Blut will fließen - James Ellroy - E-Book

Blut will fließen E-Book

James Ellroy

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Beschreibung

Böse Ex-Cops, intrigante Killer, feige FBI-Informanten und gefährliche Frauen - im Spiel um Macht, Millionen und Sex sind sie alle willfährige Marionetten, gelenkt von Politikern und ihren zweifelhaften Freunden. James Ellroys Abschluss der Underworld-Trilogie ist ein gnadenlos spannender Thriller und ein literarisches Ereignis. USA, 1968: Nixon und Humphrey kandidieren für das Präsidentenamt. Der Wahlkampf ist hart und geprägt von Verleumdung und Korruption. Die Ermordung von Martin Luther King und Robert Kennedy, die Proteste von Schwarzen und Studenten wie auch der Vietnamkrieg bringen Unruhe in das Amerika jener Tage. In Los Angeles beschäftigt Scotty Bennett vom LAPD der ungeklärte brutale Überfall auf einen Geldtransporter, bei dem mehrere Millionen Dollar und eine größere Menge Smaragde verschwanden. Je mehr er bei den Ermittlungen in die Nähe der Machtzentren gerät, desto gefährdeter ist seine Mission - und auch sein Leben. Steckte das FBI hinter dem Überfall? Flossen die Millionen in Nixons Wahlkampf? Was hat Howard Hughes Nixon versprochen? James Ellroy führt zu den Hintertreppen der Macht und besticht mit seiner radikalen Gesellschaftskritik, einer explosiven Mischung aus Verschwörung und Gewalt, Besessenheit, Sex und Drogen.

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Das Buch

USA, 1968: Nixon und Humphrey kandidieren für das Präsidentenamt. Der Wahlkampf ist hart und geprägt von Verleumdung und Korruption. Die Ermordung von Martin Luther King und Robert Kennedy, die Proteste von Schwarzen und Studenten wie auch der Vietnamkrieg bringen Unruhe in das Amerika jener Tage. In Los Angeles beschäftigt Scotty Bennett und Marshall Bowen vom LAPD der ungeklärte brutale Überfall auf einen Geldtransporter, bei dem mehrere Millionen Dollar und eine größere Menge Smaragde verschwanden. Je näher sie bei ihren Ermittlungen in die Nähe der Machtzentren geraten, desto gefährdeter ist ihre Mission – und auch ihr Leben. Steckte das FBI hinter dem Überfall? Flossen die Millionen in Nixons Wahlkampf? Was hat Howard Hughes Nixon versprochen? James Ellroy führt zu den Hintertreppen der Macht und besticht mit seiner radikalen Gesellschaftskritik, einer explosiven Mischung aus Verschwörung und Gewalt, Besessenheit, Sex und Drogen.

Der Autor

James Ellroy, Jahrgang 1948, begann seine Schriftstellerkarriere 1981 mit Browns Grabgesang. Mit Die Schwarze Dahlie gelang ihm der internationale Durchbruch. Allein mit dem Deutschen Krimipreis wurde Ellroy fünfmal ausgezeichnet, etliche seiner Bücher wurden verfilmt, darunter L.A. Confidential und Black Dahlia. Ein amerikanischer Thriller und Ein amerikanischer Albtraum, Teil eins und zwei der Underworld-Trilogie, wurden als großangelegtes Epos über Amerika gefeiert.

Von James Ellroy sind in unserem Hause bereits erschienen:

Die L.A.-Serie:

Black Dahlia – Die Schwarze Dahlie

Blutschatten

L.A. Confidential

White Jazz

Die Underworld-Trilogie:

Ein amerikanischer Thriller

Ein amerikanischer Albtraum

Blut will fließen

Außerdem:

Crime Wave

Der Hilliker-Fluch

Perfidia

Besuchen Sie uns im Internet:www.ullstein-taschenbuch.de

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen,wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung,Speicherung oder Übertragungkönnen zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

Ungekürzte Ausgabe im Ullstein Taschenbuch

1. Auflage Januar 2011

© für die deutsche Ausgabe Ullstein Buchverlage GmbH,

Berlin 2009/Ullstein Verlag

© 2009 by James Ellroy

Titel der amerikanischen Originalausgabe: Blood’s a Rover

(Alfred A. Knopf, New York 2009)

Umschlaggestaltung: BÜRO JORGE SCHMIDT, München

Titelabbildung: Guillaume Zuili/Agence VU/laif

Satz: LVD GmbH, Berlin

E-Book-Konvertierung: CPI – Ebner & Spiegel, Ulm

Printed in Germany

E-Book ISBN 978-3-8437-1028-2

Für J. M.

Genossin: für all das, was du mir gabst

Lehm liegt still, doch Blut will fließen;Der Atem bleibt nicht lange frisch.Auf, Jüngling: ist die Reise vorüber,Gibt’s Zeit genug zum Schlaf für dich.

A. E. Housman

DAMALS

Los Angeles, 24.02.64

PLÖTZLICH:

Der Milchwagen schnitt eine scharfe Rechtskurve und streifte den Bordstein. Der Fahrer verlor die Kontrolle. Er stand panisch auf der Bremse. Die Hinterachse brach aus. Der Milchwagen stellte sich quer, und ein gepanzerter Wells-Fargo-Geldtransporter fuhr frontal auf ihn auf.

Jetzt beachten:

07:16. South L. A., Ecke 84th, Budlong. Schwarzenstadt. Schäbige Buden mit Vorgärten aus blanker Erde.

Der Aufprall würgte die Motoren beider Fahrzeuge ab. Der Milchwagenfahrer schlug aufs Armaturenbrett. Die Fahrertür öffnete sich. Der Fahrer fiel heraus und schlug auf den Gehsteig. Ein etwa vierzigjähriger Neger.

Der Geldtransporter hatte ein paar Beulen an der Motorhaube. Drei Sicherheitsleute stiegen aus und nahmen den Schaden in Augenschein. Weiße in knapp sitzenden Khaki-Uniformen. Zugeknöpfte Pistolenhalfter an ihren Koppeln.

Sie knieten sich neben den Milchwagenfahrer hin. Der Mann zuckte und schnappte nach Luft. Er hatte sich beim Aufprall aufs Armaturenbrett die Stirn verletzt. Blut tropfte ihm in die Augen.

Jetzt beachten:

07:17. Bedeckter Wintertag. Eine ruhige Straße. Keine Fußgänger. Noch keine Unfall-Gaffer.

Ein Ruck ging durch den Milchwagen. Der Kühler platzte. Dampf zischte und breitete sich aus. Die Sicherheitsleute husteten und wischten sich die Augen. Aus einem zwei Wagenlängen weiter hinten geparkten 62er Ford stiegen drei Männer.

Mit Masken. Mit Handschuhen und Kreppschuhen. Mit Montagegürteln, in denen Gasbomben steckten. Mit langen Ärmeln und bis oben hin zugeknöpft. Die Hautfarbe war nicht zu erkennen.

Der Dampf gab ihnen Deckung. Sie kamen näher und zogen schallgedämpfte Waffen. Die Sicherheitsleute husteten. Das übertönte die Geräusche. Der Milchwagenfahrer zog einen schallgedämpften Revolver und schoss dem nächsten Sicherheitsmann ins Gesicht.

Man hörte einen dumpfen Schlag. Die Stirn des Sicherheitsmanns explodierte. Die zwei anderen Sicherheitsleute tasteten ungeschickt nach ihren Halftern. Die Maskierten schossen ihnen in den Rücken. Die Sicherheitsleute bäumten sich auf und fielen nach vorn. Die Maskierten schossen ihnen aus nächster Nähe in den Kopf. Die dumpfen Schläge und der Klang der berstenden Schädel erzeugten ein gedämpftes Echo.

07:19. Noch ist es still. Noch keine Fußgänger und keine Unfall-Gaffer.

Jetzt wird’s laut – zwei Schüsse und starke Echos. Sonderbar geformte Mündungsstichflammen, die aus der Schießscharte des Geldtransporters schlagen.

Die Schüsse prallten vom Straßenpflaster ab. Die Maskierten und der Milchwagenfahrer warfen sich zu Boden. Sie rollten zum Geldtransporter hin. Der aus nächster Nähe den Feuerbereich abdeckte. Vier weitere Schüsse hallten. Vier plus zwei – eine Revolver-Ladung.

Der Maskierte Nr. 1 war lang und dünn. Der Maskierte Nr. 2 mittelgroß. Der Maskierte Nr. 3 massig. 07:20. Immer noch keine Fußgänger unterwegs. Ein großer Zeppelin zog am Himmel ein Warenhausbanner hinter sich her.

Der maskierte Mann Nr. 1 stand auf und kauerte sich unter die Schießscharte. Er holte eine Gasbombe aus seinem Gürtel und riss die Kappe ab. Dämpfe waberten. Er stopfte die Bombe durch die Schießscharte. Der Sicherheitsmann dahinter schrie auf und gab laute Würggeräusche von sich. Die Hintertür krachte nach außen. Der Sicherheitsmann sprang heraus und fiel mit den Knien aufs Pflaster. Er blutete aus Nase und Mund. Der Maskierte Nr. 2 schoss ihm zweimal in den Kopf.

Der Milchwagenfahrer zog eine Gasmaske über. Die Maskierten zogen Gasmasken über ihre Gesichtsmasken. Aus der Hintertür quoll Gas. Der Maskierte Nr. 1 entsicherte Gasbombe Nr. 2 und warf sie rein.

Die Dämpfe stiegen auf und wurden zu sauren Nebelschwaden – rot, rosa, durchsichtig. Allmählich kam Bewegung in die Straße. Einige blicken neugierig durchs Fenster, andere öffnen eine Tür, auf den Veranden erscheinen ein paar Farbige.

07:22. Die Dämpfe haben sich verteilt. Kein zweiter Sicherheitsmann im Wagen.

Jetzt steigen sie ein.

Sie passten knapp in den Laderaum. Wo gedrängte Enge herrschte. Wo sich Geldsäcke und Aktentaschen auf Wandgestellen stapelten. Der Maskierte Nr. 1 zählte durch. Sechzehn Säcke und vierzehn Aktentaschen.

Sie griffen zu. Der Maskierte Nr. 2 hatte einen Jutesack in die Hose gesteckt. Er zog ihn raus und hielt ihn auf.

Sie griffen zu. Sie stopften den Sack voll. Eine Aktentasche schnappte auf. Sie sahen einen Haufen in Plastik gewickelter Smaragde.

Der Maskierte Nr. 3 öffnete einen Geldsack. Ein Hunderter-Packen wurde sichtbar. Der Maskierte riss die Banderole auf. Er wurde von Tintenstrahlen besprüht, die ihm in die Maskenlöcher drangen. Er bekam Tinte in den Mund und in die Augen.

Er schnappte nach Luft, spuckte Tinte, rieb sich die Augen und stolperte durch die Tür. Er machte in die Hosen und schlug mit den Armen um sich. Der Maskierte Nr. 1 trat aus der Hintertür und schoss ihm zweimal in den Rücken.

07:24. Jetzt gibt es Tumult. Dschungellärm, der sich auf die Veranden beschränkt.

Der Maskierte Nr. 1 ging darauf zu. Er holte vier Gasbomben hervor, zog die Kappen ab und warf. Er warf nach links und rechts. Dämpfe waberten, rot, rosa und durchsichtig. Säurehaltiger Himmel, Mini-Sturmfront, Regenbogen. Die Trottel auf den Veranden keuchten und husteten und rannten in ihre Buden zurück.

Der Milchwagenfahrer und der Maskierte Nr. 2 stopften vier Jutesäcke voll. Sie griffen sich die ganze Ladung: alle dreißig Geldsäcke und Aktentaschen. Sie gingen zum 62er Ford. Der Maskierte Nr. 1 öffnete den Kofferraum. Sie schmissen die Säcke rein.

07:26.

Eine Brise erhob sich. Der Wind verwirbelte die Gaswolken zu wild verschmelzenden Farben. Der Milchwagenfahrer und der Maskierte Nr. 2 glotzten durch ihre Brillen.

Der Maskierte Nr. 1 stellte sich vor ihnen auf. Sie reagierten gereizt – wasnn das? – versperr uns nicht die Sicht auf die Lichter-Show. Der Maskierte Nr. 1 schoss beiden ins Gesicht. Die Schüsse zerfetzten Brillengläser und Gasmaskenschläuche und brachten ihre Lichter umgehend zum Erlöschen.

Jetzt beachten:

07:27. Vier tote Sicherheitsleute, drei tote Räuber. Rosa Gaswolken. Saure Ausfällung. Wehende Schwaden überziehen die Hecken mit bösartigem Grau.

Der Maskierte Nr. 1 öffnete die Fahrertür und griff unter den Sitz. Dort lag: ein Schweißbrenner und eine braune Tasche mit Brennkapseln. Die Kapseln sahen aus wie Vogelfutter oder Gummibohnen.

Er arbeitete langsam.

Er ging zum Maskierten Nr. 3. Er ließ ihm Kapseln auf den Rücken fallen und steckte ihm Kapseln in den Mund. Er drehte den Schweißbrenner auf und sengte die Leiche ab. Er ging zum Milchwagenfahrer und zum Maskierten Nr. 2. Er ließ ihnen Kapseln auf den Rücken fallen und steckte ihnen Kapseln in den Mund und sengte die Leichen mit dem Schweißbrenner ab.

Die Sonne stand hoch. Die Gasdämpfe fingen die Strahlen ein und verwandelten den Himmelsabschnitt in ein großes Prisma. Der Maskierte Nr. 1 fuhr nach Süden.

Er war als Erster da. Das war er immer. Er hörte Niggerstadt-Raubmeldungen im Polizeifunk ab. Er hatte seinen eigenen Breitbandempfänger.

Er parkte neben dem Geldtransporter und dem Milchwagen. Er schaute die Straße runter. Er sah ein paar Mohren, die das Gemetzel begutachteten. Beißender Gestank lag in der Luft. Erste Vermutung: Gasbomben und ein vorgetäuschter Unfall.

Die Mohren sahen ihn. Sie zogen ihr übliches Ach-du-Scheiße-Gesicht. Er hörte Sirenen. Die Doppelungen ließen auf sechs oder sieben Streifenwagen schließen. Newton, Ecke 77th – zwei Divisionen waren unterwegs. Er hatte drei Minuten, sich umzusehen.

Vier tote Sicherheitsleute. Ein paar Wagenlängen weiter hinten am östlichen Bordstein zwei versengte tote Männer.

Er ignorierte die Sicherheitsleute. Er sah sich die verbrannten Männer an. Deren Haut war schwerst abgefackelt, das Muster der Kleidung eingebrannt. Erste Vermutung: Man hatte die Mittäter an Ort und Stelle verraten. Die Identität unnütz gewordener Partner umgehend vernichtet.

Die Sirenen kamen näher. Ein Junge in der Straße winkte ihm zu. Er verbeugte sich und winkte zurück.

Das Wesentliche hatte er bereits begriffen. Es gibt Dinge, auf die man sein Leben lang wartet. Wenn’s passiert, weiß man Bescheid.

Ein hochgewachsener Mann. Mit Tweed-Anzug und kariertem Schlips. In dessen Seide viele kleine 14en eingestickt waren. Er hatte vierzehn bewaffnete Räuber erschossen.

HEUTE

AMERIKA:

Ich habe vier Jahre unserer Geschichte an mir vorüberziehen lassen. Ich habe lange auf der Lauer liegen und mit flammendem Blitzlicht Türen eintreten müssen. Ich hatte eine Lizenz zum Stehlen und ein Ticket für die Große Fahrt.

Ich bin Personen nachgeschlichen. Ich habe Abhörwanzen gelegt und Gespräche belauscht und bedeutende Ereignisse aus schrägem Winkel mitbekommen. Ich bin unerkannt geblieben. Meine Überwachung verbindet auf einmalige Weise das Damals mit dem Heute.

Ich war dabei. Was ich berichte, wird durch glaubwürdige Gerüchte und Insider-Klatsch bestätigt. Und von umfangreichen schriftlichen Belegen abgesichert. Mein Buch beruht auf gestohlenen öffentlichen Akten und unberechtigt eingesehenen Privatnotizen. Es ist die Quintessenz eines abenteuerlichen Lebens und vierzig Jahre währender Forschung. Ich bin ein literarischer Exekutor und Agent provocateur. Ich tat, was ich tat, und sah, was ich sah, und habe einen persönlichen Zugang zum Rest der Geschichte gefunden.

Biblische Wahrheitstreue mit Skandalblatt-Inhalt. Eine Zusammenstellung, die es in sich hat. Sie werden sich ihr nicht verschließen können. Sie erinnern sich der von mir beschriebenen Zeiten und wittern Verschwörung. Ich bin hier, um Ihnen zu versichern, dass alles genau so war, und keineswegs, wie Sie vielleicht denken.

Sie werden mit gewissen Widerständen lesen und schließlich klein beigeben. Die nachfolgenden Seiten werden Sie zur Einsicht zwingen.

Ich werde Ihnen alles erzählen.

DAMALS

ERSTER TEIL

KACKE AM DAMPFEN

14. JUNI 1968 – 11. SEPTEMBER 1968

1. 

Wayne Tedrow Jr.

(Las Vegas, 14.06.68)

HEROIN:

Er hatte in der Hotelsuite ein Labor improvisiert. Bechergläser, Glaskolben und Bunsenbrenner füllten die Wandregale. Eine dreistellige Kochplatte lieferte Kleinstmengen. Er kochte schmerzstillende Produkte. Seit Saigon hatte er keinen Stoff mehr gekocht.

Eine Gratis-Suite im Stardust, auf Rechnung von Carlos Marcello. Carlos wusste, dass Janice Krebs im Endstadium hatte und dass er was von Chemie verstand.

Wayne mischte Morphiumbrei mit Ammonium. Zweiminütiges Erhitzen setzte Glimmer-Ausfällungen und Salze frei. Er erhitzte Wasser auf 83 Grad. Er fügte essigsaures Anhydrid hinzu und verringerte die Bindungskräfte. Die Mischung schied organische Schlacke aus.

Als Nächstes die Fällungsmittel – langsames Produktionsverfahren – Diazethylmorphin und Sodakarbonat.

Wayne mischte, maß ab und regulierte zwei Kochstellen auf niedrige Temperatur. Er sah sich in der Suite um. Das Zimmermädchen hatte eine Zeitung hingelegt. Die Schlagzeilen handelten alle von ihm.

Wayne Seniors Tod durch »Herzschlag«. James Earl Ray und Sirhan im Knast.

Seine Schlagzeilentinte. Er selber wurde nicht erwähnt. Carlos hatte die Geschichte mit Wayne Senior auf Eis gelegt. Mr. Hoover hatte den Aufruhr bei den King/Bobby-Anschlägen auf Eis gelegt.

Wayne beobachtete, wie die Diazethyl-Masse ansetzte. Die Mischung würde Janice halbwegs schmerzfrei machen. Er bemühte sich um einen großen Job bei Howard Hughes. Hughes war abhängig von rezeptpflichtigen Narkotika. Er konnte eine Privatmischung kochen und sie zum Vorstellungsgespräch mitbringen.

Die Masse band zu Würfeln ab und stieg an die Oberfläche. Wayne sah Fotos von Ray und Sirhan auf Seite zwei. Er selber hatte beim King-Anschlag mitgemacht. Sein Vater hatte ganz oben die Strippen gezogen. Freddy Otash hatte beim King-Anschlag den Sündenbock Ray und bei Bobby den Sündenbock Sirhan gesteuert.

Das Telefon klingelte. Wayne nahm ab. Deutliche Verschlüsselungsklicks waren zu hören. Bestimmt ein sicheres FBI-Telefon und ein Anruf von Dwight Holly.

»Ich bin’s, Dwight.«

»Hast du ihn umgebracht?«

»Ja.«

»›Herzschlag‹, Schwachsinn. ›Plötzlich vom Schlag getroffen‹ wäre passender.«

Wayne hustete. »Carlos kümmert sich persönlich drum. Er kann hier alles auf Eis legen.«

»Ich will nicht, dass Mr. Hoover deswegen an die Decke geht.«

»Die Geschichte liegt auf Eis. Die entscheidende Frage lautet vielmehr: Was ist mit den anderen?«

»Verschwörungstheorien gibt’s immer«, meinte Dwight. »Wenn eine öffentliche Figur umgelegt wird, kommt so was ständig hoch. Freddy hat Ray verdeckt gesteuert und Sirhan offen, aber er hatte bei Sirhan tüchtig abgespeckt und sein Aussehen verändert. Alles in allem schätze ich, dass beides auf Eis gelegt ist.«

Wayne sah zu, wie seine Drogen köchelten. Dwight berichtete weitere Neuigkeiten. Freddy O. hatte das Golden-Cavern-Kasino gekauft. Pete Bondurant hatte es ihm überlassen.

»Das liegt jetzt alles auf Eis, Dwight. Sag, dass wir alles auf Eis gelegt haben, und sag es überzeugend.«

Dwight lachte. »Du klingst etwas gereizt, Junge.«

»Ich bin ein bisschen fertig mit den Nerven, das stimmt. Das bringt Vatermord so mit sich.«

Dwight grunzte. In den Drogentöpfen begann es hochzukochen. Wayne drehte die Platten aus und sah sich das Foto auf dem Schreibtisch an.

Janice Lukens Tedrow, Geliebte/Ex-Stiefmutter. ’61 fotografiert. Beim Twist im Hotel Dunes. Ohne Partner, mit nur einem Schuh und hängendem Saum.

»He, bist du noch da?«, fragte Dwight.

»Bin noch da.«

»Freut mich. Wie es mich freut, dass alles auf Eis liegt, soweit es dich betrifft.«

Wayne starrte aufs Bild. »Mein Vater war dein Freund. Dafür bist du recht gnädig mit deinem Urteil.«

»Scheiße, Junge. Er hat dich nach Dallas geschickt.«

Big D im November ’63. Er war beim Wochenende des Jahres mit dabei gewesen. Er war in den Urknall geraten und auf Große Fahrt geschickt worden.

Ein Sergeant beim Vegas Police Department. Verheiratet. Mit Chemie-Diplom. Der Vater ein einflussreicher Mormone. Wayne Senior hatte einen starken Schlag bei Frauen. Er leitete Klan-Operationen für Mr. Hoover und Dwight Holly. Er vertrieb hochklassige Hasstraktate. Er nutzte den scharf-rechten Zeitgeist und verlor nie den Überblick. Er war in den JFK-Anschlag eingeweiht. Eine parteiübergreifende Aktion: kubanische Exilanten, CIA-Rebellen, Gangster. Senior hatte Junior das Ticket für die Große Fahrt gekauft.

Ein Überstellungsauftrag mit Sonderauflage: Der zu Überstellende ist umzulegen.

Das Police Department gab den Auftrag weiter. Ein schwarzer Lude namens Wendell Durfee hatte auf einen Kasino-Croupier eingestochen. Der Mann überlebte. Das änderte nichts. Der Rat der Kasinobetreiber wollte Wendell umgelegt haben. Was gewohnheitsmäßig Vegas-Bullen überlassen wurde. Und als gesuchter Sonderauftrag mit hoher Extravergütung galt. Als Prüfung. Das Police Department wollte rauskriegen, ob einer Schneid hatte. Wayne Senior hatte beim PD was zu melden. Er war in den JFK-Anschlag eingeweiht. Senior wollte Junior vor Ort haben. Wendell Durfee war aus Vegas nach Dallas geflohen. Senior war nicht sicher, ob Junior über den nötigen Schneid verfügte. Senior hielt es für angebracht, dass Junior einen unbewaffneten Schwarzen umlegte. Am 22.11.63 flog Wayne nach Dallas.

Er wollte Wendell Durfee nicht töten. Er wusste nichts vom JFK-Anschlag. Man hatte ihm einen Überstellungspartner zugeteilt. Einen Bullen namens Maynard Moore. Der beim Police Department von Dallas arbeitete. Ein durchgeknallter Südstaaten-Prolet, der beim Anschlag Hilfsdienste leistete.

Wayne bekam mit Maynard Moore Streit und bemühte sich, Wendell Durfee nicht umzubringen. Wayne geriet nach dem Anschlag ohne sein Zutun in die Anschlagsverschwörung. Er stellte eine Verbindung zwischen Jack Ruby und Moore und dem stramm rechten Söldner Pete B. her. Er sah zu, als Ruby Lee Harvey Oswald vor laufenden TV-Kameras umlegte.

Er wusste Bescheid. Er wusste nicht, dass sein Vater Bescheid wusste. An dem Sonntag ging alles durcheinander.

JFK war tot. Oswald war tot. Er spürte Wendell Durfee auf und wies ihn an zu verschwinden. Maynard Moore kam dazwischen. Wayne tötete Moore und ließ Durfee laufen. Pete B. kam dazwischen und ließ Wayne am Leben.

Pete empfand den eigenen Gnadenakt als klug und den von Wayne als unbedacht. Pete warnte Wayne vor Wendells Wiedererscheinen.

Wayne kehrte nach Vegas zurück. Peter B. zog nach Vegas, um einen Auftrag für Carlos Marcello zu erledigen. Pete überprüfte Durfee und bekam Hinweise: ein ausgemachter Serien-Vergewaltiger oder schlimmer. Das war im Januar ’64. Pete hörte, dass Wendell Durfee nach Vegas zurückgeflohen war. Pete informierte Wayne. Wayne spürte Wendell nach. Drei farbige Drogendealer gerieten ihm in die Quere. Wayne brachte sie um. Wendell Durfee vergewaltigte und ermordete Waynes Frau Lynette.

Wayne fiel ins Bodenlose. Ein Absturz, der in Dallas begann und bis heute andauerte.

Wendell Durfee entkam. Wayne Senior und das Police Department bemühten sich, Wayne wegen der Drogendealer zu entlasten. Mr. Hoover war ihm wohlgesinnt. Seniors alter Partner Dwight Holly nicht. Der Ex-FBIler Dwight arbeitete damals fürs Federal Bureau of Narcotics, die bundesstaatliche Drogenpolizei. Die Drogendealer hatten mit Heroin gehandelt und sollten unter Anklage gestellt werden. Dwight legte bei der US-Staatsanwaltschaft Beschwerde ein. Wayne Junior hatte ihm eine Untersuchung versaut. Soweit es ihn betraf, gehörte Wayne Junior angeklagt und vor Gericht. Das Police Department manipulierte ein paar Beweise und seifte die Grand Jury ein. Soweit es den Totschlag betraf, war Wayne fein raus. Doch etwas in ihm war gebrochen. Er verließ das Police Department und entschied sich für das Leben auf der anderen Seite, für das Leben »in der Firma«.

Als Glücksritter. Als Heroinschmuggler. Als Mörder.

Lynette war tot. Er schwor sich, Wendell Durfee zu finden und umzubringen. Lynette war sein bester Kumpel und seine Liebste gewesen und sein Schutz vor der Liebe zur zweiten Frau seines Vaters. Janice war älter und hatte ihm beim Erwachsenwerden zugeschaut, während sie aus finanziellen und sozialen Gründen bei Senior blieb. Janice erwiderte Waynes Liebe. Ihr Verlangen war gegenseitig. Die Sehnsucht blieb und nahm ständig zu.

Wayne freundete sich mit Pete und dessen Frau Barb an. Pete kannte einen Gangster-Anwalt namens Ward Littell. Ward war ein früherer FBIler, der beim JFK-Anschlag Kundschafterdienste geleistet hatte. Er arbeitete für Carlos Marcello und Howard Hughes, mischte überall mit und tanzte auf allen Hochzeiten, rechts, links und in der Mitte. Pete und Ward wurden Waynes Lehrer. Sie brachten ihm alles über das Leben in der Firma bei. Ein Lehrgang, den er bei seinem Höllensturz in Rekordgeschwindigkeit absolvierte.

Pete glaubte fest an die Sache der kubanischen Exilanten. Vietnam wurde heiß. Howard Hughes trug sich mit wahnsinnigen Plänen zum Aufkauf von Las Vegas. Wayne Senior bekam Zugang zu Hughes’ mormonischer Leibwache. Ward Littell hegte einen Groll gegen Senior. Ein CIA-Mann auf Abwegen rekrutierte Pete für einen Schmuggelring, der Drogen aus Saigon nach Vegas schaffte, wobei die von Carlos Marcello garantierten Profite der kubanischen Sache zugutekommen sollten. Pete brauchte einen Drogenchemiker und rekrutierte Wayne. Wards Hass auf Wayne Senior wurde immer größer. Ward geriet mit Senior aneinander. Er ließ Wayne wissen, dass ihn der eigene Vater nach Dallas geschickt hatte.

Wayne hatte geschwankt und nach Luft geschnappt und sich kaum aufrecht halten können. Wayne hatte Janice im Hause seines Vaters gefickt und sichergestellt, dass Wayne Senior dabei zusah.

Das Leben auf der anderen Seite, in der Firma. Das Leben. Substantiv. Eine Zuflucht für ausgebrannte Mormonen, Chemiker auf Abwegen und Mohren-Killer.

Wayne Senior ließ sich von Janice scheiden. Um sich für die Abfindungszahlung schadlos zu halten, verdrosch er sie mit einem Stock mit Silberkrücke. Seitdem hinkte Janice, die dennoch weiterhin erstklassig Golf spielte. Ward Littell verkaufte Howard Hughes Las Vegas zu überhöhten Gangsterpreisen und begann eine flüchtige Affäre mit Janice. Wayne Senior vergrößerte den eigenen Einfluss bei Howard Hughes und schmiss sich an Ex-Vize Dick Nixon ran. Dwight Holly verließ die Drogenpolizei und kehrte zum FBI zurück. Mr. Hoover wies Dwight an, Störaktionen gegen Martin Luther King und die Bürgerrechtsbewegung einzuleiten. Um die zarten Seelen im Justizministerium zu beschwichtigen, setzte Dwight Wayne Senior gegen Klan-Postvergehen ein.

Wayne kochte in Saigon Heroin und organisierte den Schmuggel nach Vegas. Wayne blieb Wendell Durfee vier Jahre auf der Spur. Im Land brachen Unruhen und Rassenhass aus. Dr. King triumphierte auf allen moralischen Fronten über Mr. Hoover und erschöpfte den alten Mann durch sein bloßes Dasein. Mr. Hoover hatte alles versucht. Mr. Hoover hatte Dwight vorgejammert, er habe das in seinen Kräften Stehende getan. Dwight hatte verstanden und Wayne Senior rekrutiert. Wayne Senior wollte Wayne Junior dabeihaben. Senior meinte, einen Rekrutierungsansatz zu benötigen. Dwight zog Erkundungen ein und machte Wendell Durfee ausfindig.

Wayne erhielt einen pseudo-anonymen Hinweis. Er fand Wendell Durfee in einem L.A.-Slum und tötete ihn im März. Ein abgekartetes Spiel. Dwight hatte forensisches Beweismaterial gesichert und ihn gezwungen, sich an der Planung des Anschlags zu beteiligen. Wayne hatte mit seinem Vater, mit Dwight, mit Freddy Otash und einem professionellen Schützen, Bob Relyea, zusammengearbeitet.

Bei Janice wurde Krebs im Endstadium diagnostiziert. Die Hiebe hatten die Früherkennung verhindert. Das Saigoner Drogengeschäft ging in chaotischen Fraktionskämpfen unter. Auf der einen Seite: Gangster-Blutsauger und durchgeknallte Exil-Kubaner. Auf der anderen: Wayne, Pete und ein französischer Söldner namens Jean-Philippe Mesplède. April und Mai erfolgte ein weiterer Sturz ins Bodenlose. Die Wahlen standen bevor. King war tot. Carlos Marcello und die Jungs beschlossen, Bobby Kennedy umzulegen. Pete wurde zur Beteiligung gezwungen. Freddy O. wechselte direkt vom King-Anschlag zum neuen Projekt. Ward Littell arbeitete nach wie vor an einem Abschluss zwischen Carlos und Howard Hughes. Ward hatte eine Anti-Gangster-Akte geerbt. Er versteckte sie bei Janice.

Wayne ging Janice am 4. Juni besuchen. Der Krebs hatte ihr Kraft und Kurven geraubt und sie erschlafft zurückgelassen. Sie liebten sich ein zweites Mal. Sie erzählte ihm mehr über Wards Akte. Er durchsuchte die Wohnung und fand die Papiere. Die Akte war äußerst detailliert. Sie belastete vor allem Carlos und dessen Operationen in New Orleans. Wayne schickte sie an Carlos und legte eine Mitteilung bei.

»Sir, mein Vater hatte die Absicht, Sie mit dieser Akte zu erpressen. Könnten wir uns darüber unterhalten, Sir?«

Zwei Stunden später wurde Robert F. Kennedy erschossen. Ward Littell brachte sich um. Howard Hughes bot Wayne Senior Wards Job als Gangster-Ansprechpartner und Verhandlungsführer an. Sein erster Auftrag: die Loyalität des republikanischen Spitzenkandidaten Dick Nixon erkaufen.

Carlos rief bei Wayne an und dankte ihm für die Offenheit. »Komm zum Dinner«, sagte Carlos.

Wayne beschloss, seinen Vater zu ermorden. Wayne beschloss, ihn von Janice mit einem Golfschläger totschlagen zu lassen.

Carlos unterhielt im Sands eine möchtegern-römische Suite. Ein Toga-gekleideter Knilch spielte Centurion und öffnete Wayne die Tür. Die Suite prunkte mit möchtegern-römischen Säulen und Sacco-di-Roma-Kunst. Von den Bilderrahmen baumelten Preisschilder.

Ein Buffet war hergerichtet. Der Knilch geleitete Wayne an einen lackierten Tisch, in den SPQR eingelegt war. Carlos erschien. Er trug gepunktete Seidenshorts und ein fleckiges Rüschenhemd.

Wayne stand auf. »Lass das«, sagte Carlos. Wayne setzte sich. Der Knilch servierte Essen auf zwei Tellern und verschwand. Carlos kredenzte Wein aus einer Flasche mit Schraubverschluss.

»Ich freue mich, Sie kennenlernen zu dürfen, Sir«, sagte Wayne.

»Als ob ich dich nicht kennen würde. Du warst Petes und Wards Assi und hast in Saigon für mich gearbeitet. Du weißt mehr über mich, als du solltest, dazu den ganzen Scheiß in der Akte. Ich kenn deine Geschichte, die ziemlich happig ist, verglichen mit anderen Geschichten aus jüngster Zeit.«

Wayne lächelte. Carlos zog zwei Wackelkopf-Puppen aus der Tasche. Eine Puppe stellte RFK dar. Eine Puppe Dr. King. Carlos lächelte und brach ihnen die Köpfe ab.

»Salud, Wayne.«

»Danke, Carlos.«

»Du suchst Arbeit, nicht? Dir geht’s nicht um einen Handschlag und ’nen Dankeschön-Umschlag.«

Wayne nippte am Wein. Billiger Schnapsladen-Verschnitt.

»Ich möchte Ward Littells Rolle in Ihrer Organisation einnehmen, dazu die Position in der Hughes-Organisation, die mein Vater gerade von Ward geerbt hat. Ich verfüge über Fähigkeiten und Verbindungen, mit denen ich mich nützlich machen kann, bin bereit, Sie bei allen meinen Geschäften mit Mr. Hughes zu bevorzugen, und mir Ihrer Strafen für Illoyalität bewusst.«

Carlos spießte eine Sardelle auf. Die Gabel rutschte ab. Das Rüschenhemd bekam Olivenölspritzer ab.

»Und was sagt dein Vater dazu?«

Wayne stieß die RFK-Puppe um. Ein Plastikarm fiel ab. Carlos bohrte in der Nase.

»OK, selbst wenn ich scheißempfänglich für Gefälligkeiten bin und was für dich übrighabe, verstehe ich nicht, wieso Howard Hughes, der über einen Riesenstab von Arschkriechern verfügt, mit denen er sich wohl fühlt, noch einen verkorksten Ex-Bullen einstellen soll, der zum Vergnügen Nigger abknallt?«

Wayne zuckte zusammen. Er fasste nach dem Weinglas und brach beinahe den Stiel ab.

»Mr. Hughes ist ein fremdenfeindlicher Drogensüchtiger, der sich bekanntermaßen Betäubungsmittel in den Penis spritzt, und ich kann Drogen-…«

Carlos grunzte und schlug auf den Tisch. Das Weinglas stürzte um. Paprikastückchen flogen durch die Luft. Olivenöl spritzte.

»…Mischungen herstellen, die ihn stimulieren und betäuben und seine geistigen Fähigkeiten derart reduzieren werden, dass er bei den Geschäften mit Ihnen noch umgänglicher sein wird. Ich weiß auch, dass Sie Richard Nixon eine große Summe geben wollen, sofern er nominiert wird. Mr. Hughes übernimmt zwanzig Prozent, und ich werde die Geldreserven meines Vaters plündern, um Ihnen fünf weitere Millionen in bar zu verschaffen.«

Der Togen-Knilch erschien. Er hatte einen Schwamm dabei und wischte die Sauerei presto-subito auf. Carlos schnipste mit den Fingern. Der Togen-Knilch verschwand.

»Ich komme noch mal auf deinen Vater zurück. Was sagt Wayne Tedrow Senior dazu, wenn Wayne Tedrow Junior ihm ans Eingemachte will?«

Wayne wies auf die Puppen und in den Himmel. Carlos ließ die Knöchel knacken.

»OK, gebongt.«

Wayne erhob das Glas. »Danke.«

Carlos erhob das Glas. »Du kriegst zweifünfzig im Jahr und Anteile und fängst gleich mit Wards altem Job an. Du überwachst den Abverkauf der legalen Unternehmen, die wir mit Darlehen aus der Teamster-Pensionskasse gestartet haben, damit wir das Geld waschen und in eine Sonderkasse einzahlen können, mit der wir dann Hotelkasinos irgendwo in Zentralamerika und der Karibik aufbauen. Du weißt, was wir wollen. Wir wollen einen gefügigen, antikommunistischen El-Jefe, der nach unserer Pfeife tanzt und das dissidente Hippie-Protestgeschrei auf ein klägliches Jammern runterschraubt. Sam G. ist unser Kundschafter. Die Auswahl ist bereits auf Panama, Nicaragua und die Dominikanische Republik beschränkt. Das ist dein scheiß-wichtigster Job. Du sorgst dafür, dass alles glatt über die Bühne geht und dass dein zugeknallter Kamerad weiterhin unsere Hotels aufkauft, wobei du sicherstellst, dass wir unsere Insider drin behalten, damit die uns weiterhin beim Absahnen zur Hand gehen.«

»Wird gemacht«, sagte Wayne.

»Daddy wird dich nicht kommen sehen«, sagte Carlos.

Wayne stand überhastet auf. Die möchtegern-römische Welt schwankte. Carlos stand auf. Das Hemd war voller Flecken, praktisch durchnässt.

»Ich gebe dir die nötige Deckung.«

Janice wohnte in einer Möchtegern-Kasbah-Suite im Dunes. Wayne hatte eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung durch Krankenschwestern organisiert. Janice blieb nun ständig im Hotel.

Die Nachmittags-Schwester stand auf der Terrasse und rauchte. Die Aussicht bestand zur einen Hälfte aus Lichtershow, zur anderen aus Wüstenglast. Janice lag zugedeckt im Bett, während die Klimaanlage auf Volllast lief. Ihr System spielte verrückt. Entweder sie erfror fast oder sie kochte.

Wayne hatte sich zu ihr gesetzt. »Im Fernsehen läuft gerade Golf.«

»Mit Golf bin ich bis auf weiteres bedient.«

Wayne lächelte. »Gut gegeben.«

»Das Treffen wegen Hughes. Steht das nicht demnächst an?«

»In ein paar Tagen.«

»Der nimmt dich. Der geht davon aus, dass du ein Mormone bist und dass dir dein Vater einiges beigebracht hat.«

»Hat er ja auch.«

Janice lächelte. »Mit wem triffst du dich? Will sagen, mit wem von Hughes’ Leuten?«

»Er heißt Farlan Brown.«

»Den kenn ich. Seine Frau war Club Champion im Frontier, aber ich habe sie neun auf acht erledigt.«

Wayne lachte. »Sonst was?«

Janice lachte. Sie musste husten und schwitzte. Sie warf die Decken ab. Das Nachthemd rutschte hoch. Wayne sah neue Erschlaffungen und Dellen.

Er wischte ihr die Stirn mit seinem Hemdsärmel ab. Sie tätschelte seinen Arm und biss wie zum Spaß hinein. Wayne verzog wie zum Spaß sein Gesicht vor Schmerz.

»Ich wollte sagen, dass er ein Säufer und Schürzenjäger ist wie alle guten Mormonen. Männer wie er haben eine besondere Dreifaltigkeit. Showgirls, Cocktail-Kellnerinnen und Nutten.«

Das Zimmer war eiskalt. Das kurze Gespräch hatte Janice schweißgebadet zurückgelassen. Sie biss sich auf die Lippen. Ihre Schläfen pochten. Sie fasste sich an den Magen. Wayne konnte sehen, wie sie litt.

»Scheiße«, sagte Janice.

Wayne öffnete die Aktentasche und zog eine Spritze auf. Janice streckte ihren Arm aus. Wayne fand eine Vene, desinfizierte sie, Nadel und Kolben, schon passiert.

In einem Atemzug –

Sie krampfte zusammen und entspannte. Die Lider flatterten. Ein Gähnen und sie war weg.

Wayne fühlte ihren Puls. Zart und regelmäßig. Der Arm hatte so gut wie gar kein Gewicht mehr.

Die L.A. Times lag offen auf dem Nachttisch. Mit einem Foto-Tryptichon: JFK, RFK, Dr. King. Wayne faltete die Zeitung zusammen und schaute Janice beim Schlafen zu.

2. 

Don Crutchfield

(Los Angeles, 15.06.68)

FRAUEN:

Zwei Gruppen gingen am Parkplatz vorbei. Die erste Gruppe wahrscheinlich Verkäuferinnen. Mit konservativen Klamotten und Dauerwellen. Die zweite Gruppe reine Hippies. Mit geflickten Jeans, Friedens-Schwachsinn und langen glatten Haaren, die hin- und herwehten.

Sie kamen und gingen. Die Wheelmen, die Männer-am-Steuer, winkten ihnen zu. Die Verkäuferinnen winkten zurück. Die Hippie-Mädchen ließen die Wheelmen abblitzen. Die Wheelmen schickten ihnen gellende Pfiffe nach.

Parkplatz der Shell-Tankstelle, Beverly, Ecke Hayworth. Vier Pumpen und eine kleine Bürobaracke. Drei Wheelmen am Steuer ihrer Schlitten.

Bobby Gallard hatte einen Olds Rocket. Phil Irwin einen Chevy 409. Crutch einen 65er GTO. Er war der jüngste Wheelman. Mit dem schärfsten Schlitten: Pontiac 390, Hurst 4-Gang-Schaltung, mohrenfarbener brauner Lack.

Bobby und Phil waren schon mittags mit Wodka zugeknallt. Crutch hielt sich an die Mädchenshow. Er überprüfte die Straße nach weiteren Spaziergängerinnen. Nix – nur ein paar alte Juden, die zur Synagoge schlurften.

Zurück zur Zeitung. Gähn – weiteres Sprücheklopfen über James Earl Ray und Sirhan Sirhan. Schnarch – »Amerika trauert«/»Rückzugsnest des beschuldigten Attentäters«. Ray sah nach weißem Südstaaten-Prolet aus. Sirhan nach Kameltreiber. Heh, Amerika, dir hab ich’s gegeben.

Crutch blätterte weiter. Er stieß auf Fliegengewichtsboxkämpfe im Forum und auf einen Aufreißer – Life Magazine bietet eine Million Piepen für einen Howard-Hughes-Schnappschuss! Eine Rothaarige spazierte vorbei. Crutch winkte ihr zu. Sie verzog das Gesicht, als ob er Hundescheiße wäre. Die Wheelmen hatten eine bööööse Ausstrahlung. Billige und schräge Kerle. Die auf Parkplätzen rumlungerten. Wo sie auf Arbeit von zweitklassigen Privatdetektiven und Scheidungsanwälten warteten. Um Eheleute bei Seitensprüngen zu beschatten, Türen einzutreten und Trottel beim Bumsen zu fotografieren. Ein hochriskanter/affengeiler Job, Sicht auf blanke Frauenhaut inbegriffen. Crutch war erst seit kurzem dabei. Und wollte den Job nie mehr aufgeben.

Die Zeitung beschrieb Howard Hughes als »Einsiedler-Billionär«. Crutch hatte eine Idee. Er konnte sich bis auf die Knochen runterhungern und einen Lüftungsschacht hochklettern. Knips – ein Polaroid und ab durch die Mitte.

Der Parkplatz döste. Bobby Gallard blätterte in Muschi-Magazinen und schlürfte Smirnoff 100. Phil Irwin wischte seinen 409er mit einem Wildlederlappen ab. Phil erledigte Verfolgungsaufträge und Wasserträgerjobs für Freddy Otash. Freddy O. war Nötigungsspezialist und freischaffender Geldeintreiber. Ein Ex-LAPD-Mann. Der seine Privatdetektiv-Lizenz bei einer Pferdedoping-Nummer verloren hatte. Phil war sein Lieblings-Wheelman.

Der Parkplatz döste. Keine Arbeit, keine scharfen Katzen im Vorbeimarsch, Tankstellen-Langeweile.

Es war heiß und feucht. Crutch gähnte und richtete das Gebläse der Klimaanlage auf seine Eier. Das machte ihn wach und setzte den Kopf in Gang. Tankstellenblues, adieu.

Er war dreiundzwanzig. Er war aus der Hollywood High School geflogen, nachdem er versteckte Kameras im Mädchen-Umkleideraum installiert hatte. Sein Alter lebte in einer Wohlfahrtssiedlung vor Santa Anita. Crutch Senior bettelte, wettete und aß ausschließlich Pastrami Burritos. Die Mutter war am 18.06.55 verschwunden. Als er zehn war. Ging einfach weg und kam nie wieder. Einmal im Jahr schickte sie ihm eine Weihnachtskarte und einen Fünfdollarschein, diverse Poststempel, kein Absender. Er stellte eine Vermisstenakte zusammen. Die vier große Boxen füllte. Damit vertrieb er sich die Zeit. Er telefonierte durchs ganze Land und fragte bei Police Departments, bei Krankenhäusern, bei Verstorbenendateien an. Eine Suche, mit der er in der Junior High School begonnen hatte.

Nichts – Margaret Woodard Crutchfield war und blieb verschwunden.

Der Wheelman-Job war ihm in den Schoß gefallen. Wie folgt:

Er war mit seinem Highschool-Kumpel Buzz Duber befreundet geblieben. Buzz teilte seine Leidenschaft für Wohnungseinbrüche. Harmlose Wohnungseinbrüche wie:

Hancock Park. Große dunkle Häuser. Wo die schnieken Mädchen wohnen. Poch, poch. Niemand da? Gut.

Man steigt unauffällig ein, hat eine Stiftlampe dabei und sieht sich genüsslich in den schicken Bleiben um. Man spaziert durch Mädchenschlafzimmer und lässt ein paar Wäschestücke mitgehen.

Das hat er mehrmals gemeinsam mit Buzz gemacht. Das hat er sehr oft allein gemacht. Buzz’ Vater hieß Clyde Duber. Clyde war ein bekannter Privatdetektiv. Er erledigte Scheidungssachen und holte Berühmtheiten aus der Scheiße. Er schickte College-Kids in linke Gruppen und brachte sie dazu, Umsturzpläne zu verpfeifen. Crutch war von der Polente auf Höschen-Jagd erwischt worden. Sie hatten ihn mit ein paar schwarzen Spitzenslips und einem Sandwich aus Sally Comptons Kühlschrank geschnappt. Clyde stellte ihm Kaution und besorgte ihm einen sauberen Leumund. Clyde verschaffte ihm erstklassige Wheelman- und Überwachungsaufträge. Clyde sagte, Fenstergucken sei koscher, Einbruch nicht. Clyde sagte: »Junge, ich werde dich fürs Spannen bezahlen.«

Der Parkplatz geriet ins Dösen. Bobby Gallard sprayte ein Eisernes Kreuz auf den Olds. Phil Irwin zog sich ein paar gelbe Pillen mit Old Crow Whiskey rein. Crutch spann den Howard-Hughes-Tagtraum weiter. Idee: das schicke Penthouse stürmen! Sich mit Enterhaken Zutritt verschaffen!

Ein ziviler Polizeiwagen bog ein. Der Parkplatz lebte auf. Crutch erkannte einen Schlips mit Schottenmuster und roch Pizza.

Schlangestehen – Crutch kam nach Bobby und Phil. Scotty Bennett stieg aus dem Wagen und vertrat sich die Beine. Er war eins fünfundneunzig groß. Er wog über hundert Kilo. Er arbeitete im Raubdezernat des LAPD. Ins Muster seines Schlipses waren kleine 18en eingestickt.

Der Rücksitz war mit Sixpacks und Pizza vollgestopft. Bobby und Phil sprangen rein und bedienten sich. Crutch schaute ins Auto und sah sich das Armaturenbrett an. Immer noch da: die angeklebten, vergilbten Tatortfotos.

Scottys fixe Idee: der große Geldtransporter-Überfall. Winter ’64. Immer noch ungelöst. Tote Sicherheitsleute und versengte Räuber – immer noch nicht identifiziert. Geplünderte Geldtaschen und Smaragde.

Scotty wies auf die Fotos: »Auf dass ich nicht vergesse.«

Crutch schluckte. Scotty schien ständig zu drohen. Er führte zwei .45er und einen flachen Totschläger in einer Schlinge mit. Bobby und Phil schluckten Bier und verschlangen Pizza. Sie verwandelten den Rücksitz in einen Futtertrog. Crutch deutete auf Scottys Binder.

»Das letzte Mal hatten Sie Sechzehner.«

»Zwei Neger haben einen Schnapsladen an der 74th, Ecke Avalon, ausgeraubt. Ich war zufällig im hinteren Teil und hatte eine Remington Pumpgun zur Hand.«

Crutch lachte: »Das ist der Rekord, nicht? Für Schusswaffeneinsatz mit Todesfolge im Polizeidienst?«

»Richtig. Ich bin meinem nächsten Konkurrenten sechs Punkte voraus.«

»Was ist mit dem?«

»Er wurde von zwei Negern mit Schusswaffe angegriffen und getötet.«

»Und was ist mit denen?«

»Sie haben einen Schnapsladen an der Normandie, Ecke Slauson, ausgeraubt. Ich war zufällig im hinteren Teil und hatte eine Remington Pumpgun zur Hand.«

Die Luft roch nach überreifem Käse und Bier. Scotty rümpfte die Nase. Phil hatte sich zum Essen hingehockt. Die Hosen saßen tief, die Arschspalte war blankgezogen. Scotty riss ihn am Hosenbund nach oben.

Phil flog durch die Luft. Phil zog das hilfesuchende Gesicht, das man im Umgang mit Scotty anzunehmen pflegte. Phil landete und stand stramm. Bobby schluckte und stand auch stramm. Scotty zwinkerte Crutch zu.

»Ich suche zwei Weiße, die einen hellblauen 62er Thunderbird mit dunkelblauen Hinterradkappen fahren. Sie überfallen Steak-Häuser, rauben die Tageskasse, nehmen Gäste als Geisel und zwingen die Frauen, ihnen einen zu blasen. Es wäre mir lieb, wenn ihr die Augen offenhalten würdet.«

»Äußerliche Merkmale?«, fragte Crutch.

Scotty lächelte. »Sie hatten Masken über. Die weiblichen Opfer beschrieben sie als ›normal ausgestattet‹.«

»Ausgestattet« – häh? – Bobby und Phil stand der Mund offen. Crutch grinste. Scotty nahm die Bier- und Pizzareste und warf sie ihm zu. Ein Stückchen Wurst traf Scottys Jackett. Phil zitterte und schnipste es weg.

Scotty stieg in den Wagen und bog quietschend nach Osten ab. Crutch beäugte eine Blondine, die Benzin tankte.

»Der hält sich für hartgesotten«, sagte Phil. »Aber ich weiß, dass ich’s mit ihm aufnehmen kann.«

Der Parkplatz geriet erneut ins Dösen. Bobby bekam einen Lockauftrag. Sein Lieblings-Judenanwalt fuhr vorbei und gab bekannt: Geiler Ehemann steht mit Nutten-Nummer an. Klientin ist die Ehefrau. Zimmer im Stundenhotel mieten und Ehemann an Lieblingstränke ausfindig machen. Zufallsbekanntschaft arrangieren. Beschafft mir Schnappschüsse und einen Film.

Buzz Duber fuhr vorbei. Crutch weihte ihn in seine Hughes-Pläne ein. Buzz hatte eine Idee. Er kenne einen Neger-Zwerg. Der in Dschungelfilmen als Pygmäe auftrete. Den könnten sie in einem Servierwagen ins Howard-Hughes-Allerheiligste schmuggeln.

Freddy Otash fuhr vorbei. Er hatte ein paar Pfunde abgespeckt. Er schnitt mit dem Billighotel auf, das er in Vegas gekauft hatte. Er erteilte Phil einen Verfolgungsjob. Phil, schon ziemlich zugedröhnt, fuhr von dannen.

Crutch und Buzz dösten ein nach zu viel Bier und Pizza. Im Halbschlaf hatte Crutch Visionen einer in weiches Licht getauchten Dana Lund.

Eine Hupe trötete überlaut. Crutch machte die Augen auf. Scheiße – Phils Lieblingsrechtsverdreher Chick Weiss im Anmarsch.

Im Hebräer-Cadillac. Mit Entenhintern-Frisur und britischem Etepetete-Anzug. Und seiner überkandidelten Fixierung auf karibische Kunst.

»Ich komme wegen einer Schwuchtel-Nummer«, sagte Weiss. »Der Kerl treibt’s gern mit gutbestückten Filipinos, und ich habe einen Mutanten, der siebenundzwanzig Zentimeter auf die Matte schickt. Die Frau möchte sich scheiden lassen, und wer will’s ihr verdenken?«

Männe hielt sich eine Fickabsteige an der Ravenswood. Crutch hatte eine Rolleiflex mit Mehrfach-Blitz dabei, Buzz seine Tür-Eintreter-Schuhe an.

Der Mutant erwartete sie in der Lobby. Er brachte einen Schlüssel mit. Crutch war verstimmt. Er hatte sich aufs Türen-Eintreten gefreut. Sie steckten die Köpfe zusammen. Crutch wies den Mutanten an, Männe möglichst schnell auf die Matte zu legen. Buzz forderte ihn auf, für anständige Beleuchtung zu sorgen. Der Mutant bat, seinen Schvantz ordentlich ins Bild zu rücken. Er bediente Ehepartner beiderlei Geschlechts. Er hoffte auf weitere Scheidungsaufträge. Er wollte seine Fähigkeiten bekanntgemacht haben.

Sie einigten sich auf einen 4-Minuten-Countdown. Der Mutant trollte sich zum Apartment 311. Crutch fummelte an der Kamera und stellte sie 1A-OK ein. Buzz zählte die Sekunden auf einer Stoppuhr ab.

10,9,8,7,6,5,4,3,2,1 – los.

Sie rannten die Treppen rauf. Sie durchstürmten Flure und fanden die 311. Buzz öffnete die Tür. Crutch hob die Kamera. Sie folgten dem Liebesstöhnen nach nebenan und traten in Aktion.

Griechische Liebe. Der Mutant besorgte es Männe mit seiner Monster-Maschine in bestem Sichtwinkel. Crutch drückte den Auslöser. Pop, pop, pop, pop – das Schlafzimmer wurde gleißend hell vom Blitzlicht. Männe zog die Standard-Schwuchtel-Nummer ab: Wie-konntest-du-nur? Der Mutant zog die Hosen hoch und verschwand über die Feuerleiter. Buzz sah ein Päckchen Hasch auf dem Nachttisch und steckte es ein. Crutch dachte: So muss das Leben sein.

»Das war mindestens ein Meter«, sagte Buzz.

»Keine dreißig Zentimeter«, sagte Crutch. »Chick Weiss hat uns die Maße mitgeteilt.«

»Den könnten wir noch mal gebrauchen«, sagte Clyde Duber. »Hast du die Telefonnummer?«

»Kriegen wir über die Film-Schauspieler-Gewerkschaft. Er hat eine Nebenrolle in einer TV-Show.«

Clyde Dubers Büro, Beverly Hills. Knotige Pinienholztäfelung, Golftrophäen und rotes Leder. Ein auffallender Wandfries:

Der große Geldtransporter-Raubüberfall. Clydes Steckenpferd. Ein Fall, der ihn nicht losließ. Eine tintenbefleckte Geldnote hinter Glas. Gerahmte Fotos von versengten Leichen und losen Smaragden. Sergeant Scotty Bennett. Der grob mit zwei Negern umspringt.

Clyde führte eine Amateur-Akte über den Fall. Sein Lieblingsverbrechen. Scotty spendierte ihm Kinkerlitzchen. Clyde liebte Scottys Verhörraum-Bänder. Auf denen schreiende Neger zu hören waren.

»Fred Otash hat ein Hotel in Vegas gekauft«, sagte Crutch.

Clyde schenkte drei Scotch ein. »Freddy ist ein Mistkerl. Über den sind jede Menge Gerüchte im Umlauf, und weiter will ich mich nicht äußern.«

»Erzähl das mit dem Hughes-Plan«, sagte Buzz.

Crutch kratzte sich an den Eiern. »Life Magazine bietet eine Million Piepen für ein Foto von Howard Hughes. Ich denke, das könnten wir schaffen.«

Clyde machte das Fickt-euch-Zeichen. Jugendliche – des weißen Mannes Bürde. Jugendliche Wheelmen, jugendliche V-Leute, jugendliche Spione.

Buzz stieß Crutch an. »Hast du noch was vor heute?«

»Ich wollte noch ein bisschen durch die Gegend fahren.«

»Scheiß drauf, du willst bei Chrissie Lund spannen.«

»Wer ist Chrissie Lund?«, fragte Clyde.

»Ein USC-Erstsemester. Die Crutch am Wickel hat.«

Clyde trank Scotch. »Tu nichts, was ich nicht tun würde. Wie 459 Police Code, Hausfriedensbruch und unbefugtes Eindringen.«

Crutch errötete und sah zum Wandfries rüber. Merke: sich einen Schlips mit Schottenmuster kaufen und einen Scotty-Bennett-Bürstenschnitt zulegen.

Buzz spritzte sich Seltzer in den Scotch. »Besorg uns einen verdeckten Ermittlungsjob, Dad. Schick uns in so ’ne Rote-Socken-Gruppe.«

»Nichts da. Dafür seid ihr zu grün hinter den Ohren und seht zu brav aus. Dafür müsstet ihr den roten Jargon draufhaben. Ihr versteht nicht das Geringste von sozialer Revolution. Das Einzige, wovon ihr Jugendlichen ’ne Ahnung habt, sind die College-Muschis, die ihr nie kriegt.«

Buzz lachte. Crutch wurde rot. Merke: die Akte studieren und Scottys Blow-Job-Freaks nachstellen.

»Wer erteilt die verdeckten Ermittlungsaufträge?«

Clyde trat seinen Stuhl zurück. »Rechtsextreme Spinner mit Moneten. Alles Ärzte und Könige. Dr. Charles Toron, der Eugenik-König. Dr. Fred Hiltz, der Hasstraktat-König, und Dr. Wesley Swift, der Nazi-Bibel-König.«

»Dr. Fred ist Zahnarzt«, sagte Buzz. »Die anderen haben Versandhandel-Titel, wie all die Mohren-Prediger.«

»Zahnarzt gewesen«, sagte Clyde. »Er hat zu viel Freude an seinem schmerzstillenden Kokain bekommen und angefangen, den Leuten die Zähne zu versauen.«

Crutch dachte an Dana Lund. Merke: Weichzeichner-Linse mitbringen. Buzz holte das Päckchen Hasch hervor. Clyde rollte die Augen – Jugendliche.

»Da fällt mir ein: Dr. Fred hat einen Job für uns. Eine Frau hat ihm Geld gestohlen und ist verschwunden.«

Buzz schaute Richtung Clyde. Crutch schaute Richtung Clyde. Beide Blicke sagten ich. Clyde warf eine Münze. Buzz rief Zahl. Die Münze am Boden zeigte Kopf.

Crutch hatte eine Absteige in den Vivian Apartments. Ein heruntergekommenes Mietshaus ohne Lift südlich von Paramount. Wo Hilfskameraleute und Studioarbeiter wohnten. Und Kleindarstellerinnen, die sich in der Mittagspause in der großen Besenkammer etwas dazuverdienten. Crutch hatte seinen Kram in zwei Zimmer gezwängt.

Seinen Akten-Kram, seinen Kamera-Kram, seinen Auto-Kram, seinen Wanzen- und-Abhör-Kram. Clyde hatte ihm das Überwachen beigebracht. Er besaß Telefondrähte und Kabelrollen im Überfluss. Er besaß sämtliche Playboy-Magazine. Er besaß sämtliche Car-Craft-Hefte bis zum Jahrgang ’52. Die Tapete bestand aus einundvierzig Playmates aus dem Playboy.

Er richtete sich für die Nacht ein. Er vervollständigte seine Notizen über den letzten Aufenthalt der Mutter. Weihnacht ’67 – Margaret Woodard Crutchfield schreibt aus Des Moines. Sämtliche Aktennachfragen – null. Zurück zu ’66 – eine Weihnachtskarte aus Dubuque. Jede Stadt dazwischen, umfassende Aktenabfrage erfolgt, Ergebnis null.

Crutch wurde unruhig. Buzz war bestimmt irgendwo zugange und mit irgendwas zugedröhnt. Buzz hatte den Stich ins Böse, der ihm fehlte. Buzz trug eine falsche Polizeidienstmarke und brachte Nutten dazu, ihm gratis einen zu blasen. Nicht sein Fall. Besser, es für sich zu behalten.

Es war warm draußen. Ein Sommersturm braute sich zusammen. Crutch fuhr los. Er fuhr bis zum Hollywood-Boulevard und zum Strip. Er schaute sich Leute an. Während ihn die langhaarigen Mädchen anzogen, gingen ihm die langhaarigen Jungs auf den Keks. Er suchte nach dem 62er Thunderbird und Scottys Blow-Job-Banditen. Er sah bloß zwei Schwuchteln in einem 61er Bird.

Er fuhr nach Osten zum Hancock Park. Er schaltete die Scheinwerfer aus und blieb an der 2nd, Ecke Plymouth, stehen. Das große spanische Haus hielt ihn im Bann.

Die Fenster im oberen Stock und im Parterre waren erleuchtet. Er sah Chrissie in Trainingskleidung. Ein Blick und vorbei. Er sah, wie Dana in der Küche ihr Haar zurückband.

Buzz kapierte nicht. Niemand kapierte. Darum sagte er es keinem. Ihm lag nichts an Chrissie Lund. Ihm ging es um Dana Lund, und die war dreiundfünfzig.

3.

Dwight Holly

(Washington, D.C., 16.06.68)

SPOOKS.

Das Restaurant war voll von ihnen. Mr. Hoover zählte sie durch. Dwight beobachtete, wie seine Augen klickten. Farbiger Kellner, farbiger Lobbyist, farbiges Baseball-Ass. Die alte Schwuchtel war gebrechlich. Er schlürfte die Suppe mit zitterigen Parkinson-Händen. Er mochte ein paar Aussetzer haben, doch sein Hirn sprühte nach wie vor Funken und war ausschließlich auf HASS geeicht.

Harveys Restaurant, Washingtoner Innenstadt, großer Mittagsbetrieb. Wo man gesehen werden wollte. Wo man sich umsah.

»Hat Wayne Tedrow Junior Wayne Tedrow Senior umgebracht?«, fragte Mr. Hoover.

»Jawohl, Sir. Das hat er.«

»Wenn Sie etwas ausführlicher antworten könnten.«

Dwight schob seinen Teller weg. »Carlos Marcello hat das Police Department von Las Vegas gekauft und ebenso den Leichenbeschauer von Clark County. Ein unter stumpfer Gewalteinwirkung entstandenes Trauma ist als Herzschlag bezeichnet worden.«

Mr. Hoover lächelte. »Schlaganfall hätte den Golfaspekt betont.«

Dwight zündete sich eine Zigarette an. »Ich werde nicht nach Einzelheiten fragen, Sir. Kompliment zu Ihren Quellen.«

»Captain Bob Gilstrap und Lieutenant Buddy Fritsch besichtigten den Tatort. Sie waren sich des bösen Bluts zwischen Tedrow Vater und Sohn bewusst und sind beide Mr. Marcello verpflichtet.«

»Mr. Marcello ist ein vorzüglicher Freund der Gesetzeshüter von Nevada, Sir. Er pflegt ihnen zu Weihnachten herrliche Geschenkkörbe zu schicken.«

Mr. Hoover strahlte. »Wirklich?«

»Jawohl, Sir. Die doppelten Böden enthalten Kasino-Chips und Hunderternoten.«

Mr. Hoover leuchtete. »Hat Junior Ihres Wissens zufolge jüngst an einer Aktion in Memphis teilgenommen?«

Dwight zwinkerte ihm zu. Darüber wird nicht gesprochen. Mr. Hoover griff sich ein Appetithäppchen und scheuchte den Kellner weg.

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