Brainshopping - Achim Fringes - E-Book

Brainshopping E-Book

Achim Fringes

4,9

Beschreibung

Für die Praxis von der Praxis. Das vorliegende Werk von Achim Fringes vermittelt auf eine leicht verständliche und sehr praxisnahe Art und Weise nicht nur Grundlagen von Emotionen und Wahrnehmung, sondern man spürt auch den Geist des Profis aus dem Einzelhandel. Aus meiner Sicht ein unverzichtbarer Leitfaden für alle, die wissen wollen, wie uns unsere Emotionen und Wahrnehmungen lenken und wie durch die sinnliche Erfahrung der äußeren Welt die Wirklichkeit in meinen Kopf kommt. Für PoS-Profis und solche, die es werden wollen, ist die Lektüre des aktuellen Buches von Achim Fringes nicht nur empfohlen, sondern Pflicht. Ein echter Beitrag für eine bessere (PoS) Welt.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Einleitung

Teil 1 Handeln im Handel

Kapitel 01 POS im neuromerchandising®

Kapitel 02 Emotionen und Handel

Kapitel 03 Neuro

Kapitel 04 neuromerchandising®

Kapitel 05 Wie kommt die Welt in meinen Kopf?

Kapitel 06 Wer die Wahl hat

Kapitel 07 Kaufentscheidungen am POS

Kapitel 08 Sinne und Gedächtnis

Teil 2 Wahrnehmung am POS

Kapitel 09 Mit allen Sinnen handeln

Kapitel 10 Ich sehe was, was du nicht siehst

Kapitel 11 Vom Wohlgefühl umgeben

Kapitel 12 Farben am POS

Kapitel 13 Wer hören will, muss fühlen

Kapitel 14 Fühlen – der unterschätzte Sinn

Kapitel 15 Schmecken

Kapitel 16 Kontext

Teil 3 Tatsachen und Taten

Quellennachweise

Dieses Buch widme ich Franz-Josef Kleine und Wilhelm Kanne, die großen Einfluss auf meinem Weg durch den Handel hatten und beide 2011 verstorben sind.

Franz-Josef Kleine, Seniorchef der Firma glaskoch, verstarb am 29.Mai 2011 im Alter von 74 Jahren.

Im Jahr 1972 gelang ihm mit der Einführung der Marke „Leonardo“ das Unternehmen glaskoch nach und nach weltweit bekannt zu machen. Er hatte ein großartiges, einmaliges Gespür für Farben, Formen, Ästhetik und funktionales Design. Er war der Mensch, der mich dazu brachte, überhaupt über Emotionen und Handel nach zu denken. Seine Inspirationen sind die Grundlagen dieses Buches.

Wilhelm Kanne war ein großer Visionär, Unternehmer und Bäckermeister. 1967 begannen seine Experimente mit Fermentgetreide aus denen später der Brottrunk hervorging.

Schon sehr früh, setze er sich für Bioprodukte und Biolandanbau ein und setzte dieses auch konsequent im eigenen Unternehmen durch. In der Zeit in der ich mit ihm arbeiten durfte, lernte ich, auch gegen alle Widerstände und Meinungen, seine Visionen nicht zu verlieren. Wilhelm Kanne verstarb im Februar 2011 im Alter von 77 Jahren.

Nicht jeder Mensch ist dein Kunde, aber jeder Kunde ist ein Mensch

Vorwort

„Glück ist die positive Wahrnehmung eines Ereignisses, welches wir zwar beeinflussen, dessen Zeitpunkt wir aber nicht bestimmen können.“

© Thomas Moos

Seit meinem sechzehnten Lebensjahr bin ich in den unterschiedlichsten Bereichen des Handels tätig. Für mich war es nie eine Frage, Einzelhändler zu werden, obgleich es nach meiner Schulzeit einen Mangel an Auszubildenden gab - also anders als heute.

Alle anderen Wege, die sich mir auftaten, schlug ich zum Erstaunen meiner Umwelt aus. Schlechte Arbeitszeiten und geringer Lohn schreckten mich nicht, ich wollte Einzelhändler werden. Vom ersten Tag an habe ich die Tätigkeit im Feinkostlebensmittelunternehmen meines Lehrherrn absolut und mit voller Begeisterung gelebt. Seit dieser Zeit wechselte ich einige Male die Branchen, stand hinter unterschiedlichsten Verkaufstheken in den verschiedensten Ländern, als Mitarbeiter und Selbstständiger. Ich habe den Handel und sein Umfeld aus den verschiedensten Blickwinkeln betrachtet und hatte dabei immer das Gefühl, dass Handel die Welt öffnet. Aber im Traum hätte ich nicht daran gedacht, dass er mich in die Labore der Hirnforscher und in die Hörsäle der Universitäten führen würde.

Seit der Zeit, als ich in einem viel zu großen weißen Kittel in der Obst- und Gemüseabteilung stand und Kunden bediente, hat sich im Handel einiges verändert, aber vieles - und gerade im Umgang mit dem Kunden – hat sich in keiner Weise geändert. Geändert hat sich auch nicht meine absolute Liebe zum Handel. Angereichert mit vielfältigen Erfahrungen macht es unverändert enormen Spaß, Verkäufer und Käufer zu sein und andere Verkäufer und Käufer zu beobachten.

Handel hat viel Gemeinsames mit Ballonfahren. Der Wind (Kunde) treibt den Ballon in die Richtung, in der er fliegt. Es gibt für den Ballonfahrer (Verkäufer) nur eine Möglichkeit, selbst die Richtung zu bestimmen. Er muss in Höhen aufsteigen, in denen der Wind in eine andere Richtung weht. Das bedeutet, dass der Ballonfahrer Ballast abwerfen muss, um aufzusteigen. Auch der Handel und die Markenindustrie müssen Ballast abwerfen, um sich von alten Modellen und Denkansätzen zu trennen und auf die Richtung Einfluss zu nehmen, in die es geht. In vielen Fällen geschieht dieses leider nicht: Anstatt Ballast abzuwerfen, stellt man auch noch den Brenner ab, um Gas zu sparen. Hinterher sollte es dann wohl kaum verwundern, dass man eine unsanfte Bruchlandung erlebt.

Was will ich damit sagen? Wir sollten den Handel weiter entwickeln und nicht neu erfinden. Das bedeutet an vielen Stellen: Ballast abwerfen, den Brenner anstellen und sich in Luftschichten begeben, in denen der Wind in die richtige Richtung weht. Der Umgang mit Kunden und die Differenzierung über die Gestaltung der unterschiedlichen Verkaufsstätten werden zunehmend schwieriger und komplizierter. Genau hier setzt dieses Buch an.

Viele der neuen, in den Handel kommenden Wissenschaftsergebnisse, versprechen Nützliches und wecken falsche, oft überzogene Hoffnungen. Technik und Wissenschaft sind zweifelsohne die Motoren, die den Wandel im Handel antreiben. Umso wichtiger ist es, sich manchmal Zeit zu nehmen und über diese Faktoren nachzudenken. Hieraus gibt sich erst einmal eine pessimistische Perspektive für dieses Buch. Wenn Menschen aus den unterschiedlichen Bereichen des Handels etwas nicht haben, dann ist es Zeit.

Wer die Leitung eines Unternehmens übernommen hat, oder wer ständig damit beschäftigt ist, Umsatzziele und Ertragserwartungen zu erfüllen (ungeachtet der Hierarchiestufe), hat wenig Zeit ein Buch zu lesen, auch wenn es ihm vielleicht neue Denkmuster eröffnet, um die gesteckten Ziele zu erreichen.

Ich bin davon überzeugt, dass kein Bereich so sehr vom täglichen Geschäft getrieben ist, wie der deutsche Einzelhandel. Strategien, wie die Verfolgung interdisziplinärer und ganzheitlicher Ansätze oder Nachhaltigkeit, die in vielen Bereichen der Wirtschaft Einzug gehalten haben, werden wenig, oder meistens gar nicht berücksichtigt.

Informationen über Kunden werden gesammelt, verwaltet, in Tabellen miteinander verglichen und bewertet. Kausalität wird hierbei in vielen Bereichen ad absurdum geführt, indem Ursache und Wirkung, aufgrund der komplizierten Verhältnisse und der wachsenden Datenmengen, mitunter verwechselt werden. Das zeigt sich besonders im Marketing. Hier wird angeblichen Gesetzen und Regeln gefolgt, die längst überholt sind, und ständig neue, unverständliche Begriffe werden als Lösung für die wachsenden Probleme im Umgang mit Kunden geliefert.

Wie schon in meinem Buch „Brainshopping – Emotionen im Handel“ werde ich mich nicht allein darauf beschränken, einen Blick auf die Forschungsergebnisse der Neurowissenschaften und deren Einflüsse auf den Handel zu richten. Eine theoretische Betrachtung allein reicht im Handel nicht aus – das weiß ich aus jahrzehntelanger Erfahrung sehr genau.

Wenn es um neue Dinge geht, ist im Handel die erste Frage: „Wer macht das schon? Wer hat das schon?“ Ich bin deshalb sehr dankbar, gestandene Kaufleute gefunden zu haben, die es mit großem, persönlichen und finanziellen Einsatz gewagt haben, neue Ideen in die Planung und Umsetzung ihrer neuen Supermärkte aufzunehmen. Ohne Karsten und Markus Nüsken als selbständige REWE Lebensmittelhändler wäre es nicht möglich gewesen, heute schon zu erstaunlichen Ergebnissen über die Anwendung emotionaler Faktoren im Handel zu berichten. Während viele erst beginnen über die Emotionalisierung des Handels und über Neuromarketing zu diskutieren, werden hier schon wichtige Ergebnisse aus der täglichen Begegnung mit Ware und Kunde gesammelt.

Vor allem zeigt sich, dass sich ein deutlicher wirtschaftlicher Erfolg einstellt.

„Mit allen Sinnen handeln“ – die neuen Denkansätze haben dazu beigetragen, dass die zwei neu ausgerichteten Supermärkte jeweils zu den Nominierten bei „Store of the Year“ des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels und zum „Supermarkt des Jahres“ gehörten. Dies ist ein deutliches Zeichen für ein anfängliches Umdenken des Handels.

Mein besonderer Dank gebührt Prof. Dr. Harald Möbus, Professor für Marketing & Messewesen an der HTWK Leipzig, der die neuen Erkenntnisse schon an die Fachschule gebracht hat und somit den Grundstein für ein neues Denken in Dienstleistung und Handel legt. Danken möchte ich ebenfalls Bert Martin Ohnemüller, der in enger Partnerschaft die Geschicke unserer neuromerchandising group lenkt, sowie Eric Horn, meinem amerikanischen Freund, der damit begonnen hat, dies auch erfolgreich in den USA zu entwickeln, und der starken Frau im Team: Lisa Marsch. Mit ihrem Vertrauen und ihrer Arbeit haben sie großen Anteil daran, die Idee des neuromerchandising® zu einer festen Größe im Handel und in der Industrie zu machen – jeder auf seine individuelle einmalige Art.

Ich habe mich sehr gefreut, dass ich das renommierte Institut TNS Infratest gewinnen konnte. Gemeinsam war es mit Hilfe von Herrn Sonneck möglich, die gesammelten Ergebnisse fachgerecht auszuwerten.

Der Mittelpunkt dieses Buches liegt aber nicht in der Erstellung von Studien und Statistiken. Das würde nicht zu dem passen, wofür ich stehe. Meine Sicht ist die Sicht des Einzelhändlers, des Menschen und des Autors.

Einleitung

„Man entdeckt nicht die Wahrheit; man erschafft sie.“

Antoine de Saint-Exupéry

Was einen Kunden zum Kauf bewegt, ist eine der zentralen Fragen der Wirtschaft. Hierbei ist zuerst einmal unwichtig, was verkauft und gekauft wird. Durch neuere Forschungsergebnisse in den Neurowissenschaften hat sich herausgestellt, dass die Abläufe im Gehirn beim Kaufen und Verkaufen im Grundsatz erst einmal gleich sind. Das ist auch weiter nicht verwunderlich – wer oder was ist schon in der Lage Entscheidungen zu treffen, wenn nicht mein Gehirn?

Das menschliche Gehirn ist ein typisches Säugetiergehirn, beziehungsweise ein typisches Affengehirn. Für viele Menschen im Handel ist es nach wie vor schwierig, dass die Ergebnisse von Forschern, die sich - im engeren oder weiteren Sinn - mit dem Bau und der Funktion von Gehirnen beschäftigen, Einfluss auf die Abläufe im Handel und Wirtschaft nehmen. Neurobiologen, Neurologen, Kognitionsoder Neuropsychologen, die sich zu Themen äußern, wie Wesen und Herkunft von Geist, Bewusstsein, Gefühlen, Kreativität und Intelligenz bis hin zu der Frage, ob der Wille frei und der Mensch verantwortlich für sein Tun ist, tragen mit ihrer Forschung dazu bei, die Sicht auf Handel und Wirtschaft radikal zu ändern.

Diese Reaktionen sind verständlich. Denn die Meinungsäußerungen von Hirnforschern scheinen Abgrenzungstabus zu verletzen, die in der modernen Wissenschaft, insbesondere am Ende des 19. Jahrhunderts, mit der Etablierung der Geisteswissenschaften aufgestellt und seither hartnäckig verteidigt wurden. Demnach gehört die Hirnforschung zu den Naturwissenschaften, und diese haben sich nun einmal nicht mit dem Geistig-Seelischen und erst recht nicht mit Fragen der Moral und der Verantwortlichkeit zu befassen.

Lassen wir hier erst einmal außer acht, ob ich die Entscheidungen treffe, oder mein Gehirn, oder ich und mein Gehirn zusammen. Wenn das Gehirn bei allen Menschen nach dem gleichem Prinzip funktioniert, ist also – salopp gesagt – nicht nur die Hardware, sondern auch die Software bei allen Menschen dieselbe? Eigentlich schon. Dagegen steht jedoch der Fakt, dass jeder Mensch anders ist, einzigartig und einmalig. Das scheint ein Widerspruch zu sein, den man näher betrachten muss. Die elementaren Abläufe in unserem Gehirn, also die Funktionen, wie, wann und wo was gesteuert wird, laufen völlig unterbewusst ab.

Fest steht, was Henry Ford, der Gründer des Automobilherstellers Ford Motor Company, gesagt hat: „Autos kaufen keine Autos“. Nur Menschen bauen Autos und nur Menschen kaufen Autos.

Wie Dinge im Einzelnen gesteuert werden, oder warum es zu Fehlfunktionen in diesen Abläufen kommt, kann man nur sehr eingeschränkt erklären und noch eingeschränkter beeinflussen. Der sogenannte „freie Wille“ endet für jeden offensichtlich spätestens dann, wenn er zur Überzeugung kommt, dass seine eigene Leber ein völlig überschätztes Organ ist und er es willentlich abschalten will. Versuchen Sie es ruhig einmal. Wenn Ihnen die Leber nicht gefällt, können sie es gerne auch mit Herz oder Lunge ausprobieren. Abgesehen davon, dass Sie es trotz des „freien Willens“ nicht können, es würde Ihnen auf Dauer auch nicht gut bekommen.

Und glauben Sie mir, das ist bei allen Menschen gleich. Ob Präsident oder Künstler, ob reich oder arm, gleich welcher Rasse oder Nation. Selbst ein indischer Guru, der durch Meditation erstaunliche Dinge mit seinen Körperfunktionen machen kann, auch er ist ohne sein Gehirn und seine Organe nicht lebensfähig.

Für alle Anhänger der Statistik – und da gibt es ja eine Menge im Handel und der Wirtschaft – Sie müssen nicht erst 15.000 Menschen das Herz entnehmen, um sicher zu sein, dass diese das nicht überleben. Mal ganz abgesehen davon, dass Sie schwer Probanden für Ihre Statistik bekommen würden, selbst wenn Sie ihnen für die Teilnahme am Versuch eine Kaffeemaschine versprechen. Sie benötigen nur einen Menschen, um sich ganz sicher zu sein.

Emotionen sind der elementare Bestandteil der menschlichen Wahrnehmung und spielen bei Entscheidungen eine zentrale Rolle.

Der US-Psychologe Paul Ekman geht von mehreren „Basisemotionen" aus. Dazu gehören unter anderem Angst, Freude, Scham Schuldgefühl, Verachtung, Ärger, Ekel, Zufriedenheit, Verlegenheit, Aufgeregtheit, Erleichterung und Trauer. Diese Grundgefühle sind für Ekman „angeboren“. Alle Menschen haben die „Basisemotionen“, wie er aus interkulturellen Vergleichen schließt.

Gesichtsausdruck oder spezifischer Körperzustand seien typisch durch bestimmte Merkmale gekennzeichnet.

Denken wir nur einmal über das Lachen nach, welches auf der ganzen Welt fast ausnahmslos ein Bild für Freundlichkeit und Freude ist.

Nicht zuletzt sagt man: „Wer nicht lächeln kann, sollte kein Geschäft eröffnen“.

Das, was Menschen dann aber wieder individuell unterscheidet und jeden Menschen zu einem absoluten Unikat macht, ist die Summe an eigenen, lebenslangen Wahrnehmungen und Erfahrungen. Diese sammeln sich im Laufe eines Menschenlebens, und, basierend darauf, erzeugt das Gehirn für jeden Menschen seine ganzheitliche, subjektive Wirklichkeit. Es reicht völlig aus, zu glauben oder zu empfinden, dass man frei in seinen Entscheidungen ist. Sie fragen sich: „Was hat nun all das mit Handel zu tun?“ Ich antworte Ihnen: „Das hat sogar unglaublich viel mit Handel zu tun, denn es ist doch sehr erstaunlich, wie leichtfertig Menschen und Unternehmen im Handel mit den Grundsätzen der menschlichen Wahrnehmung umgehen.“

Es geht hier wohlgemerkt nicht darum, das ultimative Konzept, die Blaupause des perfekten Verkaufs, zu erstellen. Mit diesem Buch möchte ich versuchen, das Bewusstsein für die Grundlagen menschlicher Wahrnehmung und menschlicher Entscheidungsabläufe beim Handel zu wecken. Die Berücksichtigung dieser Grundlagen soll auf keinen Fall Werbung, Fantasie, Architektur oder das Marketing am Point of Sale verdrängen, sondern grundsätzliche Fehler beseitigen, den Auftritt ergänzen und notwendige Alternativen schaffen.

Um es deutlicher zu machen: Wenn dies ein Buch mit dem Titel “Wie baue ich ein Haus“ wäre, ginge es nicht darum, wie das Haus aussehen könnte, sondern wie die Statik funktioniert. Der Architekt kann erst einmal gestalterisch frei zeichnen und planen, was ihm in den Sinn kommt. Da können Bögen und Decken in der Luft frei schweben und alles sieht leicht und beschwingt aus. Aber spätestens, wenn der Bau beginnt, setzt die Physik ihre unumstößlichen Grundlagen entgegen. Dann müssen auch Bögen auf etwas stehen, und Decken müssen Säulen oder Wände haben, die sie tragen. Dann muss es eine Treppe oder einen Aufzug geben, um von dem einen ins andere Stockwerk zu kommen, auch wenn es den Designansprüchen des Architekten nicht gefällt.

In der Regel unterwerfen sich Architekten dann doch den physikalischen Grundlagen. Das ist der Grund, warum die meisten Häuser nicht gleich einstürzen und die meisten Autos auch wirklich fahren, denn allen Design- und persönlichen Wunschvorstellungen zum Trotz: Wenn ich mich nicht an die Grundregeln der Dynamik, der Physik halte, fährt mein Auto weder geradeaus, noch fährt es um die Kurve, wenn ich am Lenkrad drehe. Das sieht das Marketing, der Vertrieb und die Produktentwicklung völlig anders. Hier scheint man die Grundlagen der menschlichen Wahrnehmung einfach mit Fantasie, Vorstellung und Design außer Kraft setzen zu können. Und warum glaubt man das? Weil der Misserfolg keine drastischen Folgen hat. Acht von zehn neuen Produkten schaffen es nicht, sich am Markt zu behaupten.

Zurück zu unserem Beispiel: Stellen Sie sich vor, dass acht von zehn Häusern, die ein Architekt plant, nach kurzer Zeit einstürzen, oder acht von zehn Brücken brechen einfach ein.

80 Prozent der von den Ingenieuren geplanten Autos ließen sich nicht wirklich ohne Gefahr bewegen und dienten nur dazu, sie irgendwo hinzustellen und zu betrachten. Weder Architekten noch Ingenieure würden als erfolgreich angesehen werden.

Im Marketing scheint das anders zu sein, obwohl die Produkte nicht verkauft und unglaubliche Summen für Werbung verbraucht werden. Man macht fröhlich weiter und feiert zwei von zehn Produkten, die es, aus welchen Gründen auch immer geschafft haben, überschwänglich. Aber liegt es denn wirklich immer an den Produktentwicklern und Marketingstrategen, dass es zu einer so hohen Ausfallrate kommt?

Aus meiner Erfahrung bestimmt nicht nur. Ein großer Anteil am Scheitern eines Produktes oder einer Marke liegt in der Präsentation vor Ort – da wo verkauft wird – am Point of Sale. Untersuchungen zeigen, dass aber gerade der PoS immer noch derjenige Ort ist, an dem der Kunde Informationen über Marken, Produkte und Innovationen sucht und findet.

Und dennoch werden hier immer noch die meisten Fehler gemacht, wenn es darum geht, die Grundlagen der menschlichen Wahrnehmung zu berücksichtigen – die fehlende Statik.