Bitte legen Sie nicht auf! - Patrick Bahners - E-Book

Bitte legen Sie nicht auf! E-Book

Patrick Bahners

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Beschreibung

Wer hat ein Recht auf die Inhalte und Daten meines Telefongesprächs? Patrick Bahners schildert das amerikanische Verständnis von Datenschutz anhand juristischer Präzedenzfälle, die immer wieder darauf hindeuten, dass Privatsphäre Auslegungssache und subjektiv ist und man in den Vereinigten Staaten mit ständiger Überwachung rechnen muss.

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Seitenzahl: 28

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Patrick Bahners

Bitte legen Sie nicht auf!

Eine kleine Geschichte der privaten Telefonüberwachung in den USA

Am 27. März 1979, einem Dienstag, saß Harry A. Blackmun in seinem Büro im Obersten Gerichtshof in Washington und studierte die Akten des Falls, über den das Gericht am kommenden Tag verhandeln sollte. In der Sache Smith gegen Maryland ging es um einen Räuber, der eine Aufhebung seiner Verurteilung erreichen wollte, weil er der Polizei vorwarf, sie habe ihn durch den Einsatz einer verfassungswidrigen Ermittlungsmethode überführt. Michael Lee Smith beraubte am 5. März 1976 in Baltimore eine alleinstehende Frau namens Patricia McDonough. Statt sich mit seiner Beute zu begnügen, terrorisierte er sein Opfer in den folgenden Tagen mit Telefonanrufen. Er gab sich am Telefon als der Räuber zu erkennen und brüstete sich seiner Tat, nannte aber naturgemäß nicht seinen Namen. Die Überfallene hatte der Polizei den Täter beschrieben sowie Fahrzeugtyp und Baujahr eines Autos identifiziert, das sie in der Nähe des Tatorts gesehen hatte. Elf Tage nach der Tat fiel der Polizei in der Nachbarschaft des Opfers ein Auto des genannten Typs auf, an dessen Steuer ein Mann saß, der der Beschreibung entsprach. Die Beamten schlugen die Nummer des Nummernschilds nach und fanden heraus, dass der Wagen auf Smith zugelassen war. Sie wiesen die Telefongesellschaft an, ein Gerät einzuschalten, das alle von Smiths Anschluss aus angerufenen Nummern erfasste. Als die Nummer von Ms. McDonough in der Liste erschien, erwirkte die Polizei einen richterlichen Durchsuchungsbefehl. Neben dem Telefon fand man ein aufgeschlagenes Telefonbuch, in dem Ms. McDonoughs Nummer markiert war. Smith wurde zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Er legte Berufung ein und machte geltend, die polizeilich angeordnete, aber im Unterschied zur späteren Hausdurchsuchung nicht von einem Richter gebilligte Aufzeichnung der von ihm angerufenen Telefonnummern habe sein Grundrecht auf Wahrung der Privatsphäre verletzt.

Der Oberste Gerichtshof nahm die Sache zur Entscheidung an, um zu klären, ob es sich beim Einsatz des Nummernerfassungsgeräts um eine Durchsuchung im Sinne des vierten Zusatzes zur Verfassung der Vereinigten Staaten handelte. Diese Bestimmung der Bill of Rights, des Grundrechtsteils, um den die 1789 in Kraft getretene Verfassung zwei Jahre später erweitert wurde, garantiert den Angehörigen des Staatsvolks das Recht auf Sicherheit der Person, Wohnung, Papiere und Besitztümer vor unvernünftigen Durchsuchungen, Fest- und Beschlagnahmen, »the right of the people to be secure in their persons, houses, papers, and effects, against unreasonable searches and seizures«. Richter Harry Blackmun benötigte für seine Notizen zur Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung vom 28. März 1979 nur ein einziges Blatt eines linierten Schreibblocks, wie ihn jeder amerikanische Jurist in der Aktentasche mit sich führt. Für seine Stichwortbrocken genügten ihm 15 Zeilen. Diese knappe Zusammenstellung von Argumentkürzeln, eher Gedächtnisstütze als Ausarbeitung, enthält schon die Gründe des am 20. Juni 1979 verkündeten Urteils. Am 30. März, zwei Tage nach der mündlichen Verhandlung, traten die acht am Verfahren beteiligten Richter zur Beratung mit anschließender Probeabstimmung zusammen. Fünf Richter stellten sich auf die Seite des Staates Maryland, drei wollten Smith recht geben. In der Vorinstanz war die Entscheidung zugunsten der Polizei mit vier zu drei Stimmen ergangen. Der Gerichtsvorsitzende Warren Burger erteilte Blackmun den Auftrag, die Mehrheitsmeinung auszubuchstabieren.