garantie für die beste Wahl ist. Ist man offen, die Arbeitsabläufe einmal anders zu gestalten, ergeben sich daraus immer neue Erkenntnisse. Und mit etwas positivem Denken auch neue Chancen. Hat man also eine eher negative Haltung gegenüber einem anderen Vorgehen, lassen sich vermeintlich neue Methoden auch nicht erfolgreich umsetzen. Daher lässt sich die heutige – meist intransparente – Form der Zusammenarbeit nicht direkt in eine integrierte Form umwandeln. Die Digitalisierung steigert zwangsläufig die Transparenz. Streben wir also nach einem digitalen Bauwerksmodell, müssen wir die Art der Zusammenarbeit überdenken. Als funktionierender und erfolgversprechender Ansatz haben sich verschiedene Formen der integrierten Projektabwicklung (Integrated Project Delivery, IPD) erwiesen. Darunter fallen auch GU/TU-Modelle und Projektallianzen. Grundlegend dafür ist, dass man die Beteiligten, die Methoden, Instrumente und die Frage, wer welche Informationen wozu braucht, bereits zu Beginn klärt und in den Abwicklungsprozess integriert. Gleichzeitig fällt die Integration der verschiedenen Aspekte projektspezifisch aus, denn nicht jedes Projekt bringt die gleichen Erfordernisse mit sich. Der Grundsatz dahinter ist einfach: Wenn die Beteiligten zusammen Lösungen finden, sind diese in der Regel besser und damit umsichtiger und werden folglich ideell getragen. Erfolgsfaktor hier ist ein gemeinsamer physischer Arbeitsort auf Zeit. Eine «Co-Location», wie dies in der Fachsprache bezeichnet wird. Hier treffen sich die Beteiligten aus Planung und Ausführung am gleichen Ort und arbeiten gemeinsam am Projekt.

Einleitung

Die Erstellung einer eigenen Website, die Nutzung digitaler Rapportierung oder der Aufbau von Social-Media-Präsenzen – Aktivitäten wie diese stellen oft den ersten Berührungspunkt von Bauunternehmungen mit der digitalen Welt dar.

Was im Kleinen beginnt, ist vielfach eine weiterführende und meist umfassendere Entwicklung, die viele positive Veränderungen mit sich bringen kann, sofern diese richtig geplant und umgesetzt werden. Neue Methoden und digitale Technologien werden die Projektabwicklung und damit die Wertschöpfungsketten sowie die Organisationsstrukturen und Geschäftsmodelle der Bauunternehmungen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten grundlegend verändern. Diesem Wandel wird sich mittelfristig keine Branche und kein Unternehmen entziehen können. Die erfolgreiche Umsetzung der digitalen Transformation und die Anwendung der BIM-Methode werden entscheidend dafür sein, welche Unternehmen gestärkt aus diesem Veränderungsprozess hervorgehen.

Die strategische Auseinandersetzung mit der Digitalisierung, der digitalen Transformation oder der BIM-Methode ist «Chefsache» und kann nicht delegiert werden. Dies bedeutet nicht, dass die Verantwortlichen einer Bauunternehmung alle Details bearbeiten oder überwachen müssen. Vielmehr ist es ihre Aufgabe, Voraussetzungen zu schaffen, die den Wandel ermöglichen. Nur so werden Veränderungen und wertschöpfende Optimierungen möglich. Nicht selten bleibt es bei guten Ideen, da die Führungskräfte sich der Verantwortung entziehen, deren Wert zu erkennen. Das Erkennen von Potenzialen und der Wille, diese zu nutzen, sind jedoch elementar. Nicht selten werden die gesamten Aufgaben im Rahmen der Digitalisierung an einzelne Personen delegiert. Die Erwartungen an diese sind meist nicht erfüllbar.

Das vorliegende Buch richtet sich primär an Führungs- und Fachkräfte aus kleineren und mittleren Unternehmen im Bauhauptgewerbe (Hoch- und Tiefbau), die sich mit den aktuellen Entwicklungen im Rahmen des «Digitalen Bauens» auseinandersetzen. Dabei werden die Grundlagen erläutert und die wichtigsten Elemente für eine strategische Implementierung vermittelt. Es handelt sich um eine Anwendungshilfe, welche die Informationslücke der Themen Building Information Modeling, Digitalisierung und digitale Transformation im Bauwesen schliessen soll. Zudem wird eine Brücke von der Theorie zur Anwendung geschlagen, damit die formulierten Ansätze in den Arbeitsalltag überführt werden können. Die praktische Anwendung setzt in jedem Fall gutes Baufachwissen voraus, welches dazu eingesetzt werden muss, die Zusammenarbeit und damit die Prozesse neu zu betrachten und zu überdenken.

In der Kommunikation mit weiteren am Bau Beteiligten, etwa Planenden und Bewirtschaftenden von Bauwerken, leistet dieses Buch eine wichtige Verständigung zwischen den verschiedenen Anspruchsgruppen und den Ausführenden. Das Ziel ist, die Zusammenarbeit zu optimieren und damit einen wesentlichen Beitrag zur breiten Anwendung der BIM-Methode in der Praxis zu leisten. Denn gegenseitige Schuldzuweisungen zwischen Planung und Ausführung über fehlende Qualifikationen oder mangelhaftes Verständnis sind nicht zielführend.

Dieses Buch ist eine Arbeitshilfe für die strategische Einführung der BIM-Methode. Die darin enthaltenen Vorgehensweisen, Beispiele, Hinweise und Anwendungen sind exemplarisch und müssen spezifisch auf die eigene Unternehmung adaptiert werden.

Abbildung 1: Schritte zur strategischen Einführung von BIM

Die Musterbau AG

Erläuterungen zum Vorgehen werden zur besseren Verständlichkeit anhand des frei erfundenen Bauunternehmens «Musterbau AG» beschrieben.

Das traditionelle KMU-Familienunternehmen ist regional tätig und realisiert kleinere und grössere Wohn- und Zweckbauten. Zudem besitzt die «Musterbau AG» seit langem eine Tiefbauabteilung, die erfolgreich Projekte für Gemeinden und den Kanton realisiert.

Grundsätze

«Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen.»

Chinesisches Sprichwort

Etwas Neues zu erlernen – in diesem Fall die BIM-Methode – und damit einen Mehrwert zu generieren, ist nie einfach. Insbesondere dann nicht, wenn das Neue nicht abschliessend bekannt ist, jedoch grosse Vorteile verspricht. Um Neues zu erschliessen, sind bestehende Verhaltensmuster und Angewohnheiten abzulegen und durch neue zu ersetzen. Die Schwierigkeit liegt dabei in der Umsetzung und nicht im perfekten Plan dazu. Bauunternehmungen durchlaufen oft die folgenden Phasen bei der BIM-Einführung:

1. Technologische Kompetenzen und Werkzeuge erwerben

2. Einsicht, dass die Arbeitsweise (Prozesse) verändert werden muss

3. Zusammenarbeit optimieren

4. Geschäftsmodelle neu denken

Eine Frage der Werte

Bei der Implementierung der BIM-Methode gibt es keine Garantie auf Erfolg, da die wesentlichen Faktoren, die zum Mehrwert führen, durch Menschen gestaltet bzw. verändert werden müssen. Der Veränderungsprozess muss erst in den Köpfen der Beteiligten stattfinden, bevor digitale Werkzeuge wertschöpfend eingesetzt werden können. Es braucht ein Bewusstsein dafür, dass Veränderung notwendig ist. Dieses Bewusstsein ermöglicht es, die gewohnte Vorgehensweise zu hinterfragen: Wie können die heutigen Abläufe optimiert werden, damit sowohl der Kunde als auch die Bauunternehmung einen Mehrwert darin sehen? Nachdem erste Erfahrungen gesammelt wurden und die Mitarbeitenden den Umgang mit den digitalen Werkzeugen erlernt haben, sollte das Unternehmen in der Lage sein, Arbeitsvolumen effektiver abzuwickeln. Diese Steigerung der Effektivität kann folgende Vorteile bringen: Weniger Zeitaufwand, finanzielle Einsparungen oder eine bessere Qualität. Der Nutzen aus dieser Steigerung der Produktivität muss in die Weiterentwicklung des Unternehmens investiert werden und darf nicht über noch tiefere Margen dem Markt geopfert werden.

Wer welchen Nutzen aus der Anwendung ziehen soll, und warum die BIM-Methode einen Mehrwert bringt, ist eine Frage der strategischen Ausrichtung. Unternehmen sollten sich selbst fragen: Was sind die Werte, für die unsere Organisation einsteht? Was motiviert die Menschen in den unterschiedlichen Bereichen unseres Unternehmens dazu, täglich ihre Fach- und Führungskompetenzen unter Beweis zu stellen? Für welche Mitarbeitenden ist unsere Organisation attraktiv und können diese ihre Aufgaben optimal erledigen? Welche Fähigkeiten haben unsere Angestellten und welche Anforderungen stellen wir heute und in Zukunft an sie? Dies ist nur eine kleine Auswahl an zentralen Fragestellungen, die im Rahmen einer strategischen Ausrichtung eine Rolle spielen. Die Anwendung der BIM-Methode, die Digitalisierung oder Transformation setzen voraus, dass man sich im Klaren ist, welche Ziele die Unternehmungsführung zusammen mit der Belegschaft erreichen möchte.

In den folgenden Kapiteln werden keine technischen Kompetenzen oder aktuelle Technologien vermittelt. Zu den digitalen Grundkompetenzen gehören vor allem die strategische Ausrichtung einer Bauunternehmung sowie der bewusste Umgang mit den heutigen Ressourcen und jenen, welche es in Zukunft zu beschaffen gilt. Fach- und Führungskräfte, welche sich auf strategischer Ebene mit der BIM-Einführung auseinandersetzen, müssen jedoch über Kenntnisse zu aktuellen und zukünftigen Technologien verfügen, um sich ein konkretes Bild von den Potenzialen dieser Möglichkeiten machen zu können. Dieses Fachwissen müssen sich die Beteiligten durch persönliche Weiterbildung aneignen.

Die Musterbau AG

Der Geschäftsführer der Musterbau AG hat in verschiedenen Fachmedien und in Diskussionen mit Kollegen vom Begriff BIM, Building Information Modeling, gehört.

Zudem wurde ihm vor kurzem ein digitales Bauwerksmodell eines Mehrfamilienhauses im IFC-Format zugestellt. Dies mit der Bitte um die Abgabe einer Richtofferte. Leider konnte er sich anhand der Berichte in den Fachzeitschriften nicht fundiert genug mit der Thematik befassen, so dass er beim beschriebenen Mehrfamilienhaus nicht mitbieten konnte. Er ist sehr kritisch eingestellt und der Meinung, dass das Bauen etwas Analoges ist und bleibt – auch in Zukunft.

Nach Besuchen an verschiedenen Fachveranstaltungen zum Thema «Digitales Bauen» beschliesst er, das Handbuch gemeinsam mit zwei Mitarbeitenden durchzuarbeiten. Diese sollen sich langfristig mit dem Thema auseinandersetzen. Er selbst wird in knapp zehn Jahren pensioniert und möchte sein Unternehmen für die Zukunft wappnen.

Das Wichtigste in Kürze